11
XVII. Jahrgang. lieft 38.16. September 1S(M._ Neuburger: Fortschritte d.elektrolyt.Darstellungv. Chlor u.Alkalien. fabrikmäßige Herstellung unseres Apparates und seinen Vertrieb übernommen hat, noch durchführen werden. Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre. v> Von ALBERT NEUBUKGER, Berlin. (Eingeg. d. 22.,«. 1904.) Es mag wohl keinen Zweig auf dem Ge- biete der angewandten Chemie geben, auf dem eine solche Geheimniskrämerei herrscht, wie auf dem der Alkalichloridelektrolyse. Ob das berechtigt ist oder nicht, darüber sind die Meinungen geteilt. Während die Berechtigung dazu von der einen Seite x ) damit begründet wird, daß die deutschen Fabriken unter sich bisher immer noch einig geworden sind und keinen Grund haben, ihre Geheimnisse der Konkurrenz des Aus- landes preiszugeben, wird von anderer, aus- ländischer Seite ä ) die Hinfälligkeit dieser Gründe zu beweisen gesucht — was viel- leicht gerade ein Beweis für ihre Bedeutung sein mag. Sei dem, wie ihm wolle, jeden- falls wird durch diese nun einmal vorhan- dene uud im weitesten Maße ausgeübte Ge- heimniskrämerei die Arbeit des Referenten außerordentlich erschwert. Es konnte daher in den nachfolgenden Ausführungen auf manche Punkte nicht eingegangen werden, deren Veröffentlichung der ausländischen Konkur- renz sicherlich keinen Nutzen gebracht hätte, die aber seitens der betreffenden Firmen trotzdem nicht gestattet wurde. Obschon das Gebiet der Darstellung von Chlor und Alkali auf elektrolytischem Wege ein ziemlich ausgebautes genannt werden muß, so bedeutet doch das Jahr 1902 in mancher Hinsicht einen Wendepunkt, der einesteils durch die Vergrößerung bedeuten- der Betriebe, sowie durch die Neuschaffung solcher, andererseits durch wichtige Ver- öffentlichungen und Patente und endlich durch die Marktlage, insbesondere durch das Sinken des Preises für Chlorkalk, charakte- risiert ist. Wir werden auf einzelne dieser Punkte im Laufe unserer Betrachtungen zu- rückkommen und wollen an dieser Stelle nur noch darauf hinweisen, daß die Periode seit dem genannten Zeitpunkte noch infolge des Umstandes eine besonders interessante ge- nannt werden muß, weil das sogenannte , Glocken verfahren", nachdem es .glänzende Beweise seiner Brauchbarkeit abgelegt hat, 'i Jahrb. Elektrochem. 8, 491. 2 ) Electr. World and Engin. 1902, I, 821. anfängt, den altbewährten Diaphragmen- verfahren, sowie den Quecksilberverfahren Konkurrenz zu machen und sich immer weiter auszubreiten. Insbesondere ist es eine An- zahl deutscher Firmen, die an Stelle ihrer komplizierten älteren elektrolytischen An- lagen das Glockenverfahren einführten. Es ist zu wünschen, daß die deutsche Indu- strie hierdurch gegenüber der ausländischen noch konkurrenzfähiger werde als bisher. (Über die jetzige Verbreitung s. u. bei , Glockenverfahren".) Der Einwand, daß das Glockenverfahren auf einer geringeren Stufe technischer Vollkommenheit stehe, als die anderen Verfahren, der übrigens noch zu beweisen wäre, kommt hierbei nicht in Betracht: Wenn irgendwo, wo spielt gerade bei der Alkalichloridelektrolyse weniger die technische Vollkommenheit als vielmehr die Wirtschaftlichkeit eine Rolle, wenn es sich um die Einführung neuer Methoden handelt. Wenn wir in den folgenden Zeilen einen einigermaßen abgeschlossenen Überblick über die Entwicklung der letzten Jahre geben wollen, so müssen wir aus den angeführten Gründen mit dem Jahre 1902 beginnen und nicht nur die Entwicklung der Darstellung von Chlor und Alkali, sondern auch die mit ihr in so engem Zusammenhang stehende der Hypochlorite und Chlorate in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen. A. Chlor und Alkali. 1. Diaphragmenverfahren. Das wichtigste Ereignis auf dem Ge- biete der Diaphragmenprozesse war wohl die Inbetriebsetzung der neuen großen An- lagen der Elektrolytic-Alkali-Company zu Middlewich in der Grafschaft Cheshire in England, die, trotzdem sie noch nicht fertig ausgebaut war, bereits im April 1901 mit 19 Zellen probeweise zu arbeiten begann und die dann nach wesentlichen Verbesse- rungen infolge der hierbei gesammelten Er- fahrungen und weiterem Ausbau im Laufe des Jahres 1902 112 Zellen in Betrieb setzte, deren Zahl jetzt auf etwa 150 ge- stiegen sein soll. Die Anlage arbeitet nach dem Hargreaves-Bird-Prozeß, der vor- her in der alten Hargreavesschen Anlage zu Farnworth in Widneß jahrzehntelang aus- probiert worden war — ist doch der hoch- betagte James Hargreaves einer der älte- sten Pioniere auf dem Gebiete der Alkali- chloridelektrolyse. Zahlreiche Veröffent- lichungen 3 ) zeigen, welches Interesse man 3 ) Electr. World and Engin. 1902, I, 968; II, 697, 970. — Electrician (London) 48, 807; 50, 18. — Elektrochem. Ind. 1, 143. — Elektro-

Die Fortschritte der elektrolytischen Darstellung von Chlor und Alkalien während der letzten beiden Jahre

Embed Size (px)

Citation preview

XVII. Jahrgang.lieft 38.16. September 1S(M._

Neuburger: Fortschritte d.elektrolyt.Darstellungv. Chlor u.Alkalien.

fabrikmäßige Herstellung unseres Apparatesund seinen Vertrieb übernommen hat, nochdurchführen werden.

Die Fortschritte der elektrolytischenDarstellung von Chlor und Alkalienwährend der letzten beiden Jahre.v> Von ALBERT NEUBUKGER, Berlin.

(Eingeg. d. 22.,«. 1904.)

Es mag wohl keinen Zweig auf dem Ge-biete der angewandten Chemie geben, aufdem eine solche Geheimniskrämerei herrscht,wie auf dem der Alkalichloridelektrolyse.Ob das berechtigt ist oder nicht, darübersind die Meinungen geteilt. Während dieBerechtigung dazu von der einen Seitex)damit begründet wird, daß die deutschenFabriken unter sich bisher immer noch einiggeworden sind und keinen Grund haben,ihre Geheimnisse der Konkurrenz des Aus-landes preiszugeben, wird von anderer, aus-ländischer Seiteä) die Hinfälligkeit dieserGründe zu beweisen gesucht — was viel-leicht gerade ein Beweis für ihre Bedeutungsein mag. Sei dem, wie ihm wolle, jeden-falls wird durch diese nun einmal vorhan-dene uud im weitesten Maße ausgeübte Ge-heimniskrämerei die Arbeit des Referentenaußerordentlich erschwert. Es konnte daher inden nachfolgenden Ausführungen auf manchePunkte nicht eingegangen werden, derenVeröffentlichung der ausländischen Konkur-renz sicherlich keinen Nutzen gebracht hätte,die aber seitens der betreffenden Firmentrotzdem nicht gestattet wurde.

Obschon das Gebiet der Darstellung vonChlor und Alkali auf elektrolytischem Wegeein ziemlich ausgebautes genannt werdenmuß, so bedeutet doch das Jahr 1902 inmancher Hinsicht einen Wendepunkt, dereinesteils durch die Vergrößerung bedeuten-der Betriebe, sowie durch die Neuschaffungsolcher, andererseits durch wichtige Ver-öffentlichungen und Patente und endlichdurch die Marktlage, insbesondere durch dasSinken des Preises für Chlorkalk, charakte-risiert ist. Wir werden auf einzelne dieserPunkte im Laufe unserer Betrachtungen zu-rückkommen und wollen an dieser Stelle nurnoch darauf hinweisen, daß die Periode seitdem genannten Zeitpunkte noch infolge desUmstandes eine besonders interessante ge-nannt werden muß, weil das sogenannte, Glocken verfahren", nachdem es .glänzendeBeweise seiner Brauchbarkeit abgelegt hat,

'i Jahrb. Elektrochem. 8, 491.2) Electr. World and Engin. 1902, I, 821.

anfängt, den altbewährten Diaphragmen-verfahren, sowie den QuecksilberverfahrenKonkurrenz zu machen und sich immer weiterauszubreiten. Insbesondere ist es eine An-zahl deutscher Firmen, die an Stelle ihrerkomplizierten älteren elektrolytischen An-lagen das Glockenverfahren einführten. Esist zu wünschen, daß die deutsche Indu-strie hierdurch gegenüber der ausländischennoch konkurrenzfähiger werde als bisher.(Über die jetzige Verbreitung s. u. bei, Glockenverfahren".) Der Einwand, daßdas Glockenverfahren auf einer geringerenStufe technischer Vollkommenheit stehe, alsdie anderen Verfahren, der übrigens nochzu beweisen wäre, kommt hierbei nicht inBetracht: Wenn irgendwo, wo spielt geradebei der Alkalichloridelektrolyse weniger dietechnische Vollkommenheit als vielmehr dieWirtschaftlichkeit eine Rolle, wenn essich um die Einführung neuer Methodenhandelt.

Wenn wir in den folgenden Zeilen eineneinigermaßen abgeschlossenen Überblick überdie Entwicklung der letzten Jahre gebenwollen, so müssen wir aus den angeführtenGründen mit dem Jahre 1902 beginnen undnicht nur die Entwicklung der Darstellungvon Chlor und Alkali, sondern auch die mitihr in so engem Zusammenhang stehende derHypochlorite und Chlorate in den Kreisunserer Betrachtungen ziehen.

A. Chlor und Alkali.

1. Diaphragmenverfahren .Das wichtigste Ereignis auf dem Ge-

biete der Diaphragmenprozesse war wohldie Inbetriebsetzung der neuen großen An-lagen der Elekt ro ly t ic -Alkal i -Companyzu Middlewich in der Grafschaft Cheshirein England, die, trotzdem sie noch nichtfertig ausgebaut war, bereits im April 1901mit 19 Zellen probeweise zu arbeiten begannund die dann nach wesentlichen Verbesse-rungen infolge der hierbei gesammelten Er-fahrungen und weiterem Ausbau im Laufedes Jahres 1902 112 Zellen in Betriebsetzte, deren Zahl jetzt auf etwa 150 ge-stiegen sein soll. Die Anlage arbeitet nachdem Hargreaves-Bi rd-Prozeß , der vor-her in der alten Hargreavesschen Anlagezu Farnworth in Widneß jahrzehntelang aus-probiert worden war — ist doch der hoch-betagte James Harg reaves einer der älte-sten Pioniere auf dem Gebiete der Alkali-chloridelektrolyse. Zahlreiche Veröffent-lichungen3) zeigen, welches Interesse man

3) Electr. World and Engin. 1902, I, 968;II, 697, 970. — Electrician (London) 48, 807;50, 18. — Elektrochem. Ind. 1, 143. — Elektro-

1438 BTeuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien, Zeitschrift füri Chemie.

allgemein dieser in ihrer Art einzig da-stehenden Anlage, die übrigens zugänglichist und Besuchern gern gezeigt wird, ent-gegenbringt. Die Elec t ro ly t ic -Alka l i -Co.hat in Middlewich ein Terrain von einigensiebzig Acres Land angekauft und Bohr-löcher bis zu 200 Fuß Tiefe getrieben, inwelcher Salzsoole in reichlicher Menge an-getroffen wird. Diese wird durch Pumpendirekt in die Zersetzungszellen gepumpt.Die Zellen (Fig. 1) selbst stellen gußeiserneKasten a dar, die innen mit glasierten Back-steinen ausgekleidet sind. Die Dimensionender Zellen sind: 3 m Länge, 1ji m Höheund 0,5 m Breite. In jeder Zelle befindensich zwei Diaphragmen d, d, über deren Zu-sammensetzung nichts bekannt ist, derenMasse aber wahrscheinlich der alten Har -greaves sehen Diaphragmenmasse ähnelnwird, die in der Hauptsache aus Silikatenund Asbest besteht. Durch die Diaphrag-

Fig. 1. Fig. -2.

men wird die Zelle in drei Teile geteilt, vondenen die beiden äußeren f, f als Kathoden-räume, der innere g hingegen als Anoden-raum dient. Die Kathoden c, c bestehen jaus Kupferdrahtnetzen, die Anode e aus |Retortenkohle. Im unteren Teile der Zelleist das Einlaufrohr für die Salzlauge ange-bracht, in der Nähe des Deckels befindetsich das Ablaufrohr. Beim Hindurchfließendurch den Anodenraum werden etwa zweiDritteile des Salzes zerlegt, ein Dritteil hin-gegen fließt unzersetzt wieder ab und kannruhig verloren gegeben werden, da der Preisein so niedriger ist, daß sich eine nochmaligeVerwendung nicht lohnt. Durch das Ab-flußrohr der Lauge entweicht auch das Chlor, "und zwar wird in diesem Abflußrohr ein ge-ringer Unterdruck erzeugt, so daß beim LTn-dichtwerden kein Chlor verloren gehen kann,sondern lediglich Luft eingesaugt wird. Be-sonders interessant ist, daß Kathode undDiaphragma zu einem Ganzen verbundensind, wie aus Fig. 2 hervorgeht, in der c

ehem. Z. i), 17(3. -69; 1902, 260. — Cliein. Zeit-schr. 1901, 1022'. — Engin, and Min. Journ. 1902,816, 971. — Z. f. Elektrooheni. 8. 213.

das Kathodendrahtnetz, d das Diaphragmadarstellt.

Von der Weiterverarbeitung der ent-standenen Produkte bietet eigentlich nur dieder Lauge Interesse. In den Kathodenräu-men wird das Natron durch Einblasen vonDampf von der Diaphragmenkathode abge-spült und durch gleichzeitige Einwirkungvon Kohlensäure in Carbonat umgewandelt.Die Kohlensäure wird aus der Kesselanlagezugeleitet, deren Abgase eine genügendeMenge davon enthalten, so daß für siekeine besonderen Kosten entstehen. DieDiaphragmen haben eine durchschnittlicheLebensdauer von 70 Tagen, doch halten siein einzelnen Fällen auch doppelt so lange.Rechnet man die zum Einsetzen neuer Dia-phragmen nötige Zeit ab, so ist jede Zelledurchschnittlich 231j2 Stunden täglich imBetriebe. Als Produkte werden nur Sodaund Bleichpulver hergestellt, welch letzteresdurch Überleiten des entstandenen Chlorsüber Kalk gewonnen wird. Der Chlorgehaltdieses Bleichpulvers beträgt 37,5—39°/o-Es ist vollkommen trocken, absorbiert keineFeuchtigkeit und wird nicht teigig, da esabsolut Chloridfrei ist.

Die elektrische Einrichtung ist so ge-troffen, daß jede Zelle für sich aus- undeingeschaltet werden kann. Der Stromver-brauch einer Zellenreihe von 16 Zellenbeläuft sich auf 2500 Ampere bei einerSpannung von 60 Volt, so daß auf eineZelle etwa 3,7 — 3,0 Volt treffen. Je sech-zehn Zellen sind in Serie geschaltet,und für je 50 Zellen ist eine besondereDynamomaschine vorgesehen. In den Zu-leitungen beträgt die Stromdichte 10 Amp.auf den Quadratmillimeter. Die Durch-schnittsleistung der drei Zellenreihen beträgt360 Kilowatt, und es werden in denselbenpro Woche 55 t Bleichpulver und etwa85 t Soda gewonnen. Es ist interessant zuerfahren, daß bereits nach 41/2 monatlichemBetrieb der 1902 eröffneten definitiven An-lage ein Reingewinn von 2141 J£' zu ver-zeichnen war. Die Gesamtanlage ist auchheute noch nicht vollständig ausgebaut, die-selbe wird nach ihrer Vollendung 280 Zellenenthalten. Eine Folge der Eröffnung dieserFabrik war, daß die der Elec t rochemicalCo. in St. Helens in England geschlossenwerden mußte.

Wenn auch die Anlage der E lec t ro -lytic Alkal i Co. als eine in ihrer Arteinzig dastehende bezeichnet werden muß, sobietet sie doch in bezug auf die Technik desVerfahrens nur verhältnismäßig wenig neuesdar. Die Anode wird vom Chlor nicht an-gegriffen, da sie aus sehr widerstandsfähigem

Heft ^18"September 19011 Neuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. 1439

Material besteht. Im Gegensatz hierzusuchen Andre Röchet und George Ran-son4) durch das Verfahren selbst eine Be-ständigkeit der Anode zu erzielen. Ihr Ver-fahren besteht darin, daß sie als Kathoden-flüssigkeit eine wässerige Alkalichloridlösungverwenden und als Anodenflüssigkeit die-selbe Lösung, die jedoch mit mindestens130 g Alkalisulfid im Liter versetzt ist.Die Konzentration der Anodenflüssigkeitdarf während des Prozesses nicht unter90 g Sulfid pro 1 sinken. Man bemerkt dasSinken bereits dann, wenn die Konzentrationder Sulfidlösung unter 130 g Sulfid imLiter sinkt, daran, daß das Voltmeter zusteigen beginnt, und es ist deshalb vorteilhaft,mit dem Gehalt an Alkalisulfid bis zu 200 gim Liter zu steigen. Der Prozeß selbst wirdin einer Zelle mit Diaphragma vorgenommen.Als Anode wird Kohle, Blei oder Platinverwendet, als Kathode Eisen. Die Strom-stärke in den Zellen beträgt nach Angabe derErfinder 5 Ampere pro Quadratzentimeter Ka-thodenoberfläche, die Spannung 1 ,5 Volt. DieTemperatur wird zwischen 40 und 50 ° erhalten.Tritt an der Anode Oxydation ein, so ent-steht unter Schwefelabscheidung Thiosulfat.Die Erfinder dieses Verfahrens behauptennoch, daß sie bei eintretender Verarmungdes Elektrolyten lösliche Chloride zusetzen,die die vorher unlösliche Eisenanode zu einerlöslichen machen sollen, zum Zwecke derÜberführung des noch in Lösung befind-lichen Erdalkalisulfids in das Hydroxyd unterAusscheidung eines Gemisches von Schwefelund Schwefelmetall. Es ist nicht recht ein-zusehen, wie sich dieses Vorgehen mit demEndzweck des ganzen Verfahrens verträgt.

Ein Verfahren, wie das von H a r g r e a v e sund Bird mußte natürlich zur Erfindunganderer Verfahren inspirieren, und in derTat sind solche aufgetaucht, die dem H a r -greaves-Birdschen gewissermaßen „nach-empfunden" sind. Ein solches Verfahrenist das von Moore in Linn in Massachu-setts, das von der „Moore Elec t ro ly t ic -Company in Portland, Maine, ausgebeutetwird5). Die Grundlage dieses Verfahrensbildet eine elektrolytische Zelle, deren Dia-phragma von so großer Durchlässigkeit seinsoll, daß die Kathode, die von möglichstschwammiger Konsistenz ist, immer genügendmit Flüssigkeit versorgt ist. Diese Flüssigkeit

4) D. E. P. 133186. — Engl. Pat. 7397, 1901.— Elektrochem. Z. 9, 199; 10, 40. — J. Soc.Chein. Ind. 1902, 408.

6I Electrical World, 1902, I, 16. — Elektro-chem. Ind. 1, 215. — Elektrochem. Z. 9, 176. —J. Soc. Chem. Ind. 1902, 971. — Moore. Arne-rik. Pat. 703 289. — Moore & Allen, Amerik.Pat. 716804. — Z. f. Elektrochem. 1903, 58.

soll im Kathodenraum so lange verweilen, als e?für die Elektrolyse nötig ist. Infolge der großenPorosität der Diaphragmen oder Wandungendes Anodenabteils strömt durch dasselbe soviel Flüssigkeit hindurch, daß das Natriumdurch sie weggespült wird. Die Verwendungvon Dampf zum Abspülen der Natronlaugeist also hier im Gegensatze zum H a r g r e a -ves-Bird-Prozeß angeblich nicht nötig.Nach den Mitteilungen des Erfinders sollenpro Quadratmeter Diaphragma in der Stunde3 1 Elektrolyt hindurchfließen, dessen Tem-peratur etwa 80° beträgt. Die Stromdichtebeträgt auf den Quadratmeter 440 bis510 Ampere. Im amerikanischen Patente703289 gibt Moore an, daß es ein Fehlerder Hargreaveszellen sei, daß sich Kalkund Magnesia auf der Kathode niederschlagenund das Diaphragma verstopfen. DiesenÜbelstand will er in der Moore-Alien-

scheu Zelle (Fig. 3)dadurch vermei-den, daß er diekombinierte Dia-phragmakathode,

die aus dem Dia-phragma 5 aus As-bestpapier und derKathode ausDraht-gaze (6) und per-foriertem Metall (7)besteht, in einGlockengefäß (12)einhüllt, wodurchzwischen Kathode,resp. Diaphragmaund diesem Gefäßein freier Raumverbleibt, in dem

sich der aus der Wasserzersetzung entstehendeWasserstoff ansammelt. Sobald dieser Raumvollständig mit Wasserstoff erfüllt ist, sollangeblich keine Abscheidung von Kalk undMagnesia mehr stattfinden, sondern diesesollen in Form ihrer Salze gelöst bleibenund mit der Kathodenlauge bei 14, woauch der Wasserstoff entweicht, abfließen.Im übrigen besteht die Zelle aus einer Basis(1), den eigentlichen Wänden (3) und einemDeckel (4). Die Anode 8 trägt an ihremoberen Ende eine Aushöhlung für den Queck-silberkontakt. Die Glocke (12) ist nachunten durch die Grundplatte (11) abgeschlos-sen. Die Vorrichtung 15—16 soll zur Er-zeugung eines konstanten Niveaus dienen.Es ist ohne weiteres einzusehen, daß dieseganze Angabe eitel Spiegelfechterei ist, unddaß die Abscheidung des Kalks und derMagnesia in der Lösung keinerlei Verände-rungen erleidet, wenn statt der Luft Wasser-

Fig. S.

1440 Neuburger: Portschritte d. eiektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. [„ ^Chemie.

stoff vorhanden ist. Es liegt hier sicher nurein sogenanntes „ Umgehungspatent" vor,und es ist schwer zu begreifen, wie das sonstso streng prüfende amerikanische Patentamtauf dieses Verfahren ein Patent erteilenkonnte, umsomehr, da die Diaphragmenka-thode, die Dreiteilung der Zelle durch die-selbe usw. ganz den Hargreavesschen Ap-paraten entsprechen.

Durch die eigenartige Natur des ver-wendeten Diaphragmas zeichnet sich die Zer-setzungszelle von Sommer in Cambridgeaus"). Dieser wendet als Diaphragma Sandan und ordnet das Ganze so an, daß dieZelle aus einem Eisengefäß besteht, das alsKathode dient. In diesem Eisengefäß be-findet sich eine Tonglocke, die auf einerSandschicht aufsteht, welche den Boden desKathodenraumes bedeckt. Der Elektrolytkann also nur auf dem Wege durch dieSandschicht hindurch in die als Anodenzelledienende Tonglocke hineingelangen. DieseAnordnung hat entschieden den Vorzug derEinfachheit, es ist aber zu bezweifeln, ob sieallen den Ansprüchen genügt, die an einenguten Zersetzungsapparat gestellt werdenmüssen.

Ein Verfahren, daß mit dem Sommer-sehen eine gewisse Ähnlichkeit aufweist, istdas von Seibert und Tempel7), die eben-falls das Diaphragma verbessern und esgleichzeitig auf billige und einfache Weiseherstellen wollen. Sie umgeben deshalb dieAnode mit einer Füllung von zerkleinertemKoks; über die Erfolge, die sie hiermit er-zielt haben, ist bis jetzt noch nichts bekanntgeworden, doch ist anzunehmen, daß auchder Koks nicht viel besser wirken wird, alsder von Sommer vorgeschlagene Sand. Anihrem Verfahren ist des weiteren noch inter-essant, daß sie eine Teilung des entstande-nen Chlors vornehmen, indem sie einen Teildesselben in die Kathodenlauge einleiten undauf diese Weise Hypochlorit gewinnen, wäh-rend sie einen anderen Teil durch besondereLeitungen in Absorptionstürme führen, indenen es durch Berieselung mit Wasser ab-sorbiert und so aufgefangen werden soll.

Eine Vereinfachung des zur Zuleitungdes Stromes dienenden Mechanismus amelektrolytischen Apparat strebt A d o l p hW ü n s c h e s) durch eine Vorrichtung an,die zugleich eine Vervollkommnung in bezugauf den Prozeß herbeiführen soll. Er gehtdavon aus, daß die sogenannten zweipoligen

c) Amerik. Pat. 707804.7) Engl. Pat. 9812, 1902. — J. Soc. Chem.

Ind. 1902, 970.8) D. E. P. 139661. — Elektrochein. Z.

10, 282.

Elektroden, d. h. solche, bei denen die eineSeite der Elektrode als Anode, die entgegen-gesetzte als Kathode dient, und die Zusam-menfügung einer Anzahl von Zellen mit der-artigen zweipoligen Elektroden hauptsächlichden Vorteil bietet, daß die für die Reihen-schaltung nötige Verbindung der ungleich-namigen Pole durch metallene Zwischenleiterfortfällt, und daß durch diesen Vorteil einesehr große Zahl schwierig in Ordnung zuhaltender Kontakte erspart wird. Trotzdieser Vorzüge werden derartige Apparateaus dem Grunde im Großbetriebe wenig an-gewandt, weil die vielfachen Anforderungen,die an Elektrolysierzellen gestellt werden,leichter bei einpoligen Elektroden zu er-füllen sind. Ist die Anwendung zweipoligerElektroden aus diesem Grunde überhauptschon selten, so ist sie bei gleichzeitigerVerwendung eines Diaphragmas fast unbe-kannt. Die Verwendung von Elektrodender letzteren Art in ausgedehnterem Maß-

Fig. 4.

stabe will Wünsche nun ermöglichen. Zudiesem Zwecke gestaltet er seinen elektroly-tischen Apparat (Fig. 4) für kontinuierlichenBetrieb filterpressenartig aus. Die einzelnenTeile der Filterpresse bestehen aus doppel-poligen Elektrodenplatten, die durch Dia-phragmen voneinander getrennt sind, undderen oberer Teil so geformt ist, daß durchdas Aneinandergreifen der einzelnen Elementeder Filterpresse, also der doppelpoligen Elek-trodenplatten, zwei gegeneinander vollkom-men abgeschlossene Reihen von Durchbre-chungen d, d entstehen, die in Form zweierKanäle über den Elektrodenplatten der Längenach hinlaufen und sogenannte „Schäum-kammern" bilden. Besondere in diesenSchäumkammern senkrecht zur Achsenrich-tung der Filterpresse angebrachte und nichtganz bis zur Decke reichende Scheidewändec, c trennen das ganze System in der Weise,daß die eine Reihe von Schäumkammernnur mit den Anodenräumen, und die anderenur mit den Kathodenräumen mit Hilfe be-sonderer Kanäle e, g, f in Verbindung steht.Die Scheidewände bewirken auch, daß dieElektrolyte sämtliche Elektrodenräume der

Ve September 1904 ] Neuburger: Fortsehritte d. elektrolyt.Darstellungv. Chloru. Alkalien. 1441

Reihe nach durchströmen und verhindern,daß die auf verschiedenem elektrischen Poten-tial stehenden gleichnamigen Elektrolyte be-nachbarter Schäumkammern sich unmittelbarberühren. Der Apparat hat zweifellos mancheVorzüge, es muß aber dahingestellt bleiben,ob es seinem Erfinder gelingen wird, den-selben gegenüber den nun einmal bestehen-den und nach den bisherigen Erfahrungengewiß berechtigten Vorurteilen gegen diezweipoligen Elektroden in der Technik auchzur Geltung zu bringen.

Einen weiteren Apparat zur Elektrolysevon Chloralkalien haben C h a p l i n undH a 11 o r a n !l) konstruiert. Derselbe bietetkeine besonderen Merkmale dar, außer daßder Anodenraum sich in Form einer ring-förmigen Kammer an die innere Seite derAußenwand der Elektrolysierzelle anschmiegt,und daß die Kupferkathode die Form einerSpirale hat.

Von größeren auf den Verhältnissen derTechnik basierenden Arbeiten über das Dia-phragmenverfahren sind zu erwähnen dieAbhandlungen von Clinton Pau l Towns-end10), der die bekanntesten Verfahren inausführlicher Weise bespricht, sowie eineAbhandlung von Hobar t über: „Neue Ge-sichtspunkte für die elektrolytische Darstel-lung der Soda und des Chlors"n). EineZusammenstellung der rein wissenschaftlichenArbeiten werden wir ganz am Schlüsse inKürze geben.

2. Quecksi lberverfahren.Ebenso wie der Ha rg reaves -B i rd -P ro -

zeß für die neueren Diaphragmenprozessevorbildlich geworden ist und auf ihre weitereAusgestaltung in mannigfacher Hinsicht an-regend gewirkt hat, ebenso bildet der Cast-ner -Kel lner -Prozeß die Grundlage füreine große Anzahl von neueren Quecksilber-verfahren. Aber auch dieser Prozeß hatnoch wesentliche Verbesserungen erfahren,die in erster Linie dem Direktor Mau rander Castner Elec t ro ly t ic Alkal i Com-pany, in Saltville zu verdanken sind. DieseVerbesserungen bestehen im wesentlichenin folgendem12). Zunächst wurden die Ka-thoden der Mittelzelle des Elektrolysierappa-rates, die bisher aus Blechstreifen bestandenhatten, durch Drahtgitter ersetzt, dann wurdeeine Spannungserniedrigung um 20% da-durch erzielt, daß die Kohlenanoden der

9) Amer ik . Ta t . 695033. — J . Soc. Cheni .Ind . 1902. 476.

1 0) Elektrochem. Ind. 1, 83, 114, 152, 196. —Electr. World and Engin. 1902, II, 16. — Elek-trochem. Z. 9, 637.

11! Elektrochem. Z. 8, 173.12J Jahrb. f. Elektroehem. 9, 642.

Ch. 1904.

Quecksilberoberfläche bis auf einen halbenZoll genähert wurden. Die Temperatur, beider gearbeitet wird, ist auch ohne künstlicheKühlung eine sehr niedrige und erreichtkaum 40°; da sie selbst bei heißem Wetternicht höher steigt, so tritt irgendwelcheChloratbilduug nicht ein. Die Stromdichteauf den Quadratfuß beläuft sich auf 110Ampere; sie steigt an den Anoden auf etwa150 Ampere. Der Arbeitsstrom beträgt proZelle 630 Ampere bei 4,3 Volt, die Strom-ausbeute beläuft sich auf 90 °/o-

Ein dem Castner-Kel lner-Prozeß ziem-lich ähnlicher ist der von Blackmore zuMount Vernon13). Wie bei verschiedenen Ab-änderungen des ursprünglichen Vorbildes, soliegt auch bei dieser das Schwergewicht ineiner Modifikation der Art und Weise, nachder das kathodisch gebildete Natriumamal-gam aus der Elektrolysierzelle entferntwird, um in einer anderen Zelle unter Bil-dung von Natronlauge zersetzt zu werden.B l a c k m o r e stellt eine Bewegung desQuecksilbers und Amalgams durch die ver-schiedenen Abteilungen seines Apparateseinzig und allein durch die Gewichtsdifferen-zen der verschiedenen Quecksilber- undAmalgamverbindungen her. Diese Differen-zen werden durch verschiedene Auslässe unddurch verschiedene Höhe der Verbindungs-röhren ausgenutzt. Das Quecksilber wird,nachdem das Natrium aus ihm entferntworden ist, in das erste Gefäß zurückgepumpt,das die Kathode in der Elektrolysierzelle stetsmit frischem Quecksilber versorgt. Eineweitere Neuerung des Blackmore sehenVerfahrens bezieht sich auf die Gewinnungvon Natronlauge aus dem kathodisch gebil-deten Natriumamalgam. Blackmores hier-für konstruierter Apparat besteht aus einemElektrolysiergefäß, das durch ein Diaphragmain zwei Teile geteilt wird, und dessen Funk-tionsfähigkeit uns so zweifelhaft erscheint,daß wir auf eine nähere Wiedergabe derziemlich komplizierten Details verzichten.

Auch der Prozeß Beils14) lehnt sichziemlich eng an den Cas tner -Kel lner -Prozeß an, und auch hier wird eine Neue-rung dadurch zu erzielen gesucht, daß dieEntfernung des Natriums aus dem Amalgamnach einer besonderen Mehode angestrebtwird. Diese Methode besteht darin, daß derElektrolyt zunächst in einer Zersetzungszelle mitQuecksilberkathode elektrolysiert und hier-durch Quecksilberamalgam gebildet wird.Zu beiden Seiten der Elektrolysierzelle be-finden sich Zersetzungszellen für das Amal-

13! Electr. World and Engin. 1902, 43, 986.14i Amerik. Pat. 673 754. — J. Soc. Cliem.

Ind. 1902, 778.181

1442 Neuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. [anfee^fndtef Chemie

gam, die mit der Elektrolysierzelle durchRohrleitungen in Verbindung stehen. DasAmalgam wird nun durch den Druck, derwährend der Elektrolyse entwickelten Gasein die Amalgamzersetzungszellen getrieben,und von dort wird das Quecksilber nach derZersetzung durch den bei dieser entwickeltenWasserstoff wieder in die Elektrolysierzellezurückbefördert. Der Gasdruck von undnach den einzelnen Zellen wird auf auto-matischem Wege geregelt. Der Prozeß wirdbereits fast zwei Jahre lang in einer eigenszu diesem Zwecke erbauten Versuchsanlageder . P e n n s y l v a n i a Sal t Manufac tur ingCompany" zu Wyandotte ausprobiert. Eshat sich aber, wie es scheint, der erwarteteErfolg bis heute noch nicht eingestellt, daman in eine Fabrikation in größerem Stilenoch nicht eingetreten ist.

Auf eine Verbesserung der Amalgam-bildung läuft der Prozeß Andersons l ä ) hinaus,der die Wiederlösung des niedergeschlage-nen Natriums durch den Elektrolyten in

der Zersetzungs-kammer der • Zelleauf ein Minimumzu beschränkensucht. Durch dieseReaktion wird Hy-pochlorit gebildet,das die Kohlenzerstört und dasChlor verdünnt.

Da die Zersetzung des Natriumamalgamsnach Andersons Untersuchungen wenigerdurch den Hauptkörper des Elektrolyten,der über dem Quecksilber sich befindet, alsvielmehr durch den dünnen Überzug derFlüssigkeit zwischen der unteren Fläche desMetalls und dem Zellenboden herrührt, soänderte Anderson diesen letzteren so ab,daß das Entstehen dieser Zwischenschichtvermieden wird. Seine Zelle (Fig. 5 u. 6)besteht aus einem geschlossenen Kasten a mitEinlaßöffnung f und Auslaßöffnung h fürden Elektrolyten, sowie einem Gasabzugs-rohr g. Die Anoden d sind quer eingesetzt.Die Quecksilberkathode c tritt bei j ein, fließtum eine zentrale Wand 1 und gelangt bei j x

nach dem Reinigungungsapparat. Der Zellen-boden besteht aus einer porösen Platte baus Röhrenton, der an der Seite und in derMitte mit Vorsprüngen versehen ist, die sichetwas unter die Oberfläche des Quecksilberserheben. Diese Vorsprünge sind durch zahl-reiche vertikale Kanäle k durchbohrt. Durchdiese Kanäle hindurch tritt der Elektrolytin den porösen Tonboden ein, und aus diesem

16) Electr. AVorld and Engiu. 50, 8. — Elek-troehem. Z. 9, 15.

Fig. 5 und 6.

wieder aus und unter die untere Fläche derKathode. Es entsteht so zwischen dieserund dem Elektrolyten eine elektrolytischeVerbindung, die ausreicht, um dem Lösungs-druck des Natriums das Gegengewicht zuhalten. Verschiedenen Angaben zufolge sollsieh diese Konstruktion auch bewährt haben.

Auch Kelly1") verfolgt, gleichwie An-derson, den Zweck, den Prozeß der Amal-gambildung zu vervollkommnen. Bei derZelle des Castnersehen Apparates schlägtsich das Natrium zwar zunächst auf dieOberfläche der Quecksilberkathode nieder,es wird aber infolge der Form der Bewegung,der das Quecksilber unterworfen ist, durchdie ganze Metallschicht hindurch verteilt, undaus diesem Umstand ergeben sich verschie-dene Unzuträglichkeiten bei der Oxydationdes Natriummetalls, unter denen die Zeit,die hierfür nötig ist in erster Linie inBetracht kommt. Um die Zeitdauer der

Z)

Oxydation zu verringern, sucht Kel ly dieVermischung der auf dem Quecksilber ge-bildeten Amalgamschicht mit dem letzterenselbst zu verhindern. Zu diesem Zweckegibt er dem Zellengefäß außer einigen son-stigen weniger in Betracht kommenden Ab-änderungen eine langsame horizontale Be-wegung, die das Amalgam gewissermaßenauf dem Quecksilber gleitend erhält. DerGedanke, der der Kelly sehen Anordnungzugrunde liegt, ist nicht ganz neu, doch ge-bührt Kel ly das Verdienst, denselben folge-richtig ausgestaltet zu haben, und zwar mitäußerst einfachen Mitteln. Die ganze Be-wegung des Gefäßes A wird beim Kelly-schen Apparat (Fig. 7) durch eine an einemRade M angebrachte Exzentervorrichtungmit Pleuelstange L hervorgebracht; dasAmalgam C steht dabei fortwährend mit demWasser in Berührung und wird durch das-selbe gründlich ausgelaugt. Die Salzlösungbefindet sich in der Glocke B, die auch dieKohlenanode G enthält, sowie mit den Zu-und Abflußröhren D und E für den Elek-

lsi Electr. World and Engin. 50. 8. — Elek-trochem. Z. 9. 14.

Heft 38V16' /ep eifbCT-1901.] Neuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. 1443

trolyten und dem Gasrohr F für das Chlorversehen ist.

Eine andere Art der Bewegung desAmalgams zu dem gleichen Zweck schlägtMactear vor17). Bei derselben wird dieBewegung durch eine Propellerschraube her-vorgebracht, und zwar in einem Apparat,der gleichzeitig Elektrolyseur und Amalgam-wäscher ist. Die Vorrichtung ist so konstru-iert, daß am unteren Ende der senkrechtdurch den runden trommeiförmigen Apparathindurchgehenden Achse eine Propeller-schraube sitzt, die in das Metall eintauchtund es durch ihre Bewegungen in einenKanal hineinwirbelt, durch den es in einenam Rande der Zelle angeordneten ringförmi-gen Raum gelangt, wo durch innige Berüh-rung des Amalgams mit Wasser die Waschungstattfindet. Aus diesem Räume fließt einer-seits die gebildete Natronlauge ab, anderer-seits setzt sich das entstandene Quecksilbermit dem in der Zelle befindlichen Quecksilber

dadurch wieder in Verbindung,daß die Abschlußwand des Rau-mes den Boden der Zelle nichtvollständig berührt, so daß zwi-schen ihrem unteren Ende unddem Zellenboden ein schmalerSpalt frei bleibt, durch den dieVereinigung des gewaschenenQuecksilbers mit dem in derZelle befindlichen stattfindet.

Der Apparat von Edwin Ed-ser und MeyerWilderniann l t s)

dient demZweck, die Amalgamzersetzung gleich-falls durch eine besondere Art der Bewegung desQuecksilbers zu regeln und zu einer besseren zugestalten. Sie erreichen diesen Zweck da-durch, daß sie in der Amalgamzersetzungs-zelle eine Hilfselektrode anbringen und denStrom bald durch diese, bald durch dasQuecksilber als andere Elektrode senden.Das Quecksilber gerät hierdurch in eine auf-und niedergehende Bewegung. Beim Appa-rat selbst (Fig. 8) wird obendrein noch eineAnzahl von Scheidetrögen d übereinanderangeordnet, so daß sie eine Scheidewand bbilden. Das übertretende Quecksilber einesjeden Troges wird von dem darunterbe-findlichen Troge aufgenommen. Der Apparatsoll neben seiner verhältnismäßigen Einfach-heit noch den Vorteil haben, daß er nureinen geringen elektrischen Widerstand be-sitzt. Er konsumiert sehr wenig Quecksilber,und das Produkt soll vollkommen rein sein.

Kynaston11 ') arbeitet gleichfalls miteiner Anzahl von übereinanderliegenden

171 Amerik. Pat. 705 2G4, 1902.18) D. K. P. 130118. — Elektrochem. Z. 9, 249.1S)! D. E, P. 126 317. — Elektrochem. Z.9. 13.

Fig. 8.

Trögen, und seine Anordnung ähnelt hierin,sowie des weiteren auch dadurch, daß dasQuecksilber immer vom überstehenden Trogin den darunterstehenden tropft, der ebenbeschriebenen Konstruktion von Edser undWildermann. Der Endzweck seiner Vor-richtung ist jedoch der, die Oberfläche derQuecksilberkathode bis zur äußerst möglichenGrenze zu vergrößern. Dies erreicht er da-durch, daß er in seiner Zelle (Fig. 9) eineReihe von vertikalen Kohlenanoden K durcheine Anzahl übereinanderliegender horizon-taler Stein- oder Schiefertröge E E hindurch-gehen läßt, die auf eine einheitliche Tiefevon einem halben Zoll ausgehöhlt sind. Indie Aushöhlungen kommt das Quecksilber.Die Tröge selbst stehen an den entgegenge-setzten Enden durch Öffnungen miteinanderin Verbindung, durch welche das beständigin den obersten Trog eingefüllte Quecksilberauf den darunter befindlichen tropft. Ausdem untersten Trog gelangt es auf den

Boden der Zelle, von woes herausgenommen, vomNatrium gereinigt und wie-der zurückgegossen werdenkann. Das Quecksilber sollin allen Trögen eine kon-stante Tiefe haben, und esist, um eine solche zu er-reichen, jede Öffnung von

Zoll hohen Erhö-einer

Fig. 9. hung umgeben. Die Öff-nungen L L sind die Ein-

und Auslaßöffnungen für die Chloridlösung,durch die auch das Chlor entweicht. Durch Hwird das Quecksilber in die Tröge gefüllt,durch J wird das Amalgam abgelassen.Eine weitere, nachträglich noch von Kyna-ston an seinem Apparat angebrachte Ver-besserung besteht darin, daß er die Kohlendurch rechteckige Gefäße aus starkem Eisen-drahtnetz ersetzte. Diese Gefäße stehen mitdem Amalgam in den Trögen, die als Ano-den wirken, in leitender Verbindung, und esentsteht so eine Voltazelle, die eine beträcht-liche Energie liefert. Ob es sich freilichempfiehlt, eine solche Vorrichtung, bei derdie Stromverteilung unbedingt eine ungleich-mäßige werden muß, bei einem Prozesse an-zuwenden, der eine so große Sorgfalt in be-'zug auf die Stromverhältnisse erheischt, isteine andere Frage. Auch dürfte die Ent-fernung des Chlors sich bei dieser Konstruk-tion wohl schwieriger gestalten, als bei derursprünglichen, so daß es noch dahingestellt blei-ben muß, ob die spätere Verbesserung wirklieheine solche für die Praxis genannt werden muß.

Gilmour in Glasgow sucht gleichfallsdurch eine besondere Art der Bewegung des

181*

1444 Neuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. [ Chemie

Quecksilbers zu wirken20), die darin besteht,daß er dasselbe zwischen einem äußeren Ge-fäße und in dem innerhalb desselben befind-lichen eigentlichen elektrolytischen Zersetzungs-gefäß durch eine zur Förderung einer kausti-schen Flüssigkeit geeignete Pumpe in stoßweiseei-folgende Bewegungen versetzt. Außerdemist der Zersetzungsapparat mit Vorrichtungenversehen, um zu verhindern, daß während derEinwirkung des Stromes ein Vermischen derchlorhaltigen Lauge in dem inneren Zer-setzungsgefäß mit dem kaustischen Alkalierfolgt, das durch die Einwirkung des Wassersauf das Alkaliamalgam im äußeren Gefäßgebildet wird. Die Einrichtung ist so ge-troffen, daß eine mechanische Bewegung irgendeines Teils des Apparates und die Anwen-dung einer besonderen Quecksilberpumpe, so-wie die Anbringung besonderer Kühlvorrich-tungen nicht erforderlich sind; auch wirddurch die ständige Gegenwart einer Alkali-verbindung ein Angreifen des Quecksilbersdurch Chlor verhindert, und der vom Appa-rat beanspruchte Raum ist ein ziemlich ge-ringer. Auf den maschinellen Teil des Ap-parates einzugehen, erübrigt sich, nachdemwir vorstehend sein Wesen genügend charak-terisiert zu haben glauben, umsomehr, alsderselbe aus einer großen Anzahl, z. T. ziemlichkomplizierter rein mechanischer Vorrichtun-gen besteht, die für den Chemiker wenigInteressantes darbieten.

Auch der Rhodinsche Apparat ist wäh-rend der Jahre, über die wir berichten, inmehrfacher Hinsicht verbessert worden, undzwar zunächst von seinem Erfinder J. G. A.Rhodin in Manchester in England einer-seits, und von B. E. F. Rhodin anderer-seits. Wenn wir uns zunächst mit den Ver-besserungen des ersten Erfinders, nach demdas Rhodinsche Verfahren benannt ist, be-schäftigen, so ist hier21) zunächst zu erwäh-nen, daß der bekannte Apparat am Randemit einer Vertiefung versehen wurde, inwelche der Rand einer Glocke eintaucht.Die Glocke ist vollständig von dem alsKathode dienenden Quecksilber umgeben,und es wird, wenn unter ihr durch einge-drücktes Wasser die A.malgamzersetzungstattfindet, eine geringe Hebung des gesamtenGlockenkörpers durch den Wasserdruck er-reicht. Diese Hebung genügt, um das Queck-silber in Bewegung zu setzen und mit demWasser durcheinander zu rühren, so daß einemöglichst vollkommene Amalgamzersetzungeintritt. Wie man sieht, sind die Methoden,eine Bewegung des Quecksilbers beim Queck-silberverfahren herbeizuführen, recht mannig-

2111 D.B.P. 139389. — Elektrochem. Z. 10, 239.21) Jahrb. f. Elektrochem. 9, 646.

fache, und die erfinderische Geistestätigkeitbewegt sich hier innerhalb sehr weiter Gren-zen. Auf die finanziellen Erfolge, die Rho-din mit seinem Quecksilberfahren erzielt,werden wir am Schlüsse unserer Betrachtungüber die Quecksilberverfahren noch eingehen-der zurückkommen.

An das Vorbild der von J. G. A. Rho-din erfundenen Zelle lehnt sich B. E. F.Rhodin22) an. Die von ihm konstruierteZelle ist von der American Alkal i Com-pany in Camden (New-Jersey) erworbenworden; sie gleicht im allgemeinen der-jenigen, welche die Canadian Elec t ro-chemical Company in Soult Saint-Marie

Fig. 10 und 11.

in Canada benutzt, die dort im Jahre 1902eine Anlage für 600 HP eingerichtet hat.Die Rhodinsche Zelle (Fig. 10 u. 11) be-steht aus einem offenen eisernen Behälter (1)für die Quecksilberkathode, und das zurOxydation des Natriums erforderliche Wasser.In dieser Zelle befindet sich eine zweitedrehbare (2) aus glasiertem Ton, die die

! Anoden (5) trägt, und die mit zu elektro-i lysierendem Natriumchlorid angefüllt ist.

Die Anoden sind an acht segmentförmigenTrägern angeordnet, von denen jeder einegrößere Anzahl derselben trägt. Der Elek-trolyt wird durch ein zentrales Rohr (12)eingeführt und durch radial angeord-

22l Electrical World 1902, I., 876; II., 1612.Elektrochem. Ind. 1, 86. — Elektrochem. / . 9,15. — J. Soc Chem. Ind. 21, 449.

Heft 38 16 September 1904 jNeuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. 1445

uete Köhren (11) direkt unter die Anodengeführt, so -daß bei 17 der stärkste Nieder-schlag stattfindet. Durch besondere Offnun-gen 13 u. 14 werden die überschüssigenLösungen abgezogen. Die Anoden (Fig. 12)bestehen aus Stäben (1) aus Retortenkohle,und ihre unteren Enden (5) bilden die wirk-samen Anodenflächen. Sie sind in besondereHalter (1), die ebenfalls aus Ketortenkohlehergestellt sind, eingeschraubt, und zwarmittels eines sehr langen Gewindes (3), sodaß jeder einzelne der Stäbe in der Längs-richtung verstellt werden kann. Durch lang-same Drehung der Glocke (2) kommt jederOberflächenteil des Quecksilbers abwechselndunter die Anoden, wo er sich mit demNatrium verbindet. Beim Weiterdrehen kommter dann mit Wasser in Verbindung, wodurchdas Amalgam sich wieder zersetzt.

Der auf dem Gebiete der Elektrochemieund auch der Alkalichloridelektrolyse nichtweniger bekannte C J. Reed hat sich ebenfallsmit der Konstruktion einer neuen Zelleür das Quecksilberverfahren befaßt'-3), und

zwar wendet er für dieElektrolyseurzelle einenStrom von anderer Dichtean, als für die Zer-setzungszelle. LTm hier-bei nicht auf zwei Strom-quellen angewiesen zusein, und um nicht in die

unangenehme Lage versetzt zu sein, einenTeil des Stromes in AViderständen ohneNutzarbeit vernichten zu müssen, schaltetReed in einfacher Weise eine Anzahlvon Elektrolyseurzellen als Widerstand inseinen Stromkreis ein. Er erhält so immerdie doppelte Anzahl der Amalgamzersetzungs-zellen als Elektrolyseurzellen. Um das Queck-silber zu bewegen, benutzt er eine Artkleinen Baggerapparates, der das Quecksilberimmer von einer Zelle in die andere schöpft.Es ist zwischen je zwei Zellen ein solcherApparat angebracht. Dadurch, daß R e e ddas Quecksilber nicht in konstantem Stromefließen läßt, sondern es in einzelnen Anteilenvon Zelle zu Zelle befördert, will er dieEntstehung von Kurzschlüssen vermeiden.Die Einrichtung dürfte allerdings bei demGewichte des Quecksilbers den Nachteilhaben, daß sich der in den zur Bewegungder Bagger dienenden Motoren" verbrauchteStrom im Budget mit einer ziemlichen Zahlwieder vorfinden dürfte.

Einen ähnlichen mechanischen Antriebzur Bewegung des Quecksilbers wie R e e dverwendet Wilson2 1), indem er im Amalgam-

23j Amerik. Pat. 699414.24) Amerik. Pat. 693678. — J. Soc. Chem.

Fi«. 12.

zersetzer ein kleines Mühlenrad mit langenSchaufeln anbringt, die so lang sind, daß siesowrohl in die Natronlauge, wie in das unterihr befindliche Quecksilber eintauchen undbeide in Zirkulation versetzen. Irgendwelchesonstigen interessanten Einzelheiten zeigt seinVerfahren nicht.

Das gleiche ist der Fall beim elektrolyti-schen Zersetzungsapparat (Fig. 13) der„The Commercial Development Cor-pora t ion L i m i t e d ' 2 5 ) in Liverpool, dermit einer Rhodinschen Zelle außerordent-liche Ähnlichkeit hat und sich von ihr durchdas allerdings eine gewisse Berechtigunghabende Moment unterscheidet, daß der eben-falls rotierende Innenbehälter c durch einehorizontal liegende poröse Scheidewand e inzwei übereinanderliegende Teile geteilt ist,so daß zwei Räume entstehen, von denender untere zur Aufnahme von Unreinigkeitendienen soll. K ist die Quecksilberkathode,

Fig. 13.

j die Kupferanode und f ein Aufnahme-gefäß für die ausgeschiedenen Verunreini-gungen.

Neben den vorstehend angeführten wich-tigeren Fortschritten auf dem Gebiete desQuecksilberverfahrens sind noch eine ganzeAnzahl weiterer Konstruktionen zu verzeich-nen, die aber nur unwesentliches enthalten,und die wir deshalb kurz hier zusammen-fassen können. So wendet Truesdel l inPittsfield in Massachusets-';) bei einer elek-trolytischen Zelle zur Zersetzung von Chlor-alkalilösungen einen langen, sehr niedrigenElektrolyseur an und arbeitet ähnlich wieReed mit verschiedenartigen Strömen in derElektrolysier- und Amalgamzersetzungszelle.Dies erreicht er dadurch, daß er für dieletztere einen besonderen Hilfsstrom zur An-wendung bringt. — Le Sueur2 7) lagertdas Quecksilber avif ein den Boden des

Ind. 1902, 476. — Electr. World and Engin. 1902.398.

2T) I). E. P. 117 971. — Elektrochem. Z. 8, 257.26i Amerik. Pat. 712218. — Electr. "World

and Engin. 1902, 750. — Elektrochem. Ind. 1,132. — J. Soc. Chem. Ind. 1902. 540. — / . f.Elektrochem. 1903, 376.

27i Amerik. Pat. 676 531.

1446 Heuburger: Fortschritte d. elektrolyt. Darstellung v. Chlor u. Alkalien. [ a n Chemie

Anodenkastens bildendes Drahtnetz, so daßes im Anodenkasten als Kathode, im Katho-denkasten hingegen, in den der Anodenkasteneintaucht, zur Anode wird. Er ist sich deshaupsächlichsten Nachteils seiner Konstruk-tion selbst bewußt, der darin besteht, daßleicht Verstopfungen des Drahtnetzes ein-treten können, und er bringt deshalb beson-dere Trichter an, die dazu dienen sollen,verunreinigtes und das Drahtnetz verstopfen-des Quecksilber zu erneuern. Das verun-reinigte, vom Drahtnetz abtropfende Queck-silber sammelt sich im Kathodenkasten an. —Der Apparat von La Cour und Rink28)bietet gegenüber den bekannten Konstruktio-nen absolut nichts Neues oder Bemerkens-wertes dar.

Wichtige aus der Praxis hervorgegangenetheoretische oder wissenschaftliche Arbeitensind speziell über das Quecksilberverfahrenwährend der Jahre, über die wir berichten,nicht erschienen. Auf eine Anzahl rein theoreti-scher Arbeiten werden wir am Schlüsse nochkurz zusammenfassend zurückkommen.

Hingegen hielt J. G. A. Rhodin imVerein schwedischer Technologen einen Vor-trag, der eine der wenigen Veröffentlichungenvorstellt, die von Seiten eines Mannes derPraxis über die Wirtschaftlichkeit einesQuecksilberverfahrens der Öffentlichkeit unter-breitet worden sind-'9). In Anbetracht derWichtigkeit dieser Berechnungen und mitRücksicht auf die Bedeutung ihres Verfassersfür die Entwicklung der Alkaliindustrie gebenwir sie nachstehend wieder und bemerken,daß ihr die mit dem Rhodinschen Verfah-ren in Amerika und England gemachtenErfahrungen zugrunde gelegt sind, und daßRhodin eine Anlage in der Nähe einerWasserkraft annimmt. Er stellt unter Zu-grundelegung eines Kraftverbrauchs vonungefähr 3000 HP mit 90 % Ausbeute anelektrischer Energie folgende Betriebsberech-nungen für vierundzwanzig Stunden auf:

Hers te l lung von 15,1 t kaust. Natronund 30 t Chlorkalk in 24 Stunden:

A U S G A B E .

20 t Salz (a 15,00 Kr.) . . 300,00 Kr.15 t Kalk (a 20,00 Kr.) . . 300,00 „48 000 Kilowattstd. (a 0,7 üre) . 336,00 ,Abnutzung der Anoden . . . 200,00 „Verpackung von 30 t Chlorkalk

in t (a 13,00 Kr.) . . . 390.00 „

Übertrag: 1520,00 Kr.

26i Engl. Pat. 5718, 1902. — Franz. Pat.319388. — J. Soc. Chem. Ind. 1902, 913.

291 Elektrocheni Z. 9, 4. — Teknisk Tid-skrift 1902.

Übertrag: 1526,00 Kr.

Verpackung von 15,1 t kaust.Natron inBallons (a 5,4 Kr.) 81,54 „

Konzentrieren der Natronlauge 200,00 ,

Löhne:60 Arbeiter i.d. elek-

trolyt. Anlage {ti3,00"Kr.) . . . 180,OD Kr.

15 Tagearbeiter (ä2,50 Kr.) . . . 37,50 ,

10 Arbeiter in derChlorkammer (a4,50 Kr.) . . . 45,00 ,

6 Arbeiter beim Ein-dampf.(a3,00Kr.) 18,00 ,

5 Arbeiter im Ma-schinenraum (a3,60 Kr.) . . . 18,00 ,

6 Arbeiter in den Re-paraturwerkstätten(a 3,00 Kr.) . . 18,00' ,

Summa der LöhneGeneralunkosten (pro Jahr mit

100000 Kr. angenommen)pro Tag

Fracht (bis zum HafenplatzLiverpool 461 (a 1 5,00 Kr.)

107oAmortisat.v. 1226400 Kr.(Kosten für Fabrik inkl.Maschinen)

5 % Amortisation v. 554400 Kr.(Kosten für Quecksilber in440 Zellen)

316,00

333,33

690,00

422,13

92,40

Summa 3 661,90 Kr.

EINNAHME.

15,1 t kaustisches Natron (a198 Kr.) 2 989,80 Kr.

30.0 t Chlorkalk (a 123,75 Kr.) 3 712,50 „

Summa 6 702,30 Kr.

Nettogewinn pro Tag . . 3 040,40 Kr.dto. pro Jahr (300 Tage) 912120,00 ,

= 25,4 7o von 3 600000 Kr.Diese Preise für kaustisches Natron und

Chlorkalk entsprechen den Tagespreisen zurZeit der Aufstellung der Berechnung. Legtman dagegen die ungünstigsten in den letztenJahren erzielten, also die niedrigsten Preisezugrunde, so erhält man:

15.1 t kaustisches Natron (a162 Kr.) 2 446,20 Kr.

30,0 t Chlorkalk (a 90 Kr.) . 2 700,00 „

Summa 5 146,20 Kr.Also:

Nettogewinn pro Tag . . 1484,30 Kr.dto. pro Jahr (300 Tage) 445 290,00 „

= 12,4°/,o von 3 600 000 Kr.

Heft 88 16 Sept?mb?r 1904 ] Bakeina: Die Ausstrahlung und Leistung von Bleikammern. 1447

Bei dieser Aufstellung ist in der Renta- !bilitätsberechnungeinKapitalvon3 600000Kr.angenommen, das aber nach Ansicht Rhodinssicherlich zu hoch gegriffen ist, so daß alsobei niedrigerem Anlagekapital die Rentabili-tät eine bedeutend höhere sein wird. Derim ersten Moment auffällige Umstand, daßdie Kosten für das Ausgangsmaterial des ge-samten Prozesses, für das Salz, nur den ver-hältnismäßig geringen Betrag von 8,2% dergesamten Ausgaben betragen, ist damit zu jerklären, daß die Anlage als eine sehr großemit Verwendung von über 2000 HP pro-jektiert ist. Bei Annahme einer kleinerenAnlage würde der Prozentsatz der Kostenfür das Salz, berechnet aus den gesamtenAusgaben, natürlich ein höherer sein.

(Schluß folgt.)

Die Ausstrahlung und zugleich dieLeistung von Bleikammern kanndurch einen zweckmäßigen Anstrich

\J wesentlich erhöht werden.Von Direktor BAKEJIA. Zwyndrecht (Holland).

(Eingeg. d. 29.7. 1904.J

Es ist Tatsache, daß die Schwefelsäurefabri-kation in den letzten Jahren wesentliche Fort-schritte gemacht hat. Jeder versucht, seinenBetrieb möglichst ,intensiv" arbeiten zu lassen.Exhaustoren, Wasserzerstäubung, Kühlung durch„Intensifier" usw. haben alle zusammen dieLeistung des disponiblen Kammerraums bedeu-tend erhöht.

Je intensiver aber der Betrieb, desto schwie-riger wird es, die Temperatur (hauptsächlich dieder ersten Kammer) genügend niedrig zu halten.Berieselung der ersten Kammer durch Wasser hatsich praktisch nicht gut bewährt.

Seit längerer Zeit nun habe ich durch einelange Reihe von Versuchen ausprobiert, ob dieAusstrahlung, oder Abkühlung von Bleikammerndurch einen zweckmäßigen schwarzen Anstrichnicht zu vergrößern wäre.

Die Versuche von Les l i e , Rumford undBel lon i haben, wie bekannt, gezeigt, daß, dievon „Ruß" ausgestrahlte Wärme mit 100 ange-nommen, mattes Blei 45 und glänzendes Blei 19Wärmeeinheiten abgibt, bei gleichen Verhält-nissen.

Für meine Versuche habe ich nun zweikleine Kammern von je 1 cbni Inhalt in einemabgeschlossenen Räume aufgestellt, damit derEinfluß der Außentemperatur auf beide Kammernderselbe wäre. Beide Kammern wurden zu gleicherZeit mit Wasser von ca. 85° gefüllt.

Der einen Kammer gab ich keinen Anstrich,der anderen bei jedem Versuch einen schwarzenAnstrich von verschiedener Zusammenstellungund Dicke. (Dies spielt nämlich eine großeRolle. Man kann sogar durch den schwarzenAnstrich die Ausstrahlung vermindern.) DerTemperaturrückgang beider Kammern wurde allezehn Minuten notiert.

Aus den nach diesen Zahlen zusammenge-stellten Kurven ergab sich, welcher Anstrich amzweckmäßigsten war.

Wie aus den hier abgedruckten Kurven her-vorgeht, ist der Verlauf der Abkühlung eine

pSS

.V

7TT.TyrSS

SS

lf-STWu

—1

-t-

- t - -

-j-

j1

f 1 J

>

--r—

)

1> 1

i

-

- ' • -

- -

-

!

1—!

Ss

- SV

.-V~n—

• ^

I ! 1

M

ft

0 i 1

°\

-

•r_

0\l,

i i

—h -

| -

- 1 -

regelmäßige gewesen und zweifellos zugunstender schwarz angestrichenen Kammer.

Speziell im Sommer wäre dieses Verfahrenfür Fabriken mit intensivem Betriebe empfehlens-wert.

Beiträge zur Kenntniss derHydrosulfite.

(Mitteilung aus dem Laboratorium für Farben-Chemie undFärberei-Technik der Technischen Hochschule Dresden.)

Von HAXS BÜCHEREI« und AKTHUB SCHWALBE.V^ (Eingeg. am 19.8. 1904.)

Auf Grund ihres hervorrag enden Reduktions-vermögens haben die Hydrosulfite besonders inden letzten Jahren eine große Bedeutung fürdie Zwecke sowohl der Küpenfärberei wie auchdes Blau- und Atzdruckes erlangt, nachdemman, vor allem seit der Einführung des künst-lichen Indigos, der Anwendung der Hydrosulfit-küpe wegen der geringen damit verbundenenIndigoverluste sein Augenmerk zugewandthatte. Die Erkenntnis von der Wichtigkeitdieser eigenartigen Schwefelverbindungen hateinen sehr beredten Ausdruck gefunden in denangestrengten Bemühungen der Technik, dieHydrosulfite nicht nur durch Verbesserung derAusbeuten billig darzustellen, sondern sie auchin einer solchen Form in den Handel zu bringen,die geeignet wäre, den Verbraucher vor den be-trächtlichen Verlusten zu schützen, die infolgeder außerordentlichen Unbeständigkeit auchder festen Verbindungen bisher unvermeidlichschienen. Diese Bemühungen sind vor nichtlanger Zeit von glücklichem Erfolge gekröntworden, indem es gelungen ist, in den Additions-produkten aus Hydrosulfiten und Aldehyden(besonders Formaldehyd) und Ketonen Salzedarzustellen, die den weitestgehenden An-forderungen an Beständigkeit zu genügen ver-mögen.

Auffallenderweise hat die wissenschaftlicheErkenntnis der Konstitution der Hydrosulfitemit diesen technischen Erfolgen nicht gleichenSchritt gehalten, so daß auch heute noch eineReihe von ungelösten Fragen der endgültigenEntscheidung harren. Bekannt ist, daß dieMeinungen der Fachgenossen geteilt sind einer-