1
RÄTSEL | MAGAZIN © 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 3/2010 (40) | Biol. Unserer Zeit | 211 RÄTSEL Die Metamorphose des Milchdiebes nehmen. Der Grund dafür ist auf dem rasterelektronenmikro- skopischen Foto (Abbildung a) zu sehen: ein aus der Epidermis herausragender Behälter für Ameisensäure, Acetylcholin und Histamin. Aus den Eihaufen unseres Rät- seltieres, die an der Blattunterseite deponiert werden, schlüpfen nach zwei bis drei Wochen grünlich weiße Raupen mit schwarzem Kopf. Sie häuten sich, werden grau- braun, leben gesellig und über- ziehen die Pflanze mit einem Ge- spinst. Im letzten Häutungsstadium sind die Raupen tiefschwarz, mit kleinen weißen Punkten und ver- zweigten Dornen versehen. Sie leben jetzt einzeln und stellen die Nahrungsaufnahme drei bis vier Wochen nach dem Verlassen der Eihülle ein. Es folgt das Aufsuchen eines Verpuppungsplatzes, wo sich die Raupe mit dem Kopf nach un- ten in einem aufwändigen Akt auf- hängt. In dieser Lage verharrt sie etwa zwei Tage, dann erscheint die Puppe und schiebt die Raupenhaut nach hinten, bis diese schließlich abfällt. In der Stürzpuppe erfolgen innerhalb von zwei Wochen tief- greifende Verwandlungsprozesse, dann erscheint die Imago. Zurück Was im Folgenden dargestellt wird, kann man in Mitteleuropa allent- halben in der belebten Natur be- obachten, wenn man nur genau hinschaut. Gerade das hat man jedoch über viele Jahrhunderte offenbar nicht getan, wenn es um „niedere“ Tiere ging. Erst ein Forscher des 17. Jahrhunderts, Francesco Redi (1626 –1668) wies experimentell nach, dass Insekten (Fliegen) nicht aus Schmutz entste- hen. Im späten 17. und im frühen 18. Jahrhundert brachte Maria Sibylla Merian (1647–1717) epo- chale Werke heraus, in denen die Entwicklung von Insekten vom Ei bis zur Imago sowie der Pflanzen, auf denen diese zu finden sind, dar- gestellt wurde. Die Autorin wurde als Künstlerin und Naturforscherin von vielen geschätzt, manch ein Zeitgenosse bezichtigte sie jedoch der Hexerei. Die Metamorphose der Insekten war im 17. Jahrhun- dert noch weitgehend unbekannt. Die naturkundlich forschende Künstlerin Merian gab verschie- dene Bücher zu diesem Themen- komplex heraus. Ihr Hauptwerk „Metamorphosis Insectorum Suri- namensium“ erschien 1705 nach einer längeren Reise mit einer ihrer Töchter nach Surinam. Schon vor- her hatte sie zwei Raupenbücher verfasst. Immer wieder ging es um die Beziehungen von Pflanzen und die Entwicklung von Insekten, wie auch in diesem Rätsel. Die Pflanze, auf der die Ei- ablage unseres Rätseltieres erfolgt, ist schon den meisten Kindern be- kannt. Sie ist nährstoffliebend und Profiteur der Überdüngung land- schaftlicher Nutzflächen. Ihre jun- gen Triebe lassen sich im Frühjahr zu einem wohlschmeckenden Spinat anrichten, auch Tee wird aus der Pflanze gekocht. Die meis- ten Menschen werden die Ernte vermutlich mit Handschuhen vor- bleibt die leere Puppen-Exuvie; die Imago pumpt ihre mit Schuppen (Abbildung b) besetzten Flügel auf und kann davonfliegen. Natürlich wissen Sie jetzt, in welche Tiergruppe unser Rätseltier gehört. Unsere Vorfahren sahen diese als fliegende Milchdiebe an, daher regionenweise die Bezei- chung Buttervogel (im Englischen butterfly), heute Schmetterling (von Schmetten = Rahm). Es handelt sich jedoch weder um einen Vogel noch um eine Fliege. Wie heißt dieser häufige Schmetterling, wie die extrem häufige Futterpflanze? Volker Storch, Heidelberg Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 26. Juli 2010 an die Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Bitte keine Postfach-Anschriften angeben! Verlost wird dreimal... In Heft 2/2010 suchten wir: 1. Cola 2. Kola-Nuss Gewonnen haben Dr. Eginhard Husemann, Bad Salzuflen Marlene Stockinger, Aidlingen Michael Steinwandter, Innsbruck Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ABB. a) REM-Bild der Blattoberfläche der Rätselpflanze, b) REM-Bild der Flügelschuppen des Rätseltieres.

Die Metamorphose des Milchdiebes

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die Metamorphose des Milchdiebes

R Ä T S E L | M AG A Z I N

© 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.biuz.de 3/2010 (40) | Biol. Unserer Zeit | 211

R Ä T S E L

Die Metamorphose des Milchdiebes

nehmen. Der Grund dafür ist aufdem rasterelektronenmikro-skopischen Foto (Abbildung a) zu sehen: ein aus der Epidermisherausragender Behälter fürAmeisensäure, Acetylcholin undHistamin.

Aus den Eihaufen unseres Rät-seltieres, die an der Blattunterseitedeponiert werden, schlüpfen nachzwei bis drei Wochen grünlichweiße Raupen mit schwarzemKopf. Sie häuten sich, werden grau-braun, leben gesellig und über-ziehen die Pflanze mit einem Ge-spinst. Im letzten Häutungsstadiumsind die Raupen tiefschwarz, mitkleinen weißen Punkten und ver-zweigten Dornen versehen. Sieleben jetzt einzeln und stellen dieNahrungsaufnahme drei bis vierWochen nach dem Verlassen derEihülle ein. Es folgt das Aufsucheneines Verpuppungsplatzes, wo sichdie Raupe mit dem Kopf nach un-ten in einem aufwändigen Akt auf-hängt. In dieser Lage verharrt sieetwa zwei Tage, dann erscheint diePuppe und schiebt die Raupenhautnach hinten, bis diese schließlichabfällt. In der Stürzpuppe erfolgeninnerhalb von zwei Wochen tief-greifende Verwandlungsprozesse,dann erscheint die Imago. Zurück

Was im Folgenden dargestellt wird,kann man in Mitteleuropa allent-halben in der belebten Natur be-obachten, wenn man nur genauhinschaut. Gerade das hat manjedoch über viele Jahrhunderteoffenbar nicht getan, wenn es um„niedere“ Tiere ging. Erst einForscher des 17. Jahrhunderts,Francesco Redi (1626–1668) wiesexperimentell nach, dass Insekten(Fliegen) nicht aus Schmutz entste-hen. Im späten 17. und im frühen18. Jahrhundert brachte MariaSibylla Merian (1647–1717) epo-chale Werke heraus, in denen dieEntwicklung von Insekten vom Eibis zur Imago sowie der Pflanzen,auf denen diese zu finden sind, dar-gestellt wurde. Die Autorin wurdeals Künstlerin und Naturforscherinvon vielen geschätzt, manch einZeitgenosse bezichtigte sie jedochder Hexerei. Die Metamorphoseder Insekten war im 17. Jahrhun-dert noch weitgehend unbekannt.

Die naturkundlich forschendeKünstlerin Merian gab verschie-dene Bücher zu diesem Themen-komplex heraus. Ihr Hauptwerk„Metamorphosis Insectorum Suri-namensium“ erschien 1705 nacheiner längeren Reise mit einer ihrerTöchter nach Surinam. Schon vor-her hatte sie zwei Raupenbücherverfasst. Immer wieder ging es umdie Beziehungen von Pflanzen unddie Entwicklung von Insekten, wieauch in diesem Rätsel.

Die Pflanze, auf der die Ei-ablage unseres Rätseltieres erfolgt,ist schon den meisten Kindern be-kannt. Sie ist nährstoffliebend undProfiteur der Überdüngung land-schaftlicher Nutzflächen. Ihre jun-gen Triebe lassen sich im Frühjahrzu einem wohlschmeckendenSpinat anrichten, auch Tee wirdaus der Pflanze gekocht. Die meis-ten Menschen werden die Erntevermutlich mit Handschuhen vor-

bleibt die leere Puppen-Exuvie; dieImago pumpt ihre mit Schuppen(Abbildung b) besetzten Flügel aufund kann davonfliegen.

Natürlich wissen Sie jetzt, inwelche Tiergruppe unser Rätseltiergehört. Unsere Vorfahren sahendiese als fliegende Milchdiebe an,daher regionenweise die Bezei-chung Buttervogel (im Englischenbutterfly), heute Schmetterling(von Schmetten = Rahm). Eshandelt sich jedoch weder umeinen Vogel noch um eine Fliege.

Wie heißt dieser häufigeSchmetterling, wie die extremhäufige Futterpflanze?

Volker Storch, Heidelberg

Schicken Sie bitte Ihre Lösung bis zum 26. Juli 2010 andie Redaktion „Biologie in unserer Zeit“, Föhrenweg 6, D-68305 Mannheim. Bitte keine Postfach-Anschriften angeben! Verlost wird dreimal...

In Heft 2/2010 suchten wir:1. Cola2. Kola-Nuss

Gewonnen haben • Dr. Eginhard Husemann, Bad Salzuflen• Marlene Stockinger, Aidlingen• Michael Steinwandter, Innsbruck

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

A B B . a) REM-Bild der Blattoberfläche der Rätselpflanze,b) REM-Bild der Flügelschuppen des Rätseltieres.