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302 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 242. 1939 Die kafalytische Hfhylenhydrierung an Kupter-Nickel-Legierungen [Katalytische Untersuchungen an Legierungen. V. ')I Ton G. RIENACKER und E. A. BOMMER Mit 3 Abbildungen im Text I n einer Reihe von MitteiIungen wurde iiber Untersuchungen der Katalyse an Modell-Mischkatalysatoren berichtet, als solche Modelle wurden Legierungen benutzt. An versehiedenen Beispielen konnte gezeigt werden, daB die katalytischen Eigenschaften von Misch- kontakten aus zwei Jiickenlos mischbaren Komponenten keineswegs der Additivitait entsprechen. Der Gang der Aktivierungsenergien des AmeisensBuredampfzerfalls an Cu-Pd-Legierungen2) zeigte z. B., daB der sehr kleine Wert des Palladiums schon durch geringe Kupfer- zusatze stark erhoht, also verschlechtert wird, was in gewisser Analogie zu dem magnetischen Verhalten dieser Legierungen steht. Deswegen schien es von Interesse, weitere Untersuchungen der Katalyse an Mischkristallen des diamagnetischen Kupfers mit einem paramagne- tlischen Metal1 der 8. Gruppe vorzunehmen. In dieser Mitteilung wird uber Messungen der Athylenhydrierung an Kupfer-Nickel-Legierungen berichtet . Das katalytische Verhalten von einigen Kupfer-Nickel-Le- gierungen wurde schon ofter beschrieben, vor alIem im Hinblick auf die Auswirkung der magnetischen Umwandlung (Curiepunkt) auf die katalytische Wirksamkeit3). Unsere MeBtemperaturen bewegten sich jedoch stets oberhalb der Temperatur der magnetischen Urn- wandlung. 1) 4. Mitteilung: G. RIENACKER u. E. A. BOMMER, Z. anorg. allg. Chem. 236 (193S), 263 (Hydrierung des Athylens an Kupfer-Silber-Eegierungen). 2) G. RIEN~CPER, G. WESSING u. G. TRAUTMANN, Z. anorg. allg. Chem. 236 (I93S), 252. ) Vgl. vor allem Arbeiten von J. A. HEDVALL und Mitarbeitern, z. B. 2. Elektrochem. angew. physik. Chem. 41 (1935), 445; SH. -4OYAMA, J. MATSUZATVA u. T. TAKAH-~GHI, Sci. Pap. Inst. physic. chem. Res. Tokio 34 (1938), 957.

Die Katalytische Äthylenhydrierung an Kupfer–Nickel-Legierungen. [Katalytische Untersuchungen an Legierungen. V.]

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302 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 242. 1939

Die kafalytische Hfhylenhydrierung an Kupter-Nickel-Legierungen

[Katalytische Untersuchungen an Legierungen. V. ')I Ton G. RIENACKER und E. A. BOMMER

Mit 3 Abbildungen im Text

In einer Reihe von MitteiIungen wurde iiber Untersuchungen der Katalyse an Modell-Mischkatalysatoren berichtet, als solche Modelle wurden Legierungen benutzt. An versehiedenen Beispielen konnte gezeigt werden, daB die katalytischen Eigenschaften von Misch- kontakten aus zwei Jiickenlos mischbaren Komponenten keineswegs der Additivitait entsprechen. Der Gang der Aktivierungsenergien des AmeisensBuredampfzerfalls an Cu-Pd-Legierungen2) zeigte z. B., daB der sehr kleine Wert des Palladiums schon durch geringe Kupfer- zusatze stark erhoht, also verschlechtert wird, was in gewisser Analogie zu dem magnetischen Verhalten dieser Legierungen steht. Deswegen schien es von Interesse, weitere Untersuchungen der Katalyse an Mischkristallen des diamagnetischen Kupfers mit einem paramagne- tlischen Metal1 der 8. Gruppe vorzunehmen. In dieser Mitteilung wird uber Messungen der Athylenhydrierung an Kupfer-Nickel-Legierungen berichtet .

Das katalytische Verhalten von einigen Kupfer-Nickel-Le- gierungen wurde schon ofter beschrieben, vor alIem im Hinblick auf die Auswirkung der magnetischen Umwandlung (Curiepunkt) auf die katalytische Wirksamkeit3). Unsere MeBtemperaturen bewegten sich jedoch stets oberhalb der Temperatur der magnetischen Urn- wandlung.

1) 4. Mitteilung: G. RIENACKER u. E. A. BOMMER, Z. anorg. allg. Chem. 236 (193S), 263 (Hydrierung des Athylens an Kupfer-Silber-Eegierungen).

2) G. RIEN~CPER, G. WESSING u. G. TRAUTMANN, Z. anorg. allg. Chem. 236 (I93S), 252.

) Vgl. vor allem Arbeiten von J. A. HEDVALL und Mitarbeitern, z. B. 2. Elektrochem. angew. physik. Chem. 41 (1935), 445; SH. -4OYAMA, J. MATSUZATVA u. T. TAKAH-~GHI, Sci. Pap. Inst. physic. chem. Res. Tokio 34 (1938), 957.

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G. Rieniicker u. E. A. Bommer. Die katalytische Athylenhydrierung usw. 303

1 . Katalysatoren und Mefimethodik Die Komponenten Nickel und Kupfer bilden eine ununterbrochene

Reihe von Mischkristallen. Die Schmelzpunkte steigen gleichmtiBig von dem des Kupfers (1083O) zu dem des Nickels (1452O) an.

Als Katalysatoren verwandten wir die Legierungen in kompakter Form (als Blech), um ausmeBbare und vergleichbare Oberflachen zu haben. Wir verdanken die Legierungen dem freundlichen Entgegen- kommen der Firma G. Rau in Pforzheim. Als Nickel wurde von der Firma Rau Mondnickel verwandt und als Kupfer umgegossenes Elektrolytkupfer, die zusammengeschmolzen und ausgewalzt wurden ; zur Erleichterung des Schmelzens und GieBens diente ein Zusatz geringer Mengeri von 500/&gem Mangan-Kupfer. Vor ihrer Ver- wendung wurden die Legierungen genau analysiert und mit Hilfe der bolorimetrischen Methode auf Mangan untersuchtl). Tabelle 1 gibt die Zusammensetzung der verwandten Katalysatoren wieder ; in der letzten Spalte ist der Mangangehalt angefuhrt. Der mittlere Korndurchmesser wurde unter dem Metallmikroskop ausgemessen.

Tabelle 1 Ubersicht iiber die Katalysatoren

Nr . Zusammen- setzung

(Atom-O/J Form

Ober- fliiche in

emz

1 100 CU I Blech p. a. MERCK 2 A B C D 3 4 5 6 7 8 9

10 -

8,5 Ni 12.9 pr'i ! I 16;O Ni 18,1 Ni 19,2 Ni 19,s Ni 28,9 pu'i 38,2 Ni 48.8 Ni

Bleche, hergestellt

aus Mondnickel und Elektrolyt-

kupfer

I 60;5 Ni 70,6 Ni 80,3 Ni

100,o Ni j Blech p. a. MERCK

396 996 660 660 660 660 771 851 606 668 864 792 387 595

Mangangehalt Korndurch- messer (em) in O l 0

0,015 0,020 0,015 0,015 0,020 0,015 0,016 0,025 0,015 0,020 0,010 0,030 0,020 0,015

~ unter 0,005 1 o,oi5

DaB die Legierungen rnit 6(4,5, 70,6 und 80,3 Atorn-O/, Nickel praktisch manganfrei sind, trotzdem gerade diesen Legierungen in merk- lichen Umfange Mangan-Kupfer zugegeben worden ist, wird verrnutlich daher ruhren, daB die Schmelzen dieser Legierungen infolge ihres hohen Schinelzpunktes sehr hoch erhitzt werden mufiten und daB

1) H. BILTZ u. W. BILTZ, Ausf. quantitat. Analysen, 2. Aufl., S. 374 (1937). ._ ~- -

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304 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chernie. Band 242. 1939

bei dieser hohen Temperatur das Mangan reslJos verdampft bzw. verschlackt ist.

Die spater angefertigten Legierungen A--D waren offenbar mit weniger Manganzusatz erschmolzen worden, da ihr Mangan- gehalt unter unserer Nachweisbarkeitsgrenze lag. Eine Legierung mit ungefahr 90 Atom-% Nickel war aus technischen Grunden als Blech oder Draht nicht herzustellen.

Die Metalle wurden vor den Messungen rund 24 Stunden in reinem Wasserstoff bei 700° ausgegluht.

Wir fuhrten die Messungen nach der Stroniungsmethode in der schon fruher beschriebenen Apparaturl) aus. Urn sicher zu gehen, daD die Reaktion bei den zu den Messungen notigen verhaltnismafiig hohen Temperaturen (400-600°) im gewunsehten Sinne verlief, wurden gerade bei inaktiven Katalysatoren Vollanalysen der gas- formigen Reaktionsprodukte vorgenommen. IZei diesen Analysen wurde Athylen mit Bromwasser und Wasserstoff in der Palladiurn- Pikratpipette absorbiert, dann folgte die Verbrennung der gesattigten Kohlenwasserstoffe in der Explosionspipette und die Berechnung ihres Anteiles in der ublichen Weise. Bei einem Katalysator der Zusammensetzung 19,2 Atom-% Ni erhielt man nach der Katalyse bei 596O (Ausgangsgas 54O/, C,H,, 46O/, H,) folgende Werte :

C,H* : 44% H, : 35% C,H, : lSa/o CH, : nicht gefunden.

Aus der Abnahme des hhylen- bzw. H,-Geha,ltes berechnet sichl) eine Ausbeute an Athan von 16 bzw. 19O/,.

I n Anbetracht der nicht sehr hohen Genauigkeit der angewandteri gasanalytischen Methode ist die Ubereinstimmung niit der Theorie befriedigend. Auch bei den kupferreichen Legierungen verlief die Reaktion also bei der angewandten hohen Temperatur im wesentlichen in der Richtung der Hydrierung. Gelegentlich trat eine sehr schwache Kohleabscheidung ein, die auf geringe Nebenreaktionen schlieBen lie5.

Die Reproduzierbarkeit der Messungen war noch bedeutend besser als in der vorigen Untersuchung.

2. Ergebnisse Urn Kenntnis zu gewinnen uber die Reaktionsordnung wurde

die Abhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit vom Teildruck des

1) G. RIENACKER u. E. A. BOYMER, Z. anorg. allg. Chem. 236 (1938), 263.

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G. Rieniicker u. E. A. Bommer. Die katalytische &hylenhydrierung usw. 305

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hithylens im Ausgangsgase untersucht, Als Katalysator diente reines Nickel, da in der friiheren Untersuchung fiir Kupferkatalysatoren schon das Vorliegen der ersten Ordnung sichergestellt war. Bei 360O und einer konstanten Stromungsgeschwindigkeit yon 20 cm3/Minute ergaben sich folgende Werte:

Tabelle 2 A b hLn gi g ke i t d e r H y dr i e r u n g s g e s c h win di g ke i t von der Zusammensetzung des Ausgangsgases

Umsatz 1 cm3 C,H, I cm3 C,H, im Reaktionsprodukt

1 (umgerechnet auf 100 cms Ausgangsgas) I O/O

O i o CZH'I , im Ausgangsgas 1 -

I 10,6 7 0 3 I I 16.5 1 68.7

4,4 7.5 ~

I

I '01° 70.7 I 1111 25,9 13.5 32.5

Die Hydrierung verlauft also genau wie bei der Hydrierung an Kupfer-Silber-Legierungen nach der ersten Ordnung, da die ent- standene hithanmenge proportional dem Teildruck des Athylens im Ausgangsgase ist. I n der vierten Spalte der Tabelle 2 ist der pro- zentische Umsatz eingesetzt, der unabhangig von der Zusammensetzung des Ausgangsgases ist. In den eigentlichen MeBreihen charakteri- sierten wir die Reaktionsgeschwindigkeit durch den prozentischen Umsatz,

Die Logarithmen des Umsatzes ergaben, gegen die reziproke Temperatur aufgetragen, e k e Gerade, auch bei reinem Nickel. Dies ist von Interesse, da an hochaktiven Nickel- und anderen Kontakten in verschiedenen Untersuchungenl) infolge einer sehr komplizierten Kinetik der Hydrierung keine geradlinige Abhiingigkeit gefunden wurde. Auf Angabe von Einzelresultaten und Kurven sol1 hier ver- zichtet werden. Die gesamten Versuchsergebnisse sind in Tabelle 3 und den Abb. 1-3 dargestellt.

In der Tabelle 3 sind zur Charakterisierung der Reaktions- geschwindigkeit die Umsatze (A), bezogen auf 100 emz Oberflache angegeben. Die Aktivierungsenergie wurde aus der Temperatur-

1) Z. B. G.-M. SCRWAB u. H. ZORN, Z. physik. Chem. Abt. B 32 (1936), 196; R. N. PEASE, J. Amer. chem. SOC. 64 (1932), 1876; H. ZUR STRASSEN, Z. physik. Chem. Abt. A 169 (1934), 81; R. KLAR, Z. physik. Chem. Abt. A 168 (1934), 215; A 174 (1935), 1; B 27 (1935), 319.; C. SCHUSTEB, Z. physik. Chem. Abt. B 14 (1934), 249.

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Z. morg. allg. Chem. Bd. 242. 20

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18,20 ~0,40 1230 0,99-1 16,30 0,165

I

Vr.

- 1 2 A 13 C D 3 4 5 6 7 8 9 10 -

1,26

1,21 1,09

Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 242. 1939

26,30 15,20 20,OO

Katalysatof- zusammen-

setzung (Atom-'/o)

0,50 1,42 0,24 l1,18 0,72 1,30

100,o c u 8,5 Ni

12,Y Ni 16,O Ni 18,1 Ni 19,2 Ni 19,8 Ni 28,9 XI 38,2 Xi 48,8 Xi 60,5 Ni 70,6 Ni 80,3 Xi

100,O Xi

l'::bc#e 3 Ergebnisse d e r Messungen

I_

durch- 4000 messer (cm-1) I ' l o

65 0,11

65 ' 0 , l O

SO 1 o,oa 65 1 0,14 65 2,52 40 0,98 66 ' i,46 50 ' 1,12

100 3,lB 35 ~ 1,74 50 5,25 65 ~ 8,32

50 0,09

65 1 0,11

Schein- 1 I bare 1 Aktions-

Aktivie- 1 konstante rungs- energie (log a) (kcal) 1 19,s 19,3 19,3 20,l 21,o 21,o 21,2 23,4 24,7 25,O 23,9 22,o 15,O 590

abhangigkeit der Umsatze berechnet. In der letzten Spaltc sind die ,,Aktionskonstanten" log cc angefiihrt, die sieh nach der Gleiehnng:

E log A = - ~ 2,3 AT 3- log rx

ergeben. Abb. 1 gibt den Gang der

Umshtze in Abhangigkeit vori drr Zusammensetzuiig und vom rezi- proken Korndurchmesser, Abb. 2 die Aktivierungsenergie ( a d d e y Ordiiiate in abnelimender Rei1ic.n-

roocu 2 f f . 40 6o 8o folge), Abb. 3 die Akbioiiskon- rittL1iIo log u wietler.

Abb. 1. Reaktionsgeschwindigkeit Re a k t i o n 8 g e s e h w in d ig - der Athylenhydrierung an Cu-Ni-Legierungen l ie i t . Aus Abb. 1 ergibt sich,

daB Nickel bedeutend aktiver i d als Kupfer, und zwar betriigt der Unterscliied uber eine Zehnerpotens. Dieser Unterschied iii deli Aktivitaten der reinen Komponenten war wohl vorauszusehen, da Nickel als ein sehr guter Hydrierungskatalysator bekannt ist. Die geringe Aktivitat des Kupfers ist auch beirn Katalysator 2 (8,5 Atom-O/, Nickel) zu beobachten. Voni Katalysalor 3 (19,8 Nickel) an

- Atom-%Ni

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iiiihern sich die Legierungen clcr Aktivitat des Nickels. Der grol3e Unterschied zwischen Katalysator 2 und 3 wurde durch wiederholte Messungen brstatigt. Urn den uberaus unerwarteten scharfen Anstieg der Wirksamkeit zwischen Katalysator 2 und 3 nocli genauer zu untersuchen und das Konzentrationsgebiet dieses Sprunges enger festzulegen, wurden nachtraglich die Legierungen A-D mit einem Ni-Gohalt zwischen 8,5 und 19,s Atom-o/, angefertigt und untersucht. 13s spricht fiir die Reproduzierbarkeit der Messungen, daB sich diese Legierungen in den Gang der Aktivitaten und Aktivierungsenergien gut einfugen. So koiinten wir feststellen, daB der Sprung der Wirk- samkeit sehr scharf zwischen 19,2 und 19,8 Atom-n/o Nickel auftritt.

Die Bleineren Schwankungen der Wirksanikeit von 0 bis 19,2 einerseits und von 19,X bis 100 Atom-o/o Xi andererseits gehen parallel init dem reziproken Korndurchmesser, der bekaiiiitlich der LBnge der Korngrenzlinien pro Flacheneinheit entspricht. Dieser gleich- sinnige Gang dPr Kurven ist auf Abb. 1 deutlich zu ersehen. Dagegen ist der starke Wirksamkeitssprung zwischeii den liupferreichen Le- gierungen (bis 19,2 Atoni-O/,) und den nickelreichen (von 19,s Atom-O/, an) sicher nicht auf Unterschiede der KorngroBe zuriickzufuhren, dieser Sprung von fast zwei Zehiierpotenzen erweckt vielmehr schon qualitativ den Eindrucb, als seieii die Legierungen bis 19,2 Atom-% ,,kupferahnlich", von 19,8 Atoiwn/, an ,,nickelahnlich". Ohiie weitere Vermutungen uber den Grund dieses Aiistieges auszusprechen, sei nur darauf hingrwiesen, dall ziernlich genau bei diesen Nickelgehalten die Legierungen die rote Kupferfarbe verlieren und farblos (weiB, nickelfarben) werdenl), was darauf schlieBen IaBt, daB in irgendeiner noch unbekannten Weise der Bindungszustand der Elektronen ge- andert wird.

Durch den starken Wirksainkeitssprung sind die Legierungen von 20 bis 80 Atorn-O/, Nicliol aktiver, als es der Addi t ida t entsprechen wurde, es liegt also eine Verstarkung vor (vor allem bei der 500O-Kurve). Bei Betrachtung der Kurve ware rein formal diese Verstarkung als Typ der strukturellen VerstBrkung2) des wirksamen Nickels durch das fast unwirksame Kupfer anzusprechen, doch hat dieser Begriff nur bei mehrphasigen Kontaliten einen anschaulichen Sinn, nicht aber

l) Wir erinnern uns mit Dankbarkeit an die Anrcgungen, die wir Herrn Ge- heimrat TAMMANN -1 bei Disliussioneu unserer Ergebnisse verdanken.

2, G.-M. SCHWAE u. H. SCHULTES, Z. physik. Cheni. Abt. B 9 (1930), 265; G.-M. SUHWAB, Katalyse vom Standpunkt der chemischen Kinetik, S. 209ff., Berlin 1931.

20"

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308 Zeitschrift fur anorganische und allgcmcine Chciriie. Band 242. 1939

bei homogenen Mischkristallen l). Die -4ktivierungsenergien uiid Aktionskonstanten ergeben auch, daB ein anderer Typ der Verstiirkung hier vorzuliegen scheint.

Ak t iv i e rungsene rg ie u n d Ak t ionskons tan te . Bei den reiiien Metallen fanden wir, entsprechend der Erfahrung des Cheniikers, fur den guten Hydrierungskatalysator Nickel eine kleine, fur den schlechten Katalysator Kupfer eine hohe Aktivierungsenergie. Der Wert von 5 kcal fur Nickel ist als sehr klein zu bezeichnen, die kata- 1ytisch wirksamen Bezirke mussen also eine sehr starke Einwirkung auf mindestens eine Komponente des Substrats (Wasserstoff oder Atliylen) haben. Der Wert steht in bester Obereinstimmung mit den

Messungen von TOYAMA~) und RI- DEALS), die fur die Athylenhydrie- rung an Nickelblech 6 kcal bzw. 5,l kcal fanden. Die katalytisch wirksamen Bezirke miissen beim reinen Kupfer dagegen die Sub- stratmolekule weniger stark beein- flussen, wie die gefundene Aktivie-

. rungsenergie von 19,5 kcal erkennen -- Atom -Mi liil3t. Kupferpulver wurde von

PEASE~) fruher schon untersucht, er fand Aktivierungsenergien von 7 kcal und 10,8 kcal, also kleinere

Werte als in dieser Arbrit fur Kupferblech gefunden wurden. Dieser Unterschied ist von Interesse, zum Teil ist er wohl durcli die komplizierte Kinetik der Reaktion an hochaktiven Kataly- satoren bedingt5), er kann aber auch teilweise auf die Tat- sache zuriicligefuhrt werden, da13 die Aktivierungsenergien VOID

Verteilungsgrad abhangen, wie es im hiesigen Institut an andcren Beispielen auch beobachtet wurde. Die Aktivierungsenergien der Legierungen zeigen eine starke Verschlecliterung (Erhohung) des Wertes durch Kupferzusatz zuin Nickel, unigekehrt auch eine Er- hiihung des Kupferwertes durch Nickelzusatz, die gegenseitige Ver- schlechterung fiihrt zu dem ~l inimum in Abb. 2.

hbb. 2. Aktivierungsenergien der Athylenhydrierung

an Kupfer-Nickel-Legierungen

1) Vgl. G. RIEN:~CKER, Z. anorg. allg. Chem. 227 (11)36), 372. A ) 0. TOYAMA, Proc. Imp. Acad. LTokyo] 11 (1935), 319. 3, E. K. RIDEAL, J. chem. Soc. 121 (1922), 309. 4, R. N. PEASE, J. Amer. chern. SOC. 45 (1923), 2236. 3) G.-M. SCHWAB u. H. ZORN, J. physik. Chem. Abt. B 32 (1936), 196.

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C:. Rieniicker u. E. A. Bommer. Die katalytische hhylenhydrierung imw. 309

Diese Ergebnisse sind durchaus unerwartet, denn bei allen kata- lytischen Messungen an Mischkristallreihen, die bisher in diesem Institut ausgefuhrt wurden [Ameisensaurezerfall an Kupfer-Gold, Silber-Gold1), Kupfer-Palladium2), K~pfer-Platin~)], fielen die Werte fur die Aktivierungsenergien nicht aus dem Interval1 heraus, das durch die Werte der reinen Komponenten eingegrenzt ist. Es war erwartet worden, daB die Cu-Ni-Katalysatoren eine gewisse Ahnlich- keit mit den Cu-Pd-Kontakten aufweisen wiirden. Sie besteht insofern, als in beiden Fallen die Aktivierungsenergie der wirksameren Komponenten (Ni, Pd) durch relativ geringe KupferzusHtze stark erhoht wird, die Atomfelder von Ni und Pd werden also durch die isomorphe Einlagerung von Kupfer stark verandert, jedoch ubersteigen 8 die Werte der Cu-Pd-Legierungen nie den des Kupfers.

eriergie iiber die des Kupfers im Gebiet von 20-70°/, Ni wiirde nun erwarten lassen, daB diese Legie- rungen schlechte Katalysatoren

tat ihrer aktiven Bezirke schlech- ter als die der Katalysatoren mit 80 bzw. l0Oo/, Ni und sogar des Kupfers. Aus Abb. 1 ist jodoch zu entnehmen, daB z. B. bei 500° die Katalysatoren von 20-70c/, Nickel dencn rnit 80 und 10Oo/, Nickel gleichwertig sind. Die hohe Reaktionsgeschwindigkeit an diesen beiden letzteren ist sicher auf die gcringe Aktivierungsenergie zuruckzufiihren, die gleich hohe der Legierungen mit 20-70°/, muB dann offenbar durch eine zahlen- maf3ige Erhohung der Reaktionsgelegenheiten bedingt sein, durch welche die Verschlechterung durch die Erhohuiig der Aktivierungs- energie ausgeglichen, sogar uberkompensiert wird.

Dies geht aus dem Gange des temperaturimabhangigen Gliedes der ARRHENIUS’SCheXi Gleichung log cc hervor, das unter gewisseil Voraussetzungen ein MaB fur die Zahl der wirksamen Bezirke dar- stellt (Abb. 3).

Die Erhohung der Aktivierungs- 49

N, sind, zum mindesten ist die Quali- - Arom %k

Abb. 3. Aktionskonstante (log

1) G. RIENACKER, Z. anorg. allg. Chem. 327 (1936), 353. z, G. RIENACKEU, G. WESSING u. G. TIEAUTMAKN, 2. anorg. allg. Chern.

3, G. RIENACKER u. H. HLLDEBRANDT, unveroffentlichte Versuche. 236 (1938), 252.

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310 Zeitschrift fur anorganische und dlgemeinc Chenzie. Band 242. 1939

Eine Yiskussioii dieser GroBe ist hier zulassig und aufschlufireich, (la wir es ja mit kornpakten Katalysatoren von genau mel3barer und vergleichbarer Oberflache zu tun haben; diese GroBe ist bei pulver- formigen Katalysatoren naturlich au5erordentlich struktureinpfindlich und aiidert sjch sehr stark mit der Darstellmigs- und Vorbehaiid- lungsart.

Dem Wirksanikeitssprung entspriclit der starke Anstieg von log M zwischen 19,2 und 19,8O/, Ni; zwischen 20 niid 70"/, durchlaufen die Werte ein Maximum.

Es ist in diesem Zusammenhange interessant, da5 YOSHIKSWA~) aus Untersuchungen der Benzolhydrierung an Cu-Ni-Katalysatoreii schlieBt, da5 ein Zusatz von Kupfer zum Nickel die starker aktiven Stellen vermindert und die weniger aktiven verinehrt ; dies stimnit vollig n i t den1 Bilde uberein, das anf Grund iinserer Versuche liier ent worf en wird.

Ids ist schon oft Eestgestellt worden, daB bei Katalysatoren mit qualitativ ausgeseichneteii Bezirken die Zahl djeser wirksainen Stellen sehr klein ist, wie es sich auch an den hier untersuchteii Kontakten miederum am Nickel zeigt ; uingekehrt eiitlialten die Legierungen zwischen 20 und 70% Ni Zentren geringerer JVirksairikeit, die aber sehr lianfig sind.

Da13 solcheii Betrachtungen eine gewisse 13edeutung zukommen kann, ergibt sich aus folgendem :

Werin wir clas Wesen der strukturellen Verstkkung (Trager- wirkuiig) darin sehen, da13 durch die Vrrteilung der aktiven Kom- ponente auf eineni Trager die Zahl der aktiven Zentren stark eriiiiht wird, so ist die Moglichkeit vorauszusehen, dal3 z. B. reines Nickel, das im kompakteii Zustaride sehr wenige, abw hochwertige aktive Zentren hat, durch Trager leicht sehr kraftig vexstarkt werden kanii, daB jedocli ein Kontakt z. B. von 50°/, Nickel vie1 weniger leicl-it strukturell verstarkt werden kann, da er ja im kornpakten Zustande schon sehr zalilreiche, aber qualitativ schlechte ;&tive Stellen besitzt. Es ware von Interesse, dieser Moglichkeit einma! experirnentcll nach- wgehen.

Zusainiiieiifassend ergibt sich aus der Uisku,,,slon der Geschwindig- keitskoiistsnten, der Aktivierungsenergien und der Aktionskoristanten, clafi die i'beradditivitat der Wirksamkeit der Legierungen von 20 bis

I<. YOSHIKAWA, Bull. Inst. physic. chem. Res. (Abstr.) [Tokio] 14 (1935), 22; Sci. Pap. Inst. physic. chem. Res. 26/27 (1935), Nr. 566.

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G. Rieniicker u. E. A. Bommcr. Die kntalytische Athylenhydrierung usw. 31 1

CUO. . . * . . CUO/Al2O9 , . . A1203 . . . . .

70°/, Nickel durch Erhohung der Zahl der Reaktioiisgelegenheiten bei gleichxeitiger Erliohung der Aktivierungsenergie charakterisiert ist.

Eiii solcher Fall der Verstarkung ist bereits von SCHTVAB und Mitarbeiternl) bei der Katalyse des N,O-Zerfalls an CuO/Al,O,-Kon- takten gefunden worden ; sie fanden folgende Werte :

24 23-29 29 25 I 7 x 10' 1

Auch hier wird die Verschlechterung des Mischkontaktes infolge der erhohten Aktivierungsenergie uberkompensiert durch Erhohung von a, so daB die Wirksamkeit der Mischung hoher ist als die der Komponenten. Fur derartige Falle der Verstarkung wnrde von SCIIWAB und Mitarbeitern die Benennung ,,anomale Verstgrkung" vorgeschlagen.

Durch rontgenograpliische Prueung der Koiitakte und genaue Binetische Analyse konnte diese anomale Verstarkung darauf zuruck- gefuhrt werden2), daG offeiibar an den Beruhrungsstelleri der Kom- ponenten im Mischkontakt eine neue Substariz enistanden sein rnusse (vielleicht eine Verbindung vom Spinelltyp), deren Adsorptions- koeffisient so besonders groB ist, daB der Zerfall des N,O an ihr bei weitem uberwiegt trotz der Reaktionsgelegenheit des Substrates an den sicher noch vorhandenen energetisch besseren, aber selteneren Aktivsentren des CuO.

In der hornogenen Mischkristallreihe Cu-Ni haben wir fur der- artige Verhaltnisse keine Anhaltspunkte. Die normalen Kennzeichen einer anornalen Verstarkung treffen auch fur die Katalyse der kthylen- hydrierung an diesen Legierungen zu, doch fehlt, wie so haufig bei Legierungen, heute noch eine Beziehung zu dem inneren Aufbau der Kataly~atoren~) . I h e Kenntnis der Zusammenhange von kata-

l) G.-M. SCHWAB u. H. SCHULTES, Z. physik. Cheni. Abt. B 25 (1934), 411; G.-M. SCHWAB u. R. STAEGER, ebenda S. 418.

2) G. WAGNER, G.-M. SCHWAB u. R. STAEGER, Z. physik. Chem. Abt. B 27 (1934), 439.

';) Eine Andeutung eines gleichsinnigen Ganges der Aktivierungsenergie und der magnetischen Suszeptibilitiiten, wie er bei Cu-Pd-Legierungen gefunden wurde, ist nicht vorhanden.

Page 11: Die Katalytische Äthylenhydrierung an Kupfer–Nickel-Legierungen. [Katalytische Untersuchungen an Legierungen. V.]

312 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Cheinic. Band 242. 1939

lytischen Eigenschaften mit dein Atombau niuSte auch erlauben, die auffallige Parallelitat der Farbe und der Wirksamkeit zu deuten.

Der Fiina G. Rau, Pforzheim, sind wir wiederum fiir die An- fertigung und tfberlassung der Legierungen zu grol3em Dank ver- pf lich t e t .

Zusammenfassung Die Geschwindigkeit der Athylenhydrierung wird an kompakten

Kupfer-Nickel-Legierungen untersucht. Kupfer und kupferreiche Le- gierungen haben eine geringe, Nickel und die ubrigen Legierungen eine hohe Aktivitiit, zwischen den Katalysatoren der Zusammen- seteung 19,2 wid 19,s Atom-% Ni tritt ein sehr steiler Wirksamkeits- nnstieg auf. Annahernd bei diesen Konzentrationen tritt auch der Farbwechsel der Legierungen von Rot nach WeiB ein. Die Wirksam- keit der Legierungen von 20--80°/, Ni iibersteigt die Additivitat.

Diese Verstarkung ist verknupft mit einer Erhohung der Akti- vierungsenergie (bis 25 kcal) im Vergleich zu den reinen Kom- ponenten (Cu 19,5; Ni 5 keal); diese Erhohung wird durch eine Ver- groBerung der Zahl der aktiven Bezirke uberkoinpensiert, so daf3 im Sinne der Systematik der Verstkkungen bei Mischkatalysatoren eincl ,,f~iiorrnlitle Tierstarkung" vorliegt.

Giittingen, Technologisch-chemisches Insfiitut und anorganische Abteilung des Allgemeinen Chemischen Labora,toriums der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 1. August 1939.

V e r a n t w o r t l i c h fur die Redaktion: Prof. Dr. E. Zintl, Darmstadt; fur Anzeigen: Bernhard v. Ammon, Leipzig. - Anzeigenannahmp : Leipzig C1, Salomonstr. 18B, Tcl. 708 61. - Vrrlag: Johannn Ambrosius Barth, Lripzig. - Druck: Metzger & Wittig. Lripzi$.

DA. 1060 11. Vj. 1939. %ur Zeit gilt Preivlistc 6. - P'rinted in Germany.