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Die Harfenistin Silke Aichhorn beim Musiksommerkonzert im Museum der Maxhütte in Bergen Die Sehnsucht nach der Ferne musikalisch formuliert Das Museum der Maxhütte in Bergen bot auch heuer wieder ein ideales, intimes Ambiente für Silke Aichhorn, ihre Harfe, ihre lustig-informative Moderation und für begeisternde Musik. Zwei Stücke des französischen Lautenisten Antoine Francisque (1570 bis 1605) leiteten wohlklingend und tänzerisch fröhlich ein. © OVB Silke Aichhorn im Museum der Maxhütte Bergen. Foto kaiser Getreu dem Motto des Abends "Sehnsucht nach der Ferne" entführte ein "Orientalischer Tanz" aus dem Kinderalbum von Aram Khatchaturian (1903 bis 1978) in östliche Gefilde; Schläge mit der flachen Hand imitierten dabei die Klänge einer Rahmentrommel. Mit "Epices" ging es dann direkt in einen orientalischen Basar; der Harfenist und Komponist Bernard Andrès, geboren 1941 in Belfast/Frankreich, sollte und wollte "endlich mal was Rhythmisches auf der Harfe" schreiben. Sensibel berochen und subtil verkostet spielte Silke Aichhorn fünf Teile daraus: "Muscade" - raffiniert synkopiert; "Pistache" - geheimnisvoll und verspielt; "Paprika" - mit aggressiven Spitzen; "Safran" - sanft, doch sehr wirksam entfaltete sich sein Aroma; "Gingembre" - ganz direkt, ohne Vorwarnung ging er zu Werke. Silke Aichhorn hat Andrès persönlich kennengelernt und ist begeistert von seinen Kompositionen, die schon Harfengeschichte sind. Also spielte sie später noch seine "Elégie puor la mort d'un berger", die davon handelt, dass Andrès und seine Frau vom Tod eines befreundeten Schäfers erfahren und ihm die letzte Aufwartung machen wollen. Das Haus ist leer, doch beide hören eine Melodie, die zum Hauptthema der Elégie wird - anrührend schön und mit tiefem Gefühl von Silke Aichhorn interpretiert.

Die Harfenistin Silke Aichhorn beim Musiksommerkonzert im Museum der Maxhütte in Bergen

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Artikel Oberbayerisches Volksblatt

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Die Harfenistin Silke Aichhorn beim

Musiksommerkonzert im Museum der Maxhütte in

Bergen

Die Sehnsucht nach der Ferne musikalisch formuliert

Das Museum der Maxhütte in Bergen bot auch heuer wieder ein ideales, intimes

Ambiente für Silke Aichhorn, ihre Harfe, ihre lustig-informative Moderation und für

begeisternde Musik. Zwei Stücke des französischen Lautenisten Antoine Francisque

(1570 bis 1605) leiteten wohlklingend und tänzerisch fröhlich ein.

© OVB

Silke Aichhorn im Museum der Maxhütte Bergen. Foto kaiser

Getreu dem Motto des Abends "Sehnsucht nach der Ferne" entführte ein "Orientalischer

Tanz" aus dem Kinderalbum von Aram Khatchaturian (1903 bis 1978) in östliche Gefilde;

Schläge mit der flachen Hand imitierten dabei die Klänge einer Rahmentrommel. Mit

"Epices" ging es dann direkt in einen orientalischen Basar; der Harfenist und Komponist

Bernard Andrès, geboren 1941 in Belfast/Frankreich, sollte und wollte "endlich mal was

Rhythmisches auf der Harfe" schreiben. Sensibel berochen und subtil verkostet spielte Silke

Aichhorn fünf Teile daraus: "Muscade" - raffiniert synkopiert; "Pistache" - geheimnisvoll und

verspielt; "Paprika" - mit aggressiven Spitzen; "Safran" - sanft, doch sehr wirksam entfaltete

sich sein Aroma; "Gingembre" - ganz direkt, ohne Vorwarnung ging er zu Werke. Silke

Aichhorn hat Andrès persönlich kennengelernt und ist begeistert von seinen Kompositionen,

die schon Harfengeschichte sind. Also spielte sie später noch seine "Elégie puor la mort d'un

berger", die davon handelt, dass Andrès und seine Frau vom Tod eines befreundeten Schäfers

erfahren und ihm die letzte Aufwartung machen wollen. Das Haus ist leer, doch beide hören

eine Melodie, die zum Hauptthema der Elégie wird - anrührend schön und mit tiefem Gefühl

von Silke Aichhorn interpretiert.

Als "Überraschung außer Programm" holte sie eine "Fantasie über Hänsel und Gretel" des

Harfenisten und Komponisten Carl Oberthür (geboren 1819 in München, gestorben 1895 in

London) hervor, bei der die Harfe Anklänge an Melodien der Humperdinck-Oper mit allen

Finessen verarbeiten darf. Gefällig und wirkungsvoll beschloss der "Abendsegen" das Stück.

Von ganz anderem Kaliber war "Une chatelaine en sa tour" von Gabriel Fauré (1845 bis

1924), ein groß angelegtes Harfenstück, das einer Edeldame auf dem Schlossturm in ihren

Empfindungen und träumerischen Sehnsüchten nachspürt. Häufige Vorzeichenwechsel

bedingen dabei Schwerarbeit an den Pedalen des Instruments - für die Künstlerin in ihrer

brillanten Spieltechnik kein Problem. In "The Minstrel's Adieu to his Native Land" nach

einem Gedicht von Thomas Moore schildert der walisische Harfenist und Komponist John

Thomas (1826 bis 1913) sehr tiefgründig den Abschied eines Spielmanns von seiner Harfe -

Silke Aichhorn wusste seine Gefühle auf ihrem Instrument wohl nachzuvollziehen.

In die intensive Gefühlswelt Japans führten drei Haikus ein, die Susan McDonald und Linda

Wood für die Harfe "übersetzt" hatten, stimmungsvolle Miniaturen mit Tiefgang und Ironie.

Silke Aichhorn flocht dazu einen Papierstreifen in die Harfensaiten, aktivierte sie mit Pinseln

oder Schraubenziehern, um beim Publikum bestimmte Gedankenverbindungen zu wecken.

Die Legende "Les Elfes", nach einem Gedicht von Leconte de Lisle von Henriette Renié

(1875 bis 1956) komponiert, versetzte die Zuhörer in eine verzauberte, aber nicht immer

zauberhafte Stimmung: ein Reiter, den es spätabends zu seiner Liebsten drängt, wird trotz

seiner flehentlichen Bitten von liebestollen, fordernden Elfen so heftig bedrängt, dass er

nachgibt - und stirbt. Diese "Erlkönig-Situation" in ihrer flirrend-verhängnisvollen Poesie und

Wucht stellte Silke Aichhorn in echter, ehrlicher Dramatik und tiefgründiger Musikalität dar,

die die Zuhörer zutiefst beeindruckten.

"Zur Beruhigung" gab sie deshalb "Last Rose of Summer" zu und den erfrischend Ragtime-

artigen "Country Dance" von Bernard Andrès.