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Z Außen Sicherheitspolit (2013) 6:231–249 DOI 10.1007/s12399-013-0376-6 Online publiziert: 13.11.2013 © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Prof. Dr. H.-J. Bieling () · T. Haas · J. Lux Institut für Politikwissenschaft, Universität Tübingen, Melanchthonstr. 36, 72072 Tübingen, Deutschland E-Mail: [email protected] T. Haas E-Mail: [email protected] J. Lux E-Mail: [email protected] Die Krise als Auslöser eines neuen europäischen Konfliktzyklus? Hans-Jürgen Bieling · Tobias Haas · Julia Lux Zusammenfassung: Die EU ist durch eine spezifische Krisen- und Konfliktkonstellation ge- kennzeichnet. Das Konfliktpotenzial entwickelt sich räumlich und zeitlich ungleich: Während in den stark von der Krise betroffenen Defizitländern Südeuropas massive soziale Spannungen und Unzufriedenheit mit der austeritätspolitischen Krisenbearbeitung immer wieder sichtbar werden, bleibt es in den Überschussländern des Nordens, allen voran Deutschland, relativ ruhig. Dieser Beitrag identifiziert daher einen fragmentierten europäischen Konfliktzyklus, dessen weiterer Ver- lauf ungewiss ist. Schlüsselwörter: Europäische Union · Eurokrise · Konfliktzyklus · Gewerkschaften · Soziale Bewegungen Is the Crisis Triggering a New European Cycle of Conflict? Abstract: The EU is marked by a specific crisis and conflict constellation. The conflict potential evolves unevenly, both geographically and temporally. That is, while the South European deficit countries have witnessed strong resistance against the crisis management marked by austerity; the surplus countries, above all Germany, are showing few signs of protests and other forms of resistance. This article thus identifies a fragmented European cycle of conflict with unclear pros- pects concerning its further development. Keywords: European union · Euro crisis · Cycle of conflict · Trade unions · Social movements

Die Krise als Auslöser eines neuen europäischen Konfliktzyklus?; Is the Crisis Triggering a New European Cycle of Conflict?;

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Z Außen Sicherheitspolit (2013) 6:231–249DOI 10.1007/s12399-013-0376-6

Online publiziert: 13.11.2013© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Prof. Dr. H.-J. Bieling () · T. Haas · J. LuxInstitut für Politikwissenschaft, Universität Tübingen, Melanchthonstr. 36, 72072 Tübingen, DeutschlandE-Mail: [email protected]

T. HaasE-Mail: [email protected]

J. LuxE-Mail: [email protected]

Die Krise als Auslöser eines neuen europäischen Konfliktzyklus?

Hans-Jürgen Bieling · Tobias Haas · Julia Lux

Zusammenfassung: Die EU ist durch eine spezifische Krisen- und Konfliktkonstellation ge-kennzeichnet. Das Konfliktpotenzial entwickelt sich räumlich und zeitlich ungleich: Während in den stark von der Krise betroffenen Defizitländern Südeuropas massive soziale Spannungen und Unzufriedenheit mit der austeritätspolitischen Krisenbearbeitung immer wieder sichtbar werden, bleibt es in den Überschussländern des Nordens, allen voran Deutschland, relativ ruhig. Dieser Beitrag identifiziert daher einen fragmentierten europäischen Konfliktzyklus, dessen weiterer Ver-lauf ungewiss ist.

Schlüsselwörter: Europäische Union · Eurokrise · Konfliktzyklus · Gewerkschaften · Soziale Bewegungen

Is the Crisis Triggering a New European Cycle of Conflict?

Abstract: The EU is marked by a specific crisis and conflict constellation. The conflict potential evolves unevenly, both geographically and temporally. That is, while the South European deficit countries have witnessed strong resistance against the crisis management marked by austerity; the surplus countries, above all Germany, are showing few signs of protests and other forms of resistance. This article thus identifies a fragmented European cycle of conflict with unclear pros-pects concerning its further development.

Keywords: European union · Euro crisis · Cycle of conflict · Trade unions · Social movements

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The present era of rebellion, resistance, occupation and revolution is part of the history of liberation, ever renewing itself with each passing generation in

ever changing historical conditions. (Gills und Gray 2012, S. 208)

1 Einleitung

In der global orientierten sozialwissenschaftlichen Diskussion wird seit einiger Zeit wiederholt darauf hingewiesen, dass sich in unterschiedlichen Weltregionen relativ ein-flussreiche soziale Protestbewegungen formiert haben. Nach den Protesten gegen die neoliberale Restrukturierung in Lateinamerika, regional begrenzten Revolten in der asia-tischen Region und den Aufständen des „arabischen Frühlings“ ist im Zuge der Finanz-krise mit der Occupy-Bewegung und den vermehrten Widerständen gegen die in vielen Ländern praktizierte Austeritätspolitik der Protestfunke inzwischen auch auf die OECD-Welt und die Europäische Union (EU) übergesprungen. Obwohl die politischen Verbin-dungslinien zwischen den genannten Protestbewegungen oft nur sehr locker sind, wird zuweilen bereits von einer neuen globalen Welle oder einem spezifischen Zyklus der öffentlichen Kritik und des gesellschaftspolitischen Widerstands gesprochen (Gills und Gray 2012; Panitch et al. 2012; Brunnengräber 2012).

Angesichts der heterogenen Problemlagen und Krisenphänomene, die diese Protest-bewegungen generiert und stimuliert haben, erscheinen uns derart umfassende zeitdia-gnostische Aussagen – zumindest vorerst – als zu gewagt.1 Etwas anders verhält es sich hingegen mit der Annahme, dass sich historisch betrachtet spezifische, auch grenzüber-schreitende Zyklen gesellschaftspolitischer Konflikte unterscheiden und charakterisieren lassen. Eine solche – heuristische – Ausgangshypothese könnte sich für das Verständnis aktueller gesellschaftlicher Auseinandersetzungen als durchaus hilfreich und zeitdiagnos-tisch aufschlussreich erweisen; allerdings nur dann, wenn sie auf einen relativ integrierten politischen Erfahrungs- und Handlungsraum bezogen wird. Einen solchen Erfahrungs- und Handlungsraum könnte unseres Erachtens nun die OECD-Welt, vor allem aber die EU, insbesondere die Eurozone darstellen. Im Zeichen der seit 2010 verallgemeinerten Austeritätsagenda deuten die vermehrten Streiks und Demonstrationen, Aktionen der öffentlichen Empörung und das – zumindest punktuelle – Erstarken sozialer Bewegungen darauf hin, dass sich eine neue europäische Krisenkonstellation verfestigt hat, der zudem eine spezifische Konfliktdynamik eingeschrieben zu sein scheint. Unsere These ist, dass sich ein fragmentierter Konfliktzyklus herausgebildet hat. Die Fragmentierung ergibt sich aus geografischen Schwerpunkten und unterschiedlichen zeitlichen Rhythmen: vor allem in der südeuropäischen Peripherie entwickeln sich umfassende Proteste, während es in den Ländern Kerneuropas eher ruhig ist.

1 Um nicht missverstanden zu werden: Heterogene Probleme und Krisenphänomene können sich unter Umständen durchaus in übergreifenden Bewegungsformen politisch artikulieren, so z. B. in der tendenziell globalen Protestwelle der 1968er Bewegung, die sich durch ökonomische Krisenprozesse, durch die Kritik am Vietnam-Krieg, durch die Abkehr von fordistisch standar-disierten, vielfach autoritären Lebensstilen speiste.

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Durch welche Faktoren und Prozesse die europäische Konfliktdynamik maßgeblich geprägt wird, wollen wir politökonomisch genauer ergründen. Hierzu werden nach-folgend zunächst einige konzeptionelle Überlegungen zu politischen (Konflikt-)Zyk-len entfaltet (2) und mit Blick auf die übergreifende Problemkonstellation – die Krise des Finanzmarktkapitalismus und die verallgemeinerte Austeritätspolitik – auf zentrale Kräfte des öffentlichen Protestes und Widerstands, also die Gewerkschaften und sozia-len Bewegungen, konkretisiert (3). Daran anschließend richtet sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen in den europäischen Defizitländern und die sich eher schleppend entwickelnde Protestdynamik in den weniger krisengebeutelten Überschussländern. Die sehr hart ausgetragenen Konflikte in der süd-europäischen Peripherie werden den Fortgang der europäischen Integration mutmaßlich prägen (4). Diese Prägung wird allerdings maßgeblich davon abhängen, ob die Gewerk-schaften und sozialen Bewegungen in zentralen Konfliktthemen – den sozialen, demo-kratischen, ökologischen und integrationspolitischen Fragen – kooperieren und sich auch grenzüberschreitend auf gemeinsame und ausstrahlungskräftige Alternativkonzepte ver-ständigen können (5).

2 Politische Konfliktzyklen: historische und konzeptionelle Überlegungen

In der historischen Rückschau auf die Entwicklung des Kapitalismus lassen sich Phasen identifizieren, in denen sich das gesellschaftspolitische Konfliktniveau jeweils spezifisch darstellte. In manchen Phasen präsentierten sich die öffentlichen Proteste und Wider-stände als relativ schwach, indessen in anderen Phasen die Konflikte eruptiv hervor-brachen und sich in vereinzelten Revolten oder größeren revolutionären Umwälzungen entluden. Solche Konfliktphasen werden nicht nur durch Wirtschaftskrisen ausgelöst, sondern können auch in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität aufbrechen.

Konfliktzyklen2 sind geprägt durch einen Anstieg von Streiks, vermehrte Proteste und eine umfassende thematische Kritik der bestehenden Ordnung. Letzteres deutet darauf hin, dass TrägerInnen der Protestbewegungen zuerst subalterne AkteurInnen sind, die bei umfassenden Konfliktzyklen allerdings breite Teile der Bevölkerung und sogar Teile der herrschenden Klasse für sich gewinnen. Die Gründe für erfolgreiche Umschwünge sind sicherlich vielschichtig. Sorgten in manchen Phasen repressive Unterdrückungs- und Kontrollmechanismen für eine Eindämmung des gesellschaftlichen Konfliktpotenzials, trugen in anderen Konstellationen vornehmlich materielle Konzessionen und sozialinte-grative Partizipationsformen dazu bei, dass die bestehenden Macht- und Herrschaftsver-hältnisse hegemonial abgesichert wurden. In wieder anderen Konstellationen erwiesen sich die verfügbaren – repressiven und sozialintegrativen – Instrumente und Ressour-cen der gesellschaftlichen Befriedung als unzureichend, um die aufbegehrenden sozialen Kräfte unter Kontrolle zu halten. Deren Widerstand speiste sich zumeist aus unterschied-

2 Wir sprechen vom Konfliktzyklus, da uns dieser Begriff offener und umfassender erscheint als der des Bewegungszyklus. Wir finden das Bild des Zyklus sinnvoller als etwa das einer Welle, da eine Welle eine stärkere und klarer gerichtete Dynamik sowie ein Versanden der Konflikte suggeriert.

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lichen Quellen: aus unerträglichen Arbeitsbedingungen; aus einer systematischen ver-teilungspolitischen Benachteiligung bis hin zu offenkundigen materiellen Notlagen; aus einer fehlenden gesellschaftlichen Anerkennung, also Erfahrungen der Missachtung und anderen moralischen Verletzungen (Honneth 1994) oder aber auch aus Unsicherheits-gefühlen und prekären Zukunftserwartungen. In der Geschichte überlagerten und ver-stärkten sich diese Elemente nicht selten zum Ende größerer Kriege, da diese ein überaus großes Maß an gesellschaftlichem Leid und politischer Frustration produziert hatten (Hobsbawm 1995, S. 71–77).

Diese wenigen Andeutungen mögen ausreichen um zu indizieren, dass politische Konfliktzyklen sehr stark mit spezifischen Krisenerfahrungen korrespondieren. In diesen Krisenerfahrungen reflektieren sich einerseits die historisch besonderen Merkmale der ökonomischen Reproduktion, andererseits aber ebenso politische Einflussmomente, die durch die politischen Aktivitäten selbst und die hiermit verbundene Sensibilisierung noch verstärkt werden. Das Verhältnis zwischen diesen genannten Komponenten ist keines-wegs vorab festgelegt, sondern unterliegt immer dem Einfluss der politischen Aktivitäten. So können Klassenkämpfe durchaus Krisen der kapitalistischen Ökonomie generieren. Gleichzeitig wird die Entfaltung der sozialen (Klassen-)Kämpfe aber ihrerseits durch die Funktionserfordernisse der kapitalistischen Reproduktion restringiert (Altvater 1979, S. 71–80); zumindest solange, wie die kapitalistisch verfassten Gesellschaften über eine gewisse hegemoniale Ausstrahlungskraft verfügen und die bestehende Ordnung durch das Alltagsbewusstsein der breiten Massen gestützt wird.

Gesellschaftliche Krisen als Prozesse einer umfassenden Erschütterung der tradierten Arbeits- und Lebensbedingungen sind maßgeblich das Produkt der inhärenten Wider-sprüche einer spezifischen Gesellschaftsformation. Sie treten allerdings nicht einfach ein, sondern werden – wenn auch „nicht aus freien Stücken“ (Marx 1960, S. 115) – kommu-nikativ und politisch immer auch aktiv von einer Vielzahl gesellschaftlicher AkteurInnen generiert. Wie die Krisen, stellen auch die politischen Konfliktzyklen selbst Konstella-tionen dar, die politisch miterzeugt werden; zumindest dann, wenn man Politik nicht auf die zentralstaatlich organisierte Definition kollektiv bindender Entscheidungen und deren exekutiv-administrative Erzwingung reduziert und einen weiter gefassten Politikbegriff zugrunde legt. Ein solcher weitgefasster Politikbegriff umschließt zum einen das gesamte Feld der alltäglichen sozialen Praktiken, die ihrerseits durch die Reproduktionsbedingun-gen der jeweiligen Gesellschaftsformation geprägt werden, zum anderen aber auch die Formen einer bewussten strategischen Einflussnahme seitens der politischen Organisa-tionen, Führungspersönlichkeiten und auch meinungsbildenden Intellektuellen (Deppe 1981, S. 95–100). In einer systematischen, durch die Überlegungen von Antonio Gramsci (1991–1999) inspirierten Betrachtung, sind das Politische und damit auch die Genese und der Verlauf politischer Bewegungs- und Konfliktzyklen letztlich im Schnittfeld von drei analytisch zu unterscheidenden, praktisch aber wechselseitig aufeinander bezogenen Reproduktionsebenen zu verorten:

Die erste, historisch-strukturelle Reproduktionsebene umfasst das gesamte Ensemble der komplexen Interaktion ökonomischer, sozialer, politischer und auch kultureller und ideologischer Verhältnisse. Das Zusammenspiel oder etwas offener formuliert: die Arti-kulation zwischen diesen Verhältnissen stellt sich historisch und geographisch jeweils unterschiedlich dar. Sofern die Interaktion so gestaltet ist, dass die durch die kapitalis-

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tische Akkumulationsdynamik generierten Widersprüche, Krisen und Konflikte einiger-maßen ausbalanciert werden, sprechen gramscianisch inspirierte Theorien von einem „historischen Block“ oder einem spezifischen „Entwicklungsmodell“ (Cox 1987; van der Pijl 2006). In historischer Perspektive ist ein solches „Entwicklungsmodell“ aufgrund der vielfältigen, in Krisenphasen nur begrenzt steuerbaren Komponenten und Einflüsse als eine Art „geschichtliche Fundsache“ zu begreifen (Lipietz 1985, S. 114). Allerdings kristallisieren sich neue Formationen nicht beliebig heraus. Sie basieren, wie Gramsci (1991–1999, S. 2063–2101) ausgeführt hat, auf dynamischen und stabilen Formen der kapitalistischen Produktion und Akkumulation, aber auch auf einem Ensemble komple-mentärer sozialer, kultureller und politisch-institutioneller Beziehungen.

Die letzten Bemerkungen lassen sich so interpretieren, dass den „Fundsachen“ durch-aus auch ein wenig politisch nachgeholfen wird; und zwar dadurch, dass auf einer zwei-ten Reproduktionsebene eine Konfiguration sozialer und politischer Kräfte, d. h. ein „hegemonialer Block“ darauf hinwirkt, die kapitalistischen Entwicklungsmodelle fort-während zu stabilisieren und machtstrategisch zu reproduzieren (Holman und van der Pijl 1996). Die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse, also die Beziehungen zwischen unter-schiedlichen, zum Teil konkurrierenden oder antagonistischen sozialen Gruppen, sind in dem Maße hegemonial strukturiert, wie die subalternen AkteurInnen in das bestehende gesellschaftliche Machtgefüge konsensual eingebunden werden, es also den hegemonia-len Kräften gelingt, die eigene Lebensweise und Weltsicht als fortschrittlich, nachah-menswert und legitim darzustellen und abzusichern. Dieses Ziel kann dadurch gefördert werden, dass Kompromisse ausgehandelt werden, d. h. die subalternen Kräfte durch materielle und symbolische Konzessionen am bestehenden Wohlstand und wichtigen Entscheidungsprozessen aktiv partizipieren. Komplementär hierzu versuchen die Strate-gien der Hegemoniesicherung aber auch, konkurrierende, potenziell gegen-hegemoniale Auffassungen dadurch zu schwächen, dass sie die in ihnen enthaltene Kritik – durch öffentliche Argumentationstechniken: von der begründeten Gegenkritik einzelner Aus-sagen, über die Unterstellung von Realitätsferne bis hin zur Diffamierung – diskursiv desartikulieren oder neutralisieren (Laclau 1981, S. 141).3

Diese allgemeinen strategischen Orientierungen manifestieren sich oft auf einer drit-ten Reproduktionsebene: den „politischen Projekten“. In der gramscianisch inspirierten (Internationalen) Politischen Ökonomie wird der Projektbegriff zum Teil recht unter-schiedlich verwendet (zum Überblick vgl. Kannankulam und Georgi 2012). Sofern er sehr weit und umfassend definiert wird und sich primär auf die strukturelle Absicherung der kapitalistischen Ökonomie bezieht, gehen die Dynamiken politischer Konfliktzyklen in der Konzeptualisierung leicht verloren. Um dies zu vermeiden und das im Projekt-Begriff schlummernde Analysepotenzial zu stimulieren, werden „politische Projekte“ hier sehr viel konkreter gefasst, d. h. als spezifische Initiativen, die sich selbst als eine unvermeid-liche, besser noch: naheliegende und überzeugende Antwort auf drängende gesellschaft-liche Krisen oder Probleme präsentieren (Bieling und Steinhilber 2000, S. 106–107). Ob und in welchem Maße die Projekte eine gewisse hegemoniale Ausstrahlungsfähigkeit

3 Wenn diese hegemonialen Strategien nicht mehr greifen, sich also eine Hegemoniekrise anbahnt, nimmt der „Block an der Macht“ (Poulantzas 2002, S. 164ff.) oft verstärkt zu repres-siven Instrumenten der Herrschaftssicherung Zuflucht.

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erlangen, ist von vornherein keineswegs klar, sondern stellt sich oft erst in den diskursi-ven (Deutungs-)Kämpfen selbst heraus. Grundsätzlich sind die politischen Projekte dann erfolgsversprechend, wenn sie sich auf einen materiell einflussreichen Block sozialer Kräfte stützen oder aber umfassende Allianzen subalterner Akteursgruppen mobilisieren können.

Prozesse einer gesellschaftspolitischen Mobilisierung vollziehen sich stets im Schnitt-feld aller drei Reproduktionsebenen. Die diskursiven Kämpfe, die sich in konkurrierenden politischen Projekten gleichsam verdichten oder zuspitzen, bilden ein wichtiges Medium einer auf soziale Klassen oder Gruppen gestützten staatlich-zivilgesellschaftlichen Alli-anzbildung. In den diskursiven Kämpfen artikulieren sich nicht nur die relativ kohärenten Weltsichten konzeptiver Intellektueller und die stärker pragmatisch ausgerichteten kom-munikativen Praktiken der meinungsbildenden Klassen – der sog. „second hand dealers in ideas“ (Hayek zit. nach Cockett 1994, S. 159) – sondern letztlich auch die mitunter fragmentierten und widersprüchlichen Formen des Alltagsbewusstseins der breiten Mas-sen. Die letztgenannte Dimension der alltäglichen Diskurse und Interpretationen verdeut-licht, dass die Wirkungskraft von politischen Projekten nicht allein durch die Brillanz und öffentliche Allgegenwart bestimmter intellektueller Argumentationslinien bestimmt ist, sondern immer auch durch politökonomische Entwicklungsdynamiken, also die Prozesse und Krisen der kapitalistischen Akkumulation und der hierauf bezogenen Regulations-formen, sowie die hierdurch geprägten – klassen-, gender-, ethnizitäts- und generationen-spezifischen – Alltagserfahrungen (Aulenbacher und Riegraf 2012). Diese umschließen sowohl erfüllte als auch enttäuschte Erwartungen, die ihrerseits auf die politischen Dis-kussionen zurückwirken. Die materiellen Notlagen, Enttäuschungen und Unsicherheiten können dazu beitragen, dass die tradierten Sichtweisen erschüttert und durch alternative Überzeugungen und gesellschaftliche Praxen überlagert und abgelöst werden.

Ein solcher Ablösungsprozess kann sich eruptiv vollziehen, ist oft aber eher lang-wierig. Meistens spitzen sich die Widersprüche und Konflikte im „historischen Block“, also dem spezifischen kapitalistischen Entwicklungsmodell, erst allmählich zu. Im his-torischen Rückblick lassen sich mit Kees van der Pijl (1998, S. 36–49) unterschiedliche Konstellationen identifizieren, die durch eine jeweils spezifische kapitalistische Akku-mulationsdynamik und mit dieser korrespondierende Konflikte und Krisenprozesse gekennzeichnet waren: So prägte in der Zeit der Industriellen Revolution zunächst die „ursprüngliche Akkumulation“, also die schrittweise kapitalistische Inwertsetzung und „formelle“ Subsumption der Arbeitskraft unter das Kapital die gesellschaftliche Entwick-lung. Die damit verbundenen Proletarisierungsprozesse erzeugten vielfältige – durch die traditionellen Arbeits- und Lebensbedingungen genährte – Widerstände bei großen Teilen der ländlichen Bevölkerung, die nur widerwillig die disziplinierenden Zwänge des Lohn-verhältnisses akzeptierte. Mit der Verallgemeinerung industriekapitalistischer Produk-tionsformen verlagerte sich der Schwerpunkt der Akkumulationsstrategien dann, gestützt auf immense Produktivitätssteigerungen, mehr und mehr auf die „reelle“ Subsumption, also eine intensivierte Ausbeutung der Arbeitskraft, so dass sich die sozialen (Klassen-)Kämpfe als Kontrollkämpfe über den Produktionsprozess verstärkt in die Fabriken selbst verlagerten. Diese beiden Tendenzen sind auch heute noch relevant. Sie werden seit einiger Zeit jedoch verstärkt von einer dritten Tendenz überlagert: der forcierten kapi-talistischen Durchdringung der gesellschaftlichen Reproduktionssphäre, aus der heraus

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unterschiedliche soziale Gruppen – ökologisch Engagierte, Erziehende und Pflegende, Bildungs- und KulturkonsumentInnen oder im öffentlichen Sektor Beschäftigte – gegen die Vereinnahmung und Beeinträchtigung von nicht-kapitalistischen Logiken und Ratio-nalitäten öffentlich protestieren.

Die Trennlinien zwischen den skizzierten Entwicklungsdynamiken, einschließlich der hierdurch generierten Widersprüche und Konflikte, sind freilich nicht sehr strikt, son-dern primär analytisch zu verstehen. Unter den Bedingungen des Finanzmarktkapitalis-mus, d. h. eines neuen, stärker transnationalen „historischen Blocks“, der sich seit den späten 1980er Jahren herausgebildet hat, sind inzwischen Prozesse einer „neuen Land-nahme“ (Dörre 2009) erkennbar, die sich nicht nur, so aber doch maßgeblich über die verschiedenen Formen der Finanzialisierung realisieren (zum Überblick vgl. Heires und Nölke 2013). Nachdem sich die Finanzialisierung zunächst insofern als ambivalent präsentierte, als sie einerseits die globale Konjunktur stimulierte, andererseits aber eine finanzmarktgetriebene Reorganisation unterschiedlicher Sphären vorantrieb – der Ren-ten, der Wohnungsmärkte, der öffentlichen Infrastruktur, der Unternehmensführung oder der Arbeitsbeziehungen – traten mit dem wiederholten Platzen spekulativer Finanzblasen ihre negativen Seiten deutlich in den Vordergrund (Bieling 2009).

3 Das politische Projekt der „Euro-Rettung“ und die Folgen

Die Tiefe und der umfassende Charakter der finanzkapitalistischen Krisendynamik in Europa haben nun, wie eingangs bereits angedeutet, in der europäischen Peripherie eine neue Phase öffentlicher Proteste und zum Teil sehr heftiger gesellschaftlicher Kämpfe ausgelöst (Becker und Jäger 2012). Auf den ersten Blick spricht einiges dafür, dass sich zwei komplementäre Zyklen überlagern: Zum einen scheint die seit Ende der 1990er Jahre formierte Bewegungskultur der globalisierungskritischen Bewegung, die sich nur allmählich auf die europapolitischen Debatten erstreckte (Bieling und Deckwirth 2008), ihren Zenit inzwischen überschritten zu haben und in den letzten Jahren auszulaufen; zum anderen sind es paradoxerweise zuletzt erneut vor allem – aber nicht nur – die glo-balisierungskritischen Aktionskerne, die im Angesicht der Weltfinanzkrise ihre Kritik an der finanzmarktkapitalistischen Deregulierung erneuern und in die Öffentlichkeit tragen. Nimmt man das öffentliche Diskussionsklima als Maßstab, so konnten zumindest vorü-bergehend durchaus einige Erfolge erzielt werden. Im Übergang von der „Finanz“- zur „Staatsschulden- und Eurokrise“ verlagerte sich die politische Aufmerksamkeit dann allerdings wieder. Ganz durch die Sorge um den Euro und steigende Staatsschulden bestimmt, konzentriert sich der europäische Machtblock seit Anfang 2010 vornehmlich darauf, eine austeritätspolitische Konsolidierungsagenda zu implementieren, um den Euro und die transnationale Formation des europäischen Finanzmarktkapitalismus zu stabilisieren.

Das „Projekt der Euro-Rettung“ umfasst eine verstärkte europäische Einflussnahme auf die nationale Wirtschafts-, Sozial- und Fiskalpolitik. Das geschieht durch rechtli-che und vertragliche Veränderungen, welche die nationalen Politiken koordinieren und angleichen sollen, etwa im Rahmen des Europäischen Semesters, des sogenannten Six Packs oder des Fiskalpakts. Darüber hinaus verstärkt die Troika (Europäische Kommis-

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sion, EZB und IWF4) vor allem für die GIIPS-Länder (Griechenland, Irland, Italien, Por-tugal, Spanien) eine austeritätspolitisch motivierte Angleichung der Krisenbearbeitung (Busch et al. 2012, S. 9). So wird die finanzielle Unterstützung von Staaten in schwieriger wirtschaftlicher und fiskalischer Lage nur in Verbindung mit harten Strukturanpassungs-maßnahmen in den „Empfängerländern“ geleistet. Mit den drei erstgenannten Instru-menten werden die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspaktes stärker eingefordert, spielen also vor allem die europäischen Vorgaben zur Haushaltskonsolidierung mit der teilweise konstitutionalisierten „Schuldenbremse“ eine Rolle. Mit dem Europäischen Semester werden außerdem die Leitlinien des EU 2020-Programms durchgesetzt. Die Implikationen dieser Politik und ihrer wirtschaftspolitischen Leitlinien sind vielfältig. Sie laufen allerdings primär auf eine marktliberale Ausrichtung der Arbeits-, Sozial- und Steuerpolitik hinaus. Das heißt für die Arbeitspolitik eine starke Angebotsorientierung, in der Sozialpolitik wird stärker das Ziel der Aktivierung als das der Absicherung und Dekommodifizierung verfolgt, und in der Steuerpolitik werden häufig eher regressive Tendenzen deutlich mit der Begründung, dass KapitaleigentümerInnen und Unternehmen auf diese Weise besser Wachstum und entsprechend Arbeitsplätze schaffen können und dem Allgemeinwohl dienen. Die letztgenannten Kräfte konnten ihre Interessen also viel-fach durchsetzen.

Dazu beeinträchtigt diese Politik demokratische Kontroll- und Partizipationsformen. Erstens hat sich das bestehende Demokratiedefizit der EU verschärft, da die Krisenpoli-tik verstärkt bei Gipfeln der nationalen Regierungschefs und MinisterInnen beschlossen wurde. Außerdem wird die Kommission durch ihre Rolle in der Troika und im Europäi-schen Semester gestärkt. Das Europäische Parlament hingegen ist weniger stark in die Krisenbearbeitung involviert. Auch auf nationaler Ebene ist in vielen Fällen eine Macht-verschiebung zugunsten der Exekutive und zu Lasten der Legislative, also der Parlamente, zu beobachten (Platzer 2012, S. 12). Zweitens bringt die Konstruktion der vermeintlich „alternativlosen“ Austeritätspolitik ein undemokratisches Element mit sich. Wenn es nur eine machbare Politik gibt, ist es auch gleichgültig, welche Partei regiert, da der vorge-zeichnete Weg sich nicht ändert. Drittens beinhaltet die austeritätspolitische Agenda der EU neben den oben schon genannten Maßnahmen für die Krisenländer auch eine struk-turelle Schwächung der Gewerkschaften, die neben linken Parteien ein zentrales Organ der Interessenvertretung der ArbeiterInnen sind. Diese strukturelle Entmachtung beinhal-tet beispielsweise Regelungen, welche die Verbindlichkeit von Tarifverträgen aufheben, die Repräsentativität von Gewerkschaften in Frage stellen und staatliche Zuschüsse für gewerkschaftliche Arbeit beschneiden. Die genannten Probleme spiegeln sich vor allem in den südeuropäischen Ländern wider (Lehndorff 2013). Viertens werden Demokra-tiedefizite verstärkt durch neue Regierungsbildungen wie in Griechenland mit Loukas Papadimos und in Italien mit Mario Monti, die als „EU-Technokraten“ eingesetzt und obendrein beide mit der Investmentbank Goldman Sachs verbunden sind (Beckert und Streeck 2012).

Wie bereits angeklungen, wirkt sich die austeritätspolitische Agenda der EU im Rah-men dieser allgemeinen Tendenzen unterschiedlich aus. Dies liegt an der heterogenen Krisenbetroffenheit, welche in Verbindung mit den nationalen Kapitalismusmodellen und

4 In Italien und Spanien interveniert vor allem die EZB.

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Wohlfahrtsstaaten steht. Zudem bedingt die Krisenbetroffenheit im Zusammenhang mit dem Haushaltsdefizit die Aggressivität der Pakete: Je stärker die Betroffenheit von der Krise, desto stärker ist der Interventionismus der EU und umso stärker werden marktli-berale Strukturmaßnahmen durchgesetzt. Dabei ist es sinnvoll, mindestens zwei Länder-gruppen innerhalb der Eurozone zu unterscheiden (Bellofiore et al. 2010).5

Auf der einen Seite befinden sich einige Länder „Kerneuropas“, die einen teils sehr massiven Leistungsbilanzüberschuss aufweisen, also Überschuss- oder Gläubigerländer. Zu dieser Gruppe zählen allen voran Deutschland aber auch die Niederlande, Luxemburg, Finnland und Österreich. Deren Krisenbetroffenheit war relativ moderat oder von einer recht schnellen Erholung geprägt. Zwar haben sich die Bankenrettungsmaßnahmen und Konjunkturpakete aus der ersten Phase der Krise auch in diesen Ländern auf den Haushalt ausgewirkt, gleichzeitig können sie ihre öffentlichen Defizite aber zu relativ niedrigen Zinssätzen refinanzieren, da Kapital aus den europäischen „Schuldnerländern“ abgezogen und in sicheren Staatsanleihen der Gläubigerländer angelegt wird. Die Disziplinierung durch die EU ist daher weniger stark. Vielmehr forcieren die Regierungen der Über-schussländer die Austeritätsagenda auf europäischer Ebene. Dennoch liegt auch in diesen Ländern der Schwerpunkt bei den Austeritätspaketen auf Ausgabenkürzungen. Struktur-reformen auf dem Arbeitsmarkt sind hingegen seltener. Auch wird bislang kaum in die bestehenden Kollektivvertragssysteme und die öffentliche Infrastruktur eingegriffen.

Demgegenüber steht die Gruppe der Defizitländer oder auch Schuldnerländer: Grie-chenland, Irland, Italien, Spanien und Portugal. Deren Krisenbetroffenheit war sehr stark und hält weiterhin an. Die EU wirkt über verschiedene Instrumente stark disziplinierend auf die nationalen Regierungen ein und drängt auf massive Ausgabenkürzungen – vor allem im Sozialbereich – und sogenannte Strukturanpassungsmaßnahmen. Die meisten Kürzungen und in der Regel auch die Steuererhöhungen haben einen regressiven Charak-ter (Theoderopoulou und Watt 2011). Aus verteilungspolitischer Perspektive folgt daher eine zunehmende Verschärfung der Situation für die unteren Schichten, während Viel-verdienerInnen und Vermögende weniger an den Folgen der Krise leiden. Diese asym-metrische Verteilung der Krisenkosten gilt auch für die weiteren Maßnahmen: Der Abbau sozialstaatlicher Maßnahmen ist vor allem für GeringverdienerInnen und Arbeitslose problematisch. Zusätzlich führt die Deregulierung und Liberalisierung von Arbeitsmärk-ten, die auch im Rahmen des „Europäischen Semesters“ empfohlen wird, in der Regel zur Ausweitung prekärer und niedrig entlohnter Arbeit. Zukunftsängste und existenzbe-drohende Krisenerfahrungen verallgemeinern sich zunehmend. Die Strukturmaßnahmen beinhalten darüber hinaus eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit und eine Reform der Rentensysteme. Auch findet häufig eine de facto Entmachtung der Gewerkschaften durch Änderungen von Repräsentativitätsgesetzen u. ä. statt. Zusätzlich wird in die öffentliche Infrastruktur eingegriffen und die Privatisierung der staatlichen Post, des Transports und der Energieversorgung forciert (Busch et al. 2012, S. 23). Dazu kommen massive Stellen-streichungen im öffentlichen Dienst.

5 Einige Länder wie Estland, Malta, die Slowakei, Slowenien und Zypern sind den unterschied-lichen Gruppen oft nicht ganz leicht zuzuordnen. Auch bilden sie keine eigene dritte Gruppe, da sie sich in zu heterogenen Situationen befinden. Zudem sind Frankreich und auch Belgien Sonderfälle, die zwischen Überschuss und Defizit oszillieren.

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Die ausgeführten Maßnahmen wirken sich nicht nur auf nationaler Ebene unterschied-lich aus. Sie betreffen verschiedene soziale Gruppen ungleich und ungleichzeitig. Hier gibt es dann wiederum staatenübergreifend ähnliche Situationen. So konnten während der ersten Phase der Krise in vielen Ländern Kernbelegschaften, also die so genann-ten Arbeitsmarkt-„Insider“ geschützt werden, während sich die Situation für „Outsider“, d. h. prekär Beschäftigte und Arbeitslose, verschärfte. Soziale Exklusion und Armuts-gefährdung nahm für diese Gruppe stark zu. Vor allem für junge Menschen stellt sich die Lage höchst problematisch dar. Die teilweise extrem hohe Arbeitslosenquote für die bis 25-Jährigen – in Griechenland und Spanien ist mehr als jeder zweite junge Mensch arbeitslos (Eurostat-Datenbank 2013) – verweist auf frühe Brüche im Erwerbsleben, die sich über einen langen Zeitraum negativ auswirken werden, nicht zuletzt auch in Ver-bindung mit der Reform der Rentensysteme, die die Beitragsdauer ausweiten. Abgesehen von den dadurch begrenzten Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe hat diese Ent-wicklung außerdem Rückwirkungen auf die Individuen, denen wenig (gesellschaftliche) Anerkennung zukommt und für die sich die Familiengründung und andere Schritte der persönlichen Entwicklung schwierig gestalten (Chung et al. 2012, S. 314).

Den Arbeitslosenquoten, aber auch den Rettungsmaßnahmen und den Ausgabenkür-zungen ist zudem oftmals eine Geschlechterdimension inhärent. Dies hat verschiedene Gründe. So befinden sich Frauen öfter in befristeten Beschäftigungsverhältnissen, gehö-ren also verstärkt zu der Outsider-Gruppe, die in der Krise schneller entlassen wurde. Dieses Bild stellt sich allerdings zu Beginn der Krise noch umgekehrt dar, da zuerst der Industriesektor betroffen war, in dem mehr Männer arbeiten und Entlassungen ent-sprechend verstärkt Männer trafen (Annesley und Scheele 2013, S. 216). Außerdem unterstützt der Staat die Rettung von Dienstleistungsunternehmen (außer Banken und Versicherungen) seltener, ein Sektor, in dem Frauen überproportional vertreten sind. Dies trifft auch auf den öffentlichen Dienst zu, wiederum ein Bereich, in dem vor allem in den südlichen Ländern massive Stelleneinsparungen und Lohneinschnitte vorgenom-men wurden. Und schließlich sind die Ausgabenkürzungen in Bezug auf sozialstaatliche Leistungen vor allem für Frauen problematisch, weil die Wohlfahrtsstaaten vieler Länder noch immer stark durch die ‚männliche Brotverdiener‘-Norm geprägt sind. Diese bedeu-tet, dass Frauen schon vor der Krise von der Unterstützung anderer abhängig waren, was der Wohlfahrtsstaat nicht ausreichend auffing. Diese Abhängigkeit wird durch die Strei-chungen und Verringerungen wohlfahrtsstaatlicher Leistungen verschärft (Maier 2011).

Da sich die Austeritätsagenda also für große Teile der Beschäftigten und Sozialleistungs-empfängerInnen verteilungspolitisch negativ darstellt – Kürzung sozialer Leistungen, Einschnitte in der öffentlichen Infrastruktur, weitere Schritte der Arbeitsmarktderegulie-rung und höhere indirekte Steuern – mehren sich in vielen europäischen Gesellschaften die zum Teil sehr heftigen öffentlichen Proteste und Missfallenskundgebungen. Maßgeb-lich für die Artikulation dieser Interessen sind die Gewerkschaften und sozialen Bewe-gungen. Die Stellung der Gewerkschaften ist in das nationale Kapitalismusmodell und das System der industriellen Beziehungen eingebettet. Dabei wirkt sich die übergreifende Formation des europäischen Finanzmarktkapitalismus in den Gesellschaften – mehr oder weniger negativ – aus: Strukturell ist der Machtzuwachs von Finanzfirmen relevant, der häufig auf Kosten der Beschäftigten und Gewerkschaften von statten geht. Zudem haben viele nationale Gewerkschaften Probleme mit der Mitgliederansprache, sodass der Orga-

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nisationsgrad in zahlreichen europäischen Ländern sinkt. In der Krise kommt durch eine Verschlechterung der Beschäftigtenzahlen außerdem hinzu, dass sich die strukturelle Machtbasis verkleinert. Trotz dieser Probleme schaffen es die Gewerkschaften, Streiks, Proteste und Kundgebungen zu organisieren. Vor allem in Systemen mit traditionell kon-fliktiven Arbeitsbeziehungssystemen verzeichnen sie regelmäßig Mobilisierungserfolge. Die Proteste entwickeln sich jedoch aus einer Position der Defensive heraus, wohingegen der letzte größere gewerkschaftliche Kampfzyklus in den 1960er und 1970er Jahren aus einer Position der Stärke geführt wurde (Schmalz und Weinmann 2013).

Das Problem der aktuellen Repräsentationsdefizite der Gewerkschaften (junge Men-schen, Frauen, atypisch Beschäftigte) wie auch die (so wahrgenommene) enge Ein-bindung in das politische System und eine damit verbundene Unglaubwürdigkeit von systemischer Kritik stellt sich für soziale Bewegungen häufig nicht. So hat beispielsweise die spanische M15-Bewegung auch sehr stark die demokratischen Defizite Spaniens the-matisiert, ein Problem, das die Gewerkschaften selten angegangen sind (Huke 2012). Allerdings haben die sozialen Bewegungen auf Grund ihrer eher spontanen Formierung, gestützt auf ein konkretes und sehr hohes Konfliktpotenzial, tendenziell Schwierigkeiten, sich langfristig im politischen Raum zu etablieren; zumal es ihnen in der gegenwärtigen Krisenkonstellation kaum gelingt, materielle Erfolge zu erringen. Allerdings ist ihre For-mierung entscheidend für die Interessenartikulation von benachteiligten, gesellschaftli-chen Gruppen. Zudem haben soziale Bewegungen ein höheres Entfaltungspotenzial, was die Entstehung einer im besten Fall irgendwann selbstläufigen Dynamik der gesellschaft-lichen Veränderung betrifft.

4 Proteste und Konflikte in der europäischen Konstellation

Bisher fällt es allerdings sowohl den Gewerkschaften als auch den sozialen Bewegun-gen schwer, den undemokratischen Charakter des Krisenmanagements zu korrigieren. Dies führt im schlechtesten Fall zu einem Teufelskreis, in dem die Interessenrepräsen-tation subalterner Gruppen immer weiter geschwächt wird. Im Folgenden sollen die Konfliktdynamiken in den südeuropäischen Ländern aufgezeigt werden. Im Anschluss daran wird exemplarisch für diese Ländergruppe die Konfliktdynamik in Spanien skiz-ziert. Daran anknüpfend wird die bisher im Kontext der Krise nur schwach ausgeprägte Protestdynamik in Deutschland, dem einflussreichsten Staat Europas, stellvertretend für die Überschussländer, kontrastiert und die gegenläufige bzw. raum-zeitlich verschobene Konfliktdynamik in der europäischen Konstellation verdeutlicht. Der Vergleich der bei-den Ländergruppen zeigt auf, weshalb es bisher zu keinem gesamteuropäischen Konflikt-zyklus gekommen ist.

4.1 Krisen- und Protestbedingungen in Südeuropa

Die austeritätspolitische Bearbeitung der Krise geht einher mit einer starken Konflikt-dynamik vor allem in Griechenland, aber auch in Spanien und Portugal und wesentlich schwächer in Italien. Griechenland ist das am heftigsten von der Krise betroffene Land. Bereits im Jahr 2010 entwickelten sich dort zahlreiche Proteste, die anknüpften an die

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Auseinandersetzungen, die die Tötung eines 16-jährigen in Athen durch die Polizei im Dezember 2008 hervorgerufen hatte. Im Mai 2010, als das erste sogenannte Hilfspaket der Troika verabschiedet wurde, kam es zu einem Generalstreik und Großdemonstratio-nen. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen kamen bei einem Anschlag auf eine Bank drei MitarbeiterInnen ums Leben. Danach ebbte die Protestdynamik kurzzeitig etwas ab.

In Griechenland werden die Proteste vor allem von Gewerkschaften und linken Par-teien getragen (Kritidis 2012). Gleiches gilt auch für Portugal, wo erstmals im März 2011 Hundertausende auf die Straße gingen, um gegen die Austeritätspolitik zu demonstrieren. In Spanien hingegen ist neben den Gewerkschaften vor allem die Bewegung des 15. Mai von großer Bedeutung, deren Platzbesetzungen wiederum auf die griechischen Proteste ausstrahlten. Neben vielen anderen Plätzen wurde der Syntagma-Platz in Athen ab dem 25. Mai 2011 für mehrere Monate besetzt. Der zentrale Slogan der Protestierenden wen-dete sich gegen die sozialen Einschnitte und Privatisierungen und knüpft an das Kon-zept der illegitimen Schulden an: „Wir schulden nichts, wir verkaufen nichts, wir zahlen nichts.“ (Kritidis 2012, S. 107) In Griechenland gab es in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt 16 Generalstreiks, in der gesamten EU waren es 36 (Schmalz und Weimann 2013, S. 14). Neben den Generalstreiks, Demonstrationen und Platzbesetzungen kam es zu einer Vielzahl weiterer Proteste, etwa betriebliche Arbeitskämpfe, Proteste gegen eine neue Mülldeponie auf Keratea oder der Hungerstreik von Flüchtlingen im Jahr 2011. Dar-über hinaus gibt es verstärkte Ansätze von Selbstorganisation und Stadtflucht, vor allem junger Menschen, um die eigenen Reproduktionsbedingungen zu sichern.

In Portugal hingegen sind die sozialen Auseinandersetzungen noch stärker auf die aus-teritätspolitischen Maßnahmen konzentriert, die Zahl der DemonstrantInnen nimmt dort weiter zu. Nach Angaben der VeranstalterInnen beteiligten sich am 2. März 2013 insge-samt 1,5 Mio. Menschen in 30 Städten, bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 11 Mio. In den Jahren 2010 und 2011 kam es zu drei Generalstreiks. Die Proteste bleiben jedoch überwiegend „Einzelspektakel“ (Küpeli 2012, S. 12). Eine Ausweitung widerständiger Alltagspraxen oder eine stärkere Vernetzung der ProtestakteurInnen kam bislang kaum zustande. Inzwischen wird im Kontext der portugiesischen Konflikte häufig die „Gran-dola, Vila Morena“, die Hymne der Nelkenrevolution des Jahres 1974, gesungen.

In Italien waren in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt acht Generalstreiks zu ver-zeichnen (Schmalz und Weimann 2013, S. 14), die zumeist jedoch nur eine sehr begrenzte Reichweite aufwiesen. Dies hängt wesentlich mit der Zersplitterung der Gewerkschaften und linken Parteien zusammen. Im Januar und März des Jahres 2012 konnten 40.000 bzw. 50.000 Personen zu Demonstrationen gegen die Austeritätspolitik mobilisiert werden. Die Occupy-Bewegung konnte jedoch in Italien nie Fuß fassen, soziale Auseinander-setzungen drehten sich wesentlich um betriebliche Fragen, die Proteste migrantischer ArbeiterInnen im landwirtschaftlichen Sektor in Süditalien und gegen die geplante Schnellzugverbindung zwischen Lyon und Turin. Dieser Konflikt ist nach Carls (2012, S. 266–268) insofern sehr interessant, als der Widerstand gegen das Projekt auf einer brei-ten sozialen Basis steht. Die Forderung nach einem alternativen Entwicklungsmodell ist in dieser Auseinandersetzung zentral. Damit ist eine große Anschlussfähigkeit zu anderen Protesten vorhanden.

Die Krise als Auslöser eines neuen europäischen Konfliktzyklus? 243

4.2 Proteste und Konflikte in Spanien

Nach dem Ende der Diktatur und der schrittweisen Integration in die Europäische Union und des „nachholenden“ Wirtschaftsbooms in den Jahren 1997 bis 2007 entfaltete sich nur eine schwache Konfliktdynamik in Spanien. Dies änderte sich dann allerdings nach dem „Ende der Fiesta“ (Royo 2009) bzw. mit dem Ausbruch der Krise und dem Ein-setzen der Austeritätspolitik. Zunächst versuchte die sozialistische PSOE Regierung unter Regierungschef Zapatero durch ein Konjunkturpaket eine wirtschaftliche Stabi-lisierung einzuleiten, schwenkte anschließend aber auf eine austeritätspolitische Linie um (Baumer 2011; Heise und Lierse 2011). Diese Linie wurde nach der Regierungs-übernahme Ende 2011 durch die konservative PP verstärkt. So formierten sich Proteste gegen die Austeritätspolitik, zunächst nur von den Gewerkschaften. Der 15. Mai 2011 war dann die Geburtsstunde der 15M Bewegung. Menschen im ganzen Land besetzten Plätze, um gegen die Austeritätspolitik, die hohe Arbeitslosigkeit und weit verbreitete Korruption zu demonstrieren. Die Kritik entzündete sich vor allem an dem ökonomischen Entwicklungsmodell und demokratischen Defiziten. Entsprechend lautet eine prominente Forderung der Bewegung „Democracia real YA!“ (Echte Demokratie JETZT!). Den Platzbesetzungen folgte eine Dezentralisierung der Bewegung, es wurden Stadtteilver-sammlungen einberufen und zahlreiche Initiativen gegründet. Am Bekanntesten ist die Kampagne „Stop Desahucios“, die sich Zwangsräumungen widersetzt. Diese stellen in Spanien ein gravierendes Problem dar, da nach dem Platzen der spanischen Immobilien-blase Menschen ihre Hypotheken inzwischen nicht mehr abbezahlen können und somit durch Zwangsräumungen von Obdachlosigkeit bedroht sind.

Zwangsräumungen, Arbeitslosigkeit und die austeritätspolitisch motivierten Ein-schnitte in das soziale Netz können häufig nur durch familiäre Beziehungen aufgefan-gen werden. Die unmittelbare Krisenbetroffenheit und Perspektivlosigkeit vor allem der jungen Generation bildet eine wesentliche Grundlage der Konfliktdynamik in Spanien, wo die Vermögensungleichverteilung während der Krise weiter zugenommen hat (El pais 2012). Gleichzeitig entlud sich mit Ausbruch der Krise die Unzufriedenheit über die weit verbreitete Korruption und klientelistische Praktiken. Diese nationalen Ausgangs-bedingungen ermöglichten es in Verbindung mit der arabischen Revolution und den Sozialprotesten in Griechenland als „Inspirationsquellen“ eine dynamische Bewegung hervorzubringen, die wiederum als Vorläuferin von Occupy Wall Street und der Occupy Bewegung in andere Länder ausstrahlte, auch nach Deutschland (Espinar und Abellán 2011).

4.3 Proteste und Konflikte in Deutschland/den Überschussländern

In Deutschland wuchs zu Beginn des Jahrtausends die globalisierungskritische Bewe-gung schnell an und konnte dabei zum Teil auch an die neuen sozialen Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre anknüpfen. Im Zuge der Agenda 2010 und den Hartz-Reformen, die von der rot-grünen Regierung vorbereitet wurden, konzentrierten sich große Teile der globalisierungskritischen Bewegung auf den Protest gegen die Deregulierung der Arbeits-märkte und Kürzungen im Sozialbereich. Unterstützt wurden sie von Teilen der Gewerk-schaften, die jedoch aufgrund ihrer traditionellen Verbundenheit mit der SPD eine offene

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Konfrontation mit der Regierung scheuten. Die GegnerInnen der Agenda-Politik waren zu schwach um diese zu verhindern. Damit wurden die Gewerkschaften geschwächt, die Leiharbeit ausgeweitet, Arbeitsverhältnisse prekarisiert, die Reallöhne sanken und wie sich zeigen sollte, wurde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft weiter erhöht. In der Folge kam es in Deutschland, wie auch global, zu ersten Erschöpfungs- und Institutionalisierungstendenzen in der globalisierungskritischen Bewegung.

Seit sich die Finanz- und Wirtschaftskrise ab dem Jahr 2008 in all ihren Metamor-phosen entwickelte, gab es auch in Deutschland verschiedene Versuche, diese Krise zu politisieren: die Demonstrationen „Wir zahlen nicht für eure Krise“ in den Jahren 2009 und 2010 in Berlin und Frankfurt, das Aufkommen der Occupy-Bewegung, die Blocka-den der EZB im Rahmen der Blockupy-Aktionstage in Frankfurt im Mai 2012 und 2013 oder die Solidaritätsaktionen zum Generalstreik in zahlreichen südeuropäischen Ländern am 14. November 2012. Die Mobilisierungsfähigkeit der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen war insgesamt allerdings sehr gering. Im großen Protestjahr 2011 entzün-deten sich in Deutschland die Konflikte rund um die Frage der Atomkraft nach dem Gau von Fukushima und um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Sozialpolitische Auseinander-setzungen spielten in Deutschland nur eine marginale Rolle (Roth 2012). Dies liegt auch daran, dass Deutschland bisher sehr robust durch die Krise kam. So bildete sich weder über Arbeitsplatzverluste noch über starke soziale Einschnitte eine breite subjektive Kri-senbetroffenheit der Subalternen aus, indessen die deutschen Gewerkschaften pragma-tisch vom Wettbewerbs- zum Krisenkorporatismus übergingen (Urban 2012). Bestärkt wird diese Orientierung durch das vorherrschende Krisennarrativ, wonach die südeuro-päischen Gesellschaften über ihre Verhältnisse gelebt hätten und jetzt entsprechend einer austeritätspolitischen Disziplin durch die Troika unterworfen werden müssen. Der Kon-fliktverlauf in den anderen Überschussländern, den Niederlanden, Österreich, Luxemburg und Finnland war in Bezug auf die Eurokrise sehr ähnlich. Ausgehend von einer subjektiv kaum wahrgenommenen Krisenbetroffenheit und krisenkorporatistischer Arrangements entfaltete sich auch hier nur eine sehr rudimentäre Konfliktdynamik.

4.4 Fragmentierte Konfliktdynamiken im Euroraum

Diese hier exemplarisch aufgezeigten zeitlichen und inhaltlichen Divergenzen zwischen den Konflikten in den Überschuss- und den Defizitländern erschweren die Herausbildung einer europäischen Protestbewegung. Dabei gibt es durchaus Ansätze einer verstärkten europäischen Vernetzung. Während die Gewerkschaften bereits im Jahr 1973 den euro-päischen Gewerkschaftsbund (EGB) gründeten, findet seit dem Jahr 2002 jährlich ein europäisches Sozialforum (ESF) statt. Sowohl der EGB als auch das ESF haben jedoch nur eine begrenzte Durchschlagskraft, sie dienen eher der Koordination und dem inhalt-lichen Austausch zwischen den nationalen Gewerkschaften und sozialen Bewegungen. Im Zuge der Krisenproteste wurde mit den Blockupy-Aktionstagen 2012 in Frankfurt und deren Fortsetzung 2013 versucht, eine stärkere europäische Vernetzung herzustel-len und die Proteste aus Südeuropa auch räumlich direkt auf einen Pfeiler der Troika, die EZB, zu orientieren. Die Generalstreiks in einigen südeuropäischen Ländern am 14. November 2012 zielten ebenso darauf ab, die europäische Vernetzung der Proteste zu stärken. Gewerkschaften in den europäischen Überschussländern riefen zu Solidaritäts-

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kundgebungen auf, die Beteiligung war jedoch, mit Ausnahme Belgiens, gering (Gester und Zeller 2012).

Dies verweist auf Probleme der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, die bestehenden Konflikte, die häufig an konkreten Arbeits- und Lebensbedingungen anset-zen, zu verbreitern und in politische Initiativen und Projekte umzusetzen, die auf eine Überwindung des Finanzmarktkapitalismus abzielen. Dazu bedürfte es einer umfassen-deren Politisierung der Finanzmarktregulation und der austeritätspolitischen Agenda der Troika, die an verschiedene Auseinandersetzungen anknüpfen müsste. Hinzu kommen Spannungen sowohl zwischen als auch innerhalb der sozialen Bewegungen, Gewerk-schaften und linken Parteien, die die Komplettierung des europäischen Konfliktzyklus erschweren (Wigger und Horn 2013).

5 Zentrale Felder der Auseinandersetzung: Probleme und Chancen der Verallgemeinerung der sozialen Proteste

Ob es gelingt, in der gegenwärtigen europäischen Krisenkonstellation konkrete politi-sche Initiativen oder gar ein gegenhegemoniales Projekt zu entwickeln, hängt wesentlich davon ab, ob verschiedene Proteste aufeinander bezogen werden und dadurch verstärkt werden können. Es stellt sich für die Gewerkschaften und sozialen Bewegungen die Her-ausforderung, ausstrahlungsfähige Projekte zu formulieren und politisch durchzusetzen.In diesem Sinne sollen abschließend vier verschiedene und doch miteinander verbundene Krisen- und Protestdimensionen skizziert werden, die soziale, die demokratische, die ökologische Frage sowie der Fortgang der europäischen Integration.

Die soziale Frage stellt sich seit dem Ausbruch der Krise in der EU neu. Um die Jahr-tausendwende entwickelten sich vor allem die griechische und die spanische Ökonomie rasant, breite Bevölkerungsschichten partizipierten an dem binnenorientierten, durch Konsumkredite befeuerten Wirtschaftsaufschwung. Mit dem Ausbruch der Krise endete dieses Entwicklungsmodell. Insofern hat in der europäischen Peripherie eine soziale Polarisierung und Schwächung des gesellschaftlichen Zusammenhalts stattgefunden, was mit der Herausbildung starker Protestbewegungen einhergeht. Dieser Befund gilt, in deutlich abgeschwächter Form, auch für die europäischen Überschussländer. Trotz zunehmender Segmentierung und Prekarisierung der Arbeitsmärkte sowie wachsender sozialer Ungleichheit ist in dieser Ländergruppe die Erosion des sozialen Zusammenhalts jedoch nicht so weit vorangeschritten, dass sich starke Protestbewegungen entlang der sozialen Frage formieren.

Der europäische Krisenkonstitutionalismus lässt jedoch nicht nur die soziale, sondern auch die demokratische Frage ins Rampenlicht treten. Die starke Einflussnahme von FinanzmarktakteurInnen und die Reorganisation der Gesellschaften nach den Prinzipien der Wettbewerbsfähigkeit schwächt strukturell die Interessenrepräsentation der Gewerk-schaften, die in den Ländern Südeuropas kaum in der Lage sind, der austeritätsorientier-ten Krisenbearbeitung Erfolge abzutrotzen, während in Ländern wie Deutschland eine krisenkorporatistische Allianz mit der Kapitalseite eingegangen wird. Dies führt sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene zu wachsenden Legitimationsdefiziten. Diese wer-

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den durch die Krisenbearbeitung verstärkt und im europäischen Staatsapparateensemble institutionalisiert (Oberndorfer 2012).

Durch den Ausbruch der Finanz- und Weltwirtschaftskrise ist ein Thema in den Hinter-grund gerückt, das noch im Jahr 2009 die öffentliche Debatte bestimmte: die Klimakrise als Moment einer umfassenderen ökologischen Krise. Während die internationalen Kli-maverhandlungen stockten, forcieren einige Mitgliedsländer der EU die Transformation der Energiesysteme. Diese Transformation ist als ein zentraler Ansatz zu sehen, um die ökologische Krise zu adressieren. Allerdings ergibt sich innerhalb der EU ein sehr hete-rogenes Bild. Während im Zuge der Krise in allen südeuropäischen Staaten der Ausbau erneuerbarer Energien gedrosselt wird, forcieren die Staaten mit einem Leistungsbilanz-überschuss, insbesondere Deutschland, den Umstieg auf erneuerbare Energien. Dabei treten zahlreiche Konflikte auf, die mit der sozialen und demokratischen Frage verknüpft sind. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze bringt vielfach Proteste her-vor, die die Frage der Beteiligung der Betroffenen aufwirft. Die ökologische Krise ist demzufolge eng mit sozialen und demokratischen Fragen verknüpft. Das Selbstverständ-nis eines ‚grünen Europas‘ (Lenschow und Sprunk 2010) umzusetzen, ist entsprechend mit einem erheblichen sozialen Konfliktpotential verbunden.

Die hier nur kurz skizzierten Problemstellungen verweisen darauf, dass der mögliche Fortgang der europäischen Integration unter schwierigen Vorzeichen steht. So wächst die Unzufriedenheit mit der Europäischen Union – die Prozentzahl der Menschen, die die EU positiv sahen, ist von 48 % im Jahre 2009 auf 30 % im Herbst 2012 gesunken (Eurobarometer 2012, S. 77) – ob des zunehmend autoritären und marktliberalen Cha-rakters ihrer Konstitution und Politik: Im Herbst 2012 hat der Anteil der Menschen, die unzufrieden mit der Demokratie in der EU sind den Anteil der Zufriedenen erstmals über-schritten (Eurobarometer 2012, S. 54). Die wachsende Integrationsskepsis korrespon-diert mit einem Erstarken sozialer Bewegungen in Südeuropa. In vielen europäischen Ländern gewinnen allerdings auch rechtspopulistische Kräfte Zustimmung (FEI 2012; Werner 2013). Diese Problemlagen stellen sich dabei nicht nur für den von uns skiz-zierten Euroraum. Unsere analytische Trennung in Überschuss- und Defizitländer ist in einem weiteren europäischen Kontext flexibel zu handhaben. So ist beispielsweise das Kokettieren Großbritanniens mit einem möglichen Austritt aus der EU für die Frage der europäischen Integration selbstverständlich zentral. Auch entwickeln sich in einigen ost-europäischen Ländern Spannungen, wie z. B. die Proteste im Februar 2013 in Bulgarien, die sich an teuren Strompreisen entfachten und schließlich zum Rücktritt der Regierung führten. Nicht zuletzt hat auch die Zypernkrise spätestens seit März 2013 eine gewisse Belebung der europäischen Debatte hervorgerufen. Neben Diskussionen um die ‚ange-messene‘ Größe eines Bankensektors von Seiten der EU, wurde auch die Frage gestellt, welche gesellschaftlichen Gruppen die Kosten der Krise tragen sollten. Die europäischen Forderungen führten außerdem zu massiven zyprischen Protesten gegen das europäi-sche Krisenmanagement und die deutsche Rolle darin. Allerdings bleiben die hier nur kurz angerissenen Problemlagen und Proteste vorerst punktuell und überwiegend auf die nationale Ebene begrenzt.

Trotz der Probleme, diese Proteste zu verknüpfen und konkrete politische Initiativen zu formulieren oder gar ein gegenhegemoniales politisches Projekt zu formieren, bietet die organische Krise der EU auch die Chance einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Trans-

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formation. Ein solches gegenhegemoniales Projekt wurde zu Beginn der Krise unter dem Schlagwort des „green new deal“ prominent diskutiert (Brand 2009), konnte sich jedoch nicht durchsetzen und wurde im weiteren Verlauf der Krise durch die Verengung der Auf-merksamkeit auf die Finanz-, Wirtschafts- und Eurokrise in den Hintergrund gedrängt. Auch bei der Ausgestaltung der Konjunkturpakete spielte die ökologische Krisendi-mension eine absolut untergeordnete Rolle (Brunnengräber und Haas in diesem Band). Allerdings weist der europäische Krisenkonstitutionalismus keinen Ausweg aus der Kri-senkonstellation. Vielmehr handelt es sich bei der dominanten Krisenbearbeitung um ein muddling-through (Busch et al. 2012), das weder kurz- noch mittelfristig einen stabilen Pfad aus der Krise weist. Da unklar bleibt, wie der Prozess der europäischen Integration positiv fortgesetzt werden kann, ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der fragmentierte Konfliktzyklus perspektivisch zu einem gesamteuropäischen Konfliktzyklus auswächst.

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