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Aufsätze Tobias Jakobi und Wolfram Lamping Die Macht der Rangliste? Die Reaktion auf internationale Leistungsvergleiche im deutschen Politikprozess * Kurzfassung Ranglisten scheinen allgegenwärtig und auch Internationale Organisationen wollen mit ihnen als Policy-Instrument nationale Politiken beeinflussen. Während beson- ders einem relativ neuen Typ von Ranglisten mit komplexen Indikatoren potenziell eine solche Wirkung zugeschrieben werden kann, zeigt eine Analyse der Politik- prozesse um die erste PISA-Studie und den Weltgesundheitsbericht 2000 in Deutschland, dass es hauptsächlich spezifische Faktoren des nationalen Politikpro- zesses wie Akteure und ihre Interessen oder der Zeitpunkt im Wahl- und politik- feldspezifischen Reformzyklus sind, die die jeweilige Reaktion auf internationale Ranglisten beeinflussen. Eigenschaften von Ranglisten können dagegen zwar eine Rolle spielen, sind jenen aber deutlich nachgelagert. Sie werden deshalb analytisch besser als externe Störung nationaler Diskurse denn als Schocks konzipiert. * Wir danken Herbert Obinger und den TeilnehmerInnen der Tagung der DVPW-Sektion „Politische Ökonomie“ sowie insbesondere den beiden anonymen GutachterInnen für wertvolle Hinweise und Anregungen. Für verbleibende Fehler und Schwächen sind selbstverständlich nur die Autoren verantwortlich. Zeitschrift für Politikwissenschaft 21. Jahrgang (2011) Heft 3, S. 365 – 389 365

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Aufsätze

Tobias Jakobi und Wolfram Lamping

Die Macht der Rangliste?Die Reaktion auf internationale Leistungsvergleiche im deutschenPolitikprozess*

Kurzfassung

Ranglisten scheinen allgegenwärtig und auch Internationale Organisationen wollenmit ihnen als Policy-Instrument nationale Politiken beeinflussen. Während beson-ders einem relativ neuen Typ von Ranglisten mit komplexen Indikatoren potenzielleine solche Wirkung zugeschrieben werden kann, zeigt eine Analyse der Politik-prozesse um die erste PISA-Studie und den Weltgesundheitsbericht 2000 inDeutschland, dass es hauptsächlich spezifische Faktoren des nationalen Politikpro-zesses wie Akteure und ihre Interessen oder der Zeitpunkt im Wahl- und politik-feldspezifischen Reformzyklus sind, die die jeweilige Reaktion auf internationaleRanglisten beeinflussen. Eigenschaften von Ranglisten können dagegen zwar eineRolle spielen, sind jenen aber deutlich nachgelagert. Sie werden deshalb analytischbesser als externe Störung nationaler Diskurse denn als Schocks konzipiert.

* Wir danken Herbert Obinger und den TeilnehmerInnen der Tagung der DVPW-Sektion „PolitischeÖkonomie“ sowie insbesondere den beiden anonymen GutachterInnen für wertvolle Hinweise undAnregungen. Für verbleibende Fehler und Schwächen sind selbstverständlich nur die Autorenverantwortlich.

Zeitschrift für Politikwissenschaft 21. Jahrgang (2011) Heft 3, S. 365 – 389 365

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Inhalt

Einleitung1. 366Ranglisten als Policy-Instrument2. 367

Gibt es ein Ranking-Fieber?a) 367„Die Tabelle lügt nicht“: radikale Komplexitätsreduktion undWettbewerb

b)370

Internationale Ranglisten im nationalen Politikprozess3. 372PISA: Weckruf für die Bildungspolitik?a) 372WHO Gesundheitsreport 2000: “the worst study ever?”b) 377

It’s politics, stupid!4. 381Fazit5. 384

Einleitung

In den letzten Jahren sind Ranglisten1 in die öffentliche und wissenschaftliche Auf-merksamkeit gerückt. Sie scheinen so allgegenwärtig, dass Michael Powers erstkürzlich sogar ein regelrechtes „Ranking-Fieber“ konstatierte.2 Offensichtlich wer-den Ranglisten als wichtige Steuerungsformen angesehen, deren Wirkung Beispielewie die Worldwide Governance Indicators der Weltbank zu belegen scheinen, diedirekt die Entscheidung von nationalen und internationalen Gebern über größereSummen von Entwicklungshilfe beeinflussen (Arndt 2008: 275).

Der vorliegende Beitrag trägt zur Diskussion bei, ob Ranglisten in der interna-tionalen Politik als Steuerungsinstrument zurecht weite Verbreitung finden oder obsie eine für Politikprozesse unbedeutende Modeerscheinung sind. Daher fragen wiraus einer policy-analytischen Perspektive, ob und wie Ranglisten als Steuerungs-instrumente in nationale Politikprozesse hinein wirken können. Untersucht wird diesan Ranglisten, die von Internationalen Organisationen erstellt werden und mit denendie Leistungsfähigkeit von Staaten in bestimmten Politikbereichen verglichen wird.

Die Forschung hat sich bisher darauf konzentriert, internationale Ranglisten alsPolicy-Instrument zu analysieren. In der Literatur ist jedoch erstens umstritten, in-wieweit Steuerungsimpulse von der internationalen oder europäischen Ebene in na-

1.

1 „Ranking“ hat zwar mittlerweile einen Eintrag in den Duden erhalten, ist dort aber ausdrücklich nochals englisches Wort gekennzeichnet, so dass wir im Folgenden den deutschen Begriff der Ranglistebevorzugen.

2 So Powers Anfang des Jahres auf der Tagung „Eine Welt der Vergleiche“ in Bielefeldt (Lenzen2011).

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tionale Politiken wirken. Dies wird beispielsweise anhand der Misfit-These (z. B.Treib 2003) oder in Bezug auf die Offene Methode der Koordinierung (z. B. Zohln-höfer/Ostheim 2005) diskutiert. Zweitens ist es aus der Sicht prozessorientierterPolicy-Theorien (Sabatier/Weible 2007; True/Jones/Baumgartner 2007; Zahariadis2007) erforderlich, die Komplexität des Steuerungsobjekts, nämlich nationaler Po-litikprozesse, zu beachten. Danach dürften internationale Ranglisten in diese nichtdirekt und quasi „ungefiltert“ wirken.

Deshalb untersuchen wir explorativ anhand der Reaktionen auf die erste Schul-leistungsstudie (PISA) der OECD und auf den Weltgesundheitsbericht 2000 derWHO in Deutschland, wie die Ergebnisse internationaler Ranglisten im nationalenPolitikprozess verarbeitet werden, um ihre Wirkung differenzierter abschätzen zukönnen. In beiden Fällen und vor allem in deren Vergleich zeigt sich, dass es haupt-sächlich spezifische Faktoren des nationalen Politikprozesses sind, die die jeweiligeReaktion auf internationale Ranglisten beeinflussen. Eigenschaften von Ranglistenkönnen dagegen zwar eine Rolle spielen, sind jenen aber deutlich nachgelagert.Konzeptionell schlagen wir daher vor, internationale Ranglisten als externe Stö-rungen – und nicht als „Schock“ – im nationalen Politikprozess zu fassen. Auf dieseWeise können sowohl Eigenschaften unterschiedlicher Ranglisten als auch dieKomplexität nationaler Politikprozesse berücksichtigt werden.

Im Folgenden thematisieren wir zunächst Ranglisten als Policy-Instrument, in-dem wir diskutieren, ob sinnvollerweise von einem „Ranking-Fieber" gesprochenwerden kann und welcher Wirkmechanismus Ranglisten in der Forschung zuge-schrieben wird. Darauf folgen die empirischen Kurzstudien zu den beiden Fällen,deren Ergebnisse wir vergleichend diskutieren. Wir schließen mit einer Einschät-zung von Ranglisten als Policy-Instrument und unserem konzeptionellen Vorschlagfür die weitere Forschung.

Ranglisten als Policy-Instrument

Gibt es ein Ranking-Fieber?

Das von Michael Power diagnostizierte „Ranking Fieber“ gibt einem weit verbrei-teten Gefühl Ausdruck. Gestützt wird dieses unmittelbar von anekdotischer Evidenzwie Ranglisten der beliebtesten Städte oder der besten Universitäten, die regelmäßigin Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht werden. Für Ranglisten von Staatenwerden meist die PISA-Studien und die Korruptionsindizes von Transparency In-ternational angeführt (z. B. Martens 2007: 41). Schon bei dieser kleinen Aufzählungwird jedoch deutlich, dass Ranglisten zwar offensichtlich weit verbreitet sind, esaber umso notwendiger ist, genau zu unterscheiden, welche Akteure Ranglisten

2.

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Die Macht der Rangliste?

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wovon erstellen. Schließlich müssten solch differenzierte Angaben für einen ge-wissen Zeitraum vorliegen, um einen eventuellen fieberartigen Anstieg der Zahl vonRanglisten belegen zu können.

Internationale Ranglisten werden wesentlich länger aufgestellt als oft angenom-men. Sie sind mindestens seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu finden, fürdie Hood (2007: 98) internationale Kriminalitätsstatistiken und Ranglisten vonStaaten nach ihrer Seemacht als Beispiele anführt. Sie sind Teil eines lange anhal-tenden Trends, die Erfassung und Aufbereitung der Realität in Zahlen für die Re-gierungstätigkeit und Gesellschaftssteuerung zur Verfügung zu stellen, der in derNeuzeit mit Ideen der Aufklärung verbunden ist. Die Idee, Informationen über ein-gesetzte Instrumente, angewandte Methoden und deren Ergebnisse miteinander zuvergleichen, sie in Tabellenform darzustellen und schließlich die erfolgreichstenauszuwählen, findet sich ausdrücklich spätestens in den Managementprinzipien desPhilosophen und Sozialreformers Jeremy Bentham am Ende des 18. Jahrhunderts(Hume 1981: 140 f., 161), was Hood (2007: 98) als Vorläufer von Ranglisten in-terpretiert.

Auf der internationalen Ebene wuchs der Umfang statistisch aufbereiteter Datennach dem Zweiten Weltkrieg in mehreren Schüben stark an. Denn insbesondere mitden Vereinten Nationen, der Weltbank, dem IWF und der OECD wurden Interna-tionale Organisationen gegründet, deren Auftrag solche Sammlungen erfordert oderzu dem dies direkt gehört. Zugleich erweiterten sich mehrfach die Ansprüche, diePolitiker, Marktakteure und die mediale Öffentlichkeit an das durch diese Organi-sationen etablierte internationale statistische System stellten (Giovannini 2008:12-21). Die Annahme, die Erstellung von Ranglisten sei in den letzten Jahrensprunghaft angestiegen, ist vor diesem Hintergrund wenig plausibel, vor dem ehereine über gut 50 Jahre mehr oder weniger stetige Zunahme von Ranglisten beob-achtbar sein müsste. Überzeugend argumentiert Hood (2007: 100), dass sich dieRanglisten der letzten gut zehn Jahre vielmehr qualitativ von ihren Vorgängerinnenunterscheiden. Präziser lässt sich diese Änderung in den 1990er Jahren verorten,seitdem im Zusammenhang mit dem Konzept der Wissensgesellschaft auch die In-teraktion zwischen ökonomischen, sozialen und Umweltaspekten Aufmerksamkeiterfährt. Um die Fülle so unterschiedlicher Informationen handhabbar zu machen,wurden zunehmend komplexe Indizes entwickelt, in die verschiedene und zum Teilunterschiedlich gewichtete Indikatoren einfließen (Giovannini 2008: 17).

Systematische Studien zur Verbreitung von Ranglisten, die von InternationalenOrganisationen erstellt werden, existieren nicht. Allerdings gibt es zumindest Hin-weise, die die These stützen, dass sie weit verbreitet sind. Dies lässt sich erstens füreinen Bereich zeigen, in dem komplexe Indizes, die die Voraussetzung für Rang-

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listen sind, von mehreren Akteuren erstellt werden. Ein prominentes Beispiel dafürsind so genannte Governance Indizes, von denen Besançon (2003: 11-34) die be-eindruckende Zahl von 49 auflistet. Sie berücksichtigt Indizes, die sich stark unter-scheiden. So werden diese sowohl von Internationalen Organisationen, von Wis-senschaftlern, von privaten Akteuren bis zu Medien herausgegeben und nur teil-weise regelmäßig erstellt. Außerdem decken sie verschiedene Ländergruppen ab.Zählt man nur die Indizes, die von Internationalen Organisationen erstellt werden,bleiben immerhin allein für den Bereich Governance zwölf übrig.

Zweitens sammeln auch einzelne Internationale Organisationen für mehrere Be-reiche Indikatoren und sortieren Länder nach ihren Ergebnissen in Ranglisten. Einprominentes Beispiel dafür ist die OECD. Sie veröffentlicht eine Vielzahl der vonihr erhobenen Indikatoren in der Publikationsreihe At a Glance beispielsweise fürdie Bereiche Gesellschaft, Bildung, Gesundheit, Regierungstätigkeit oder Umwelt-wirkungen der Landwirtschaft. In der Darstellung werden in den aktuellen Ausga-ben die erfassten Länder fast ausschließlich auf- oder absteigend nach ihren Indi-katorwerten sortiert.3 Es handelt sich jedoch in der Regel zum größeren Teil umsozialstatistische Angaben sowie Output-Indikatoren und nur zum kleineren Teilum Indikatoren, die Leistung, das heißt outcomes bzw. performance messen. Dabeifinden sich nur zum kleineren Teil komplexe, zusammengesetzte Indikatoren.Schließlich werden für die Darstellung keine Tabellen mit ausdrücklich zugeord-neten Rangplätzen, sondern Säulendiagramme gewählt.

Insgesamt muss also das Universum der Ranglisten danach differenziert werden,welche Akteure welche Objekte nach welchen Kriterien sortieren. Beschränkt mansich dann auf Internationale Organisationen, die Staaten danach listen, welche Leis-tungen sie in bestimmten Bereichen erbringen, was in komplexen, zusammenge-setzten Indikatoren gemessen wird, werden diese keineswegs großflächig einge-setzt. Auch dann ist die Darstellungsform einer ausdrücklichen Rangliste, wie siebeispielsweise das United Nations Development Programme für den Human Deve-lopment Index wählt, der Ausnahme- und nicht der Regelfall. Dies könnte dafürsprechen, dass Internationale Organisationen dieses Instrument sparsam einsetzen,was wiederum dessen Effektivität belegen könnte.

Welcher Wirkmechanismus Ranglisten zugeschrieben wird, diskutieren wir imfolgenden Kapitel.

3 Als Stichprobe haben wir für die Bände zu Bildung (2010), Gesellschaft (2011), Government (2011),Gesundheit (2009), Umweltwirkungen der Landwirtschaft (2008) jeweils ausgezählt, ob alphabe-tisch oder nach Indikatorwert sortiert wurde.

Die Macht der Rangliste?

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„Die Tabelle lügt nicht“: radikale Komplexitätsreduktion und Wettbewerb

Ranglisten gehören zur Gruppe indirekt wirkender, weicher Steuerungsinstrumente.Im Gegensatz zu direkten Politikinstrumenten, etwa der Regulierung sozialen Ver-haltens über Ge- und Verbote, zielen „weiche“ Policy- Instrumente auf freiwilligeVerhaltensreaktionen der Adressaten. Sie sollen mit „Überzeugung“ und „Anreiz-setzung“ auf einen politischen Prozess wirken, indem sie über die „weiche“ Bereit-stellung von Informationen, Deutungsangeboten und Interpretationen Verände-rungsprozesse initiieren und so letztlich „harte“ Politikveränderung bewirken.

Ranglisten gehören zu den Instrumenten, die dabei auf den Vergleich als indi-rekten Steuerungsmechanismus setzen und eng mit der so genannten New PublicManagement-Bewegung verbunden sind (vgl. Nullmeier 2010). In der Gruppequantifizierender Vergleichsverfahren können sie von Benchmarking abgegrenztwerden. Benchmarking-Prozesse sind kontinuierliche, vergleichende Analysen vonProdukten, Dienstleistungen oder Prozessen auf der Basis eines festgelegten odersich im Prozess der Leistungsmessung herausbildenden Referenzwertes. Sie zielendarauf ab, Leistungsunterschiede festzustellen und die (eigene) Leistungslücke zuden „Klassenbesten“, den identifizierten Vorbildern, zu schließen. Im Unterschiedzu Ranglisten bedeuten Benchmarking-Verfahren einen Zweier-Vergleich: DieTeilnehmer von Benchmarking-Prozessen kennen die zu erreichende Zielmarke undden Wert ihrer eigenen Leistungsfähigkeit. Mit dieser Zielmarke vergleichen siesich, jedoch nicht mit allen anderen. Ranglisten sollen darüber hinaus abbilden, weroder was der oder das „Beste“ im Vergleich ist. Ranglisten sind als Positionen zu-teilendes Verfahren in sich relational: Die Teilnehmer vergleichen sich nicht nurmit dem Klassenprimus, sondern mit allen anderen.

Wie bei allen quantifizierenden Vergleichsverfahren ist das Ziel von Ranglistendie radikale Komplexitätsreduktion über Zahlen oder gar nur über eine Zahl. Kom-plexe politisch-gesellschaftliche Kausalgeflechte werden in Ranglisten auf eineZahl beziehungsweise einen Ranglistenplatz reduziert. Diese werden „für die Sacheselbst gehalten“ und erzeugen als „selektive Konstruktion“ teilweise erst die Wirk-lichkeit (Heintz 2008: 117). Das Moment dieser radikalen Vereinfachung und Zu-spitzung ist sowohl der Preis solcher Ranglisten als auch deren schärfste Waffe.

Ranglisten sollen öffentlichkeitswirksam eine Problem- und damit Leistungs-„Visualisierung“ liefern. Sie können dabei jedoch gleichermaßen als Beginn einerDebatte wie zugleich als deren Schließung fungieren (vgl. Straßheim 2003). Staatenauf den oberen Tabellenplätzen besitzen offenbar die überlegene, konkurrenz- undalternativlose Problembewältigungsstrategie. Quantifizierende Vergleiche könnenso einen subtilen Konformitäts- und Selbstdisziplinierungsdruck qua Überzeu-

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gungs- und Suggestionskraft der Zahlen und unter der zweifachen Beobachtung derÖffentlichkeit und der Konkurrenten erzeugen. Ranglisten bieten den „Besiegten“in der Tabelle einen Anreiz zu lernen, jedoch enthüllen Ranglisten nicht, was gelerntwerden soll – sie geben, wenn überhaupt, nur indirekte Lernhinweise. Allerdingsfunktioniert dieser psychologische „Tabellen“-Effekt nur unter drei Bedingungen:Zum einen muss sich eine ausreichende Anzahl relevanter Akteure für die Tabelleund den eigenen Tabellenplatz interessieren (Kriterium der kritischen Relevanz).Zum anderen müssen Staaten sich tatsächlich der „Tabellenlogik“ unterwerfen undsomit hoffen, aus dem Wettbewerb reale und relevante Positionsgewinne generierenzu können (Kriterium der intrinsischen Motivation). Drittens schließlich müssenRanglisten und damit einhergehende Leistungsvergleiche auf anerkannten, objek-tivierbaren Regeln basieren (Kriterium der Reliabilität und Validität).

Ranglisten sind getragen vom Gedanken des Wettbewerbs und trachten, ebendiesen bei den Adressaten künstlich auszulösen. Regierungen ist bewusst, dass siesich entscheiden müssen, ob und inwieweit sie sich auf einen subtilen Performanz-und Standortwettbewerb einlassen wollen, an dessen Ende durch öffentliche Ver-gleiche erhebliche (und möglicherweise innenpolitisch brisante) Rechtfertigungs-zwänge auf sie zukommen könnten, wenn sie schlecht abgeschnitten haben. In die-sem Sinne können Ranglisten ein Instrument „for encouraging ‚saints‘ and shaming‚sinners‘“ (Hood 2007: 95) sein. Ob allerdings Ranglisten auf nationaler Ebene alsEreignis wahrgenommen werden und überdies ursächlich für Politikwandel sind, indiesem Sinne also „Verstärker-“ oder gar „Lenkungseffekte“ (Zohlnhöfer/Ostheim2005) zu beobachten sind, ist eine empirisch nicht leicht zu beantwortende Frage.Dies liegt daran, dass die über den Tabellenplatz vermittelten Botschaften zunächstdekodiert werden müssen und auf diesem Wege oft wenig von ihrer Kontingenzeinbüßen – geschweige denn an Verbindlichkeit dazu gewinnen.

Meist wird unterstellt, dass die solchermaßen Verglichenen, seien es Unterneh-men oder Universitäten oder eben sogar Staaten, sich auf die Vergleiche ausrichtetenund die in Ranglisten getroffenen Aussagen und Voreinstellungen internalisierten.So schreiben Wente/Vauth (2003: II), dass internationale Vergleichsstudien „welt-weite Aufmerksamkeit (erregen), so dass öffentlichkeitswirksamer Druck auf diepolitischen Entscheidungsträger aufgebaut wird, die dadurch angehalten werden,notwendige Reformen anzustoßen“. Damit mag die Intention des Absenders solcherRanglisten treffend beschrieben sein, die politische Realität indes stellt sich kom-plexer dar.

Die Macht der Rangliste?

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Internationale Ranglisten im nationalen Politikprozess

Wie gesehen kann einem neuen Typus von Ranglisten, der Leistung über komplexeIndikatoren messen soll, eine besondere Steuerungswirkung unterstellt werden.Deshalb wählen wir Ranglisten dieses Typs für unsere Fallbeispiele aus. Denn wenninternationale Ranglisten wirksame Policy-Instrumente sind, sollten dies zu allererstRanglisten des neuen Typs belegen.

Die von uns ausgewählten internationalen Ranglisten sind die PISA-Studie (Pro-gramme for International Student Assessment) 2001 und der Weltgesundheitsbe-richt 2000. Sie gleichen sich in mehrfacher Hinsicht. Mit der OECD und der WHOwurden sie von Internationalen Organisationen erstellt, zu deren Aufgaben es ge-hört, hochwertige Daten zu sammeln, aufzubereiten und den Staaten zur Verfügungzu stellen. Wenn Ranglisten eine Wirkung erzielen, dann mit höherer Wahrschein-lichkeit solche, die von externen, in einem stärkeren Maße als neutral betrachteten,mit einem Glaubwürdigkeits- und Kompetenzvorschuss bedachten und der unmit-telbaren innenpolitischen Auseinandersetzung enthobenen Organisationen erstelltwerden. Beide Studien beanspruchen, die Leistungsfähigkeit von Staaten zu messen,wozu komplexe Indikatoren gebildet und die Staaten danach jeweils in einer Rang-liste sortiert werden. Dies betrifft mit Bildung und Gesundheit zwei sensible Be-reiche von Public Policy, die in den unmittelbaren Verantwortungsbereich staatli-chen Handelns gehören. Wir können deshalb davon ausgehen, dass beide Studienauf ein ungefähr gleiches, nämlich hohes Interesse bei den Staaten treffen werden.

Die beiden ausgewählten Ranglisten unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrerWirkung. Die erste PISA-Studie hat die internationale Bildungspolitik stark verän-dert und zu regelmäßig wiederholten Schulleistungsstudien geführt. Der Weltge-sundheitsbericht 2000 traf überwiegend auf große Ablehnung und ist seitdem indieser Form nicht wieder erstellt worden. Wir wählen Deutschland als Untersu-chungsfall, weil dort die unterschiedliche Reaktion auf die Ranglisten besondersausgeprägt ist. Zusätzlich sind dort Bildung und Gesundheit Politikfelder, denengemeinhin Reformblockaden zugeschrieben werden, die potenziell durch externeInterventionen aufgelöst werden könnten. Inwieweit die institutionellen Besonder-heiten des deutschen politischen Systems eine Rolle spielen, werden wir mit denErgebnissen unserer Fälle diskutieren müssen.

PISA: Weckruf für die Bildungspolitik?

Die PISA-Studie kann im deutschsprachigen Raum als das meist genannte Beispielfür internationale Ranglisten und ihre Auswirkungen auf nationale Politik gelten.Seit 2000 erhebt die OECD im Rahmen von PISA alle drei Jahre das Kompetenz-

3.

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niveau 15-jähriger Schülerinnen und Schüler in den drei Bereichen Lesen, Mathe-matik und Naturwissenschaften sowie Kontextindikatoren, die deren sozio-ökono-mischen Hintergrund und die Ausstattung der Schulen erfassen. Für die Leistungender Schülerinnen und Schüler werden Punktwerte nach einer Kompetenzskala ver-geben. Die Ergebnisse für jeden Bereich werden mit Ranglisten der teilnehmendenStaaten nach dem Mittelwert der jeweiligen Punktwerte dargestellt, wobei zusätz-lich drei Gruppen danach gebildet werden, ob dieser statistisch signifikant über oderunter dem OECD-Durchschnitt liegt oder kein statistisch signifikanter Unterschiedzu diesem besteht.

PISA hat sich nicht nur in seiner zeitlichen Regelmäßigkeit etabliert, sondern derKreis der teilnehmenden Staaten hat sich mit jeder Erhebungsrunde vergrößert. Be-reits an der ersten Erhebung nahmen nicht nur die OECD-Mitgliedstaaten, sonderninsgesamt 43 Volkswirtschaften teil, von denen allerdings nur 32 in die erste Studieeingingen, weil sie die Erhebung im Jahr 2000 abgeschlossen hatten. Die Zahl derStaaten ist in der jüngsten Erhebung 2009 auf 65 angestiegen.4

Es liegt an spezifischen Merkmalen von PISA, weshalb die OECD mit ihrerSchulleistungsstudie zum wichtigen internationalen bildungspolitischen Akteur ge-worden ist. Seit Ende der 1980er wurde erstens bei der OECD systematisch darangearbeitet, die Qualität von Indikatoren, mit denen die Leistung von Schulsystemengemessen werden kann, deutlich zu erhöhen.5 Dazu wurden Bildungsexperten so-wohl bei der OECD selbst angestellt als auch in einem internationalen Netzwerk indie Erarbeitung der Studie eingebunden. Schließlich ist die OECD bei PISA nichtvon den Teilnahmestaaten abhängig, die ihr Daten mehr oder weniger zweifelhafterQualität liefern, sondern erhebt diese mit der Hilfe von nationalen Konsortien selbst(Martens 2007: 48 f.). Dazu kommt zweitens die konzeptionelle Entscheidung,Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern als outcome der Bildungspolitik zumessen und nicht die Erreichung spezifischer Lernziele oder gar inputs wie diePersonal- und Raumausstattung. Die so gemessenen Schulleistungen sind unab-hängig von nationalen Eigenarten und damit vergleichbar.

Entsprechend ist PISA im internationalen und in vielen nationalen bildungspoli-tischen Diskursen zu einer bedeutenden Referenz geworden (vgl. Figazzolo 2009).Dies gilt zweifellos für Deutschland. Die Veröffentlichung der ersten PISA Studieim Dezember 2001 war ein Ereignis, mit dem sich die deutsche Bildungspolitik

4 Vergleiche die Information unter http://www.oecd.org/pages/0,3417,en_32252351_32236225_1_1_1_1_1,00.html (Stand 19.08.11).

5 Die OECD wurde dazu von den Regierungen der USA und Frankreichs gedrängt, die hofften, mitbesseren und vergleichbareren Daten innenpolitische Reformen anstoßen und durchsetzen zu können(Martens/Wolf 2006: 165).

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deutlich verändert hat und das als „PISA-Schock“ im kollektiven Gedächtnis ver-ankert ist. Denn nach dieser Studie belegten die deutschen 15-jährigen mit ihrenKompetenzen in Lesen (21.), Mathematik (20.) und Naturwissenschaften (19.) hin-tere Rangplätze6 und lagen jeweils statistisch signifikant unter dem OECD-Durch-schnitt. Zugleich war die Gruppe sehr leistungsschwacher Schülerinnen und Schülerin Deutschland besonders groß, der Einfluss der sozialen Herkunft besonders hochund die Integration von Migranten besonders schlecht. Diese Ergebnisse führtensofort zu einer erregten Debatte in den Medien, bei der der Vergleich mit den „PISA-Siegern“, insbesondere mit Finnland, im Mittelpunkt stand (Weigel 2004: 42). An-scheinend konnten Politiker diesen „Weckruf“ und „öffentlichen Aufschrei“ (Wolf2008: 31) nicht ignorieren. Dazu passen sofort einsetzende Aktivitäten der Kultus-ministerkonferenz (KMK) und die erste Regierungserklärung eines Bundeskanzlerszur Bildungspolitik von Gerhard Schröder im Juni 2002. Niemann (2010: 84)schließt entsprechend, dass „ein umfangreicher Wandel des Bildungswesens vonaußen angestoßen und anschließend bundesweit flächendeckend umgesetzt wurde.[…] Der laute öffentliche Ruf nach politischem Handeln stimulierte einen Konsenszu raschen und elementaren Reformen“.

Der Vergleich mit der Rezeption von PISA in anderen Ländern und eine genauereBetrachtung der Ereignisse in Deutschland relativieren allerdings die Macht derRangliste. Zwar liegen nur zu einigen Staaten Fallstudien vor und es fehlt noch einsystematischer Vergleich über alle Länder, die an PISA teilnehmen.7 Die unmittel-bare und heftige öffentliche und politische Reaktion auf PISA in Deutschland istjedoch klar die Ausnahme. Fallstudien zeigen einerseits, dass die jeweiligen PISA-Ergebnisse oft in den nationalen bildungspolitischen Diskurs eingehen. Dies ge-schieht andererseits in höchst unterschiedlichem Ausmaß und nicht direkt abhängigvom jeweiligen Rangplatz beziehungsweise dessen Veränderung. Eine schlechtePlatzierung bei PISA führt nicht automatisch zu Reformen in der Bildungspolitik,wie insbesondere das Beispiel der USA zeigt, wo das schlechte Abschneiden beiPISA bei Politikern und in der Öffentlichkeit schlicht keine Rolle spielt. Martens(2010: 242 f.) erklärt dies damit, dass die Qualitätsmängel im US-amerikanischenSchulsystem bereits Mitte der 1980er Jahre in der „großen Schuldebatte“ breit the-matisiert wurden und seitdem im öffentlichen Bewusstsein geblieben sind. Dies

6 Wie die OECD selbst anmerkt, lässt sich nach dem Mittelwert, der aus einer Stichprobenziehunggebildet wurde, kein genauer Rangplatz errechnen. Stattdessen wird jeweils ein oberer und ein un-terer Rang angegeben, zwischen denen der Platz eines Landes mit einer Wahrscheinlichkeit von95 % liegt. Wir haben jeweils den oberen Rangplatz angegeben (OECD 2001: 60, 92, 104).

7 Vergleiche die Beiträge in Knodel u. a. 2010 und entsprechende Veröffentlichungen im Rahmen desProjekts „Knowledge and Policy“ (http://www.knowandpol.eu/).

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überzeugt nur teilweise, soweit man der Annahme folgt, dass Problemdruck imSinne einer medial vermittelten, plötzlichen Erkenntnis eines Missstandes – einSchock – die Hauptursache für Politikwandel ist.8 Dies kann man allerdings nichtnur abstrakt aus policy-theoretischer Perspektive,9 sondern auch empirisch konkretbei PISA am Beispiel Deutschland hinterfragen.

Ohne Frage ist der so genannte PISA-Schock vor allem ein internationales Me-dienereignis. Dazu hat ausdrücklich die Darstellung der Ergebnisse in einer Rang-liste beigetragen, da der jeweilige Rangplatz in der Berichterstattung eine bedeu-tende Rolle spielt.10 Die Reputation der OECD und damit die der Studie zuge-schriebene hohe Qualität hat dies ermöglicht. Für Deutschland überrascht haupt-sächlich die Stärke der öffentlichen Reaktion. Für Experten und Politiker kann manjedoch keineswegs von einem (heilsamen) Schock sprechen. Erstens konnten Bil-dungsexperten und -politiker das mäßige Abschneiden bei PISA erwarten, dennbereits 1997 beim internationalen Leistungsvergleich TIMSS (Third InternationalMathematics and Science Study) erreichten deutsche Schülerinnen und Schüler nurmittelmäßige Ergebnisse.11 Dies war auch in den Medien thematisiert worden undhatte zu einer öffentlichen Debatte geführt, die allerdings recht begrenzt blieb.12 Diemäßigen Ergebnisse dürften Bildungspolitiker nicht begeistert haben, führten je-doch gerade nicht zu einer Ablehnung solcher Untersuchungen. Unionspolitikerfavorisierten traditionell zentrale Leistungsüberprüfungen und Evaluationen undhatten diese beispielsweise in der Form des Zentralabiturs implementiert. Aber auchsozialdemokratische Bildungsminister hatten seit Mitte der 1990er Jahre Lern-standserhebungen in ihren Bundesländern initiiert und sich damit der Position derUnion angenähert. Entsprechend konnte in den so genannten Konstanzer Beschlüs-sen 1997 ein parteiübergreifender Konsens der Kultusminister darüber hergestellt

8 Dieser Annahme folgend spielt Problemdruck im Erklärungsmodell von Popp u. a. (2010) eineprominente Rolle.

9 Die Frage, welche Rolle externe Ereignisse oder Schocks bei Politikwandel genau spielen, be-schäftigt prozessorientierte Policy-Theorien besonders und wird aus der Perspektive beispielsweisevon Multiple Streams, Punctuated Equilibrium, Advocacy Coalitions oder auch Path Dependencyunterschiedlich beantwortet (vgl. Sabatier 2007; Capano 2009).

10 Vergleiche dazu die zitierten Überschriften bei Knodel u. a. (2010); Figazzolo (2009: 23).11 Ackeren (2002: 162) spricht entsprechend vom „TIMSS“-Schock.12 Die interessante Frage, warum PISA so viel mehr Aufmerksamkeit in den Medien und damit in

der öffentlichen Debatte erhalten hat als TIMSS, ist bisher nicht untersucht worden. Unter Um-ständen liegt dies daran, dass Journalisten und die sich als Bildungsbürgertum verstehenden Be-völkerungsschichten weit stärker schockiert sind, wenn deutsche Schülerinnen und Schüler ver-meintlich nicht lesen (Lesekompetenz war der Schwerpunkt der ersten PISA-Studie) als wenn sienicht rechnen können.

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werden, regelmäßig länderübergreifende und international vergleichende Schulver-gleichsstudien durchzuführen (Tillmann u. a. 2008: 99).

Zweitens nährten sich Ende der 1990er Jahre die Positionen der Parteien in eini-gen Punkten an. Dies gilt neben der eben ausgeführten Frage zentraler Prüfungenbeispielsweise mit den Ganztagsschulen für einen weiteren großen Streitpunkt, indem sich die Union auf die sozialdemokratische Position zubewegte (Tillmann u. a.2008: 187 f.). Wesentlich dazu beigetragen hat das von der Bundesbildungsminis-terin initiierte Forum Bildung (Wunder 2002: 111). Das bei der Bund-Länder-Kom-mission für Bildungsplanung und Forschungsförderung angesiedelte Forum ver-sammelte zwischen 1999 und 2002 Bildungspolitiker von Bund und Ländern sowieBildungswissenschaftler, die im November 2001 gemeinsam mehrere Empfehlun-gen veröffentlichten.

In dieser zweifachen Hinsicht traf die Kultusminister die Veröffentlichung derPISA-Ergebnisse also nicht unvorbereitet. Deshalb konnte die KMK auf der Pres-sekonferenz zur PISA-Studie am 04. Dezember 2001 bereits einen Handlungska-talog präsentieren, zu dem sie schon am folgenden Tag die Zustimmung der Leh-rerverbände erreichte. Dieser beruhte nicht auf einer eingehenden Analyse der PI-SA-Ergebnisse, sondern schrieb den zuvor und unabhängig von PISA erzieltenKonsens fort. Das zeigt sich klar bei der Frage verbindlicher Standards und liegt beider Förderung von Ganztagsschulen sehr nahe (vgl. Tillmann u. a. 2008: 91, 188).Gleichzeitig blieben strittig gebliebene Punkte wie die gegliederte Schulstruktur derSekundarstufe ausgeklammert.

Mit dieser schnellen Reaktion wollte die KMK nicht allein den öffentlichen Druckvermindern, indem sie sich als Problemlöserin präsentierte. Vielmehr wollten dieLänder den absehbaren und dann tatsächlich eintretenden Versuch des Bundes ab-wehren, mehr Einfluss in der Schulpolitik zu erlangen, wozu vor allem das Inves-titionsprogramm des Bundes vom Juni 2002 für mehr Ganztagsschulen dienen soll-te.13 Der Zeitpunkt dieser Initiative war wiederum nicht allein vom öffentlichenDruck, sondern erstens von der Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse der einzel-nen Bundesländer im selben Monat und zweitens von der im Herbst 2002 anste-henden Bundestagswahl bestimmt. Beides führte dazu, dass der Parteienwettbewerberneut bildungspolitische Fragen überlagerte.

Insgesamt zeigt sich, dass die mediale Empörung über die schlechten PISA-Er-gebnisse keineswegs dazu führte, dass die Bildungspolitiker zu einem Konsens ge-

13 Eine erst sehr forsche, dann aber zurückhaltendere Initiative gibt es auch bei den Bildungsstandards(Tillmann u. a. 2008: 93). Bekanntlich scheiterte der Bund mit seinen Versuchen letztlich, da erim Rahmen der Föderalismusreform 2006 Kompetenzen in der Schulpolitik ganz verlor, was inder zweiten Stufe der Reform 2009 nur wenig gelockert wurde.

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Page 13: Die Macht der Rangliste? - NomosDie Macht der Rangliste? ZPol 3/11 371 Internationale Ranglisten im nationalen Politikprozess Wie gesehen kann einem neuen Typus von Ranglisten, der

zwungen beziehungsweise eine etwaige Reformblockade in der Bildungspolitikaufgebrochen wurde. Vielmehr beschleunigte sie die Umsetzung von einzelnenMaßnahmen, über die bereits vorher ein parteiübergreifender Konsens gefundenworden war. Ebenso zwingen anhaltend mäßige PISA-Ergebnisse Bildungspolitikeroffensichtlich nicht zu einer Annäherung oder gar zu einem Konsens in der weiterhinideologisch aufgeladenen Schulstrukturdebatte.

WHO Gesundheitsreport 2000: “the worst study ever?”14

Der Zweck der WHO besteht nach Art. 1 ihrer Verfassung von 1946 darin, „allenVölkern zur Erreichung des bestmöglichen Gesundheitszustandes zu verhelfen“.Der Leistungsvergleich über Ranglisten spielte dabei jedoch lange keine Rolle. ImWHO- Gesundheitsreport 2000 wurden dagegen erstmals alle Gesundheitssystemeder Welt anhand derselben Ziele und Kennziffern beurteilt und in einer WHO-Weltrangliste aufgereiht. Dazu wurde ein neuer Ansatz entwickelt, der „breaks newground in presenting for the first time an index of national health systems’ perfor-mance in trying to achieve three overall goals: good health, responsiveness to theexpectations of the population, and fairness of financial contributions” (WHO2000: xi).

Die WHO wagte sich damit auf ein für sie neues Gebiet vor, weil Gro HarlemBrundtland, die zwei Jahre vor Erscheinen des Weltgesundheitsberichts zur Gene-raldirektorin der WHO gewählt worden war, die Organisation auf diese Weise inder globalen gesundheitspolitischen Arena neu positionieren wollte. Durch die Ge-samtindexierung und die Bildung einer Rangliste unterschied sich der WHO-Berichtdeutlich von vorangegangenen Untersuchungen und auch von der Arbeit der OECD,die in ihren jährlich erscheinenden „Gesundheitsdaten“ (OECD Health Data) oderihren indikatorengestützten Länderanalysen (Reviews of Health Systems) schonzuvor ähnliche, wenngleich weitaus differenziertere Perspektiven auf die Perfor-manz von Gesundheitssystemen geworfen hatte – allerdings ohne Ranglisten zuerstellen.

Die WHO-Untersuchung ergab für Deutschland ein sehr differenziertes Bild:Während das deutsche Gesundheitswesen bei der „Finanzierungsgerechtigkeit“ im-merhin den Platz 6-7 erreichte und in der Kategorie „Respekt und Kundenorientie-rung“ gar auf dem fünften Platz landete, reichte es beim Preis-Leistungs-Verhältnis(„Gesundheitsergebnisse“) im damals mit 10,5 Prozent des BIP zweitteuersten Ge-sundheitswesen der Welt nur für den 41. Rang: hohen Ausgaben für Gesundheit

b)

14 So der Titel von Atlas (2011).

Die Macht der Rangliste?

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stehen nach Ansicht der Studie nur mäßige Resultate gegenüber. In der Gesamtbe-wertung (Gesamtindex „Overall Health System Performance“) lag das deutscheGesundheitswesen damit auf dem Aufsehen erregenden 25. Platz der Rangliste derGesundheitssysteme der Welt. Auf diesen schlechten Rang bezogen sich fortan diegesundheitspolitischen Beiträge. Die Rangliste war daher erfolgreich, da sie dieAufmerksamkeit der gesundheitspolitischen und gesundheitswissenschaftlichenCommunity auf sich zog. Der fatale Gesamtranglistenplatz wurde jedoch nur seltenals „zusammengesetzter“ Platz wahrgenommen.15 In dem Maße, in dem die Zahl„25“ die Aufmerksamkeit auf sich zog, gerieten die neuartige Konzeption der Stu-die, ihr tiefer liegendes Anliegen, die überaus interessanten Ergebnisse sowie dieEinzelindikatoren aus dem Blickfeld.

Die Situation in der Bundesrepublik, auf die der WHO-Bericht 2000 traf, war fürdessen Wirkung zugleich günstig und hochgradig ungünstig. Einerseits hatte sichdie rot-grüne Bundesregierung und insbesondere Bundesgesundheitsministerin An-drea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) thematisch einem dem Ansatz des Berichtsganz ähnlichen Programm der Leistungsmessung und Effektivitätssteigerung ver-schrieben. Fragen des effizienten Ressourceneinsatzes sowie die Debatte über Qua-lität und Ergebnisse zählten zur programmatischen Stoßrichtung von Fischer undwaren in rudimentärer Form auch in die Gesundheitsreform 2000 eingeflossen. An-dererseits war diese Debatte in Deutschland im Jahr 2000 bei mehreren gesund-heitspolitischen Akteuren nicht erwünscht, die zu deren Abwehr methodischeSchwächen der Rangliste nutzen konnten.

An vier Punkten hat sich das Schicksal der WHO-Rangliste in Deutschland ent-schieden. Erstens stand eher schwachen Akteuren, denen die Rangliste gelegen kam,eine starke Abwehrkoalition entgegen. In der bundesdeutschen Debatte jenseits derengeren gesundheitswissenschaftlichen, vor allem der Public Health-Communitygab es kaum einen relevanten Akteur, der ein substantielles Interesse daran hatte,mit dem Problem des schlechten Rangplatzes offensiv umzugehen, das heißt entlangder WHO-Befunde eine Generaldebatte über Reformnotwendigkeiten im deutschenGesundheitswesen zu führen. Zwar hatte das Bundesgesundheitsministerium, nebender Unterstützung durch Krankenkassen, mit dem Sachverständigenrat für die Kon-zertierte Aktion im Gesundheitswesen (jetzt: Sachverständigenrat zur Begutachtung

15 Insgesamt flossen fünf von uns hier nicht weiter aufgeschlüsselte Einzelfaktoren in die Berechnung,den Gesamtindex, ein: 1. Gesundheitsniveau, 2. Aufgeschlossenheit des Gesundheitssystems, 3.Fairness der Finanzierung, 4. Stand der medizinischen Versorgung und 5. Leistungsfähigkeit desGesundheitswesens. Die Rangliste listet die Staaten alphabetisch auf und schlüsselt hinter demLändernamen die Einzelergebnisse sowie in der äußersten Spalte schließlich das Gesamtergebnisauf.

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Page 15: Die Macht der Rangliste? - NomosDie Macht der Rangliste? ZPol 3/11 371 Internationale Ranglisten im nationalen Politikprozess Wie gesehen kann einem neuen Typus von Ranglisten, der

der Entwicklung im Gesundheitswesen; SVR) einen „ideellen“ Verbündeten, umdie eigene Position zu untermauern. Dieser hatte bereits in seinem Jahresgutachten1989 und den Sondergutachten 1995 und 1996 entsprechende Kritik geäußert undwar in seinem Jahresgutachten 2000/2001 (SVR 2002) explizit auf diese Proble-matik und zustimmend auf die WHO-Studie 2000 eingegangen. Allerdings war undist der SVR als politischer Akteur in der Öffentlichkeit kaum bekannt und politischnur schwer zu instrumentalisieren.

Große Abwehr gab es dagegen vor allem bei den Leistungsanbietern, die die Er-gebnisse der Studie als „Schlechtreden unseres Versorgungssystems“ (Reusch2004: 290) vehement in Abrede stellten. Daher ging bei dieser Rangliste die kurz-zeitige Öffnung des Diskurses mit einer gezielten Strategie der Diskursverhinderungdurch diejenigen einher, die sich durch die Rangliste unmittelbar in ihrem Statusund ihrer Leistung angegriffen fühlten. Gegen die Rangliste fuhren die Anbietereine Doppelstrategie. Zum einen waren sie erfolgreich darin, rasch eine erheblicheGegenexpertise zu mobilisieren, der es gelang, Gutachten und Rangliste politischund im wissenschaftlichen Diskurs nachhaltig zu entwerten. Zum anderen verwei-gerten sie sich einer konstruktiven Mitarbeit an der Entwicklung und Verbesserungvon Indikatoren (Riesberg/Weinbrenner/Busse 2003: 38). Von der breiten Öffent-lichkeit war die Rangliste ohnehin kaum bemerkt worden. Auch in der Presse fandsie nur kurz nach ihrem Erscheinen Erwähnung.

Der Abwehrkoalition fiel es zweitens leicht, die Rangliste mit dem Hinweis aufinhaltliche und methodische Mängel zu diskreditieren und quasi zu behaupten, dassdie „Tabelle lügt“. Die WHO-Studie sowie die auf ihr aufbauende Rangliste littendarunter, dass Datenerhebung, Analysemethodik, Konzeptentwicklung und Durch-führung der Leistungsmessung im Gesundheitssystem in weiten Teilen neu ent-wickelt worden waren (Smith/Mossialos/Papanicolas 2008). In der wissenschaftli-chen, und anfänglich auch in der politischen Auseinandersetzung mit dieser Pio-nierstudie wurden verschiedene, im weitesten Sinne methodologische Kritikpunktegeäußert. Dazu gehörten die Indikatorenauswahl und deren Messung, die begrenzteAussage der zu stark aggregierten Indikatoren, die reine Addition anstelle einerGewichtung der Indikatoren (und damit auch der Gesundheitsziele), die internatio-nal uneinheitliche Datenerfassung, die lückenhafte empirische Datenbasis sowie dievon der WHO definierten Oberziele eines Gesundheitssystems.16 Ferner sei dieStudie in ihren Prämissen durch und durch „ideologisch“ und voll von unhinter-fragten Werturteilen (so etwa Whitman 2008). Hinzu traten handwerkliche Fehler

16 Hierzu beispielsweise Hurst/Jee-Hughes (2001), die die Ansätze von WHO und OECD kontras-tieren, sowie Williams (2001) mit dezidierter methodischer Kritik.

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wie die Verwendung teilweise veralteter und qualitativ stark variierender Daten, dieHeranziehung wenig repräsentativer Expertenurteile, um empirische Lücken zuschließen, die Anwendung von zweifelhaften Schätzverfahren sowie die Vermi-schung von Daten unterschiedlicher Jahrgänge, was der damalige Chefredakteur desWHO-Reports später selbstkritisch auch zugestand (Musgrove 2003). Für den deut-schen Diskurs kam speziell hinzu, dass vor Deutschland Länder wie Spanien undItalien platziert waren, die keineswegs als leistungsfähigere Vorbilder galten unddie von der dortigen Bevölkerung selbst zuvor sehr kritisch beurteilt worden waren(Maio/Manzoli 2002). Dies lieferte den deutschen Kritikern der Studie weitere Mu-nition zur Obstruktion.

Drittens eignete sich der schlechte Rangplatz nur wenig für die Inszenierung einesRegierung-Opposition-Konflikts, denn sowohl die alten wie auch die neuen Regie-rungsparteien, insbesondere CDU/CSU und SPD, steckten gemeinsam in der Ver-antwortung in der Gestalt informaler Sachkoalitionen bei der Reform des Gesund-heitswesens. Zudem, und dies zeigte die von der PDS am 29. Juni 2000 beantragteAktuelle Stunde des Deutschen Bundestags17 sehr plastisch, war die überwölbendeKritik auf Seiten von SPD, Union und FDP diejenige an den methodologischenSchwächen der Studie und ihrer zweifelhaften Aussagekraft. Die Bündnisgrünensahen den WHO-Bericht hingegen als Bestätigung ihres mit der im Dezember 1999verabschiedeten Gesundheitsreform 2000 begonnenen Weges und wollten die Kri-tik der WHO im Bereich Gesundheitsergebnisse und Ressourceneffizienz zumMaßstab künftiger Reformpolitik machen. Die SPD jedoch, ohnehin skeptisch ge-genüber dem neuen grünen Bundesgesundheitsministerium, war nicht bereit, derMinisterin breite Rückendeckung zu geben und die Rangliste in einem gemeinsamenpolitischen Vorstoß offensiv zu wenden.

In diesem Kontext spielte viertens politisches Timing eine wichtige Rolle für dieReaktionen auf die Rangliste. Für die Gesundheitsreform im Jahr 2000 kam dieRangliste als Legitimationsfolie zu spät. Bei der Reform 2004 unter der neuen Ge-sundheitsministerin Schmidt (SPD) hatte sich die gesundheitspolitische Agendagewendet. Prioritär war zu diesem Zeitpunkt ein kurzfristiges, mit der Oppositionausgehandeltes Kosteneinspar- und kein Strukturveränderungsprogramm, wie esdie WHO-Studie nahe gelegt hätte. Denn diese Rangliste als politisches Instrumentanzuwenden hätte dazu führen müssen, sie unter den Bedingungen des Parteien-wettbewerbs gegen hochgradig vermachtete und interessenbesetzte Strukturen(konfliktfähige Leistungserbringer, korporative Selbstverwaltung, Föderalismus) inStellung zu bringen. Trotz programmatischer Übereinstimmung mit dem WHO-

17 Plenarprotokoll 14/111, 10489-10502.

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Bericht hatte deshalb auch die grüne Bundesgesundheitsministerin kurze Zeit nachder konflikthaften Gesundheitsreform aus dem Jahr 2000 wenig Interesse an einertief greifenden strukturellen und damit unweigerlich konfrontativ verlaufendenGroßreform. Nimmt man die ausgeprägte Resistenz des Gesundheitswesens gegenstrukturelle Reformversuche, dann ergibt sich eine Gesamtsituation, in der dieRangliste der WHO, so spektakulär sie auch erschien, wenig unmittelbar politik-verändernde Wirkung entfalten konnte.

Nach der Ablösung von Andrea Fischer durch die neue Ministerin Ulla Schmidtzählte der Verweis auf internationale Vergleichsstudien nicht mehr zum ministe-rialen argumentativen Standardrepertoire für die Begründung von Reformen. Ent-sprechende Passagen, die sich noch im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionenzum Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom 16. Juni 200318 fanden, waren einenMonat später im von Schmidt mit der CDU/CSU ausgehandelten und von einerinformellen Großkoalition getragenen Gesetzentwurf von SPD, CDU/CSU undBündnis 90/Die Grünen19 deutlich entschärft bzw. gestrichen worden.

Die WHO-Rangliste aus dem Jahr 2000 blieb ohne Nachfolger. Die Gesund-heitsorganisation verzichtete aufgrund der zum Teil vehementen Kritik aus ihrenMitgliedsländern und der Komplexität der Aufgabe auf weitere Leistungsmessun-gen. Sie wollte sich dazu erst dann wieder äußern, wenn sie auf eine wissenschaftlichanerkanntere Methodik zurückgreifen könne (Möller/Laaser 2002: 286). McKee(2010: 347 f.) ist zwar zuzustimmen, wenn er schreibt: „It is now much more difficultfor a politician to dismiss comparative data on performance; perhaps this is thereport’s greatest legacy”. Zu den politischen Nachwirkungen der Rangliste gehörtaber auch, dass Regierungen einen Abwehrreflex gegen internationale Leistungs-vergleiche in der Gesundheitspolitik entwickelt haben. Insbesondere die Bundes-regierung spielt seitdem – zum Beispiel auch auf EU-Ebene – in der Ablehnungs-front gegen Ranglisten eine wesentliche Rolle (Stein 2003: 24).

It’s politics, stupid!

Die beiden Fallstudien bestätigen einerseits die aus der Literatur bekannte These,dass die Wirkung internationaler Ranglisten von ihren Eigenschaften abhängt. Diesist jedoch nur einer von insgesamt fünf Faktoren, die bei der Reaktion auf die erstePISA Studie und den Weltgesundheitsbericht in Deutschland eine Rolle spielten.Die vier weiteren Faktoren gehören dagegen zum nationalen Politics-Bereich.

4.

18 BT-Drs. 15/1170.19 BT-Drs. 15/1525.

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Erstens zeigen die beiden Fallstudien, dass die Qualität einer Rangliste einenUnterschied macht – allerdings nicht die allgemeine Reputation der InternationalenOrganisation, die diese erstellt. Die PISA-Studie gewinnt besondere Überzeugungs-kraft aus den eigens und aufwändig erhobenen Daten, die dem Konzept der Studieentsprechen. Dazu kommt, dass die OECD und insbesondere der Koordinator derPISA-Studie, Andreas Schleicher, diese gegen Kritik offensiv verteidigten. DieAussagekraft des Weltgesundheitsberichts 2000 dagegen konnte insbesondere da-mit bestritten werden, dass er sich auf Daten sehr unterschiedlicher Qualität stützte,die größtenteils nicht von der WHO eigens für den Bericht, sondern von anderenAkteuren nach unterschiedlichen Qualitätsmaßstäben für differierende Fragestel-lungen und Zeiträume erhoben worden waren.

Zweitens erfahren die Ranglisten eine unterschiedliche Akzeptanz abhängig da-von, inwieweit die beurteilten und gelisteten Staaten im Vorfeld ihrer Erstellungeingebunden wurden. Bei PISA willigten die Regierungen und die sie beratendenBildungsexperten vor der Erhebung ein, dass und nach welchem Konzept sie ver-glichen werden sollten. Die OECD stieß mit PISA zwar mit einem neuen Konzeptin einen Bereich vor, der zuvor nicht zu ihren Hauptaufgabenfeldern gehörte. Sietat dies aber auf ausdrücklichen Wunsch einflussreicher Mitgliedstaaten bezie-hungsweise nicht gegen den Willen aller Mitgliedstaaten. Mit dem Weltgesund-heitsbericht 2000 wollte dagegen die neu gewählte Generaldirektorin ein kraftvollesSignal der Neuausrichtung der Arbeit der WHO senden, die bewusst relativ unab-hängig vom Einfluss ihrer Mitgliedstaaten sein sollte. Der Vergleich mit der PISA-Studie der OECD zeigt, dass so ein Versuch erfolgreich sein kann, aber vorbereitetwerden muss, indem einflussreiche Mitgliedstaaten und erhebliche Teile der ent-sprechenden epistemic community als Bündnispartner gewonnen werden.

Damit hängt drittens die Passfähigkeit der Rangliste in den nationalen Diskursdes jeweiligen Politikfeldes zusammen. Die Rahmung von Bildung als Grundkom-petenzen, die für den individuellen beruflichen Erfolg und die kollektive nationaleWettbewerbsfähigkeit entscheidend sind, fand bereits vor PISA als Dimension derso genannten Wissensgesellschaft in großen Teilen der deutschen und internatio-nalen Bildungsforschung sowie bei (Bildungs-)Politikern Zustimmung. Diese er-folgte wiederum keineswegs durch PISA und die OECD allein,20 sondern fand vorallem – und wiederum zuvor – auch in der Lissabon-Strategie der EuropäischenUnion Ausdruck. Dagegen fand das beim Weltgesundheitsbericht besonders um-strittene Konzept, die Effizienz und Leistungsfähigkeit von Gesundheitssystemen

20 Wird dies nicht beachtet, besteht die Gefahr, dass der Einfluss der OECD systematisch überschätztwird.

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zu messen und komparativ zu bewerten, bei deutschen Gesundheitspolitikern zurZeit seiner Veröffentlichung nur wenige Unterstützer.

Diskurse sind jedoch viertens nur eine Dimension des Politikprozesses und diebeiden Fallstudien zeigen deutlich, dass es letztlich Akteure – und ihre Interessen –sind, die bestimmen, wie auf internationale Ranglisten im nationalen Politikprozessreagiert wird. Es sind dies in den betrachteten Fällen genauer die Parteien und je-weils eine informelle Große Koalition – im einen Fall als Handlungs-, im anderenFall als Abwehrkoalition. Bei PISA war – wie gesehen – bereits vor Veröffentli-chung der Rangliste ein parteiübergreifender Konsens hergestellt worden, mit Bil-dungsstandards und mehr Ganztagsschulen die Bildungspolitik zu verändern. Da-gegen hatten SPD und Union in der deutschen Gesundheitspolitik gerade wesent-liche Weichenstellungen in einer Ad-hoc-Sachkoalition vorgenommen. Deshalbwaren sie sich einig, sowohl nicht sofort wieder Reformen anzugehen, als auch sichgegen Interessen der grünen Gesundheitsministerin als Verteidiger des bestehendenSystems zu profilieren.

Damit zeigt sich fünftens, welche Rolle der Zeitpunkt der Veröffentlichung derRanglisten in Verbindung mit dem Wahl- und politikfeldspezifischen Reformzyklusspielte. Die Bildungspolitik befand sich zur Zeit der ersten PISA-Studie am Beginneines Reformzyklus, der mit PISA beschleunigt wurde. Dies geschah zusätzlichdurch die Nähe zur Bundestagswahl, wodurch allerdings auch Anreize für die Par-teien bestanden, weiterhin bestehende Unterschiede noch stärker zu betonen. DieVeröffentlichung des Weltgesundheitsberichts erfolgte dagegen im Juni 2000 ziem-lich zur Mitte der Legislaturperiode und nach Abschluss eines Reformvorhabens,so dass für die Parteien zusätzlich zum gerade abgeschlossenen Reformzyklus keinAnreiz bestand, die Parteienkonkurrenz zu aktivieren.

Diese fünf Faktoren sind in unseren Fallbeispielen relativ unabhängig vom insti-tutionellen Kontext des deutschen politischen Systems. Das bedeutet nicht, dassInstitutionen grundsätzlich keine Rolle spielen. Sie bestimmen zum Beispiel, wiewahrscheinlich es ist, dass sich Abwehr- oder Unterstützungskoalitionen formenkönnen. In Systemen mit vielen Vetospielern, Verbundföderalismus und hohemVerbandseinfluss ist Letzteres in der Regel schwieriger als in solchen mit starkzentralisierten und abgeschotteten Entscheidungsarenen. In unserer Perspektivekommt den Interaktionen der interessen- und ideengeleiteten Akteure letztlich je-doch die wichtigere Rolle zu, was wir zumindest für unsere Fälle meinen gezeigtzu haben.

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Fazit

In diesem Beitrag wurde am Beispiel der Reaktionen auf die erste PISA-Studie undden Weltgesundheitsbericht 2000 in Deutschland untersucht, inwieweit internatio-nale Ranglisten in nationale Politikprozesse wirken. Ausgangspunkt war, dass dieWirkungsweise internationaler Ranglisten nicht allein an ihnen als Policy-Instru-ment beurteilt werden kann, da dies die Komplexität des nationalen Politikprozes-ses, in den sie wirken sollen, unterschätzt. Ziel war es, die Wirkungsweise vonRanglisten internationaler Organisationen auf nationale Politikprozesse differen-zierter einschätzen zu können.

Die Auseinandersetzung mit Ranglisten als Policy-Instrument hat gezeigt, dassdiese in unterschiedlicher Form bereits seit langer Zeit verbreitet sind. Neu undbedeutend ist nicht die Allgegenwärtigkeit beliebiger Ranglisten, sondern dass seitcirca zwanzig Jahren ein neuer Typ von Rangliste erstellt wird, der mit komplexenIndikatoren Politikergebnisse abbildet und weit seltener zu finden ist. Ihm kann einehohe Steuerungswirkung unterstellt werden, soweit solche Ranglisten Problemeschonungslos offenlegen und dadurch Handlungsdruck erzeugen. Es ist also plau-sibel, von Ranglisten zumindest eine gewisse Wirkung zu erwarten. Unsere Fall-beispiele haben gezeigt, dass zwar sowohl die Intervention in der Form einer Rang-liste als auch deren spezifische Eigenschaften einen Unterschied machen, sobald sieim nationalen Politikprozess aufgegriffen werden. Sie können potenziell eine hoheSignalwirkung entfalten, gerade weil sie Komplexität radikal auf einen einfachenRangplatz reduzieren. Denn: „die Tabelle lügt nicht“.

Inwieweit Ranglisten allerdings überhaupt Resonanz finden, hängt stark von Di-mensionen des nationalen Politikprozesses selbst ab, von denen wir insbesonderedie Passfähigkeit zum Diskurs im nationalen Politikfeld, Akteure und ihre Interessensowie den Zeitpunkt im Wahl- und politikfeldspezifischen Reformzyklus identifi-zieren konnten. Demgegenüber ist der Einfluss der Rangliste als Policy-Instrumentklar nachgelagert.

Mit unseren Ergebnissen zu einem bisher noch nicht untersuchten Steuerungsin-strument stützen wir Autoren, die beispielsweise anhand der Misfit-These oder derOffenen Methode der Koordinierung argumentieren, dass Steuerungsimpulse vonder internationalen oder europäischen Ebene nicht unvermittelt in nationale Politi-ken wirken. Die These, dass internationale Ranglisten wirken, soweit sie Problemeschonungslos offenlegen und so direkt zu Handlungsdruck führen, ist also zu ein-fach. Wir schlagen darüber hinaus vor, internationale Ranglisten konzeptionell alsexterne Störung im nationalen Politikprozess zu fassen. Sie sind als kommunikativeEreignisse Störungen in Diskursen und haben so höchstwahrscheinlich eine andere

5.

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Wirkung als etwa rapide steigende Ölpreise, Naturkatastrophen, Großunfälle oderFinanzmarktkrisen, die nicht nur Diskurse verändern und deshalb als Schocks ge-fasst werden können. Mit dieser konzeptionellen Entscheidung lassen sich einerseitsEigenschaften spezifischer Ranglisten und der sie erstellenden Internationalen Or-ganisationen berücksichtigen, die die Qualität und Stärke einer solchen externenStörung näher bestimmen. Andererseits wird so der relativen Eigenständigkeit undden Kontingenzen nationaler Politikprozesse entsprochen. Ferner lässt sich überdiese Konzeptualisierung als externe Störung Anschlussfähigkeit an prozessbezo-gene Theorien der Policy-Analyse herstellen.

Für Internationale Organisationen sind Ranglisten als Policy-Instrument oder garInterventionsmodus also höchst ambivalent zu bewerten. Insbesondere wenn dieseals regelmäßig wiederkehrende Ereignisse „institutionalisiert“ werden, können siepotenziell eine hohe Wirkung haben, was weiterführend untersucht werden sollte.Wie das Beispiel PISA zeigt, ist ihre Steuerungsleistung jedoch auf jeden Fall äu-ßerst voraussetzungsvoll und selbst dann noch hochgradig unwägbar. Sie könnendarüber hinaus sogar riskant sein, wenn sie wie im Beispiel der methodisch frag-würdigen Rangliste des Weltgesundheitsberichts die Reputation der InternationalenOrganisation beschädigen. Deshalb dürften Ranglisten auch fortan kaum als effek-tives Steuerungsinstrument wahrgenommen, sondern rein als Informationsquelleunter vielen genutzt werden. Die Vermutung, dass „techniques such as league tableswill probably be abandoned and consigned to the history of policy failures” (Jackson2011: 23), ist deshalb nicht unbegründet. Sollten sie damit zu früh totgesagt wordensein, läge dies zumindest nicht an ihrer Wirksamkeit als Steuerungsinstrument.

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Die Macht der Rangliste?

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