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VI. Besprechungen. t. Die ~aegeli'sche Theorie der Infectionskrankheiten in ihrenBezichungen zur medicinischenErfahrung. Von Dr. Hans Buchner. Leipzig~ Engelmann's Verlag. ~aegeli's Buch fiber ,Die niederen Pilze" bietet in medicinischer Beziehung so viele L~icken~ tr~gt so viele Einseitigkeiten an sich~ dass ein yon medicinischer Seite aufgenommener Versuch~ diese Partien zu vervollstandigen und so weir n6thig~ richtig zu stellen als eino erwtinschte Erganzung angesehen werden muss. Wenn vorliegendes Werk dies auch wirklich im Auge hatte 7 wenn es die ,medicinische Erfahrung" in ihr Recht einsetzen wollte, so kann Ref. der Behandlung des Themas im Allgemeinen nicht beistimmen. Es sind vor Allem zwei Umstande~ gegen die yon Seite pathologischer Forschung man sich wenden muss. Einmal die Bezeichnung: ,,bTaegeli'sche Theorie"j dieser Ausdruck wird immer dort gewiihlt~ wo es sich um die parasitiire Theorie der Infecfionskrank- heiten handelt; dass abet eine solche Bezeichnung keinerlei Anspruch auf Berechtigung hat~ zu einer Zeit, wo bereits seit mehr denn 10 Jahren auf medicinischem Gebiete filr die pathogene Bedeutung der niedersten Pilze gekiimpft wird, liegt auf der Hand. Wie kann man ilberhaupt von einer I~aegeli'schen Theorie der I n fe c t i o n s krankheiten sprechen ~ wo uns I~aegeli ganz im Unklaren lasst, was wir denn eigentlich unter einer Infectionskrankheit verstehen~ welche Krankheiten wir hierzu rechnen sollen. Wohl scheint N. in seinem Buche die gewShnlichen breit ge- tretenen Pfade auf diesem Gebiete zu wandeln~ so dass er den Patho- logen geradezu zum Vorwurf macht~ dass sie die Wirksamkeit der Pilze auch noch welter im Gebiete der Krankheiten ausdehnen wollen; trotz- dem kann abet N aeg eli selbst nicht an alle, auch jetzt allgemein als solche aufgefassten Infectionskrankheiten gedacht haben~ da er sonst fiir einzelne (z. B. Syphilis) besondere Erkli~rungen hiitte geben miissen. Wir wollen nicht annehmen~ dass dieser Name etwa deshalb gewahlt wurde ~ weil l~aeg eli yon dem vorliegenden Beobachtungsmaterial auf dem Gebiete der Infectionskrankheiten so viel [als m6glich abstrahirte und mit weitgehendster Ignorirung der :pathologischen Erfahrungen auf rein theoretischem Wego seine Siitze formulirte. Der zweite. Punkt gegen den wir uns wenden mfissen, ist die Art und Weise der Behandlung. bTach dem Titel erwarteten wit eine m~ig- lichst vollstiindige ~ kritische Darlegung des bisher auf dem Gebiete der Infectionskrankheiten Geleisteten; statt dessen finden wir nur einzelne Fiille als Beispiel% die nicht einmal glilcklich gewiihlt sind, da z, B. der Buhl'sche Fall in Bezug auf seine Deutung~ wenigstens anfiinglich~ nicht ganz klar war, und erst spiiter als Milzbrand erklitrt wurde. Verfasser hat offenbar die Bedeuturrg der mikroskopischen Befunde untersch~ttzt; nur so erkliirt sich sein Ausspruch: ,tiberhaupt ist der sichtbare Nach- weis eines Dinges~ auf dessen Vorhandensein man aus Grtlnden schliessen 9*

Die Naegeli'sche Theorie der Infectionskrankheiten in ihren Beziehungen zur medicinischen Erfahrung

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Page 1: Die Naegeli'sche Theorie der Infectionskrankheiten in ihren Beziehungen zur medicinischen Erfahrung

VI.

Besprechungen.

t. Die ~ a e g e l i ' s c h e T h e o r i e der I n f e c t i o n s k r a n k h e i t e n in i h r e n B e z i c h u n g e n zu r m e d i c i n i s c h e n E r f a h r u n g . Von Dr. H a n s B u c h n e r . Leipzig~ Engelmann's Verlag.

~ a e g e l i ' s Buch fiber ,Die niederen Pilze" bietet in medicinischer Beziehung so viele L~icken~ tr~gt so viele Einseitigkeiten an sich~ dass ein yon medicinischer Seite aufgenommener Versuch~ diese Partien zu vervollstandigen und so weir n6thig~ richtig zu stellen als eino erwtinschte Erganzung angesehen werden muss. Wenn vorliegendes Werk dies auch wirklich im Auge hatte 7 wenn es die ,medicinische Erfahrung" in ihr Recht einsetzen wollte, so kann Ref. der Behandlung des Themas im Allgemeinen nicht beistimmen. Es sind vor Allem zwei Umstande~ gegen die yon Seite pathologischer Forschung man sich wenden muss. Einmal die Bezeichnung: ,,bTaegeli'sche Theorie"j dieser Ausdruck wird immer dort gewiihlt~ wo es sich um die parasitiire Theorie der Infecfionskrank- heiten handelt; dass abet eine solche Bezeichnung keinerlei Anspruch auf Berechtigung hat~ zu einer Zeit, wo bereits seit mehr denn 10 Jahren auf medicinischem Gebiete filr die pathogene Bedeutung der niedersten Pilze gekiimpft wird, liegt auf der Hand. Wie kann man ilberhaupt von einer I~aegeli'schen Theorie der I n fe c t i o n s krankheiten sprechen ~ wo uns I ~ a e g e l i ganz im Unklaren lasst, was wir denn eigentlich unter einer Infectionskrankheit verstehen~ welche Krankheiten wir hierzu rechnen sollen. Wohl scheint N. in seinem Buche die gewShnlichen breit ge- tretenen Pfade auf diesem Gebiete zu wandeln~ so dass er den Patho- logen geradezu zum Vorwurf macht~ dass sie die Wirksamkeit der Pilze auch noch welter im Gebiete der Krankheiten ausdehnen wollen; trotz- dem kann abet N a e g e l i selbst nicht an alle, auch jetzt allgemein als solche aufgefassten Infectionskrankheiten gedacht haben~ da er sonst fiir einzelne (z. B. Syphilis) besondere Erkli~rungen hiitte geben miissen. Wir wollen nicht annehmen~ dass dieser Name etwa deshalb gewahlt wurde ~ weil l~aeg e l i yon dem vorliegenden Beobachtungsmaterial auf dem Gebiete der Infectionskrankheiten so viel [als m6glich abstrahirte und mit weitgehendster Ignorirung der :pathologischen Erfahrungen auf rein theoretischem Wego seine Siitze formulirte.

Der zweite. Punkt gegen den wir uns wenden mfissen, ist die Art und Weise der Behandlung. bTach dem Titel erwarteten wit eine m~ig- lichst vollstiindige ~ kritische Darlegung des bisher auf dem Gebiete der Infectionskrankheiten Geleisteten; statt dessen finden wir nur einzelne Fiille als Beispiel% die nicht einmal glilcklich gewiihlt sind, da z, B. der Buhl ' sche Fall in Bezug auf seine Deutung~ wenigstens anfiinglich~ nicht ganz klar war, und erst spiiter als Milzbrand erklitrt wurde. Verfasser hat offenbar die Bedeuturrg der mikroskopischen Befunde untersch~ttzt; nur so erkliirt sich sein Ausspruch: ,tiberhaupt ist der sichtbare Nach- weis eines Dinges~ auf dessen Vorhandensein man aus Grtlnden schliessen

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Page 2: Die Naegeli'sche Theorie der Infectionskrankheiten in ihren Beziehungen zur medicinischen Erfahrung

132 VI. Besprechungen.

muss, zwar stets wfinschenswerth ffir die Sicherheit der Forschung und durchaus zu verlangen, sofern derselbe leicht geliefert werden kann u. s. w." Wir glauben aber, dass aueh bei etwas sghwierigeren Aufgaben von dem l~achweise night abgesehen werden kann, freilich sind wir night der An- sight, dass die anatomisehe Beobachtung in diesen Dingen etwas Sieheres zu leisten ausser Stande ist, Wer~ wig Ref.~ sigh durch viele Jahre mit dem Naghweise der Spaltpilze bei den versehiedenartigsten Infections- krankheiten beschaftigt hat~ wird gewiss beistimmen~ dass doch nur in seltenen Fiillen Zweifel an der Natur der Gebilde unter dem Mikroskope entstehen~ dass die Befunde in sehr vielen Fiillen an Zuverlassigkeit night hinter den durch andere naturwissensehaftliehe Methoden gelieferten stehen ; nur darf man slch night begnfigen~ irgend einen Tropfen Blutes oder Secretes zu untersuchen~ sondern muss sorgfaltig die 0 r gan e des mensch- lichen K~rpers durchmustern.

Night ungilnstig seheint tibrigens die Methode der, Darstellung zu sein~ welche die der parasitiiren Theorie gemachten Einwi~nde zu wider- legen sueht; trotzdem vielleicht einzelne noch hiitten eingehender berfick- sichtigt werden k~innen~ so besonders jener~ der sigh darauf stfitzt, dass die Spaltpilze fiberali vorhanden sind.

Doch wir ki/nnen eine detailirte Kritik des Buehes hier night geben, da sic zum grossen Theil aueh zur Kritik des :N.'sehen Buches wfird%

�9 und dieses bereits in ausgedehnter Weise bier yon uns besproghen wurde; wir wollen nur noeh~ nachdem wir unsere~ wig wir wohl annehmen, ge- rechtfertigte Bedenken erhoben haben~ auch unsere Anerkennung dem Verfasser night versagen~ da sigh die Darstellung sowohl durch eine glfickiighe Verwerthung der physiologisehen Thatsachen als augh vielfaeh dutch eine streng logisehe Deduction auszeiehnet und in diesen Bezie- hungen wohl als mehr als eine blosse Erlauterung zum Naegeii'schen Buehe angesehen werden kann. Dr. J. S o y k a .

2. E x p e r i m e n t e l l e U n t e r s u e h u n g e n f ibe r die E n t s t e h u n g d e r B r f i c h e d e r u n t e r e n E p i p h y s e n d e s H u m e r u s u n d F e m u r. Von L e o p o 1 d M a r e u s e. Inaugural-Dissertation. Breslau 1877.

Nachdem MI zunaehst die geliiufigen Eintheilungen der soeben be- zeiehneten Fracturen nach Gu r l t reeapitulirt~ "erseheinen ihm die T- und Y-fSrmigen ihrer Entstehung naeh um so bemerkenswerther, a l s gerade fiber diese Formen in jener Beziehung noch viel Dunkel herrseht. Ma- de lung~ der hierfiber his jetzt allein auf Experimente gestfitzte An- siehten entwiekelte~ glaubt, dass an der iiusseren Fliiehe des 01ekran0n angebraehte Gewalteinwirkungen constant jene angeffihrten Fracturen des Humerus herbeiffihren, wobei das O|ekranon als fSrmlicher Keil entweder den Abbrueh blos des einen Condylus humeri bewirkt~ oder aber beider Condylen (Y-Fraetur)~ wenn eine ahnlich geartete Gewalt ein robustes Individunm~ bei welehem die eigene Kiirperlast als Vis juvans Theil nimmt, trifft, wobei als gleiehwerthiger Factor brfichige Knochen angesehen werden kSnnen. An der unteren Extremitiit wirke die Patella in ahnlicher Weise und es ist in beiden Fallen durehaus die Ansicht zu verwerfen~ nach weleher die Diaphyse bei derartigen Traumen sigh in die Epiphyse ein-

keilen soUt% wig schon G u r l t vermuthet hatte.