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Die Mariä-Entschlafens-Kirche in Wolotowo bei Nowgorod (Russland) – zur Wiederanbringung kriegszerstörter Wandmalereien. Die im II. Weltkrieg stark zerstörte Mariä- Entschlafens-Kirche auf dem Wolotowo- Feld bei Nowgorod (Russland) wird auf Initiative der Bundesregierung mit Unter- stützung der Wintershall Holding AG durch den Verein zur internationalen Verständi- gung e. V. seit 2001 restauriert. Circa 1,7 Millionen Wandmalereifragmente konnten aus dem Schutt der ehemals vollständig ausgemalten byzantinischen Kreuz- kuppelkirche geborgen werden. Der Wiederaufbau der Kirche wurde im August 2003 abgeschlossen. In eingeschränktem Umfang und soweit sinnvoll zur Ergänzung des noch in situ erhaltenen Malerei- bestandes sollen zusammengefügte Bild- szenen ohne Ergänzungen wieder in den Bau zurückgeführt und an den Wänden angebracht werden, da sich an ihnen das Schicksal der Kirche mit der Vehemenz der Zerstörung ablesen lässt. Mit einer beglei- tenden Dokumentation soll der Ort den Charakter eines Mahnmals erhalten. Die logistischen und technischen Aspekte der Wiederanbringung der Wandmalereien sind eine Herausforderung für alle Beteiligte. von Dörthe Jakobs, Hans Michael Hangleiter und Johannes Amann

Die Mariä-Entschlafens-Kirche in Wolotowo bei Nowgorod ... · Wandmalereien kriegszerstörter Kirchen sei nur ein Beispiel aufgeführt: Die um 1340 errichtete und ca. 50 Jahre später

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Die Mariä-Entschlafens-Kirche in Wolotowo beiNowgorod (Russland) – zur Wiederanbringung

kriegszerstörter Wandmalereien.

Die im II. Weltkrieg stark zerstörte Mariä-Entschlafens-Kirche auf dem Wolotowo-Feld bei Nowgorod (Russland) wird auf

Initiative der Bundesregierung mit Unter-stützung der Wintershall Holding AG durch

den Verein zur internationalen Verständi-gung e. V. seit 2001 restauriert. Circa 1,7

Millionen Wandmalereifragmente konntenaus dem Schutt der ehemals vollständig

ausgemalten byzantinischen Kreuz-kuppelkirche geborgen werden. Der

Wiederaufbau der Kirche wurde im August2003 abgeschlossen. In eingeschränktem

Umfang und soweit sinnvoll zur Ergänzungdes noch in situ erhaltenen Malerei-

bestandes sollen zusammengefügte Bild-szenen ohne Ergänzungen wieder in den

Bau zurückgeführt und an den Wändenangebracht werden, da sich an ihnen das

Schicksal der Kirche mit der Vehemenz derZerstörung ablesen lässt. Mit einer beglei-

tenden Dokumentation soll der Ort denCharakter eines Mahnmals erhalten. Die

logistischen und technischen Aspekte derWiederanbringung der Wandmalereien sind

eine Herausforderung für alle Beteiligte.

von Dörthe Jakobs, Hans Michael Hangleiter und Johannes Amann

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1 Einleitung

2001 erhielt der Landeskonservator von Berlin, JörgHaspel, ein Schreiben des „Beauftragten der Bun-desregierung für Angelegenheiten der Kultur undMedien“, seinerzeit Staatsminister Julian Nida-Rü-melin, mit der Anfrage betreffs der Unterstützungdes Wiederaufbaus der Maria-Entschlafens-Kirchein Wolotowo bei Nowgorod. Haspel wird für die Be-reitschaft gedankt, die Bundesregierung bei den Be-mühungen um Hilfestellung zum Wiederaufbau bzw.zur Restaurierung im Krieg zerstörter russischerKulturdenkmäler durch seine fachliche Beratung zuunterstützen und gebeten, Unterlagen zu einem um-fangreichen Restaurierungsprojekt zu prüfen. Dasich die fragliche Kirche auf dem Wolotower Feldnach den zur Verfügung stehenden Unterlagen eherals Bodendenkmal darstellte, übergab der Landes-konservator den Vorgang an den Berliner Landes-archäologen Wilfrid Menghin. Dieser wiederum er-suchte den Präsidenten des LandesdenkmalamtesBaden-Württemberg, Dieter Planck, um Amtshilfe,die dieser mit der Entsendung des damaligen Lei-ters des Referates Restaurierung, Helmut F. Reich-wald sowie der Koautorin Dörthe Jakobs für die Er-stellung eines Gutachtens und als zukünftige Bera-ter gewährte [1]. Im April 2001 erfolgte eine ersteBesichtigung der kriegszerstörten Kirche. Das ge-samte Projekt der Restaurierung steht auch weiter-hin unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung(mit wechselnden Kulturstaatsministern) und wirdvon der Wintershall Holding AG in Kassel gemein-sam mit dem Verein zur internationalen Verständi-gung e. V. finanziert. Teil der vertraglichen Verein-barungen ist die fachliche Begleitung des Projektesdurch eine russisch-deutsche Expertenkommission.

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Dörthe Jakobs, Hans Michael Hangleiter, Johannes Amann

Abb. 1: Aquarell-Dokumentation der Wandmalereienum 1930. Erzbischof Moissej, der Stifter derMariä-Entschlafens-Kirche überreicht derthronenden Gottesmutter das Modell derKirche.

Abb. 2: Die Ruine der Mariä-Entschlafens-Kirche im Jahr 2001, versehen mit einem Notdach von 1955 zurSicherung des Bestandes.

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Das Engagement im Rahmen der Wiederherstel-lung der Kirche hat Aufsehen erregt und als koope-rative Geste der Bundesregierung und nicht alsKompensation von Kriegsverlusten gebührende Be-achtung gefunden. Bundespräsident Rau besuchteWolotowo im September 2002, Wladimir Putin imJuli 2004. Welchen Stellenwert das Projekt für dierussische Seite einnimmt, lässt sich daran ermes-sen, dass die Architekten – Leonid Krasnoretschjewund Ninel Kusmina – 2005 von Staatspräsident Wla-dimir Putin im Moskauer Kreml mit dem höchstenrussischen Staatspreis in Höhe von 145 000 Eurofür ihre Arbeit am Wiederaufbau der Maria Entschla-fenskirche ausgezeichnet wurden. Zur Orientierung:der Monatslohn für einen Architekten in der russi-schen Föderation liegt bei ca. 270 Euro.

2 Lage der Kirche, Baugeschichte und Bauzustand 2001

Welikij Nowgorod (Neustadt) liegt etwa 200 km Süd-südöstlich von Sankt Petersburg am Ausfluss desWolchow aus dem Ilmensee. Sie ist eine der ältes-ten Städte Russlands, 859 erstmals erwähnt, feiertsie 2009 ihr 1150-jähriges Bestehen [2]. Die Mariä-Entschlafens-Kirche steht östlich außerhalb derStadt auf dem „Wolotower Feld“, auf einer kleinenAnhöhe jenseits des Flusses Mali Wolchowets. ZurZerstörung der Kirche im Zweiten Weltkrieg und zurTopographie ist anzuführen, dass der die Land-schaft beherrschende Bau zwischen August 1941und Januar 1944 genau in der deutsch-russischenHauptkampflinie am Übergang der Straße von Now-gorod nach Moskau am östlichen, von der Roten Ar-mee gehaltenen Ufer des Kleinen Wolchowets lag.

Die Mariä-Entschlafens-Kirche wurde 1352 im Auf-trag des Nowgoroder Erzbischofs Moissej errichtet(Abb. 1) und wenig später ausgemalt. Die erste Aus-malung der Kirche erfolgte der Überlieferung nach1363, sie bezog sich vermutlich nur auf die Apsis mitder Darstellung der Eucharistie und den Kirchen-vätern. Die komplette Ausmalung des Innenraumsschloss sich in den Jahren um 1380 an [3].

Die ärmlich wirkende Siedlung Wolotowo bestehtüberwiegend aus Holzbauten. Von dem ehemalszweischalig ausgeführten Mauerwerk der Kirchehaben sich in unterschiedlicher Höhenausdehnung(bis zu 4.50 m) noch Mauerreste erhalten, die sichklar von dem ca. 1955 zwecks einer ersten Bau-sicherung nur auf die Außenschale gesetzten Zie-gelmauerwerk abheben. Zum Zeitpunkt der erstenKonservierungsmaßnahmen nach dem Krieg1953/1955 wurde das historische Mauerwerk vonBewuchs und Verschüttungen freigelegt und die imAußenbereich vorhandenen Funde (Mauer- undMörtelfragmente mit Malerei) geborgen.

Zum Schutz des Bestandes und des gesamten Are-als erhielt die Ruine zudem um 1955 ein Notdach(Abb. 2). Entgegen der historischen Situation grenztheute ein Friedhof mit umgitterten Einzelgräbern bisunmittelbar an die Kirche.

Bei einer ersten Besichtigung im April 2001 lagenzwischen den vier Stützen im Innenraum des Kern-baus noch ca. 60 Kubikmeter zusammengebroche-nes Mauerwerk mit Mörtelschichten. Oberhalb desSchutthorizontes ragten die in situ erhaltenenWandmalereien der Apsis heraus (Abb. 3a, b).Bereits im August 1993 hatten örtlich ansässigeRestauratoren mit der Bergung des Schuttmaterialsbegonnen, die sich an einem über den Grundrissgelegten Raster zur Sortierung der Malereifrag-mente orientierte. Dabei wurde zunächst die bis zurMauerkrone des 1955 errichteten Notaufbausreichende Verschüttung horizontal abgetragen undgesiebt, die Malereifunde sodann auf nummeriertenPaletten mit Angabe der Fundposition und desBergungsdatums gelagert (Abb. 4). Bei der Fort-

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Die Mariä-Entschlafens-Kirche in Wolotowo bei Nowgorod (Russland)

Abb. 3a, b: Innenraum mit Schutthorizont, Zustand2001; oberhalb des Schutthorizontes (b)die in situ erhaltenen Wandmalereien.

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setzung der Kampagne erfolgte die Bergung inForm einer Stichgrabung nach den jeweiligen Be-reichen.

In der ehemaligen Dreifaltigkeitskirche in Nowgorodhatte die Stadt temporär eine Restaurierungswerk-statt für die Lagerung und Bearbeitung der bisherca. 760.000 geborgenen Wandmalereifragmenteeingerichtet. Als völlig unzureichend erwiesen sichdiese beengten Raumverhältnisse zur weiteren Be-arbeitung des Fundmaterials.

3 Historische Bauaufnahmen und Dokumentationen

Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts habenrussische Wissenschaftler den Bau und dessenAusmalung wiederholt untersucht, beschrieben undmit verschiedenen Methoden dokumentiert. Grund-risse liegen aus verschiedenen Dokumentations-perioden vor (Abb. 5). Um 1890 datieren Bauauf-nahmen der Außenansichten sowie aquarellierteQuer- und Längsschnitte der Kirche mit ihrer Aus-malung (Abb. 6a, b). 1909–1910 wurde der Bau vonaußen und innen von L. A. Matsulevich komplettdurchfotografiert. Dabei wurden alle Bildszenen ein-zeln dokumentiert und darüber hinaus in Form von1:1-Pausen durch den Maler Fomin aufgenommen(Abb. 7a, b). Bereits ab 1884/85 bis in die 1920erJahre fertigten mehrere Künstler wiederholt Aqua-rellkopien zu den Einzeldarstellungen (Abb. 8a, b).

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Dörthe Jakobs, Hans Michael Hangleiter, Johannes Amann

Abb. 4: Lagerung des Fundmaterials auf nummerier-ten Paletten in der Werkstatt.

Abb. 5: Grundriss der Mariä-Entschlafens-Kirche(aus Wsdornow, Anm. 6).

Abb. 6a, b: Bauaufnahme der Südansicht um 1890 und Aquarell, Längsschnitt der Kirche mit Darstellung derWandmalereien.

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Die ersten Veröffentlichungen von Suslov und Ma-zulewitsch in den Jahren 1911 und 1912 machtenauch die Byzantinisten im deutschsprachigen Raumauf den bedeutenden Malereibestand dieser Kircheaufmerksam [4]. Ab den 1920er Jahren erfuhr dieNowgoroder Kunst auch in der internationalen For-schungsgeschichte eine differenzierte Würdigung.Mit einer Ausstellung über die byzantinisch-russi-sche Monumentalmalerei 1926 im Alten Kunstge-werbemuseum (ehemals Kaiser-Friedrich-Museum,heute Bode-Museum) in Berlin wurden der Öffent-lichkeit Faksimile-Kopien von Wandmalereien ausvier Jahrhunderten vorgestellt, u. a. acht 1:1 Aqua-relle, bzw. Tempera-Kopien aus Wolotowo [5]. DieseKopien waren Bestandteil einer weiteren, zwischen

1918–1922 ausgeführten Dokumentation zu deneinzelnen Bildszenen. Spätere Entwürfe, Aquarelle,Skizzen und Vermessungen stammen von dem Le-ningrader Maler Gromow und seiner Frau, der Archi-tektin Gromowa.

Im Zuge einer 1939–1941 begonnen und durch dieKriegshandlungen unterbrochenen Restaurierungwurden neben handvermessenen Bauaufnahmenerneut Detailzeichnungen und Aquarelle gefertigt.Zusammenfassend ergibt sich eine ungeheure Füllevon Dokumentationsmaterial zu Wolotowo und viel-leicht kann man die Mariä-Entschlafens-Kirche alseine der am besten dokumentierten Kirchen Russ-lands bezeichnen.

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Die Mariä-Entschlafens-Kirche in Wolotowo bei Nowgorod (Russland)

Abb. 7a, b: Marientod, Foto von Matsulevich um 1910 und 1:1-Zeichnung von Fomin.

Abb. 8a, b: Der Prophet Ezechiel in einer Fotografie von Matsulevich um 1910 und in einer Aquarellkopie von1894.

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Gerold Iwanowitsch Wsdornow ist die Zusammen-stellung und Veröffentlichung der gesamten im Ori-ginal erhaltenen Materialsammlung im Jahre 1989zu verdanken [6]. Von September bis Dezember 2003 fand in Frank-furt im Dommuseum eine Ausstellung zur Mariä-Entschlafens-Kirche in Wolotowo statt [7].

4 Zur Bedeutung der Ausmalung der Mariä-Entschlafenskirche

Nach internationalen Forschungen gehörte die Aus-malung der Mariä-Entschlafens-Kirche zu den be-deutendsten Meisterwerken der altrussischen Male-rei. Unangefochten ist die kunsthistorische Bedeu-tung der Ausmalung und ihre Schlüsselstellung inder altrussischen Wandmalerei des 14. Jahrhun-derts, was sich in zahlreichen internationalen, u. a.deutschsprachigen Artikeln und Handbüchern überdie spätbyzantinische und altrussische Wandmale-rei niederschlägt.

Der Meister von Wolotowo gilt neben Theophanesdem Griechen, und Rublov als einer der heraus-ragenden Künstlerpersönlichkeiten des 14. Jahr-hunderts. In diesem Zusammenhang nehmen dieWandmalereien von Wolotowo auch in der gesam-ten europäischen Malerei einen hervorragendenPlatz ein. Michail Alpatov verglich die Bedeutung derAusmalung von Wolotowo für die altrussische Male-rei mit der Ausmalung der Scrovegni-Kapelle vonGiotto für die europäische Kunstgeschichte [8]. ImJahr 1992 wurden Nowgorod und Umgebung vonder UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes auf-genommen.

5 Aspekte zu denkmalpflegerischen Belangen

Soweit zur Dokumentation und zur Bedeutung desBauwerks und seiner Ausmalung. Nicht zu vernach-lässigen, wenn auch nicht ausschlaggebend für dieEntscheidung, das Projekt von deutscher Seite zuunterstützen, waren weitere Aspekte: Von russi-scher Seite bestand ein ungeheures Engagementfür die Rettung kriegszerstörter Denkmäler in Now-gorod. Von der Bergung und Bearbeitung vielerWandmalereien kriegszerstörter Kirchen sei nur einBeispiel aufgeführt: Die um 1340 errichtete und ca.50 Jahre später ausgemalte Erlöserkirche in Kowal-jowo – nordöstlich von Nowgorod und in der Nähevon Wolotowo – wurde ebenfalls im Zweiten Welt-krieg weitgehend zerstört. Die Freilegung des nocherhaltenen Mauerwerks und die Bergung der Wand-malereifragmente erfolgte ab 1967. Die baulicheWiederherstellung der Kirche kam in den 1970erJahren zur Ausführung. Von ca. 300m2 Wandmale-reien konnten in der Werkstatt des im Jahr 2000 ver-storbenen Malers A. Grekow 2/3 wieder zusammen-gefügt und 1/3 auf gelochte Titanplatten in einemreinen Kalkmörtelbett montiert werden (Abb. 9 a, b).Als Abfallprodukt aus der russischen Raumfahrtwurden den Restauratoren seinerzeit Titanplattenfür die Übertragung der Wandmalereien zur Verfü-gung gestellt. Mag das Gewicht von Nachteil sein,von Vorteil ist ohne Frage die Beständigkeit von Ti-tan, das extrem hohe und extrem niedrige Tempera-

Dörthe Jakobs, Hans Michael Hangleiter, Johannes Amann

Abb. 9a, b: Christi Himmelfahrt, zusammengefügteMalereifragmente aus Kowaljowo undgelochte Titanplatte, auf denen die Ma-lereifragmente bisher montiert wurden.

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turen ohne Veränderung der Materialeigenschaftenverkraftet. Ein Teil der zusammengefügten Kompo-sitionen befindet sich heute in der Ausstellung „Ge-rettete Fresken“ im Jaroslaw-Hof in Nowgorod. Inder Werkstatt Grekow, die heute von Frau Grekowaweitergeführt wird, lagern weitere, noch in Arbeit be-findliche Wandmalereifragmente.

Die bisher erbrachten Leistungen verdienen höchs-te Achtung. Dies gilt sowohl für den kritischen Wie-deraufbau der Kirche, bei der ausschließlich histori-sche Materialien eingesetzt wurden und Markierun-gen im Putz jeweils die Grenzen von originalem zuerneuertem Mauerwerk aufzeigen, als auch für diein großen Teilen geretteten und zusammengefügtenWandmalereien, die einen unschätzbaren Wert fürdie gesamte Kunstgeschichte darstellen. Vergegenwärtigt man sich überdies die für ein der-artiges Unterfangen unvorstellbar beengten Raum-verhältnisse und Rahmenbedingungen, so kann dasErgebnis dieses „Lebenswerks“ von Grekow undseiner Frau nur als überwältigend bezeichnet wer-den [9].

Mit der Entscheidung das Projekt Wolotowo zu un-terstützen verbanden sich mehrere Überlegungen,aber auch Bedingungen. Nachdem die ehemaligeBaukubatur vor der Zerstörung und schon im 19.Jahrhundert vermaßt wurde, lag für die Weiter-führung umfangreiches Planmaterial vor, welcheseine bauliche Rekonstruktion rein technisch möglichmachte. Für die Rekonstruktion war ausschließlichdie Verwendung historischer Baumaterialien vorge-sehen (Verzicht auf moderne Baustoffe, vorgefertig-te Bauteile oder Beton). Wie an Vergleichsobjektenzu beobachten, war die handwerkliche Ausführungüberzeugend, zumal es in Russland im Umgang mithistorischen Materialien in entlegenen Landschaftenmangels anderer Möglichkeiten keinen Bruch gege-ben hatte. An allen Bauten kennzeichnen Markie-rungslinien die Grenzen von historischem Bestandund Zutat. Damit allein wäre jedoch – ohne an dieser Stelle De-tails der Architekturplanung vertiefen zu können –kein Wiederaufbau zu begründen gewesen.

5.1. Konzept zum Umgang mit den Wandmalereien

Ausschlaggebend für das Gesamtkonzept war undist die Bedeutung der Wandmalereien als Bestand-teil der ehemaligen Ausstattung der Kirche. Das alsarchäologisches Areal zu betrachtende Geländewar somit zunächst einmal als solches zu behan-deln. Das betraf die nach bewährten archäologi-schen Methoden durchzuführende wissenschaftli-che Bergung der noch vorhandenen ca. 60 Kubik-meter Schuttmaterial mit Wandmalereien gleicher-maßen, wie den Umgang mit dem vorhandenenBaubestand hinsichtlich Bauaufnahmen, Vermes-sungen etc.. Für eine sinnvolle Weiterführung des

Projekts war darüber hinaus die bisher im Gesamt-projekt von russischer Seite nicht berücksichtigteund wesentlich aufwendigere Konservierung undZusammenfügung der Malereifragmente mit einzu-beziehen. Allerdings – und hier schieden sich dieGeister – im Hinblick auf eine Rückführung der denBau prägenden Wandmalereien in die Kirche, so-weit möglich und sinnvoll. Das Ziel konnte nicht dieAbnahme der restlichen vorhandenen Wandmale-reien (als einzig verbliebene komplexe Informations-träger dieses ehemals bedeutenden Kulturdenk-mals) in der Kirche sein, um sie zwecks musealerPräsentation mit dem geborgenen Bestand zusam-menzuführen. Ziel musste umgekehrt – unabhängigder zu diskutierenden technischen Möglichkeiten –die Rückführung des geborgenen Materials in denKirchenraum sein. Dies sollte mit Rücksicht auf dennoch in situ erhaltenen Bestand im Einzelfall abge-wogen werden. Das Konzept sieht eine sukzessiveund partielle Rückführung von Wandmalereien inden Kontext insbesondere dort vor, wo der noch insitu erhaltene Malereibestand sinnvoll ergänzt wer-den kann. Da eine kirchliche Nutzung des Bauwerksnicht mehr vorgesehen ist, wird eine museale Prä-sentation der Wandmalereien unter Hinzufügungvon Dokumentationstafeln zur Geschichte und demSchicksal der Kirche angestrebt werden. Aus fachlicher Sicht war das Projekt Maria-Entschla-fens-Kirche grundsätzlich als ein sinnvolles und för-derungswürdiges Vorhaben zu bewerten, so wie dieBergung der Wandmalereifragmente uneinge-schränkt zu unterstützen war, wie auch immer derenZukunft aussehen mag. Von ca. 198 Bildszenensind mittlerweile über 45 Bildszenen – wenn auchfragmentarisch – wieder zusammengefügt. Einenormer Gewinn für die Kunstgeschichte, für die derBestand bereits verloren galt. Dennoch darf dieser„Gewinn“ nicht über die nicht in Worte zu fassendenVerluste hinwegtäuschen.

Die Erkenntnis, dass Kunstwerke zusammen mit ih-rer Geschichte eine sich gegenseitig bedingendeGesamtheit bilden, führt auch die ganze Problema-tik des Projektes vor Augen. In diesem Zusammen-hang muss erneut auf die Bedeutung der Wand-malereien Bezug genommen werden. Allein sie wer-den auch in Zukunft unabhängig von ihrer Präsenta-tionsform Geschichte als ein Teil der Identität deseben nicht beliebig rekonstruierbaren Kunstwerksvermitteln können. Der rekonstruierte Bau als leereHülle wird diese Informationen nicht in dem gleichenMaße transportieren. Die Geschichte des Bauwer-kes tritt in den Hintergrund und daran vermag auchdie markierte Trennung von historischem zu neuemBestand nichts zu ändern. Mit einer ganz anderenVehemenz rücken das Ausmaß der Zerstörung unddas Schicksal dieses singulären Objektes ange-sichts der zusammengefügten Wandmalerei-fragmente ins Bewusstsein.

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6 Maßnahmen

Soweit zur Theorie – nun zur Umsetzung und derFrage, was konnte man bisher erreichen, an wel-chem Punkt befinden sich die Maßnahmen zur Kon-servierung des überlieferten Malereibestandes? Zunächst in Kürze zur Architektur, ohne an dieserStelle im Detail auf die architektonischen Vorpla-nungen, auf Analysen von Salzgehalten im histori-schen Mauerwerk, auf Überprüfung der zu verwen-denden Baumaterialien, auf den Schutz der am Bauerhaltenen Wandmalereien, auf Mauerwerksinjektio-nen oder auf flankierende statische Sicherungsmaß-nahmen eingehen zu können. Die Bergung derWandmalereien als Voraussetzung für den Beginnder architektonischen Wiederherstellung war bereitsim Frühjahr 2002 weitgehend abgeschlossen. Am15. August 2003 – dem Mariä-Entschlafens-Tag, beiuns Mariä Himmelfahrt – wurde der wieder vervoll-ständigte Baukörper mit den im Innenraum erhalte-nen Wandmalereien der Öffentlichkeit bei einemfeierlichen Festakt übergeben. In einer Festan-sprache würdigten Reinier Zwitserloot, Vorstands-vorsitzender der Wintershall Holding AG, und derdamalige Kultusminister der russischen Föderation,Michail Schwydkoi, das Projekt.

Die größte Arbeit stand und steht uns jedoch erstnoch bevor. Die Wiederzusammenfügung und Res-taurierung der Wandmalereifragmente. Nach einemersten Teilausbau einer Restaurierungswerkstatt imFrühjahr 2003 in Nowgorod auf ca. 400 m2 (Abb.10a) konnte auf Drängen der Expertenkommissionmittlerweile eine Erweiterung auf ca. 1000 m2 zurBearbeitung der ca. 1,7 Millionen Fragmente ge-schaffen werden.

Grundlage für die Bearbeitung der Fragmente bildengroße Tische mit den 1:1-Pausen der Darstellungen

(Abb. 10b), von denen sich die Restauratoren Ko-pien hergestellt haben. Ein Restaurator arbeitet im-mer an einer Fundgruppe. Palette für Palette wer-den zusammenhängende Fragmente gesucht undauf Bruch gefügt [10]. Eine Oberflächenreinigungder Fragmente erfolgt nur trocken in einem speziellauf den Bestand abgestimmten Verfahren. VieleFarben sind instabil und erhalten eine Festigung aufZellulosebasis. Die Ausmalung lässt sehr unterschiedliche Erhal-tungszustände erkennen, die sowohl auf die unter-schiedliche Maltechnik von Apsis und Innenraum alsauch auf die Verschüttungs- und Bergungsum-stände zurückzuführen sind.

6.1 Zur Übertragung der Wandmalerei-fragmente und Bildszenen: Methodik und Verfahren

Die Rückführung ausgewählter Bildszenen in denKirchenraum sollte nach langen Abwägungsprozes-sen nicht über mobile Träger erfolgen, sonderndurch Wiederanbringung der Fragmente auf dasMauerwerk, in Teilen direkt im Anschluss zu dennoch vorhandenen, fragmentarischen Bildszenen insitu. Hierbei wurden methodisch Verfahren ange-wendet, die bereits erfolgreich an zahlreichen ande-ren Objekten zum Einsatz kamen [11]. Speziell fürWolotowo wurden diese Verfahren weiter entwickeltund zudem für die Wiederanbringung der Fragmen-te auf dem Mauerwerk erstmals kombiniert mit ma-terialtechnischen Neuerungen, wie dem in den letz-ten Jahren entwickelten Schaummörtel [12]. Mittels des bereits erprobten Verfahrens wurde imSommer 2007 ein kleines Fragment (95 x 70 cm) er-folgreich mit Schaummörtel rückgeführt, das wäh-rend der vorangegangenen Baumaßnahmen vonder Südwand abgenommen worden war (Abb. 11a,b).

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Abb. 10a, b: Blick in die Werkstatt und Tisch mit der Zeichnung einer Bildszene (Kopie) und bereits zusam-mengefügten Wandmalereifragmenten.

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Wie bereits beschrieben wurden die zur Rückfüh-rung vorgesehenen Wandmalereifragmente von denrussischen Kollegen zu größeren Kompartimentenund weitgehend zusammenhängenden Bildern zu-sammengefügt, ohne die Mörtelrückseiten zu redu-zieren. Häufig erlaubten die unversehrten Bruch-kanten die Wiederherstellung der entstehungszeit-lichen Oberflächenstruktur mit ihrer charakteris-tischen Welligkeit, obwohl auf eine Verklebung derFragmente an den Bruchkanten in vielen Fällen ver-zichtet wurde. Als Vorbereitung für die Rückübertragung wurdendie Fragmente auf Styroporplatten unterfüttert undmit Nadeln in ihrer endgültigen Position zueinanderfixiert, um frei hängend vor dem Wandstück positio-niert und befestigt zu werden. Die Befestigungmusste so geschehen, dass die Rückseite des Frag-ments vollständig frei an das Mauerwerk angelegt

werden konnte und dass alle Mörtelränder komplettvon der Seite her zugänglich waren. Dazu wurdeeine Kaschierung geplant, die aus zwei Elementenbesteht. Zum einen aus einer vollständig reversiblenKaschierung mit Gewebe und Cyclododecan, zumanderen aus einer starren Trägerplatte, die dem ori-ginalen Oberflächenrelief folgt. Diese beiden Ele-mente wurden so miteinander verbunden, dass dieTrägerplatte in der Lage war, das gesamte Gewichtdes Putzstückes zu übernehmen. Die Verbindungwurde durch dünne Drähtchen hergestellt, die festmit der Cyclododecankaschierung verbunden wa-ren. Nachdem die feste Verbindung zwischen denoriginalen Putzfragmenten und dem Mauerwerkdurch das Abbinden des Vergussmörtels hergestelltwar, konnte die Drahtverbindung gelöst und die Trä-gerplatte abgenommen werden. Die Cyclododecan-kaschierung löste sich rückstandslos durch dasSublimieren des Bindemittels.

Kernpunkt dieses Konzepts ist die hohe Tragfähig-keit einer armierten Kaschierung mit Cyclododecan(CCD). Diese Tragfähigkeit wurde bereits an ver-schiedenen Projekten mit großem Erfolg genutztund lässt sich gut an einem Versuchsaufbau zeigen:Um möglichst realistische Bedingungen zu schaffenwurde ein massiver Ziegelstein auf einer Fläche von12 x 12 cm mit einem mehrlagigen armierten Auf-trag von CCD-Schmelze beschichtet. Die verwende-te Schmelze enthielt 10 % Siedegrenzbenzin100–140 °C. Nach der Beschichtung wurde eineWartezeit von ca. 12 Stunden eingehalten. Dies istunbedingt erforderlich, damit das zugesetzte Lö-sungsmittel verdampft und die Beschichtung die op-timale Festigkeit erreicht. Mit Hilfe einer Styropor-form wurde der Polyurethan-Block aufgeschäumt.Zur Aufhängung des Blocks wurde eine Drahtmatteals Armierung eingelegt [13] (Abb. 12).

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Abb. 11a, b: Vor 2001 abgenommenes Wandmalereifragment während der Abnahme einer vorderseitigen Ka-schierung und nach Wiederanbringung auf der Wandfläche im unmittelbaren Anschluss an die insitu erhaltene Malerei, 2007.

Abb. 12: Test auf Tragfähigkeit einer armierten Cy-clododekan-Schmelze.

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Zur Prüfung der Tragfähigkeit an der Verklebungwurde der Ziegel an einem Polyurethan-Block (Pu)aufgehängt, so dass die CCD-Schicht mit dem vol-len Gewicht des Ziegels belastet wurde (3,5 kg).Schrittweise wurden weitere Ziegelsteine gleicherGröße zusätzlich am ersten Ziegel befestigt. Insge-samt wurde mit 12 Ziegeln (Abb. 13) (ca. 420 N) be-lastet. Ein Abriss in der Schicht ist nicht erfolgt. DieVerbindung wurde schließlich von Hand weiter be-lastet, ohne dass ein Abriss in der Schicht erfolgte.Schließlich brach der Draht der Armierungsmatte.Die messbare Belastung mit 420 N war noch weitvon der Abrissgrenze entfernt.

Anhand von einer Bildszene (Abb. 14) soll die Über-tragungstechnik für die Wandmalereien detailliertbeschrieben werden. Der erste, wichtigste Arbeitsschritt für die Rückmon-tage besteht im stufenlosen Zusammenfügen derbereits gepuzzelten Fragmente. Diese Maßnahmewurde von den russischen Kollegen mit einer un-glaublichen Präzision durchgeführt, bis alle Frag-mente mit Nadeln fixiert auf Styropor gebettet waren(Abb. 15).Die Abbildung zeigt bereits die großen Abständeund Lücken zwischen den einzelnen Fragmenten,die für eine Weiterbearbeitung mit eingestreutemSand geschlossen werden sollen. Zunächst wirdeine Randabstellung aus Schaumgummi mit Draht-stiften auf der Grundplatte befestigt. Diese hält deneingestreuten Sand bis zum Abschluss der Kaschie-rungsarbeiten (Abb. 16). Die Sandoberfläche wird

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Abb. 13: Test auf Tragfähigkeit der armierten Cyclo-dodekan-Schmelze mit einer Belastung von420 N (12 Ziegel).

Abb. 14: Gepuzzelte Bildszene aus der Vorhalle, Maria und Elisabeth als Beispiel für die angewendete Über-tragungstechnik der Wandmalereien.

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Die Mariä-Entschlafens-Kirche in Wolotowo bei Nowgorod (Russland)

Abb. 15: Wandmalereifragmente der Bildszene inAbb. 14 nach Zusammenfügung der ge-puzzelten Fragmente und deren Fixierungauf Styropor, um die Malereioberfläche aufein Niveau zu bringen.

Abb. 16: Herstellung einer Randabstellung ausSchaumgummi, die mit Drahtstiften auf derGrundplatte befestigt wird. Mit dieser „Um-grenzung“ wird der einzustreuende Sandzusammen gehalten.

Abb. 17: Wandmalereifragmente nach Einstreuendes Sandes, der an das umgebende Niveauangeglichen wird, so dass eine geschlosse-ne Fläche entsteht.

an das umgebende Niveau angeglichen. so dasseine geschlossene Fläche entsteht (Abb. 17). DieRandbereiche werden versäubert. Anschließendwird der Sand mit einer Lösung von Cyclododecanin Siedegrenzbenzin verfestigt, so dass ein tragfähi-ger Untergrund für die weiteren Arbeitsgänge ent-steht. Die heiße Lösung wird durch ein Langfaser-papier aufgetragen, um den Sand nicht mit dem Pin-sel zu bewegen (Abb. 18). Die verfestigte Sand-schicht bildet gleichzeitig einen Schutz für die Kan-ten der Fragmente und einen Platzhalter für eventu-elle Putzergänzungen in den Fehlstellenbereichen. Als nächster Schritt werden – solange die Malereinoch komplett sichtbar ist – Positionierungshilfen fürdas plangerechte, präzise Einsetzen des Fragmentsim Kirchenraum eingebaut. Dazu werden zunächstPausen im Maßstab 1:1 von den Anschlussberei-chen hergestellt und mit den Kopien der Original-pausen aus St. Petersburg [14] abgeglichen. Aufdieser Grundlage werden dann entsprechendeMessmarken an den Übertragungsstücken platziert(Abb. 19).Die nächsten Arbeitsschritte dienen der Herstellungeiner stabilen Verbindung zwischen den bemaltenMörteloberflächen und einer Trägerplatte, die dieFragmente bis zum Abschluss der Rückübertragungfixieren soll. Diese Trägerplatte wird dann aus ei-nem Zwei-Komponenten-Hartschaum gegossen, sodass sie möglichst perfekt dem Oberflächenrelieffolgt. Noch vor der Durchführung der Kaschierung wer-den aus Stahldraht U-förmige Anker gebogen, de-ren Maß sich an der Breite der Baumwollgaze orien-tiert. Die Schenkel der Ankerdrähte werden mit Kunst-stoffröhrchen [15] und Schaumgummi vor einer Ver-klebung mit dem Schaum der Trägerplatte ge-schützt (Abb. 20a, b).In mehreren aufeinanderfolgenden Arbeitsschrittenwird die Kaschierung aus Cyclododecan und Baum-wollgaze ausgeführt. Gleichzeitig werden die Ankereingebaut (Abb. 21a, b). Cyclododecan wird hier alsreine Schmelze ohne einen Zusatz von Lösungsmit-teln bei einer Temperatur von ca. 80 °C verarbeitet[16]. Der Polyurethanschaum der Trägerplatte soll aus-schließlich durch die Drähte mit den Wandmalerei-stücken verbunden werden. Eine Verklebung zwi-schen Schaum und der Kaschierung würde die Ab-nahme der Platte nach der Montage an der Wanderheblich erschweren. Aus diesem Grund wurdeeine Trennschicht aus Zellulosefaser eingebaut, diediese Verklebung beim Gießen der Platte verhindert(Abb. 22).

Die Trägerplatte wird aus feinporigem, druckstabilenZwei-Komponenten Polyurethanschaum gegossen.Dabei wird in kleinen Portionen gearbeitet, um dieReaktionstemperatur unter dem kritischen Berei-

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Abb. 20a, b: Die Schenkel der Ankerdrähte werden mit Kunststoffröhrchen und Schaumgummi vor einer Ver-klebung mit dem Schaum der Trägerplatte geschützt.

Abb. 21a, b: In mehreren Arbeitsschritten wird die Kaschierung aus Cyclododecan und Baumwollgaze ausge-führt. Gleichzeitig werden die Anker eingebaut.

Abb. 18: Die Randbereiche werden versäubert undder Sand über ein Langfaserpapier mit ei-ner heißen Lösung von Cyclododecan inSiedegrenzbenzin verfestigt.

Abb. 19: Zur Positionierung der Fragmente müssenMarkierungen erfolgen: Abgleich der Pau-sen im Maßstab 1:1 mit den Anschlussbe-reichen als Grundlage für entsprechendeMessmarken an den Übertragungsstücken.

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chen von 60°C zu halten (Abb. 23). Nach dem Aushärten des Schaums werden dieSchutzhüllen über den Ankerdrähtchen einfach ab-gezogen und diese wieder freigelegt (Abb. 24).Über Unterlegscheiben werden die Drähte mit derPlatte verbunden. Für eine gewisse Zugspannungder Verbindung werden die Drahtenden zu Spiralfe-dern gebogen [17] (Abb. 25a, b). Damit sind dieFragmente fest mit der Platte verbunden, so dassjetzt auch die Mörtelrückseite für die Montage vor-

bereitet werden kann. Zur einfacheren Handhabungwerden zwei Kanthölzer mit Schaum auf der Ober-seite der Platte befestigt. Die ganze Sandwichplatte kann dann gewendet undvon lockerem Sand den Montagenadeln und Styro-porstücken gereinigt werden (Abb. 26a, b). DerSand zwischen den Originalfragmenten ist aus-schließlich mit Cyclododecan gebunden und bildeteine perfekte Verdämmung während der Rückmon-tage an die Wand [18].

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Abb. 22: Um eine Verklebung zwischen dem einzu-gießenden Polyurethanschaum (Platte) undder Kaschierung zu verhindern, wird eineTrennschicht aus Zellulosefaser eingebaut.

Abb. 23: Trägerplatte aus feinporigem, druck-stabilen Zwei-Komponenten-Polyurethan-schaum.

Abb. 24: Nach dem Aushärten des Schaums werden die Schutzhüllen über den Ankerdrähtchen abgezogenund wieder freigelegt.

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6.2 Das Material: Schaummörtel zur Wiederanbringung der Wandmalereien

Im Rahmen eines Förderprojektes der DeutschenBundesstiftung Umwelt (DBU) zur „Anwendung undWeiterentwicklung innovativer Verfahren zur Kon-servierung umwelt- und nutzungsgeschädigter Put-ze und Wandmalereien am Beispiel des Salomon-saales im ehemaligen Zisterzienserklosters Alders-bach“ (1999–2002) wurde ein Injektionsmörtel ent-wickelt, welcher sich in seinen Eigenschaften und inseiner Zusammensetzung von den sonst in der Res-taurierung üblichen Injektionsmörteln deutlich unter-scheidet [19]. Während im Zuge des DBU Projektes ein Materialgesucht wurde, welches zur Konsolidierung vonäußerst gefährdeten Deckenmalereien auf einerHolzkonstruktion mit Schilfrohrmatten erforscht wur-

de, sind an ein Material zur Rückführung von Male-reien auf Ziegelmauerwerk andere Anforderungenzu stellen.

6.2.1 Anforderungen an das Hinterfüllmaterial /Klebematerial

Das Anforderungsprofil an das Material ging vongrundsätzlichen Überlegungen aus:

Anforderungen an die abgebundene Masse- Die abgebundene Masse sollte ein geringes Ei-

gengewicht haben, um ein Abdrücken der Male-reien zu verhindern; die zu versetzenden Male-reistücke haben eine Größe von bis zu 4 m². Der Druck auf das Abstützsystem wäre enorm.

- Die Hinterfüllmasse sollte beim Abbindeprozessnicht schrumpfen oder einfallen;

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Abb. 25a, b: Über Unterlegscheiben werden die Drähte mit der PU-Platte verbunden. Für eine gewisse Zug-spannung der Verbindung werden die Drahtenden zu Spiralfedern gebogen (hier Detail am Bei-spiel einer Holzplatte).

Abb. 26a, b: Gewendete Sandwichplatte mit Montagenadeln und Styroporstücken vor und nach der Reinigung.Der Sand zwischen den Originalfragmenten ist ausschließlich mit Cyclododecan gebunden.

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teilweise sind Hohlstellen von bis zu 6 cm Tiefe zu verfüllen.

- Der kapillare Wassertransport sollte möglich sein.

- Die Spannungs-, Verformungs- und Festigungs-eigenschaften sollten ähnlich sein.

- Es dürfen keine bauschädlichen Salze einge-bracht werden.

- Die Gefahr für eine mikrobiologische Besiede-lung sollte möglichst ausgeschlossen werden.

- Die Masse sollte alterungsbeständig sein und vor allem sollte die Möglichkeit bestehen, dass auch zukünftige Maßnahmen im mineralischen Bereich mit der jetzigen Maßnahme kompatibel sind.

Anforderungen an die frische Masse- Leichter Transport in den Zwischenraum (Fließ-

verhalten).- Der Zwischenraum sollte gut ausgefüllt sein. - Individuelle Anpassung der Viskosität des Füll-

mörtels an die jeweiligen Hohlräume.- Keine Sedimentation oder Phasentrennung.- Relativ schnelle Abbindezeit.- Gutes Wasserrückhaltevermögen; dadurch ge-

ringeres Vornetzen. - Die Verarbeitung und die Anwendung des Ma-

terials sollte möglichst einfach praktikabel sein. Die Möglichkeit zur Herstellung von größeren Mengen des Verfüllmaterials ist wichtig.

- Die Rezeptur des zur Anwendung kommenden Material muss verständlich und einfach repro-duzierbar sein.

6.2.2 Herstellung und Zusammensetzung des Schaummörtels

Herstellung des Schaummörtels: Für die Herstellung des Luftporenschaumes wurdeein eigenes Gerät mit dem Ziel gebaut [20], einenfeinporigen, festen und stabilen Schaum mit kugel-förmigen Poren in gleich bleibender Qualität herzu-stellen (Abb. 27). Durch Veränderungen des Be-triebsdrucks am Kompressor lassen sich bei gleichbleibender Rezeptur unterschiedliche Schaumdich-ten erzielen. Diese unterschiedlichen Schaumdich-ten haben einen Einfluss auf die Frisch- und Fest-mörteleigenschaften des Hinterfüllmaterials.Zur Herstellung des Schaumes wurde der Schaum-bildner der Firma MC Bauchemie Müller GmbH &Co KG aus Bottrop verwendet. Es handelt sich da-bei um einen Schaumbildner auf Proteinbasis. Eige-ne Versuche haben ergeben, dass Schaumbildnerauf Tensidbasis einen Einfluss auf das Abbindever-halten bewirken. Die Abbindereaktion wird dabeiverlangsamt. Auch die Schaumfestigkeit scheintbeim Schaum auf Proteinbasis höher zu sein.

Die Schaumbildung wird über das in Abbildung 27 inschematischer Form dargestellte Schaumgerät er-

zeugt. Dabei wird durch die Verwirbelung des Was-ser-Schaumbildungsgemisches (1000 ml Wasser/50 ml Schaumbildner) innerhalb der Verwirbelungs-einheit der Schaum erzeugt. Die anschließende Ent-spannung durch den Druckabfall nach dem Durch-gang durch die Verwirbelungseinheit lässt dieSchaumbildung einsetzen. Zum weiteren Aufschlussdes Schaumbildners kommt es innerhalb desSchlauchweges bis zum Mörtelgefäß. Vorteilhaft hatsich hierbei ein Schlauch mit relativ großem Durch-messer von 30 mm erwiesen. Bei der Verarbeitungist es wichtig, den Schaum für die Hinterfüllmasseimmer neu zu produzieren. Steht der Schaum übereinen längeren Zeitraum (ca. 15 min.) so werden dieeinzelnen Schaumporen größer und damit auch dasPutzgefüge instabiler.

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Abb. 27: Schematische Darstellung des Gerätes zurHerstellung des Luftporenschaums.

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Zusammensetzung des Schaummörtels:Das Bindemittel des Schaummörtels besteht aushydraulisch erhärtendem Baukalk der Festigkeits-klasse 5 (Produkt: Mariensteiner HL5; RohrdorferZementwerke). Umfangreiche Untersuchungen wur-den hier im Zusammenhang mit der Sanierung derDeckenmalereien im Salomonsaal im Kloster Al-dersbach getätigt [21]. Aus den Ergebnissen dieserUntersuchungen wurde in Wolotowo ein Injektions-mörtel mit folgendem Ansatz gewählt:

- Bindelmittel Mariensteiner HL 5 500 ml- Wasser 400 ml + 0,2 g

Dralonfasern 6 mm

Dies ergibt 600 ml Suspension. Zu diesen 600 ml Suspension wurden 400 mlSchaum zugegeben und vorsichtig untergerührt.

6.2.3 Rückbau der MalereifragmenteNach Fixierung der Wandmalereifragmente auf demMontageträger (wie oben beschrieben), werden dieBildabschnitte mit Montageträger an der entspre-

chenden Wand fixiert. Dies geschieht über zusätz-lich angebrachte Stabilisierungshölzer am Montage-träger, welche je nach Situation mit Zurrgurten oderVerschraubungen mit Spannschnüren an der Wandbefestigt werden. Im Zuge der Positionierung wer-den bereits Einfüllschläuche für den Injektionsmörtelmontiert (Abb. 28).Nach der Fixierung des Wandmalereifragmenteswerden die Randabdichtungen mit leicht über-großen Schaumgummistreifen ausgeführt. Ratsamist es zusätzlich zur Schaumgummiabdichtung die-se noch mit Cyclododecan und Gazebahnen zu fi-xieren (Abb. 29). Nach der Abdichtung der Kantenwird der Hinterfüllmörtel über die Silikonschläuchein den Zwischenraum injiziert. Nach einer Abbinde-zeit von ca. 10 Tagen werden die Randabdichtun-gen sowie die Montageplatten entfernt (Abb. 30). Mitder Sublimierung des Cyclododekan löst sich dieKaschierung, an den zurückgeführten Wandmalerei-fragmenten können weitere Restaurierungsmaß-nahmen, wie beispielsweise die neutrale Kittung vonFehlstellen erfolgen (Abb. 31, 32).

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Konstruktionshölzer

Zurrbänder

Verschraubungen

Schlauch zum Einbringendes Hinterfüllmaterials

Abb. 28: Fixierung des Montageträgers mit Wandmalereifragmenten an der Wand mit Konstruktionshölzernund Zurrbändern. Seitlich Schläuche zur Einbringung des Schaummörtels.

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Schlauch zum Einbringendes Schaummörtel

Schaumgummiabdichtung

Abb. 29: Fixierter Montageträger mit Randabdich-tung aus Schaumgummi zur Einbringungdes Schaummörtels.

Abb. 30: Der Schaummörtel liegt kraftschlüssig imHohlraum. Auch bei Putzstärken von bis zu8 cm ist kein Kantenabriss feststellbar.

Abb. 31: Zusammengefügte Wandmalereifragmente nach Wiederanbringung (Zustand 2008), hier: Hl. Prokopius am nordwestlichen Pfeiler vor Ausführung der neutralen Mörtelergänzungen imBereich der großen Fehlstellen.

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7 Zusammenfassung

Über die „Wiederherstellung“ der Wandmalereien inWolotowo im Sinne eines geschlossenen Bestandesdarf man sich keinen Illusionen hingeben. Sowohldie zu verschiedenen Zeiten getätigten Bergungs-kampagnen als auch der Grad der Zerstörung derKirche machen jede Hoffnung auf eine „vollständig“wiederherzustellende Ausmalung zunichte. Bei derBedeutung der Wandmalereien darf dies jedochnicht zu einer grundsätzlichen Infragestellung derBergung und Sicherung des Bestandes führen, mitdem weit gefassten Ziel, diesem Ort langfristig denCharakter eines Mahnmals zu verleihen.

Für die Zusammensetzung und Wiederanbringungkriegszerstörter Wandmalereien in der Mariä-Ent-schlafens-Kirche in Wolotowo bei Nowgorod wurdeerstmals ein bewährtes Verfahren zur Übertragungvon Wandmalereien mit einem in den letzten Jahrenentwickelten Injektionsmörtel (Schaummörtel) kom-biniert. Nach der Übertragung eines kleineren Frag-mentes im Jahr 2007 (vgl. Abb. 11a, b) wurden 2008zwei Bildszenen (vgl. Abb. 31, 32) sowie kleinereFragmente im Anschluss an in situ erhaltenen Male-reibestand wieder rückgeführt. Zwei weitere Kam-pagnen zur Wiederanbringung zusammengesetzterBildszenen sind für das Jahr 2009 geplant.

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Abb. 32: Zusammengefügte Wandmalereifragmentenach Wiederanbringung (Zustand 2008),hier: Maria und Elisabeth, Vorhalle (vorAusführung der neutralen Mörtelergänzun-gen im Umfeld/Anschluss).

Anmerkungen

[1] Alle Akten: Archiv Landesamt für Denkmalpflege,Restaurierung, Wolotowo, Schriftverkehr. Vgl. auch:Dörthe Jakobs, Helmut Fr. Reichwald: Die Mariä-Ent-schlafens-Kirche (Uspenskij-Kirche) in Wolotowo beiNowgorod. Dokumentation – Kriegszerstörung – Wieder-aufbau und Restaurierung. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg. Nachrichtenblatt des Landesdenkmal-amtes, Heft 4, 2003, S. 338–344; Helmut F. Reichwald:Kriegszerstörte Kirchen in Nowgorod und Umgebung –Beispiele zum Umgang mit Wandmalereifunden. In: DieKunst der Restaurierung. Entwicklungen und Tendenzender Restaurierungsästhetik in Europa (ICOMOS Heftedes Deutschen Nationalkomitees, Bd. XXXX), München2005, S. 175–185.

[2] Die Gründung Nowgorods ist in der Forschung nachwie vor umstritten, vgl. Onasch, Konrad: Gross-Nowgo-rod. Aufstieg und Niedergang einer russischen Stadtre-publik, Wien – München 1969, S. 13ff.; Goehrke, Cars-ten: Bemerkungen zur altrussischen Stadt der frühenTeilfürstenzeit (Mitte des 11. bis Mitte des 12. Jahrhun-

derts). In: Beiträge zum hochmittelalterlichen Städte-wesen, hg. von Bernhard Diestelkamp, Köln – Wien1982, S. 213 ff.

[3] Vgl. Alpatov, Michail, V.: Frescoes of the Church ofthe Assumption at Volotovo Polye, Moskau 1977, S. 11ff.

[4] Suslov, V. V.: The Church of the Assumption of theHoly Virgin in Volotovo near Novgorod built in 1352 –“Proceedings of the Moscow Preliminary Committee ofthe 15th Archaeological Congress in Novgorod”, Vol II,Moscow 1911; L. A. Matsulevich: the Church of the As-sumption of the Holy Virgin in Volotovo – “Monuments ofEarly Russian Art”, Part 4, Petersburg 1912 (zit. nach Al-patov, wie [3], S. 11.

[5] Byzantinisch-russische Monumentalmalerei. Ausstel-lung der Faksimile-Kopien aus den Lehrsammlungendes russischen Reichs-Instituts für Kunstgeschichte, Le-ningrad, und des Kaiser-Friedrich-Museums, Berlin, ver-

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anstaltet von der „Deutschen Gesellschaft zum StudiumOsteuropas“, im Lichthof des alten Kunstgewerbemuse-ums in Berlin, Prinz-Albrecht-Str. 7, vom 3. November bis5. Dezember 1926 (Veröffentlichungen des KunstarchivsNr. 22/23). Denkmäler altrussischer Malerei, Berlin 1929;Schweinfurth, Ph.: Geschichte der russischen Malerei imMittelalter, Haag 1930.

[6] Wsdornow, Gerold Iwanowitsch: Wolotowo, Freskender Mariä-Entschlafens-Kirche auf dem Wolotowo-Feldbei Nowgorod, Moskau 1989 (in Russisch).

[7] Krake, Bernd: Die virtuelle Rekonstruktion der Mariä-Entschlafenskirche. In: Großmächtiges Nowgorod. Meis-terwerke der Ikonenmalerei. Die Kirche auf dem Woloto-wo-Feld; Katalog der Ausstellung in Frankfurt am Main,28. September 2003–18. Januar 2004, Frankfurt amMain 2003, S. 220–223.

[8] Alpatov, Michail: Die Fresken von Volotovo in Nowgo-rod. Versuch einer Deutung. In: Jahrbuch der Österrei-chischen Byzantinischen Gesellschaft XV, 1966, S.303–329.

[9] Grekow fertigte zudem Aquarellkopien im Maßstab1:1 von allen zusammengesetzten Bildkompositionen.Diese sind von einer solchen Perfektion, dass ein unge-übtes Auge sie im Foto nicht von der Abbildung des Ori-ginals unterscheiden kann, vgl. Grekow, A. P.: Freskenvon Kowaljowo, Moskau 1987 (in Russisch).

[10] Auf die computergestützte Zusammenfügung vonFragmenten kann an dieser Stelle nicht weiter einge-gangen werden. Eine Software für die Zusammenfügungvon Fragmenten haben von 1991–2004 russische Ma-thematiker und IT-Spezialisten entwickelt (Dr. ZotowAleksandr Wasiljewitsch, Dr. Ponewasch Wladimir Pe-trowitsch, Technische Wissenschaften, Moskau; Tschu-makow Pawel Fjodorowitsch, Moskau).

[11] Hans Michael Hangleiter: Erfahrungen mit flüchtigenBindemitteln. In: Restauro 7/1998, S. 468ff (mit weiter-führender Literatur). Hans Michael Hangleiter, Leonie F.Saltzmann: Un legante volatile: il ciclododecano. In: L´at-tenzione alle superfici pittoriche. Materiali e Metodi per ilconsolidamento e metodi scientifici per valutare l´effica-cia (Atti del congresso Milano 10.–11. Novembre 2006,Terzo congresso internazionale Colore e conservazione, Materiali e metodi nel restauro delle opere policrome mo-bili), S. 105–109.

[12] Restaurierung von Wandmalerei. Innovative Verfah-ren zur Erhaltung der Deckenmalereien im Salomonsaalvon Kloster Aldersbach. In: Denkmalpflege Informatio-nen, hg. Vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpfle-ge, Ausgabe A 92, Januar 2005.

[13] Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen jedoch,dass für die Kaschierung bei Rückübertragungen ohneden Zusatz von Lösungsmitteln noch höhere Festigkeitenerreicht werden.

[14] Vgl. oben zur Dokumentationsgeschichte. Von allenWandmalereiszenen liegen historische 1:1-Pausen vor,deren Kopie heute als Grundlage für die Zusammen-fügung der Bildszenen dienen.

[15] In diesem Fall wurden Trinkröhrchen verwendet, diesich ausgezeichnet bewährt haben.

[16] Zu niedrige Temperaturen würden die Haftung aufder kühlen Mörteloberfläche stark beeinträchtigen. Fürdie Kaschierung von Oberflächen mit CCD ist der Erfah-rung nach eine verhältnismäßig große Maschenweite beidem verwendeten Gewebe erforderlich. Die Verband-gaze mit ca. 1 mm Maschenweite hat sich bewährt.

[17] Hier: Photo/Abbildung bei der Montage auf einerSperrholzplatte.

[18] Die Fehlstellen können später mit Kalkmörtel ausge-kittet werden.

[19] Vgl. oben Anmerkung 12 (hier S. 5 ff: Rolf Snethla-ge. Die Konservierung der umwelt- und nutzungsgeschä-digten Putze und Wandmalereien im Salomonsaal vonKloster Aldersbach – eine Einführung in das Förderpro-jekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt).

[20] Klaus Klarner: Schaummörtel für die Stabilisierungvon abgelösten Wandmalereien – Weiterentwicklung ei-nes Gerätes zur Herstellung von Luftporenschaum fürden Einsatz in der Wandmalereirestaurierung. In Denk-malpflegeinformation (wie Anmerkung 12), S. 26–27.

[21] Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Deut-sche Bundesstiftung Umwelt: Workshop im Kloster Al-dersbach 14./15. Mai 2002, Beitrag von Dr. Hans Ettl;Zwischenbericht Stand 22.07.2002.

Abblidungsnachweis

Titelbild: Helmut F. Reichwald, StuttgartAbb. 2–4: Jakobs LADAbb. 5: Aus Publikation Wsdornow, WolotowoAbb. 1, 6–8b: Offenburg, Hochschule für GestaltungAbb. 8a: Aus Publikation: Grekow, KowaljowoAbb. 9–11b: Jakobs LAD Abb. 12–26b: Hans Hangleiter, OtzbergAbb. 27–30: Johannes Amann, WeißenhornAbb. 31, 32: Tamara Anissimowa, Nowgorod

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