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Die kritischen Erfolgsfaktoren fu ¨r EDI-Dienstleistungsanbieter Eine Delphi-Studie 1 Einleitung Es gibt keine offiziellen Zahlen u ¨ ber die Nutzung von EDI in Deutschland, auch keine Scha ¨tzungen seitens relevanter Orga- nisationen, z. B. der Deutschen EC/EDI- Gesellschaft (DEDIG). In einer Studie zur Nutzung von EDI in den 1000 gro ¨ ßten Unternehmen in Deutschland und den USA wurde festgestellt, dass 52% der deutschen und 75 % der amerikanischen Unternehmen EDI nutzen [WeWe99]. Die- se Zahlen sind jedoch viel geringer, wenn man sie auf alle Unternehmensgro ¨ ßen be- zieht. In den USA sollen mehr als 200.000 Unternehmen EDI verwenden [Ferg98], wa ¨hrend es laut einer Scha ¨tzung auf der Grundlage einer Befragung von EDI- Dienstleistern in Deutschland nur ca. 17.000 EDI-nutzende Unternehmen gibt [AlBr00]. Damit nutzt in beiden Fa ¨llen nur ein kleiner Bruchteil aller Unternehmen EDI und die Verbreitung dieser Technolo- gie steht weit hinter den Erwartungen zu- ru ¨ ck. Als Gru ¨ nde hierfu ¨ r werden in der Fachpresse u. a. zu hohe Kosten, zu hohe Komplexita ¨t oder mangelnde Flexibilita ¨t genannt. Wie weit diese Gru ¨ nde zutreffen oder andere Gru ¨ nde verdecken, wird dort meistens nicht genau untersucht. Wissen- schaftliche Studien nennen aufwa ¨ ndige Anpassungen der Anwendungssoftware und schwierige Nutzenquantifizierung [Pfei92, Preß o. J.], hohe Kosten und Unsi- cherheit u ¨ber die Wahl des EDI-Standards [WeWe99, PiNe94], zusa ¨ tzlich erforderli- che Vertragsbeziehungen [PiNe94], man- gelndes Wissen der Anwender und fehlende Systemintegration [Pfei92] als die ha ¨ufigs- ten Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung von EDI. Die Mehrzahl der em- pirischen Studien zu EDI untersuchen die Voraussetzungen fu ¨ r eine Einfu ¨ hrung von EDI (siehe z. B. die Kategorisierung von EDI-Studien aus verschiedenen La ¨ndern in [SeGa96]). Wir wollten die Frage untersuchen, welche Erfolgsfaktoren als kritisch fu ¨ r den Erfolg eines EDI-Dienstleisters empfunden wer- den, da nahezu alle Unternehmen einen oder mehrere Dienstleister fu ¨ r den Einsatz von EDI beno ¨ tigen. EDI-Dienstleister tre- ten manchmal auch als Ko-Initiatoren beim Aufbau von branchenbezogenen EDI- Netzwerken auf [MoRe94]. Schließlich identifizieren Untersuchungen u ¨ ber den Erfolg von EDI in Unternehmen die Be- ziehung zum EDI-Dienstleister als einen der Erfolgsfaktoren (siehe z. B. [FePh99]). Nahezu alle EDI-Dienstleister haben in- zwischen ihre Angebotspalette um inter- netbasierte Angebote erweitert, sodass sie sowohl beim traditionellen als auch beim internetbasierten EDI eine wichtige Rolle spielen (ko ¨ nnen). Die Erwartungen an EDI-Dienstleister wurden dennoch nur selten untersucht. In [Pfei92] wurden nur die Betreiber von Value Added Networks (VANs) beurteilt, allerdings vorwiegend bezu ¨ glich ihrer technischen Dienstleistun- gen. Es handelt sich hier um eine prakti- sche Fragestellung, deren Bearbeitung notwendig war, weil es nach unseren Er- kenntnissen bisher keine Untersuchungen u ¨ ber sowohl technische als auch betriebs- wirtschaftliche Anforderungen an EDI- Dienstleister, und zwar nicht nur an VANs, gab. Obwohl dies keine Adoptionsstudie ist, sondern eine Untersuchung bei Unter- nehmen, die EDI bereits nutzen, und bei WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 1, S. 29 40 Der Autor Paul Alpar Prof. Dr. Paul Alpar, Philipps-Universita ¨t Marburg, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Universita ¨tsstr. 24, 35032 Marburg, E-Mail: [email protected] WI – Aufsatz

Die kritischen Erfolgsfaktoren für EDI-Dienstleistungsanbieter; Critical success factors for providers of EDI services — a Delphi study;

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Page 1: Die kritischen Erfolgsfaktoren für EDI-Dienstleistungsanbieter; Critical success factors for providers of EDI services — a Delphi study;

Die kritischen Erfolgsfaktorenfur EDI-DienstleistungsanbieterEine Delphi-Studie

1 Einleitung

Es gibt keine offiziellen Zahlen uber dieNutzung von EDI in Deutschland, auchkeine Schatzungen seitens relevanter Orga-nisationen, z. B. der Deutschen EC/EDI-Gesellschaft (DEDIG). In einer Studie zurNutzung von EDI in den 1000 großtenUnternehmen in Deutschland und denUSA wurde festgestellt, dass 52% derdeutschen und 75% der amerikanischenUnternehmen EDI nutzen [WeWe99]. Die-se Zahlen sind jedoch viel geringer, wennman sie auf alle Unternehmensgroßen be-zieht. In den USA sollen mehr als 200.000Unternehmen EDI verwenden [Ferg98],wahrend es laut einer Schatzung auf derGrundlage einer Befragung von EDI-Dienstleistern in Deutschland nur ca.17.000 EDI-nutzende Unternehmen gibt[AlBr00]. Damit nutzt in beiden Fallen nurein kleiner Bruchteil aller UnternehmenEDI und die Verbreitung dieser Technolo-gie steht weit hinter den Erwartungen zu-ruck. Als Grunde hierfur werden in derFachpresse u. a. zu hohe Kosten, zu hoheKomplexitat oder mangelnde Flexibilitatgenannt. Wie weit diese Grunde zutreffenoder andere Grunde verdecken, wird dortmeistens nicht genau untersucht. Wissen-schaftliche Studien nennen aufwandigeAnpassungen der Anwendungssoftwareund schwierige Nutzenquantifizierung[Pfei92, Preß o. J.], hohe Kosten und Unsi-cherheit uber die Wahl des EDI-Standards[WeWe99, PiNe94], zusatzlich erforderli-che Vertragsbeziehungen [PiNe94], man-gelndes Wissen der Anwender und fehlendeSystemintegration [Pfei92] als die haufigs-ten Probleme im Zusammenhang mit der

Nutzung von EDI. Die Mehrzahl der em-pirischen Studien zu EDI untersuchen dieVoraussetzungen fur eine Einfuhrung vonEDI (siehe z. B. die Kategorisierung vonEDI-Studien aus verschiedenen Landern in[SeGa96]).

Wir wollten die Frage untersuchen, welcheErfolgsfaktoren als kritisch fur den Erfolgeines EDI-Dienstleisters empfunden wer-den, da nahezu alle Unternehmen einenoder mehrere Dienstleister fur den Einsatzvon EDI benotigen. EDI-Dienstleister tre-ten manchmal auch als Ko-Initiatoren beimAufbau von branchenbezogenen EDI-Netzwerken auf [MoRe94]. Schließlichidentifizieren Untersuchungen uber denErfolg von EDI in Unternehmen die Be-ziehung zum EDI-Dienstleister als einender Erfolgsfaktoren (siehe z. B. [FePh99]).Nahezu alle EDI-Dienstleister haben in-zwischen ihre Angebotspalette um inter-netbasierte Angebote erweitert, sodass siesowohl beim traditionellen als auch beiminternetbasierten EDI eine wichtige Rollespielen (konnen). Die Erwartungen anEDI-Dienstleister wurden dennoch nurselten untersucht. In [Pfei92] wurden nurdie Betreiber von Value Added Networks(VANs) beurteilt, allerdings vorwiegendbezuglich ihrer technischen Dienstleistun-gen. Es handelt sich hier um eine prakti-sche Fragestellung, deren Bearbeitungnotwendig war, weil es nach unseren Er-kenntnissen bisher keine Untersuchungenuber sowohl technische als auch betriebs-wirtschaftliche Anforderungen an EDI-Dienstleister, und zwar nicht nur an VANs,gab. Obwohl dies keine Adoptionsstudieist, sondern eine Untersuchung bei Unter-nehmen, die EDI bereits nutzen, und bei

WIRTSCHAFTSINFORMATIK 44 (2002) 1, S. 29–40

Der Autor

Paul Alpar

Prof. Dr. Paul Alpar,Philipps-Universitat Marburg,Fachbereich Wirtschaftswissenschaften,Universitatsstr. 24, 35032 Marburg,E-Mail: [email protected]

WI – Aufsatz

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EDI-Dienstleistern, konnen Bezuge zuStudien uber EDI-Adoption hergestelltwerden.

Stellvertretend fur die reiche Literatur uberAdoption von EDI wird kurz auf eine ak-tuelle Studie eingegangen, in der Faktorenuntersucht werden, die die Absicht vonUnternehmen, EDI einzufuhren, beein-flussen [ChBD01]. Das verwendete Modellumfasst fast alle zuvor berucksichtigtenFaktoren. Es wurden Unternehmen be-fragt, die EDI noch nicht nutzen. Die Ab-sicht, EDI einzufuhren, wurde durch dieKonstrukte externer Druck, erwartete/wahrgenommene Vorteile und (organisa-tionelle) Bereitschaft positiv beeinflusst.Das Konstrukt externer Druck bezieht sichauf die Wettbewerbssituation des Unter-nehmens und seine Beziehungen zu Ge-schaftspartnern. Diese Aspekte ergebensich aus dem Unternehmenszweck undkonnen von EDI-Dienstleistern nicht be-einflusst werden. Auf die erwarteten Vor-teile, das Konstrukt mit dem schwachstenEinfluss, konnen die EDI-Dienstleistereinwirken, indem sie aufgrund ihrer Erfah-rung die Benutzer auf die erreichbaren Zie-le aufmerksam machen. Das Konstrukt Be-reitschaft wird durch die Unterkonstruktefinanzielle Ressourcen, IT-Reife und Be-reitschaft der Geschaftspartner gebildet.Unter der Annahme, dass die EDI-Dienst-leister ihre Preise bereits sinnvoll bestim-men und ihre Kunden bei der flexiblenStrukturierung der Zahlungsstrome bereitsunterstutzen, ware ein Entgegenkommenbei Preisen ohne Gewinneinbußen fur dieDienstleister nicht moglich. EDI-Dienst-leister konnen aber helfen, die eventuellfehlende IT-Reife oder Bereitschaft der Ge-schaftspartner zu erganzen. Das ist keinehypothetische Annahme, sondern oft be-reits in der Praxis zu beobachten; großeFirmen beauftragen EDI-Dienstleister, ihrekleineren Partner bei der EDI-Einfuhrungzu unterstutzen [Sliw99]. Die Studien uberAdoption von EDI berucksichtigen alsoEDI-Dienstleister nicht explizit, weisenaber auf Faktoren auf, bei denen dieDienstleister unterstutzend mitwirkenkonnen.

2 Methodisches Vorgehen

Die empirische Ermittlung von kritischenErfolgsfaktoren im Bereich der Informati-onssysteme wurde zuerst durch Rockart[Rock82] durchgefuhrt. Seit damals wurde

sie auf verschiedene Aspekte der Informa-tions- und Kommunikationstechnologieund auf verschiedene Berufsgruppen an-gewendet. Zur Ermittlung von kritischenErfolgsfaktoren konnen verschiedene Me-thoden angewendet werden. Wir haben unsfur die Delphi-Methode [LiTu75] aufGrund ihrer unten genannten Vorteile ent-schieden. Das ist ein „Werkzeug“ zur Un-terstutzung von Beurteilungen, Prognosenoder Entscheidungen [RoWr99] durch eineGruppe. Die Gruppenmitglieder, oft Ex-perten auf einem Gebiet, bearbeiten einThema, ohne dass sie sich untereinandertreffen oder die Identitat der anderen Teil-nehmer kennen. Der Moderator schreibtdie Teilnehmer an und bittet sie, sich zumvorgegebenen Thema schriftlich zu außern.Nach eventuell notwendiger Redaktionund Zusammenfassung der Antwortenwerden diese an alle Teilnehmer verschickt,ohne die Autorenschaft der einzelnen Bei-trage preiszugeben. Dieser Vorgang wird inmehreren Runden wiederholt, bis ein aus-reichender Konsens besteht bzw. die Teil-nehmer nicht mehr wesentlich von ihrenim Prozess erreichten Positionen abwei-chen.

Vorteile der Methode sind die Nutzung desgesammelten Wissens aller Teilnehmer, dieVermeidung negativer Effekte offenerGruppenprozesse (z. B. Dominanz einzel-ner Diskussionsteilnehmer, Verharren aufeigenen Ansichten aus psychologischenGrunden) sowie der Wegfall der Notwen-digkeit, alle Experten zu einem gemein-samen Termin (und evtl. an einem Ort) zuversammeln. Nachteile der Methode sinddie lange Dauer des Prozesses sowie dieNotwendigkeit der Beschrankung auf eingenau abgegrenztes Thema. Die Methodewird oft fur die Vorhersage technologischerEntwicklungen eingesetzt. Im Zusammen-hang mit Informationstechnologie wurdesie z. B. von Niederman et al. [NiBr91],Brancheau et al. [BrJa96] Konig et al. [Ko-He95] und Heinzl [Hein97] angewandt,um die wichtigsten Themen im Bereich derPraxis und Erforschung von Informations-systemen zu ermitteln.

Die Experten fur die vorliegende Studiewurden hauptsachlich uber die Verzeichnis-se der DEDIG identifiziert. Die DEDIG(http://www.dedig.de) ist ein gemeinnutzi-ger Verein, der von privaten Unternehmen,Verbanden und offentlichen Organisatio-nen zur Forderung der elektronisch unter-stutzten Geschaftsabwicklung gegrundetwurde. Sie unterhalt zwei getrennte Ver-

zeichnisse von EDI-Interessierten: ein furAnwender von EDI und ein fur Anbietervon Produkten und Dienstleistungen furEDI. Die Eintragungen erfolgen auf eige-nen Wunsch der eingetragenen Personenund ohne Prufungen ihrer EDI-Kom-petenz. Aus Positionsbeschreibungen so-wie unseren Kontakten mit den Befragtengeht jedoch hervor, dass sie sich ausschließ-lich, verantwortlich oder zumindest vielmit EDI beschaftigen. Einige zusatzlicheAnsprechpartner, die nicht in den DEDIG-Listen verzeichnet waren, sind auf Grundihrer EDI-Aktivitaten identifiziert worden(z. B. Vortrage bei Konferenzen zu EDIoder Marketingverantwortung fur EDI-Produkte). Es ist insgesamt ein Adress-bestand von 173 Experten, 94 aus Anwen-der- und 79 aus Anbieterorganisationen,aufgebaut worden. Der erste Kontakt zudiesen Experten wurde in allen Rundenschriftlich aufgenommen, aber in einigenFallen wurde zusatzlich telefonisch an dieBeantwortung erinnert. Unklarheiten wur-den per Telefon oder E-Mail beseitigt. Dergesamte Prozess dauerte von September1998 bis Februar 1999.

Die erste Runde begann mit der offenenFrage nach maximal zehn kritischen Er-folgsfaktoren fur EDI-Dienstleister.Grundsatzlich kann man den Teilnehmernauch eine Liste von Erfolgsfaktoren vor-geben. Das erleichtert die spatere Auswer-tung und beschleunigt eventuell den Pro-zess der Konsensfindung, aber es fuhrtauch gleichzeitig zu einer vielleicht unbe-absichtigten Beeinflussung der Teilnehmerdurch die Forscher. Letzteres trifft auchzu, wenn die Teilnehmer die angebotenenErfolgsfaktoren erganzen oder veranderndurfen, weil auf Grund von Zeitdruck vondieser Moglichkeit oft wenig Gebrauch ge-macht wird. In der Auswertung der Ant-worten dieser Runde musste der Nachteilder offenen Fragestellung bewaltigt wer-den: die Zusammenfassung ahnlicher For-mulierungen. Dieser Schritt ist von zweiPersonen, zunachst unabhangig vonein-ander, vorgenommen worden, um person-lichen Verfalschungen moglichst vorzubeu-gen. Es ergaben sich dabei keinenennenswerten Abweichungen. Das Er-gebnis der ersten Runde war eine Liste von32 Erfolgsfaktoren und ihren Erklarungen(siehe Anhang 1), wobei die einzelnen Er-folgsfaktoren nur geringe Nennungshau-figkeiten aufwiesen. Die erste Runde kannals ein Brainstorming zum Auffinden mog-lichst vieler potenzieller Erfolgsfaktorencharakterisiert werden. Es beteiligten sich

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daran 23 Experten (elf Anbieter und zwolfAnwender).

In der zweiten Runde wurde wieder dergesamte Adressbestand angeschrieben,d. h. auch diejenigen Experten, die in derersten Runde nicht geantwortet haben. Diein der ersten Runde ermittelten Erfolgsfak-toren wurden mit ihren Erklarungen in derReihenfolge ihrer Haufigkeiten angeboten(dieses Sortierkriterium ist auch im An-hang 1 verwendet worden). Beide Grup-pen, Anwender und Anbieter, erhielten diegleiche Erfolgsfaktorenliste, unabhangigdavon, ob ein Erfolgsfaktor von Anwen-dern oder Anbietern genannt wurde, umeine gemeinsame Ausgangsbasis zu haben.Man kann dies auch so begrunden, dassbeiden Seiten die Chance gegeben werdensollte, von der anderen Seite zu lernen.Diesmal waren die Befragten aufgefordert,maximal zehn Erfolgsfaktoren auszuwah-len und den Erfolgsfaktoren einen Wich-tigkeitsrang zwischen eins (wichtigster Er-folgsfaktor) und zehn zuzuordnen, wobeijeder Rang nur einmal vergeben werdendurfte. Die Beschrankung auf zehn Er-folgsfaktoren wurde gewahlt, weil es erfah-rungsgemaß Teilnehmern schwer fallt, einevollstandige Rangordnung bei so vielen Er-folgsfaktoren vorzunehmen. Es antworte-ten 27 Anwender und 22 Anbieter, waseiner Gesamtantwortquote von 28,3%entspricht. Die Teilnehmer gehoren vor-wiegend großen Organisationen an (mehrals 500 Mitarbeiter). Die Anwender kom-men aus den Branchen Verarbeitendes Ge-werbe (59%), Verkehr und Nachrichten-ubermittlung, Handelsvermittlung undGroßhandel, Dienstleistungen (je 9%),sowie anderen Branchen (14%). DieseVerteilung entspricht ziemlich genau derVerteilung der Branchen im DEDIG-Ver-zeichnis.

Die Antworten der zweiten Runde zeigtenbereits eine Konsensbildung in dem Sinn,dass sich die vergebenen Range auf wenigerErfolgsfaktoren als vorgegeben konzen-trierten. Um diesen Prozess weiter zu un-terstutzen, haben wir zehn Erfolgsfak-toren, die am seltensten genannt wurden,von der weiteren Berucksichtigung aus-geschlossen. Dieser Schritt sowie alle nach-folgenden Berechnungen sind fur die bei-den Gruppen getrennt ausgefuhrt worden.Eine getrennte Auswertung der Anwortennach Anwendern und Anbietern war vonAnfang an geplant, um die Ansichten derbeiden Gruppen gegenuberstellen zu kon-nen. Die weggelassenen Erfolgsfaktoren

wurden von weniger als einem Viertel allerAnbieter bzw. von weniger als einem Funf-tel aller Anwender genannt. Der Gruppen-rang eines Erfolgsfaktors wurde mithilfeder folgenden Formel errechnet:

Ri ¼

P

jrij

ni

,niN

mit

Ri ¼ Gruppenrang von Erfolgsfaktor irij ¼ von Teilnehmer j vergebener Rang an

Erfolgsfaktor ini ¼ Anzahl Nennungen von Erfolgsfak-

tor iN ¼ Teilnehmeranzahl

Die Formel berucksichtigt also nicht nurdie vergebenen Range, sondern auch, wieoft ein Erfolgsfaktor uberhaupt genanntwurde. Sonst konnten einzelne Ansichtendas Gesamtbild verfalschen (z. B., wennein Teilnehmer einen Erfolgsfaktor, dersonst von niemand mehr genannt wurde,auf Platz 1 setzen wurde). Außerdem nah-men wir eine Normierung auf den Bereicheins bis 22 (Anzahl der Erfolgsfaktoren)vor:

�RRi ¼ 1þ 21 � ðRi �minjðRjÞÞðmaxjðRjÞ �minjðRjÞÞ

In der dritten Runde wurden nur diejeni-gen Teilnehmer angeschrieben, die in derzweiten Runde antworteten. Zusatzlichzur Aufforderung einer erneuten Bewer-tung wurde ihnen sowohl ihre Bewertungaus der zweiten Runde als auch die nor-mierte Gruppenbewertung aus der zweitenRunde prasentiert (siehe Beispiel im An-hang 2).

Der Verzicht auf die weitere Teilnahme, ei-ne große Gefahr bei Delphi-Studien, trat indieser Runde dank des telefonischen Nach-fassens nicht in allzu storender Weise ein.Es antworteten 22 Anwender (das ent-spricht einer Antwortquote in Bezug aufdie zweite Runde von 81,5%) und 19 An-bieter (Antwortquote 86,4%). Auf Grundder Antworten sind acht Erfolgsfaktorenmit den niedrigsten Gruppenrangen ent-fernt worden. Diese Erfolgsfaktoren sindi. d. R. auch am seltensten genannt worden.Auf Ausnahmen dazu werden wir unteneingehen. Damit blieben in beiden Grup-pen 14 Erfolgsfaktoren ubrig.

Die Bewegungen in der Rangfolge der Er-folgsfaktoren, insbesondere bei den An-wendern, waren von der zweiten zur drit-ten Runde viel geringer als zwischen denersten zwei Runden, sodass es nicht sinn-voll erschien, eine weitere Runde zu star-ten. Die Konsensbildung konnte in dieserStudie nicht mithilfe des Konkordanzkoef-fizienten Kendall-W gemessen werden,weil durch die Rangvergabe von nur zehnwichtigsten Erfolgsfaktoren bei jedem Teil-nehmer Werte fehlen. Stattdessen wurdendie durchschnittlichen Standardabwei-chungen der Erfolgsfaktoren fur die einzel-nen Runden und Gruppen berechnet unddie Unterschiede zwischen korrespondie-renden Werten auf ihre Signifikanz uber-pruft. D. h., es wurde zuerst fur die einzel-nen Erfolgsfaktoren die Streuung der vonden Teilnehmern vergebenen Range mit-hilfe des Maßes Standardabweichung be-rechnet und dann der Mittelwert dieserStandardabweichungen gebildet. Die Sig-nifikanz der Unterschiede wurde mitt-Tests ermittelt.

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Kernpunkte fur das Management

Die weitere Verbreitung des elektronischen Datenaustauschs (EDI) hangt u. a. wesentlich vonder Unterstutzung durch Dienstleister auf diesem Gebiet ab. Es stellt sich deswegen die Fra-ge, ob ihnen bewusst ist, was Anwender von ihnen erwarten, da eine bessere Unterstutzungletztlich fur Anbieter und Anwender zu großen Vorteilen fuhren kann.

Der Beitrag& zeigt, wie eventuell unterschiedliche Wahrnehmungen von Anbietern und Nachfragern

einer Dienstleistung ermittelt werden konnen und& dass die EDI-Anbieter sich der technischen Erfordernisse bewusst sind, aber die Bedurf-

nisse der Anwender nach betriebswirtschaftlicher Kompetenz der Anbieter unterschat-zen.

Stichworte: EDI, Erfolgsfaktoren, Delphi-Methode

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3 Ergebnisse

Die Bilder 1 (a und b) und 2 (a und b) zei-gen die „Wanderung“ der Erfolgsfaktorenuber die drei Runden, jeweils getrennt furAnwender (a) und Anbieter (b). Im erstenFall (Bild 1) wird die relative Haufigkeitder Faktornennungen und im zweiten Fall(Bild 2) der Faktorrang dargestellt. In bei-den Fallen sind nur die Erfolgsfaktoren be-rucksichtigt worden, die bis zum Schlussder Studie beibehalten worden sind. Die inden Bildern verwendeten Bezeichnungender Erfolgsfaktoren sind Stichworte fur dieim Anhang 1 gegebenen ausfuhrlichen Be-schreibungen der Erfolgsfaktoren.

Das Bild ist so zu interpretieren, dass z. B.der am Ende meist genannte Erfolgsfaktortechnisches EDI-Know-how in der erstenRunde von ca. 15%, in der zweiten Rundevon ca. 60% und in der dritten Runde von

ca. 90% der jeweiligen Teilnehmer als einerder zehn wichtigsten Erfolgsfaktoren ge-nannt wurde.

Aus den Bildern 1a und 1b ist insbesonderedie Entwicklung des Konsens daruber,welche Erfolgsfaktoren zu den wichtigstengehoren, ersichtlich. Es ist auch ersichtlich,dass die Wegnahme von zehn Erfolgs-faktoren nach der zweiten Runde nicht zueiner proportionalen Erhohung der Nen-nungen bei den verbliebenen Erfolgsfak-toren gefuhrt hat.

Aus den Bildern 2a und 2b ist die Rangfol-ge der Erfolgsfaktoren ersichtlich, so wiesie sich durch den durch die Delphi-Studieinitiierten Gruppenprozess entwickelt hat.Die in den Bildern dargestellten Range furdie Runden 2 und 3 sind auf der Basis dererrechneten durchschnittlichen Faktorran-ge (Gruppenrange) derart entstanden, dassder Erfolgsfaktor mit dem hochsten Grup-

penrang den Rang 1 erhalten hat, der Er-folgsfaktor mit dem zweithochsten Grup-penrang den Rang 2 usw. Dadurch gehtetwas Genauigkeit verloren, aber die Dar-stellung der Ergebnisse wird viel ubersicht-licher. Die Range fur Runde 1, in der keineRangvergabe vorgenommen wurde, erge-ben sich einfach aus der Anzahl der Nen-nungen.

Das Bild ist so zu interpretieren, dass z. B.der am Ende zweitwichtigste ErfolgsfaktorBranchen-Know-how diesen Rang vomsechzehnten Platz in der ersten Runde uberden ersten Platz in der zweiten Runde er-reicht hat. Die Rangverschiebungen vonder zweiten zur dritten Runde waren außerin drei Fallen minimal. Ein Vergleich zwi-schen 1a und 2a zeigt eine relativ hohe�bereinstimmung zwischen der AnzahlNennungen und der zugewiesenen Wich-tigkeit der Erfolgsfaktoren in dem Sinn,dass die am haufigsten genannten Faktoren

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1. Technisches EDI-Know-how2. Schnittstellen zu ERP-Systemen3. Reaktion auf Kundenwunsche4. Help Desk/Hotline

5. Branchen-Know-how6. Guter EDI-Konverter7. Web-EDI und Internet8. Stabilitat der Dienstleistung

9. Verfugbarkeit10. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse11. Flexibilitat12. Skalierbare Losungen

13. Einfache Losungen14. Komplettangebot

Bild 1a Relative Haufigkeiten der Faktornennungen durch EDI-Anwender

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meist mit hohen Rangen bedacht wurden(signifikante Korrelation von 0,82). Nur ineinem Fall besteht eine hohe Abweichung.Der Erfolgsfaktor betriebswirtschaftlicheKenntnisse wurde von nur ca. 45% derTeilnehmer der letzten Runde genannt,aber er ist von ihnen als sehr wichtig ange-sehen worden, sodass er zum Schluss denvierten Gruppenrang erreichte.

Im Fall der Anbieter kam es auch in derdritten Runde noch zu starkeren Rangver-schiebungen. Dabei machte der Erfolgsfak-tor guter Vertrieb den großten Sprung nachoben (neun Platze), wahrend Komplett-angebot die großte Einbuße erlitt (ebenfallsneun Platze). Beim Vergleich mit 1b falltam meisten der Erfolgsfaktor guter Ver-

trieb auf. Er wurde zwar von weniger als40% der Teilnehmer genannt, aber dafurmit sehr hoher Wichtigkeit bedacht. Ins-gesamt besteht bei Anbietern eine etwasgeringere, aber ebenfalls signifikante, Kor-relation von 0,68 zwischen Haufigkeitsran-gen (1b) und Gruppenrangen (2b).

Die Konsensbildung kann einerseits an derEntwicklung der Haufigkeiten in Abb. 1 aund b abgelesen werden. Andererseits wur-den fur Runde zwei und drei die durch-schnittlichen Standardabweichungen derRange der Erfolgsfaktoren berechnet (furRunde eins ist das nicht moglich, weil dortkeine Rangvergabe vorgenommen wurde).Bei Anbietern nahm dieser Wert von Run-de zwei zu drei von 2,902 auf 2,570 ab, mit

einer Signifikanz von p ¼ 0,020. Bei An-wendern nahm der Wert von 2,747 auf2,414 ab (p ¼ 0,067). Das bedeutet also,dass die Abweichung in der Rangvergabeinnerhalb der beiden Gruppen von Rundezwei auf Runde drei signifikant abgenom-men hat. Die Werte der Anwender sind inbeiden Runden zwar kleiner als die jeweili-gen Werte der Anbieter, aber diese Unter-schiede sind statistisch nicht signifikant,sodass aufgrund dieser Statistiken nichtbehauptet werden kann, dass Anwendermehr Konsens als Anbieter erreicht hat-ten.

Schließlich ist ein Vergleich der Einschat-zungen der kritischen Erfolgsfaktorendurch die beiden betrachteten Gruppen in-

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1. Technisches EDI-Know-how2. Guter EDI-Konverter3. Stabilitat der Dienstleistung4. Reaktion auf Kundenwunsche

5. Web-EDI und Internet6. Branchen-Know-how7. Schnittstellen zu ERP-Systemen8. Kundenkenntnis

9. Komplettangebot10. Help Desk/Hotline11. Gutes Projektmanagement12. Skalierbare Losungen

13. Guter Vertrieb14. Vorteile darlegen

Bild 1b Relative Haufigkeiten der Faktorennennungen durch EDI-Anbieter

Erfolgsfaktoren fur EDI-Dienstleister 33

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teressant. Diesen Sachverhalt stellt Bild 3dar. Daraus kann insbesondere gesehenwerden, wie weit Anbieter von Produktenund Dienstleistungen fur EDI die Bedurf-nisse ihrer Kunden kennen und wurdigen.Die Punkte in dem Bild sind so zu inter-pretieren, dass z. B. Punkt 3 den Erfolgs-faktor schnelle Reaktion auf Kundenwun-sche darstellt, der fur Anbieter derdrittwichtigste Erfolgsfaktor war und beiAnwendern Platz sieben einnahm.

Es kann vereinfacht festgestellt werden: Jenaher ein Punkt an der 45�-Linie liegt, des-to mehr Konsens uber die Wichtigkeit desErfolgsfaktors besteht zwischen den bei-den Gruppen. Wenn ein Punkt nicht aufdieser Linie liegt, kann die Signifikanz derunterschiedlichen Rangvergabe statistischgepruft werden (mithilfe eines t-Tests).Hierzu wurden die von den Teilnehmernin Runde drei vergebenen Range heran-gezogen. Punkte, die Erfolgsfaktoren re-prasentieren, bei denen eine signifikante

Nicht-�bereinstimmung zwischen An-wendern und Anbietern besteht, sind inBild 3 mit Sternchen markiert. Diese Er-folgsfaktoren bedurfen naherer Unter-suchung. Punkte auf den Achsen stellenErfolgsfaktoren dar, die von der einenGruppe als kritisch angesehen werden,aber bei der anderen Gruppe nicht bis zurletzten Runde vorgedrungen sind.

4 Interpretationder Ergebnisse

Die geringste �bereinstimmung unter denbis zur Runde drei verbliebenen Erfolgs-faktoren trat beim Erfolgsfaktor betriebs-wirtschaftliche Kenntnisse (Anwenderrang(Aw) ¼ 4, Anbieterrang (Ab) ¼ 17) auf.Darin ist sicherlich auch eine Teilerklarungder bisher langsamen Akzeptanz von EDIzu suchen und ein Ansatzpunkt fur verbes-serte Dienstleistung seitens der EDI-An-

bieter zu finden. Es ist auch fraglich, wieAnbieter den Kunden die Vorteile von EDIdarlegen wollen (ihr Rang 13), wenn siedem Verstandnis der betriebswirtschaftli-chen Ablaufe bei Anwendern nicht genu-gend Aufmerksamkeit schenken. In dasgleiche Bild passt auch die signifikant un-terschiedliche Einschatzung der Wichtig-keit des Branchen-Know-hows (Aw ¼ 2,Ab ¼ 7), wenn auch hier der Unterschiednicht so dramatisch ist.

Die Einschatzung der Wichtigkeit des Er-folgsfaktors technisches EDI-Know-how(Aw ¼ 1, Ab ¼ 5) weist einen Unterschiedvon nur vier Rangen auf, der aber statis-tisch signifikant ist. Vielleicht noch interes-santer ist die Tatsache, dass er von Anwen-dern wichtiger als von Anbieterneingeschatzt wird. Wir interpretieren dasso, dass die Anwender vom Anbieter dochzuerst technische Kompetenz erwarten, alsErganzung zur eigenen fachlichen Kom-petenz. Das reicht aber fur einen erfolgrei-

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1. Technisches EDI-Know-how2. Branchen-Know-how3. Schnittstellen zu ERP-Systemen4. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse

5. Guter EDI-Konverter6. Help Desk/Hotline7. Reaktion auf Kundenwunsche8. Web-EDI und Internet

9. Stabilitat der Dienstleistung10. Verfugbarkeit11. Einfache Losungen12. Flexibilitat

13. Komplettangebot14. Skalierbare Losungen

Bild 2a Rangentwicklung der Erfolgsfaktoren von EDI-Anwendern

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chen Anbieter nicht aus. Denn die folgen-den drei Erfolgsfaktoren der Anwender ha-ben eine klare fachliche Ausrichtung:Branchen-Know-how, Schnittstellen zuERP-Systemen und betriebswirtschaftlicheKenntnisse.

Die Erfolgsfaktoren Stabilitat der Dienst-leistung und Verfugbarkeit, die sachlichverwandt sind, werden ebenfalls unter-schiedlich eingeschatzt. Wahrend sie vonAnwendern beide als ahnlich wichtig ange-sehen werden (Platze 9 und 10), geben dieAnbieter dem ersten Erfolgsfaktor Platz 2und dem zweiten nur Platz 22. Diese Kom-bination der Rangvergabe durch die An-bieter, lasst uns vermuten, dass sie dieWichtigkeit der Verfugbarkeit nicht unter-schatzen, sondern einen Großteil der Be-deutung dieses Erfolgsfaktors schon in dieStabilitat der Dienstleistung transponierthaben. Wenn man noch einmal die Erkla-rung dieser Erfolgsfaktoren im Anhang be-trachtet, sieht man, dass mit Verfugbarkeitinsbesondere auch die schnelle Reaktion

bei Problemen mit dem Betrieb von EDIgemeint ist. Deswegen konnte man die Be-urteilungen dieser zwei Erfolgsfaktorenauch so zusammenfassen: Die Anbietersorgen sich sehr darum, dass ihre Dienst-leistungen fehler- und unterbrechungsfreilaufen und denken etwas weniger daran,was passiert, wenn es zu Problemenkommt. Die Kunden gehen davon aus, dassder Betrieb problemlos lauft, und sorgensich fast genau so viel darum, was passiert,wenn doch Probleme auftreten. Das zeigtauch indirekt, dass die Nutzung von EDI,bei den an der Studie beteiligten Firmen ei-ne hohe Bedeutung hat.

Eine große Disparitat der Einschatzungenist auch beim Erfolgsfaktor Kundenkennt-nis (Aw ¼ 19, Ab ¼ 11) zu beobachten.Hier ist zu vermuten, dass die Anwendereinen Teil der Bedeutung dieses Erfolgsfak-tors bei den von ihnen sehr hoch einge-schatzten Erfolgsfaktoren Branchen-Know-how und betriebswirtschaftlicheKenntnisse besser aufgehoben sehen. Bei

Anbietern konnte die hohe Wichtigkeitteilweise auch mit Marketinguberlegungenzusammenhangen. Das ist noch viel starkerbeim Erfolgsfaktor guter Vertrieb zu ver-muten, der bei Anwendern nach der zwei-ten Runde herausfiel, aber bei Anbieternzum Schluss Rang vier erreichte. Man kannnur hoffen, dass damit kein uberhohterVerkaufsdrang verbunden ist, sondern derWunsch, die Kunden optimal zu beraten.

Beim Erfolgsfaktor skalierbare Losungen(Aw ¼ 14, Ab ¼ 10) besteht kein großer,aber doch ein signifikanter Unterschied inder Einschatzung seiner Wichtigkeit. Es er-scheint jedoch plausibel, dass ihn die An-bieter hoher einordnen als die Anwender,weil ihre Losungen Kunden unterschiedli-cher Große „passen“ sollten. Wenn sie dasnicht erreichen konnen, schmalern sie ihrMarktpotenzial.

Erfolgsfaktoren, bei denen die großte �ber-einstimmung zwischen Anwendern undAnbietern besteht, sind Web-EDI und In-

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Runde 1 Runde 2 Runde 3

1. Guter EDI-Konverter2. Stabilitat der Dienstleistung3. Reaktion auf Kundenwunsche4. Guter Vertrieb

5. Technisches EDI-Know-how6. Web-EDI und Internet7. Branchen-Know-how8. Schnittstellen zu ERP-Systemen

9. Gutes Projektmanagment10. Skalierbare Losungen11. Kundenkenntnis12. Komplettangebot

13. Vorteile darlegen14. Help Desk/Hotline

Bild 2b Rangentwicklung der Erfolgsfaktoren von EDI-Anbietern

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Page 8: Die kritischen Erfolgsfaktoren für EDI-Dienstleistungsanbieter; Critical success factors for providers of EDI services — a Delphi study;

ternet (Aw ¼ 8, Ab ¼ 6) und Komplett-angebot (Aw ¼ 13, Ab ¼ 12). Die zuneh-mende Bedeutung von Internet fur EDI,sowohl als Transportmedium als auch furneuartige Losungen, wird auch in anderenStudien festgestellt (z. B. in [Pric99]) undhier nochmals bestatigt. Die Anwender se-hen Internet offensichtlich im Zusammen-hang mit EDI und nicht als sich ausschlie-ßende Alternativen, wie es manchmal inder Fachpresse prasentiert wird (z. B.[Froo99, Harp00]). EDI-Dienstleister ha-ben verstanden, dass sie ihre Kompetenzund Angebote bezuglich Internet erweiternmussen. Der von den Anbietern erkannteWunsch der Anwender nach Komplett-angeboten ist verstandlich, denn die Nut-zung von EDI erfordert verschiedene

Dienstleistungen, die viele Anwender nichtselbst erbringen konnen oder wollen.Wenn diese Dienstleistungen von verschie-denen Anbietern bezogen werden mussen,erhoht der notwendige Koordinations-bedarf die Kosten des EDI-Einsatzes.

Unter den Erfolgsfaktoren mit hohen Ran-gen und mit nicht signifikant unterschiedli-cher Einschatzung sind folgende zu erwah-nen: Gute Schnittstellen zu ERP-Systemensind auf Grund der Verbreitung von sol-cher Standardsoftware unerlasslich. Ein gu-ter EDI-Konverter wird von beiden Grup-pen als sehr wichtig angesehen, da er einenKern des traditionellen EDI darstellt. Eineschnelle Reaktion auf Kundenwunsche be-notigen die Anwender auf Grund sich

standig andernder geschaftlicher Anforde-rungen, denen sie ausgesetzt sind, und dieAnbieter haben diesen Bedarf erkannt.Schließlich sehen insbesondere Anwendereine gute Help Desk/Hotline als sehr wich-tig an. Wenn man die Beurteilung der An-bieter nun im Zusammenhang mit demErfolgsfaktor Verfugbarkeit betrachtet,entsteht der Eindruck, dass hier nochNachholbedarf besteht, sicher in der Wahr-nehmung des Anwenderbedarfs, aber ver-mutlich auch in der tatsachlichen Leistung.

Wie in der Beschreibung des methodischenVorgehens angemerkt, stimmen in einigenwenigen Fallen der Gruppenrang und dieHaufigkeit der Nennung nicht miteinanderuberein. Hierbei ist insbesondere der Er-folgsfaktor Clearingservice im Fall der An-bieter zu nennen. Er wird zwar fast von je-dem zweiten Anbieter genannt (genau sooft wie z. B. der Erfolgsfaktor Kunden-kenntnis, der Gruppenrang 11 belegt), aberfast immer mit einem niedrigen Rang, so-dass er nur den 18. Gruppenrang erreicht.Bei Anwendern spielt dieser Erfolgsfaktoreine noch geringere Rolle (er ist schon inder zweiten Runde herausgefallen). Letzte-res lasst sich vielleicht teilweise dadurch er-klaren, dass die meisten Anwender in derStudie großen Organisationen angehoren,deren Bedarf an solchen Diensten kleinerals bei kleineren Anwenderorganisationensein durfte. Insgesamt muss man jedochfeststellen, dass Clearingdienste, zumindestim Bewusstsein der befragten Experten,keine so wichtige Rolle spielen, wie man esnach sachlogischen �berlegungen vielleichterwarten wurde. Beim Erfolgsfaktor Vor-teile darlegen ist die Situation umgekehrt;er hat noch den 13. Rang errungen, obwohler nur selten genannt wurde. Er wurdeschon oben diskutiert.

Diese Ergebnisse konnen in Bezug zu Stu-dien uber Adoption und Diffusion vonEDI gesetzt werden. In Abschnitt 1 wurdebereits festgestellt, dass EDI-Dienstleisterauf die ermittelten Einflussfaktoren fur dieEntscheidung uber EDI-Adoption erwar-tete Vorteile, IT-Reife und Bereitschaft derGeschaftspartner einwirken konnen. Hierwird nun konkretisiert, wie das geschehenkann. Die eventuell fehlende IT-Reife derAnwender kann z. B. mit technischemKnow-how, Unterstutzung von Schnittstel-len zu ERP-Systemen und guten EDI-Konvertern ausgeglichen werden. Die Be-reitschaft der Geschaftspartner kann z. B.mit Hilfe von Branchen-Know-how undschneller Reaktion auf Kundenwunsche,

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1. Guter EDI-Konverter 6. Web-EDI und Internet 13. Vorteile darlegen2. Stabilitat der Dienst- 7. Branchen-Know-how 14. Help Desk/Hotline

leistung 8. Schnittstellen zu ERP-Systemen 15. Betriebswirtschaft-3. Schnelle Reaktion auf 9. Gutes Projektmanagement liche Kenntnisse

Kundenwunsche 10. Skalierbare Losungen 16. Einfache Losungen4. Guter Vertrieb 11. Kundenkenntnis 17. Flexibilitat5. Technisches EDI- 12. Komplettangebot 18. Verfugbarkeit

Know-how

Bild 3 Gegenuberstellung der EDI-Erfolgsfaktoren von Anwendern und Anbietern

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Page 9: Die kritischen Erfolgsfaktoren für EDI-Dienstleistungsanbieter; Critical success factors for providers of EDI services — a Delphi study;

was explizit die Aufnahme neuer Partnerbeinhaltet (siehe Anhang), unterstutzt wer-den. Dienstleister konnen Anwender beider Ermittlung der zu erwartenden Vorteileerst dann sinnvoll unterstutzen, wenn sieauch uber betriebswirtschaftliche Kenntnis-se verfugen. Doch eine positive Beeinflus-sung bei der Entscheidung uber die Adop-tion reicht weder fur Anwender nochAnbieter aus, um die potenziellen Vorteilevon EDI voll auszunutzen. Eine adoptierteInnovation sollte innerhalb einer Organisa-tion oder eines geschaftlichen Netzwerksauch so weit wie sinnvoll diffundiert (ver-breitet) werden.

Die Diffusion von EDI in einer Organisati-on kann ausgedruckt werden durch dasVolumen (z. B. Anteil der uber EDI aus-getauschten Dokumente an allen Doku-mentaustauschtransaktionen), die Vielfalt(z. B. Anzahl unterschiedlicher EDI-Nach-richtentypen, die genutzt werden), dieBreite (z. B. Anzahl der Partner, mit denenEDI getrieben wird) und die Tiefe als einMaß fur die Verknupfung von Geschafts-prozessen der beteiligten Geschaftspartner[MaZm96]. In einer Studie [RaPC99] wur-den die Voraussetzungen fur die Diffusionvon EDI und den wirtschaftlichen Erfolgeines EDI-nutzenden Unternehmens in ei-nem Modell gleichzeitig untersucht. Denstarksten Einfluss auf die Diffusion ubtenKundenunterstutzung, ein Konstrukt, dassich teilweise mit dem Konstrukt Bereit-schaft der Geschaftspartner deckt (Ab-schnitt 1) und interne bzw. Management-unterstutzung aus; der Teil interneUnterstutzung deckt sich teilweise mit demKonstrukt „IT-Reife“ (Abschnitt 1). Denstarksten Einfluss auf den wirtschaftlichenErfolg ubten erwartete/realisierte Vorteile(positiv) und Ressourcenintensitat (negativ)aus. Diese Konstrukte decken sich nahezuvollkommen mit den fast gleichnamigenKonstrukten aus Abschnitt 1. Wett-bewerbsdruck hatte auch Einfluss auf dieDiffusion. Damit scheinen in etwa die glei-chen Faktoren, die die Adoption vom EDIbeeinflussen, auch die spatere Diffusionund den wirtschaftlichen Erfolg zu beein-flussen. Der einzige von EDI-Dienstleis-tern beeinflussbare Faktor, der sowohl beiAdoption als auch Diffusion eine Rollespielt, aber in unserer Studie nicht als Er-folgsfaktor fur die Dienstleister ermitteltwurde, sind die finanziellen Ressourcen.Dieser Kostenfaktor, hier als transparentePreisgestaltung benannt, ist sowohl bei An-wendern als auch bei Anbietern bereits inder zweiten Runde ausgeschieden. Die Er-

klarung dafur aus Anbietersicht ist bereitsin Abschnitt 1 genannt worden. Bei An-wendern hat dieser Faktor wahrscheinlichdeswegen keine Rolle gespielt, weil sie be-reits die Startinvestitionen getatigt habenund als großere Firmen weniger kostensen-sitiv sind; sie konzentrieren sich starker aufdie Verbesserung der Nutzenseite. Ins-gesamt ergibt sich, dass Dienstleister dieDiffusion und den Erfolg von EDI grund-satzlich in gleicher Weise wie die Adoptionunterstutzen konnen. Auch in diesem Fallkonkretisiert unsere Studie, auf welcheAspekte Dienstleister besonders eingehenund achten sollten.

5 Methodische Diskussion

Die Ergebnisse und ihre Interpretationmussen unter den Nebenbedingungen dermethodischen Schwachen gesehen werden.Diese sind nachfolgend genannt.

In der Zusammenfassung der Antwortender ersten Runde konnen unbeabsichtigteFehler derart gemacht worden sein, dassErfolgsfaktoren zusammengefasst wurden,die nicht zusammen gehoren. Das ist derNachteil, den man in Kauf nehmen muss,wenn man auf Zusammenkunfte verzichtet,in denen die Teilnehmer ihre Standpunkteerklaren und semantisch abgleichen konn-ten.

Die in den Fragebogen der zweiten unddritten Runde benutzten Kurzbezeichnun-gen der Erfolgsfaktoren (siehe Anhang 2)konnten zu Missverstandnissen gefuhrt ha-ben, wenn die Teilnehmer bei der Beant-wortung der Fragebogen nicht auf die mit-gelieferte Langfassung der Erfolgsfaktoren(siehe Anhang 1) geachtet haben. Auch die-ser Nachteil lasst sich nicht leicht vermei-den, da bei Benutzung der Langfassung die�bersichtlichkeit beim Ausfullen des Fra-gebogens verloren geht. Insbesondere wur-de das Abwagen bei der Rangvergabe beieiner mehrseitigen Liste sehr erschwertwerden.

Die Zusammenfassung der Antwortenuber die Formel in Abschnitt 2 birgt Ge-fahren. Ein Teilnehmer druckt durch dieVergabe von Rangen seine Praferenzord-nung aus. Es gibt im allgemeinen Fall je-doch keine „gerechte“ Funktion (Unmog-lichkeitstheorem von Arrow), mit der mandie Praferenzordnungen aller Teilnehmerso aggregieren konnte, dass bestimmte for-

male Bedingungen erfullt sind (siehe dazuz. B. [BaCo00]). Diese Tatsache gilt auchdann, wenn die Teilnehmer eine vollstandi-ge Praferenzordnung angeben (hier war sieunvollstandig, weil nur die ersten zehnRange vergeben wurden). Das bedeutet,dass eine andere Aggregationsfunktion zuanderen Ergebnissen fuhren konnte. Des-wegen sollte jede Aggregationsfunktion aufihre Plausibilitat und Eignung im gegebe-nen Kontext uberpruft werden. Die be-nutzte Funktion erscheint uns auf Grunddes gewahlten Studiendesigns sinnvoll undinsbesondere vorteilhafter als eine einfacheFunktion zur Durchschnittsbildung.

Ein weiteres Problem ergibt sich bei derZuordnung der nach der Formel berech-neten Gruppenrange zu ganzzahligen auf-steigenden Rangen zwecks visueller Dar-stellung der Ergebnisse in Bildern 1 bis 3.Die berechneten Werte liegen oft so nahbeieinander, dass sie sich nur in einerNachkommastelle unterscheiden (sieheAnhang 2). Bei den Berechnungen derStandardabweichungen und Mittelwertefur die statistischen Signifikanztests wer-den jedoch die individuellen, von den Teil-nehmern vergebenen Range herangezogen,sodass keine statistisch falschen Schlussegezogen werden.

6 Zusammenfassung

Die von den insgesamt ca. 60 EDI-Exper-ten, die an der Delphi-Studie teilgenom-men haben, ermittelten kritischen Erfolgs-faktoren fur EDI-Dienstleister gebeneinige gute Ansatzpunkte fur Verbesserun-gen ihrer Dienstleistungen. Es sei ange-merkt, dass die gewonnenen ErgebnisseBestand haben, unabhangig davon, ob die�bertragung der Daten uber ein VAN, einIntranet, ein Extranet oder das Internet er-folgt, und auch unabhangig davon, ob diezu ubertragenden Daten mithilfe von etab-lierten EDI-Formaten oder auf der Basisvon XML strukturiert werden. Das liegtdaran, dass Branchen-Know-how und be-triebswirtschaftliche Kenntnisse auch inden Fallen, in denen z. B. zwei Geschafts-partner das gleiche ERP-System einsetzen,notwendig sind, um Kunden bei der An-passung ihrer Prozesse an ihre Partnereffektiv helfen zu konnen. TechnischesKnow-how ist wiederum fur die effiziente,zuverlassige und sichere Nutzung sowohltraditioneller �bertragungswege als auchder Internettechnologien notwendig. Mit

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Page 10: Die kritischen Erfolgsfaktoren für EDI-Dienstleistungsanbieter; Critical success factors for providers of EDI services — a Delphi study;

anderen Worten, selbst wenn das „traditio-nelle EDI“ wegen Internet und starker in-tegrierter Prozesse zwischen Unternehmenan Bedeutung verlieren sollte, wie es man-che Marktforscher prophezeien (z. B.[Inpu99]), wird der Bedarf nach EDI-Dienstleistern, die uber technisches undbetriebswirtschaftliches Know-how ver-fugen, bestehen bleiben. Schließlich bekun-den IT-Verantwortliche auch fur die naheZukunft ein großes Interesse am elektro-nischen Datenaustausch. Bei einer Befra-gung von 352 IT-Managern mit Budgetver-antwortung landete das Thema Elektro-nischer Datenaustausch mit Lieferantenund Kunden auf dem neunten Platz, deut-lich vor einer Reihe von „modischeren“Themen [Info99].

Der Beitrag dieser Studie besteht darin, diein der bisherigen Literatur vernachlassigteAnalyse der Anforderungen der Anwenderan EDI-Dienstleister untersucht zu haben.Gleichzeitig wurde untersucht, wie weitsich die Anbieter dieser Anforderungen be-wusst sind.

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Abstract

Critical success factors for providers of EDI services – a Delphi study

The potential of Electronic Data Interchange (EDI) has not yet been fully realized despite theexistence of appropriate standards and technologies. Service providers in this area play animportant role as providers of the infrastructure, providers of conversion programs, or con-sultants. This paper examines the critical success factors of EDI service providers as per-ceived by them and their customers. It finds that the views of these groups are partly diver-gent, especially with respect to the need for knowledge of business processes. The findingscan help providers to improve their services for their own benefit and the benefit of theirusers.

Keywords: EDI, critical success factors, Delphi method

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Page 11: Die kritischen Erfolgsfaktoren für EDI-Dienstleistungsanbieter; Critical success factors for providers of EDI services — a Delphi study;

Anhang 1

Von EDI-Experten vorgeschlageneErfolgsfaktoren und ihre Erklarungen

Unterstutzung der Schnittstellen zu gangigenERP-SystemenBasiswissen uber Standardsoftware (z. B.SAP, BAAN, Oracle). Bei EDI-Produktenmoglichst zertifizierte Schnittstellen zu die-sen Systemen, vorzugsweise mit integrierterStatusruckmeldung und vordefinierten Map-pings fur einen schnelleren Anlauf des Pro-jektes.

Technisches EDI-Know-howKenntnisse der EDI-Verfahren und -Nach-richten sowie deren Einsatz sind erforder-lich. Dazu gehort auch Produkt-Know-howunter verschiedenen Betriebssystemen.

Einfache LosungenNicht das zukunftig technisch Machbare,sondern das heute Nutzbare bringt Ergeb-nisse, also „einfach uberlegen‘‘. Bedienungder Software kann gar nicht einfach genugsein.

Branchen-Know-howKenntnis der Branchenspezifika, um effektivberaten und implementieren zu konnen. Da-zu gehoren Kenntnisse der jeweiligen EDI-Subsets und Beziehungen zu den EDI-Hubsder Branche sowie Kenntnisse ihrer Prozes-se. Ein Angebot von Branchenlosungen istauch wunschenswert.

FlexibilitatAnpassungsfahigkeit der eigenen Produktean heterogene Soft- und Hardwareumgebun-gen muss gegeben sein. KundenspezifischeNormenanpassung oder bilaterale Formatedurfen kein Problem darstellen. Die Bereit-schaft muss vorhanden sein, einmal erstellteLosungen preisgunstig an weitere Anforde-rungen anzupassen.

Zusatzanwendungen und InnovationenErweiterte Dienstleistungen (z. B. Konten-abstimmung, Palettensaldenabstimmungoder Workflow Integration) sollten angebo-ten werden. Der Dienstleister sollte generellnicht nur auf Kundenwunsche reagieren,sondern auch eigene innovative Losungenanbieten.

Unterstutzung aller �bertragungswegeEin Kunde muss oft fur die verschiedenenPartner unterschiedliche �bertragungswege(z. B. ISDN, Datex-P, Internet usw.) benut-zen. Der Dienstleister sollte sie alle unter-stutzen konnen, auch, um dem Kunden diegunstigste Alternative empfehlen zu konnen.

Betriebswirtschaftliche KenntnisseKenntnisse der betriebswirtschaftlichen Ab-laufe, Zusammenhange und deren Auswir-kungen im Zusammenhang mit EDI sindnotwendig, damit betriebswirtschaftlichsinnvolle Losungen entwickelt werden. DieRolle von EDI bei Business Reengineeringund diversen Strategien wie ECR, JIT oderTQM sollte verstanden worden sein.

Transparente PreisgestaltungKlare und transparente Preisgestaltung so-wohl fur die Implementierung als auch imlaufenden Betrieb. Das Verhaltnis zwischenKosten und Leistung muss fur den Kundennachvollziehbar und sinnvoll sein.

MultistandardfahigkeitDer sehr heterogene Markt, in dem sich jedesUnternehmen befindet, sowohl als Kundeals auch als Lieferant, fordert diese Flexibili-tat. Der Dienstleister muss die gangigenEDI-Standards/Formate unterstutzen bzw.kennen, damit die geeigneten Formate zurAnwendung kommen.

Web-EDI und InternetInternetunterstutzung fur EDI ist wichtigfur zunehmend an Bedeutung gewinnendeEC-Losungen in diesem Umfeld. Das be-trifft sowohl die Kommunikationsseite alsauch die Anwendungsseite. Fur Partner, diesehr wenige Nachrichten austauschen, kanneine Oberflache im WWW bereitgestelltwerden, wo in vordefinierte Formulare In-formationen eingestellt werden.

Internationales AngebotViele Unternehmen haben sowohl nationaleals auch internationale Kunden. Der Dienst-leister sollte nach Moglichkeit mit lokalenRessourcen (Landessprachen und Kenntnis-sen lokaler Standards) unterstutzen konnen,wenigstens uber virtuelle Support Teams.

KomplettangebotEs genugt nicht mehr, sich rein auf die Instal-lation von Konvertern zu beschranken. Zu-nehmend wichtig sind auch Angebote wieMiete, Outsourcing, Kommunikationsplatt-form (VANS), �bergangsdienste, Partneran-bidung. Der gesamte EDI-Geschaftsprozesssollte von dem EDI-Dienstleister im Sinn ei-nes One-stop-shopping unterstutzt werden.

Help Desk/HotlineDie Mitarbeiter der Help Desk (im CallCenter) mussen nicht nur die reine Technikexzellent beherrschen, sie sollten auchKnow-how bzgl. Anwendungen besitzen.Nach erfolgter Beratung sollte eine preis-gunstige Hotline moglich sein, um die Kon-tinuitat der Beziehung zu wahren. Die Hot-line sollte gut erreichbar sein.

Vorteile darlegenDer Dienstleister muss dem Kunden helfen,die Rationalisierungsvorteile zu erkennen.Er muss sich auch Gedanken uber die Mark-te und Chancen des Kunden machen und ermuss helfen, die Unterstutzung des Topma-nagements des Kunden fur das Projekt zu si-chern.

Schnelle Reaktion auf KundenwunscheSchnelle Reaktion auf Kundenwunsche (z. B.die Umsetzung von �nderungen in Map-pings oder das Einrichten von neuen Part-nern).

Gutes MarketingEine konsequente Marketingstrategie ist furden Erfolg des Dienstleisters wichtig, dazugehort auch der Nachweis erfolgreicher Im-plementierungen in verschiedenen Branchen.

VAN-DiensteDie erwarteten VAN-Vorteile wie Sicherheit,Archivierung, Compliance Prufungen, Inter-connectivity zu anderen VANs mussen gege-ben sein. �bergange in andere Netze mussenschnell genug sein, um zeitkritische Doku-mente versenden zu konnen. Berater mussenPreise und Leistungsmerkmale der Netz-anbieter kennen.

KundenkenntnisOhne dass man die Anwendungsproblemeund die innerbetrieblichen Prozesse desKunden genau kennt, kann man ihn nicht ef-fektiv unterstutzen. Zur Analyse gehort auchdie Untersuchung, wie weit die fuhrendenPartner und Kunden des beratenen Unter-nehmens EDI anwenden.

Stabilitat der DienstleistungDie Dienstleistung, insbesondere im laufen-den Betrieb, muss fehler- und unterbre-chungsfrei sein.

ClearingserviceBeim EDI-Clearing sollten sowohl der phy-sische Austausch von Nachrichten als auchdie Umsetzung beliebiger Formate unter-stutzt werden.

Unterstutzung kundenspezifischer Schnitt-stellenKundenspezifische Schnittstellen mussen un-terstutzt werden.

Gutes ProjektmanagementSetzen und Einhalten von Deadlines, Kom-munizieren des Rollout-Fortschritts undEinsatz von Projektmanagmenttools sindnotwendig.

Skalierbare LosungenGunstige Einstiegsangebote sollten kleinenund mittleren Unternehmen den Einstieg er-leichtern. Fur wachsende Bedurfnisse solltenGesamtkonzepte, unterschiedliche ServiceLevels, Key Support (exklusive Betreuung),

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Erfolgsfaktoren fur EDI-Dienstleister 39

Page 12: Die kritischen Erfolgsfaktoren für EDI-Dienstleistungsanbieter; Critical success factors for providers of EDI services — a Delphi study;

verteilte EDI-Produktion, Plattformintegra-tion, Remote Managment und EDI-Out-sourcing angeboten werden.

Verfugbarkeit24-Stunden-Betrieb. Unterstutzung in einemvernunftigen Zeitraum, nicht mindestens vierStunden Wartezeit.

Guter EDI-KonverterEin Dienstleister sollte einen leistungsfahi-gen EDI-Konverter (z. B. mit guter Hand-habung von Setups und Mappings) anbietenoder gute Kenntnisse gangiger Konverter be-sitzen.

VertraulichkeitHochstmogliche Vertraulichkeit der �ber-tragungen sollte durch entsprechende Ver-schlusselung gewahrleistet sein.

Know-how der KommunikationssoftwareDer Dienstleister muss die gangigen Kom-munikationsprotokolle (z. B. X.400, X.25und TCP/IP) und -software beherrschenund Kommunikationshardware (z. B. MTA,Exchange Server und Router) konfigurierenkonnen.

Guter VertriebDie beste Dienstleistung nutzt nicht viel, so-lange nicht eine konsequente vertrieblicheUnterstutzung mit dem Angebot einhergeht.

Theoretische FundierungDie Implementierung von EDI soll einemtheoretischen Modell (z. B. Hub & Spokes)folgen, das sich eins zu eins in die Praxis uber-tragen lasst.

Bei der Prioritatenfestsetzung helfenDamit EDI beim Kunden insgesamt erfolg-reich eingefuhrt wird, sollten EDI-Projektein der richtigen Reihenfolge durchgefuhrtwerden.

TransaktionsloggingEine vollstandige Transaktionsverfolgunginkl. entsprechendem Acknowledgementsollte sichergestellt sein.

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Anhang 2

Beispiel eines Fragebogens in der dritten Runde (Teilnehmeridentifikation geandert)

Erfolgsfaktoren fur EDI-DienstleisterBitte tragen Sie in der letzten Spalte eine Zahl zwischen 1 (wichtigster Faktor) und 10 ein,die dem Rang des Faktors entspricht. Jeder Rang darf nur einmal vergeben werden, selbstwenn das sehr schwer fallt.

Erfolgsfaktor IhreBewertung inder letztenRunde

Durch-schnittlichenormierteBewertungdieses Faktors

Ihre neueBewertung

Guter EDI-Konverter 3 1,0

Stabilitat der Dienstleistung 4 2,1

Komplettangebot 7 2,6

Schnelle Reaktion auf Kundenwunsche 2 4,2

Web-EDI und Internet 4,4

Technisches EDI-Know-how 1 4,6

Vorteile darlegen 5,2

Branchen-Know-how 7,4

Unterstutzung der Schnittstellen zugangigen ERP-Syst.

10 7,8

Help Desk/Hotline 6 7,9

Flexibilitat 8,9

Einfache Losungen 5 8,9

Guter Vertrieb 9,5

Kundenkenntnis 10,7

Betriebswirtschaftliche Kenntnisse 12,4

Gutes Projektmanagement 13,2

Unterstutzung kundenspezifischerSchnittstellen

8 14,1

Skalierbare Losungen 14,1

Unterstutzung aller �bertragungswege 17,6

Clearingservice 9 18,1

Verfugbarkeit 21,9

Multistandardfahigkeit 22,0

Firma: EDIFUX/Ansprechpartner: Egon Muller

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