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Die Kombination von freien makromolekularen Radikalen, die durch Ultraschallabbau yon Polymethacrylsiiuremethylester und von Polystyrol gebildet werden Yon Arnim Henglein Institut far playsikalische Chemie und Kolloidchemie der Universitat Koln Eingegangen am 3. Oktober 1955 ZUSAMMENFASSUWG: Durch Ultraschallabbau von gelostem Polymethacrylsiiuremethylester und von Poly- styrol entstehen intermediiir freie makromolekulare Radikale. Bei Abwesenheit von Radi- Miingem (Jod, Diphenyl-pikryl-hydrazyl, Sauerstoff) werden im Falle des Polymeth- acrylesters 20%, im Falle des Polystyrols 40% der gebildeten Radikale durch Kombina- tion desaktiviert. Diese Ergebniase werden mit entsprechenden Polymerisationsversuchen verglichen, wobei die Bildung zweier verschiedener polymerer Radikale beim Ultraschall- abbau dieser Polymeren diskutiert wird. Beim Abbau von Losungen, die gleichzeitig Polymethacrylester und Polystyrol ent- halten, kombinieren ca. 33% der gebildeten Radikale. Es werden Versuche beschrieben, die darauf hinweisen, daD in solchen Liisungen ein Ted der Abbau-Bruchstiicke unter Bil- dung von Graftpolymeren kombiniert. . SUMMARY: During ultrasonic degradation of polymethylmethacrylate and polystyrene in solution free macromolecular radicals’ are produced as intermediates. In the absence of radical catchers (iodine, diphenyl-picryl-hydrazyl, oxygen) 20 % of the polymethylmethacrylate- radicals originally produced are deactivated by combination, and 40% of polystyrene- radicals, respectively. These results are compared with corresponding polymerizations. The production of two different polymer radicals by ultrasonic depolymerization of these polymers is discussed. During degradation of solutions containing both polymethylmethacrylate and poly- styrene 33% of the radicals produced combine. Experiments are described which show that in such solutions part of the fragments combines to blockpolymers. 1. Einleitung Makromolekulare freie Radikale entstehen beim Ultraschallabbau ge- 16st er Polyvinylverbindungen: Pn+m --+ Pn. + Pm* (Gl. 1) 37

Die kombination von freien makromolekularen radikalen, die durch ultraschallabbau von polymethacrylsäuremethylester und von polystyrol gebildet werden

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Die Kombination von freien makromolekularen Radikalen, die durch Ultraschallabbau yon Polymethacrylsiiuremethylester

und von Polystyrol gebildet werden Yon Arnim Henglein

Institut far playsikalische Chemie und Kolloidchemie der Universitat Koln

Eingegangen am 3. Oktober 1955

ZUSAMMENFASSUWG:

Durch Ultraschallabbau von gelostem Polymethacrylsiiuremethylester und von Poly- styrol entstehen intermediiir freie makromolekulare Radikale. Bei Abwesenheit von Radi- Miingem (Jod, Diphenyl-pikryl-hydrazyl, Sauerstoff) werden im Falle des Polymeth- acrylesters 20%, im Falle des Polystyrols 40% der gebildeten Radikale durch Kombina- tion desaktiviert. Diese Ergebniase werden mit entsprechenden Polymerisationsversuchen verglichen, wobei die Bildung zweier verschiedener polymerer Radikale beim Ultraschall- abbau dieser Polymeren diskutiert wird.

Beim Abbau von Losungen, die gleichzeitig Polymethacrylester und Polystyrol ent- halten, kombinieren ca. 33% der gebildeten Radikale. Es werden Versuche beschrieben, die darauf hinweisen, daD in solchen Liisungen ein Ted der Abbau-Bruchstiicke unter Bil- dung von Graftpolymeren kombiniert. .

SUMMARY:

During ultrasonic degradation of polymethylmethacrylate and polystyrene in solution free macromolecular radicals’ are produced as intermediates. In the absence of radical catchers (iodine, diphenyl-picryl-hydrazyl, oxygen) 20 % of the polymethylmethacrylate- radicals originally produced are deactivated by combination, and 40% of polystyrene- radicals, respectively. These results are compared with corresponding polymerizations. The production of two different polymer radicals by ultrasonic depolymerization of these polymers is discussed.

During degradation of solutions containing both polymethylmethacrylate and poly- styrene 33% of the radicals produced combine. Experiments are described which show that in such solutions part of the fragments combines to blockpolymers.

1 . Einleitung

Makromolekulare freie Radikale entstehen beim Ultraschallabbau ge- 16st er Polyvinylverbindungen:

Pn+m --+ P n . + P m * (Gl. 1)

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Sie lassen sich durch verschiedene chemische Reaktionen nachweisen, z. B. durch die Auslosung der Polymerisation eines gleichzeitig vorhan- denen Monomerenl), durch ihre Reaktion mit Diphenyl-pikryl-hydrazy12), oder durch ihre Reaktion mit Jod3). Am Beispiel des Polymethacryl- sauremethylesters wurde nachgewiesen, daB pro gespaltene Bindung zwei polymere Radikale entstehen, die bei Abwesenheit von Sauerstoff zwei Atome Jod anlagern konnen:

P,. + P,. + I, -+ Pn-I + Pm-I (GI. 2)

Jod ist zum Abfangen von solchen C-Radikalen ein besonders geeig- netes Reagens. Wie Versuche mit radioaktiv markiertem Jod zeigten, ist die Geschwindigkeit der Reaktion nach G1. 2 so groB, daf3 selbst bei Jodkonzentrationen unter 10v5 Mol/l alle gebildeten Radikale abgefan- gen werden, bevor sie durch Reaktionen untereinander desaktiviert wer- den 3).

Wenn solche langkettigen Radikale bei Abwesenheit eines Radikal- fiingers gebildet werden, erscheinen mehrere Prozesse fur ihre Desakti- vierung moglich. Diese kann einmal erfolgen durch Reaktionen, bei de- nen die Kettenlange der Bruchstucke geandert wird; z. B. durch Re- kombination zweier urspriinglich miteinander (im i-ten Makromolekul) verkniipfter Bruchstucke :

i P n * + i p m . -+ P n + m (GI. 3)

oder durch Kombination zweier aus verschiedenen Makromolekulen stam- mender Bruchstucke :

j p n . + k p m . --+ P n + m (Gl. 4)

Ferner besteht die Moglichkeit der Desaktivierung durch Reaktionen ohne Bnderung der Kettenlange ; z. q. durch Wasserstofjubertragung zwi- schen zwei Radikalen (Disproportionierung)

(GI. 5)

(Gl. 6)

oder durch ubertragungsreaktionen mit dem Losungsmittel. Wenn in einer Fliissigkeit Radikale frei gemacht werden, sei es durch

thermische Zersetzung oder unter dem EinfluB energiereicher Strahlung (UV-Licht, ionisierende Strahlen), so sind Desaktivierungsprozesse zwi-

l) A. Henglein, Makromolekulare Chew. 14 (1954) 128. 2, A. Henglein, Makromolekulare Chem. 15 (1955) 188. ") A. Henglein, Z. Naturforsch. 10b (1955) 616,

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Die Kombination von freien makromolekularen Radikalen

schen zwei ursprunglich miteinander verknupften Radikalen dann be- vorzugt, wenn die Bruchstucke bei ihrer Bildung nicht betrachtliche ki- netische Energie mitbekommen, so daB sie rasch auseinander getrieben werden. Andernfalls werden sie durch die umgebenden Flussigkeitsmole- kule eine gewisse Zeit in ihrem gegenseitigen Wirkungsbereich gehalten (,,Kafigtheorie" nach Franck und Rab inowi t~ch~) ) und reagieren mit- einander, bevor sie irgendwelche Reaktionen auslosen konnen. Durch diesen Effekt werden zahlreiche Erscheinungen der Reaktionskinetik verstandlich.

Uber die Desaktivierungsreaktionen der durch Ultraschallabbau von Makromolekulen entstehenden Radikale sei folgendes ausgefuhrt : Fur die Disproportionierung zwischen zwei ursprunglich miteinander ver- knupften Radikalen (Gl. 5 ) besteht kein ,,Kafigeffekt", da ja die Zahl der gespaltenen Bindungen (errechnet aus den Polymerisationsgraden vor und nach der Schalleinwirkung) genau gleich der halben Anzahl ver- hrauchter Aquivalente eines Radikalfangers ist 2, Ob Rekombinatio- nen nach G1. 3 infolge einer ,,Kafigwirkung" eintreten, kann prinzipiell nicht entschieden w-erden, da in diesem Fall der Bruch der Bindung durch Polymerisationsgradbestimmungen nicht nachgewiesen werden kann. Fur diejenigen Radikale, die rechtzeitig ihrer gegenseitigen Wirkungssphare entkommen und somit zur Auslosung chemischer Reaktionen fahig sind, ist die Haufigkeit der Rekombination gegenuber der Haufigkeit der Kom- bination vernachlassigbar klein. Von der Desaktivierung dieser Radikale so11 im folgenden die Rede sein.

Die beiden Reaktionen nach G1. 4 und 6, die im wesentlichen fur das Verschwinden der freien Radikale verantwortlich sind, sind aus der Poly- merisationskinetik bekannt. Der Abbruch wachsender Radikalketten kommt durch sie zustande. Von besonderem Interesse ist hierbei die Wahrscheinlichkeit der Kombination

Zahl der durch Kombination desaktivierten Radikale Zahl der gebildeten Radikale

WK =

I m Falle der Polymerisation des Methacrylesters und des Styrols lie- gen Messungen durch radioaktive Markierung des Katalysators von Be- vington, Melville und Taylor5) vor, aus denen wK entnommen werden kann. Schulz und Dinglingere) haben fur die Styrolpolymerisation ent-

4, J. Franck u. E. Rabinowitsch, Trans. Faraday Sac. 30 (1934) 120. 5, J. C. Bevington, H. W. Melville u. R. P. Taylor, J. Polymer Sci. 12 (1954) 449; 14

6 , G.' V. Schulz u. A. Dinglinger, Z. physik. Chem. B 43 (1939) 47. (1954) 463.

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sprechende Untersuchungen durch Ermittlung der Molekulargewichts- verteilung des gebildeten Polymeren durchgefuhrt.

I m folgenden wird wg fur die durch Ultraschallabbau von Polymeth- aerylester und Polystyrol entstehenden langkettigen Radikale bestimmt. Die Bestimmung von wK ist moglich durch Messung der Depolymerisa- tionsgeschwindigkeit dieser Polymeren bei Gegenwart und Abwesenheit von Jod. Durch die Anlagerung des Jods an gebildete Bruchstiicke ge- mal3 G1. 2 werden sowohl die Disproportionierung als auch die Kombina- tion der Radikale unterbunden. Da die Kombination eine Reaktion ist, die der abbauenden Wirkung der Ultraschallwellen entgegengerichtet ist. ist die Depolymerisationsgeschwindigkeit in jodhaltigen Losungen grooer als in jodfreien. Bei der Disproportionierung erfolgt keine Veranderung der Kettenlange der Bruchstucke, so daB die Inhibierung dieses Vorgan- ges durch Jod keinen Einflul3 auf die Abbaugeschwindigkeit hat. Infolge- dessen laI3t sich aus der Differenz der Abbaugeschwindigkeiten von jod- haltigen und jodfreien Losungen auf den Anteil derjenigen Radikale schlieoen, die durch Kombination verbraucht werden.

2. MeJmethode

Wird ein Polymeres vom Polymerisationsgrad Po auf P, in Gegenwart von Jod abgebaut, ist die Zahl der gespaltenen Bindungen in Mol/l:

x = c (l/P1-1/Po) (GI. 7)

wobei c die Konzentration des Polymeren in Grund-Mol/l ist. Die Zahl der gebildeten Radikale ist :

R = ~ x (Gl. 8)

Erfolgt der Abbau bei Abwesenheit des Radikalfangers, so wird eine An- zahl AR der Radikale kombinieren, so dal3 Ax-Bindungen wieder ver- knupft werden. Es gilt:

WK = Ax/x = AR/R (Gl. 9)

Bezeichnet man den Endpolymerisationsgrad jetzt mit P,', so wird

A x AP,, Po _ - - . - - X PI' P,-P, (Gl. 10)

wobei AP, = P,'-P,. Zur Bestimmung von Ax/x ist also die Messung von Po, P, und P,' notwendig. Hierzu wurden .viskosimetrische Unter- suchungen durchgefuhrt. Po und P, wurden ermittelt durch Messung der Z-q-Werte der Losungen vor und nach der Bestrahlung, unter Be-

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nutzung der von G. V. Schulz und Mitarbeitern') angegebenen Zy-M- Beziehungen fur Polystyrol und Polymethacrylester. Die Bestimmung der kleinen Grofie APJP,' ist fur die Genauigkeit des Ergebnisses we- sentlich. Um Fehler bei der Extrapolation von ysp/c zu umgehen, wurde hier folgende Vereinfachung gemacht: Es seien yspl und yIIpl' die spezi- fischen Viskositaten der Losung nach Beschallung bei Gegenwart bzw. Abwesenheit von Jod. Die entsprechenden Werte fur Zy, und Zy', wur- den nach der Beziehung errechnet:

(GI. 11)

wobei die Konstante k fur beide Polymere durch getrennte Versuche zu- nachst ermittelt wurde*). Da AZy, = Zy',-Zy, klein gegen Zy', ist, wurde gesetzt :

(Gl. 12)

wobei a der Exponent der fur das betreffende Polymere giiltigen Bezie- hung nach Kuhn ist. a ist 0,73 fur Polymethacrylester und 0,70 fur Poly- styrol in benzolischer Losung. Es ist also

(Gl. 13)

Die nach dieser Quswertung erhaltenen Werte fur wK sind mit Feh- lern behaftet, die durch die Ermittlung von Zahlenmitteln von Polymeri- sationsgraden durch Viskosimetrie entstehen. Um diese Fehler klein zu halten, wurde mit fraktionierten Praparaten gearbeitet. Es sei erwahnt. dafi in G1. 13 nur Verhaltnisse von Polymerisationsgraden auftreten, de- ren Bestimmung durch eine gewisse Uneinheitlichkeit der Praparate we- niger beeinflufit werden durfte d s die Messung der einzelnen GroBen sel bs t .

3. Kombination von Po lymethacrylester- Radikalen

Sorgfaltige Messungen der Abbaugeschwindigkeit von Polymethacryl- esterlosungen sind bereits fruher beschrieben worden3). Tabelle 1 zeigt eine Mefireihe, die mit verdunnter sauerstoff-freier Losung dieses Poly- meren durchgefuhrt wurde. Es wurden jeweils abwechselnd i4bbauver-

') G. V. Schulz u. G. Meyerhoff, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges. physik. Chem. 56, (1952) 904; H. Maraolph u. G. V. Schulz, Makromolekulare Chem. 13 (1954) 120.

Vgl. G. V. Schulz u. F. Blaschke, J. prakt. Chem. 158 (1941) 130.

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Tabelle 1. Abbau einer argonhaltigen benzoliichen Liieungvon PolymethacryIester (5 g/l) bei Gegenwart und Abwesenheit von Jod (2 * lo-' Mol/l)

P,: i,3-104 P,: 6,0.103

Spez. Viskositiit vor Beschallung: 2,55. Temperatur: 18' C

( o h e Jod) 1 ?apl Jod)

Spezifische Viskositiit nach der Beschallung

Mittelwerte*) .......................... Zq', und Zq, ...........................

0,880 0,919 0,917 0,973

0,922 f 0,051

0,152

0,834 0,844 0,861 0,810

0,837 f 0,027

0,140

0,20

*) Als Fehler wurde die max. Abweichung von arithm. Mittel angegeben.

suche mit jodfreier bzw. jodhaltiger Losung unter denselben Bestrah- lungsbedingungen durchgefiihrt. Auf diese Weise laSt sich iibersehen, ob Unterschiede in der spezifischen Viskositat der Losungen nach der Bestrahlung auf Schwankungen in der Einstellung der Bestrahlungsvor- richtung oder auf den Jodzusatz zuriickzufiihren sind. Mit der verwen- deten Apparatur, bei der eine sehr sorgfaltige Justierung des Bestrah- 1ungsgefaSes gegeniiber dem Quarz und eine gute Temperaturkonstanz der Fliissigkeit wahrend der Beschallung gewahrleistet ist, 1aSt sich die Abbaugeschwindigkeit (gemessen an der Zahl der nach einer bestimmten Zeit gespaltenen Bindungen) mit einem relativen Fehler von 4 yo bestim- men. Aus Tabelle 1 ist zu entnehmen, da13 zwischen qspl und qSp; ein deutlicher Unterschied besteht, der groSer als die Streuungen der MeB- werte ist.

4 . Kombination von Polystyrol- Radikalen

In Tabelle 2 sind Messungen zusammengestellt, die mit verdiinnter sauerstoff-freier Polystyrollosung durchgefuhrt wurden. Die Differenz zwischen qspl und qlSpl ist bei diesem Polymeren ausgepragter als bei Poly- methacrylester.

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Die Kombination von freien makromolekularen Radikalen

Tabe.lle 2. Abbau einer argonhaltigen bendkchen LGsung von Polystyrol (5 g/l) bei Gegenwart und Abwesenbeit von Jod (2*104 Mol/l)

Po: 1,06*104 P,: 4,52.103

Spez. Viskositat vor Beschallung: 1,91. Temperatur: 17’ C

Spezifische Viskositat nach der Beschallung

Mittelwerte ............................ Zq’,und Zq , ...........................

1,185 1,150 1,172 1,162

1,167 & 0,017

0,177

0,40

qspl (m;t Jod)

0,930 0,935 0,925 0,920

0,927 & 0,009

0,148

5. Vergleich mit Polymerisationsversuchen

In Tabelle 3 sind die Ergebnisse der Polymerisationsversuche von Be- vington, Melville und Taylor 5, den Resultaten der Abbauversuche gegen- iibergestellt. Bei beiden Untersuchungen zeigt sich, dal3 die Tendenz zur Kombination bei Polystyrol-Radikalen grol3er ist als bei Polymethacryl- ester-Radikalen. Bei beiden Polymeren ist jedoch die Tendenz zur Kom- bination bei der Polymerisation grofier als beim Ultraschallabbau. So werden die bei der Polymerisation des Styrols entstehenden, langketti- gen Radikale ausschliefilich durch Kombination desaktiviert ; wenn dies auch bei den Abbau-Bruchstucken des Polystyrols der Fall ware, ware ein Abbau durch Ultraschall bei Abwesenheit eines Radikalfangers hier iiberhaupt nicht moglich.

Diese Unterschiede werden verstandlich, wenn man annimmt, dal3 die beim Abbau von Makromolekiilen entstehenden Radikale nioht identisch

Tabelle 3. Hadigkeit w K der Kombination von Polymethacrylester- und Polystyrol-Radi- kalen bei Polymerisation der Monomeren und beim Ultraschallabbau der Pulymeren

WK der Radikale von : I I Polystyrol 1 Polymethacrylester

................... bei : Polymerisation*) looyo 40 %

................... Ultraschallabbau I 40%

*) Nach Bevington, Melville und Taylor.

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sind mit denjenigen, die bei der Polymerisation der entsprechenden Mo- nomeren gebildet werden. Es wurde bereits friiher darauf hingewie- sent ,), dan beim Abbau von Polyvinylverbindungen zwei verschiedene Radikale (I) und (11) in gleicher Mmge gebildet werden miinten, die unterschiedliche Reaktionsfahigkeit besitzen:

Rl Rl Rl Rl Rl

Rz Rs R2 Rz Ra --- h-C€&-k-CH,-k* * CH,- k-CE18-k-C&-----

I I I I I

(1) (11)

(R, = H, R, = C,H, bei Polystyrol, R, = CH,, R, = COOCH, bei Poly- methacrylester)

Dabei ist (I) das bei der Polymerisation der Monomeren intermediar entstehende Radikal. Durch das Auftreten zweier verschiedener Radi- kale beim Ultraschallabbau sind mehrere Prozesse der Desaktivierung denkbar, da (I) mit (I), (I) mit (11) oder (11) mit (11) kombinieren oder disproportionieren kann. Dabei wird der Vorgang, der die griiI3te Ge- schwindigkeitskonstante besitzt, wK im wesentlichen beeinflussen.

6. Versuche mit Polystyrol- Polymethacrylester- Lasungen Beim Abbau einer verdiinnten sauerstoff-freien Losung, die Polystyrol

und Polymethacrylester von gleichem Polymerisationsgrad und in glei- cher Konzentration enthalt, wurde ein wK- Wert beobachtet, der zwi- schen den wK-Werten der Losungen der reinen Polymeren liegt. Die Messungen sind in Tabelle 4 zusammengestellt.

Tabelle 4. Abbau einer argonhaltigen bendkchen Liisung von Polymethacrylester (2,5g/l) nnd Polystyrol(2,5 g/l) bei Gkgenwart und A b w d e i t von Jod (2*10-‘ Mol/l)

Mitti. P,: 1,2.104 Mittl. P,: 5,0*108

Spedsche Viskositiit nach der Beschallung

Mittelwerte ............................ Zr)’, und Zr), ...........................

1,090 1,070 1,110 1,090

1,090 f. 0,020

0,186

0,927 0,927 0,915 0,895

0,916 f 0,021

0,160

0.33

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Die Kombination von freien makromolekularen Radikalen

Beim Eintropfen einer nicht beschallten Losung von Polystyrol und Polymethacrylester in Schwefelkohlenstoff scheidet sich der Polymeth- acrylester als flockiger Niederschlag ab ; auf diese Weise laBt sich eine Trennung der beiden Polymeren leicht erzielen. LaBt man jedoch die beschallte Losung in CS, eintropfen, findet keine Ausfallung mehr statt ; man erhalt lediglich eine getriibte Losung, die den Polymethacrylester als stabiles Kolloid enthalt. Es laBt sich weder durch Erwarmen noch durch Zugabe eines Elektrolyten (Essigsaure) koagulieren. Diese Er- scheinung weist darauf hin, daB wahrend der Beschallung Bnderungen in der Struktur der Polymeren eingetreten sind. Diese Verhinderung der Ausfallung des Polymethacrylesters laBt sich aber nur beobachten, wenn die Losung bei Abwesenheit von Radikalfangern (unter Argon) beschallt wurde (Tab. 5) . Sind wahrend der Beschallung Jod, Diphenyl-pikryl- hydrazyl oder Sauerstoff vorhanden, laBt sich der Polymethacrylester quantitativ oder beinahe vollstandig wieder ausfallen. Wenn diese Sub- stanzen erst nach der Beschallung zugegeben werden, bewirken sie keine Koagulation dieses Polymeren.

Tabelle 5. Aasfiidung von Polymethacrylester aas besehallten Usungen von Polymeth- acrylester (1,5 g/l) nnd Polystyrol (1,5 g/l) mit CS,

Polystyrol: Po = 1,0-104 Polymethacrylester: Po = 1,3.104

gelostes Gas

Argon ...

Argon . . .

Argon . . .

Luft .. ..

Zuslitze

Jod (10-4 Mol/l)

Diphenyl-pikryl- hydrazyl (lo4 Mol/l)

Beschallung min

3 5

10 60

5 10 60

10 20

5 10 60

ausflillbarer Polymethacrylester in yo der Anfangskonzentration

30 0 0 0

93 98 97

90 93

60 60 80

Diese Erscheinungen werden verstandlich, wenn man bedenkt, daI3 in solchen Losungen auch Kombinationen zwischen Polystyrol-Radika- len (Qn.) und Polymethacrylester-Radikalen (P,,.) moglich sind:

Pn. + Qn. --+ Pn-Qn (Gl. 14)

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wobei Graftpolymere gebildet werden, die bei der Ausfallung mit CS, kolloidal in Losung bleiben und auf noch nicht gegrafteten Polymeth- acrylester als Schutzkolloid wirken. Die Neigung von Graftpolymeren zur Bildung von kolloidalen Losungen beim Ausfallen mit einem Fallungs- mittel, in dem eine Komponente loslich ist, ist eine haufig auftretende Erscheinung.

Fur den Ablauf der Reaktion nach G1. 14 sprechen ferner die Ver- suche nach Tabelle 6: Beschallt man Losungen,. die neben Polystyrol in gleicher Konzentration Polpmethacrylester von kleinerem Polymerisa-

Tabelle 6. Abhiingigkeit der Ausfiidung von Polymethacrylester von seinem Pol ymerisationsgrad

Polymethacrylester: Po unterschiedlich, c = 1,5 g/l Poiystyroi: p0 = i,0-104, c = 1,s gp

ausf5llbarer Polymethacrylester in%

Po des Polymethacrylesters

i,3.104 1,s. 103 4,30102

1,3.104 1,5.108 4,3.102

10

5

0 0 35

0 52 80

tionsgrad enthalten, so lal3t sich letzterer umso besser mit CS, abtren- nen, je kleiner sein Polymerisationsgrad vor der Beschallung war. Die Voraussetzung fur das Eintreten der Reaktion 14 ist die Bildung der polymeren Radikale Pn. und Qn. in vergleichbarer Menge. I n Losungen, die Polymethacrylester von niedrigem Polymerisationsgrad enthalten, wird im wesentlichen nur das Polystyrol durch den Ultraschall abgebaut ; denn bekanntlich wird die Abbaugeschwindigkeit umso groBer, je groBer die Bettenlange der Fadenmolekule ists* Infolgedessen werden in solchen Losungen die Polystyrol-Radikale im wesentlichen durch Reak- tionen untereinander desaktiviert, wodurch keine Graftpolymeren ge- bildet werden.

Nach Tab. 5 haben Diphenyl-pikryl-hydrazyl und Jod eine starkere Wirkung zur Verhinderung von Kombinationen der polymeren Radikale als geloster Sauerstoff; denn nach Beschallung unter Luft ist ein be- trachtlicher Teil des Polymethacrylesters mit C S, nicht ausfallbar. Ande- rerseits ist durch fruhere Versuche bekannt, daB geloster Sauerstoff ein

a) G. Schmid, G. Paret u. H. Pfleiderer, Kolloid-Z. 124 (1951) 150.

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Die Kombination von freien makromolekularen Radikalen

wirksamerer Radikalfanger ist als Diphenyl-pikryl-hydrazyl2) und J0d3). Der Sauerstoff erweist sich somit als sehr wirksames Reagens zum Ab- fa ngen polymerer Radikale, jedoch als ma@ wirksam zur Verhinderung ihrer Kombination. Dies weist darauf hin, daB langkettige Peroxy-Ra- dikale, die intermediar durch die Anlagerung des Sauerstoffs an die polymeren Brushstucke entstehen

P, . + 0, --+ P, -0-0 - (GI. 15)

selbst eine gewisse Neigung zur Kombination besitzen, sei es durch Re- aktion mit einem weiteren Abbau-Bruchstiick:

Pn-0-0 * + Q n * --+ Pn-0-0-Qn (GI. 16)

oder durch Reaktion mit ihresgleichen :

Pn-0-0 * + Qn-0-0 * --+ Pn-O-O-Q, + 0, (GI. 17)

Herrn Prof. Dr. G. Schmid mochte ich fur das freundliche Interesse a n diesen Untersuchungen und ihre Forderung durch Bereitstellung von Institutsmitteh Dank sagen. Den Farbenfabriken Bayer A.G. und der Badischen Anilin- und Sodafabrik A.G. danke ich fur die uberlassung zahlreicher Substanzen.

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