Die Furcht vor dem Morgenland im Abendland - ifd · PDF fileIslam gehört inzwischen auch zu Deutschland wie das Christentum.’ Würden Sie da zustim-men, oder würden Sie da nicht

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  • I N S T I T U T F R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H

    Die Furcht vor dem Morgenland im Abendland

    Eine Dokumentation des Beitrags

    von Dr. Thomas Petersen

    in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

    Nr. 272 vom 21. November 2012

  • I N H A L T

    - Tabellenbersicht

    - Originalmanuskript

    - Anhangtabellen

    - Schaubilder

    - Verffentlichung in der Frankfurter AllgemeinenZeitung Nr. 272 vom 21. November 2012, S. 10,

    unter dem Titel:

    "Die Furcht vor dem Morgenland im Abendland. 'Die Trken' und mit ihnen die gesamte islamischen Welt, das waren stets 'die anderen'. Diese Einstellung wirkt bis heute nach."

  • T A B E L L E N B E R S I C H T

    Tabelle A 1 Fr die Mehrheit ist nicht der Islam insgesamt bedrohlichA 2 Viele befrchten Spannungen mit MuslimenA 3 Keine BeschwichtigungspolitikA 4 Minarett-Verbot auch in Deutschland?A 5 Frauen mit Kopftchern gefallen vielen nichtA 6 Kulturelle Grenzen

    B 1 Zweitstimmen-Wahlabsicht (Sonntagsfrage)

    Schaubild 1 Das Image des Islam2 Leicht rcklufige Erwartung von Konflikten mit der

    islamischen Kultur3 Der "Kampf der Kulturen"4 Persnliche Kontakte

  • O r i g i n a l m a n u s k r i p t

  • Dr. Thomas PetersenInstitut fr Demoskopie Allensbach

    Die Furcht vor dem Morgenland im Abendland

    Groe weltgeschichtliche Umwlzungen hin-terlassen tiefe Spuren in der Kultur, die ihreunmittelbaren politischen Folgen lange berle-ben. Unter Umstnden prgen sie ber vieleJahrhunderte hinweg die Mentalitt der Vl-ker. Das Echo des Dreiigjhrigen Krieges mitseinen unbeschreiblichen Grausamkeiten undVerheerungen ist bis heute in zahllosen volks-tmlichen Veranstaltungen und Sitten ver-nehmbar, vom rituellen Meistertrunk in Ro-thenburg ob der Tauber bis hin zum VolksliedMaikfer, flieg.

    Selbst der Limes, die Grenze des RmischenReiches in Europa, tritt heute noch in interna-tional vergleichenden Umfragen erkennbarhervor. In manchen Fragen der politischen undgesellschaftlichen Werteorientierung unter-scheiden sich die Vlker in den Lndern, dievor zwei Jahrtausenden zum rmischen Reichgehrt haben, noch immer deutlich von denen,die nrdlich dieser ber Jahrhunderte hinwegso bedeutenden politischen und kulturellenGrenze liegen (oder aus denen die rmischeBevlkerung in der Vlkerwanderungszeitverdrngt wurde), und dies unabhngig vonanderen Einflssen wie der Konfession der

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  • Befragten oder der aktuellen Wirtschaftslagein den betreffenden Lndern.

    Eine solche tiefe Kerbe in der Mentalittsge-schichte hat anscheinend auch die jahrhunder-telange Auseinandersetzung zwischen demAbendland und dem Morgenland hinterlassen.Immer wieder zeigt sich beispielsweise beiUmfragen zur europischen Integration, dassdie deutsche Bevlkerung mit berwltigenderMehrheit den Beitritt der Trkei zur Europi-schen Union ablehnt, und dies offensichtlichnicht aus einer besonderen Abneigung gegen-ber der Trkei heraus, und schon gar nichtwegen geopolitischer berlegungen, sonderneinfach deswegen, weil die Trkei fr die mei-sten Deutschen schlicht und einfach nicht zuEuropa dazugehrt. Der Anteil derjenigen, diesagen, die Trkei sei ein europisches Land,lag im Jahr 2008 bei 18 Prozent. Es spricht ei-niges dafr, dass die Vorstellung, wonach dieislamische Welt und der Westen kulturelleGegenpole sind, tief im Unterbewusstsein derBevlkerung verankert ist. Nichts hat dieDeutschen mitten in der Zeit ihrer schrfstenkonfessionellen Auseinandersetzungen so sehrgeeint wie der Warnruf, die Trken stndenvor Wien. Dieser Ruf stand sinnbildhaft frdie Bedrohung des Abendlandes durch dasMorgenland. Die Trken und mit ihnen diegesamte islamische Welt, das waren stets dieAnderen.

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  • Diese historische Prgung muss man vor Au-gen haben, wenn man sich mit der Einstellungder Deutschen gegenber dem Islam beschf-tigt. Die jngste Reprsentativumfrage des In-stituts fr Demoskopie Allensbach im Auf-trag dieser Zeitung zeigt, wie sehr sich die Be-vlkerung bei diesem Thema hin- und herge-rissen fhlt. Viele bemhen sich um eine dif-ferenzierte Sicht auf Menschen muslimischenGlaubens. Fr einen erheblichen Teil derDeutschen ist der Kontakt zu Muslimen einselbstverstndlicher Teil des Alltags, und dochberwiegt seit mindestens einem Jahrzehntkaum verndert ein Gefhl der Fremdheit unddes Misstrauens.

    Das allgemeine Image des Islam ist verhee-rend. In einer Allensbacher Frage wurden dieBefragten gebeten, unter 21 Aussagen diejeni-gen auszuwhlen, die ihrer Ansicht nach aufden Islam zutreffen. 83 Prozent meinten dar-aufhin, der Islam sei von der Benachteiligungder Frau geprgt, 77 Prozent meinten, typischfr den Islam sei das Festhalten an altherge-brachten Glaubensgrundstzen, 70 Prozent as-soziierten mit dem muslimischen Glauben Fa-natismus und Radikalitt. Deutliche Mehrhei-ten der Bevlkerung attestierten dem Islamdarber hinaus unter anderem Gewaltbereit-schaft (64 Prozent), die Neigung zu Rache undVergeltung (60 Prozent), missionarischen Ei-

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    Schaubild 1

  • fer (56 Prozent) und das Streben nach politi-schem Einfluss (56 Prozent). Nchstenliebebrachten nur 13 Prozent mit dem muslimi-schen Glauben in Verbindung, 12 Prozentdachten beim Stichwort Islam an Wohlttig-keit und nur 7 Prozent an Offenheit und Tole-ranz.

    Diese Antworten unterscheiden sich im Prin-zip nicht wesentlich von denen, die bei einerAllensbacher Umfrage im Mai 2006 ermitteltwurden. Allerdings waren die Resultate da-mals, unter dem Eindruck der gewaltttigenProteste gegen die Mohammed-Karikaturen,noch etwas negativer als heute. Dass dasMisstrauen gegenber dem Islam gro, wennauch nicht mehr ganz so gro ist wie vor eini-gen Jahren, zeigt sich auch an den Antwortenauf mehrere andere Fragen. Eine davon laute-te: Rechnen Sie damit, dass es in Zukunfternste Konflikte zwischen der westlichen,christlich geprgten Kultur und der arabisch-muslimischen Kultur kommt, oder rechnen Sienicht damit? Ich rechne damit sagten imJahr 2006 55 Prozent der Deutschen, heutesind es noch 44 Prozent. Jeweils rund einViertel der Befragten ist heute wie damals derAnsicht, dass es solche ernsten Konflikte be-reits jetzt gebe. Bei einer anderen Frage wurdedas von dem amerikanischen Politikwissen-schaftler Samuel Huntington geprgte Stich-wort vom Kampf der Kulturen aufgegriffen.Im Jahr 2004 waren 46 Prozent der Deutschen

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    Schaubild 2

  • der Meinung, es gebe derzeit einen solchenKampf der Kulturen, 2010 waren es 58 Pro-zent, heute vertreten 43 Prozent der Deutschendiese Ansicht. Das ist der niedrigste Anteilseit acht Jahren, doch damit immer noch einerelative Mehrheit. Nur 34 Prozent widerspre-chen der These ausdrcklich. Konsequenter-weise meinen nur 36 Prozent der Deutschen,dass Christentum und Islam friedlich neben-einander existieren knnten. 53 Prozent glau-ben dagegen, dass es immer wieder zu schwe-ren Konflikten zwischen diesen beiden Reli-gionen kommen werde.

    Dabei ist die deutsche Bevlkerung weit da-von entfernt, Moslems pauschal einer aggres-siven Haltung zu beschuldigen. Eine Allens-bacher Frage lautete: Darber, ob der Islameine Bedrohung darstellt, gibt es ja ganz unter-schiedliche Ansichten. Wie sehen Sie das:Halten Sie den Islam insgesamt fr eine Be-drohung, oder sind das nur bestimmte radikaleGruppen, von denen eine Bedrohung aus-geht? Fast drei Viertel der Deutschen, 74Prozent, antworten darauf, dass ihrer Ansichtnach nur von bestimmten radikalen Gruppeneine Bedrohung ausgehe. Nur 19 Prozent mei-nen, dass der Islam als Ganzes eine Gefahrdarstelle. Und auch bei dieser Frage ist eineleichte Entspannung gegenber frheren Jah-ren zu beobachten: Im November 2001, unterdem Eindruck der Terroranschlge auf dasWorld Trade Center in New York und das

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    Schaubild 3

    Tabelle A 1

  • Pentagon in Washington, sagten 31 Prozentder Befragten, ihrer Ansicht nach sei der Islaminsgesamt eine Bedrohung, im Jahr 2006 wa-ren es immerhin noch 28 Prozent.

    In Bezug auf das Verhltnis zwischen der is-lamischen und der nichtislamischen Bevlke-rung Deutschlands zeigen sich die Befragteneher pessimistisch. Auf die Frage GlaubenSie, dass es in nchster Zeit auch hier inDeutschland zu Spannungen mit der muslimi-schen Bevlkerung kommt, oder ist das nichtzu befrchten? antworten heute 48 Prozentder Befragten, sie rechneten mit Spannungen.Nur 29 Prozent meinen, das sei nicht zu be-frchten. Dabei sind die Deutschen weit davonentfernt, einer Beschwichtigungspolitik dasWort zu reden. Lediglich 27 Prozent stimmender Aussage zu, man msse, um den Friedenzu wahren, alles unterlassen, was Muslimeprovozieren oder beleidigen knne. Einedeutliche Mehrheit von 52 Prozent wider-spricht dieser These ausdrcklich.

    Diese selbstbewusste Haltung ist nicht mit ei-ner generellen Intoleranz gegenber dem Is-lam zu verwechseln. So ist es beispielsweisezweifelhaft, ob ein Verbot des Baus von Mi-naretten, wie es 2009 in der Schweiz perVolksabstimmung beschlossen wurde, inDeutschland eine Mehrheit fnde. 39 Prozentder Deutschen sprechen sich heute dafr aus,ein solches Verbot auch in Deutschland einzu-

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    Tabelle A 2

    Tabelle A 3

    Tabelle A 4

  • fh-ren, ebenfalls 39 Prozent sagen, sie hieltennicht viel davon.

    Es gibt kein ausgeprgtes Bedrfnis in der Be-vlkerung, sich aktiv oder gar aggressiv gegenein Vordringen des Islam in Deutschland zuwenden. Stattdessen berwiegt ein vages Un-behagen. So lautete eine Frage: Wenn je-mand sagt: Es ist zwar Privatsache, aber esgefllt mir nicht, wenn ich hier in DeutschlandFrauen mit Kopftchern sehe. Geht Ihnen dasauch so, oder geht Ihnen das nicht so? Einerelative Mehrheit von 47 Prozent der Befrag-ten antwortet darauf, es gehe ihr auch so, 34Prozent widersprechen. Bemerkenswert ist da-bei, dass in Westdeutschland, wo der Anteilder aus islamischen Lndern stammenden Be-vlkerung weitaus grer ist als im Osten