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"", Anzeiger for Sch idlingskunde VII. Jahrganlg|931 Die Griesheimer Heuschreckenplage ,Nach dem Abzug der Besatzung haben sich auf dem Truppeniibungsplatz Griesheim (bei Darmstadt) und den angrenzenden Feldern grol~e Schw~trme yon Heuschrecken bemerkbar gemacht, die taglich etwa 40 m weir vordringen und eine hnzahl mit Kartoffeln und Gemiise bebaute Felder vollst~ndig kahlgefressen haben." So berichtet neben anderen Zeitungen der Frankfurter General- anzeiger vom 5. Juli 1930. Es bestatigte sich, dab der aul]ergewiihnlich heine Juni mit einer Yon Professor Dr. Max Dingier, Gieflen (Mit 9 Abbildungen) Ende Juni, als die Hessische Hauptstelle fiir Pflanzenschutz durch ihre Bezirksstelle am Land- wirtschaftsamt Darmstadt yon dem Heuschrecken- auftreten in Kenntnis gesetzt wurde, fiberfluteten die Tiere millionenweise den unbebauten Boden des Truppentibungsplatzes und waren von hier bereits teilweise auf die an den Platz angrenzenden Felder vorgedrungen, l~eben Kartoffeln wurden insbesondere Kohlrfiben und Mohrrfiben kahl- gefressen. Wenn die Zeitungen yon einem t~ig- Abb. 1. Von tteuschreckea kahlgefressenes Kartoffelfeld bei Griesheim. Nur die Stengel sind stehen geblieben. (hufn. Bezirksstelle f. Pfianzenschutz, Darmstadt.) Durchschnittstemperatur, wie sie dieser Monat seit 106 Jahren nicht mehr erreicht hatte, auf dem unbenfitzt liegenden Boden des Exerzier- platzes die Insekten in einer fiir Deutschland kaum bekannten Menge in Erscheinung treten lie•. Selbst der bald nach dem Bekanntwerden des Massenauftretens einsetzende Witterungs- umschlag mit reichlichen Niederschlagen und betrit~htlicher Luftabkfihlung zeigte noch ein ein- drucksvolles Bild: jeder Schritt, den man in den regennassen Kartoffel- und Gemfisefeldern machte, verursachte eine Font~ne yon etwa 20--30 auf- schnellenden Heuschrecken. Einige dieser Felder waxen mehr oder minder kahl gefressen, auf anderen wieder erschien die FraBwirkung gering im VerMltnis zu den Individuenmassen. Anzeiger ftir Schitdlingskunde. VH. Jahrgang. 1. Heft. lichen Vorrficken des Heuschreekenheeres um etwa 40 m berichteten, so mag dies ffir das Uberfluten des Exerzierplatzes selbst, ihres Ent- stehungsherdes, in den ersten heil~en Tagen zu- treffen. Auf den Feldern dagegen, die den heranwachsenden Larven die Nahrung lieferten, breiteten sie sich, natfirlich wieder in hbhangig- keit yon der Witterung, wesentlich langsamer aus, so daB, wie Herr Dr. G. O. Appel, der Leiter der Hessischen Hauptstelle ffir Pflanzen- schutz, berichtet, am 27. Juli die Beschadigungen bis zu einer Tiefe von 30 m reichten; der Kahl- fraB erstleckte sich damals auf etwa 10 Morgen bestelltes Land. (Abb. 1 zeigt eine hufnahme aus dem Kahlfra.~gebiet.) An Regentagen, deren der Juli vom 11. an eine groge Zahl aufzuweisen 1

Die Griesheimer Heuschreckenplage

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Page 1: Die Griesheimer Heuschreckenplage

"", Anzeiger for Sch idlingskunde VII. Jahrganlg|931

Die Griesheimer Heuschreckenplage

,Nach dem Abzug der Besatzung haben sich auf dem Truppeniibungsplatz Griesheim (bei Darmstadt) und den angrenzenden Feldern grol~e Schw~trme yon Heuschrecken bemerkbar gemacht, die taglich etwa 40 m weir vordringen und eine hnzahl mit Kartoffeln und Gemiise bebaute Felder vollst~ndig kahlgefressen haben." So berichtet neben anderen Zeitungen der Frankfurter General- anzeiger vom 5. Juli 1930. Es bestatigte sich, dab der aul]ergewiihnlich heine Juni mit einer

Yon

Professor Dr. Max Dingier, Gieflen

(Mit 9 Abbildungen)

Ende Juni, als die Hessische Hauptstelle fiir Pflanzenschutz durch ihre Bezirksstelle am Land- wirtschaftsamt Darmstadt yon dem Heuschrecken- auftreten in Kenntnis gesetzt wurde, fiberfluteten die Tiere millionenweise den unbebauten Boden des Truppentibungsplatzes und waren von hier bereits teilweise auf die an den Platz angrenzenden Felder vorgedrungen, l~eben Kartoffeln wurden insbesondere Kohlrfiben und Mohrrfiben kahl- gefressen. Wenn die Zeitungen yon einem t~ig-

Abb. 1. Von tteuschreckea kahlgefressenes Kartoffelfeld bei Griesheim. Nur die Stengel sind stehen geblieben.

(hufn. Bezirksstelle f. Pfianzenschutz, Darmstadt.)

Durchschnittstemperatur, wie sie dieser Monat seit 106 Jahren nicht mehr erreicht hatte, auf dem unbenfitzt liegenden Boden des Exerzier- platzes die Insekten in einer fiir Deutschland k a u m bekannten Menge in Erscheinung treten lie•. Selbst der bald nach dem Bekanntwerden des Massenauftretens einsetzende Witterungs- umschlag mit reichlichen Niederschlagen und betrit~htlicher Luftabkfihlung zeigte noch ein ein- drucksvolles Bild: jeder Schritt, den man in den regennassen Kartoffel- und Gemfisefeldern machte, verursachte eine Font~ne yon etwa 20--30 auf- schnellenden Heuschrecken. Einige dieser Felder waxen mehr oder minder kahl gefressen, auf anderen wieder erschien die FraBwirkung gering im VerMltnis zu den Individuenmassen.

Anzeiger ftir Schitdlingskunde. VH. Jahrgang. 1. Heft.

lichen Vorrficken des Heuschreekenheeres um etwa 40 m berichteten, so mag dies ffir das Uberfluten des Exerzierplatzes selbst, ihres Ent- stehungsherdes, in den ersten heil~en Tagen zu- treffen. Auf den Feldern dagegen, die den heranwachsenden Larven die Nahrung lieferten, breiteten sie sich, natfirlich wieder in hbhangig- keit yon der Witterung, wesentlich langsamer aus, so daB, wie Herr Dr. G. O. A p p e l , der Leiter der Hessischen Hauptstelle ffir Pflanzen- schutz, berichtet, am 27. Juli die Beschadigungen bis zu einer Tiefe von 30 m reichten; der Kahl- fraB erstleckte sich damals auf etwa 10 Morgen bestelltes Land. (Abb. 1 zeigt eine hufnahme aus dem Kahlfra.~gebiet.) A n Regentagen, deren der Juli vom 11. an eine groge Zahl aufzuweisen

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MAx DI~LZR. Die Griesheimer Heuschreekenplage 15.1 . I 9 3 i Holt 1

hatte, kam die raumliche Ausdehnung des Frailes fiberhaupt zum Stillstand.

5Tach der Auskunft, die ich am 11. Juli auf dem Biirgermeisteramt yon Griesheim erhielt, betrug die Fl~che auf dem verunkrauteten Boden des Exerzierplatzes, welche als der eigentliche Entstehungsherd anzusehen ist bezw. diesen in sich schlieBt, 380 ha. Das angrenzende, von den Heuschrecken unmittelbar bedrohte Kulturland, in der Hauptsache Kartoffelfelder, wurde auf 150--200 ha geschatzt. Deutlich war die Gesamt- bewegung der wandernden Heuschrecken in der Richtung yon Osten nach Westen zu erkenneD. DaB sich die Kalamitat nicht so schlimm aus- wirl~te, wie es erst, besonders an den heil~esten Junitagen, den Anschein hatte, geht schon aus den oben erwahnten Feststel lungen der Haupt- stelle hervor. Die Sorge aber war berechtigt und das unverztigliche Ergreifen von Gegen- mal~nahmen, von denen spater die Rede sein soil, durchaus angebraeht.

*

:Nach unseren Untersuchungen bestanden d ie so jis aufgetretenen t teuschreekenmassen nieht durchwegs, aber i iberwiegend aus einer Art, der sogenannten , I ta l ienischen Heusehrecke ", Caloptenus italicus L .

Drei Ausbeuten, welche tells von mir, tells von meinem Mitarbeiter, Herrn Dr. F. K l e i n , am 11. Jul i , 25. Juli und 23. September ein- gebraeht wurden, setzten sich folgenderma~en zusammen:

11. Juli: S,iiek

Caloptenus ilalieus L . . . . . . . . . . . 467 Desgl. Larven . . . . . . . ca. 80 Oedipoda eoerulescens L . . . . . . . . ca. 10 Sonstige Oedlpodiden (dal~mter 1 Larve) . . . . 4 Stenobothrus~ (bezw. Omocestus-) u. 5tauroderus-

Arten . . . . . . . . . . . . . . 5 Desgl. Larven . . . . . . . . . . . . . 21 Locusta viridissima L . . . . . . . . . . . 1

25. Juli : Caloptenus italieus L . . . . . . . . . . . 253 Desgl. Larven . . . . . . . . . . . . . 6 Oedipoda eoeruleseens L . . . . . . . . . . 10 Stenobothrus- (bezw. Omocestus-) u. Stauroderus-

Arten . . . . . . . . . . . . . . 14 Desgl. Larven . . . . . . . . . . . . . " 7 Platycleis grisea F . . . . . . . . . . . . 1

23 September: Caloptenus ilalisus L . . . . . . . . . . . 82 Oedipoda coeruleseens L . . . . . . . . . 11 Stenobothrus- (bezw Omocestus-) u. Stauroderus-

Arten . . . . . . . . . . . . . . 53 Gomphoeerus maeulatus Thnb . . . . . . . 1 Platyeleis grisea F . . . . . . . . . . . . 6

Die Ausbeuten wurden in der Weise ge- wonnen, dal~ jedesmal die yon den t teuschrecken besetzten Kartoffelpflanzen mit 15--20 KStscher- schlagen abgestreift wurden, so daft die Gesamt- zahlen einen ungefahren Anhalt fiir die ab- nehmenden Individuenmengen, die Verhaltnis- zahlen der Arten zueinander ein annaherndes Bild des wirklichen Verh~iltnisses geben.

Die Laubheuschrecken waren sp/~rlich ver- treten, trafen doch auf

1024 Stfick Acridiodea nur 8 , Locustodea.

Die Feldheuschrecken verteilen sich auf folgende Familien :

Acridiidae (nur 1 Art) . . . . . 888 StClck, Oedipodidae (nur 1 Art) 1) . . . . 35 , , Tryxalidae . . . . . . . . . . 101 ,

Der Prozentsatz an noch nicht zur Imago ent- wickelten Individuen betrug i n der ersten Aus- beute 102 Sttiek = 200/0, in der zweiten 9 Stiick = 30/0, in der dri t ten fehlten Larven vollstandig = 0 O / o .

Aus unseren Zahlen is t vor allem ersichtlich, dab es sich in dem Massenauftreten um eine in ganz fiberwiegender Mehrheit vorhandene Haupt- art und eine Reihe verschieden s t a rk vertretener ,Beglei tarten" handelt. Es fehlt uns die Er- fahrung, in welcher Hiiufigkeit diese Begleitarten in normalen Jahren auf dem Griesheimer Sand anzutreffen sind; wenigstens ffir Oedipoda coe- rulescens aber ist es wahrscheinlich, dail sie 1930 auch in ungewiihnlichen Mengen erschien, also die gleichen oder iihnlich giinstige Entwicklungs- bedingungen antraf wie Caloptenus italicus.

Wahrend die Hauptart yore Juli gegen den September mehr und mehr abnahm, steigerte sich in diesem Zeitraum die Zahl der Tryxaliden, besonders der Stenobothrus-Arten; Oedipoda coe- rulescens hielt sich in der ganzen Zeit, soweit unsere K~itscherstichproben ein Urteil erlauben, ziemlich konstant.

Doch trat die zunehmende Sterblichkeit auch dieser Art bereits am 11. August auffallend in Erscheinung. An die Kartoffelfelder westlich des Exerzierplatzes schliei~t sich gegen Siiden ein Kiefernwaldchen, und an dieses grenzt ein sandiger Hang, welcher dicht von einem Unkraut, der Kanadischen Diirrwurz (Erigeron canadensis) , auch Berufskraut genannt, i iberwuchert war. Wahrend nun die toten Individuen von Caloptenus italicus zumeist am Boden angetroffen wurden,

1) bJach Angaben, die wir nicht nachkontrollieren konnten, soil auch eine rotfltigelige Art damnter beob- achtet worden sein.

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[5. 1. 19811 ~AX DINOLER. Heft 1 /

Abb. 2. Stande yon Erigertm eanadensis mit 3 toten Individuen yon Oedipoda r (hufn. Dr. Klein.) 1 : 2.

Die Griesheimer i~Ieuschreckenplage 3

Unsere weiteren Betrachtungen soUen dem Hauptvertreter in dieser Heuschreckengradation gelten.

Caloplenus [ Calliptamus Serv., Calliptenus St~l) italicus L. geh6rt nach tier fibliehen systematischen Einreihung zur Unterordnung Acridiodea (neuer- dings bekanntlich wieder umgetauft in Locustodea), Familie Acridiidae (diese neuerdings als Unter- familie Acridiinae = Cyrtacanthac~rinae der Familie Oedipodidae aufgefaSt).

Als Synonyme ffhrt Z a c h e r (1917) an: Gryllus germanicus Fabr., Acridium barbarum Costa, Gryllus affinis Thnb.

Vorkommen: Nordafrika, ganz Sfid- und Mitteleuropa, Ruilland, Sibirien, Korea, Turkestan, Persien, Syrien, Kleinasien. Neben der Stamm- form sind auch einige Fi~rbungsmodifikationen be- schrieben, woven die beiden Formen bilineatus Puschnig und xanthopterus Fieber auf deutschem Boden gefunden werden. Dagegen sell var. marginellus Serv. die siidliche Form sein, und Z a c h e r halt die Annahme R a m m e s , dati marginellus auch bei uns die vorherrschende Form sei, ffir eine Verwechslung. Neuerdings aber sagt L e o n h a r d t (1930) von den 1930 bei Griesheim aufgetretenen Heuschrecken: ,Be- merkenswert ist, dab die Tiere vorwiegend der stidlichen Variet~t marginella Serv. (nicht etwa vat. bilineata Puschnig) angeh6rten. ~

Die K6rpergrSlle des erwachsenen Insektes (Abb. 3) schwankt in unserem Material zwischen 14,5 und 22 mm im d, zwischen 17,5 und 29 mm im 9 Geschlecht. (Nach hTajdenoff: 13--22

we sie yon ihren Artgenossen eifrig an- und auf- gefressen wurden, beobachtete Herr Dr. K le in an den Erigeronpfianzen tote Heuschreeken in Fraflstellung, .welche ausschliefllich der Art Oedipoda coerulescens angehSrten, in betriichtlichen Mengen. hbb. 2 zeigt eine solche Pflanze mit 3 toten, an den Zweigen festgeklammerten Oedipoda-Individuen. Auch an den unteren Asten der benachbarten jungen Kiefern fanden sich vereinzelte tote Tiere dieser Art. Auf den Kartoffelpflanzen dagegen wurden keine toten tteuschreeken beobachtet. 1)

l) D'a~ aber auch Caloplenus italieus die Gewohn- holt hat. vor dem Absterben Pflanzen zu erklettern und sieh an ihnen festzuklammern, best~tigt Najdenoff, der im September 1919 in der Umgebang yon Sofia grol~e Mengen toter Individuen auf Disteln, uud zwar racist an ihmn hSchsten, der Sonne ausgesetzten Teilen, feststellte. Er vermutet: dab es pilzkranke Heuscln'ecken waren~ die sich so verlnolten.

_&bb 3. Caloptenus italieus. Oben ~, Mitre G, unten

Riickenansmht. 1 : 1. 1"

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MAX DIN(~I.ZR. Die Griesheimer Heusehreckenplage 15.1 IP~]L Bert 1

4g- 1~ 14 1~ f$ t~ Z0 2.1 2~ 23 2.~r 25 26 2? 28 zg

Abb. 4. Graphische Darstellung der KSrperl~inge mfi.anlicher und

weiblicher Individuen yon Caloptenus italieus.

bezw. 21--34 mm). Die graphische Darstellung in Abb. 4 auf Grund von Messungen, welche wir an 255 dcf und 212 99 vornahmen, zeigt, dab die DurchschnittsgrSlle des (~ zwischen 17 und 20 mm, diejenige des 9 zwischen 22 und 26 mm liegt. KSrperlangen zwischen 17,5 und 22 mm kommen, wie die Kurven ebenfalls erkennen lassen, bei beiden Geschlechtern vor, so dab die K(irpergrSl~e kein unbedingtes Kennzeichen fiir das Geschlecht ist.

Ein augenfalliges Geschlechtsmerkmal dagegen biiden die aul~eren Genitalanh~nge. Eme Lege- rShre, ~vie bei den Laubheuschrecken, ist im Geschlecht zwar nicht vorhanden, dagegen tragt das (f am 10. Segment, zwischen der unpaaren oberen und den paarigen unteren Afterklappen, zwei ansehnliche, nach innen gekriimmte Cerci (Abb. 5). Auf der Unterseite des Hinterleibsendes erkennt man beim d die unpaare, langliehe Sub- genitalplatte, beim 9 die kurze, gespaltene, etwas klaffende Legescheide.

Die Farbung des KSrper~ ist iiberwiegend ein schmutziggraues Braun, auf dem Pronotum matt, auf den iibrigen Kiirperteilen mehr oder minder stark gl~tnzend. Die beiden Seitenkanten des Pronotums treten zt~weilen als gelbliche oder weil~e Langslinien deutlicher hervor; auf den Seitenlappen des Prdthorax sitzt bei vielen Indi- viduen ein weil~licher, oben und unten dunkel- braun gerandeter Fleck. Vorderfliigel und Hinter- schenkel weisen braune Fleckung auf hellerem Grunde auf. Die Hinterflfgel sind an der Basis und in ihrer hinteren Halfte zart rosa gefarbt, in der vorderen Halfte farblos mit schwarzem Ge- ader. Beim d reicht die rosarote Fi~rbung etwas welter gegen den Vorderrand als beim ~. Leb- haft rot sind ferner in beiden Geschlechtern die (auf der Oberseite zweireihig gezahnten) Hinter- schienen.

Was das Zahlenverh~tltnis der Geschlechter betrifft, liel~ sich auf dem Griesheimer Sand ein ausgesprochenes Oberwiegen der dd feststellen, das im Laufe des Sommers, offenhar infolge des schnelleren Absterbens der 9!~ nach der Eiablage, noch erheblich zunahm. So brachten wir an 4 Sammeltagen zwischen Anfang Jail ~lnd'Ende September nach t~ause :

11. Juli: 255 dd, 212 9.9, 25. Juli: 139 dd, 114 ~9, l l . August: 38 dd, 22 SQ, 23. September: 69 dd, 13 ~ .

(hnfangs also ein Verhaltn~s yon etwa 5:4, zu- letzt yon etwa :5: 1:)

u den inneren Organen dieses zu Massen- vermehrungen neigenden Insektes interessieren vor allem die 9 Genitalien und ihre Produkfivitat. Der Geschlech{sapparat (Abb. 6) nimmt bei einer Gesamtlange yon durehschnittliCh t5 ram den grSl~ten Teil des Abdomens ein. 'Er zeigt das in hbb. 7 A schematisch dargestellte Bild: Von den beiden, ihrer ganzen Lange nach dicht gewundeuen Anhangsdrfisen (ad) fiihren ~wei ansehnliche, stark erweiterte Ausftihrgange (ag) nach hinten und vereinigen sich zu einbm kurzen, unpaaren Gang, dem das Receptaculum seminis (rs) aufgelagert ist. In jeden der beiden erweiterten Ausfiihr-

Abb. 5. Caloptenus italicus mit ausgebreiteten FltigeIn.

Oben ~2, unten d. 1:1.

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MAx D~GLgR. Die Griesheimer Heuschreckenplago

g~mge miinden fast seiner ganzen Linge nach yon innen her die kammfiirmig in zwei Reihen nebeneinander angeordneten Eischlauche oder Ovariolen (or); nur der wieder dfinner "~'erdende Endteil der heiden G~nge vor ihrer Vereinignng tragt keine Eischlauche. Die Gange kann man ffiglich auch als Ovidukte bezeichnen. Die schrag vorwarts gezogenen Ovariolen sind zugleich nach oben aufgerichtet, so dal~ die Endfaden der geim- facher, die nach vorne mit den beiden Endfaden der hnhangsdriisen zusammentreffen , in einem erhShten Grat liegen und das ganze Gebilde wie ein Satteldach dem Darm (mid den iibrigen Ab- dominalorganen) aufsitzt. (hbb. 7 B ist nicht als schematischer Querschnitt, sondern etwa als Kon- struktion yon 5 hintereinander liegenden Quer- sehnitten gedacbt.)

Die Zahl der Eischlauche auf jeder Seite (d. h. jedes 0variums) betragt 22; in einigen Fallen konnte ich nur 21 zahlen. Auch den Fall, dais das Ovar der einen Seite aus 2i, das andere aus 22 Schlauchen besteht, habe ich angetroffen. (In hbb. 7 A ist also jederseits noch eine gleiche Zahl yon Ovariolen hinter den dargestellten liegend zu denken.) Noch ~veitere Reduktionen i n der Zahl mSgen vorkommen, die Normalzahl der Schlauche in einem voll entwickelten Ovar diirfte aber 22 sein. Beim geschlechtsreifen, aber noch nicht zur Eiablage geschrittenen Weibchen finder sieh nun in jedem Eischlauch ein aus- gewachsenes Ei (seltener zwei), welehem sich 10--12 unreife Eier in verschiedenen Entwick- lungs- und GrSisenstufen anschlie{ien. Im Alkohol nehmen die reifen Eier eine intensive Gelbfarbung an, wahrend die fibrigen "Teile rein wells bleiben. Der einzelne Eischlauch (hbb. 7 C) enthitlt also durchschnittlich i2 Eier. Nehmen wir an (und

Abb 6. 2 Genitalorgane von C~loptenus italieu.~. Die Ei- sdilauohe des linken Ovariums sind au~ebreitet.

Vergr. 3 : 1.

5

Abb. 7. Schematischo Darstellung des ~-Genitalapparates yon

Caloptenus italicus (Erk|~irungen im Text).

ich mSchte das ffir wahrscheinlich halten), dais damit schon die gesamte Eiproduktion des (~ praformiert ist, die Keimfacher also wahrend der Lebensdauer des 9 keine weiteren Eier zu er, zeugen vermSgen, so kommen wir bei 2 mal 22

44 Ovariolen zu einer Gesamtzahl von 44real 12 528 oder rund (da, wie wit gesehen haben, die

Zahl der Ovariolen reduziert sein kann) 500 Eiern fiir ein ~. Die Eier werden allem Anschein nach (was sich zwar bisher nicht unmittelbar beob- achten lieis) ia grSl~erer Zahl in den erweiterten Drfisengang ausgestol~en und hier mit dem Material ffir die Eierkapsel und (aus der Anhangsdriise?) mit der im folgenden 5eschriebenen ,Kappe" versehen.

In welcher Form die Geschleehtsprodukte yore 9 abgelegt werden, finden wir bei" ~ I a jdeno f f (1920) beschrieben. Es mag angebracht sein, diese schwer zugangliche, bulgarisch geschriebene Arbeit ausffihrlicher zu zitieren. Naj d e n o f f sagt, dais die Italienische Heuschrecke ihre Eier in einer Hiilse oder Kapsel ablegt, welche zylindrisch, mehr oder weniger gekriimmt ist und eine sehr diinne, zerbrechliche Wandung darstellt. Die Eior sind in der Kapsel in 4 Reihen angeordnet. Am oberen (d. h. hinteren) Ende sitzt dieser Kapsel ein ungefahr genau so grol~es und ahnlich ge- formtes Gebilde aus einer schaumartigen Masse auf, die nach einigen Stunden zu schwamma~tiger

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MAx DINGLI~R. Die Griesheimer Heuschreckenplage I te~ 1

Abb. 8. Eierkapsel von Caloplenus ilalicus mlt aufsitzender

~;Kappe ~; (n. Najdenoff). Vergr. 2 : 1.

Konsistenz erhartet (s. Abb. 8). Wahrend dieses Erstarrungsprozesses bleiben Erdbrgekchen usw. an tier Oberflaehe kleben. Die Verbindung der sellwammigen Kappe mit der Kapsel, von weleher sie sich dureh eine sehwaehe Einkerbung abhebtl ist eine so loekere, dab z. B. bei dem Versuch, das Gelege aus der Erde zu ziehen, diese Ver- bindung fast immer durehreigt. Das ganze Ge- bilde ist 15--22 ram, ira Durehschnitt 20 mm lang.

Uber die Zahl der Eier in einer Kapsel schwanken die von Najd enof f wiedergegebenen (bulgarischen und russisehen) Angaben: einmal werden 35--50, ein andermal 31--47, ein drittes- real bis 50 Eier angegeben. N a j d e n o f f selbst hat bei Analyse yon 5 Kapseln gefunden, dag jede 10--35 Eier enthielt.

Da nach meinen Untersuehungen sieh in jeder Ovariole gleichzeitig 1 oder 2 reife Eier finden, bestehen zwei M0gliehkeiten ffir das Zustande- kommen eines Eipaketes: a) Entweder werden aus den Eisehlauchen eines Ovars je 2 Eier aus- gestogen, ehe sie gemeinsam yon der Hiillsubstanz umsehlossen werden. Da die Eisehlauche in 2 kammffSrmigen Reihen angeordnet sind, gelangt also die erste Serie von Eiern ebenfalls in 2 Reihen in den Ausfiihrgang; dureh Dazwisehensehieben einer zweiten Serie entsteht sodann die vierreihige Anordnung. b) Oder es wird aus jeder Ovariole der beiden Ovarien nur je 1 Ei ausgestogen, was auf jeder Seite wieder eine zweireihige Eierserie ergibt, und es vereinigen sieh diese Eier aus den beiden Eierstiicken zu einem vierreihigen .Paket. Im ersten Fall mug die Entstehung der Kapsel in einem der paarigen (erweiterten) Ausfithrgange, im zweiten Fall im unpaaren Ovidukt stattfinden. In beiden Fallen abet ergibt sieh eine obere Durehschnittszahl yon 44 Eiern, und damit eine gute [7bereinstimmung mit den Angaben Najde- noffs ; die geringere Eizahl maneher Kapseln wfirde der teilweisen Reduktion der Ovariolen oder der naeh und nach abnehmenden Fruehtbar- keit eines i? entspreehen. Aueh folgt aus diesen Ergebnissen, dal~ nieht, wie C h o l o d k o w s k y (nach Na jdeno f f ) behauptet, samtliehe Eier, die ein 9 iiberhaupt hervorbringt, auf einmal, in einer ein- zigen Kapsel, abgelegt werden.

~a

~it der Lebensweise von Caloptenus ilalicus haben sich I l t s c h e v (1925) 1 ) und Na jdenof f (1920) 2) wahrend der bulgarischen Heuschrecken- kalamitat in den Jahren 1919 und 1920 ein- gehender beschaftigt. Nach ihren Angaben fallt die Eiablage in die Zeit zwischen Anfang August und Ende September, zu welchem Zweck sich die 99 in Gruppen yon 2 bis 30 und mehr Individuen sammeln. Sie bohren, ohne einen eigentlichen Legebohrer zu besitzen, mit den sta~k chitini- sierten Teilen ihres Hinterleibes Liicher yon 1--1,5 (nach russisehen Angaben yon 3) cm Tiefe in die harte, unbearbeitete Erde. Wahrscheinlich ist die Tiefe der Liicher yon der Beschaffenheit des Erdreichs abhangig. In das vorgebohrte Loch legt das Tier sodann sein Eipaket mit der auf- sitzenden schwammigen Kappe. Trockene, stark beschienene Hange, Steppen, unbearbeitete Flachen, Weiden, Wiesen mit festem Boden, Brachfelder werden dabei bevorzugt. Feuohtigkeit soil un- giinstig auf die Eier wirken; daher eben die Be- vorzugung festen Bodens, der die Feuchtigkeit sehwer aufnimmt und leicht abgibt.

Die von der Eierkapsel umsehlossenen Eier tiberwintern in der Erde. Das Aussehltipfen der Junglarven findet (je naeh der Lage) in der Zeit zwisehen Ende April und Mitte Juni start. Die Dauer der Gesamtentwieklung vom Verlassen des Eies iiber 5 Hautungen bis zur geflfigelten Imago ist wiederum abhangig yon der Temperatur; sie wahrt .naeh L i n d e m a n n 35--41, naeh anderen 40--50 Tage. Demnaeh diirften also die Gries- heimer Heusehreeken, die Ende Juni so massen- haft aufgetreten sind, um die Mitte des Monats Mai aus den Eiern gesehlfipft sein.

Wesentlieh langer dauerte allerdings die Entwieklung bei den Zuehtversuehen, welehe I l t s e h e v 1920 im Insektarium durehgeffihrt hat. Die Eier waren am 10. Mai gesammelt worden. I l t s e h e v maeht tiber die Dauer der einzelnen Hautungsstadien folgende Angaben:

Sehlfipfen aus dem Ei bei 18--21~ C: 27. Mai, 1. Hautung bei 20--25~ 14.--15. Juni, 2. , 5.--7. Juli, 3. ,, 16.--17. Juli (erste [?] Ansatze yon

Fliigelstummeln), 4. , 23.--25. Juli (die Fliigelstummel sind

gr6ger geworden), 5. , zur Imago, w~thrend die Temperatur

auf 25--30 o gestiegen war, 17. Au- gust.

~) Die Aufzeichnungen I l tschevs wurden nach seinem Tode yon Dr. Buresch (Sofia) herausgegeben.

~) Fttr die Ubersetzung aus dem Bulgarischen bin ich besonders Herrn Dr. reed. Dikowsky, z. Z. in Giegen, zu Dank verpflichtet.

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15. 1. 1931] Heft I J

MAX DINGLEIL Die Griesheimer Heuschreckenplage

Gesamtentwieklungsdauer yon Ei bis Imago hier also 2 Monate und 20 Tage. Die hnagines, besonders die ~?~, lebten sodann in der Gefangen- schaft noeh .bis zum 16. September; in dieser Zeit hatte sieh die Befruehtung und die Ablage der Eierpakete in die Erde vollzogen. (Leider fehlen Angaben darfiber, ob das einzelne Weib- chen nur eimnal oder Offer ein. Eipaket absetzte).

Eine typisehe Lebensgewohnheit der Ita- lienisehen Heusehreeke, die sie mit Pachytihr migratorius, Acridium aegyptium u. a. gemein hat, ist das Zusammenschliegen zu grSBeren Iterden und das darauffolgende Wandern bei auf- tretendem Nahrungsmangel. Nur wahrend des ersten Hiiutungsstadiums, also etwa 14 Tage lang, hMten sich die Junglarven in der Niihe ihres Ge- burtsortes. Sodann nimmt die Beweglichkeit zu und die Tiere legen gemeinsam krieehend und springend, naeh der letzten Hautung aueh fliegend mehr oder minder groge Streeken zuriiek. Naj- denof f hat Flfige yon 2,5his 20 m, ja sogar bis 50 m ohne Zwisehenrast festgestellt. Zwischen dem 7. und 11. August 1919 wurden naeh seinen Angaben groge Heusehreekenseharen beobaehtet, die im HShenflug Sofia yon Norden her fiber- flogen. Auf dem Griesheimer Sand ging, wie sehon erw~thnt, der Zug von Ost naeh West. Ein 5iassenflug wurde dort yon uns nieht beobaehtet; vielleieht blieb er nut dureh das anhaltend kiihle, niedersehlagreiehe Wetter, das sehon vor der Ent- wieklung der Tiere zum Vollkerf eingesetzt hatte, unterbunden.

Temperatur, Feuehtigkeit und Lieht wirken stark auf das Verhalten der Heusehreeken ein. Gegen Regen sind sie wahrend der Hi~utungen besonders empfindlieh; aber aueh die nieht in der Hiiutung begriffenen Tiere verlieren bei Regen ihre Lebhaftigkeit und halten sieh an ihren Futter- pflanzen oder im Unkraut verborgen, i~hnlieh wie sie aueh vor S0nnenaufgang und naeh Sonnen- untergang trag und unbeweglieh an den Pflanzen sitzen. Doeh sollen sie bin und wieder in warmen Naehten ziemlieh lebhaft sein. ihre Fragtlitigkeit ist deutlieh abh~gig yon der Besonnung. Auf einem dieht mit Heusehreeken besetzten Kartoffel- felde bei Griesheim, das einige Obstbiiume tri~gt, konnte ieh feststellen, dag, wahrend ringsum die Kartoffelpflanzen stark befallen waren, genau im Sehattenbereieh der Bi~ume kaum ein nennens- werter Frag stattgefunden hatte.

Die Zahl der Pflanzenarten, welehe von der Italienisehen Heusehreeke befallen werden, ist so grog, dag man yon einer ausgesproehenen Poly- phagie reden kann. Wiihrend die jungen Larven an ihrer Geburtsstatte sieh hauptsaehlieh yon Gras und Unkrautern ernlihren, gehen die Mteren

Larven bereits auf Kulturland und sehaden (nach Na jdeno f f ) vor allem an Sommerweizen (die Wintersaat soll bis zum Erseheinen der Heu- sehreeken sehon so weit ausgewaehsen sein, dag sie sie nieht mehr annehmen [?]), Hfilsenfriiehten, Gemfise und Haekfriiehten. Bei der bulgarisehen Heusehreekenplage wurden ferner Sehadigungen an folgenden Kulturpflanzen festgestellt: Bohnen (die Blatter werden gefressen, nut die Stengel bleiben stehen), Kartoffel (starker Blattfrag), Luzernen (der ganze oberirdisehe Teil der Pflanze wird gefressen), Kfirbis, Melonen, Tabak, Kohl, Zuekerriibe, Haler (KSrnerfrag und Besehlidigung der Ahren, so dag aueh die nieht gefressenen K6rner ausfallen), Mais (Fral~ der zartesten Bli~tter und der Kolbenhaare, Besehiidigung der K6rner an der Spitze der Kolben), Gerste, Roggen (nut die K6rner werden angefressen), Wein, Sonnen- blumen. Nur die Kiehererbse und die Tomate sollen vor dem Frag der Italienisehen Heusehreeke sieher sein. Dagegen soll sie wi~hrend des bul- garisehen Massenauftretens aueh an S~teken und Zeltbahnen der Arbeiter dutch LSeherfrag Sehaden angeriehtet haben.

Auf dem Griesheimer Sand erstreekte sieh der FraB auf Kartoffel, Kohlriiben und Mohrriiben. Aueh aus ()sterreieh (Gegend von Wiener-Neu- stadt) wird in diesem Jahre starkes Auftreten des Caloptenus italicu~" gemeldet, wobei neben anderen Kulturpflanzen vor allem Kartoffel befallen wurden. Ein fiir die Wirtsehaft katast~vphales Ereignis kann man aber weder das heurige Heusehreeken- auftreten in Hessen noch (naeh Mitteilung von Herrn Hofrat B. Wahl) dasjenige in 0sterreieh nennen. Dort gab vor allem die Tatsaehe, dag auf der Bahnstreeke zwisehen Eggenborn und Wiener-Neustadt zwei Gfiterz~ige dureh die Heu- sehreeken zum Stehen gebraeht wurden (was be- kanntlieh aueh hin und wieder dureh Raupen- zfige, welehe das Geleise tiberqueren wollen, vorkommt), Anlafl zu fibertriebenen Sensations- meldungen. Aueh bei Griesheim stand der Sehaden in keinem VerhNtnis zu den eindrueks- vollen Massen yon Individuen, die, hauptsiiehlieh dutch Witterungseinflfisse, sehnell dezimiert wurden.

[~berhaupt stehen der Massenwirkung, zu der versehiedene Heusehreekenarten befahigt sind, in Europa zahlreiehe natiMiehe Hemmnisse ent- gegen. Neben den ffir ein volles Auswirken der Gradation ungfinstigen Temperatur- und Feuehtig- keitsverhaltnissen kommen hier eine Reihe tie- fischer Feinde in Betraeht. Die wiehtigsten Heu- sehreekenvertilger unter den VSgeln sind die Stare, StSrehe, Htihner und Perlhiihner. Be- sonders die Stare erwiesen sieh in Bulgarien

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C. BSaNER. Mitteilungen fiber Blattl/iuse [15. 1. ~081 Heft

niitzlich. Sie umkreisten zuweilen die yon den Insekten besonders dicht besetzten Platze, ver- engerten unter best~tndigem Picken den Kreis und erledigten so die Heuschreeken (damals meist noch Larven) in kurzer Zeit. Die geflfigelten Heu- sehrecken, die dann in der Stadt Sofia selbst niedergingen, wurden ebenso grfindlich yon den Hfihnern aufgezehrt. Naeh dem Bericht eines Feldhfiters sollen in Suehodol bei Sofia auch Fr6sche in groBer Zahl an Land gegangen sein und den Heusehreeken nachgestellt haben.

Unter den Ins@ten sind es vor allem die Larven der Kafergattungen Zonabris (Mylabris) und Epicauta, sowie jene der Dipterengattungen Idia (3b~scidae), Systoechus (Bombyliidae). Mulio (Bombyl.), Anthrax (Bombyl.), welche schmarotzend bezw. raubschmarotzend sieh yon den Eiern in den Eierkapseln nahren. Baer (1921) ffihrt als Eiparasiten yon Caloptenus italieus die Bolnbyliide Callostoma fuscipenne ,~iaeq. an, wahrend Anthrax fenestratus Fll. besonders der sogenannten Marok- kanisehen Heuschreeke (Stauronotus maroccanus Thnb.) angepaBt zu sein scheint, deren Eierkapseln bis zu 80 ~ yon ibm infiziert gefunden wurden.

Larven yon Sarcophaga-Arten leben nach Naj- denof f s Angaben schmarotzend in den Heu- sehreeken selbst.

Unter den parasit~ren Pilzen aus der Familie der Entomophthoreen wird Eml)usa 9rylli (Fres.) Nowak zur Ursache von Massenerkrankungen und Massensterben unter den Italienisehen Heu- sehrecken. (Weitere pflanzliehe Krankheitse~weger werden spater angeffihrt.) Da die toten Indi- viduen, wie wit das auch bei Griesheim beob- aehten konnten, eifrig yon ihren Artgenossen auf- gefressen werden, dfirfte sich auf diese Weise der Pilz besonders wirksam verbreiten.

Zum Kannibalismus der Heusehreeken ist noeh zu bemerken, dai3 Caloptenus italieus be- Soliders in der Gefangensehaft aueh kleinere Feld- heusehreeken (Stauronotus usw.) auffrigt. Wir mugten die Erfahrung maehen, dal~, als wir an- fangs die verschiedenen Arten gemeinsam in unseren Sammelbfiehsen unterbraehten, yon der ganzen Ausbeute meist nur die Caloptenus-Indi- viduen fibrigblieben, die sich dann zum Teil aueh gegenseitig anfragen. (Schlug folgt.)

Mitteilungen fiber Blattl/iuse (Aus der Biologischen Reichsanstalt Zweigstelle Naumburg a. S.)

Von C. B~rner , Naumburg a. S.

Die Mannigfaltigkeit der Phaenotypen vieler Blattlausarten, die Unau~Alligkeit der systematiseh wiehtigen Merkmale zahlreieher Gattungen und Arten und die sehr verschiedenen Grade der Nahrungsanpassungen unter den Blattlausen haben seit jeher ihr systematisches wie biologisches Studiual sehr erschwert. Es nimmt daher nicht wunder, dab beispielsweise die wirtswechselnden Blattlausarten bisher sehr ungenfigend erforseht sind und Entdeekungen auf diesem Gebiete der Blattlauskunde noch Weiterungen ffir die Syste- matik nach sieh ziehen werden. Dabei handelt es sich keineswegs immer nur um einen Weehsel im Artnamen. Bei den Hormaphidinen und Fordinen ist auch die Gattungseinteihmg noeh wesentlieh abhangig von den Fortschritten in der Kenntnis des dort ob]igatorisehen und mit tief- greifenden gestaltliehen Veranderungen ver- bundenen Wirtswechsels. Deutungen fiber Zu- sammengehSrigkeit biologiseh und gestaltlich ver- sehiedener Formen bedfirfen noeh in vielen Fallen tier Best~tigung dureh den Zuehtversuch. Es zeigt sieh also, dab die Zeit ffir eine Monographie der Blattlause tier Erde noeh lange nieht reif ist.

Die Wissensehaft ist zwar in den letzten Jahren durch zahlreiehe Sondersehriften fiber Blattlliuse wesentlich bereichert worden, es fehlt abet noeh vollsti~ndig an einer kritischen Verarbeitung des gesamten Materials sowohl hinsichtlich der Gattungen wie der Arten. Die fortschreitende Durchforsehung der aul~ereuropaischen Lander auf Blattli~use bringt alljahrlieh reiehen Zuwaehs an neuen Formen, abet die Identifizierung vieter Arten der alten Autoren lagt noch immer viel zu wfinschen fibrig. Selbst die im iibrigen hOehst wertvolle neue dreibandige Monographie der briti- sehen Aphiden von T h e o b a l d 1) kann in diesem Sinne nur als ein willl~ommener, leider nieht er- sehOpfender Beitrag angesehen werden.

Unter obigem Kennwort gedenke ieh in zwang- loser Folge kleine Mitteilungen fiber neue Fest- stellungen und Beobachtungen fiber Blattlliuse zu maehen, die spater am anderen Oft in ausffihr- lieher Darstellung wiedergegeben werden sollen. In systematischer Hinsicht schliel~e ieh reich darin

1) The Plant Lice or Aphididae of Great Britain~ 3 gol. London 1926--1929.