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Die Gründung der Kommission Am 16. Oktober 1950 wurde in Marburg die Historisch-Landeskundliche Kommission für Posen und das Deutschtum in Polen ge- gründet. Die Kommission baute dabei auf den älteren Traditionen der Historischen Ge- sellschaft für die Provinz Posen auf. Nach Gotthold Rhode wurde „der neue Name (…) gewählt, um in ihm sowohl die Pose- ner Tradition wie auch die Erweiterung des Arbeitsgebietes zum Ausdruck zu bringen.“ Bei der Namensgebung wurde von dem Zu- satz „Weichsel- und Wartheland“ Abstand genommen, um nicht unnötige Erinnerungen an die deutsche Okkupationszeit in Polen 1939 1945 und die administrative Bezugs- größe „Warthegau“ zu wecken. Der Gründung vorausgegangen war 1950 die Schaffung des Herder-Forschungsrates und des Herder-Instituts in Marburg (Hessen) als Nachfolgeinstitutionen der Nordostdeutschen Forschungsgemeinschaft und der Publikati- onsstelle in Berlin-Dahlem: Durch Bundeszu- wendungen stellte der Forschungsrat in seinem Haushalt die finanziellen Mittel zur Förderung wissenschaftlicher Vorhaben einzelner ostdeutscher historischer Kom- missionen bereit. Auf der von Wolfgang Kohte (1907 1984) geleiteten Gründungsversammlung der Kom- mission, an der zehn ehemalige Mitglieder der Historischen Gesellschaft teilnahmen, wurde Friedrich Swart (1883 1957) zum neuen Vorsitzenden gewählt. Auf ihn folg- te bereits 1952 Walter Kuhn (1903 1983). Im gleichen Jahr löste Gotthold Rhode (1916 1990) Manfred Laubert (1877 1960) als Geschäftsführer ab. Im Jahr 1955 wurde der Vorstand um einen zweiten Vorsitzen- den und den Geschäftsführer auf insgesamt drei Personen erweitert. Ihre Aufgabe sah die Kommission in der „Pflege der Geschichte des Posener Landes und des gesamten Deutschtums in Polen mit dem besonderen Zweck, wissenschaft- liche Arbeiten auf diesem Gebiet zu för- dern und herauszugeben“ (Gotthold Rhode). Das geographische Arbeitsgebiet umfasste die ehemalige Provinz Posen mit der Grenz- mark Posen-Westpreußen und Ostbran- denburg sowie die deutschen Ansiedlungs- gebiete Mittelpolen mit der Stadt Lodz, Galizien und Wolhynien. Für die Zeit der Jahre 1919 1939 sollte dieser Raum auch um Oberschlesien und Westpreußen er- weitert werden. Neben der Festlegung auf die räumlich-regio- nalen Bezugspunkte wurde weiterhin ver- sucht, die Geschichte der Deutschen in Polen in Anknüpfung an die Volksgeschichte der Zwischenkriegszeit als Geschichte einer „deutschen Volksgruppe“ aufzufassen. Dieser Kompromiss zwischen der provinzialhis- torischen und der volksgeschichtlichen For- schungstradition hatte sich aus der unter- schiedlichen Herkunft, Erfahrung und Interes- senlage der Mitglieder geformt und spie- gelte sich in der Kommissionsarbeit über Jahrzehnte wider. Walter Kuhn, Vorsitzender 1952 1964 Friedrich Swart ,Vorsitzender 1950 1952 Im ersten Rundschreiben der Kommission wird die zukünftige Aufgabe umris- sen und um Unterstützung geworben. Protokoll der ersten Sitzung der Kommission mit Aufzählung der elf Gründungsmitglieder. Gotthold Rhode, Geschäftsführer 1952 1964 Manfred Laubert, Geschäftsführer 1950 1952 Die ehemalige Deutsche Burse in Marburg ist der Gründungsort der Kommission Die Kommissionsmitgieder formulierten unmittelbar nach der Gründung vorrangige wissenschaftliche Projekte, die es gemeinsam umzusetzen galt. Dazu gehörte zunächst die Fortführung und Heraus- gabe einer Bibliographie aller Veröffentlichungen aus dem Arbeitsgebiet. Auch die Sammlung Posener Lebensbilder wurde schon in den 50er Jahren an- geregt, ehe es nach konzeptionellen Modifikationen, Vorab- und Teilveröffentlichungen im Jahre 2009 zur Herausgabe eines biographischen Lexikons der Posener Deutschen kam. Die ebenfalls seit Grün- dung der Kommission geplante und geförderte Her- ausgabe der „Kunstdenkmäler an der mittleren Weichsel und Warthe“ von Julius Kohte ließ sich u.a. aus Kostengründen bis heute nicht realisieren. Zu den weiteren Gemeinschaftsarbeiten gehörte die „Dokumentation der Volksgruppe zwischen den Krie- gen 1918 1939“. Mit diesem Arbeitsvorhaben war insbesondere Richard Breyer (1917 1999) be- fasst. Durch die Sammlung neuen Quellenmateri- als wie Zeitzeugen-Interviews und Berichten wollte sich die Kommission in die Lage versetzen, den Vorwurf von der angeblich illoyalen deutschen Min- derheit in Polen wissenschaftlich zu widerlegen. Einem ähnlichen Zweck diente die angestrebte „Doku- mentation über die Ereignisse in Polen im September 1939“. Sie sollte Aufschlüsse über die tatsächlichen Opferzahlen auf Seiten der deutschen Minderheit, die u.a. mittels Fragebögen nachträglich ermittelt wur- den, ermöglichen. Zudem diente sie der Abwehr des Vorwurfs, die Minderheit hätte kollektiv als „Fünfte Kolonne“ an der Okkupation des polnischen Staates mitgewirkt. Für beide Dokumentationen sammelte die Kommission umfangreiches Material und in ihrem Kontext wurden mehrere Beiträge publiziert. Zu einer Herausgabe der jeweiligen Gesamtdokumentationen ist es trotz an- fänglicher Förderung durch das Auswärtige Amt nicht gekommen, da die Arbeitsergebnisse teilweise wis- senschaftlichen Ansprüchen in Form und Inhalt nicht genügten bzw. eine Auswertung aufgrund von Per- sonal- und Geldmangel unterblieb. Zu den Desiderata gehört neben der ausgebliebenen Gesamtdarstellung der deutschen Minderheit in der Zweiten Polnischen Republik 1918 1939 weiterhin eine Geschichte des Großherzogtums Posen bzw. der preußischen Provinz Posen von 1815 1918 oder die Fortsetzung des Posener Städtebuchs von Heinrich Wuttke (1818 1876). Die ambitionierten Gemeinschaftsprojekte der ersten Jahrzehnte blieben teilweise unvollendet und die stringente Anlage eines Forschungsprogrammes un- terblieb. Das Fehlen finanzieller und vor allem per- soneller Ressourcen ist für diesen Befund ebenso mit einzubeziehen wie der Umstand, dass die Kommis - sion sich inhaltlich bis in die 80er Jahre hinein vor allem der politisch motivierten Abwehrarbeit gegen- über polnischen Positionen verpflichtet fühlte. Projekte der Kommission Ein Gemeinschaftswerk der Kommission ist die von Gotthold Rhode herausgege- bene „Geschichte der Stadt Posen“ aus dem Jahr 1953. Den Anstoß zur Abfas- sung eines solchen Sammelbandes an- lässlich des 700-jährigen Gründungs- jubiläums der Stadt Posen „zu deutschem Recht“ gab Eugen Oskar Kossmann (1904 1998), Legationsrat im Auswär- tigen Amt und selbst Kommissions- mitglied der ersten Stunde. Kossmann ermöglichte die Finanzierung mit Geldern des Außenministeriums unter der Auflage, dass dieses als Auf- traggeber nicht bekannt werden dürfte. An dem Band beteiligten sich mehrere Kommissionsmitglieder.Die vom Her- ausgeber angestrebte Mitwirkung exil- polnischer Autoren konnte nicht um- gesetzt werden. Allerdings verfasste der jüdische, aus der Provinz Posen stam- mende Historiker Jacob Jacobson (18881968) einen Beitrag zur Geschichte der Juden in Posen. Jacobson kritisierte später das Vorwort des Posen-Bandes, in dem zwar des Unrechts gegenüber der polnischen, nicht aber der jüdischen Bevölkerung Posens im Zweiten Welt- krieg gedacht wurde. In Polen wurde das Buch von Marian Wojciechowski (1927 2006) umfassend rezensiert, woraus sich ein früher Kontakt zwischen deutschen und polnischen Historikern ergab. Der Historiker Richard Breyer, Sohn des gefallenen Siedlungsforschers Albert Breyer und späterer Vorsitzender der Kommission, war führend an der Kon- zeption der geplanten „Dokumentation der Volksgruppe“ beteiligt. Die von der Kommission in Auftrag gege- benen Bibliographien über Polen und das Posener Land erschienen bis 1983 und erfassten sowohl deutsche wie auch polnische Titel. Gotthold Rhode Im Jahr 1990 legte Hans Freiherr von Rosen (1900 – 1999) die nebenstehende Ausarbeitung vor. Die Herausgabe eines ursprünglich geplanten Sammel- werks über die Septembertage 1939 unterblieb. Mit der „Dokumentation der September- tage 1939“ wurden seit der Gründung mehrere Mitarbeiter durch die Kommis- sion betraut. Als ein Teilergebnis er- schien 1969 die Veröffentlichung von Peter Aurich (Pseudonym für Peter E. Nasarski).

Die Gründung der Kommission Projekte der Kommission · 2014. 7. 22. · Walter Kuhn, Vorsitzender 1952 – 1964 Friedrich Swart ,Vorsitzender 1950 – 1952 Im ersten Rundschreiben

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Page 1: Die Gründung der Kommission Projekte der Kommission · 2014. 7. 22. · Walter Kuhn, Vorsitzender 1952 – 1964 Friedrich Swart ,Vorsitzender 1950 – 1952 Im ersten Rundschreiben

Die Gründung der Kommission

Am 16. Oktober 1950 wurde in Marburg die Historisch-Landeskundliche Kommission für Posen und das Deutschtum in Polen ge-gründet. Die Kommission baute dabei auf den älteren Traditionen der Historischen Ge-sellschaft für die Provinz Posen auf.

Nach Gotthold Rhode wurde „der neue Name (…) gewählt, um in ihm sowohl die Pose -ner Tradition wie auch die Erweiterung des Arbeitsgebietes zum Ausdruck zu bringen.“ Bei der Namensgebung wurde von dem Zu-satz „Weichsel- und Wartheland“ Abstand genommen, um nicht unnötige Erinnerungen an die deutsche Okkupationszeit in Polen 1939 – 1945 und die administrative Bezugs-größe „Warthegau“ zu wecken.

Der Gründung vorausgegangen war 1950 die Schaffung des Herder-Forschungs rates und des Herder-Instituts in Marburg (Hessen) als Nachfolgeinstitutionen der Nordostdeutschen Forschungsgemeinschaft und der Publikati-onsstelle in Berlin-Dahlem: Durch Bundeszu-wendungen stellte der Forschungsrat in sei nem Haushalt die fi nanziellen Mittel zur Förderung wissenschaftlicher Vorhaben ein zelner ostdeutscher historischer Kom -mis sionen bereit.

Auf der von Wolfgang Kohte (1907 – 1984) ge leiteten Gründungsversammlung der Kom -mis sion, an der zehn ehemalige Mit glieder der Historischen Gesellschaft teilnahmen, wur de Friedrich Swart (1883 – 1957) zum neuen Vorsitzenden gewählt. Auf ihn folg-te bereits 1952 Walter Kuhn (1903 – 1983). Im gleichen Jahr löste Gotthold Rhode (1916 – 1990) Manfred Laubert (1877 – 1960) als Geschäftsführer ab. Im Jahr 1955 wurde der Vorstand um einen zweiten Vorsitzen -den und den Geschäftsführer auf insgesamt drei Personen erweitert.

Ihre Aufgabe sah die Kommission in der „Pfl ege der Geschichte des Posener Landes und des gesamten Deutschtums in Polen mit dem besonderen Zweck, wissenschaft-liche Arbeiten auf diesem Gebiet zu för -dern und herauszugeben“ (Gotthold Rhode).

Das geographische Arbeitsgebiet umfasste die ehemalige Provinz Posen mit der Grenz -mark Posen-Westpreußen und Ost bran-denburg sowie die deutschen Ansiedlungs-gebiete Mittelpolen mit der Stadt Lodz, Galizien und Wolhynien. Für die Zeit der Jahre 1919 – 1939 sollte dieser Raum auch um Oberschlesien und Westpreußen er-weitert werden.

Neben der Festlegung auf die räumlich-regio - nalen Bezugspunkte wurde weiterhin ver-sucht, die Geschichte der Deutschen in Polen in An knüp fung an die Volksgeschichte der Zwischen kriegszeit als Geschichte einer „deutschen Volks gruppe“ aufzufassen. Dieser Kompromiss zwischen der provinzialhis-torischen und der volksgeschichtlichen For-schungstradition hatte sich aus der unter -schiedlichen Herkunft, Erfahrung und Inte res -senlage der Mitglieder geformt und spie -gel te sich in der Kommissionsarbeit über Jahrzehnte wider.

Walter Kuhn, Vorsitzender 1952 – 1964

Friedrich Swart ,Vorsitzender 1950 – 1952

Im ersten Rundschreiben der Kommission wird die zukünftige Aufgabe um ris -sen und um Unterstützung geworben.

Protokoll der ersten Sitzung der Kommission mit Aufzählung der elf Gründungsmitglieder.

Gotthold Rhode, Geschäftsführer 1952 – 1964

Manfred Laubert, Geschäftsführer 1950 – 1952

Die ehemalige Deutsche Burse in Marburgist der Gründungsort der Kommission

Die Kommissionsmitgieder formulierten unmittelbar nach der Gründung vorrangige wissenschaftliche Projekte, die es gemeinsam umzusetzen galt. Dazu gehörte zunächst die Fortführung und Heraus-gabe einer Bibliographie aller Veröffentlichungen aus dem Arbeitsgebiet. Auch die Sammlung Posener Lebensbilder wurde schon in den 50er Jahren an -geregt, ehe es nach konzeptionellen Modifi kationen, Vorab- und Teilveröffentlichungen im Jahre 2009 zur Herausgabe eines biographischen Lexikons der Posener Deutschen kam. Die ebenfalls seit Grün -dung der Kommission geplante und geförderte Her-ausgabe der „Kunstdenkmäler an der mittleren Weichsel und Warthe“ von Julius Kohte ließ sich u.a. aus Kostengründen bis heute nicht realisieren.

Zu den weiteren Gemeinschaftsarbeiten gehörte die „Dokumentation der Volksgruppe zwischen den Krie-gen 1918 – 1939“. Mit diesem Arbeitsvorhaben war insbesondere Richard Breyer (1917 – 1999) be -fasst. Durch die Sammlung neuen Quellenmateri -als wie Zeitzeugen-Interviews und Berichten wollte sich die Kommission in die Lage versetzen, den Vorwurf von der angeblich illoyalen deutschen Min -derheit in Polen wissenschaftlich zu widerlegen.

Einem ähnlichen Zweck diente die angestrebte „Doku-mentation über die Ereignisse in Polen im September 1939“. Sie sollte Aufschlüsse über die tatsächlichen Opferzahlen auf Seiten der deutschen Minderheit, die u.a. mittels Fragebögen nachträglich ermittelt wur-den, ermöglichen. Zudem diente sie der Abwehr des Vorwurfs, die Minderheit hätte kollektiv als „Fünfte Kolonne“ an der Okkupation des polnischen Staates mitgewirkt.

Für beide Dokumentationen sammelte die Kommission umfangreiches Material und in ihrem Kontext wurden mehrere Beiträge publiziert. Zu einer Herausgabe der jeweiligen Gesamtdokumentationen ist es trotz an -fäng licher Förderung durch das Auswärtige Amt nicht ge kommen, da die Arbeitsergebnisse teilweise wis-senschaftlichen Ansprüchen in Form und Inhalt nicht genügten bzw. eine Auswertung aufgrund von Per -sonal- und Geldmangel unterblieb.

Zu den Desiderata gehört neben der ausgebliebenen Gesamtdarstellung der deutschen Minderheit in der Zweiten Polnischen Republik 1918 – 1939 weiterhin eine Geschichte des Großherzogtums Posen bzw. der preußischen Provinz Posen von 1815 – 1918 oder die Fortsetzung des Posener Städtebuchs von Heinrich Wuttke (1818 – 1876).

Die ambitionierten Gemeinschaftsprojekte der ersten Jahrzehnte blieben teilweise unvollendet und die stringente Anlage eines Forschungsprogram mes un -terblieb. Das Fehlen fi nanzieller und vor allem per -soneller Ressourcen ist für diesen Befund ebenso mit einzubeziehen wie der Umstand, dass die Kommis -sion sich inhaltlich bis in die 80er Jahre hinein vor allem der politisch motivierten Abwehrarbeit gegen-über pol nischen Positionen verpfl ichtet fühlte.

Projekte der Kommission

Ein Gemeinschaftswerk der Kommission ist die von Gotthold Rhode herausge ge-bene „Geschichte der Stadt Posen“ aus dem Jahr 1953. Den Anstoß zur Abfas-sung eines solchen Sammelbandes an-lässlich des 700-jährigen Gründungs-jubiläums der Stadt Posen „zu deutschem Recht“ gab Eugen Oskar Kossmann (1904 – 1998), Legationsrat im Auswär-tigen Amt und selbst Kommissions-mitglied der ersten Stunde. Kossmann ermöglichte die Finanzierung mit Geldern des Außenministeriums unter der Auflage, dass dieses als Auf-traggeber nicht bekannt werden dürfte. An dem Band beteiligten sich mehrere Kommissionsmitglieder.Die vom Her-ausgeber angestrebte Mitwirkung exil-polnischer Autoren konnte nicht um-gesetzt werden. Allerdings verfasste der jüdische, aus der Provinz Posen stam-mende Historiker Jacob Jacobson (1888 – 1968) einen Beitrag zur Geschichte der Juden in Posen. Jacobson kritisierte später das Vorwort des Posen-Bandes, in dem zwar des Unrechts gegenüber der polnischen, nicht aber der jüdischen Bevölkerung Posens im Zweiten Welt-krieg gedacht wurde. In Polen wurde das Buch von Marian Wojciechowski (1927 – 2006) umfassend rezensiert, woraus sich ein früher Kontakt zwischen deutschen und polnischen Historikern ergab.

Der Historiker Richard Breyer, Sohn des gefallenen Siedlungsforschers Albert Breyer und späterer Vorsitzender der Kommission, war führend an der Kon-zeption der geplanten „Dokumentation der Volksgruppe“ beteiligt.

Die von der Kommission in Auftrag gege-benen Bibliographien über Polen und das Posener Land erschienen bis 1983 und erfassten sowohl deutsche wie auch polnische Titel.

Gotthold Rhode

Im Jahr 1990 legte Hans Freiherr von Rosen (1900 – 1999) die nebenstehende Ausarbeitung vor. Die Herausgabe eines ursprünglich geplanten Sammel-werks über die Septembertage 1939 unterblieb.

Mit der „Dokumentation der September-tage 1939“ wurden seit der Gründung mehrere Mitarbeiter durch die Kommis -sion betraut. Als ein Teilergebnis er-schien 1969 die Veröffentlichung von Peter Aurich (Pseudonym für Peter E. Nasarski).

Page 2: Die Gründung der Kommission Projekte der Kommission · 2014. 7. 22. · Walter Kuhn, Vorsitzender 1952 – 1964 Friedrich Swart ,Vorsitzender 1950 – 1952 Im ersten Rundschreiben

Mitglied in der Kommission konnte auf Vor-standsbeschluss jeder werden, der wissen-schaftlich oder publizistisch auf dem Ar -beitsgebiet tätig war. Die begrenzte Anzahl an Fachwissenschaftlern auf dem Betäti -gungsfeld der Kommission machte eine der-artige Öffnung auch für Nicht-Wissenschaft-ler notwendig. Aus dieser größeren Mit-gliederbasis sollten ursprünglich kleinere Fachausschüsse hervorgehen, wobei es letzt-lich nur zur Einrichtung des Ausschusses für Genealogie unter Joachim Heinrich Balde (1910 – 2008) im Jahre 1959 kam. Eine Mit-gliederversammlung, auf der alle vier Jahre der ehrenamtlich tätige Vorstand gewählt wird, fi ndet mindestens alle zwei Jahre statt.

Die Kommission bestand über viele Jahre hinweg fast ausnahmslos aus Mitgliedern aus dem Arbeitsgebiet – vor allem aus der ehemaligen Provinz Posen und Mittel-polen – deren Leben durch die Jahre 1918 – 1945 entscheidend geprägt wurde. Es existierte eine nicht zu übersehende personelle Kontinuität zur ehemaligen Funktionselite der deutschen Minderheit in Polen in der Zwischenkriegszeit. Ein Teil der Mitglieder war zudem bereits vor oder in der Kriegszeit der NSDAP oder deren Gliederungen beigetreten. Eine Aus-einandersetzung über die nationalsozia -listische Vergangenheit einzelner Mitglie -der blieb jedoch – wie in weiten Teilen der bundesrepublikanischen Nachkriegs ge -sellschaft – aus. In der Gründungsphase distanzierte man sich zwar in Einzelfällen von jenen Wissenschaftlern und Funk-tionären, die aufgrund ihrer Haltung dem Ansehen der Kommission nachhaltig schaden konnten, brachte dies jedoch nie öffentlich zur Sprache.

Im Schnitt lag die Mitgliederzahl der Kom-mission über die Jahre bei rund 60 Per-sonen. Trotz vereinzelter Neuaufnahmen kam es aufgrund der Mitgliedsstruktur zu einer starken Überalterung: Noch im Jahre 1988 lag das durchschnittliche Alter der Kommissionsmitglieder bei rund 71 Jahren, der Anteil der weiblichen Mit-glieder unter 10%. Der ausgebliebene Generationswechsel setzte erst Mitte der 80er Jahre ein.

Mitglieder

Walter KuhnVorsitzender der Kommission von 1952-1964

Fragebogen

Nikolaus Arndt, Richard Breyer, Peter Nasarski

In den ersten Jahrzehnten waren viele Mitglieder der Kommission zugleich aktive Mitglieder der Landsmannschaft Weichsel-Warthe. Bis auf Weigelt und Kowala, die der Kommission nicht ange-hörten, waren alle Personen auf diesem Foto Mitglieder beider Organisationen, die mit unterschiedlicher Zielsetzung für das gleiche geographische Arbeits-gebiet zuständig waren. Seit 1998 ist die Kommission korporatives Mit-glied der Landsmannschaft.

Die Redaktion des Jahrbuches Weichsel-Warthe nach der Gründungsversammlung (Aachen 1954) :

Von links: Fritz Weigelt, Otto Heike, Theodor Bierschenk, Sepp Müller, Ilse Rhode, Gerd Kowala, Adolf Kargel

Der 2. Vorsitzende der Kommission Wolfgang Kohte (links) im Gespräch mit dem früheren Bundesvertrie-benenminister Theodor Oberländer (1905-1998) auf einer Tagung des Herder-Forschungsrates Ende der 60er Jahre.

Bis in die 90er Jahre stammten die im Durch-schnitt ca. 30 Teilnehmer und Teilnehmer-innen wie auch die Vortragenden ganz über-wiegend aus dem Kreis der Kommissions-mitglieder selbst. Außerhalb der Kommission forschenden Wissenschaftlern, deren Ar-beitsergebnisse in der Kommission umstrit-ten waren, boten die Tagungen lange Zeit kein Diskussionsforum. Historiker aus Polen nahmen – vor allem aus politischen Grün-den – nicht an den Tagungen teil, auch wenn Gotthold Rhode persönlich gute Bezie -hungen etwa zu dem Posener Historiker und Universitätsprofessor Zdzisław Grot (1903 – 1984) unterhielt. Eine Ausnahme bildeten der Schriftsteller und Übersetzer Witold Wirpsza (1918 – 1985) sowie der Historiker Paweł Korzec (*1919), die – nachdem sie ins Exil gegangen waren – um Kontakte zur Kommission bemüht waren, mit die ser auch gemeinsame Projekte durchführten und an Tagungen teilnahmen.

Die wissenschaftlichen Tagungen waren und sind ein wesentlicher Bestandteil der Kom-missionsarbeit. Sie dienen der wissenschaft-lichen Diskussion sowie der Begegnung der Mitglieder und dem Austausch unterei-nander. Die Tagungen und die damit ver-bundenen Mitgliederversammlungen fanden i.d.R. alle zwei Jahre an wechselnden Orten statt. Bisher wurden 34 Tagungen abge-halten, wobei knapp die Hälfte der Versamm-lungen auf den Gründungsort der Kommis-sion in Marburg entfi elen.

Den Schwerpunkt der Tagungen bildeten die Re ferate der Mitglieder über ihre Forschung-en, die dem ausgedehnten Arbeitsgebiet der Kommission entsprechend heterogen aus fi elen. Die Geschichte der deutsch-polni schen Beziehungen im 19. und 20. Jahr-hun dert nahm dabei naturgemäß einen ge wich tigen Platz ein. Zudem wurden Ta-gungen genutzt, um an Jubiläen wie die Grün dung der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen (Mönchengladbach 1965, Lüneburg 1985), oder die der Kom-mission selbst (Marburg 2000) zu erin -nern. Einen stärker geschichtspolitischen Impetus be saßen jene Veranstaltungen, die sich der Erinnerung an die deutsche Minderheit in der Zwischenkriegszeit oder dem Jahr 1939 (Marburg 1970 und 1989) widme ten. Erst Mitte der 80er Jahre wurden die Tagungen unter einheitlicher gestaltete Rahmenthemen gestellt.

Das Hauptgebäude (Hensel-Villa, Bild oben) des Mar burger Herder-Instituts in den 50er Jahren sowie Vortragssaal und Pres se-archiv (Behring-Haus). In Marburg, dem Sitz der Kommission, fand seit Gründung 1952 fast die Hälfte aller Tagungen statt.

Die drei Kommissionsmitglieder Walter Kuhn, Richard Breyer und Otto Heike (v.l.n.r.) auf einer Tagung der Landsmann-schaft Weichsel-Warthe in Aachen im Jahre 1954.

Der Vorsitzende des Genealogischen Aus-schusses Joachim Heinrich Balde mit der Schriftstellerin Gerda Leber-Hagenau auf einer Tagung in Marburg 1987. Im Hintergrund Petra Blachetta-Madajczyk und Theodor Bierschenk.

Lüneburg war mehrfach Tagungs ort. In der Ost-Akademie, hier mit Bib -liotheks-Lesesaal, fand 1953 die erste Arbeits tagung der Kommission statt. Im Brömsehaus wurde 1985 in einer Feier stunde des 100- jährigen Jubi -läums der Historischen Gesellschaft gedacht. Es wird heute vom Institut für Kultur und Geschichte der Deut -schen in Nordosteuropa e.V. genutzt, zu deren Gründungsmitgliedern die Kommission 2001 gehörte.

Ost-AkademieBrömsehaus

Tagungen

Page 3: Die Gründung der Kommission Projekte der Kommission · 2014. 7. 22. · Walter Kuhn, Vorsitzender 1952 – 1964 Friedrich Swart ,Vorsitzender 1950 – 1952 Im ersten Rundschreiben

Die Kommission besaß seit ihrer Gründung bis Ende der 90er Jahre vor allem aus fi nanziel-len Gründen keine eigene Zeitschrift oder eine Schriftenreihe. Dieser für die Außenwahrneh-mung nachteilige Umstand konnte durch Veröffentlichungen in den Publikationen des Herder-Instituts teilweise ausgeglichen werden.

Mehrere Ausgaben der „Zeitschrift für Ostfor-schung“ wurden als Schwerpunkthefte der Kommission gestaltet. Die Bibliographien und andere wissenschaftliche Arbeiten wie das „Bürgerbuch von Birnbaum“ (1982) erschienen in der Reihe „Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleu-ropas“. In der Buchreihe „Marburger Ostfor-schungen“ wurden zudem auch Monographien einzelner Mitglieder veröffentlicht.

Hinzu kam eine Reihe von Einzelveröffentlich-ungen der Mitglieder, die von der Kommission fi nanziell oder ideell gefördert wurden. Sie erschienen in externen wissenschaftlichen Reihen oder im Selbstverlag. Die Kommis-sionsmitglieder waren zudem durch Fachartikel in einschlägigen Werken gerade der Osteuro-paforschung der 50er Jahre vertreten, wie beispielsweise dem von Werner Markert herausgegebenen „Handbuch Polen“ (1959). Publikationen wie „Nachbarn seit tausend Jahren“ (1975) oder zuletzt „Land der großen Ströme. Von Polen nach Litauen“ (2002) beinhalten fast ausschließlich Beiträge von Kommissionsmitgliedern, auch wenn die Kom-mission nicht als Herausgeber fungierte.

Hinzu kommen die häufi g als Publikationsort genutzten Veröffentlichungsorgane der Landsmannschaft Weichsel-Warthe: Vor allem im „Kulturwart“ und im „Jahrbuch“ erschien eine Vielzahl von Abhandlungen aus dem Kommissionsgebiet mit überwiegend populär-wissenschaftlichem Charakter. Ebenso diente der vom Hilfskomitee der Galiziendeutschen herausgegebene „Zeitweiser der Galizien-deutschen“ sowie die „Wolhynischen Hefte“ des Historischen Vereins Wolhynien e.V. als Veröffentlichungsort.

Der Fokus der Veröffentlichungen lag zeitlich ganz überwiegend im 19., vor allem aber im 20. Jahrhundert bis zum Jahr 1945. Den inhaltlichen Schwerpunkt bildeten Arbeiten zur Siedlungsgeschichte, Kirchengeschichte, Bibliographien und Abhandlungen zu den deutschen Minderheiten in Galizien, Mittelpolen und Wolhynien. Desweiteren zu den Minder-heitenproblemen der Zwischenkriegszeit, der preußischen Polenpolitik und den Reichstags-wahlen sowie der deutschen Minderheit im Zweiten Weltkrieg.

Verö� entlichungen

«Es ist eine reiche Fülle, in der freilich auch große Lücken erkennbar sind, und die systematische Aufarbeitung großer Fragenkomplexe fehlt.» Gotthold Rhode, 1987

Eine Auswahl von Publikationen über das Arbeitsgebiet der Kommission, an denen Mitglieder als Autoren, Herausgeber oder Beiträger beteiligt waren.

Die Veröffentlichungen der Landsmann-schaft Weichsel-Warthe, der Galizien- und Wolhyniendeutschen wurden von Mitgliedern häufig als Publikations-ort genutzt.

Sammelwerke unter maßgeblicher Be tei -ligung von Kommissionsmitgliedern.

Der Kommissionsvorsitzende Gotthold Rhode überreichte Kardinal Karol Wojtyła, dem späteren Papst Johannes Paul II., im Juni 1977 in Mainz den Bildband

„Nachbarn seit tausend Jahren“. Zu den Herausgebern des Bandes gehörten u.a. die Kommissionsmitglieder Richard Breyer und Peter Nasarski.

Als primäre Veröffentlichungsorgane dienten der Kommission die wissenschaftlichen Publikationen des Marburger Herder-Instituts.

Programmatische Neuausrichtung

Die Kommission sah sich Anfang der 90er Jahre vielfäl-tigen Herausforderungen gegenüber: Sie begannen 1990 mit dem Tod des Gründungsmitglieds Gotthold Rhode (1916 – 1990), der seit 1962 als Vorsitzender von seinem Mainzer Lehrstuhl aus die Geschäfte der Kommission maßgeblich gelenkt hatte. Sein 1991 ge wählter Nachfolger Richard Breyer (1917 – 1999) stand vor der Aufgabe, die Kommission als Konsequenz aus der Umstrukturierung des Herder-Instituts rechtlich und organi satorisch umzugestalten. Im Jahre 1994 erfolg-te der Eintrag ins Vereinsregister, mit dem sich die Kommission verselbständigte. Kassenführung und Ge-schäftsfüh rung lagen nun ausschließlich in Eigenver-antwortung des ehrenamtlich tätigen Kommissionsvor-stands. Als ein ge tragener Verein ist die Kommission heute ihrerseits Mitglied im neugeschaffenen Trägerver-ein des Herder-Instituts e.V. in Marburg.

Innerhalb der Kommission erfolgte zudem ein Umbruch der Mitgliederstruktur. Der natürliche Rückgang der Erlebnisgeneration wurde durch Zuwahl jüngerer Wissen-schaftler aufgefangen. Ein Merkmal dieser neuen Mit-gliedergeneration ist, dass ihr Zugang zum Arbeitsgebiet nicht mehr biographisch, sondern allein wissenschaft -lich begründet ist. Ihre Arbeiten verliehen der Kommission wie der deutschen Polenforschung überhaupt neue Im-pulse. Der Generationswechsel beförderte einen inhalt -lichen „Paradigmenwechsel im Verhältnis der Kommis-sion zu ihrem Forschungsgegenstand“ (Wolfgang Kessler). Ihren Ausdruck fand dieser Paradigmenwechsel nicht zu-letzt in der 1997 erfolgten Umbenennung der Kommis-sion in die Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen, mit der die Abkehr vom wissenschaftlich un-fruchtbaren Volksgruppen-Theorem unterstrichen wurde. Erklärtes Ziel war fortan eine Überwindung der ethno-zentrierten Perspektive durch Verwissenschaftlichung und der verstärkten Hinwendung zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen.

Die Öffnung der Grenzen zu Polen ermöglichte einen in-tensiveren Kontakt und wissenschaftlichen Austausch. So wurden Tagungsbesuche polnischer ReferentInnen und TeilnehmerInnen von der Ausnahme zum Regelfall. Seit den 90er Jahren tagte die Kommission mehrmals in Polen: 2003 in Posen/Poznań, 2005 in Słubice am Collegium Polonicum und in den Jahren 2002 sowie 2008 an der Universität Łódź, zu der die Kommission sehr gute Kontakte pfl egt .

Mit dem 2001 erstmals erschienenen Mitteilungsblatt „Ger mano-Polonica“ suchte die Kommission verstärkt die Öffentlichkeit, während der nur für Mitglieder gedachte Rundbrief 2004 eingestellt wurde. Die Kommission veröffentlichte zudem zwei neue Buchreihen, in denen bis her sieben Bände erschienen. Alle Publikationen wurden in Herne verlegt und entstanden unter der Feder-führung von Wolfgang Kessler (*1946), dem Vorsitzen -den der Kommission von 1996 – 2005. Er erwarb sich über die Tätigkeit als Herausgeber hinaus große Ver-dienste bei der Reorganisation und der Öffnung der Kom-mission „von der Erlebnis- und Erinnerungsgemeinschaft zu einem fachlich defi nierten Historiker(Innen)verbund...“.

TeilnehmerInnen vor dem Bamberka-Brunnen anlässlich der Kommis-sionstagung in Poznań 2003.

Besuch im Archiv der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN), Poznań 2003.

TeilnehmerInnen auf der 2005 im Collegium Polonicum in Słubice abgehaltenen Tagung.

TeilnehmerInnen auf der 2007 in Herne in der Martin-Opitz-Bibliothek abgehaltenen Kommissionstagung. Gastgeber war Bibliotheksdirektor Dr. Wolfgang Kessler (1. Reihe unten, 2.v.l.), Vorsitzender von 1996 – 2005.

Das Mitteilungsblatt „Germano-Polonica“ erschien in drei Nummern von 2001 bis 2003. Es enthielt kleinere Artikel und Diskussionsbeiträge aus dem Arbeits -gebiet und sollte jenseits der etablierten Fachzeitschriften einer öffentlichkeits -wirksamen Darstellung der Kommissions -arbeit dienen.

Der erste Band der neuen Reihe der Kom-mission „Beiträge zur Geschichte der Deutschen in Polen und der deutsch-pol-nischen Beziehungen“ beinhaltet die Beiträge der Jubiläumstagung 2000.

Die von Götz Urban vorgelegten Erin -nerungen des Superintendenten Arthur Rhode an die Posener Jahre von 1914 – 1920 erschienen 2003 als Band 2 der von der Kommission neu herausgegebenen Reihe „Erin -nerung und Biografie der Deutschen in Polen“.

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Die Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen e.V. heute

Die Einrichtung und Tätigkeit der könig-lichen Akademie in Posen und ihres Umfeldes steht im Mittelpunkt der von Christoph Schutte im Jahr 2008 veröf-fentlichten Arbeit.

Stefan Dyroff legte 2007 seine bezie-hungsgeschichtliche Studie über den Nord osten der preußischen Provinz Posen vor.

In der Reihe „Polono-Germanica“ erscheinen seit 2006 vor allem die Tagungsbeiträge der Kommission. Sie möchte ihren Beitrag dazu leisten, die Geschichte der Deutschen in Polen angemessen zu verstehen und zu würdigen, ohne in nationalen Schablonen zu denken.

Markus Krzoska (Gießen), Vorsitzender

Krystyna Radziszewska (Łódź), Vorstandsmitglied

Stefan Dyroff (Bern)Vorstandsmitglied

Harald Schäfer (Gersfeld)Geschäftsführendes Vor-standsmitglied

Isabel Röskau-Rydel (Kraków) Stellv. Vor-sitzende

Die Kommission – seit 2005 unter dem Vor-sitz von Markus Krzoska (*1967) – ist heute ein fachlich definierter HistorikerInnenver-bund, der sich dem wissenschaftlichen Wett-bewerb stellt. Jüngere Historiker und Histo-rikerinnen haben mit ihren innovativen For schungen zur Geschichte der deutsch-pol - nischen Beziehungen den eingefor der ten Ver wissenschaftlichungsprozess maß geb lich vorangetrieben.

Ihre heutigen Ziele defi niert die Kommission nach der aktuellen Satzung wie folgt: „Im Bewusstsein, das die Kenntnis der gemein-samen Geschichte von Deutschen und Polen und ihren Nachbarn wichtig für ein geeintes Europa ist, fördert die Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen e. V. die Erforschung der Geschichte der Deutschen und ihrer Siedlungsgebiete in den histor-ischen Grenzen Polens sowie der deutsch-polnischen Beziehungen in Geschichte und Kultur durch Vorträge und Tagungen und die Unterstützung und die Publikation wis-sen schaftlicher Arbeiten insbesondere des wissenschaftlichen Nachwuchses. Sie setzt die Tätigkeit der Historischen Gesell-schaft für Posen fort.“

Mit der eigenen Publikationsreihe „Polono- Germanica“, die bisher in fünf Bänden vorliegt und neben der Veröffentlichung von Tagungsbeiträgen auch die Edition relevan -ter Quellen erlaubt, ist eine wesentliche Voraussetzung geschaffen worden, die Kom-missionsarbeit stärker in den Fokus der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu rücken. Die Tagungen fi nden mittlerweile jedes Jahr statt und erlauben somit ein fl exibleres Eingehen auf aktuelle Forschungskontro-versen. Die Kooperation mit polnischen Wis-senschaftlern gehört zum Alltag und soll weiter ausgebaut werden. Schon heute ge-hören polnische Kollegen dem Vorstand an und die Jahrestagungen der Kommission fi nden regelmäßig auch in Polen statt. Um Kooperation mit anderen themenverwandten Institutionen ist die Kommission ebenfalls

Torsten Lorenz legte 2005 seine regio -nalhistorische Mikrostudie „Von Birn-baum nach Międzychód“ vor.

bemüht, wie die zuletzt 2009 in Gießen ge -meinsam mit dem Historischen Verein für Ermland e.V. ausgetragene Tagung nach-drücklich zeigt.

Die Kommission befasst sich zudem kritisch mit der eigenen Geschichte und hat mit der Erfassung ihrer Archivalien in einem online über das Herder-Institut zugänglichen Findbuch die Grundlage für die Auswertung der reichhaltigen Quellen für interessierte Forscher gelegt. Das Archiv der Kommission befi ndet sich als Depositum im Herder-Institut, mit dem ein Kooperationsvertrag geschlossen wurde.

Mit dieser Ausstellung, die von der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung gefördert wurde, will die Kommission sowohl in Deutschland als auch in Polen mehr Öffent-lich keit herstellen und Interessierte zur Mitarbeit anregen.

Die seit einigen Jahren bestehende Home-page der Kommission www.deutsche-polen.de soll nach einem Relaunch aktuelle Informa -tionen über die Arbeit und die Geschichte der Kommission bereitstellen. Darüber hin aus soll sie sowohl den wissenschaftlichen Aus -tausch als auch die Präsentation von For -schungen in deutscher und polnischer Sprache ermöglichen. Dieses wichtige Anlie-gen wird vom Land Hessen, dem Partner -land der Wojewodschaft Wielkopolska, fi nan-ziell gefördert.

www.deutsche-polen.de

1869Errichtung des Königlich-Preu-ßischen Staatsarchivs zu Posen

1880Gründung der Bromberger Histo-rischen Gesellschaft für den Netzedistrikt

1885Gründung der Historischen Ge-sellschaft für die Provinz Posen. Archivdirektor Bernhard Endrulat wird Vorsitzender, Hermann Ehrenberg Schriftführer

1887Rodgero Prümers wird Nachfol-ger des verstorbenen Bernhard Endrulat als Archivdirektor und Vorsitzender der Historischen Gesellschaft. Die Gesellschaft hat über 500 Mitglieder

1888Die Historische Gesellschaft ist Gastgeber der Jahrestagung des Gesamtvereins der deut-schen Geschichts- und Altertums -ver eine, erstmals erscheint der „Führer durch Posen“ von Adolf Warschauer, der in diesem Jahr auch Schriftführer wird

1893Zur Feier der 100-jährigen Zuge-hörigkeit Posens zu Preußen erscheint „Das Jahr 1793. Ur-kunden und Aktenstücke zur Ge-schichte und Organisation Süd-preußens“

1890Die Gesellschaft hat über 1.000 Mitglieder. Erscheinungsbeginn der „Historischen Monatsblätter“, die zusätzlich zur halbjährlich erscheinenden Zeitschrift an die Mitglieder geliefert werden. Die Bromberger Gesellschaft hat ca. 200 Mitglieder. Ihr Organ ist von nun an die Zeitschrift der Posener Gesellschaft

1901Verlust der Eigenständigkeit und Beitritt der Gesellschaft als His torische Abteilung zum neuen Dachverband Deutsche Gesell-schaft für Kunst und Wissen-schaft, die Bromberger Gesell-schaft tritt dem dort gegrün -deten Dachverband gleichen Namens bei

1910Die Historische Gesellschaft ist zum zweiten Mal Gastgeber der Jahrestagung des Gesamtvereins

1919Rodgero Prümers muss Posen verlassen. Die Stadt wird Teil des neu begründeten polnischen Staates, ebenso Bromberg

1920Die Historische Gesellschaft schrumpft auf 110 Mitglieder in Posen und 86 auswärtige zusammen, die Zeitschrift erscheint nicht mehr, die „His-torischen Monatsblätter“ erscheinen noch bis 1923. Die Bromberger Gesellschaft hört de facto auf zu bestehen. Übergangsvorsitzender ist Karl Martell

1921In Berlin bildet sich die Vereini-gung der reichsdeutschen Mitglieder, die in unregelmäßi-gen Abständen Mitteilungen herausgeben, Vorsitzender wird Julius Kohte

1922Wilhelm Loewenthal wird Vor-sitzender der Historischen Gesellschaft für Posen, Hermann Rauschning Schrift- bzw. Geschäftsführer

1923Erscheinungsbeginn der „Deutschen wissenschaftlichen Zeitschrift für Polen“

1924-1931„Deutsche Blätter in Polen“ erscheinen in Posen

1925Friedrich Swart wird nach dem Tod Loewenthals Vorsitzender

1926In Berlin erscheinen die Erinne-rungen Adolf Warschauers. Rauschning verlässt Posen, neu-er Geschäftsführer wird Paul Zöckler, Redakteur der Zeit-schrift wird Alfred Lattermann

1933Die Nord- und Ostdeutsche For -schungsgemeinschaft übernimmt nach ihrer Gründung zunehmend die Finanzierung der Aktivitäten und Publikationen der Histo-rischen Gesellschaft. Ausweitung des Tätigkeitsraums der Gesell-schaft auf ganz Polen

1934Kurt Lücks Buch „Deutsche Auf-baukräfte in der Entwicklung Polens“ erscheint

1935Die Gesellschaft feiert in Posen ihr 50-jähriges Bestehen und nimmt den neuen Namen His-torische Gesellschaft für Polen an, neuer Geschäftsführer wird Alfred Lattermann

1939 – 1945Alfred Lattermann wird im „Reichsgau Wartheland“ Biblio-theksdirektor der neu geschaf-fenen Reichsuniversität, die Zeit-schrift erscheint unter dem Namen „Deutsche wissenschaft-liche Zeitschrift im Wartheland“ noch bis 1943. Die Gesell schaft entfaltet – nun unter dem Namen Historische Gesellschaft für den Reichsgau Wartheland – wegen Mitgliedermangels in Folge des Krieges kaum Aktivitäten

1950In Anknüpfung an die Tradition der Historischen Gesellschaft gründet sich in Marburg die Historisch-Landeskundliche Kommission für Posen und das Deutschtum in Polen, Vorsitzen-der wird Friedrich Swart, Ge-schäftsführer Manfred Laubert

1952Walter Kuhn übernimmt den Vorsitz, Geschäftsführer wird Gotthold Rhode

1953Das Gemeinschaftswerk Ge-schichte der Stadt Posen erscheint zum 700-jährigen Jubiläum der Stadt . Die Dokumentationsprojekte zur deutschen Volksgruppe in Polen und den Septemberer-eignissen 1939 werden in Angriff genommen, aber nie vollendet

1964Gotthold Rhode wird 1. Vorsit-zender und bleibt es bis zu seinem Tode 1990, 2. Vorsitzen-der zwischen 1955 und 1977 ist Wolfgang Kohte

1985Festveranstaltung aus Anlass des 100. Geburtstages der Historischen Gesellschaft für die Provinz Posen in Lüneburg

1988Die Kommission hat ca. 60 Mit-glieder, das Durchschnittsalter liegt bei rund 71 Jahren

1991Richard Breyer wird 1. Vor-sitzender

1994Die Kommission erhält eine Satzung, wird ins Vereinsregister eingetragen und Mitglied des Trägervereins Herder Institut e.V.

1997Namensänderung durch Mitglie-derbeschluss in Kommission für die Geschichte der Deutschen in Polen e.V. 1. Vorsitzender ist seit 1996 Wolfgang Kessler

2002Von Joachim Rogall herausgege-ben erscheint in der Reihe Deutsche Geschichte im Osten Europas „Land der großen Ströme. Von Polen nach Litauen“, das fast ausschließlich Beiträge von Kommissionsmitgliedern enthält

2005Markus Krzoska wird zum 1. Vor-sitzenden gewählt, Geschäfts-führer bleibt Harald Schäfer, der seit 1998 dieses Amt ausübt

2010Jubiläumstagung aus Anlass der Gründung der Historischen Ge-sellschaft für die Provinz Posen vor 125 Jahren und der Histo-risch-Landeskundlichen Kommis-sion für Posen und das Deutsch-tum in Polen vor 60 Jahren mit Präsentation der Ausstellung im Herder-Institut in Marburg

Chronik 1869 – 2010