Upload
nguyenngoc
View
213
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Die Kryosphäre:
Schnee, Vergletscherung, Meereis und deren Einfluß auf das Klima
Seminar „Wetter und Klima“ – Wintersemester 2012/2013
Michael Reinwald
20. Dezember 2012
1 Einleitung
Inhalt
1 Einleitung ................................................................................................................................................2
1.1 Definition der Kryosphäre ..............................................................................................................2
1.2 Die Kryosphäre auf der Erde...........................................................................................................2
1.3 Komponenten der Kryosphäre .......................................................................................................3
1.4 Einflussdauer der Komponenten....................................................................................................3
1.5 Entstehung von Eis und Schnee......................................................................................................5
1.5.1 Eis ...........................................................................................................................................5
1.5.2 Schnee ....................................................................................................................................5
2 Schnee.....................................................................................................................................................6
2.1 Klimabeeinflussung des Schnees ....................................................................................................7
2.2 Veränderungen und Prognosen......................................................................................................9
3 Meereis .................................................................................................................................................11
3.1 Unterschiede zwischen Arktis und Antarktis ................................................................................12
3.2 Klimabeeinflussung des Meereises ..............................................................................................13
3.3 Veränderungen des Meereises.....................................................................................................16
3.3.1 Nordhalbkugel......................................................................................................................16
3.3.2 Südhalbkugel ........................................................................................................................17
3.4 Prognosen.....................................................................................................................................18
4 Gletscher ...............................................................................................................................................18
4.1 Akkumulation und Metamorphose ..............................................................................................19
4.2 Ablation ........................................................................................................................................19
4.3 Massenhaushalt............................................................................................................................20
4.4 Schichten eines Gletschers ...........................................................................................................21
4.5 Gletschertypen .............................................................................................................................22
4.6 Klimabeeinflussung der Gletscher ................................................................................................24
4.7 Prognosen.....................................................................................................................................28
5 Literaturverzeichnis ..............................................................................................................................29
Inhalt
2 Einleitung
1 Einleitung
Abbildung 1: Übersicht der Kryosphäre
1.1 Definition der Kryosphäre Die Kryosphäre (von altgriechisch κρύος (cryos), "kalt" oder "Eis") bezeichnet den Teil der
Erdoberfläche auf dem Wasser in fester Form vorkommt. Dazu gehören
• Meereis
• See‐ und Flußeis
• Schnee
• Gletscher
• Eiskappen und –schilde
• Permafrostböden.
Ungefähr 100 Nationen sind teilweise bedeckt durch kryosphärische Komponenten.
1.2 Die Kryosphäre auf der Erde
Abbildung 2: Lage der Planeten im Phasendiagramm von Wasser
3 Einleitung
Der Grund warum speziell auf der Erde die Kryosphäre eine große Rolle spielt ist bekannt: Auf der
Erde kann Wasser in allen drei Aggregatszuständen vorkommen, oder können sich Phasenübergänge
zwischen den Zuständen, durch ideale Druck‐ und Temperaturbereiche, vollziehen. Auf keinem
Planeten unseres Sonnensystems ist dies sonst möglich.
1.3 Komponenten der Kryosphäre
Abbildung 3: Fläche, Volumen und Meeresspiegeläquivalent der Komponenten
Die Kryosphäre an Land beinhaltet 75% des Trinkwassers auf der Welt. Das gespeicherte
Wasservolumen Grönlands und der Eisschilde der Antarktis ist äquivalent zu einem Anstieg des
Meeresspiegels von 7 Metern bzw. 57 Metern.Immer wieder hat man in jüngster Vergangenheit
herausgefunden, dass Veränderungen der Eismasse zu Veränderungen des Meeresspiegels führten.
Auf regionaler Basis spielen vor allem Gletscher und Eiskappen eine wichtige Rolle für die
Verfügbarkeit von Trinkwasser.Insgesamt sind im Moment 10% der Oberflächeder Erde permanent
mit Eis bedeckt, wobei nur ein Bruchteil davon Eiskappen oder Gletscher außerhalb Grönlands oder
der Antarktis sind.
1.4 Einflussdauer der Komponenten Veränderungen der verschiedenen Komponenten der Kryosphäre geschehen auch in
unterschiedlichen Zeitfenstern, je nach dynamischen und thermodynamischen Eigenschaften.So
leisten sämtliche Komponenten ihren Beitrag zu Kurzzeit‐Klimaveränderungen, Permafrostböden,
Eiskappen und –schilde jedoch auch zuVeränderungen auf langer Sicht, inklusive Eiszeiten.
4 Einleitung
Abbildung 4: Komponenten und Verweilzeit von Wasser eben dort
Die Einflüsse der Kryosphäre auf das globale Klima der Erde lassen sich in drei Bereiche aufteilen:
• Die Wirkung von Eis und Schnee auf die Strahlungsbilanz der Erde
• Der Massen‐ bzw. Wasseraustausch der Pole mit dem Rest der Erde
• Die Energiebilanz – hauptsächlich durch Wärmeübertragung
Abbildung 5 stellt eine kleine Zusammenfassung dar, in wieweit diese Einflüsse miteinander
wechselwirken und welche Komponenten dabei eine Rolle spielen.
Abbildung 5: Wechselwirkung der Kryosphäre im Klimasystem Erde
5 Einleitung
1.5 Entstehung von Eis und Schnee
1.5.1 Eis
Eis kristallisiert in der Natur hexagonal (Gitterparameter: a = 6,27 Å und c = 5,97 Å). Dabei schließen
sich jeweils sechs Wassermoleküle über Wasserstoffbrückenbindungen zu einem Ring zusammen.
Jedes Molekül ist wiederrum Teil von zwei benachbarten Ringen. Die hexagonale Symmetrie der
Kristallstruktur spiegelt sich in der makroskopischen Gestalt der Eiskristalle wider. In dieser Struktur
ist jedes Sauerstoffatom tetraedrisch von jeweils vier anderen O‐Atomen umgeben.
Hexagonales Eis wird mit Eis bezeichnet. Seine Dichte liegt bei etwa 0,92 g/cm3 (0 °C), womit es –
im Gegensatz zu den meisten anderen Stoffen – leichter als im flüssigen Zustand ist.
Unter −22 °C und über 207,5 MPa bilden sich jedoch noch andere, zum Beispiel kubische Eisformen
aus, etwa das metastabile, kubische Eis in welchem die Sauerstoffatome eine Diamantstruktur
aufweisen. Bisher sind 16 kristalline und 5 amorphe Modifikationen bekannt (Stand Januar 2010).
Letztere sind Formen ohne Kristallstruktur.
Abbildung 6: Phasendiagramm und schematische Struktur von Eis
1.5.2 Schnee
Schnee ist im Endeffekt natürlich Eis, nur die Entstehung geht anders von statten.
6 Schnee
Schnee entsteht, wenn sich in den Wolken feinste Tröpfchen unterkühlten Wassers an
Kristallisationskeimen (zum Beispiel Staubteilchen) anlagern und dort gefrieren.
Dieser Prozess setzt jedoch erst bei Temperaturen unter ‐12 °C ein, wobei Wasser in Abwesenheit
von Kristallisationsansätzen bei bis zu ‐40 °C flüssig bleiben kann. Die dabei entstehenden
Eiskristalle, weniger als 0,1 mm groß, fallen durch zunehmendes Gewicht nach unten und wachsen
durch den Unterschied des Dampfdrucks zwischen Eis und unterkühltem Wasser weiter an. Auch
resublimiert der in der Luft enthaltene Wasserdampf, geht also direkt in Eis über und trägt damit zum
Kristallwachstum bei. Es bilden sich die bekannten sechseckigen Formen aus.
Wegen der besonderen Struktur der Wassermoleküle sind dabei nur Winkel von 60° bzw. 120°
möglich. Die unterschiedlichen Stammformen der Schneekristalle hängen von der Temperatur ab ‐
bei tieferen Temperaturen bilden sich Plättchen oder Prismen aus, bei höheren Temperaturen
sechsarmige Dendriten (Sterne). Auch die Luftfeuchtigkeit beeinflusst das Kristallwachstum.
Im Folgenden werden nun die Komponenten „Schnee“, „Meereis“ und „Gletscher“der Kryosphäre
erläutert und deren Veränderungen und Prognosen aufgezeigt.
2 Schnee
Abbildung 7: Übersicht der Schneeverteilung auf der Erde
Nach den Permafrostböden ist Schnee die zweitgrößte Komponente der Cryosphäre. Mit maximal 47
Millionen km² Schneebedeckung befinden sich allerdings 98% dieser Fläche auf der nördlichen
Halbkugel. Dies entspricht ungefähr der Hälfte der Fläche dieser Halbkugel. Diese Größe schwankt
enorm zwischen den unterschiedlichen Jahreszeiten. Sind die oben genannten Werte im Februar
7 Schnee
registriert worden, so sinkt die Schneefläche gegen Ende August auf 1 Million km². Auch das Wetter
kann, z.B. durch ein Tiefdruckgebiet, die Schneefläche um 1 Million km² erhöhen.
2.1 Klimabeeinflussung des Schnees
Warum so eine Schneedecke das Klima sehr stark beeinflussen kann hat mehrere Gründe:
• Durch das Reflektionsvermögen der Sonnenstrahlung, den sogenannten Albedowert, spielt
der Schnee eine wichtige Rolle in der Strahlungsbilanz der Erde.
Einschub: Die Albedo (lateinisch albedo = „Weißheit“; v. lat. albus = „weiß“) ist ein Maß für
dasRückstrahlvermögen von diffus reflektierenden, also nicht selbst leuchtenden
Oberflächen.Sie wird bestimmt durch den Quotienten aus reflektierter zu einfallender
Lichtmenge und liegt zwischen 0 und 1. Ein Rückstrahlvermögen von Null entspricht einer
vollständigen Absorption und von Eins einer vollständigen Reflexion des einfallenden Lichts.
Schnee reflektiert den größten Teil an kurzwelliger Strahlung und eine vollständige
Schneebedeckung verhält sich fast so wie ein schwarzer Körper. So besitzt frischer Schnee
bedeckt von einer Eisschicht eine Albedo von 0,9. Nasser Schnee besitzt einen Wert von 0,5‐
Abbildung 8: Erklärung des Begriffs "Albedo"
8 Schnee
0,6 und poröser, dreckiger Schnee 0,3‐0,4. Im Vergleich dazu absorbieren Wasser und
aufgetaute Böden 80‐90% der Strahlung und heizen sich somit auf – was wiederum die
Luftschichten darüber erwärmt, die globale Temperatur steigen lässt und somit der Grund für
weiteres Schmelzen von Schnee‐ und Eismassen ist. Nach den Begriffen der Regelungstechnik
handelt es sich um eine „Positive Rückkopplung“, die die wirkende Ursache weiter verstärkt.
Solche Systeme können jedoch schnell instabil und nichtlinear werden, was eine
Simulationdieser Albedo‐Rückkopplung erschwert.
Daher ist die Schneebedeckung für den enormenUnterschied des Rückstrahlvermögens der
Landmassen zwischen Sommer und Winterverantwortlich.
• Ein weiterer Einflußfaktor ist die Schmelzwärme. Würde bei Absenz der Schneedecke die
Sonnenstrahlung eine Erwärmung des Bodens bewirken, so wird ein Großteil der Energie
zuerst für das Schmelzen des Schnees aufgebracht, der sich aber dadurch nicht erwärmt. Die
Schneedecke fungiert also als starke Energiesenke. Da eine solche Schneedecke auch ein sehr
guter Isolator ist, kommt hinzu, dass ein gefrorener Boden unter einer Schneedecke in
wärmeren Phasen vor dem Auftauen bewahrt wird.
• Zum Anderen spielt die Schneedecke eine wichtige Rolle beim Feuchtigkeitshaushalt der
bodennahen Luftschichten. So mindert sie sowohl den Austausch von Wärme, als auch von
Feuchtigkeit zwischen Atmosphäre und den oberen Bodenschichten. Desweiteren kann
regionales Klima dadurch beeinflusst werden, dass die Schneedecke Niederschlagswasser am
Abfließen hindert.
Abbildung 9: Energiebilanz einer Schneedecke
9 Schnee
Abbildung 10: Energiegleichung einer Schneedecke
2.2 Veränderungen und Prognosen
Schneeansammlung und –schmelze sind überwiegend der Luft‐ und Bodentemperatur und dem
Niederschlagverschuldet. So wird durch den Niederschlag die Gesamtmenge an Schnee festgelegt,
doch die Lufttemperatur entscheidet ob es eher zu Regen‐ oder zu Schneefall kommt und wie schnell
der Schnee schmilzt. Der globale Aufwärtstrend der Temperaturen beeinflusst somit die
Schneebedeckung. So zeigen Daten von Satellitenaufnahmen, aufgenommen zwischen 1966 und
2005, dass der Durchschnitt der monatlichen Schneebedeckung in der nördlichen Hemisphäre mit
einer Rate von 1.3% pro Dekade sinkt.
So liegt die durchschnittliche Schneebedeckung im Jahr 2006 bei 24,9 Millionen km² und somit 0,6
Million km² geringer als der Durchschnitt der 37 Jahre zuvor.
In der nördlichen Hemisphäre – für die wissenschaftlichen Untersuchungen am interessantesten –
erkennt man für jeden Monat, außer November und Dezember, einen Abwärtstrend für die
Schneedecke, wobei der größte Unterschied zwischen Mai und August besteht. Auswertungen
ergeben ein Rückgang von 7.5±3.5% der schneebedeckte Fläche im März und April von 1922 bis
2005.
Abbildung 11: Schneebedeckung der nördlichen Hemisphäre
10 Schnee
Abbildung 12: Jährliche Anomalien der Schneebedeckung
Neben den schon bestehenden Einflüssen des Schnees spielt eine Veränderung der Schneefläche
auch eine ökologische und ökonomische Rolle.
So fand man heraus dass das Abtauen großer Schneeflächen der Hauptgrund für den drastischen
Rückgang der Population der „Peary‐Karibus“ Rentiere verantwortlich ist.
Abbildung 13: Populationsrückgang der Rentiere "Peary‐Karibus"
Ebenso negativ beeinflusst durch die Veränderungen des Schnees ist die Tourismus‐Branche die in
alpinen Ländern speziell auf den Wintersport ausgerichtet ist und bei weiterer
Erwärmungunternatürlichen Bedingungen nicht mehr über genügend Schnee verfügen wird.
11 Meereis
Abbildung 14: Skiresorts mit genügend natürlichem Schneevorkommen
3 Meereis
Abbildung 15: Überblick der Meereisverteilung auf der Erde
Meereis – eine einige Dezimeter bis Meter dicke Eisschicht ‐ entsteht durch das Gefrieren von
Meerwasser, was es von einigen anderen Komponenten der Kryosphäre unterscheidet, die meist
durch Niederschlag entstehen. Ein Abschmelzen des Meereises führt natürlich somit nicht zu einem
Anstieg des Meeresspiegels. Mit einem mittleren Salzgehalt von 35‰ liegt der Gefrierpunkt des
Wasser bei ‐1,8°C und der Prozess der Entstehung ist ein deutlich langsamerer Prozess als bei
12 Meereis
anderen Eisarten. Im Jahresdurchschnitt sind 25 Millionen km² auf der Erde mit Meereis bedeckt,
das entspricht einem Anteil von 7% der Oberfläche der gesamten Weltmeere.
Abbildung 16: Meereis in der Antarktis
3.1 Unterschiede zwischen Arktis und Antarktis
Schwankungen variieren zwischen Arktis und Antarktis aufgrund von den grundlegenden
geographischen Unterschieden der beiden Regionen.In der Arktis varriiert die Ausdehnung der Fläche
an Meereis zwischen 8±1 Millionen km² und 16±2 Millionen km², aufgrund des größeren,
dauerhaften Bestands. In der Antarktis ist diese Variation zwischen 3 Millionen km² und 18±1
Millionen km² um einiges höher.
Die Bewegung des Eises wird in der Arktis durch die umgebenden Länder stark eingeschränkt,
weshalb die Eisdecke merklich dicker ist (2‐3m) als in der Antarktis (1‐2m). Der Ausdehnung des
Meereises in der Antarktis steht nichts entgegen, weshalb die Dicke relativ gering bleibt, sich aber
weiter ausbreiten kann.
Die räumliche Ausdehnung des Meereises zeigt weitere Unterschiede auf. Findet diese in der
Antarktis beinahe kreisförmig statt, so erkennt man in der Arktis wesentliche Ungleichmäßigkeiten,
die Strömungen und Winden geschuldet sind. Warme Strömungen die vom Atlantik Richtung Norden
strömen verhindern dort eine weitere Ausbreitung des Meereises – Im Gegenzug sorgen kalte
Landflächen an der kanadischen und russischen Küste für eine bevorzugte Ausbreitung.
13 Meereis
Abbildung 17: Saisonale Schwankungen des Meereises in Arktis und Antarktis
3.2 Klimabeeinflussung des Meereises
Natürlich spielt Meereis auch für das globale Klimasystem eine wichtige Rolle. Hier lassen sich zwei
wichtige Punkte genauer beleuchten:
• Der behandelte positive Rückkopplungseffekt spielt natürlich auch bei Meereis eine wichtige
Rolle im Strahlungshaushalt der Erde. Wie in nachfolgender Abbildung gezeigt, wird der
Albedowert durch eine Schneedecke auf der Eisschicht noch zusätzlich verstärkt. Dies ist z.B.
in der Antarktis fast ausschließlich der Fall.Da der Einfallswinkel der Sonnenstrahlung an den
Polen eh schon sehr flach ist und das meiste der einfallenden Strahlung somit reflektiert
wird, hat ein Schmelzen des Eises eine enorme Erhöhung der Absorption der einfallenden
Strahlung durch das Meerwasser zur Folge.
14 Meereis
Abbildung 18: Veranschaulichung unterschiedlicher Albedowerte
• Meereis leistet einen enormen Beitrag zum Wärmeaustausch zwischen Luft und Wasser und
beeinflußt außerdem die thermohaline Zirkulation.
Bei Entstehung von Meereis führt das Abkühlen und Gefrieren des Oberflächenwassers durch
die Umgebungsluft zu einem Anstieg des Salzgehalts und somit der Dichte des verbleibenden
Wassers (das Wasser ist „thermohalin“!) Dieses schwerere Wasser sinkt ab und wird Teil der
thermohalinen Zirkulation.
Abbildung 19: Thermohaline Zirkulation der Ozeane
Desweiteren gibt es inmitten von Meereis dünn mit Eis bedeckte bzw. eisfreie Flächen, sog. Polynjas,
die ebenso eine große Rolle im Wärmeaustausch zwischen Luft und Wasser spielen.
Diese meist elliptischen oder runden Flächen, mit manchmal Größen von bis zu mehreren tausend
Quadratkilometern, werden in küstennahe und küstenferne Polynjas unterteilt.
• Küstennahe Polynjas entstehen dadurch, dass Packeis von der Küste weggeweht wird und
sich große eisfreie Flächen bilden in denen ständig neues Meereis entsteht, da es dort kalt
15 Meereis
genug ist. Diese „Meereis‐Fabriken“, meist direkt am Rand der Küste oder am Rand von fest
verankertem Eis gelegen, werden auch „Latent‐Heat‐Polnyjas“ genannt, da der größte Teil
des Wärmeflusses vom Wasser/Eis in die Luft in diesem Fall aus latenter Wärme besteht, das
bei der Phasenumwandlung von Oberflächenwasser zu Eis entsteht.
Abbildung 20: Küstennahe Polynjas
• Küstenferne Polynjas entstehen durch wärmeres Wasser, das durch Strömungen an die
Oberfläche kommt und dort auf einer gewissen Fläche das Eis zum Schmelzen bringt. Dieser
Austausch findet überwiegend durch fühlbare Wärme, aufgrund des
Temperaturunterschieds zwischen Wasser und Luft, statt. Daher auch die Bezeichnung
„Sensible‐Heat‐Polynjas“.
Abbildung 21: Verschieden Arten von Polynjas und deren Entstehungsmechanismen
Beide Polynja‐Arten sind vermutlich für 50% des gesamten Wärmeflusses zwischen Polarmeer und
Polarluft verantwortlich.
16 Meereis
Auch regionale Wetterphänomene gehören zu den Folgen solcher eisfreien Zonen, da die sonst
trockene Atmosphäre an den Polen mit Feuchtigkeit angereichert wird. So zum Beispiel, wie in
Abbildung 22erkennbar, der „Arktische Seerauch“ – Nebel, der durch verdunstendes Wasser in kalter
Polarluft entsteht.
Abbildung 22: Arktischer Seerauch
Um Aussagen über die Entwicklung des Meereises treffen zu können benötigt man zuverlässige,
großflächige Daten über das Eis. Solche Daten stehen erst seit den 70ern mit der Erfindung der
Mikrowellenradiometrie zur Verfügung.
Wie nachfolgend ersichtlich wird, weichen die Entwicklungen des Meereises in Arktis und Antarktis
stark voneinander ab, weshalb sie hier auch getrennt behandelt werden sollen.
3.3 Veränderungen des Meereises
3.3.1 Nordhalbkugel
Abgesehen von Jahr‐zu‐Jahr Schwankungen weist die Meereisbedeckung der Arktis erhebliche
Rückgänge sowohl für die maximalen als auch die minimalen Ausdehnungen auf. So ging die
Ausdehnung seit 1979 im März um 2.5%, im September um 8.9%, pro Dekade zurück.
Abbildung 23: Eisflächenanomalien und Veränderungen der Arktis
17 Meereis
Abbildung 24: Regionale Veränderungen des arktischen Meereises pro Dekade
Um Veränderungen des Meereises festzustellen bedarf es der Betrachtung einer weiterer Eigenschaft
– der Eisdicke. Die Untersuchungen in diesem Bereich stellen sich zwar als deutlich schwieriger dar,
dennoch konnten zwischen 1950 und 1990 unregelmäßige Sonarbeobachtungen von
Unterseebooten aufgezeichnet werden. Aus diesen konnte man ableiten, dass in einigen Regionen
die Eisdicke sich um 40% ‐ von 3,1m auf 1,8m – verringerte. Diese Zahl wurde aber in späteren
Studien etwas nach unten korrigiert.
3.3.2 Südhalbkugel
Im Vergleich zur Arktis deutet sich in der Antarktis ein leichter Anstieg der jährlichen Meereisfläche
zwischen 1979‐2005. an. Dieser ist jedoch mit 1,2% nicht ausschlaggebend und zeigt keinen Trend.
Abbildung 25: Regionale Veränderungen des antarktischen Meereises pro Dekade
Diese Veränderung widerspricht aber nicht den Theorien zur Klimaerwärmung. Die Stagnation bzw.
Zunahme des Meereises in der Antarktis lässt sich durch mehrere Ursachen erklären.
Die Durchmischung des südlichen Polarmeeres ist wesentlich größer, d.h. an der Oberfläche
erwärmtes Wasser vermischt sich schneller mit kühlerem Wasser, so dass ein Schmelzen des Eises an
der Oberfläche verlangsamt wird.
Desweiteren hat die Zunahme von Treibhausgasen und die Abnahme der Ozonschicht zu einer
Verstärkung der Winde rund um den Südpol geführt, was weiteres Eiswachstum förderte.
Auch die Albedo‐Rückkopplung fällt hier nicht sehr stark ins Gewicht, da die Einstrahlung aufgrund
des Winkels eine sehr geringe Intensität besitzt.
18 Gletscher
3.4 Prognosen Die prognostizierte Entwicklung des Meereises sieht einen Rückgang von durchschnittlich 25% bis
zum Jahr 2100 vor. Wobei dieser im Winter in der Arktis nur 15% betragen wird, im Sommer jedoch
eine nahezu eisfreie Arktis existieren wird.
Abbildung 26: Prgognostizierte Veränderungen der Meereiskonzentration
4 Gletscher
Abbildung 27: Übersicht der Gletscherverteilung auf der Erde
19 Gletscher
Ein Gletscher ist eine aus Schnee hervorgegangene Eismasse mit einem klar definiertenEinzugsgebiet,
die sich aufgrund von Hangneigung, Struktur des Eises, Temperatur und der aus der Masse des Eises
und den anderen Faktoren hervorgehenden Schubspannungeigenständig bewegt.
Gletscher benötigen eine Reihe von entscheidenden Faktoren zu ihrer Entstehung.
So ist eine langfristig ausreichend niedrige Temperatur nötig, damit es zu Schneefall kommt.
Die Höhenlinie, ab der im langjährigen Mittel mehr Schnee fällt als dort abtauen kann,ist die
klimatische Schneegrenze. Diese kann bedingt durch Beschattung oderexponierte Sonnenlagen (z. B.
Südhang in einem Gebirge der Nordhalbkugel) lokal ummehrere hundert Meter vom eigentlichen
Mittelwert der Region abweichen. Man sprichtin diesem Fall von der orografischen Schneegrenze.
Nur oberhalb dieser Grenzlinienkann bei geeignetem Relief auf Dauer so viel Schnee fallen, dass
dieser eineMetamorphose durchlaufen kann.
4.1 Akkumulation und Metamorphose
Der Prozess der Ansammlung von Schneemassen wird Akkumulation genannt, und infolgedessen der
Entstehungsbereich eines Gletschers auch Akkumulationsgebiet (Nährgebiet).
Reicht die Schneemächtigkeit aus, dass durch die Auflast der oberen dietieferen Schichten
zusammengepresst werden, beginnt die Metamorphose des Schneeshin zu Gletschereis. Dabei wird
durch den in der Tiefe immer höher werdenden Druckdie im Neuschnee noch 90 % des Volumens
ausmachende, in Hohlräumeneingeschlossene Luft herausgepresst.
In Gletschereis kann somit der Luftanteil bis aufetwa 2% sinken. Eis mit einem so geringen Luftanteil
besitzt meist eine bläuliche, seltener auch leicht grünliche Farbe.
Höhere Temperaturen beeinflussen die Metamorphose positiv auf zweierlei Wegen. Zum einen
bilden sich in wärmeren (temperierten) Gletschern in der Regel kleinere Eiskristalle, wodurch hier
und auch in den Vorstufen des Eises wie Firn und granularemEis eine leichtere Bewegung möglich ist,
bei der leichter Luft freigesetzt werden kann.
Darüber hinaus kann auch oberflächliches Material aufschmelzen und erneut gefrieren,ohne den
Gletscher zu verlassen. So kann zumindest in kleineren Mengen sogar imTageszyklus eine
Metamorphose von Schnee zu Eis stattfinden ohne die bei derDruckmetamorphose üblichen
Zwischenstufen.
4.2 Ablation
Schmelzwasser kann oberflächlich oder unter dem Gletscher (subglazial) diesen verlassen und wird
so dem Massenhaushalt des Gletschers entzogen.
20 Gletscher
Subglaziale Schmelzwässer treten meist aus einer als Gletschertor bezeichneten Öffnung in der
Gletscherzunge aus,die sich im sog. Zehrgebietbefindet, dem Gegenstück zum Nährgebiet über
derGleichgewichtslinie. Ist ein solcher Abfluss versperrt bzw. tritt nicht auf, entsteht ein unter dem
Eis befindlicher, verborgener Gletschersee, die sog. Wassertasche.
Insbesondere polare Gletscher verlieren auch an Masse durch den Prozess derSublimation, wobei
Wasser direkt vom festen in den gasförmigen Aggregatszustandübergeht.
Manche Gletscher werden darüber hinaus durch das Relief zur Ablation gezwungen. Dies ist der Fall,
wenn beispielsweise ein Gebirgsgletscher an eine steile Felskante wächst und dann Material als
Eissturz diese Steilkante herabfällt, oder eine Inlandeismasse bis an eine Küste heranwächst und sich
dort kein Eisschelf ausbildenkann, sondern der Gletscher hier zum Abkalben gezwungen ist. Dabei
brechen Teile desEises heraus und können daraufhin als Eisberge über das Meer treiben.
Tafeleisbergeentstehen, wenn Teile eines Eisschelfs herausbrechen, welches aufgrund
seinerschwimmenden Ausgangslage eine sehr ebene Ober‐ und Unterfläche ausgebildet hat.
Abbildung 28: Gletschertor mit abfliessendem Schmelzwasser
4.3 Massenhaushalt
Die Massenbilanz Beines Gletschers setzt sich zusammen aus dem Massengewinn durch
Akkumulation C und dem Massenverlust durch Ablation A in kg. Nach Division durch die
Dichte des Wassers kann die spezifische Bilanz als Wasseräquivalent ausgedrückt werden (in
mm Wassersäule):
21 Gletscher
Abbildung 29: Massebilanz einer Schneedecke oder eines Gletschers
4.4 Schichten eines Gletschers
• Trockenschnee Zone(Dry‐snow zone): Auch während der Sommermonate schmilzt kein
Schnee ab. Die einzigen Trockenschnee‐Zonen sind im InnenbereichGrönlands und der
Antarktis sowie in Gipfelnähe der höchsten Gebirge in Alaska,Yukon und Zentralasien zu
finden.
• Filtrationszone(Percolation zone): (Schmelz)wasser kann bei Temperaturen unter 0 °C bis zu
einer gewissen Tiefe einsickern. Das Wiedergefrieren vonSchmelzwasser hat den größten
Anteil an der Erwärmung des Schnees. (1 ggefrierendes Wasser erwärmt 160 g Schnee um 1
°C)
• Nasschnee Zone(Wet‐snow zone): Hier kann (Schmelz)wasser auch in Schichtenaus
vergangenen Jahren einsickern.
• Lagerzone(Superimposed Ice zone): In niedrigeren Höhen wird sovielSchmelzwasser
produziert, dass die Eisschichten in eine kontinuierliche Eismasseübergehen. Die Lagerzone
ist die Grenzlinie zwischen Firn und Eis auf derGletscheroberfläche zum Ende der
Schmelzsaison.
• Abbauzone(Ablation area): Unterhalb der Gleichgewichtslinie beginnt die Abbauzone.
Hierfindet über das ganze Jahr hinweg gesehen einNettomassenverlust statt.
22 Gletscher
Abbildung 30: Verschiedene Schichten eines Gletschers
4.5 Gletschertypen
Je nach Entwicklungsstadium und Entstehungsweise unterscheidet man verschiedeneGletschertypen:
• Auslassgletscher: Bilden sich am Rand von Eiskappen oder Eisschilden, wenn das Eis durch
relativ schmale Auslässe fließen muss, die vom Relief vorgegebensind. Meist haben sie die
Form von Talgletschern, manchmal auch vonVorlandgletschern.
• Eisstromnetz: Wachsen Talgletscher so stark an, dass das Gletschereis dieTalscheiden
überfließen kann, spricht man von einem Eisstromnetz. Die Bewegungdes Eises wird aber
dennoch vor allem vom vorhandenen Relief gesteuert. DieGletscher der Alpen erzeugten auf
dem Höhepunkt der letzten Vereisung einsolches Netz. Heute findet man solche
Eisstromnetze noch zum Beispiel inFranz‐Joseph‐Land (Nordpolarmeer), Spitzbergen oder
Alaska.
• Hanggletscher: Meist vergleichsweise kleine Eisansammlung an einem Berghang,die ohne
deutliche Zungenbildung enden oder über eine Wandstufe abbrechen(„Eisbalkon“). Ein
Extremfall ist der Hängegletscher.Hängegletscher sind Gletscher, die an steilen Felswänden
mit über 40° Neigung„hängen“. Oft haben sie kein Zehrgebiet, da die Zungen durch das
eigene Gewichtabbrechen oder in einem tiefergelegenen Hang‐ oder Talgletscher enden.
IhrNährgebiet wird meist von großen Firnrinnen, Eiskappen oder Hanggletscherngebildet.
• Kargletscher: Eismassen geringer Größe, die sich sonnengeschützt in einerMulde, dem so
genannten Kar, befinden. Kargletscher besitzen keine deutlichausgebildete Gletscherzunge.
Oft sind sie Hängegletscher. Durch die geschützteMulde können sie tiefer auftreten als
Talgletscher.
23 Gletscher
• Lawinengletscher: Gletscher, die unterhalb der Schneegrenze liegen und daherkein eigenes
Nährgebiet haben. Sie liegen meist im Schutz großersonnenabgewandter Bergwände und
werden von abgelagertem Lawinenschneegespeist. Daher können sie noch sehr weit
unterhalb der Schneegrenze auftreten.Obwohl sie nicht sehr groß werden, zeigen sie je nach
Verhältnissen alle typischenGletschermerkmale wie Eisbewegung und Gletscherspalten. Der
am tiefstengelegene Gletscher Mitteleuropas ist die Eiskapelle am Fuß derWatzmann‐
Ostwand, ca. 950 m Höhe. Sie ist ein typischer Lawinengletscher.
• Piedmontgletscher oder Vorlandgletscher: Bilden sich in Bergkettenvorgelagerten Ebenen.
Eismassen, die sich aus den Tälern des Gebirgesvorschieben, breiten sich ringförmig
beziehungsweise fächerförmig imvorgelagerten Flachland aus. Der größte Gletscher dieser
Art ist derMalaspinagletscher in Alaska.
• Plateaugletscher oder Eiskappe: Ein kleines Inlandeis, begrenzt aufHochplateaus (Beispiele:
der Vatnajökull auf Island, oder der Jostedalsbreen inSkandinavien) oder „im Kleinformat“
auf die Gipfelkuppen breiter Bergmassives,zum Beispiel am Montblanc. Auch der
Gepatschferner in den Ötztaler Alpen istein Plateaugletscher, dessen Zunge zusätzlich einen
Auslassgletscher bildet.
Abbildung 31: Der Briksdalsbreen in Norwegen als Beispiel für den gröÿten Plateugletscher
• Talgletscher: Eismassen, die ein deutlich begrenztes Einzugsgebiet besitzen undsich unter
dem Einfluss der Schwerkraft in einem Tal abwärts bewegen. Klassischdafür sind die großen
Gebirgsgletscher. Sowohl die Menge des Schmelzwassers alsauch die Fließgeschwindigkeit
des Gletschers variiert im Jahresverlauf mit einemMaximum im Sommer. Obwohl
24 Gletscher
Talgletscher nur etwa ein Prozent dervergletscherten Gebiete der Erde ausmachen, sind sie
wegen ihres imposantenAussehens der bekannteste Gletschertyp (Beispiel:
Aletschgletscher). Sie könnenselbst außerhalb der Polargebiete gewaltige Ausmaße
annehmen: Die größtenGletscher dieser Art sind der Fedtschenkogletscher (78 km) im
Pamir, derKahiltnagletscher (77 km) am Mount McKinley (Alaska) und der
Baltorogletscher(57 km, mit seinen Zuflüssen Godwin‐Austen und Gasherbrum‐Gletscher
etwa 78km) im Karakorum.
• Inlandeis oder Eisschild: Die größten Gletscher überhaupt. Eismassen, die somächtig werden,
dass sie das Relief fast vollständig überdecken und sich auchweitgehend unabhängig von
ihm bewegen (z. B. in Grönland oder der Antarktis).Einige Wissenschaftler unterscheiden
jedoch die großen Inlandeismassen von denkleineren Gletschern und bezeichnen sie deshalb
nicht als Gletscher.
4.6 Klimabeeinflussung der Gletscher
Im Allgemeinen besitzen Gletscher und Eiskappen nur eine sehr geringeWirkung auf das globale
Klima. Die unmittelbaren klimatischen Auswirkungen (Albedo,Wärmeentzug) reichen über lokale und
allenfalls regionale Dimensionen nicht hinaus.
Die etwa 160 000 Gletscher und Eiskappen der Erde (einschließlich der an die großenEisschilde
angrenzenden Gletscher) bedecken eine Fläche von etwa 680.000km² undbilden ein Volumen von
180.000km³, was ungefähr einem Meeresspiegelanstieg von 0,5m entspricht. Ohne die Gletscher in
den Randzonen der Eisschilde Grönlands undAntarktikas, deren Abschmelzen einen
Meeresspiegelanstieg von 0,34 m verursachenwürde, wäre der Einfluss auf den Meeresspiegel mit 16
cm noch viel geringer.
Warum Gletscher jedoch Gletscher trotzdem ideale Klimaindikatoren sind, liegt auf der Hand:
Sie reagieren sehr sensibel auf Klimaänderungen, da atmosphärische Veränderungen sich direkt auf
den Masse‐ bzw. Energiehaushalt des Gletschers auswirken.
So signalisiert eine Veränderung des Massehaushalts (vertikale Dicke) eines Gletschers eine
Veränderung des Klimas eines Jahres ohne Verzögerung. Der Rückgang bzw. die Zunahme der Länge
eines Gletschers ist andererseits ein verzögertes, gefiltertes und indirektes Feedback von
Klimaveränderungen. So auch geringe Temperaturänderungen wie z.B. 0,1°C pro Dekade über einen
lang genugen Zeitraum einen Rückgang eines Gletschers von mehreren hundert Metern zu Folge
haben – ein idealer Indikator.
25 Gletscher
Während die Gletscher während der so genannten kleinen Eiszeit zwischen dem 16. und dem Beginn
des 19. Jahrhunderts weltweit auf dem Vormarsch waren, ist seitdem ein fast durchgehender
Rückzug mit Ausnahme der Jahre 1950‐1980 zu beobachten, der sich seit 1980 noch einmal deutlich
beschleunigt hat. Der nahezu uniforme Rückzug der Gletscher rund um den Globus gilt als
eindeutiges Zeichen des vom Menschen verursachten Treibhauseffekts und der damit verbundenen
Klimaerwärmung.
Bei 30 Referenzgletschern auf der ganzen Welt wurde kontinuierlich der Masseverlust seit 1975
bestimmt und zeigt einen durchschnittlichen jährlichen Masseverlust von 0,58m Wasseräquivalent
für die jüngste Dekade (1996‐2005). Dies ist doppelt soviel wie eine Dekade früher (1986‐1995) mit
0,25m, und sogar vier mal so viel wie 20 Jahre zuvor (1976‐1985)mit damals 0,14m.
Diese Messungen stimmen mit Schätzungen einer weiteren Messreihe mit mehr als 300 Gletschern
überein.
Abbildung 32: Masseverlust und Lokalisierung der 30 Referenzgletscher
Der Trend einer immer größer werdenden negativen Massebilanz der Gletscher ist ein
unwiderlegbares Zeichen für die bestehende Klimaerwärmung wie anhand folgender Zahlen auch in
Europa zu sehen ist:
26 Gletscher
Abbildung 33: Gletscherrückgang europäischer Gletscher
Die Gletscher der europäischen Alpen erreichten ihren flächenmäßigen Höhepunkt um 1850. Bis zu
den 1970ern nimmt man an, dass diese insgesamt 35% ihrer Fläche verloren hatten, bis 2000 sogar
fast 50%. Das Gesamtvolumen des Eises fiel von 200km³ auf 100km³ respektive 75km³. Besonders
deutlich zu sehen ist das sehr schnelle Sinken des Gletscherfläche ab ca. 1985.
Hier einige Beispiele von Gletschern und deren Veränderungen aus verschiedenen Regionen:
Abbildung 34: Veränderung des Vernagtferner, Österreich
27 Gletscher
Abbildung 35: Veränderung des Fetschenko‐Gletschers in Tajikistan
Abbildung 36: Weitere Gletscherveränderungen
28 Gletscher
Abbildung 37: Veränderungen des Gletschereises am Kilimanjaro, Ostafrika
4.7 Prognosen
Die Temperaturänderung von 1850 bis 2005 beträgt 0,75°C. Diese ist im Rückgang der
Gletschermassen und –ausmaße klar manifestiert.
Wissenschaftler prognostizieren zum Ende des 21. Jahrhunderts ein Temperaturanstieg zwischen
+1,1% und +6,4% und einen Niederschlagsänderung von ‐30% bis +30%. Ein solcher Anstieg der
durchschnittlichen jährlichen Lufttemperatur wird die schon dramatischen Veränderungen der
Gletscher beschleunigen. So werden Gletscher in den Alpen, die meist nicht zu lang und relativ steil
sind, diese Veränderungen zuerst spüren. Eine Computersimulation zeigt, dass die europäischen
Alpen 80% ihrer Gletscherbedeckung verlieren würden, falls die Sommertemperatur um 3°C ansteigt.
Um die Massebilanz im Gleichgewicht zu halten bräuchte man jedoch pro 1°C einen
Niederschlagsanstieg um 25%.
29 Literaturverzeichnis
5 Literaturverzeichnis
• Intergovernmental Panel on Climate Change. (2007). Climate Change 2007: The Physical Science
Basis. IPCC.
• Pritchard, H. D. (2009). Extensive dynamic thinning on the margins of the Greenland and Antarctic
Ice Sheets. Nature, Vol 461.
• Slaymaker, O. (2007). The Cryosphere and Global Environmental Change. Blackwell Publishing.
• United Nations Environment Program. (2007). Global Outlook for Ice & Snow.
• University of Boulder, C. U. (2009). National Snow and Ice Data Center.