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34 111. Die Grundzuge eines therrno - chemischen Sy- stems; von Julius 2’h o msen. (Portretzung der Aubiize in Bd. 88 S. 349; Bd. 90 S. 261 u. Rd. 91 S. 83.) V. Ueber die Affinitiit mit henonderer Riickeicht auf die chemischen Zersetzungen. §. 32. n f i t dem Ausdrucke ~~Affinitiit (6 bezeichnct man die Kraft, welche die Bestaudtheile eiuer Verbiuduag zusammenhalt. Sol1 eiue Verbindung zersetzt werdeu, es sey entwe- der direct, durch dcn Einflds der Warme, der Elektrici- tat, dcs Lichtes u. s. w., oder durch eincn hinzugafiigten Korpcr, so inufs die Affiuitat iiberwuodeu werden; es ist ein Kraftaufwand nothig, dessen Griifse von der Starke der Affiiiitlt abhiingig ist. Deiiken wir uns eiuerseits cine Verbindung zersctzt in ihre Bestandtheile, anderseits diese Bestandtheile wieder zur urspriinglicheii Verbindung vereinigt, so hnben wir zwei entgegengesetzte Processe, deren Anfang und Ende umgekehrt gleich sind. Es ist also einleuchtend, dafs die Griite der Kraft, welche erforderlicli ist urn eiue bestiiiiinte Verbindung zu zersetzen, der gleicli seyn mufs, wclclie entwickelt wid, wenn die fragliche Verbindung sicli wieder aus ihren getrennteu Bestaudtheilen bildet ( cfr. 5. 4). Die Gr8fse der Kraft, welctie sich bei der Rildung einer Verbinduiig entwickelt, kounen wir aber nach eineln abso- luten Maafse bestimmen; sic ist gleich der Wlrmemenge, welcbe sich bei der Bildung der Verbindung eutwickelt (cfr. 8. 1). Urn also eine Verbindung ZIL zersetzen, urn die Affinitat zu uberwinden, ist cine Kraft nothwendig, deren Grope dtmh die Warmetonung gemessea werden kann, die bei der Bildung der Verbindung atis ihren fmglichen Besfandtheiten her- vortritt.

Die Grundzüge eines thermo-chemischen Systems

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111. Die Grundzuge eines therrno - chemischen Sy- stems; von Julius 2’h o msen.

(Portretzung der Aubiize in Bd. 88 S . 349; Bd. 90 S . 261 u. Rd. 91 S . 83.)

V. Ueber die Affinitiit mit henonderer Riickeicht auf die chemischen Zersetzungen.

§. 32.

n f i t dem Ausdrucke ~~Affinitiit (6 bezeichnct man die Kraft, welche die Bestaudtheile eiuer Verbiuduag zusammenhalt.

Sol1 eiue Verbindung zersetzt werdeu, es sey entwe- der direct, durch dcn Einflds der Warme, der Elektrici- tat, dcs Lichtes u. s. w., oder durch eincn hinzugafiigten Korpcr, so inufs die Affiuitat iiberwuodeu werden; es ist ein Kraftaufwand nothig, dessen Griifse von der Starke der Affiiiitlt abhiingig ist.

Deiiken wir uns eiuerseits cine Verbindung zersctzt i n ihre Bestandtheile, anderseits diese Bestandtheile wieder zur urspriinglicheii Verbindung vereinigt, so hnben wir zwei entgegengesetzte Processe, deren Anfang und Ende umgekehrt gleich sind. Es ist also einleuchtend, dafs die Griite der Kraft, welche erforderlicli ist urn eiue bestiiiiinte Verbindung zu zersetzen, der gleicli seyn mufs, wclclie entwickelt w i d , wenn die fragliche Verbindung sicli wieder aus ihren getrennteu Bestaudtheilen bildet ( cfr. 5. 4).

Die Gr8fse der Kraft, welctie sich bei der Rildung einer Verbinduiig entwickelt, kounen wir aber nach eineln abso- luten Maafse bestimmen; sic ist gleich der Wlrmemenge, welcbe sich bei der Bildung der Verbindung eutwickelt (cfr. 8. 1 ) .

Urn also eine Verbindung ZIL zersetzen, urn die Affinitat zu uberwinden, ist cine Kraft nothwendig, deren Grope d t m h die Warmetonung gemessea werden kann, die bei der Bildung der Verbindung atis ihren fmglichen Besfandtheiten her- vortritt.

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8. 33. Die Affinitit zweier Korper zeigt sich durch das Ver-

mtigeu sich miteinander unmittelbar verbinden zu kannen ; findet die Vereinigung statt, dunn entwickelt sich eine der Affinitiit der Korper entsprechende Wiirtnenaenge.

Wenn dagegen keine Affinitat oder vielmehr eine Ab- neigung zwischen den Kbrpern besteht, ist eine Verbindung direct nicht darzustellen. Es ist dazu eine Kraft erforder- lich, deren Grofse der Abneigung der Elernente entspricht. Sind aber einmal solche Verbindungen auf Umwegen (siehe unten) dargestellt, so sind sie leicht und direct zersetzbar; sie ahneln dem Kegel, der auf seiner Spitze steht, und der durch den geringsten Stofs aus seiner Stellung fallt. Die Zersetaung geschieht unter Entwickelung einer Kraft, deren Grofse der gleich ist, welche bei der Bililung der Verbindung latent wird (cfr. 8. 6 ) .

§. 34. Mrenu eine Verbindung durch einen andern Kbrper,

einfach oder zusammengesetzt, zersetzt wird, so dafs sich dadurch neue Verbindungen bilden, oder vorher gebundede Korper aus ihren Verbindungen ausgeschieden und durch andere vertreten werden, dann geschieht dieses aus dem Grunde, weil sich dadurch starkere Affinitateu befriedigen ; denn iu der Chemie gilt das Recht des Starkeren, die stsrkeren Affinitateu werden sich stets geltend machen.

Um aber die schwacheren Affinitaten zu iiberwinden ist ein geringerer Kraftaufwand erforderlich als die Grofse der Kraft , welche sich durch Befriedigung der stgrkeren Affiuitaten entwickelt; es mufs also bei eintretender Zer- setzung eine Entwickelung von Kraft stattfinden.

Da aber die cbeinische Kraft, indem sie sich eutwickelt unter gewohrilichen Umstanden sich als eine Warmeentl mickelung zeigt, so folgt, dafs jede chemische Zersetaung die- ser Art aon einer Warmeentwickelung begleitet seyn wird.

Fassen wir aber diesen Satz mit den vorhergeheuden zusammen, so erhalten wir folgendeu allgemeinen Schlufs :

3"

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Jede einfache oder susanamengesetzte Wirkung eon rein chemischer Natur h t von einer Wameentwickelung be- gleitet.

Es ist in der Chemie wie in der Mcchanik; nur danu ist cine I3ewegung eincs Systems voii Kilrpern milglich, wenn die Summe sammtlicher statisclien Momente init Riicksicht auf die fraglichc Beweguogsrichtung positiv ist.

8. 35. Die Affinitit ist aber keine constante Grilfse; sie Indert

sich niit der Temperatur. W i r keiinen iiicht die Ver- %nderang, welcbe die Affinitat durch die Teinperatur er- leidct, wenigsteiis kilnncn wir sie nicht in Zalilen aus- drucken; dagcgen ist die AffinitVt der Kiirper bei einer Temperatur, die hiiclistcns urn ein Paar Hundert Grad die gewiihnliclie iibertrifft, nach absolutem Maafse gemessen.

Wollen wir also die Theoric durch die Empirie pru- fen, so wird es iiotliwendig nur solche PhZnoinciie zu be- tracliteo, die inueIl~alb dieser Teinperaturgrlnzco stattfindcri. Es wird sicli zeigen, dafs die Theorie dann in allen ilircn Punkten bcstatigt wirtl.

Man rvird viclleicht liier gleich eiuwendeii, dnfs die Mebrzahl der Salzc sicb in Wasser unter einer Absorptioli von Warme liist. Ich glaube aber behaupteii zu koiinen, dak diese Wirkungeii nicht von rein chemischer Natur sind; deun nur da, 190’ die Stoffe sich nacli bestiiiiaiteii Proportionen, uach ihren Aequivaleutzal\leii, verbinden, sehe ich cheinische wirkuni;.cn, urid iiur solcbe werde ich be- trachteo, urn die Theorie durch die Erfahrung zu priifen. Wir wollen iiiit den einfachcn clieinisclien Zersctzungen anfaiigen , nach und nach zu den mehr zrrsainineiigresetztei~ tibergehen und eiidlich die directe Verbindung und Zer- setzung betracbten.

9. 36. Das VerltHltoiTs z m i s c h e n d e n Metal len u n d d e m Wasser.

Das erste Problem, welches wir untersuclien wollen, ist folgcndes: Welche Metalle zersetzen den Wasserdampf 3 Uni

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37 diese Frage zu beantworten, ist es nothweiidig, dafs man einerseits die Affiuitat zwischeii dein Wasserstoff und dem Sauerstoff, aiidererseits die der Metalle zum Sauerstoff kenne; denn die Metalle, welche eine grofsere Affinitst zum Sauerstoff besitzen als die des Wasserstoffs irn Was- serdampf, werden diesen zersetzen konnen.

Die Versuche haben folgende Werthe gegeben I ) :

(Ag, 0)= 316c (Hg, 0)=1597 ( C u , 0 ) = 2 3 9 4 (Pb , 0 ) = 3 3 9 6 (Fe , 0 ) = 4 1 3 1 (Zn, 0) = 5366

Die Affinitst des Wasserstoffs zum Sauerstoff ist im Wasserdampf bei looo als Mittel 3626" oder

( H, 0 ) = 3626". Die Bedingung, welche erfiillt seyn mufs, damit eiu

Metall (R) den Wasserdampf zersetzen kiinne, ist also ( R , 0) > 3626".

Aus den angefuhrten Zahlen geht hervor, dafs unter den untersuchten Metalleu das Zink uud das Eisen den Wasserdampf zu zersetzen im Staiide sind, welches aucli mit der Erfahrung iibereinstimmt. Die iibrigen Metalle dagegen zersetzen nicht den Wasserdampf, weil ihre Af- finitst zum Sauerstoff geringer ist als die des Wasser- stoffs.

Wenn ein Metall niclit den Wasserdampf zersetzen kann, mufs sein Oxyd durch Wasserstoff reducirt werden konnen, deun es ist d a m

1 ) Mit Rucksiclit auf sHmmtliche in dieser Ablrandlung augefuhrten Zali- ten verweise icli auf meine Originalarbeit in den Schriften der Kiinigl. dinischen Gesellschaft der Wissensehaften , 5te Reihe, 3ter Band. Die Werthe sind theils Resultate eigener Versuche, theils Resultate der Ver- suclie van A b r i a , A n d r e w s , D u l o n g , F a v r e , S i l b e r m s n n , H cfs u. A., theils sind die Versuche verscliiedener Experinienlatoren liier corubinirt.

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(R, 0) < ( € 3 7 0) oder

(R, 0) < 3626', welche Bedingung erfullt seyn mufs, wenn das Oxyd durch Wasserstoff reducirt werden soll.

DaCs die Oxyde des Silbers, Quecksilbers, Kupfers und Bleis durch Wasserstoff redncirt werden , stimmt mit der Erfahrung fiberein. Es ist aber auch bekannt, dafs das Eiseiioxyd leicht durch Wasserstoff zersetzt wird ; es folgt daraus, dafs

( F e z , 03)(3.36269

Die Affinitat des Eisens zum Sauerstoff im Oxyde ist noch nicht bestimlnt; ich werde aber uiiten auf einem an- derii Wege die Grlnzen bestimmen, zwischen welchen diese Grofse liegen mufs, und wir werden sehen, da€s da- durch diese Behauptuiig bestltigt wird.

Wir wenden uns jetzt zu einem anderenProbIem. Welche Metalle sersetsen das fliissige Wasser? Wenn die Was- serdampfe sich zu flussigem Wasser verdichteu, entwickeln sich pro Aequivaleiit 717'; es ist also

(H, 0, Aq)=4343C.

Diese Bezeichnuug (H, 0, Aq) fur die Affinitat des Wasserstoffs und Sauerstoffs im flussigen Wasser werde ich benutzen iiberall, wo die Bezeichnung (H, 0) mifs- verstanden werden kann.

(Ag, 0, kx) = 374c (Hg,O,Hx) = 1362

(Pb, 0, Hx) = 3403 (Fe, O,Hx) = 4195 (Zn,O,Ei") = 5460 (Na, 0, Aq ) = 10493 (K, 0, Aq) = 10896.

Nun ist nach den Versuchen:

(Cu,O,H") = 2240

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Die Bedingung, welche erfiillt seyn mufs, damit ein Mittel das Wasser zersetzen kanne, ist also

(R, 0, Aq) > 4343". Aus den angefiihrten Grbfsen geht hervor, dafs Ka-

lium, Natrium und Zink das flussige Wasser unter Was- serstoffentwickelung zersetzen kiinnen. Fur die zwei er- sten Metalle ist diese Wirkung allgemein bekannt; aber auch beim Zink ist dieses Verhaltnifs schon von B e r z e - l i u s beobachtet; er sagt in seinem Lehrbuche der Che- mie, dafs fein zertheiItes Zink das Wasser unter Wasser- stoffentwickelung zersetzt. Also hier stimmen Theorie und Erfahrung lnit einander iiberein.

§. 37. Das Verhiiltnifs der Metalle zur ~ h l O r w ~ s 6 6 r s t O f f 6 ~ U r e .

W i r betrachten erst das Verhaltnifs der Metalle zum trocknen Chlorwasserstoffgas. Welch Metalle oersetzen die gasfomige Chloraoasserstoffsaure? Die Bedingung, welche erfiillt seyn mufs, damit eine solche Wirkung ein- treten kGnne, ist

oder wenn das Chlor eine grbfsere Affinitat zum Metalle als zum Wasserstoff besitzt, ist die Zersetzung miiglich.

Als Mittel aus den Versuchen von A b r i a und F a v r e und S i l b e r m a n n haben wir

( H , C1) = 2987c und also die Bedingung fur die Zersetzung der gasfarmi- gen trocknen Cblorwasserstoffsaure durch ein Metall.

(R, C1) > 2987c. Diese Bedingung ist nach den Untersiichuugen von

F a v r e und S i l b e r m a n n erfullt fur fdgende, nach ihrer Affinitat geordnete Metalle: Kalium, Natrium, Zink, Eiseo, Blei und Kupfer; fur das letzte Metall finden sie

(Cu , Cl) = 3776'.

(R, Cl) > ( H , CI)

Ich bin mir nicht bewufst, irgendwo gesehen zu ha- bcn , dak das Kupfer die trockene Salzsaure zersetzen konne, und ich machte deshalb den Versuch, der die Hy-

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pothese vollstlndigst befriedigt; denn es zeigte sich, dafs dieses Metal1 das trockne Salzsauregas mit grofser Leich- tigkeit, uiiter Entwickelung von Wasserstoff, zersetzt bei einer Temperatur 0011 ungefahr 200". Dagegen besitzen das Quecksilber und das Silber nicht das Vermogen die- sen Korper zu zersetzen ; das Quecksilber kann wieder- holt in Salzsauregas destillirt werden, und das Silber bis zur Gliihhitze darin erhitzt werden, ohne diesen Korper zu zersetzen. Freilich hat A n d r e w s ') die Bestimmung

(Hg, Cl) = 3633", und F a v r e und S i l b e r m a n n liaben

(Ag, Cl) = 4395" gemacht; ich zweifle aber an der Richtigkeit dieser Werthe und werde sie gelegentlich naher untersuchen. Die letzte dieser Grbfsen beruht gewifs auf einem Irrthum; denn vor- ausgesetzt, dafs sie richtig sey, wiirde das Silberoxyd durch Zersetzung mit wafsriger Chlorwasserstoffslure die enorme Warmemenge von 3660" geben miissen. Ich habe gefunden

(Ag, C1, Aq) = 1386" woraus foIgt, dafs, wenn die latente Losungswarme des Chlorsilbers selbst 1500" ware, was ganz abnorm seyn wurde, dafs Silber dennoch nicht die Bedingung erfiille, welche erforderlich ist, wenn die Zersetzung eintreten soll.

Ganz anders aber verhalt es sich, wenn zugleich Sauer- stoff zugegen ist; uiiter diesen Umstlnden wird selbst Platin in Chlorplatin verandert , denu d a m zersetzt der Sauerstoff den Chlorwasserstoff in Wasser und Chlor. Auch dieses stimmt mit der Theorie iiberein, denn es ist

(H, 0) = 3626" (H, Cl) = 2987

also ( H , 0) > ( H , C1).

Die Zersetmng des Chlorwasserstoffs durch den Sauer- stoff (atmospharische Luft) in Chlor uud Wasser geschieht bekanntlich schon bei ziemlich iiiedriger Temperatur.

1 ) Pogg. Ann. LXXV, S . 249.

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Wahrend einerseits der Sauerstoff den trocknen Cblor- wasserstoff zersetzt, wird anderseits das Wasser oom Chlor unter Sauerstoffentwickelung aersetzt , wenn iibersclikssiges Wasser vorhanden ist; denn es ist

( H , 0, Aq) = 4343' ( H , Cl, Aq) = 4904

also

welches ebenfalls mit der Erfahrung ubereinstimmt , und es zeigt sich auch durch den Versuch, dafs die erstere Zerlegung, die des ChlorwasserstoITgases durch Sauerstoff, nicht moglich ist, wenu das Gemenge eine gewisse Menge Wasserdampfe enthalt, wie es z. B. der Fall ist, wenn man atmosphgrische Luft durch coucentrirte Salzsaure lei- tet; deun hier sind sclion die Verhaltnisse nicht mehr die urspriinglichen; die Affinitat zwischen dem Wasser und dem Chlorwasserstoff verhindert die Zersetzung, ganz iiber- einstimmend mit dem was aus deu Zahleu hervorgeht.

Wir wollen jetzt das Verhaltnifs der Metalle Bur wars- rigen Chlorwasserstoffsaure betrachten.

Wird Chlorwasserstoff zersetzt und ein Chlorinetall ge- bildet, so ist die Warmettinung

Die Bedingung, unter welcher eine Zersetzung moglich wird, ist die, d a t die Differenz positiv sey, und, da

(H, C1, Aq)=4904", mufs fur das fragliche Metal1

(R, C1, Aq)>4904". Nun geben die Versuche

( K , C1, Aq)= 13003" (Na, C1, An)= 12691 (Zn, C1, Aq)= 7133 (Fe, C1, Aq)= 5904 (Pb , C1, Aq)= 4776 (Cu, C1, Aq)= 3620 (Ag, C1, Aq)= 1386

Es geht also aus diesen Zahlen bervor, dafs alle Metalle

( H , c1, Aq) > (H7 0, Aq),

(R, C1, An) - ( H , C1J An>*

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vom Kalium bis zum Eisen inclusive die walsrige Salzstiure zersetzen, was auch mit der Erfahrung ubereinstimmt. Das Blei dagegen zersetzt nicht die verdunnte Slure, sol1 es nach den Zahlen auch nicht thun; diese beziehen sich namlich alle auf eine stark verduiinte Saure (cfr. 5. 5 For- me1 S). Mit der concentrirten Saure ist es dagegen etwas anderes.

Die Saure HClH'* entwickelt nach H e i s ') durch Verdiinnung mit vielem Wasser 254"; es ist also

( H , C1, H'2)=4650c. Diese Saure kann durch Blei zersetzt werden, denn die Bildung des Chlorblei ist von einer Entwickelung von 4776" begleitet. Dieses Verhaltnifs wird durch deli Versuch cou- statirt; denn die concentrirte Salzssure wird in der Sied- hitze leicht vom Blei unter Entwickelung yon Wasserstoff zersetzt. W i r sehen schon dadurch eine der Ursachen, weshalb die concentrirten Suuren starker auf die Metalle wirken ; sie sind namlich leichter sersetzbar.

5. 38. Met a1 lia c h e N i e d e r s c hl iig e.

Dafs ein Metall durch ein anderes auf nassem Wege aus seinen Verbindungen metallisch niedergeschlag oen wer- den kann, ist eine bekannte Sache. Nehmeu wir als Bei- spiel ein Chlormetall, so wird dieses vou allen Metallen zersetzt, welche starkere Affinitat zum Chlor besitzen als das fragliche Metall, das ist: durch die Bildung des aeuen Chlormetalls mufs eine grofsere Warmemenge entwickelt werden, als die, welche erforderlich ist um das fragliche Chlormetall zu zersetzen. Deshalb wird das Kupfer vom Blei, aber nicht das Blei vom Kupfcr niedergeschIagen, denn die Affinitat des Blei zum Lbsungsmittel ist g ro t e r als die des Kupfers. Nach der Affiuitat (R, CI, Aq) geord- net, folgen die Metalle einander nachstehendermafsen: Zink, Eisen, Blei, Kupfer und Silber ; jedes folgende Metall wird stets von einem voransteheuden niedergcschlagen; aber die

I ) Pogg. Ann. Bd. L. S . 385.

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umgekehrte Wirkung ist unmoglich, was auch gauz mit der Erfahrung iibereinstimmt.

9. 39. U a s Verhlltnifa der Metalle Enr Schwefelsiiure.

W i r wollen erst die Frage zu beantworten suchen: Welche Metalle kiinnen die verdiinnte Schwefelsaure unter Entwickelung von Waserstoff zersetzen? Die Wirkungen, welche im Falle eiuer Zersetzung eintreten, sind: die Zer- legung des Wassers, die Oxydation des Metalles und die Verbindung des Oxyds mit der Saure, oder mit anderen Worten: die Vertretung des Wasserstoffs durch eiu Metall. Die einen solchen Proceh begleiteude Warmetonung ist eine Differenz; durch Oxydation des Metalls uud durch die Neutralisation des gebildeten Oxyds entwickelt sich Warme, durch die Zersetzung des Wassers wird Warme aerschluchf. Wenn die erste Grafse die letztere iibersteigt, ist die Zersetzung moglich; oder es mufs seyn

(R, 0, A q ) + ( R A q , ' S A q ) > ( H , 0, Aq). Die Iinke Seite der Formel kann auch nach Formei (15) ( R , 0, S A q ) geschrieben werden, und also haben wir folgende Bedinguiig fur die Zersetzung der verdunnten Schwefelsaure durch ein Metall

(R, 0, S A q ) > 4343'.

(Zn, 0, S A P ) = 6873" ( F e y 0, S A q ) = 5644 (Pb, 0, SAq)=4516 (Cu, 0, S A q ) = 3 3 6 0 ( Ag, 0, 'SAq) = 1126

Aus diesen Zablen gebt also hervor, dafs das Zink, das Eisen uiid das Blei die verdunnte Schwefelsaure unter Wasserstoffeutwickelung zersetzen konnen, das Kupfer und Silber dagegen nicht. Dafs die beiden ersten Metalle diese Zersetzung hervorrufen, ist bekannt; dafs sie aber aucb

Nun ist aber nach verschiedenen Versuchen

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44 beim Blei eintritt, ist wohl nicht friiher beobachtet worden. Ich machte deshalb die Versuche sowohl mi t pulverformigem Blei als mit Bleispane, beide chemisch rein dargestellt, und es zeigte sich, dafs das Blei durch Kochen mit verdiinnter Schwefelsaure diese mit Wasserstoffentwickelung aersetzt. Der Versuch zeigt mehre interessante Phznomene, die ich beschreiben werde. Kocht man Blei in eiuem kleinen Kolben mit verdifnnter Schwefelsaure und leitet die Dampfe in Wasser, so sieht man sehr bald die eintretende Was- serstoffentwiekelung; nach und nach wie sich die Saure durch Verdampfung von Wasser concentrirt, gewinnt diese Wirkung bedeutend an Intensit;it, and man kann daun be- deutende Mengen Wasserstoff auffangen. Hat aber die Saure eine bestimmte Concentration erreicht, so tritt eine deutliche Eutwickelung von Schwerelwasserstoff hervor ; nach einigen Augenblicken sublimirt Schwefel, und gleich nachher beginnt die Entwickelung von schwefliger Seure.

Wir haben also hier vier verscbiedeiie Processe: die Bildung des Wasserstoffs, des Schwefelwasserstoffs, des Schwefels uud der schwefligen Saure. Alle diese Wir- kungen folgen einander in wenigen Augenblickeu , indem die Schwefelsaure ihren Ueberschufs an Wasser verliert.

Es verdient beachtet zu werden, dafs die Werthe von ( R , 0, 'SAq) als Multipla einer und derselben Grofse auftreten; es ist uamlich

fur Zn . . . ( R , 0, SAq)=6.11 .15" 3) F e >J = 5 . 1 1 2 9 )J P b V =4.1129 1' c u 3, = 3.1120 JJ A g 11 = 1.11'26

Die n'dmliche GroLe tritt als Grundzahl hervor in dcu thermodynamen Aequivaleuten der Metalle, worauf ich spa- ter einmal zuruckkommen werde.

Von der concentrirten Schwefelslure werden alle Metalle, vom Silber an, uuter Entwickeluug vou schwefliger Saure

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in schwefelsaure Salze verwandelt; es muEs also fur alle diese Metalle

seyn, und ich werde unten zeigen, d a t dem so ist. ( R , 0, S H ) > ( S , 0 3 , H ) - (s, 0 1 )

3. 40. Die eoncentrirten SIuren losen die Metalle leichter als

die stark verdiinnten; wir habeu das Verhaltnifs schon beim Verhalten der Salzsaure uiid Schwefelsaure zum Blei beobaclitet, wollen es aber jetzt naher untersuchen. Es sey die Saure eine Mischung aus (G Aequivalenten Wasser und a, Aequivalenten Saure. Die Grbfse der Warme, welche durch Einwirkung der Metalle auf die concentrirte SIure entstehen wiirde, sey A; diejenige Kraft, welche erforderlich ist, urn ein Molekul concentrirter Saure von der wasserhaltigen SSure abzuscheideu, sey B; dann wird also die starkste Warmeentwickelung eintretea, wenn A - B ein Maximum oder B ein Minimum wird.

Der allgemeine Ausdruck fur die Warmeinenge, welche die SBure mit Wasser entwickelt, ist

aa l c W a a , = ___ a + a l n

uiid wir erhalteii also die Kraft, welche crforderlich ist, uin ein Molekul der Saure abzuscheiden, dui ch Differentiation mit Riicksicht anf a, oder

d a , . aa C ( a+a, n )a

d . W a a , = Fur diesen Wer th sol1 ein Minimum gesucht werden mit Riicksicht auf a ; es ist

a= Waa , - P a a , n C -- da,da (a+ a, 7 ~ ) ~ '

Das Minimum fur B haben wir also erst, wenn a = o ist, oder wenn die Siiure concentrirt ist. Die Intensittit, rnit welcher die Sauren die Metalle losen, steigt also rnit ihrer Concentration bis diese ihr Maximum erreicht. Die con- centrirten Sauren wirken starker auflosend, weil sie leichter zersetzbar sind.

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5. 41. Daa VerlifiItnifs der Metalle zu r SaIpetersHure.

Die Salpetersaure lost bekanntlich alle Metalle vom Silber bis zum Kalium, und sie bildet bekanntlich das leichteste Losemittel. Das Resultat dieses Processes ist die Bildung eines salpetersauren Salzes uud Stickstoff- oxyd, namlich

3 R + 4 Nz 0 = 3R N + 6!. Die thermochemische Wirkung ist also

3 ( R , 0, N A q ) - ( N , 0 3 , Aq). Nun ist aber (siehe unten)

(N, 03, Aq)=1734" und also wird die Bedingung fur die Moglichkeit des Processes

(R, 0, NAq)>57Rc . Fur das Silber haben wir den Werth

(Ag, 0, NAq)=864' und fur alle anderen Metalle bis zum Kalium grofsere Werthe. Nur das Gold und Platin h e n sich nicht; es mufs also fur diese letzten Metalle die suppouirte Wirkung einen geringeren Werth als 578" haben.

Bekanntlich liisen sich Legirungen von Platin und Sil- bcr in Salpetersaure, Legirungen von Kupfer und Zink in Schwefelsaure, wahrend Platin und Kuyfer sich im freien Zustande nicht in diesen Saoren losen. Man nennt diese Wirkung eine Contactwirkung; die Erscheinung findet aber wohl ihre Erkllrung auf folgende Weise. Sowohl durch Losung des Silbers als des Ziuks in den fraglichen Sauren wird Warme entbunden; sind nun aber diese Me- talle mit anderen vereinigt, z. B. hier mit dem Platin und dem Kupfer, so tritt die Legiruog aIs ein selbststandiges Metall auf, dessen Losungsfiihigkeit von der Zusammen- setzung abhlngig ist. Die Warme, die sich durch das eine Metall, wlre es im freien Zustande, eiitwickeln wiirde, wird

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zur Losung des anderen verwendet. wieder auf diesen Punkt zuriickkommen.

Wir werden syster

5. 48. Bestimmung d e r Griinzen, z w i s c h e n welchen der thermo-

chemische Werth e i n e s P r o c e s s e s l i e g e n miifs. W i r wollen nun die aufgestellte Theorie auf eine an-

dere Art einer Priifung unterwerfen. Wenn der Versuch zeigt, d a t einerseits das Ziuk den Wasserstoff aus den1 Wasserdampf, und andererseits der Wasserstoff das Blei aus dem Bleioxyd auszuscheiden verinag, so mufs nach der aufgestellten Theorie

Siud nun alle drei Grofsen bekannt, so kann inan eine directe Bestatigung fur die Richtigkeit der Theorie erhalten. Waren aber nur die aufseren Glieder dieses Ausdruckes bekannt, so haben wir die Granzen bezeichnet, zwischen welchen ( H , 0) liegen mufs.

Es sey im Allgemeinen der Theorie zufolge die Wirkung

Wenn wir nuu fur A und C mehrere verschiedene Werthe finden, werden natiirlicherweise die kleiusten Werthe von A und die grbfsten von C diejenigen seyn, welche die Gran- Zen , zwischen melcheii B liegt, am geiiauesten angeben. Es erfordert aber die Theorie, und dadurch wollen wir jctzt ihre Richtigkeit priifcn, dafs die kleinsten Werthe von A stets grofser seyn musseu als die gro t ten Werthe der rtiederen Granze C. Das Umgekehrte ware geradezu eiu Widerspruch.

Im Allgemeinen findet nian die hbheren Grdnzen fur die Warmeentwickelung eines bestimmten Processes, wenn inan die Zersetzungen der durcb diesen Procefs sich bil- denden Verbindungen untersucht ; ebenso wie man die niederen Granzen findet, wenn man diejenigen Processe untersucht, bei denen der fragliche Korper gebildet wird.

W i r wollen den ersten Versuch mit der Schmefelsuizsre machen. Um die hiiheren Granzen des Wertlies (S, 0", H)

(Zn, O ) > ( H , O > > ( P b , 0).

A > B > C .

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zu finden, miissen wir solche Wirkungen betrachten, wo diese Saure zersetzt wird. Bekanntlich geschieht dieses durch Schwefel, durch Kohle, durch fast alle Mctalle; wir w-ollen diese Processe untersuchen. Bei der Zersetzung der Schwefelsaure durch Schwefel bilden sich aus 2 Aeq. Schwefelsaure, welche zersetzt werden, und 1 Aeq. Schwe- fel, im Gauzen 3 Aeq. schwcflige Saure: es mufs also seyn

Nun ist nach F a v r e und S i l b e r m a n n

also ist

3(s, O Q ) > ~ ( S , 0 3 , H )

(S , OZ)=444Oc

6660r>(S, 03, H). Die Zersetzung dcr Schwefelsaure durch Kohle giebt

Nun ist nacli F a v r e uiid S i l b e r m a n n

also

(S , O P ) t : ( C , O2)> (SY 03, H).

( C , 02)=6660F

7474c> (s, 0 3 , HI. Die Zersetzuiig der Schwefelsaure durch das Silber,

welche von allen diese Saure zersetzcndcn Metalleii die geringste Warme giebt, zeigt, dab

( h g , 0, S'H)+(S, 0 2 ) > ( S , 03, H). Nuii ist wie schon oben angefuhrt

(Ag, 0, SH)=2211° also

665 lC>(S , 03, H). Wir haben jctzt drei Werthe fur die h6here Grlnze ge-

funden, namlich 7474, 6660 und 6651"; die letzteren liegen einander scbr nahe. Ich kenne bis jetzt keinen Procels, aus dem sich ein geringerer Wer th fur die hohere Grlnze ableiten liefse.

Suchen wir jetzt die niederen Granzen. Die Schwefel- saurc bildet sich aus der schwefligen Saure durch Oxyda- tion vermittelst der Luft, dcs Chlors, dcs Bleisuperoxyds,

der

Page 16: Die Grundzüge eines thermo-chemischen Systems

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der Salpeters5ure u. s. w. Das schweflige SBure enthaltende Wasser oxydirt sich an der Luft; es ist also

Nun aber ist

also

( S , 03, A q ) > ( S , 02, Aq).

(S, 02, Aq) = 4964"

(S, 03, Aq) > 4964". Die Oxydation mittelst Chlor geschieht auf Kosten des

Wassers; dieses wird zersetzt, uud es bilden sich Schwefel- slure und Chlorwasserstoffsaure, ( S , O', A q ) t ( I J , C1, Aq>>(H, 0, Aq)+(S, O', Aq) oder nach den schon angefiihrten Zahlen

(S, 03, Aq) > 4403c. Die Oxydation mittelst Bleisuperoxyd giebt

(S, 03, Aq) +(Pb, SAq) >, (S, Oz, Aq) + (Pb, 0). Ich habe gefunden

(Pb, S A q ) = 1f33c (Pb, 0) = 1533

Es ist also

also (S , 03, Aq)) 5364%

( S , 03, A q ) > ( S , 02, A q ) + + @ , 03, Aq)

Die Oxydation mittelst Salpetersaure giebt

also nach den angefiihrten Grtifsen (S, 03, Aq)>5542".

Dieser letzte ist der gr6fste von den bier gefundenen Werthen der niederen Grhzen fur (S, 03, Aq). Es ist aber

(S, 03, A q ) = ( S , 03, H ) + ( S H , Aq) (Sh, Aq) = 1055"

also erhalt nian als den hiichsten Werth der niederen Granze

Die Grsnzen, zwischen welchen der wahre Werth liegen mufs , trennen sich urn 2193" neimlich

665OC > (S, 03, H) > 4457'.

( s , 0 3 , H)>4457c.

PoggendorfPs Annal. Bd. XCII. 4

Page 17: Die Grundzüge eines thermo-chemischen Systems

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Ich habe bis jetzt keine Proccsse gefunden, welclie die- ses Interval1 auf directe Weise beschriinken. Indirecte Scbliisse lassen die niedere Crranze nocli uin inehrere EIunderte Wgrme- Einheiten steigeii , wic ich uiitcii zeigen werde.

Wir wollen jetzt eine andere Warmeentwickelung un- tersucheii, nSmlich die, welche durcli die Bildung des Eisenoxyds cntsteht. W i e schoii angefiihrt, erhalt man die hoheren Griinzen, wenn man eiiie Zersetzung, und die iliedcren Granzen , wenn man eine Bilduiig des fraglichen Kiirpers analysirt.

Die Losung des Eisenoxyduls oxydirt sich in Beriihrung mit dem Sauerstoff, die des schwefelsauren Orydsalzes wird durcli Eisen zu Oxydulsalz reducirt. W i r haben hier zwei entgegengesetzte Processe, eine Bildung uiid eiiie Zersetzung dcs Oxyds. Es ist also

(Fe3, 03, S 3 Aq)'>(Fez, 05, S 3 Aq)>(Fez , Oz, S 3 A?) oder

16932'> (Fez 03, S 3 Aq) > 11268". Diese Grlnzen liegen nuu freilich weit auseinander; wir konneii sie aber ganz nahe aneinander fiihren. Das schwefel- saure Silberoxyd wird durch schwefelsaures Eisenoxydul reducirt; dieses giebt

(Fez , 03, S i A q ) > 2 ( F e , 0, S'Aq)+(Ag, 0, S A Y )

(Fez , 03, ". ,4q) > 12414"

oder iiach den schon angefuhrten GrOEseil (3. 39)

dadurch ist nun die niedere Granze urn 1126" gebobea.

Saurc reducirt; es ist also Das schwefelsaure Eisenoxyd wird durch schwefligc

(Fez, 03, S3Aq)+(S, 02, Aq)<2(Fe, 0, SAq)+(S, 03, A l ) oder

(Fe? , O s , S 3 A q ) ( 6 3 2 P c + ( S , 03, Aq) Nun ist abcr nach dem oben Entwickelten

(S, 03, Aq) < 665OC + 1085"

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also wird durch Substitution dieses Werthes

(Fe", 03, 'S3 Aq) < 14059'. Jetzt sind die Grlnzen nur um 1645e voneinander entfernt, namlich

14059" > (Fez, 03, 'S3 Aq) > 12414".

W i r wollen die Granzen aber noch weiter zusammen- drangen. Erstens ergiebt es sich mit Riicksicht auf den Werth (S, 03, H), d a t dieser h6chstens um 1645" von der oben angegebenen Granze 6650" abweichen kann, und dafs also die engeren Granzen fur diese Function folgeude werden :

6650" > (S, 03, H ) > 5005". Ferner ist bekannt , da€s Eisenoxyd durch Wasser-

stoff reducirt wird; es m d s also seyn: (Fe2, 0 3 ) ( 3 ( H , 0).

Nun ist aber nach A n d r e w s

(@eHx, S 3 Aq) = 2256",

(Fe*, 03, S 3 An) < 13134". woraus also folgt

Ferner weifs man, dafs sich nicht Eisenoxyd bildet, wenii Eisen in Schwefelsaure gelost wird; es ist also

(Fe2, 03, S3Aq)<3(H, 0, Aq)

Diese beiden Grofsen liegen zwischeu den schon ange- fuhrten Grfnzen, und bestatigen also die Theorie; die engeren Granzen werden demzufolge

13029" > (Fez, 03, S 3 Aq) > 12414' und

10773" > (Fe2, 03, Hx) > 10158".

< 13029O

Sobald ich Gelegenheit erhalte, werde ich diese Grofse direct bestimmen.

4 "

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$. '13. l t educt ion der schwefe laauren Salze.

Vorausgesctzt, dals die obeii gefuiitlcticii Griiiizeu fur (S, 03, H) ricbtig seyen, libiineii wir eitic iiiteressante An- weiidung tnachen auf die Zcrsetzatig dcr sclirvefclsauren Salze iind der Scbwefelshre. Uekaiintlicli werdeii die schwefelsauren Salzc dtirch Wasserstoff in Schwefelmetalle verwandclt. Es i d s also scyn

4 ( I i , O > + ( H , S ) > ( R , S , O a )

Indcin wir die hiihcre Granzc fIjr (S, 03, A q ) anrvendeii, erhaltcn wir

( K , S, 04)<20950'. Nacli F a v r c iind S i I b c r ti1 a ii 11 ist fcrncr

( K , S)=5709' also

( K , S , 0 ,) - ( K , S ) < 15211'. Kaliuiii ist das citizige Metall, das die Griiiizc 1 I5Oir

ijbcrschreitet, fur die aiidereo Metalle ist die Zntil geriiiger. Man wird sich nbcr crinnerti, dafs die I\cductioa dcs schwc- felsaiircii Kalis durcli Wasserstoff erst hei sehr boLcr Tempe- ratur eiotritt, bci welcber die %ahleu n i c k lnehr die walrrcti \'crlialtuisse ausdriiclien. Fur das Blei ist

( ~ b , s, 0 4 ) < 12091' (Pb, S ) = 120W

also ( P b , S, 0 4 ) - ( P b , S)(1094G' u. s. w.

Dcr Wasserstoff uiuk iiii Staudc seyn , die ScllFvclel- saurc zu zcrsctzen; dean es ist

also (S, 03, 11) (6650'

3 ( H , O ) > ( S , 03, ti). Die Zersetzung durch den Wasserstoff tritt erst bei

erbbhter Temperatur ciri ; dagcgeti wird die Schwefelsiiure schon bei BewGhnlicher Tcmperalur vom Schwefelwasserstoff-

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gas Bemetat. Leitct iiiaii Schwefelwasserstoffgas in kalte Schrvefels%ure, so scheidet sich Schwefel aus uiid es bil- det sich Wasser; die therinoclieinische Wirkung ist

3 ( H , 0) - (S, 03, H ) - (S, H) . Nach F a v r e uiid S i l b e r i n a n i i ist

(S, H ) = 343" also

3 ( H , 0) - (S, 03, H ) - (S, H ) ) 3865".

Die Warmeentwickelung wurde noch grofser ausfallen, wenii wir die Wirkuiig des gebildeten Wassers auf die Schwefelsiiure berucksichtigen.

Weiiu die Schwefelsaure init dein ausgescbiedenen Schwefel einige Augeiiblicke gestanden hat, so fangt die Wirkung des Schwefels auf die Schwefelsaure a n ; es bildet sich schweflige Saure. Das Detail dieser theruio- chemischen Wirkung ist schon obeii gegeben; es ist aber beachtungswerth, dafs die Schwefelsaure hier iii der K d t e durch den auegeschiedeiieri Schwefel in schweflige Saure zersetzt wird. - Dafs fcrner die schweflige Saurc durch Wasserstoff oder durch Schwefelwasserstoff in Schwefel uiid Wasser zcrsetzt wird, ist bekannt und geht aiich aus den Zahlen hervar.

§. 44. D i e B i l d u n g der ChlorsLure u n d d e r Salpetersiiure. W i r wollen die Theorie ferner auf cine andere Art

priifen. Dafs sich Wir ine entwickelt bei der directen Ver- eiiiiguog zwcier Kiirper ist einc bekaiiiite Thatsache; ich werde sic iiiclit naher besprechen. Dagegeii wollen wir untersuchen, wie es sich verhalte n?it mehreren Verbindung en, die direct niclit darzustelleii sind. Ersteiis die Chlorsuiure.

Mciiien Versucheii zufolge ist:

( K , CI, Aq)-(K, C1, 06, Aq)=1770' , es ist aber

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(K, CI, 06, Aq)=(K, 0, Aq)+(CI, 05, Aq)+(KAq, CL Aq) ( K , CI, Aq)=13003c ( K , 0, Aq)=10896

(K A q , Cl Aq) = 1700

(CI, ,OS, Aq) = - 1363".

Bei der Bildung der wiifsrigen Chlorsiiure aus Chlor, Sauerstoff und Wasser wiirden, wenn diese Bildung direct stattfinden k6nnte, 1363" absorbirt werden ; die directe Vereinigung ist aber deshalb nicht mtiglich. Ganz anders ist es bei der Bildung der Chlorsaure auf gewbhnlichem Wege, denn da ist es die grofse Affinitiit zwischen dem Kalium und dem Chlor, welche die Zersetzung des Kalis und die Bildung der Chlorsaure bestimmt, und der Pro- cefs ist von einer bedeutenden Wiirmeentwickelung be- gleitet.

Mit der Salpetersuure verhalt es sich auf ahaliche W'eise. Durch den Versuch habe ich gefunden, dafs die Zersez- zuug des salpetersauren Ammoniak in Stickstoffoxydul und Wasser eine Warineentwickelung von 3113" hervorbringt. Ferner

(N, H*, 0, Aq) = 1O14Sc (Am, Aq, NAq) = 1496 (AmNH, Aq) =-794.

also

Es ist aber

(Nz, H4, 06, H) = 2(N, 0) + 4(H, 0) + (2N, 5 H )

= (N, 05, Aq) + (N, H4, 0, Aq) + (Am Aq, N Aq) - ( A I A H , A,).

Setzen wir in diese Gleichung die angefuhrten Werthe, so resultirt

(N, 05, Aq)=2(N, 0) + 1821". Nun ist aber

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- 320$ Diilong ') - 1086 F a v r e uud S i l b e r m a i i n z).

Selbst fur den grobten dieser Werthe ist also

uud also die directe Darstellung der Verbindung un- moglich.

Es zeigt sich also bei gewohnlicher Temperatur eine Abneigung zwischen dein Ciilor und dem Sauerstoff, ebeiiso wie zwischen dein Stickstoff uud dein Sauerstoff; ob diese Korper sich bei irgend einer Temperatur direct verbin- den kiiiinen, oder ob es eiiie Temperatur gebe, wo eine Affiuitat zwischen dicsen Korpern stattfiudet, ist noch nicht entschieden.

Es giebt viele Korper, dereu Bestandtlicile bei gewohn- licher Teinperatur keine Affinitiit zeigen, und die bei die- ser nicbt direct darzustellen sind. DieCs zcigt sich z. B. bei der Kohlc in ihrein Verhalten zutn Schwefell, dem Wasserstoff uiid dein Stickstoff. Die Abneigung des Schwe- fels gegen den Kohlenstoff ist bei gewohnlicher Tempera- tur glcich 1200"; deun der Schwefelkohlenstoff giebt durch Verbreiinuiig, iiach F a v r e und S i 1 b e r in a n 11, pro Aequi- valeiit 16150". Nun aber geben die zwei Aequiv. Schwe fel 6880", und 1 Aeq. Kolile 6060" durch directe Verhreti- iiung; zusaininen 14940".

Bei der Gliihliitze dagegen zeigt sich die Affinit3t; wir konnen aber nicht die specifische Wgrine der Kiirper bis zu dieser Temperatur verfolgen, und es fehlen also jetzt die Mittel , die Affinitat bei der Bildungsternperatur dic- ses Korpers absolut zu messen.

Ebeiiso wird durch Zersetzung des Cyans cine bedeu- teiide Wiirinemciige entwickelt , nach lo u 1 o 11 g 4900". Dic Abneigung des Kohlenstoffs gegen deli Stickstoff ist also sehr groCs , und die Verbiuduug nicht direct darstellbar.

(N, 05, Aq) < 0

Es ist also (C, S2) = 149.10 - 16150" = - 1210".

1) I'ogg. i l l in. XLV, S. 461. 2) Cornpt. rerrd. X X l Y p. 1082.

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Dasselbe zeigt sich beiin Stickstoffoxydul; auch diese Ver- bindung zersetzt sich linter bedeutender Warmeentwicke- lung (s. oben).

Es verdieiit Beachtuug, dafs das Cyan durch Ver- brennung im Sauerstoff eine seltr grofse Hitse emeugt; diese hat nsmlich ihren Ursprung theils in der Oxyda- tioii des Kolilenstoffs, theils aber in der bei der Zer- setzung des Cyans freiwerdenden Warme. Es entwickelt ein Aequivalent Cyan

durch Oxydation der Kohle 12120" durch seine eigene Zersetzung 4900 im Ganzeii . . . . . . . 17020"

Es bilden sich 6 Volumina Gas, SO dafs zur Erwarmung eines Volumens Gas im Durchschnitt 2837 Warmeeinhei- ten wirken khnen . Der Wasserstoff dagegen eutwickelt pro Aequivalent 3626", welche Warmemenge sich auf zwei Volume Gas vertheilt, und es sind also zur Erwlrmung jedes Gasvolumens nur 1813" verwendet. Berucksichtigt man die specifische Warme der Gase, so wird man findeii, dafs die Temperatur , welche das Cyan durch seine Verbren- nring im Sauerstoff erzeugt, gegen dreimal so hoch ist als die, welche der Wasserstoff unter gleichen Umstaudeu giebt, und der Versuch bestatigt die aufserordeutlich grofse Warme, welche die erwahnte Verbreiinung erzeugt.

5. 45. D i r ec te 2; er s e tz ung.

Viele Verbindungen werden leicht zersetzt , ohne dafs die Affinitat eines fremden Korpers in Anspruch genom- men wird; die Verbindung spaltet sich direct in ihre Be- standtheile. Solche Zersetzungen sind nun gleicbfalls von eiuer Warmeentwickelung begleitet. Deutlich tritt diese hervor bei den Knallmetalleu , beim Cblorstickstoff , dem oxalsauren Silberoxyd , dem Wasserstoffsuperoxyd, dem chlorsaureii Kali uiid vielen andern Kiirpern. Der letzte Kiirper zersetzt sich durch Erhitzuug in Chlorkalium und

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Sauerstoff und entwickelt pro Aeq. 1260~; man beobach- tet die M'irkung dieser Warmeentwickelung gewohntich nicht, weil die Zersefzuiig Iangsam daherschreitet. Dage- gen wird ein Geinisch von chlorsaurem Kali und Eisen- oxgd, wenn es zum anfangenden Schmelzen erhitzt wird, plotzlich gluhend durch die plotzlich eintretende Zersetzung und die dadurch hervorgebrachte Wiirmeentwickelung ; das Eisenoxyd erleidet keine Veranderung.

Bei den organischen Korpern findet eine Spaltung oder eine Transmutation der Bestandtheile oft statt. Die tbermo- chemischen Verhaltnisse dieser Processe sind aber bisjetzt nur wenig untersucht und konnen also zur Bestatigung der aufgestellten Theorie nur wenig beitragen; ihr Studium wird aber mit der Zeit einen wesentlichen Einflufs baben auf die Bestimmuug des Wertbes der aufgestellten Theorie.

(Fort se t z ung folgt).

IV. Ucber cine dfgprnein anivencibure Bestimrnungs- methode au f muufsanalytischem W e g e ;

cot1 Dr. Aug. S t r e n g , Cliemiker an der Bergschule in Clausthal.

Es giebt in der analytischen Chemie zwei Wege , uin die Mengen - Verhaltnisse der einzelnen Bestandtheile einer Verbindung zu erforschen-: entweder ist man bemiilit, durch meist sehr complicirte Operationen die einzelnen Bestand- theile einer zu untersuchenden Verbindung ron einander zu sondern und in fester Form abzuscheiden, und dann zu wagen, oder man wablt den ktirzereii Weg, der darin besteht, dafs mittelst eines Reagens von bekannteln Ge- halt auf den zu untersuchenden Korper eine Reaction aus- geiibt wird, deren Beendigung man, je nach den vcrschic- dencn Metlioden, an mancberlei Merkrnalcn erkennt; aus