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Tabula Smaragdina Es ist wahr! Es ist sicher! Es ist die volle Wahrheit! Was unten ist, gleicht dem, was oben ist, und was oben ist, gleicht dem, was unten ist, damit die Wunder des Einen sich vollziehen. Und so wie alle Dinge aus dem Einen geworden sind durch eine Mittlerschaft, so sind sie alle aus diesem Einen geboren, durch Ubertragung. Ihr Vater ist die Sonne; ihre Mutter ist der Mond. Die Luft hat sie in ihrem Schoß getragen. Die Erde war ihre Amme. Der Vater aller Talismane in der ganzen Welt ist allgegenwärtig. Seine Kraft bleibt unberührt, wenn sie in der Erde angewandt wird. Trenne liebevoll und mit großer Einsicht und Weisheit die Erde vom Feuer, das Feine von dem, was hart, dicht und starr ist. Von der Erde steigt es auf zum Himmel und sinkt von dort wieder herab zur Erde und nimmt dabei die Kraft dessen, was oben ist, und dessen, was unten ist, auf. So werdet ihr die Glorie der ganzen Welt besitzen, und darum

Die Hermetischen Bücher

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Die Texte aus der Tabula Smargadina,die Gespräche zwischen Hermes und Tat,zwischen Pymander und Hermes, extraiert aus der ägyptischen Urgnosis Teil 1-4 von Jan van Rijckenborgh

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Tabula Smaragdina

Tabula Smaragdina

Es ist wahr! Es ist sicher! Es ist die volle Wahrheit!

Was unten ist, gleicht dem, was oben ist,

und was oben ist, gleicht dem, was unten ist,

damit die Wunder des Einen sich vollziehen.

Und so wie alle Dinge

aus dem Einen geworden sind

durch eine Mittlerschaft,

so sind sie alle aus diesem Einen geboren,

durch Ubertragung.

Ihr Vater ist die Sonne;

ihre Mutter ist der Mond.

Die Luft hat sie in ihrem Scho getragen.

Die Erde war ihre Amme.

Der Vater aller Talismane in der ganzen Welt ist allgegenwrtig.

Seine Kraft bleibt unberhrt, wenn sie in der Erde angewandt wird.

Trenne liebevoll und mit groer Einsicht und Weisheit die Erde vom Feuer, das Feine von dem, was hart, dicht und starr ist.

Von der Erde steigt es auf zum Himmel und sinkt von dort wieder herab zur Erde und nimmt dabei die Kraft dessen, was oben ist, und dessen, was unten ist, auf.

So werdet ihr die Glorie der ganzen Welt besitzen, und darum wird alle Finsternis von euch fliehen.

Es ist die mchtige Kraft aller Krfte, weil sie alles Sanfte berwindet und alles Harte durchdringt.

So ist die Welt erschaffen. Aus ihr werden auf dieselbe Weise wunderbare Schpfungen entstehen. Man hat mich darum den dreimal groen Hermes genannt, weil ich die drei Ansichten der Weisheitslehren der ganzen Welt besitze.

Vollstndig ist, was ich ber die Zubereitung des Goldes gesagt habe.

Pymander

1.Einst, als ich die wesentlichen Dinge berdachte und mein Gemt sich erhob, schlummerten meine krperlichen Sinne vollkommen ein, wie bei jemandem, der nach einer bermigen Mahlzeit oder infolge groer krperlicher Mdigkeit von einem tiefen Schlaf bermannt wird.

2.Es war mir, als she ich ein gewaltiges Wesen von unbestimmter Form, das mich beim Namen nannte und zu mir sagte:

3.Was willst du hren und sehen, und was verlangst du, in deinem Gemt zu lernen und zu erkennen?

4.Ich sprach: Wer bist du?

5.Und erhielt zur Antwort: Ich bin Pymander, das Gemt, das aus sich selbst seiende Wesen. Ich wei, was du begehrst, und ich bin berall mit dir.

6.Ich sagte: Ich begehre, unterrichtet zu werden ber die wesentlichen Dinge, ihre Art zu verstehen und Gott zu erkennen. O, wie sehr verlange ich zu verstehen!

7.Er antwortete: Halte in deinem Bewusstsein gut fest, was du lernen willst, und ich werde dich unterrichten.

8.Bei diesen Worten vernderte sich sein Aussehen, und sogleich ffnete sich in einem Augenblick alles fr mich; ich sah eine ungeheure Vision; alles wurde zu einem serenen und herzerfreuenden Licht, und ich freute mich ber die Maen ber seinen Anblick.

9.Kurz darauf entstand in einem Teil des Lichtes eine schreckliche und tiefe Finsternis, die sich abwrts bewegte und in gebogenen Spiralen drehte, wie eine Schlange, so kam es mir vor. Dann vernderte sich diese Finsternis in eine feuchte und unaussprechlich verworrene Natur, von welcher ein Rauch aufstieg wie von Feuer, whrend sie einen Laut hervorbrachte wie ein unbeschreibliches Wimmern.

10.Dann erhob sich aus der feuchten Natur ein Schrei, ein wortloser Ruf, den ich mit der Stimme des Feuers verglich, whrend sich aus dem Licht ein heiliges Wort ber die Natur breitete und ein reines Feuer aus der feuchten Natur emporflammte, hell, blendend und mchtig.

11.Die Luft folgte durch ihre Leichtigkeit dem feurigen Atem: Aus der Erde und dem Wasser erhob sie sich zum Feuer, sodass sie am Feuer aufgehngt erschien.

12.Die Erde und das Wasser blieben, wo sie waren, sehr stark miteinander vermischt, sodass man Erde und Wasser nicht einzeln wahrnehmen konnte; und sie wurden unaufhrlich in Bewegung gebracht durch den Atem des Wortes, das ber ihnen schwebte.

13.Dann sprach Pymander: Hast du verstanden, was diese Vision bedeutet?

14.Ich antwortete: Das werde ich nun erfahren.

15.Dann sagte er: Das Licht bin ich, das Gemt, dein Gott, der war, ehe die feuchte Natur aus der Finsternis in Erscheinung trat. Das leuchtende Wort, das vom Gemt ausgeht, ist Gottes Sohn.

16.Was bedeutet das? fragte ich.

17.Verstehe es so: Was in dir anschaut und hrt, ist das Wort des Herrn, und dein Gemt ist Gott, der Vater. Sie sind nicht voneinander getrennt, denn ihre Einheit ist das Leben.

18.Ich danke dir, sagte ich.

19.Richte nun dein Herz auf das Licht und erkenne es.

20.Bei diesen Worten sah er mir einige Zeit gerade ins Gesicht, so durchdringend, dass ich bei seinem Anblick erzitterte.

21.Als er danach sein Haupt wieder erhob, sah ich in meinem Gemt, wie das Licht, das aus unzhligen Krften bestand, zu einer wahrlich unbegrenzten Welt geworden war, whrend das Feuer von einer sehr mchtigen Kraft umschlossen, gebndigt und so ins Gleichgewicht gebracht worden war.

22.Dieses alles unterschied ich in der Vision durch das Wort Pymanders. Als ich ganz auerhalb meiner selbst war, sprach er wieder zu mir:

23.Du hast nun im Gemt die reine, ursprngliche menschliche Gestalt gesehen, den Urtyp, das Urprinzip des Beginns ohne Ende. Also sprach Pymander zu mir.

24.Woher sind denn die Elemente der Natur gekommen? fragte ich.

25.Er antwortete: Aus Gottes Willen, der, als er das Wort in sich aufgenommen hatte und den reinen Urtyp der Welt erblickte, sie nach diesem Modell als eine geordnete Welt erschuf aus den Elementen seines eigenen Wesens und den aus ihm selbst geborenen Seelen.

26.Gott, der Geist, der Mann und Weib in sich selbst ist und der Quell des Lebens und des Lichtes, brachte durch ein Wort ein zweites Geistwesen, den Demiurgen hervor, welcher als Gott des Feuers und des Atems sieben Rektoren erschaffen hat, welche die sinnliche Welt mit ihren Kreisen umgeben und sie durch das lenken, was Schicksal genannt wird.

27.Sofort entwich das Wort Gottes aus den Elementen, die unten wirksam sind, in das reine Gebiet der Natur, das gerade erst erschaffen war, und vereinigte sich mit dem Demiurgen, mit dem es wesenseins ist.

28.So wurden die niederen Elemente der Natur sich selbst berlassen, der Vernunft beraubt, wodurch sie nicht mehr waren als jegliche Materie.

29.Aber vereinigt mit dem Wort brachte der Demiurg, whrend er die Kreise umspannte und diese sich sehr schnell drehen lie, den Kreislauf seiner Geschpfe in Bewegung, vom unbestimmten Anfang bis zum endlosen Ende, weil das Ende mit dem Beginn zusammenfllt.

30.Diese Umdrehung der Kreise brachte nach dem Willen des Geistes aus den versunkenen Elementen vernunftlose Tiere hervor, da sie das Wort nicht mehr in ihrer Mitte hatten; die Luft brachte geflgelte Tiere hervor und das Wasser das schwimmende Getier.

31.Die Erde und das Wasser waren nach dem Willen des Geistes getrennt, und die Erde brachte aus ihrem Scho die Tiere hervor, die sie in sich beschlossen hielt; vierfige Tiere, kriechendes Getier, wilde Tiere und Haustiere.

32.Der Geist, der Vater aller Wesen, der Leben und Licht ist, brachte einen Menschen hervor, ihm selber gleich, zu welchem er als seinem eigenen Kind in Liebe entbrannte. Denn der Mensch, als Ebenbild seines Vaters, war sehr schn; Gott begann so in Wahrheit seine eigene Gestalt zu lieben und bergab ihr all seine Werke.

33.Als jedoch der Mensch die Schpfung wahrnahm, die der Demiurg im Feuer erschaffen hatte, wollte auch er ein Werkstck hervorbringen, und der Vater gewhrte es ihm. Als er darauf in das demiurgische Schpfungsfeld eintrat, wo er freie Hand haben sollte, nahm er die Werke seines Bruders wahr, und die Rektoren entbrannten in Liebe zu ihm, und jeder von ihnen lie ihn an seinem eigenen Rang in der Hierarchie der Sphren teilhaben.

34.Als er danach ihr Wesen kennen gelernt hatte und an ihrer Art teilnahm, wollte er die Grenzen der Kreise durchbrechen und die Macht dessen kennen lernen, der ber das Feuer herrscht.

35.Dann beugte der Mensch, der Macht besa ber die Welt der sterblichen Wesen und der vernunftlosen Tiere, sich vor, durch die verbindende Kraft der Sphren, deren Umhllung er durchbrochen hatte, und zeigte sich der Natur unten in der schnen Gestalt Gottes.

36.Als die Natur ihn erblickte, der die unerschpfliche Schnheit und alle Energien der sieben Rektoren in sich besa, vereinigt in der Gestalt Gottes, lchelte sie voller Liebe; denn sie hatte die Zge dieser wunderbar schnen Form des Menschen sich im Wasser spiegeln sehen und seinen Schatten auf der Erde wahrgenommen.

37.Was ihn selbst betrifft: Als er diese Form, die ihm so sehr glich, durch die Spiegelung im Wasser in der Natur bemerkte, verliebte er sich in sie und wollte dort wohnen. Was er wollte, tat er sogleich, und so begann er, die vernunftlose Form zu bewohnen. Und als die Natur ihren Geliebten in sich empfangen hatte, umfing sie ihn vollkommen, und sie wurden eins; denn ihr Begierdenbrand war gro.

38.Daher ist von allen Geschpfen in der Natur allein der Mensch zweifach, nmlich sterblich dem Krper nach und unsterblich dem wirklichen Menschen nach.

39.Denn obwohl er unsterblich ist und Macht ber alle Dinge hat, erfhrt er doch das Los der Sterblichen, da er dem Schicksal unterworfen ist. Dadurch wurde er, obwohl seine Heimat oberhalb der verbindenden Kraft der Sphren ist, in dieser Kraft zum Sklaven; und obwohl er Mann-Weib ist, weil er aus einem Vater hervorkam, der selbst Mann-Weib ist, und obwohl er frei ist von Schlaf, weil er hervorkam aus einem Wesen, das selbst frei ist von Schlaf, wurde er trotzdem von der Begierde der Sinne und vom Schlaf berwunden.

40.Darauf sagte ich: O, Geist in mir, auch ich liebe das Wort.

41.Pymander sprach: Was ich dir sagen werde, ist das Geheimnis, welches bis auf diesen Tag verborgen war. Als die Natur eins geworden war mit dem Menschen, brachte sie ein erstaunliches Wunder hervor. Der Mensch besa in sich die Art aller sieben Rektoren, die, wie ich dir gesagt habe, aus Feuer und Atem zusammengefgt war; die Natur brachte nun ohne Verzug sieben Menschen hervor, bereinstimmend mit der Art der sieben Rektoren, gleichzeitig Mann und Weib und von aufrechter Gestalt.

42.Nun rief ich aus: O, Pymander, es ist jetzt in mir ein besonderer Wunsch entstanden, und ich brenne vor Verlangen, es zu hren. Fahre bitte fort!

43.Pymander sprach: Sei still; ich bin noch nicht fertig mit meiner ersten Darlegung.

44.Ich schweige schon, antwortete ich.

45.Wohlan, die Erschaffung der sieben ersten Menschen fand, wie ich sagte, wie folgt statt: Die Erde war die Matrix, das Wasser das erweckende Element; das Feuer brachte den Entstehungsprozess zur Reife, die Natur empfing aus dem ther den Lebensatem und brachte die Krper hervor nach der Form des Menschen.

46.Der Mensch aus Leben und Licht wurde Seele und Gemt; das Leben wurde Seele, das Licht Gemt. Alle Wesen der sinnlichen Welt blieben in diesem Zustand bis zum Ende des Kreislaufs und bis zum Beginn der Arten.

47.Und nun gib Acht auf das, was du so gern hren willst. Als dieser Kreislauf vollstndig beendet war, wurde das Band, welches alles vereinigte, durch Gottes Willen zerrissen. Alle Tiere, die bis zu diesem Moment gleichzeitig mnnlich und weiblich gewesen waren, wurden, wie der Mensch, in diese beiden Ansichten getrennt, und so wurden einige Tiere mnnlich und andere Tiere weiblich. Da sprach Gott das heilige Wort: `Wachset und nehmet zu an Zahl, vermehret euch, ihr alle, die ihr geschaffen seid. Und lasst jene, die das Gemt besitzen, sich als unsterblich erkennen und wissen, dass die Ursache des Todes die Liebe zum Krper und zu allem Irdischen ist.'

48.Als Gott also gesprochen hatte, bewirkte die Vorsehung durch das Schicksal und die verbindende Kraft der Sphren die Vermischung und setzte die Fortpflanzung ein; und alle Wesen vermehrten sich nach ihrer Art; und wer sich selbst als unsterbliches Wesen erkannte, ist auserkoren vor allen. Wer aber den Krper geliebt hat, der aus dem Wahn der Begierde hervorgegangen ist, muss weiter in der Finsternis umherirren und die Erfahrung des Todes durchleiden.

49.Welchen entsetzlichen Fehler, so rief ich aus, haben denn jene begangen, die in Unwissenheit sind, dass sie der Unsterblichkeit beraubt sind?

50.Ich glaube, dass du nicht darber nachgedacht hast, was du vernommen hast. Habe ich dich nicht vor allem gebeten, aufmerksam zu sein?

51.Ich denke nach, sagte ich, und ich erinnere mich nun und danke dir.

52.Wenn du nachgedacht hast, sage mir dann, warum jene, die im Tode sind, zu sterben verdienen.

53.Weil der Quell, aus welchem ihr Krper hervorkommt, die Finsternis ist, welche die feuchte Natur entstehen lie; diese stellte in der sinnlichen Welt den Krper zusammen, in dem der Tod seinen Durst lscht.

54.Das hast du gut verstanden. Aber warum kommt der, welcher sich selbst erkannt hat, zu Gott, wie Gottes Wort es sagt?

55.Weil, so antwortete ich, der Vater aller Dinge, aus dem der Mensch geboren ist, Licht und Leben ist.

56.Ja, Licht und Leben, das ist Gott der Vater, aus dem der Mensch geboren ist. Wenn du also weit, aus Leben und Licht hervorgegangen und aus diesen Elementen zusammengefgt zu sein, wirst du zum Leben zurckkehren. Das war es, was Pymander mir sagte.

57.Aber sage mir noch, o mein Gemt, wie werde ich zum Leben eingehen? fragte ich. Denn Gott hat gesagt: `Lass den Menschen, der das Gemt besitzt, sich selbst erkennen.' Besitzen denn nicht alle Menschen das Gemt?

58.Achte auf das, was du sagst! Denn ich, Pymander, das Gemt, komme zu jenen, die heilig und gut, rein und barmherzig sind, zu den Gottesfrchtigen; meine Gegenwart wird ihnen zur Hilfe, sodass sie sogleich alles erkennen; und sie werden durch ihre Liebe dem Vater wohlgefllig und danken ihm in kindlicher Anhnglichkeit mit den Lobpreisungen und Gesngen, die sie ihm schuldig sind. Ehe sie ihren Krper dem Tod bergeben, dem er gehrt, verachten sie ihre Sinne, weil deren Wirkungen ihnen nur allzu gut bekannt sind.

59.Ja, ich, das Gemt, werde keinesfalls zulassen, dass die Wirkungen des Krpers, die sie angreifen, ihren Einfluss auf sie ausben: denn als Wchter der Tren werde ich bsen und beschmenden Taten den Zugang versagen und unheilige Vorstellungen unterbinden.

60.Doch ich halte mich fern von den Trichten, den Schlechten, den Verdorbenen, den Abgnstigen, den Habschtigen, den Mrdern und den Gottlosen; ich berlasse sie dem rchenden Dmon, welcher solche Menschen mit der Geiel des Feuers bearbeitet, es so in ihre Sinne treibt und sie dadurch noch mehr zu unheiligen Taten anspornt, damit an ihnen eine noch grere Strafe vollzogen werde. Die Begierde dieser Menschen sucht dann auch fortwhrend grere Befriedigung und lsst sie in der Finsternis wten, ohne dass sie gesttigt werden kann. Darin besteht ihre Qual, und dadurch lodert die Flamme, die sie versengt, immer hher.

61.Du hast mich, o Gemt, all diese Dinge genau so gelehrt, wie ich es wnschte. Aber erzhle mir nun noch, wie der Weg empor sich entwickelt.

62.Hierauf antwortete Pymander: Zuerst wird, im Auflsungsprozess des Stoffkrpers, dieser Krper der Vernderung bergeben, und die Form, die du hattest, wird dann nicht mehr gesehen. du bergibst dein gewhnliches Ich, das fortan ohne Ttigkeit ist, dem Dmon; die krperlichen Sinne kehren zurck zu ihrem Ursprung, dessen Teil sie wieder werden, und sie werden erneut eins mit dessen Ttigkeiten, whrend die Trieb- und Begierdenkrfte zur vernunftlosen Natur zurckkehren.

63.Also fhrt der Mensch weiter aufwrts durch die verbindende Kraft der Sphren. Dem ersten Kreis berlsst er die Kraft des Zunehmens und des Abnehmens, dem zweiten Kreis die Fhigkeit zum Bsen und die ohnmchtig gewordene List, dem dritten Kreis die fortan machtlose Tuschung der Verlangen, dem vierten Kreis die Eitelkeit der Herrschsucht, die nicht mehr befriedigt werden kann, dem fnften Kreis den gottlosen Ubermut und die brutale Unbesonnenheit, dem sechsten Kreis die dadurch wirkungslos gewordene Gebundenheit an Reichtmer, dem siebenten die stets Fallen stellenden Lgen.

64.Wenn er sich dann so alles dessen entledigt hat, was aus der zusammenwirkenden Kraft der Sphren hervorgegangen war, tritt er, nur im Besitz seiner eigenen Kraft, in die achte Natur ein und singt mit allen, die dort sind, Hymnen zum Lobe des Vaters; und alle freuen sich mit ihm ber seine Anwesenheit.

65.Wenn er ihnen gleich geworden ist, vernimmt er Hymnen, die von gewissen Krften, die sich ber der achten Natur befinden, zum Lobe Gottes gesungen werden. Und dann steigen sie in rechter Ordnung zum Vater auf, geben sich selbst den Krften preis und gehen, ihrerseits zu Krften geworden, in Gott ein. Dieses ist das gute Ende fr jene, welche die Gnosis besitzen: dass sie Gott werden.

66.Aber... was zgerst du nun? Gehst du nun, da du alles von mir empfangen hast, nicht zu jenen, die es wert sind, um ihnen als Fhrer zu dienen, damit dank deiner Vermittlung das menschliche Geschlecht durch Gott gerettet werden mge?

67.Als Pymander das gesagt hatte, vermischte er sich vor meinen Augen mit den Krften. Und ich, der ich nun mit Kraft bekleidet und belehrt war ber die Art des Alls und die erhabene Vision, dankte und pries den Vater aller Dinge. Ich begann, den Menschen die Schnheit des auf Gott gerichteten Lebens und der Gnosis zu verkndigen:

68.O, ihr Vlker, ihr Menschen, die ihr aus der Erde geboren seid und euch dem Rausch und dem Schlummer und der Unwissenheit ber Gott ergeben habt, werdet doch nchtern und hrt auf, euch in der Verkommenheit zu wlzen, verzaubert, wie ihr seid, durch einen tierischen Schlaf.

69.Als sie das hrten, kamen sie einmtig zu mir. Und ich sprach weiter: O, ihr Erdgeborenen, warum habt ihr euch dem Tod bergeben, derweil ihr Macht habt, an der Unsterblichkeit teilzuhaben? Kommt zur Einkehr, die ihr in der Tuschung wandelt und die Unwissenheit als Fhrer angenommen habt. Befreit euch von dem dunklen Licht und nehmt teil an der Unsterblichkeit, indem ihr fr immer Abschied nehmt vom Verderben.

70.Einige von ihnen verspotteten mich und gingen fort; denn sie waren auf dem Weg des Todes. Aber andere, die sich vor mir auf die Knie geworfen hatten, flehten mich an, sie zu unterrichten. Ich richtete sie auf und wurde ein Fhrer des menschlichen Geschlechts, indem ich sie lehrte, auf welche Weise sie gerettet werden knnten. Ich ste in sie die Worte der Weisheit, und sie wurden gelabt mit dem Wasser der Unsterblichkeit.

71.Als es Abend geworden und das Licht der Sonne beinahe verschwunden war, forderte ich sie auf, Gott zu danken. Und nachdem sie die Danksagung vollbracht hatten, kehrten alle zu ihren Herdsttten zurck.

72.Ich jedoch schrieb Pymanders Wohltat in mich; und als ich ganz erfllt davon war, kam die hchste Freude ber mich. Denn der Schlaf des Krpers war die Nchternheit der Seele geworden, das Schlieen der Augen zum wahrhaftigen Schauen, das Schweigen wurde mir zur Schwangerschaft des Guten und das Austragen des Wortes zu fruchtbaren Taten des Heils. Dieses ist alles zu mir gekommen, weil ich von Pymander, meinem Gemt, dem aus sich selbst seienden Wesen, das Wort des Anfangs empfangen habe. So bin ich nun erfllt vom gttlichen Atem der Wahrheit. Darum weihe ich nun mit meiner ganzen Seele und all meinen Krften diesen Lobgesang Gott dem Vater:

73.Heilig ist Gott, der Vater aller Dinge.

Heilig ist Gott, dessen Wille sich durch seine eigenen Krfte vollzieht.

Heilig ist Gott, der erkannt sein will und erkannt wird von denen, welche Ihm angehren.

Heilig bist du, der du durch das Wort alles ins Dasein gerufen hast.

Heilig bist du, nach dessen Bild die All-Natur geworden ist.

Heilig bist du, den die Natur keineswegs erschaffen hat. Heilig bist du, mchtiger als alle Mchte.

Heilig bist du, vortrefflicher als alles, was ist.

Heilig bist du, ber alles Lob erhaben.

Nimm die reinen Opfer an, die durch das Wort in meiner Seele und meinem Herzen erweckt wurden, die sich zu dir richten, o Unaussprechlicher, o Unnennbarer, dessen Namen nur die Stille auszusprechen vermag.

Leihe dein Ohr mir, der ich bitte, dass ich niemals von der Gnosis, der wahren Erkenntnis, die meinem Kernwesen eigen ist, getrennt werden mge.

Neige dich zu mir und erflle mich mit deiner Kraft: Ich werde mit dieser Gnade das Licht allen jenen aus meiner Rasse bringen, die in Unwissenheit leben, meinen Brdern, deinen Shnen. Ja, ich glaube und bezeuge mit meinem Blut: Ich gehe zum Leben und zum Licht.

Sei gepriesen, o Vater, dein Mensch will mit dir heiligen, wozu du ihm alle Macht gegeben hast.

Zweites Buch: Pymander zu Hermes

1.Nun denn, sei still, o Hermes Trismegistos, und bewahre gut, was ich dir sagen werde. Ich werde dir gleich sagen, was mir eingefallen ist.

2.Es wurde viel und von allen mglichen Seiten ber das All und Gott gesprochen, die Meinungen widersprechen sich jedoch, sodass ich die Wahrheit darin nicht erkannte. Willst du, Herr, mir es erlutern? Denn nur deiner Offenbarung werde ich Glauben schenken.

3.So hre denn, mein Sohn, wie Gott und das All sich verhalten; Gott, die Ewigkeit, die Welt, die Zeit und das Werden.

4.Gott schafft die Ewigkeit, die Ewigkeit schafft die Welt, die Welt schafft die Zeit und die Zeit das Werden.

5.Das Gute, das Schne, die Seligkeit und die Weisheit formen gleichsam das Wesen Gottes; das Wesen der Ewigkeit ist Unvernderlichkeit; das Wesen der Welt ist Ordnung; das Wesen der Zeit ist Vernderlichkeit; und das Wesen des Werdens ist Leben und Tod.

6.Geist und Seele sind die aktive, offenbarende Kraft Gottes; Dauerhaftigkeit und Unsterblichkeit sind die Wirkungen der Ewigkeit; die Rckkehr zur Vollkommenheit und die Denaturierung sind die Wirkungen der Welt; Zunehmen und Abnehmen sind die Wirkungen der Zeit, das Werden hat als Wirkung die Eigenschaft.

7.So ist die Ewigkeit in Gott, die Welt in der Ewigkeit, die Zeit in der Welt und das Werden in der Zeit.

8.Whrend die Ewigkeit um Gott herum ruht, bewegt die Welt sich in der Ewigkeit, vollzieht die Zeit sich in der Welt und entsteht das Werdende in der Zeit.

9.Gott ist also der Ursprung aller Dinge, ihr Wesen ist die Ewigkeit; und die Welt ist ihre Materie.

10.Die Ewigkeit ist die potenzielle Kraft Gottes. Das Werk der Ewigkeit ist die Welt, die keinen Beginn kannte, sondern fortwhrend im Entstehen ist durch die Wirkung der Ewigkeit. Darum wird nichts, was in der Welt ist, jemals vergehen, denn die Ewigkeit ist unvergnglich; noch wird jemals irgendetwas vernichtet, weil die Welt vollkommen von der Ewigkeit umgeben ist.

11.Aber was ist die Weisheit Gottes?

12.Sie ist das Gute und das Schne, die Seligkeit, jede Tugend und die Ewigkeit.

13.Die Ewigkeit formt die Welt zu einer Ordnung, indem sie die Materie durchdringt mit Unsterblichkeit und Dauerhaftigkeit. Das Entstehen der Materie ist abhngig von der Ewigkeit, so wie die Ewigkeit selbst wieder abhngig ist von Gott.

14.Es gibt Werden, und es gibt Zeit, sowohl im Himmel als auch auf Erden, aber sie sind in ihrer Art verschieden: Im Himmel verndern sie sich nicht und sind sie unvergnglich, auf der Erde verndern sie sich und vergehen.

15.Gott ist die Seele der Ewigkeit; die Ewigkeit ist die Seele der Welt; und der Himmel ist die Seele der Erde.

16.Gott ist im Gemt; das Gemt ist in der Seele; die Seele ist in der Materie, und dieses alles ist durch die Ewigkeit.

17.Dieser groe Krper, der alle Krper umfasst, ist innen erfllt und auen umschlossen von einer mit Geistbewusstsein und von Gott erfllten Seele, einer Seele, die das All belebt:

18.Auen: das ausgedehnte und vollendete Leben der Welt, innen: alle lebenden Geschpfe; dort oben im Himmel whrt sie unvernderlich, stets sich selbst gleich bleibend; hier unten auf der Erde verursacht sie die Vernderungen des Werdens.

19.Die Ewigkeit hlt alles instand, sei es durch das sogenannte Schicksal, die Vorsehung, die Natur, sei es durch das, was man jetzt oder spter auch davon glauben mag. Er jedoch, der dieses alles durch seine Ttigkeit erschafft, ist Gott, die offenbarende, aktive Kraft Gottes;

20.Gott, dessen potenzielle Kraft nicht zu bertreffen ist und mit dem nichts Menschliches oder Gttliches verglichen werden kann.

21.Darum, Hermes, glaube nicht, dass irgendetwas von den Dingen hier unten oder von den Dingen oben Gott gleich sein knnte; denn dann wrdest du von der Wahrheit abirren; nichts gleicht dem Unvergnglichen, dem alleinen Gott.

22.So darfst du auch nicht glauben, dass er seine potenzielle Kraft mit irgendjemand teilt. Denn wer auer ihm ist Schpfer des Lebens und der Unsterblichkeit und Vernderung?

23.Und was sollte er anderes tun, als erschaffen? Gott ist nicht unttig, sonst wre auch der gesamte Kosmos unttig, denn alles ist erfllt von Gott.

24.So gibt es denn auch nirgends Unttigkeit, weder in der Welt noch in irgendeinem anderen Wesen. Unttigkeit ist ein leeres Wort, sowohl was den Schpfer als auch das Erschaffene betrifft.

25.Und alles muss ins Dasein gerufen werden durch den Einfluss, der jedem Platz eigen ist.

26.Denn der Schpfer lebt in allen seinen Geschpfen. Er bleibt nicht besonders in einem von ihnen, und er erschafft nicht allein in einem von ihnen, sondern er erschafft sie alle.

27.Da er eine stets wirksame Kraft ist, gengt es ihm nicht, Wesen erschaffen zu haben, er nimmt sie auch unter seine Obhut.

28.Betrachte nun durch mich die Welt, die sich dir darbietet und nimm tief in dich auf, wie schn sie ist: ein reiner und unvergnglicher Krper, inwendig stark und jung und stets zunehmend an Kraft.

29.Sieh auch die sieben fundamentalen Welten, die nach einer ewigen Ordnung gebildet sind und die zusammen, jede nach ihrem eigenen Lauf, die Ewigkeit erfllen. Sieh, alles ist erfllt von Licht, ohne dass es irgendwo Feuer gibt.

30.Denn die Liebe und die Verschmelzung der Gegenstze und der Ungleichheiten sind Licht geworden, ausstrahlend durch die offenbarende Kraft Gottes, des Schpfers alles Guten, des Herrschers und Frsten der gesamten Ordnung der sieben Welten.

31.Sieh den Mond, den Vorlufer all dieser Welten, das Werkzeug des natrlichen Wachstums, der die Materie hier unten umwandelt.

32.Sieh die Erde in der Mitte des Alls, als Grundlage dieser schnen Welt erschaffen, Ernhrerin und Versorgerin fr alles, was auf ihr lebt.

33.Achte darauf, wie zahlreich die Menge der unsterblichen Wesen ist und wie gro die Menge der Sterblichen, und sieh, wie zwischen den Unsterblichen und den Sterblichen der Mond seine Bahnen zieht.

34.Alles ist erfllt von Seele, alle Wesen werden nach ihrer eigenen Art bewegt; einige im Himmel, einige auf der Erde. Die nach rechts gehen mssen, gehen nicht nach links, die auf der linken Seite sein mssen, gehen nicht nach rechts; die oben sein mssen, gehen nicht nach unten; die unten sein mssen, gehen nicht nach oben.

35.Dass alle diese Wesen erzeugt sind, darauf brauche ich dich, mein geliebter Hermes, nicht mehr hinzuweisen: Es sind Krper, sie besitzen eine Seele, und sie werden bewegt.

36.Alle diese Wesen knnen jedoch unmglich eine Einheit werden ohne jemanden, der sie zusammenfgt. Diesen muss es also geben! Und er muss absolut der Einzige sein.

37.Denn da die Bewegungen verschieden und mannigfaltig und auch die Krper nicht gleich sind, whrend doch eine Geschwindigkeit allen gemeinsam auferlegt ist, kann es nicht zwei oder mehrere Schpfer geben.

38.Gbe es mehrere, dann knnte die Einheit der Ordnung nicht bewahrt werden, und es wrde Eifersucht entstehen um den Mchtigsten.

39.Angenommen, es gbe einen zweiten Schpfer fr die vernderlichen und sterblichen Wesen, dann wrde dieser auch unsterbliche Wesen erschaffen wollen und der Schpfer der unsterblichen Wesen auch sterbliche Wesen.

40.Auerdem, wenn es zwei Schpfer gbe, und es ist da einerseits Materie und andererseits die Seele, welchem von beiden sollte da die Schpfung gehren? Und falls sie beide dafr sorgen wrden, wer sollte den grten Anteil daran haben?

41.So wisse denn, dass jeder lebende Krper, sowohl der unsterbliche als auch der sterbliche, sowohl der vernunftbegabte als auch der vernunftlose, aus Materie und Seele zusammengesetzt ist.

42.Alle lebenden Krper sind beseelt. Was kein Leben besitzt, ist nur Materie, whrend allein die Seele, die Ursache des Lebens, in den Hnden des Schpfers bleibt. Der Schpfer der Unsterblichen ist also auch der absolute Schpfer des Lebens. Ist er dann auch der Schpfer anderer lebender Wesen, der Sterblichen?

43.Wie sollte das, was unsterblich ist und die Unsterblichkeit erschafft, nicht auch alles erschaffen, was zu den Lebenden gehrt?

44.Es ist also klar, dass es jemanden gibt, der dieses alles erschafft. Dass er der All-Eine ist, bedarf keines Beweises; denn eins ist die Seele, eins ist das Leben, eins ist die Materie.

45.Wer ist denn dieser Schpfer?

46.Wer anders als der eine Gott! Wem anders stnde es zu, beseelte lebende Wesen zu erschaffen, als Gott allein? Darum gibt es nur einen Gott.

47.Es ist eigentlich zum Lachen: Wenn du erkennst, dass es eine Welt gibt, eine Sonne, einen Mond und eine gttliche Natur, wieso denkst du dann, dass Gott mehrfach ist?

48.Es ist also Gott, der alle Dinge erschafft. Was ist brigens Verwunderliches daran, dass Gott das Leben, die Seele, Unsterblichkeit und Vernderung erschafft, da du selbst doch auch viele verschiedene Handlungen verrichtest!

49.Du siehst, du sprichst, du hrst, du riechst, du schmeckst, du fhlst, du gehst, du denkst, du atmest. Es ist doch nicht so, dass der eine Mensch sieht, der andere hrt und wieder ein anderer spricht, ein anderer schmeckt, ein anderer riecht, ein anderer geht, ein anderer denkt und ein anderer atmet? Es ist ein Wesen, das dieses alles verrichtet.

50.Nun denn, so sind auch die gttlichen Wirksamkeiten nicht von Gott zu trennen; so wie du kein lebendes Wesen mehr sein wrdest, wenn du aufhren wrdest, alle Deine Ttigkeiten zu verrichten, ebenso wre Gott, wenn er seine Ttigkeiten nicht mehr vollbrchte, nicht mehr Gott.

51.Da nun nachgewiesen ist, dass kein Wesen in Unttigkeit bestehen kann, wie viel mehr gilt das fr Gott!

52.Wenn es wirklich etwas geben wrde, was er nicht erschaffen hat, wre Gott unvollkommen. Da aber Gott nicht unttig ist, sondern im Gegenteil vollkommen, darum ist er der Schpfer aller Dinge.

53.Wenn du noch ein wenig aufmerksam bist, o Hermes, wirst du sicher verstehen, dass Gott nur ein Ziel hat, nmlich ins Dasein zu rufen, alles, was im Werden ist; alles, was einst in der Vergangenheit geworden ist; alles, was einst werden wird.

54.Das, mein Geliebter, ist das Leben. Das ist das Schne, das ist das Gute, das ist Gott.

55.Und willst du das alles aus eigener Erfahrung verstehen, betrachte dann einmal, was in dir geschieht, wenn du erzeugen willst. Tatschlich ist, was Gott betrifft, die Schpfungshandlung nicht gleich. Gott empfindet sicher keine wahrnehmbare Freude, und es ist niemand da, der mit ihm zusammenwirkt.

56.Da er ganz allein handelt, ist er in seinen Werken stets innewohnend und ist er selbst, was er erzeugt, sowohl Schpfer als auch Schpfung. Denn wenn seine Geschpfe gelst von ihm bestehen sollten, brchen sie zusammen und gingen unvermeidlich zugrunde, weil sie kein Leben in sich htten.

57.Da aber alles lebt und das Leben eins ist, ist Gott gewiss der All-Eine. Andererseits: Da alles, sowohl im Himmel als auch auf der Erde, lebendig ist und das Leben eins ist in allen, ist das Leben von Gott erschaffen und ist das Leben selbst Gott; alles wird ins Dasein gerufen durch die Werke Gottes, und das Leben ist die Vereinigung des Geistes und der Seele.

58.Was den Tod betrifft, so ist dieser nicht die Vernichtung der zusammengefgten Elemente, sondern die Auflsung der verbindenden Einheit.

59.So ist die Ewigkeit das Bild Gottes; die Welt das Bild der Ewigkeit; die Sonne das Bild der Welt und der Mensch das Bild der Sonne.

60.Im Hinblick auf die Vernderung spricht der gewhnliche Mensch von Tod, weil der Krper aufgelst wird und das Leben in das Unsichtbare entweicht.

61.Ich erklre dir jedoch, mein geliebter Hermes, dass die Wesen, die auf diese Weise vergehen, nur transformiert werden; jeden Tag geht ein Teil der Welt ins Unsichtbare hinber, aber keinesfalls, um entbunden zu werden.

62.Hierin besteht das Leiden der Welt: Kreislauf und Vergehen durch das, was man Tod nennt. Aber ein Kreislauf ist Wiederholung, Radumdrehung, und das Vergehen ist Erneuerung.

63.Die Welt besitzt alle Formen. Sie hlt sie nicht in sich beschlossen, sondern in den Formen und durch die Formen transformiert sie sich.

64.Da also die Welt wie das All geschaffen ist, wie wird dann ihr Schpfer sein? Wir knnen nicht sagen, dass er formlos ist! Und wenn auch er wie das All wre, wrde er der Welt gleich sein. Und wenn er eine Form hat? Dann wre er in dieser Hinsicht weniger als die Welt.

65.Was mssen wir daraus schlieen? Denn unser Gottesverstndnis darf keine Lcke aufweisen!

66.Es gibt nur eine Gestalt, die Gott eigen ist, eine Gestalt, welche krperliche Augen nicht wahrnehmen knnen, eine unkrperliche Gestalt, die alle Formen offenbart durch die Krper.

67.Wundere dich nicht, dass es eine unkrperliche Gestalt geben kann. Denke nur an ein Wort, das du sprichst. So ist es auch mit Bildern. Man sieht darauf Bergspitzen, die sich scheinbar hoch in die Luft erheben, whrend die Bilder in Wirklichkeit glatt und eben sind.

68.Uberdenke das, was ich dir gesagt habe, noch einmal tiefer und vollstndiger. So wie der Mensch nicht ohne das Leben leben kann, so kann Gott nicht leben, ohne das Gute hervorzubringen. Denn dieses ist gleichsam das Leben und Bewegen Gottes: Bewegung und Leben allem schenken.

69.Es ist ntig, sich einigen Dingen mit besonderem Verstndnis zu nhern, wie zum Beispiel dem Folgenden:

70.Alles ist in Gott; jedoch nicht wie an einem bestimmten Platz, denn ein Platz ist krperlich und unbeweglich, und was irgendwo seinen Platz hat, zeigt keine Bewegung; die Dinge erscheinen im Unkrperlichen und auf eine vllig andere Art.

71.Wenn du an ihn denkst, der alles in sich beschlossen hlt, bedenke dann vor allem, dass nichts imstande ist, das Unkrperliche zu umgrenzen, und dass nichts schneller und mchtiger ist als er. Er ist der Unbegrenzte, der Schnellste und der Mchtigste.

72.Prfe es auch einmal bei dir selbst. Befiehl deiner Seele, nach Indien zu gehen, und sie wird da sein, noch ehe du es ihr befohlen hast.

73.Befiehl ihr, zum Ozean zu gehen, und sie wird im gleichen Augenblick dort sein; nicht so, als ob sie eine Reise von einem Ort zum andern unternommen htte, sondern so, als ob sie sich schon dort befunden htte.

74.Befiehl ihr sogar, zum Himmel aufzusteigen, sie wird dazu keiner Flgel bedrfen. Nichts kann sie behindern, weder das Feuer der Sonne noch der ther, weder die gesetzmige Bewegung des Firmaments noch die Krper der Sterne; sie wird alle Rume durcheilen und sich in ihrem Flug bis zum uersten Himmelskrper erheben.

71.Und wenn du dann noch das Gewlbe des Universums selbst durchbrechen willst, um anzuschauen, was da drauen ist -- jedenfalls, wenn etwas auerhalb der Welt besteht -- dann kannst du auch das.

76.Sieh, welche Macht, welche Geschwindigkeit du besitzt! Und wenn du das alles kannst, sollte Gott es dann nicht knnen?

77.Darum musst du Gott so sehen: Alles, was ist, hlt er als Gedanken in sich beschlossen: die Welt, sich selbst, das All.

78.Wenn du selbst nicht Gott gleich wirst, kannst du ihn nicht verstehen; denn nur das Gleiche versteht das Gleiche.

79.Wachse auf zu maloser Gre, entsteige allen Krpern, erhebe dich ber alle Zeit, werde Ewigkeit. Dann wirst du Gott verstehen.

80.Lass den Gedanken dich durchdringen, dass dir nichts unmglich ist, betrachte dich als unsterblich und fhig, alles zu verstehen, alle Kunst, alle Wissenschaft, die Art all dessen, was lebt.

81.Werde hher als alle Hhen und tiefer als alle Tiefen.

82.Sammle in dir die Empfindungen alles Geschaffenen: des Feuers und des Wassers, des Trockenen und des Feuchten und denke dich hinein, gleichzeitig berall zu sein; auf der Erde, im Meer, in der Luft; dass du noch ganz unerschaffen bist, dass du im Mutterscho bist, Jngling, Greis, gestorben, an jener Seite des Todes. Wenn du das alles gleichzeitig in deinem Bewusstsein umfassen kannst: Zeiten, Orte, Geschehnisse, Eigenschaften und Mengen, dann kannst du Gott verstehen.

83.Wenn du aber deine Seele im Krper gefangen hltst, wenn du sie stets herunterdrckst und immer nur sagst: `Ich verstehe nichts, ich kann nichts, ich habe Angst vor dem Meer, ich vermag nicht, in den Himmel hinaufzusteigen; ich wei nicht, was ich einmal war noch was ich sein werde', was hast du dann mit Gott zu schaffen?

84.Denn du kannst nichts von dem umfassen, was wirklich schn und gut ist, solange du den Krper liebst und schlecht bist. Die vollkommene Schlechtigkeit ist: das Gttliche nicht kennen.

85.Aber imstande zu sein, das Gttliche zu kennen und den Willen und die starke Hoffnung dazu zu haben, ist der direkte Weg zum Guten, ein leichter Weg! berall wird es dir beim Gehen des Pfades entgegentreten, berall wird es sich dir offenbaren, sogar, wo und wann du es absolut nicht erwartest; sei es, dass du wachst oder schlfst, zu Wasser oder zu Lande, bei Tag oder bei Nacht, ob du sprichst oder schweigst. Denn es gibt nichts, was es nicht ist.

86.Wirst du nun sagen: `Gott ist unsichtbar'? Wer offenbart sich mehr als Gott? Er hat doch alles geschaffen, damit du ihn in allen Geschpfen erkennen wirst.

87.Das ist das Herrliche, das Wunderbare an Gott, dass er sich durch all seine Geschpfe offenbart.

88.Nichts ist unsichtbar, sogar bei den Unkrperlichen nicht: Das Gemt offenbart sich im lebendigen Anschauen, und Gott offenbart sich in seiner Schpfungsttigkeit.

Das alles hatte ich dir zu enthllen, o Trismegistos. Bedenke weiter alles auf die gleiche Weise, und du wirst nicht irren.

Viertes Buch: Hermes' Rede zur Ehre Gottes

1.Gott, Gottes Macht und die gttliche Natur sind die Herrlichkeit des Alls.

2.Gott ist der Beginn, die Ur-Idee, das Vermgen des Wachstums und die Materie aller Geschpfe, die Weisheit zur Offenbarung aller Dinge.

3.Gottes Macht ist Ursache, Geburt und Wachstum, wirksame Kraft, Schicksal, Sterben und Erneuerung.

4.Im Abgrund war eine unendliche Finsternis und Wasser und der wirksam werdende Atem der Schpfung; das alles war durch Gottes Kraft im Chaos.

5.Dann wurde das heilige Licht frei, die Ur-Elemente trennten sich von der feuchten Substanz, sie verdichteten sich, und alle Gtter zusammen bewirkten eine Trennung zwischen den Ansichten der keimreifen Natur.

6.Aus dem Unbestimmten und Ungeformten lsten die leichten Elemente sich, trieben nach oben, whrend die schweren Elemente ihre Basis auf dem feuchten Sand fanden; so wurde das All durch das Wirken des Feuers in seinen zusammengesetzten Teilen getrennt und, durch den Atem der Schpfung geordnet, in fortdauernder Bewegung gehalten.

7.Das All offenbarte sich in sieben Kreisen, und die Gtter zeigten sich in Gestalt der Sterne mit all ihren Konstellationen. Die Natur wurde in allen ihren Ansichten mit Hilfe der in ihr anwesenden Gtter zu einer organischen Ordnung geformt und der sie umringende Kreis, umgeben von einer astralen Wolke, in seinem Kreislauf durch den gttlichen Atem fortbewegt.

8.Jeder Gott brachte aus eigener Kraft das hervor, was ihm aufgetragen war. So entstanden vierfige, kriechende, im Wasser lebende und geflgelte Tiere und alle keimtragenden Saaten und das Gras sowie das frische Wachstum alles dessen, was blht. Die Saat der Wiedergeburt lag in ihnen beschlossen.

9.Die Gtter brachten ebenfalls die Geschlechter der Menschen ins Dasein, damit sie Gottes Werke kennenlernen und von der Wirksamkeit der Natur zeugen,

10.an Zahl zunehmen und unbegrenzt herrschen sollten ber alles, was unter dem Himmel ist. Sie sollten die guten Dinge kennenlernen und auf diese Weise gedeihen, whrend sie zunahmen und ihre Anzahl sich vermehrte.

11.Und die Gtter brachten die Seelen hervor, die nach Schicksalsbestimmung durch die Fgung der Gtter innerhalb der Kreise in das Fleisch gest wurden, damit sie das Himmelsgewlbe, den Lauf der himmlischen Gtter, die gttlichen Werke und die Wirksamkeit der Natur genau wahrnehmen knnten

12.und das wahrhaft Gute und die gttliche Macht, die das Rad der Schicksalsbestimmung in Bewegung hlt, kennenlernen

13.und somit Gut und Bse unterscheiden lernen und sich die gesamte erhabene Kunst des Vollbringens guter Werke zu eigen machen sollten.

14.Dieses ist fr sie von Anfang an der Weg: Sie sammeln Lebenserfahrung und erwerben Weisheit ber ihre Schicksalsbestimmung aus dem Kreislauf der Gtter; schlielich werden sie befreit und hinterlassen auf Erden groe Denkmler, die an die erhabenen Werke erinnern, die sie als Befreite vollbrachten.

15.Und alles, was im Lauf der Zeiten des Glanzes beraubt wurde und Dunkelheit verbreitet: das Entstehen des beseelten Fleisches und der Nachkommen auf die Art der jungen Tiere, das gesamte menschliche Wirken, und all das, was dahinwelkt, wird durch das Fatum, durch die Erneuerung der Gtter und den Kreislauf der Natur, wenn ihre Zeit erfllt ist, wieder neu werden.

16.Das Gttliche ist das zur Einheit zusammenflieende kosmische All, das durch die Natur erneuert ist, denn auch die Natur ist in der Allmacht Gottes verankert.Fnftes Buch: Aus einer Rede des Hermes zu Tat

1.Ich gebe diese Erklrung, mein Sohn, in erster Linie aus Liebe fr die Menschen und in ehrerbietiger Hingabe an Gott. Denn es gibt keine wahrhaftigere Frmmigkeit, als achtzugeben auf die wesentlichen Dinge und Ihm, der dieses alles geschaffen hat, dafr zu danken, womit ich auch niemals aufhren werde.

2.Aber wenn hier nichts wirklich und wahrhaftig ist, Vater, was mu ein Mensch dann tun, um auf die rechte Art zu leben?

3.Fhre ein Gott dienendes Leben, mein Sohn. Wer wirklich fromm ist, liebt die Weisheit ber alle Maen; denn ohne Liebe zur Weisheit ist es unmglich, die hchste Gottesfurcht zu erreichen. Wer Einsicht in das Wesen des Alls erhalten und verstehen gelernt hat, wie, durch wen und zu wessen Nutzen alles zu einer Ordnung zusammengefgt wurde, wird dafr Gott, dem Welten-Baumeister, Dank wissen, dem all-guten Vater, der ihn mit Wohltaten berhuft und getreulich bewahrt.

4.Und indem er seine Dankbarkeit bezeugt, ist er gottesfrchtig; und durch seine Gottesfurcht wei er auch, wodieWahrheit ist und wer sie ist; und dank dieser Einsicht nimmt seine gottesfrchtige Hinwendung fortwhrend zu.

5.Niemals, mein Sohn, kann die Seele, auch wenn sie im Krper ist, ins Gegenteil abgleiten, wenn sie ihre Schuldenlast erleichtert hat, um das wahrhaftige Gute und Wahre zu ergreifen.

6.Denn wenn die Seele Ihn kennengelernt hat, der sie ins Dasein rief, ist sie von einer unermelichen Liebe erfllt, vergit alles Bse und kann vom Guten nicht mehr getrennt werden.

7.Das, mein Sohn, mu das Ziel der Frmmigkeit sein. Wenn du zu diesem Zustand zurckkehrst, auf die rechte Weise lebst und glckselig stirbst, wird deine Seele sicher wis-sen, wohin sie ihren Flug richten mu.

8.Das, mein Sohn, ist der einzige Weg zur Wahrheit, den auch jene gegangen sind, die uns vorangingen, und auf dem sie das Gute empfangen haben.

9.Erhaben und gebahnt ist dieser Weg, aber mhsam und schwer zu gehen fr die Seele, solange sie noch im Krper ist.

10.Denn zuerst mu sie gegen sich selbst kmpfen, eine groe Trennung vollziehen und einem Teil den Sieg ber sich selbst lassen. Es entsteht nmlich zwischen einem Teil und zwei anderen Teilen ein Konflikt: der erste Teil versucht zu fliehen, whrend die beiden anderen die Seele herunterziehen. Die Folge ist Kampf und eine groe Kraftprobe zwischen dem Teil, der entfliehen will und den beiden anderen Teilen, die sich bemhen, die Seele herunterzuziehen.

11.Es ist jedoch nicht gleich, ob die eine Partei siegt oder die anderen Parteien. Denn der eine Teil strebt mit aller Anspannung zum Guten, whrend die anderen in den Gebieten des Verderbens wohnen.

12.Der eine Teil sehnt sich nach der Freiheit; die anderen lieben die Sklaverei.

13.Wenn die beiden Parteien geschlagen sind, bleiben sie in sich selbst eingeschlossen, wirkungslos und einsam, verlassen von dem, der dann herrscht. Wenn aber der eine Teil berwunden ist, wird er von den beiden anderen als Gefangener weggefhrt und von allem beraubt, und er wird gestraft durch das Leben, das er hier fhrt.

14.Sieh, mein Sohn, dieses ist der Fhrer auf dem Weg, der zur Freiheit fhrt: Du mut den Krper, bevor er stirbt, preisgeben und das Leben, das in den Kampf hineingezogen ist, berwinden, und wenn du diesen Sieg davongetragen hast, zur Hhe zurckkehren.

15.Und nun, mein Sohn, will ich in kurzen Kernstzen die wesentlichen Dinge zusammenfassen: Du wirst das, was ich sage, verstehen, wenn du dich daran erinnerst, was du bereits gehrt hast.

16.Alles, was wirklich ist, wird bewegt; nur das Nicht-Seiende ist unbeweglich.

17.Jeder Krper ist der Vernderung unterworfen; aber nicht alle Krper sind auflsbar.

18.Nicht jedes Geschpf ist sterblich; nicht jedes Geschpf ist unsterblich.

19.Was auflsbar ist, ist vergnglich; das stndig Unvernderliche ist ewig.

20.Was stets wieder geboren wird, geht auch stets wieder zugrunde; was aber ein fr allemal geworden ist, wird niemals vernichtet und wird auch nichts anderes.

21.Als erstes ist da Gott, als zweites der Kosmos, als drittes der Mensch.

22.Der Kosmos besteht um des Menschen willen, der Mensch um Gottes willen.

23.Der Teil der Seele, der durch die Sinnesorgane wahrnimmt, ist sterblich, jedoch der Teil, der der Vernunft entspricht, ist unsterblich.

24.Jede geoffenbarte Wirklichkeit ist unsterblich; jede geoffenbarte Wirklichkeit ist aber vernderlich.

25.Alles Seiende ist zweifach; nichts, was ist, steht still.

26.Nicht alle Dinge werden von einer Seele bewegt, aber es ist eine Seele, die das ganze Sein bewegt.

27.Alles, was fr Leiden empfnglich ist, sammelt Erfahrungen; alles, was Erfahrungen sammelt, leidet.

28.Alles, was Schmerzen unterworfen ist, ist auch Freuden unterworfen, nmlich das sterbliche Geschpf; nicht alles, was Freude kennt, kennt auch Schmerz, nmlich das unsterbliche Geschpf.

29.Nicht jeder Krper ist Krankheit unterworfen; jeder Krper, der Krankheit unterworfen ist, ist auch der Auflsung unterworfen.

30.Das Gemt ist in Gott; die Vernunft ist im Menschen; die Vernunft ist im Gemt; das Gemt ist unempfnglich fr Leiden.

31.Nichts im sterblichen Krper ist wahr; im Unkrperlichen gibt es berhaupt keine Lge.

32.Alles, was ins Dasein kommt, ist vernderlich; nicht alles, was ins Dasein kommt, ist vergnglich.

33.Es gibt nichts Gutes auf der Erde; es gibt nichts Bses im Himmel.

34.Gott ist gut; der Mensch ist bse.

35.Das Gute wirkt aus freiem Willen; das Bse wirkt in Unfreiheit.

36.Die Gtter bestimmen gute Werke zu guten Zwecken.

37.Die gute Ordnung ist erhabene Gerechtigkeit; die gute Ordnung ist das Gesetz.

38.Das gttliche Gesetz ist die Zeit; das menschliche Gesetz ist das Bse.

39.Die Zeit ist das Drehen der Welt; die Zeit ist der Vernichter des Menschen.

40.Alles, was im Himmel ist, ist unvernderlich; alles, was auf Erden ist, ist vernderlich.

41.Im Himmel ist nichts unterworfen oder abhngig; auf Erden ist nichts frei.

42.Es gibt nichts, was der Himmel nicht kennt; es gibt auf der Erde keine Kenntnis.

43.Das Irdische hat keinen Anteil am Himmlischen.

44.Alles im Himmel ist ber Schmutz und Schmach erhaben; alles auf Erden ist zu tadeln.

45.Das Gttliche ist nicht sterblich; was sterblich ist, ist nicht gttlich.

46.Was gest wird, kommt nicht in jedem Fall zur Geburt; was geboren wird, ist mit Sicherheit auch gest.

47.Fr den vergnglichen Krper gelten zwei Zeitrume: der von der Empfngnis bis zur Geburt und der von der Geburt bis zum Tod. Fr den unvergnglichen Krper gilt nur eine Zeit, beginnend bei der Schpfung.

48.Die auflsbaren Krper wachsen und nehmen ab.

49.Die vergngliche Materie dreht sich in den Gegenstzen: Werden und Vernichtung. Die unvergngliche Materie vollzieht Vernderungen in sich selbst oder geht auf in dem, was ihr ebenbrtig ist.

50.Die Geburt des Menschen ist der Beginn eines Sterbens; das Sterben des Menschen ist der Beginn einer Geburt.

51.Was geboren wird, stirbt also auch; was stirbt, wird also auch geboren.

52.Von den wesentlichen Dingen sind einige in Krpern, einige in der Welt der Ideen, einige in der Welt der Krfte. Der Krper ist auch in der Welt der Ideen, aber die Idee und die Kraft sind auch im Krper.

53.Was gttlich ist, hat keinen Teil an der Vergnglichkeit, und das Sterbliche hat keinen Teil am Gttlichen.

54.Das Sterbliche kommt nicht in einen unsterblichen Krper; aber das Unsterbliche hat am Sterblichen Anteil.

55.Die sich offenbarenden Krfte Gottes richten sich nicht nach oben, sondern nach unten.

56.Alles, was auf Erden geschieht, hat keinen einzigen Nutzen fr die Angelegenheiten des Himmels; aber die Angelegenheiten des Himmels sind von hchster Bedeutung fr das, was zum irdischen Leben gehrt.

57.Der Himmel ist die Heimat, wo jene willkommen geheien werden, die den unvergnglichen Krper tragen. Die Erde ist der Wohnort der vergnglichen Krper.

58.Das irdische Sein ist vernunftlos; der Himmel ist damit bereinstimmend die gttliche Vernunft.

59.Die Harmonien der Hhen sind das Fundament des Himmels, die Gesetzesanordnungen der Erde sind der Erde auferlegt.

60.Der Himmel ist das erste Element; die Erde das letzte Element.

61.Die Vorsehung ist die gttliche Ordnung; das Fatum ist die Dienerin der Vorsehung.

62.Zufall ist eine blinde, ordnungslose Aufwallung, das Wahnbild einer Kraft, betrgerischer Schein.

63.Was ist Gott? Das niemals abweichende, unvernderliche Gute. Was ist der Mensch? Ein sich stets windendes Bses.

64.Wenn du nun diese Kernstze im Gedchtnis behltst, wird es dir nicht schwerfallen, dich an die Erklrungen zu erinnern, die ich dir bereits ausfhrlicher gegeben habe, denn in diesen Kernstzen sind sie zusammengefat.

65.Vermeide ebenfalls Diskussionen mit der groen Masse; gewi nicht, um ihr deine Schtze vorzuenthalten, sondern weil die Masse dich lcherlich finden wird. Denn Gleiches wird durch Gleiches angezogen; aber das Ungleiche wird vom Ungleichen niemals geliebt. Die Worte, die ich gesprochen habe, ziehen nur uerst wenige Zuhrer an oder wahrscheinlich sogar nicht einmal diese. Diese Worte haben auerdem die Besonderheit, da sie die Bsen zu noch grerer Bosheit reizen. Darum ist es ntig, sich vor der Masse in acht zu nehmen, weil sie die befreiende Kraft und Herrlichkeit des Gesprochenen nicht versteht.

66.Wie meinst Du das, Vater?

67.So, mein Sohn: Das ganze tierische Leben der Menschen ist stark dem Bsen zugewandt. Es kommt mit dem eingeborenen Bsen zur Welt und hat daher auch Freude daran.

68.Wenn dieses tierische Wesen vernimmt, da die Welt einmal geworden ist und da alles nach der Verfgung der Vorsehung und des Fatums geschieht, denn das zugeteilte Schicksal** Karma-Nemesis. Siehe S. 41 ff. herrscht ber alles, wird das nicht viel schlimmer sein? Denn wenn dieses Wesen das All verachtet, weil es einmal geworden ist und es die Ursachen des Bsen dem zugeteilten Schicksal zuschreibt, wird es sich schlielich keiner einzigen bsen Tat mehr enthalten.

69.Und darum mut du ihretwegen wachsam sein, damit sie, im Zustand ihrer Unwissenheit, aus Angst vor dem, was sie innerlich nicht erfassen knnen, weniger bse sind.

Allgemeiner Dialog zwischen Hermes und Asklepios

1.HERMES: Asklepios, wird nicht alles, was bewegt wird, in etwas und durch etwas bewegt? ASKLEPIOS: Ganz gewi.

2.HERMES: Und ist es nicht notwendig, da das, worin etwas bewegt wird, grer ist als das, was bewegt wird? ASKLEPIOS: Zweifellos.

3.HERMES: Ist das, was die Bewegung hervorruft, strker als das, was bewegt wird? ASKLEPIOS: Das ist naheliegend.

4.HERMES: Und mu die Art dessen, in dem die Bewegung stattfindet, nicht notwendigerweise jener entgegengesetzt sein, die bewegt wird? ASKLEPIOS: Natrlich.

5.HERMES: Ist dieses Universum grer als jeder andere Krper? ASKLEPIOS: Ja gewi.

6.HERMES: Und ist es nicht vollkommen erfllt, nmlich von vielen anderen groen Krpern, oder richtiger gesagt: von allen Krpern, die es gibt? ASKLEPIOS: So ist es.

7.HERMES: Das Universum ist also ein Krper. ASKLEPIOS: Ganz gewi.

8.HERMES: Und es ist ein Krper, der bewegt wird? ASKLEPIOS: Ja gewi.

9.HERMES: Wie gro und von welcher Art mu dann der Raum sein, in dem das Universum bewegt wird? Mu er nicht viel grer sein als das Universum, um diese immerwhrende Bewegung zu ermglichen, ohne da das Universum eingeklemmt und an seiner Bewegung gehindert wird? ASKLEPIOS: Der Raum mu wirklich auergewhnlich gro sein, Trismegistos.

10.HERMES: Und von welcher Art? Von entgegengesetzter Art, Asklepios. Und der Gegensatz zur Art des Krpers ist das Unkrperliche. ASKLEPIOS: Zweifellos.

11.HERMES: Dann ist der Raum also unkrperlich. Aber das Unkrperliche ist entweder von gttlicher Art, oder es ist Gott. (Mit gttlich meine ich hier nicht das Erschaffene, sondern das Unerschaffene). Wenn das Unkrperliche von gttlicher Art ist, dann ist es von der Art des Kernwesens der Schpfung; und wenn es Gott ist, dann ist es eins mit dem Kernwesen. Es ist brigens mit dem Denken so zu erfassen:

12.Gott ist fr uns das Hchste, worauf das Denken sich richten kann; fr uns, aber nicht fr Gott selbst. Denn der Gegenstand des Betrachtens wird fr den, der denkt, erreichbar durch das Licht der Einsicht. Gott ist also an und fr sich kein Gegenstand der Betrachtung, denn da Er selbst sich nicht von dem Wesen der Betrachtung unterscheidet, betrachtet Er sich selbst. Fr uns jedoch ist Gott wohl verschieden: Darum ist Er der Gegenstand unseres Denkens.

13.Wenn wir nun den universellen Raum in unserem Denken erwgen, denken wir diesen nicht als Raum, sondern als Gott; und wenn in unserem Denken der Raum als Gott erscheint, ist es kein Raum mehr in gewhnlichem Sinn des Wortes, sondern die wirksame Kraft Gottes, die alles umschlossen hlt.

14.Alles was bewegt wird, bewegt sich nicht in etwas, das selbst bewegt wird, sondern in etwas, das unbeweglich ist; und die bewegende Kraft selbst ist auch unbeweglich, da sie keinen Anteil an der Bewegung haben kann, die sie selbst erzeugt.

15.ASKLEPIOS: Aber, Trismegistos, auf welche Art werden denn die Dinge hier auf Erden mitbewegt mit denen, welche ihre Bewegung verursachen? Denn Du hast gesagt, da die versndigten Sphren mitbewegt werden von der Sphre der Sndelosen.

16.HERMES: Das ist, Asklepios, keine Mitbewegung, sondern eine Gegenbewegung. Denn diese Sphren werden nicht in derselben Richtung bewegt, sondern in entgegengesetzter Richtung. Dieser Gegensatz verschafft der Bewegung einen festen Gleichgewichtspunkt, weil die Reaktion der gegenstzlichen Bewegungen sich in diesem Punkt als Bewegungslosigkeit offenbart.

17.Da die versndigten Sphren in einer Richtung fortbewegt werden, welche jener der sndelosen Sphre entgegengesetzt ist, werden sie in dieser Gegenbewegung durch den stillstehenden Gleichgewichtspunkt um die Widerstand bietende Sphre herum bewegt.

18.Du siehst dort die Sternbilder des Groen und des Kleinen Bren, die nicht untergehen und nicht aufgehen, sich stets um denselben Punkt drehen. Was meinst Du, werden sie bewegt oder stehen sie still?

19.ASKLEPIOS: Sie werden bewegt, Trismegistos. HERMES: Und wie ist ihre Bewegung, Asklepios? ASKLEPIOS: Sie drehen sich fortwhrend um denselben Mittelpunkt.

20.HERMES: Richtig. Der Kreislauf ist also nichts anderes als die Bewegung um denselben Mittelpunkt herum, die von der Unbeweglichkeit des Mittelpunktes vollkommen beherrscht wird. Denn die Umdrehung verhindert die Abweichung, und indem sie die Abweichung verhindert, wird die Umdrehung bestndig erhalten. So steht auch die Gegenbewegung im Gleichgewichtspunkt still, weil sie durch die Widerstand bietende Bewegung statisch wird.

21.Ich werde dir ein gewohntes Beispiel geben, das Du mit deinen Augen auf seine Richtigkeit prfen kannst. Siehe sterbliche Wesen, wie zum Beispiel den Menschen, beim Schwimmen. Whrend das Wasser weiterstrmt, lt der Widerstand, die Gegenkraft der Fe und der Hnde, fr den Menschen einen stabilen Zustand entstehen, so da er nicht durch das Wasser nach unten gezogen wird.

22.ASKLEPIOS: Dieses Beispiel ist sehr deutlich, Trismegistos.

23.HERMES: So entsteht jede Bewegung in etwas und durch etwas, das selbst unbeweglich ist. Die Bewegung des Universums und jedes krperlichen lebenden Wesens entsteht also nicht durch Ursachen, die auerhalb des Krpers liegen, sondern durch Ursachen, die innerhalb des Krpers liegen, die von innen nach auen wirken durch eine bewute, vernnftige Kraft, sei es die Seele, der Geist oder irgendeine andere unkrperliche Wesenheit. Denn ein Stoffkrper ist nicht fhig, einen beseelten Krper zu bewegen, ja keinen einzigen Krper, auch keinen unbeseelten Krper.

24.ASKLEPIOS: Wie meinst Du das, Trismegistos? Sind Holz, Steine und andere unbeseelte Dinge keine Krper, die Bewegung erzeugen?

25.HERMES: Nein, gewi nicht, Asklepios. Denn nicht der Krper selbst verursacht die Bewegung des Unbeseelten, sondern das, was sich im Krper befindet, und das bewegt die beiden Krper, sowohl den Krper, der bewegt, als auch den Krper, der bewegt wird. Daher kann das Unbeseelte das Unbeseelte nicht bewegen. Du siehst also, wie schwer die Seele belastet ist, wenn sie allein zwei Krper tragen mu. Es ist also klar: Was bewegt wird, wird in etwas und durch etwas bewegt.

26.ASKLEPIOS: Mu Bewegung in einem leeren Raum entstehen, Trismegistos?

27.HERMES: Hr gut zu, Asklepios: Nichts von allem, was wirklich ist, ist leer; kein Teil des wirklich Seienden ist leer, wie das Wort sein, das ist bestehen, bereits aussagt. Denn was ist, htte keine Wirklichkeit, knnte nicht sein, wenn es nicht vollkommen von Wirklichkeit erfllt wre. Was wirklich ist, was wirklich besteht, kann deshalb niemals leer sein.

28.ASKLEPIOS: Gibt es denn keine leeren Dinge, Trismegistos, wie zum Beispiel einen Krug, einen Topf, eine Wanne und hnliche Dinge?

29.HERMES: Hr auf Asklepios, wie kannst Du dich nur so irren! Wie kannst Du etwas, das absolut voll und gefllt ist, leer nennen?

30.ASKLEPIOS: Wie meinst Du das, Trismegistos?

31.HERMES: Ist Luft kein Krper? Durchdringt dieser Krper nicht alles Bestehende? Und erfllt er nicht alles, was er durchdringt? Ist nicht jeder Krper zusammengesetzt aus den vier Elementen? Alle diese Dinge, die Du leer nennst, sind also mit Luft gefllt, und wenn sie mit Luft gefllt sind, sind sie es auch mit den vier Krpern der Elemente. Und so kommen wir zu dem Ergebnis, welches genau im Gegensatz zu deinen Worten steht: Alles, was Du voll nennst, ist von aller Luft entleert, weil deren Platz von anderen Krpern eingenommen wurde und deshalb kein Platz mehr da ist, um die Luft hineinzulassen. Und alles, was Du leer nennst, mu randvoll genannt werden und nicht leer, denn es ist wirklich erfllt von Luft und Atem.

32.ASKLEPIOS: Dagegen ist nichts zu sagen, Trismegistos. Aber was ist dann der Raum, in dem das Universum bewegt wird? HERMES: Er ist unkrperlich, Asklepios. ASKLEPIOS: Und was ist das Unkrperliche?

33.HERMES: Geist, vllig in sich selbst beschlossen, frei von jeder Krperlichkeit, ohne Irrtum, ohne Leiden, unberhrbar, unbeweglich in sich selbst, alles umfassend, alles errettend, befreiend, heilend; das, von dem das Gute, die Wahrheit, der Urtyp des Geistes und der Urtyp der Seele wie Strahlen ausgehen.

34.ASKLEPIOS: Aber was ist dann Gott?

35.HERMES: Er ist nichts von alledem, sondern die Ursache ihres Daseins und all dessen, was es gibt, auch die Ursache jedes Geschpfes im besonderen. Denn Er hat absolut keinen Raum gelassen fr das Nicht-Sein; alles was besteht, tritt ins Dasein aus dem, was ist und nicht aus dem, was nicht ist; denn dem Nicht-Sein mangelt das Vermgen des Werdens, whrend andererseits das Seiende niemals zu bestehen aufhrt.

36.ASKLEPIOS: Was sagst Du denn eigentlich, das Gott ist?

37.HERMES: Gott ist nicht die Vernunft, aber der Daseinsgrund derVernunft; Er ist nicht der Atem, sondern der Daseinsgrund des Atems; Er ist nicht das Licht, sondern der Daseinsgrund des Lichtes. Darum mu Gott mit den Namen Das Gute und Vater verehrt werden, Namen die nur Ihm und sonstniemandem zustehen. Denn keiner von denen, die Gtter genannt werden und keiner der Menschen und Dmonen kann auch nur in einer einzigen Hinsicht gut sein: nur Gott allein. Er allein ist gut und niemand sonst. Alle brigen knnen das Wesen des Guten nicht erfassen. Sie sind Krper und Seele, und ihnen mangelt der Raum, in dem dasGute wohnen knnte. Denn das Gute umfat das Wesentliche aller Geschpfe, sowohl der krperlichen als auch der unkrperlichen, sowohl der wahrnehmbaren als auch der zur Welt der abstrakten Gedanken gehrenden. Das ist das Gute, es ist Gott.

38.Nenne daher niemals etwas anderes gut, denn das ist gottlos. Und deute Gott niemals anders an als das Gute, denn auch das ist gottlos.

39.Alle gebrauchen zwar das Wort gut, aber nicht alle durchschauen, was es ist. Darum verstehen auch alle Gott nicht und nennen die Gtter und einige Menschen in Unwissenheit gut, obwohl sie es niemals sein knnen oder sein werden, da das Gute das vollkommen Unvernderliche Gottes ist und von Ihm nicht zu trennen, weil es eben Gott selbst ist.

40.Allen anderen Gttern wird, als Unsterblichen, durch den Namen Gott Ehre erwiesen. Aber Gott ist das Gute nicht aufgrund der Ehrerbietung sondern kraft seines Wesens. Das Wesen Gottes und des Guten sind eins: Sie bilden zusammen den einen Ursprung aller Geschlechter. Gut ist, wer alles gibt und nichts nimmt. Frwahr, Gott gibt alles und nimmt nichts. Darum ist Gott das Gute, und das Gute ist Gott.

41.Der andere Name Gottes ist: Vater, weil Er der Schpfer aller Dinge ist. Denn Erschaffen ist das Merkmal des Vaters.

42.Darum auch ist im Leben jener, deren Bewutsein recht gerichtet ist, das zur Geburt bringen des Sohnes eine Sache des grten Ernstes und Eifers und der tiefsten Anhnglichkeit an Gott, whrend es das grte Unglck und die grte Snde ist, wenn jemand ohne diese Kindschaft stirbt und nach dem Tod von den Dmonen gerichtet wird.

43.Dieses ist die Strafe: Die Seele dieses Kinderlosen wird verurteilt zur Annahme eines Krpers, der weder mnnlich noch weiblich ist, ein Urteil, das von der Sonne ausgeht. Nimm Anteil an der Freude, Asklepios, wenn niemand ohne die Kindschaft ist, aber umfasse mit deinem Mitleid jenen, der im Unglck ist, denn Du weit, welche Strafe ihn erwartet.

44.Mge das, was ich dir gesagt habe, Asklepios, dir nach Art und Umfang eine Einleitung zur Kenntnis ber das Wesen des Alls sein.

Hermes spricht zu Tat ber das Mischgef und die Einheit

1.HERMES: Betrachte den Ober-Baumeister, da Er die ganze Welt nicht mit den Hnden, sondern durch das Wort erschaffen hat, als die anwesende und stets unvernderliche Wirklichkeit, als den Schpfer aller Dinge, den Einen und Einzigen, der alles, was ist, nach seinem Willen erschaffen hat.

2.Denn dieses ist wahrlich sein Krper, der unberhrbar, unsichtbar, unmebar, unteilbar und mit keinem an-deren Krper zu vergleichen ist. Denn Er ist weder Feuer noch Wasser noch Luft noch Atem, sondern diese und alle anderen Dinge sind aus Ihm und durch Ihn.

3.Da Er das Gute ist, wollte Er diese Opfergabe nicht sich allein weihen und die Erde nicht fr sich allein schmkken; sondern hat als Zierde dieses gttlichen Krpers den Menschen hinabgesandt, ein sterbliches Geschpf eines unsterblichen Wesens. Und so wie die Erde ihre Geschpfe durch das ewige Leben bertrifft, so bertrifft der Mensch die Geschpfe der Erde durch den Verstand und den Geist.

4.Denn der Mensch besann sich auf Gottes Werke, staunte darber und lernte daraus den Schpfer erkennen. Gott hat also, Tat, den Verstand allen Menschen zugeteilt, nicht aber den Geist; nicht aus Migunst gegen wen auch immer, denn Migunst kommt nicht aus der Hhe, sie entsteht nur hier unten in den Seelen derer, die den Geist nicht besitzen.

5.TAT: Warum, o Vater, hat Gott den Geist nicht allen Menschen zugeteilt?

6.HERMES: Er hat gewollt, mein Sohn, da die Geistbindung von allen Seelen erreicht werden kann, jedoch als Preis fr den Wettlauf.

7.TAT: Und wo hat Er diesen dann ausgesetzt?

8.HERMES: Er hat ein groes, mit den Krften des Geistes geflltes Mischgef herabgesandt und einen Botschafter beauftragt, den Herzen der Menschen zu verknden: Taucht hinein in dieses Mischgef, ihr Seelen, die ihr es vermgt; ihr, die glaubt und darauf vertraut, da ihr aufsteigen werdet zu Ihm, der dieses Mischgef herabgesandt hat; ihr, die wit, zu welchem Ziel ihr erschaffen wurdet.

9.Soviele dieser Verkndigung Gehr schenkten und durch Untertauchen in den Krften des Geistes gereinigt wurden, haben Anteil erhalten an der Gnosis, der lebenden Kenntnis Gottes, und wurden, als sie den Geist empfangen hatten, vollkommene Menschen.

10.Alle jedoch, die gegen die Verkndigung sndigten, indem sie ihr kein Gehr schenkten, blieben an den Grenzen des Verstandes stehen, weil sie die Krfte des Geistes nicht empfangen haben und nicht wissen, zu welchem Zweck sie erschaffen wurden und von wem.

11.Die von den Sinnen abhngigen Wahrnehmungen dieser Menschen gleichen nahezu denen der unvernnftigen Tiere; und da ihr Charakter eine Mischung aus Leidenschaft und Trieb ist und sie keine Bewunderung fr das besitzen, was des berdenkens und der Besinnung wert ist, widmen sie sich den Lsten und Begierden des Krpers und meinen, da der Mensch dazu ins Dasein gerufen wurde.

12.Alle aber, die an Gottes Gaben Anteil erhielten, sind, wie alle ihre Werke zeigen, keine Sterblichen mehr, sondern gttliche Menschen, die alles, was auf der Erde und im Himmel und vielleicht ber dem Himmel ist, mit der Geist-Seele umfassen.

13.Alle, die sich so erhhen, haben, indem sie das Gute betrachten, durch diese Betrachtung den Aufenthalt hier auf Erden als Trbsal erkennen gelernt. Alle krperlichen und unkrperlichen Dinge fr verwerflich haltend, eilen sie voller Eifer zum Einen und Einzigen.

14.Dieses, o Tat: Das Offenbarwerden der Geist-Seele, das Gestaltannehmen der gttlichen Dinge und die Betrachtung Gottes, sind die Gaben des gttlichen Mischgefes.

15.TAT: Auch ich will das Untertauchen darin erfahren, o Vater.

16.HERMES: Wenn du nicht zuerst deinen Krper hat, mein Sohn, kannst du dein wahres Selbst nicht lieben. Aber wenn du dein wahres Selbst liebst, wirst du die Geist-Seele besitzen; und wenn du einmal die Geist-Seele besitzen wirst, hast du auch an ihrer lebendigen Kenntnis teil.

17.TAT: Was meinst Du damit, Vater?

18.HERMES: Es ist unmglich, mein Sohn, gleichzeitig den stofflichen und den gttlichen Dingen anzuhngen. Denn da es zwei Daseinszustnde gibt, nmlich das Krperliche und das Unkrperliche, das Sterbliche und das Gttliche, mut du zwischen beiden wohlberlegt whlen; denn man kann nicht beiden gleichzeitig anhngen. Sobald die Wahl getroffen ist, beweist das Wenigerwerden dessen, was abgewiesen wurde, sich in der wirksamen Kraft dessen, was erwhlt wurde.

19.So zeigt also die gute Wahl ihre Glorie nicht nur durch die Vergttlichung des Menschen, der sie traf, sondern sie beweist auch seine Anhnglichkeit und Hingabe an Gott.

20.Die schlechte Wahl dagegen fhrt zum Untergang des Menschen; und ist auerdem eine Snde Gott gegenber. Ebenso wie sich die Menschen bei Umzgen mitten auf dem Weg fortbewegen und selbst zwar nichts tun, aber doch die anderen beim Gehen behindern, so tun auch solche Menschen nichts anderes, als auf die gleiche Art durch die Welt zu ziehen, getrieben von ihren krperlichen Begierden.

21.Darum, o Tat, standen die Gaben, die von Gott sind, stets zu unserer Verfgung und werden es auch immer bleiben. An uns ist es, dafr zu sorgen, da das, was von uns ausgeht, damit bereinstimmt und nicht dabei zurcksteht. Denn nicht Gott ist die Ursache unserer Bosheiten, sondern wir selbst sind es, die sie dem Guten vorziehen.

22.Siehst du ein, mein Sohn, wieviele krperliche Zustnde, Dmonenscharen, Schleier der Materie und Sternengnge wir bei unserem beschwerlichen Aufgang zu dem Einen und Einzigen durchschreiten mssen? Denn das Gute ist nicht wie an einer leicht durchwatbaren Stelle zu erreichen. Es ist grenzenlos und ohne Ende und hat selbst keinen Beginn, auch wenn es uns so scheinen mag, als htte das Gute seinen Beginn in der Gnosis, der All-Erkenntnis Gottes.

23.Die Gnosis ist denn auch nicht der Beginn des Guten, sondern sie schenkt uns den Beginn dessen, was wir vom Guten kennenlernen sollen.

24.La uns dann diesen Beginn erfassen und schleunigst unsere Durchreise vollbringen durch alles, was unser wartet; denn schwer ist es wahrlich, das so Vertraute und alles, was man hat, zu verlassen, um zu den uralten und ersten Dingen zurckzukehren. Denn was sichtbar ist, schenkt Freude, das Unsichtbare weckt jedoch Unglauben und Zweifel. Fr das gewhnliche Auge ist das Bse wohlbekannt und offenbar, das Gute dagegen unsichtbar. Es hat weder Form noch Gestalt. Es ist unvernderlich sich selbst gleich und deshalb allem brigen ungleich. Darum ist das Unkrperliche unsichtbar fr den krperlichen Menschen.

25.Daher ist das, was sich selbst gleichbleibt, das Unvernderliche, vortrefflicher als das Vernderliche; und das Vernderliche arm im Vergleich zum Unvernderlichen.

26.Die Einheit, das Eine und Unteilbare, der Ursprung und die Wurzel aller Dinge, ist in allen Dingen enthalten. Es gibt nichts ohne Ursprung. Der Ursprung jedoch, als Ausgangspunkt alles brigen, findet seinen Ursprung nur in sich selbst.

27.Die Zahl Eins als Ursprung schliet alle anderen Zahlen in sich ein, ohne selbst von einer einzigen von ihnen umschlossen zu werden. Sie bringt alle Zahlen hervor, ohne selbst durch irgendeine andere Zahl hervorgebracht zu werden.

28.Alles, was hervorgebracht wird, ist unvollkommen und teilbar, kann vermehrt oder vermindert werden. Das Vollkommene jedoch ist nichts von diesem.

29.Da das, was sich vermehren kann, seine Vermehrung der Einheit entlehnt, geht es, sobald es der Einheit keinen Platz mehr bieten kann, an seiner eigenen Schwche zugrunde.

30.So habe ich denn, o Tat, soweit es mglich ist, ein Bild Gottes als Beispiel gegeben. Wenn du dich innerlich sorgfltig darin vertiefst und es mit den Augen deines Herzens beharrlich betrachtest, wirst du, glaube es mir, mein Sohn, den Weg zum Himmel finden; oder noch richtiger: Das Bild Gottes selbst wird dich auf diesen Weg fhren. Die innerliche Ausrichtung auf dieses Bild hat zur Folge, da sie jene, die mit einer solchen Hinwendung einmal begonnen haben, in ihrer Macht gefangenhlt und sie zu sich nach oben zieht wie ein Magnet das Eisen.

Hermes an seinen Sohn Tat: Der unsichtbare Gott ist der am meisten geoffenbarte

1.Ich werde dir, o Tat, auch die Bedeutung des Folgenden ausfhrlich erklren, damit deine Augen geffnet werden fr die Mysterien Gottes, der ber alle Namen erhaben ist. Erkenne in innerlicher Betrachtung, da Er, der fr die groe Masse unsichtbar zu sein scheint, fr dich am meisten geoffenbart werden wird.

2.Denn Er wre nicht wirklich, wenn Er nicht unsichtbar wre. Denn alles, was sichtbar ist, ist einmal geworden, ist einmal zur Offenbarung gekommen.

3.Das nicht Wahrnehmbare jedoch besteht in aller Ewigkeit, es hat keine Offenbarung: Es ist ewig und macht alle anderen Dinge offenbar.

4.Es macht alles offenbar, ohne selbst geoffenbart zu werden; es gebiert, ohne selbst geboren zu sein. Es zeigt sich in keiner einzigen wahrnehmbaren Form, sondern schenkt allen Dingen eine wahrnehmbare Form.

5.Nur das Geschaffene besitzt eine wahrnehmbare Erscheinung. Denn Geburt, Werden, ist nichts anderes als in das Sichtbare treten.

6.Der Eine ohne Geburt ist daher sowohl ohne wahrnehmbare Erscheinung als auch unsichtbar; aber da Er allen Dingen Form gibt, wird Er durch alles und in allem sichtbar, und das am meisten fr die, denen Er sich offenbaren will.

7.Darum, mein Sohn Tat, bitte vor allem den Herrn, den Vater, den Einzigen, der nicht der Eine, sondern der Ursprung des Einen ist, es gndig so zu fgen, da du diesen Gott, der so unsagbar gro ist, schauen darfst, und lt Er auch nur einen seiner Strahlen ber deinem Bewutsein leuchten.

8.Denn nur das Seelenbewutsein sieht das Unsichtbare, weil es selbst unsichtbar ist.

9.Wenn du es kannst, o Tat, wird Er den Augen deiner Geistseele sichtbar werden, denn in freigebiger Flle zeigt der Herr sich im ganzen Universum.

10.Bist du imstande, dein Seelenbewutsein zu sehen und es mit Hnden zu greifen und das Bild Gottes bewundernd zu betrachten? Wenn sogar das, was in dir ist, fr dich unsichtbar ist, wie kann dann Gott selbst fr deine stofflichen Augen in dir sichtbar werden?

11.Wenn du Ihn sehen willst, besinne dich dann auf die Sonne, auf den Umlauf des Mondes, auf den gesetzmigen Gang der Sterne.

12.Wer behtet ihre Ordnung? Denn jede Ordnung wird genau durch Zahl und Ort bestimmt.

13.Die Sonne, die grte der Gtter des Firmamentes, vor der alle himmlischen Gtter ehrfrchtig Platz machen wie vor ihrem Knig und Herrscher, diese unsagbar Groe, grer als die Erde und das Meer, gestattet, da kleinere Sterne sich ber ihr bewegen. Aus Ehrerbietung oder aus Furcht, vor wem, mein Sohn?

14.Beschreibt nicht jeder dieser Sterne einen gleichartigen oder gleichen Weg im Firmament? Wer hat fr jeden von ihnen die Art und Gre seiner Bahn bestimmt?

15.Sieh den Groen Bren, der sich um seine eigene Achse dreht und das ganze Firmament in seine Umdrehung einbezieht. Wer ist der Besitzer dieses Werkzeuges? Wer hat dem Meer seine Grenzen gesetzt? Wer hat der Erde ihr Fundament gegeben?

16.Es ist, o Tat, der Schpfer und der Herr des Alls. Kein Ort, weder Zahl noch Ma als Ausdruck der kosmischen Ordnung wre mglich ohne Ihn, der sie geschaffen hat. Jede Ordnung ist das Resultat einer schpferischen Wirksamkeit. Nur das Ordnungslose und Malose beweist dessen Abwesenheit.

17.Aber sogar diese sind nicht ohne Herr, mein Sohn. Dennobwohl dem Ungeordneten das Wesen der Ordnung mangelt, so ist es trotzdem Ihm unterworfen, der ihm noch nicht seine Ordnung gegeben hat.

18.O, mge es dir gegeben sein, dich mit Flgeln in die Luft zu erheben und dort, zwischen Himmel und Erde, den festen Krper der Erde zu erblicken und das ausgedehnte Wogen des Meeres, das Strmen der Flsse, die freie Bewegung der Luft, die Heftigkeit des Feuers, den Lauf der Sterne, die Schnelligkeit des Firmaments und den um dieses alles kreisenden Gang des Universums.

19.Wie gnadenvoll, mein Sohn, ist diese Anschauung, wenn man alle diese Dinge innerlich wie einen Blitz wahrnimmt: wie das Unbewegliche in Bewegung gebracht wird und der Unsichtbare offenbar wird in den Werken und durch die Werke, die Er erschafft. So also ist die Ordnung der Schpfung, und die Schpfung ist der Lobgesang dieser Ordnung.

20.Wenn du Gott auch wahrnehmen willst in den sterblichen Wesen, die auf der Erde und in der Tiefe sind, berdenke dann, mein Sohn, wie der Mensch im Mutterscho aufgebaut wird; berlege sorgfltig die Kunstfertigkeit dieses Werdens und lerne, wer der Bauherr dieses schnen und gttlichen Menschenbildnisses ist.

21.Wer hat die Kugelform der Augen modelliert? Wer hat die ffnungen der Nasenlcher und der Ohren gebohrt? Wer hat den Mund geffnet? Wer hat das Netzwerk der Muskeln und Nerven gespannt und im Krper befestigt? Wer hat das Kanalsystem der Adern gelegt? Wer hat dem Skelett Festigkeit gegeben? Wer hat das Fleisch mit Haut berzogen? Wer hat die Finger getrennt? Wer hat die Sohlen der Fe verbreitert? Wer hat die Ausgangswege durch den Krper gegraben? Wer hat die Milz an ihren Platz gesetzt? Wer hat dem Herzen seine Pyramidenform gegeben? Wer hat die Leber erweitert? Wer hat die Lungenkammern pors gemacht? Wer hat der Bauchhhle ihren Raum verliehen? Wer hat die am meisten geschtzten Teile ins Sichtbare verwiesen und die nicht geschtzten ins Verborgene?

22.Sieh, wieviel Kunstfertigkeit und wieviel verschiedene Arbeitsweisen fr eine einzige Materie angewandt wur-den, wieviel Kunstwerke in einem Werkstck zusammengebracht sind, alle malos schn, alle vollkommen in den Abmessungen, alle untereinander verschieden.

23.Wer hat alle diese Dinge erschaffen? Welche andere Mutter, welcher andere Vater als der unsichtbare Gott, der das alles nach seinem Willen erschaffen hat?

24.Niemand behauptet, da ein Denkmal oder Gemlde ohne Bildhauer oder Maler entstehen kann. Sollte dann diese Schpfung ohne Schpfer ins Dasein gerufen sein? O hchste Verblendung, o absolute Gottverlassenheit, o Tiefpunkt der Verschlossenheit.

25.Mache auch, o Tat, mein Sohn, dem Schpfer die Werke seiner Hnde niemals streitig. Besser und strker noch als aus dem Namen Gott spricht seine Gre aus der Bezeichnung: Vater aller Dinge. Allein Ihm gebhrt es, Vater zu sein; ja, dieses ist in Wahrheit seine offenbarende Tat.

26.Und wenn du mich ntigst, etwas noch Khneres zu sagen: Sein Wesen ist es, alle Dinge zu befruchten und hervorzubringen. So wie ohne Schpfer nichts ins Dasein kommen kann, so wre der Schpfer nicht der Ewige, wenn Er nicht ewiglich schfe: im Himmel, in der Luft, auf der Erde, in der Tiefe, in allen Teilen des Universums, im ganzen All, in allem, was ist und in allem, was nicht ist.

27.Denn es gibt nichts im ganzen All, das Er nicht ist. Er ist sowohl das, was ist, als auch das, was nicht ist. Alles, was ist, hat Er geoffenbart und alles, was nicht ist, hlt Er in sich beschlossen.

28.Er, Gott, ist ber alle Namen erhaben; Er, der Unsichtbare, der doch am meisten geoffenbart ist; Er, der von der Geistseele erblickt wird, aber auch fr die Augen wahrnehmbar ist; Er, der Unkrperliche, der viele, ja alle Krper hat. Es gibt nichts, was Er nicht ist: Denn alles, was ist, ist Er. Darum auch hat Er alle Namen, weil sie aus dem einen Vater sind. Darum auch hat Er berhaupt keinen Namen, weil Er der Vater des Alls ist.

29.Wer knnte Dich zu hoch oder Deiner Wrde entsprechend loben? Wohin soll mein Auge sich richten fr Dein Lob? Nach oben, nach unten, nach innen oder nach auen? Es gibt keinen Weg, keinen Ort, kein einziges Geschpf auerhalb von Dir; alles ist in Dir, alles ist aus Dir. Du gibst alles, und Du nimmst nichts, denn Du besitzest alles, und es gibt nichts, was Dir nicht gehrt.

30.Wann soll ich Dein Lob singen? Denn es ist unmglich, Deine Stunde und Deine Zeit zu erfassen.

31.Und warum sollte ich Dein Lob singen? Fr das, was Du geschaffen oder fr das, was Du nicht geschaffen hast? Fr das, was Du offenbart hast, oder fr das, was Du verborgen gehalten hast?

32.Und womit soll ich Dein Lob singen? Als ob irgend etwas mir gehrte! Als ob ich etwas Eigenes bese! Als ob ich etwas anderes wre als Du!

33.Denn Du bist alles, was ich nur sein kann. Du bist alles, was ich nur tun kann. Du bist alles, was ich nur sagen kann. Du bist alles, es ist nichts auer Dir.

34.Sogar das, was nicht besteht, bist Du. Du bist alles, was geworden ist und alles, was nicht geworden ist. Du bist Geist, wenn Du von der Geistseele erblickt wirst; Vater, wenn Du dem Weltall Gestalt gibst; Gott, wenn Du Dich als aktive, universelle Kraft offenbarst; der Gute, weil Du alle Dinge erschaffen hast.

35.Das Feinste der Materie ist Luft. Das Feinste der Luft ist die Seele. Das Feinste der Seele ist der Geist. Das Feinste des Geistes ist Gott.

Nichts von dem, was wirklich besteht, geht verloren, aber die Vernderungen nennt man irrtmlich Vernichtung und Tod

1.HERMES: La uns nun, mein Sohn, hinsichtlich der Seele und des Krpers besprechen, auf welche Weise die Seele unsterblich ist und von welcher Art die Kraft des Zusammenhangs und der Entbindung des Krpers.

2.Der Tod hat mit diesen Dingen nichts zu tun. Tod, Sterblichkeit sind nur Begriffe, vom Wort Unsterblichkeit abgeleitet, sei es als Erdichtung, sei es dadurch, da man die erste Silbe wegfallen lie und nun von Sterblichkeit spricht.

3.Tod ist Vernichtung; aber nichts von allem, was in der Welt ist, wird vernichtet. Denn die Welt ist der zweite Gott und ein unsterbliches Wesen, daher ist es ausgeschlossen, da ein einziges Teil dieses unsterblichen Wesens vergehen knnte; alles in der Welt ist ein Teil der Welt, vor allem der Mensch, das mit Verstand begabte Wesen.

4.Vor und ber allem ist Gott: der Ewige, der Unerschaffene, der Schpfer aller Dinge. Das Zweite, die Welt, wurde von Ihm nach seinem Ebenbild erschaffen, wird von Ihm erhalten und genhrt und ist mit Unsterblichkeit begabt, da sie, von einem ewigen Vater gezeugt, als unsterbliches Wesen Ewigkeitsleben besitzt.

5.Ewigkeitsleben mu gut unterschieden werden von dem, was ewig ist. Denn der Ewige ist nicht aus irgendeinem anderen Wesen hervorgegangen. Und sollte Er geworden sein, so wre Er es durch sich selbst. Jedoch Er ist niemals geworden, sondern erzeugt sich selbst in ewigem Werden. So lebt das All ewig aus dem Ewigen, aber der Vater ist ewig aus sich selbst: die Welt lebt also ewig und ist gttlich durch den Vater.

6.Aus aller Materie, die Er dazu bestimmt hatte, formte der Vater den Krper der Welt; Er gab ihm eine kugelfrmige Gestalt, bestimmte die Eigenschaften, die ihn schmcken sollten und schenkte ihm, da die Materie gttlich war, ewige Stofflichkeit.

7.Nachdem der Vater die Eigenschaften der Arten in die Kugel eingestrahlt hatte, verschlo Er sie darin wie in einer Grotte, da Er seine Schpfung mit allen Eigenschaften schmcken wollte.

8.Er umgab den gesamten Krper der Welt mit Unsterblichkeit, damit die Materie nicht zu dem ihr eigenen Chaos zurckkehren knnte, falls sie sich von der verbindenden Kraft des Krpers lsen sollte.

9.Als die Materie noch nicht zu einem Krper geformt war, mein Sohn, war sie ungeordnet. Sie beweist das sogar hier noch durch das Vermgen zu- und abzunehmen, welches die Menschen den Tod nennen.

10.Dieses Ungeordnete, diese Rckkehr zum Chaos, zeigt sich nur bei irdischen Geschpfen. Die Krper der himmlischen Wesen behalten die Ordnung, die ihnen vom Anbeginn vom Vater geschenkt wurde. Diese Ordnung wird unzerstrbar bewahrt durch die Rckkehr aller in den Zustand der Vollkommenheit.

11.Die Rckkehr der irdischen Krper zu ihrem frheren Zustand besteht in der Auflsung der verbindenden Kraft, die zu den auflsbaren Krpern, das heit zu den unsterblichen Krpern zurckkehrt. So vergeht zwar das Bewutsein der Sinne, aber der Krper wird nicht vernichtet.

12.Das dritte lebende Wesen ist der Mensch, der nach dem Bild der Welt erschaffen wurde und nach dem Willen des Vaters im Gegensatz zu den anderen irdischen Tieren den Verstand besitzt. Er ist nicht nur innig mit dem zweiten Gott verbunden, sondern er nhert sich in innerlicher Betrachtung auch dem Wesen des ersten Gottes. Den zweiten Gott nimmt er mit den Sinnesorganen krperlich wahr, whrend seine Einsicht ihn den ersten Gott als unkrperlich, als Geist, als das Gute erkennen lt.

13.TAT: Wird dieses lebende Wesen also nicht vernichtet?

14.HERMES: Sprich frohe, jauchzende Worte, mein Sohn, und begreife, was Gott ist, was die Welt ist, was ein unsterbliches Wesen ist und was ein Wesen ist, das der Auflsung unterworfen ist. Erkenne, da die Welt aus Gott geboren, in Gott ist; da der Mensch aus der Welt geboren, in der Welt ist; und da Gott, der Ursprung des Alls, alles in sich beschlossen hlt und bewahrt.

Das Gute ist allein in Gott und sonst nirgends

1.Das Gute, Asklepios, ist ausschlielich in Gott, oder richtiger: Gott ist das Gute in aller Ewigkeit. Daher ist das Gute notwendig Grund und Wesen aller Bewegung und allen Werdens: es gibt nichts ohne das Gute! Das Gute ist, von einer statischen Offenbarungskraft umgeben, in vollkommenem Gleichgewicht: es ist die ganze Flle, der Quell des Alls, der Ursprung aller Dinge. Wenn ich das, was alles erfllt, gut nenne, meine ich das Gute, welches absolut und ewig ist.

2.Es ist ausschlielich eine Eigenschaft Gottes, da es nichts gibt, das Ihm mangelt, so da Er durch keine Begierde nach Besitz schlecht werden knnte. Es gibt nichts, das Er verlieren und dessen Verlust Ihn schmerzen knnte, denn Leid und Schmerz sind Teil des Bsen. Es gibt nichts, das strker ist als Er und gegen Ihn kmpfen knnte, und es entspricht ebensowenig seinem Wesen, da Ihm Schmach angetan werden knnte. Nichts bertrifft Ihn an Schnheit, was seine Sinne in Liebe entflammen knnte. Nichts kann Ihm den Gehorsam verweigern, so da Er in Zorn entbrennen wrde. Es gibt nichts, das weiser wre als Er und seine Eifersucht erwecken knnte.

3.Da also keine dieser Gemtsbewegungen in dem Allwesen gefunden wird, gibt es in Ihm nichts als das Gute. Und ebenso wie keine der anderen Eigenschaften in einem solchen Wesen sein kann, ebenso ist das Gute in keinem anderen zu finden.

4.Alle brigen Eigenschaften kommen in allen Wesen vor, sowohl in den kleinen als auch in den groen, in jedem von ihnen auf ihre eigene Art; sogar in der Welt, dem grten und mchtigsten des geoffenbarten Lebens. Denn alles Geschaffene ist erfllt von Leiden** Pathos: Leiden, Schmerz, auch das Leiden der Seele und Leidenschaft; alle Gemtsbewegungen sind in diesem Begriff enthalten., da die Hervorbringung selbst Leiden ist. Wo Leiden ist, ist das Gute bestimmt nicht. Wo das Gute ist, gibt es bestimmt kein Leiden. Wo Tag ist, ist keine Nacht, und wo Nacht ist, ist kein Tag. Darum kann das Gute nicht im Erschaffenen wohnen, sondern nur im Unerschaffenen. Da aber die Materie aller Dinge am Unerschaffenen teilhat, hat sie auch teil am Guten. In diesem Sinn ist die Welt gut; weil auch sie alle Dinge hervorbringt, ist sie in gewissem Sinne gut. Aber in allen anderen Hinsichten ist sie nicht gut. Auch sie ist Leiden unterworfen, vernderlich und die Mutter von Geschpfen, die dem Leiden unterworfen sind.

5.Die Menschen stellen Gtenormen auf durch Vergleich mit dem Bsen. Das nicht allzu groe Bse gilt hier als gut, und was hier gut beurteilt wird, ist der kleinste Teil des Bsen. Das Gute kann also unmglich frei sein vom Schmutz des Bsen. Das Gute wird hier vom Bsen ergriffen und hrt damit auf, gut zu sein. So verdirbt das Gute und wird bse. Folglich ist das Gute allein in Gott, ja, Gott ist das Gute.

6. Bei den Menschen, Asklepios, findet man das Gute lediglich dem Namen nach, aber nirgends als Wirklichkeit. Das ist auch unmglich, da das Gute keinen Platz in einem materiellen Krper finden kann, der fast erstickt an Plagen und mhevollen Anstrengungen, Schmerzen und Begierden, Trieben und Tuschungen und Vorstellungen der Sinne.

7. Das Schlimmste aber ist, Asklepios, da all das, wozu die Dinge, die ich nannte, die Menschen treiben, hier als das hchste Gute angesehen wird und nicht als auergewhnlich bse. Der Begierdentrieb des Bauches, der Anstifter zu allen Bosheiten, ist der Irrtum, der uns hier vom Guten fernhlt.

8. Darum danke ich Gott fr das, was Er meinem Bewutsein offenbart hat an Kenntnis ber das Gute, das in der Welt nicht zu finden ist. Die Welt ist erfllt von einer Flle des Bsen, so wie Gott erfllt ist von einer Flle des Guten oder das Gute mit der Flle Gottes.

9. Aus dem gttlichen Wesen strahlt die Schnheit, die in dem Wesen Gottes frwahr in hchster Reinheit und Makellosigkeit wohnt. Wir wollen es auszusprechen wagen, Asklepios: das Wesen Gottes, soweit man davon sprechen darf, ist das Schne und das Gute.

10.Das Schne und das Gute sind nicht zu finden in jenen, die in der Welt sind. Alle Dinge, die fr das Auge wahrnehmbar sind, sind Schein und gleichen Schattenbildern. Aber alles, was ber die Sinnesorgane hinausgeht, nhert sich dem Wesen des Schnen und des Guten. Und ebensowenig wie das Auge Gott anzuschauen vermag, kann es das Schne und Gute anschauen. Beide sind in Vollkommenheit Teile Gottes, Ihm und Ihm allein eigen, untrennbar von seinem Wesen und Ausdruck der hchsten Liebe Gottes und zu Gott.

11.Wenn du Gott erkennen kannst, wirst du auch das Schne und das Gute in ihrer hchsten Strahlungsherrlichkeit erkennen, ganz aus Gott erleuchtet. Die Schnheit ist unvergleichlich, die Gte unnachahmlich, ebenso wie Gott selbst. In dem Ma, wie du Gott erkennst, erkennst du auch das Schne und das Gute. Sie knnen anderen Wesen nicht bertragen werden, weil sie von Gott untrennbar sind.

12.Wenn du Gott suchst, suchst du auch das Schne, da es nur einen Weg gibt, der von hier zum Schnen fhrt: ein Gott dienendes Tatleben an der Hand der Gnosis.

13.Daher knnen jene, die ohne Gnosis sind und nicht auf dem Pfad der Gottesfurcht wandeln, es wagen, den Menschen schn und gut zu nennen, ihn, der nicht einmal in seinen Trumen gesehen hat, was das Gute ist, von vielen Formen des Bsen ergriffen ist, das Bse als Gutes betrachtet und so das Bse zu sich nimmt, ohne jemals davon gesttigt zu werden. Er frchtet, seiner beraubt zu werden, und kmpft mit aller Macht dafr, um es nicht nur festzuhalten, sondern es sogar zu vermehren.

14.So, Asklepios, ist es mit der menschlichen Gte und der menschlichen Schnheit b