10
Aus dem Chemischen Institut der Universit~it Lubiana (Italien). Die neueren Ergebnisse der St/irkeforschung V. Von M. Sa mec, Lubiana (Italien). (Mit 1 Figur.) (Eingegangen am 22. September 1941.) Fiinftes Kapitel. Synthese der Stiirke. w 1. Riickbildung h6herer Stiirkesubstanzen aus Dextrinen. Es wurde vielfach beobachtet, dab bei der Hydrolyse der Stiirke neben der Bildung niedriger Spaltungsstticke auch rtickliiufige Prozesse einsetzen. Die hierbei entstehenden Reversionsdextrine schienen jedoch strukturell yon den Abbauprodukten der Stiirke verschieden zu sein und konnten nicht etwa als die erste Stufe einer Stiirkesynthese an- gesprochen werden. Die Bildung der sogenannten ktinstlichen Stiirke, welche yon E. Roux und anderen Forschem beschrieben worden ist::), ist ein kolloidchemischer ProzeB, bei welchem ein bestimmte~ Anteil der ge- 16sten Stiirke in Form kleiner Sph~irokristalle ausfiillt. Auch die yon J. Wolff und A. Fernbach durch die vermutete Amylokoagulase :5) ausgef/illte Stiirke dtirfte nur-das Koagulum eines Teiles der in L6sung gewesenen St/irkesubstanz vorstellen. M6glicherweise ist dieses Koagu- lum mit den Niederschl/igen verwandt, welche man vielfach bei der a-diastatischen Hydrolyse der St~irke beobachtet. Es ist aber seit Cr. Hill 2) bekannt, dab durch Hefefermente auch echte Zuckersynthesen bewirkt werden; so entsteht in einer konzen- trierten Glukosel6sung Maltose und Revertose. S. Nishimura ~) beob- achtete nun, dab ein wiisseriger Extrakt yon mit Toluolwasser autoly- sierter Here auch in L6sungen yon Stiirke und Dextrinen rtickliiufige Prozesse bewirkt, welche zu Flockungen und •nderungen der Jodfarbe AnlaB geben.

Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

  • Upload
    m-samec

  • View
    216

  • Download
    4

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

Aus dem Chemischen Institut der Universit~it Lubiana (Italien).

Die neueren Ergebnisse der St/irkeforschung V.

Von M. Sa mec , Lubiana (Italien).

(Mit 1 Figur.) (Eingegangen am 22. September 1941.)

F i i n f t e s K a p i t e l .

Synthese der Stiirke. w 1. Riickbildung h6herer Stiirkesubstanzen aus Dextrinen. Es wurde vielfach beobachtet, dab bei der Hydrolyse der Stiirke

neben der Bildung niedriger Spaltungsstticke auch rtickliiufige Prozesse einsetzen. Die hierbei entstehenden Reversionsdextrine schienen jedoch strukturell yon den Abbauprodukten der Stiirke verschieden zu sein und konnten nicht etwa als die erste Stufe einer Stiirkesynthese an- gesprochen werden.

Die Bildung der sogenannten ktinstlichen Stiirke, welche yon E. R o u x und anderen Forschem beschrieben worden ist::), ist ein kolloidchemischer ProzeB, bei welchem ein bestimmte~ Anteil der ge- 16sten Stiirke in Form kleiner Sph~irokristalle ausfiillt. Auch die yon J. W o l f f und A. F e r n b a c h durch die vermutete Amylokoagulase :5) ausgef/illte Stiirke dtirfte nur-das Koagulum eines Teiles der in L6sung gewesenen St/irkesubstanz vorstellen. M6glicherweise ist dieses Koagu- lum mit den Niederschl/igen verwandt, welche man vielfach bei der a-diastatischen Hydrolyse der St~irke beobachtet.

Es ist aber seit Cr. H i l l 2) bekannt, dab durch Hefefermente auch echte Zuckersynthesen bewirkt werden; so entsteht in einer konzen- trierten Glukosel6sung Maltose und Revertose. S. N i s h i m u r a ~) beob- achtete nun, dab ein wiisseriger Extrakt yon mit Toluolwasser autoly- sierter Here auch in L6sungen yon Stiirke und Dextrinen rtickliiufige Prozesse bewirkt, welche zu Flockungen und •nderungen der Jodfarbe AnlaB geben.

Page 2: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

454 Kolloid-Beihefte Band 53, Heft 11--12'

Bei diesen Versuchen wurde frische Bierhefe mit Wasser gewaschen, zwischen Filtrierpapier abgeprel3t und 3 Tage im Vakuumexikator bei 20--25 o C getrocknet. 10 g davon wurden mit etwas Wasser gut zerrieben und insgesamt 100 cm a Wasser und 10 cm a Toluol zugegeben. Unter 6fterem Umschtitteln wurde bei 25 o C nach 1~2 Tagen und bei 20 o C nach 3--4 Tagen ein optimal wirksamer Auszug erhalten. Der Extrakt wurde filtrierff).

L6sungen e inprozent iger 16slicher JSt~irke ( K a h l b a u m ) , welchen

man auf je 100 cm 3 5 cm 3 dieses Hefeauszuges bei PII 6,2 (Azetatpuffer)

zugesetzt hat, t rf iben sich bei 20 0 C allm~thlich, werden nach 6 T a g e n

weiB wie Milch und scheiden endlich einen fe ink6rn igen Niederschlag

aus. Das K o a g u l u m 16st sich durch K o c h e n wieder klar auf; es wird

mit Amylase ~ihnlich verzucker t wie eine gew6hnl iche StSrkel6sung.

E inp rozen t ige r Kleis ter nat iver St~rke wi rd unter den gleichen Be:

d ingungen zuers t verfl/issigt, kl~rt sich nach 24 Stunden, t r i ibt sich hier-

auf nach 2 Tagen und wi rd schliel31ich weiB und klebr ig wie Milch. Das

K o a g u l u m , Welches sich anfangs mit J o d blau f~trbt, ver l ier t allm~ihlich

das F~rbeve rm6gen mit Jod , g ib t aber na 'ch 50 Tagen eine ro te Jod-

farbe, ~hnlich wie die Klebreisst~rke. Beim K o c h e n 16st sich das K o a g u -

lure auf, die L6sung hat eine blaue Jodfa rbe ; sie t r i ibt sich nach dem

Erka l ten wieder ein.

Klebreisst~irke, welche sich bekannt l ich mit Jod rot ffirbt, b e k o m m t

d u r c h den Hefeauszug unter den geschi lder ten Versuchsbed ingungen

eine violet te bzw. v io le t tb laue J o d f a r b e , die braune Jodfa rbe der Gly-

kogenl6sungen*) wird nach 24 Stunden hel l rot , nach 3 Tagen tiefrotS)':).

Mit Malzamylase**) bis zum Achroos t ad ium abgebaute Reisst~rke-

16sung, welche neben etwas Z u c k e r vo rwiege nd Achroodex t r i ne ent-

h~tlt, f~trbt sich mit dem Hefeauszug innerhalb 24 Stunden schwachrot ,

nach 3 Tagen und sp~iter t iefrot bis v iole t t ro t .

Gr613ere Mengen y o n gere in ig tem Enzym***) (am ersten und fi inften

Tage je 20 cm a) res t i tuieren innerhalb 5 Tagen sogar die v iole t tb laue

lodfarbe~).

*) Das ffir diese Versuche k~iufliche gereinigte Glykogen wurde 2--3 Tage mit 7,5prozentiger Salzsfiure behandelt und mit Alkohol gerbil! t. Das Pr~tparat 16ste sich klar in Wasser und gab mit Jod eine braunrote Farbe. Das Glykogen reagiert mit der Amylo- synthease nur wenigS).

**) 50 g Malz wurden geschrotet, unter Zusatz yon etwas Toluol mit 400 g Wasser 6 Stunden bei Zimmertemperatur extrahiert und klar filtriert. Die erhaltene L6sung wurde 10 Minuten auf 700 C erw~irmt, 2 Stunden bei 20 ~ C auf die St/irkel6sung wirken gelassen und nach Erreichen des Achroopunktes 15 Minuten in kochendem Wasser gehalten.

***) 20 cm a Hefeauszug werden unter Umriihren mit 2,4 cm a Eisenoxydsol Merck, welchem vorher 2,2 cm a 1/10-n HCl zugegeben wurde, um das PH yon 6,5 auf 6,0 zu verschieben (nach M. Matsuyama), versetzt, nach 5 Minuten unter Zusatz yon Kiesel- gur abgenutscht, das Adsorbat einmal mit etwas Wasser gewaschen, stark abgesaugt, dann

Page 3: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

Samec, Die neueren Ergebnisse der St~.rkeforschung V 455

Die synthet ischc \Vi rk ung der Synthease wu,-de v on T. M i n a g a w a 1)

auch gegeni iber dem Pictetschen Tri - und t l exahexosant ) beobachtet .

Das , ,Tr ihexosan" , welches mit J o d keine Farbe liefert, b e kommt nach

dem Syntheasezusatz h in terc inander cine rote, violet te und schliel31ich

eine bl~iulichviolette Farbe , das mit J o d sich r6tende Hexahcxosan be-

k o m m t eine blauviole t te Jodfarbe.

Ein Vergleich der synthet ischcn \Virkung auf Dextr ine , die auf

verschiedenen \Vegen erhalten worden sind, ergab'a), dab an Pankreas-

oder Taka -Achroodex t r i nen die Jodfa rbe wesentlich langsamer resti tuicrt

wird als an Malz -Achroodex t r inen . Das glciche gil t auch fiir die Siiure-

Ach roodex t r i ne ; r werden leicht polymeris ier t , durch

Erhi tzen eJghaltene Dextr ine widcrs tehen jedoch der Syntheasewirkung.

Wi rd die synthet is ierende \\."irkung dutch Erw~irmen des Reak-

t ionsgemisches (1:5 Minu ten in kochendem Wasser) vcrnichtet , so br ingen

."3 cm a nicht vorerwfi rmter Malzauszug in 100 cm a der revcr t ier ten Dex-

tr in- oder G lykogen l6sung bci Pll 4,!3 die Jodfarbe innerhalb 2{1 Mi-

nuten, bci dcr rever t ier ten Klebreiss tSrkel6sung nach 90 Minuten wieder

zum Schwinden.

s eh r interessant ist die Beobachtung , dab das aus dem Pankreas-

Ach roodcx t r i n crhaltene synthetische Dextr in , welches eine rote Jod-

farbe hat, durch Amylasen viel schwerer verzucker t wird als das durch

Polymer isa t ion des Ma lz -Achroodex t r in s erhaltene synthet ischc P roduk t

mit v io le t tb lauer Jodfarbc . Es k o m m e n demnach an den synthetischen

P roduk ten die gleichen Unterschiede zum Ausdruck , wie sic yon uns

an den Amvlo- und F ry th rosubs t anzen beobachtc t worden sind (Kapitel I

~ 6 V. 7).

w 2. Merkmale der synthetischen Sti/rkesubstanzen. Zwecks I so l ie rung der synthet ischen Produkte wird die 1.6sung

gekoch t und filtriert, um das aus den t iefeeiweiBsubstanzen bestehende

K o a g u l u m zu beseit igen, etwa auf ein Fiinftel des urspr i ingl ichen Vo-

lumens e ingedampf t und am kiihlen Or te stehen gelassen. Das Dextr in

f~illt als weiBes Pulver aus; es wird mit Wasser , Alkohol und fi~ther ge-

mit 90 cm a lfi30-n Phosphatgemisch y o n PH 8,0 ctwa 15 Minutcn unter Umrtihrcn eluiert und wieder abgenutscht. Der Trockcngchalt der Enzyml6sung ist hicrbci von 0,1381 g je 10 cm a auf 0,049 g gesunken, die verfliissigende Wirkung uncl die synthetischc Wirkung des Eluats abet sind in bezug auf das Volumen so stark wie bei dcr Ausgangs- 16sung. In bezug auf die Trockensubstanz ist demnach eine Stcigerung auf das Sicbcn- fache erreicht worden6).

+) {)ber die Natur dieser i~rodukte vgl. M. Samcc, Die neucren Ergebnisse dcr Kolloidchemie der St~irke, Kapitel II ~ 20.

Page 4: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

456 Kolloid-Beihefte Band 53, Heft 11--12

waschen und getrocknet. Es ist nur in heiBem Wasser 16slich, f~illt beim A b k i i h l e n der L 6 s u n g wieder aus ; d u r c h Malzamylase w i rd es i ihnlich

a b g e b a u t wie St~trke (Tabe l le 1).

T a b e l l e 17).

E i n w i r k u n g y o n M a l z a m y l a s e a u f d a s s y n t h e t i s c h e D e x t r i n

u n d a u f S t i i r k e .

J o d r e a k t i o n

Dextr in nach Minuten . . . : . . St~trke nach Minuten . . . . . . . .

violett

25 45

for 35 55

gelb

70 90

V e r z u c k e r u n g (Gramm Maltose in 100 cm a)

] nach 30 Minuten i 2 Stunden Dextrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,476 ~ 0,736 St~irke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0,372 0,646

24 Stnnden

0,903 0,736

In der Tabelle 2 sind einige Merkmale des synthetischen Dextrins mit denen der Ausgangsdextr ine vergleichsweise zusammengestellt . Das R e d u k t i o n s v e r m 6 g e n ist nach der Paveyschen M e t h o d e gemessen

u n d in P r o z e n t e n Mal tose ausgedr i ick t , die Molekulargr613e w u r d e

k r y o s k o p i s c h ermit te l t .

T a b e l l e 27).

E i g e n s c h a f t e n s y n t h e t i s c h e r D e x t r i n e .

1. Jodreaktion . . . . . 2. L6slichkeit in kM-

tem Wasser . . . .

3. Viskosit~tt . . . . . . .

4. Reduktionsver- m6gen . . . . . . . .

Abgebaut aus Stfirke

21,4 Sek

Achroo- Erythro- dextrin dextrin

gelb rot

klar !nicht ganz klar klar dureh Erwiirrnen 21,8 Sek

16,3% 11,1% 5. a D . . . . . . . . . . . . . 167,0 o 175,00 6. Molekulargr6Be.. 491,0

(C 6 Hxo O5) a �9 H 20 =

Synthetisiert aus dem Achroodextrin

Dextrin Dextrin II ] Bemerkungen

I

12,0% 175,0 o

504

rot vi01ettblau I I

rot schwer 16slich, I 1 ~oige L6- klar durch I �9 sung Erhitzen

rot 23--24 Sek I mit 2~oiger L6sung bei

200 C, Wasser ] = 2 0 , 0 Sek

7,7 ~o 182,0o i 982,0

(co H10 O5)o. H~ O = 990

Page 5: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

Samec, Die neueren Ergebnisse der Stiirkeforschung V 457

Das synthetische Dextrin enth~ilt neben 96 % Polysacharid 0,52 % Protein und 0,65 % Asche, es ~ihnelt in vielfacher Hinsicht der Reis- stiirke oder dem Amylodextrinl~

T a b e l l e 35).

A n a l y s e s y n t h e t i s c h e r S t ~ r k e n u n d i h r e r M u t t e r s u b - s t a n z e n .

Synthetische St~irke A . . . . . . . . . L6sliche St~irke . . . . . . . . . . . . . . . .

Synthetische St~irke B . . . . . . . . . . Dextrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Synthetische Stiirke C . . . . . . . . . Hexahexosan . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Synthetische St~rke D . . . . . . . . . Glykogen behandelt mit HC1..

Synthetische St~irke A behandelt mit HC1 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Wasser

4,21 4,37

3,35 4,51

4,80 5,21

3,56 3,87

4,28

P o z e n t e

Asche Stickstoff

0,56 0,18

0,24 0,10

0,15

0,22 0,17

0,12

Phosphors~ure

0,16 0;04

0,09 0,04

0,05

0,07 0,05

0,02

0,08 0,08

0,07 0,04

0,06

T a b e l l e 45).

V e r s e i f u n g s w e r t , V i s k o s i t i i t , D r e h u n g s v e r m 6 g e n u n d A z e t h y l g e h a l t de r A z e t a t e .

Viskosit~t

Synthetische Stiirke A . . . . . . . . . . . 4,63 . . . . . . . . . . . . . . . ! 1,26 L6sliche Stiirke.

Synthetische S t~ke B . . . . . . . . . . 1,71 Dextrin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. [ 0,73

Synthetische St~irke C . . . . . . . . . 1,27 Hexahexosan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . - -

Synthetische Stiirke D . . . . . . . . . [ 1,64 Glykogen behandelt mit HCI I 1,03

Kartoffelst~irke . . . . . . . . . . . . . . . . . J 6,20 L6sliche St~rke (Merck). . . . . . . - - Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . - -

38,5 27,3

34,5 21,7

36,5 21,5

24,0 20,8

oo

48,4 19,8

246,0 180,0

228;0 174,0

169,0

Azethylgehalt der Azetate

53,8 56,2

52,0 53,1

! 44,1 ! 47,2

] 45,3 ] 46,6

I

Page 6: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

458 Kolloid-Beihefte Band 53, Heft 11,-12

Tabelle 3 und 4 enthalten vergleichende Angaben tiber einige Eigen- schaften synthetischer St~trken land ihrer Muttersubstanzen.

Die 16sliche St~rke wurde aus Mehlen yon Panicum miliaceum und Setaria italica durch B~handeln mit 7,5prozentiger Salzs~iure erhalten.

w 3. Gewinnung und Eigenschaften der Amylosynthease.

Die Amylosynthease ist ziemlich verbreitet. S. N i s h i m u r a und T. M i n a g a w a 1~ fanden sie in Weinhefe, Preghefe, Brennereihefe, filmbildender Here, Saccharomyces Biwa und Mycoderma, sie fehlt abet in Saccharomices Sake, Saccharomices pasteurianus, Torula Willia, Aspergilus oryzae, Botrytis, Monilia, Bac. subtilis und in Essigs~ure- bakterien. T. M i n a g a w a 5) beobachtete sie auch in Kartoffeln, Reis und Klebreis.

Da der synthetisierenden Wirkung stets eine Verfliissigung der St~rke vorausl~iuft, war die Frage besonders wichtig, ob es sich bei den beob- achteten Reversionsprozessen um eine Umkehrung der Amylasewirkung handelt oder ob die Synthease ein besonderes Ferment vorstellt. T. Mina- gawa 4) hat nachgewiesen, dab die Amylosynthease tatsitchlich ein neues Ferment vorstellt. W~hrend niimlich die Amylase in Glyzerin leicht 16s- lich ist, 16st sich die Synthease darin nicht.

Zur Darstellung m6glichst reiner Amy!osynthease wird nach T. M i n a g a w a ~) der Extrakt aus autolysierter Here mit Ammonium- sulfat ges~ttigt. Der hierbci gebildetc flockige Niederschlag, wclchcr einen gr6Beren Teil der Svnthease enthfilt, wird unter Druck abfiltriert. Zur Entfernung des Salzes wird er mit einer kleinen Menge kalten Wassers und mit ftther gewaschen und im Vakuumexsikkator getrocknet. Aus dem schwach gelbcn Niederschlag wird die Amylase mit Glyzerin weggewaschen.

Das so erhaltene Enzym ist ~uBerst wirksam. Eine klare Achroo- dextrinl6sung bekommt in 15--20 Minuten eine violette, nach 5 Stun- den eine blauviolette Jodfarbe. Sie trtibt sich bald, nach 5 Tagen scheidet sich ein dicker, flockiger Niederschlag aus.

Erzielt die Konzentration des Ammoniumsulfats nur 28--30~ so f~illt fast nur die Amylase aus ; nach dem Abfiltrieren derselben scheidet sich bei S~tttigung mit Ammoniumsulfat der syntheasehaltige Nieder- schlag aus, welcher dann noch mit Glyzerifi gereinigt werden kann.

Einprozentiges Bleiazetat f~llt vorwiegend die Synthease, w~ihrend die Amylase in L6sung bleibt. Der Niederschlag wird abgesaugt, mit kaltem Wasser gewasehen, i n Wasser suspendiert, eine kleine Menge

Page 7: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

Samec, Die neueren Ergebnisse der 'St~irkeforschung V 459

Natriumbikarbonat zugesetzt und CO 2 durchgeschickt. Die Amylosyn- thease geht in L6sung, welche nach dem Entfernen des Niederschlages verwendet wird.

Die AmylosYnthease kann auch aus frischen Kartoffeln oder aus poliertem Klebreis erhalten werden. Frische Kartoffeln werden zu einem Brei zerquetscht, 1/30 molekularer Phosphorpuffer his zum PH =: 8,0 zugesetzt, zuerst durch ein Tuch und dann durch Papier filtriert. Aus dem Filtrat werden die Enzyme mit Ammoniumsulfat gef~illt und mit Glyzerin getrennt. Auf die gleiche Weise erhitlt man die Synthese a u s unpoliertem Reis.

Polierter Klebreis wird rein gemahlen, mit dem 3--4fachen Volumen kalten Wassers durchgequetscht , durch ein Tuch und d a n n durch Filtrierpapier filtriert. Zum Filtrat gibt man 1/100--1/160 molares Kadmiumchlorid, welches wohl die Amylosynthease, nicht abet die Amylase fiillt~).

Die aus diesen drei verschiedenen Ausgangsmaterialien erhaltenen Syntheasepr~iparate zeigen die gleichen Eigenschaften. Ih r Temperatur- optimum liegt bei 20--25 ~ C, dutch ein 10 Minuten w~ihrendes Er- w.;irmen auf 50 ~ C wird sie zerst6rt. Auch durch Siiuren oder Basen wird s i e irreversibel vernichtet.

AuBer durch die bereits erw~ihnten F~illungsmittel: Ammonium- sulfat, Bleiazetat und Kadmiumchlorid fSllt die Synthease auch durch 1/200 molekulares Merkurichlorid.

Durch Aluminiumhydroxyd, Aluminiumphosphat, Monokalzium- phosphat, Kaolin und Tierkohle wird die Amylosynthease aus der L6sung sorbiert und durch verdtinntes Natriumbikarb0nat eluiert. Nur beim Tierkohleadsorbat empfiehlt sich zwecks Elution die Verwendung yon verdi.innter Essigsiiure oder einer verdi.innten Dextrinl6sung.

Eine amylasefreie Tryptase bringt in L6sung der Synthease die syn- thetisierende Wirkung zum Verschwinden. Es ist hierbei jedoch die Amylosynthease nicht zerst6rt worden, da man durch fraktionierte F~illung mit Ammonsulfat zuerst die Tryptase [bei 24--25% (NH4)zSO4] und dann bei S~ittigung die Synthease f~illen kannS).

w 4. Synthese der Stiirke aus Glukose.

C. S. H a n e s ist jtingst auch die vollst/indige enzymatische Synthese der St~rke aus G1ukose gelungen3). Er land in Erbsensamen eine G?uppe yon Enzymen, welche nachstehende vier Reaktionen katalysieren.

Page 8: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

460 Kolloid-Beihefte Band 53, Heft 11--12

I1 Enzyme, welche einzelne Glukose-Pbosphate umwandeln

1 Glukose- Phosphat ---+ Gemischte Phos-

phorylase / ~' Glukose-6-Phosphate IlI

-- Phosphat + Phosphat Enzyme mit

~ / / * dialysablem r StSrke ! Phosphat Koenzym

+ Fruktofuranose IV Wasser .

,, 1 : ti-Diphosphat Amylase Dextrine, Maltose, Glukose

Diese Reaktion bedeutet einen gewissen Parallelismus zu der vor kurzem beschriebenen Synthese des Glukose-l-Phosphates (Cori-Ester) unter der \Virkung dcr ttefe12), Muskel la) und Speichep)11).

Um die reversible Reaktion I zu studmren, muBte die Phosphory- lase frei yon Amylasen und yon dem phosphatumwandelnden Enzym erhalten werden. Dies gelang durch fraktionierte Fiillung yon Erbsen- mehlextrakt mit Ammoniumsulfat. Mittlerweile wurde eine Phosphory- lase in BlS.ttern, \Vurzeln und Knollen verschiedener Pflanzen gefunden. Eine besonders gute Quelle bildet die Kartoffel. Roher PreBsaft entMlt kein phosphatumwandelndes Enzym, die schwache mitanwesende Amy- lase l~iBt sich durch wiederholte F~illung mit Ammoniumsulfat entfernen, so dab man zu reiner Phosphorylase gelangt,

Mit diesem Enzym hat H a n e s die Reaktion a

StSrke + freies Phosphat 4--~-Glukose-l-Phosphat b

eingehend studiert.

Die Gleichgewichtskonzentrationen sind yore PH abh~ingig, gleieh- gSltig yon welcher Seite man ausgeht. Beim Pn =: 6,4 existiert 83% des Phosphates als freies Phosphat und 17% als Glukose-l-Phosphat, bei PlI :: o,4 steigt.die Gleichgewichtskonzentration des freien Phos-

30 7o. Dutch Zugabe yon StSrke, selbst in bedeutenden phates auf ( o,

Mengen, wird das. Gleichgewicht nicht merklich verschoben; ih,-e wirk- same Konzentration scheint demnach mit der Gesamtkonzentration nicht proportional zu sein.

Einen sichtbaren Effekt hat abet ein St~irkezusatz auf die Geschwin- digkeit, mit welcher sich das Gleichgewicht in der Richtung ,,b" ein-

stel l t . Ohne zugesetzte St~irke existiert eine lnduktionsphase mit der Synthese yon St~irke und Auftreten yon freiem Phosphat. Bei St~irke-

Page 9: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

Samec, Die neueren Ergebnisse der Sthrkeforschung V 461

anwesenheit verschwindet die Induktionsphase vollst/indig, die An- fangsgeschwindigkeit steigt auf den 15fachen Wert. In der Fig. 1 ent- sprechen einem solchen Reaktionsverlauf die Kurven 1 und 9,; es wurden zu 10 cm a Fliissigkeit 9, mg StSrke zugesetzt. Eine solche Aktivierung wurde auch durch andere Substanzen, z. B. Maltose, erreicht.

Fig. 1. ~1. Die Kurven 1 und 2 zeigen den Verlauf der Reaktion ..~. Glukose-l-Phosphat --* freies - ~ Phosphat -4- St~irke, wdche .<_<~ dutch reine Kartoffelphos- ~ phorylase katalysiert wurde. Die Kurven 3 und 4 zeigen .~ {u. die Gegenreaktion. Die Re- ~" aktionsgemische 1 und 2 ent- ~ < halten anfangs etwa 1/100 ~ molare Glukose-l-Phosphat, .,o<~ die Reaktionsgemische 3 und 4 St/irke mit 1/100 molarem !

anorganischem Phosphat.

. . . .

- j _ t /

I I I SO 100 150

ReoM'~r,.~zei/-, Minuken

Ausgehend von - - durch Kristallisation g e r e i n i g t e m - Glukose- 1-Phosphat wurden mehrere Proben der synthetischen St~irke dargestellt. Die Ausbeute an Polysacharid entspricht immer dem frei gewordenen Phosphat.

Einige Schwierigkeit bereitete anfangs die Entfernung der Begleit- proteine. So enthalten die Niederschl~ige, welche mit Trichloressigs~iure oder Bleiessig erhalten werden, einen groBen Teil St~irke; umgekehrt enthalten die blauschwarzen Flocken, die mit Jod gebildet werden, v i e l yon dem EiweiB der Enzyml6sung. Die Ursache liegt darin, dab in einem Stadium, in welchem sich das Reaktionsgemisch triibt, die Stiirke in Form kieiner K6rnchen mit dem Durchmesser 6--8/~ auftritt, welche yon losen EiweiBflocken umgeben sind.

Die synthetische St~irke ist der natiirlichen St~irke eng verwandt, Sie ist etwas schwerer 16slich und retrogradiert rascher als die nativen groBk6rnigen Arten. Die spezifische Drehung in Wasser betr~gt a D = 200--9,06 ~ in 5prozentiger Soda 152--159 ~ Das Reduktionsver- m6gen betrSgt weniger als 1% Glukose, die Jodfarbe gleicht der Jod- farbe nattirlicher St~irke. Sie enthfilt 0,05% Phosphor und 0,05--0,5% Stickstoff. Dutch Jodl6sung werden die typischen blauen Flocken der Jodst~irke gef~illt. Verd/innte Salzs~ture hydrolysiert sie bis 99% der Theorie in Glukose; a-Amylase oder Speiche!amylase bringen die Jod- farbe rasch zum Schwinden.

Page 10: Die neueren Ergebnisse der Stärkeforschung V

46~ Kolloid-Beihefte Band 53, Heft 1t--12

Die svnthetische St~irke gibt im wesentl ichen das gleiche R6ntgen-

d iagramm wic die Kartoffelst~irkc (B-Spektrum). Sie hat / ihnliche

Eigenschaften wie die Amyloamylosc der nat/.irlichcn St~irkc; w~ihrend

jedoch letztere nach der Alkoholf~illung ein V-Diagramm besitzt, zeigt

die synthetische St~rke nach derseiben Bchandiung t in B-DiagrammiS).

Es sei darauf aufmerksam gemacht, dab das Rontgenspek t rum

der Alkoholkoagula weitgehend yon der Art abh~ingt, wie die F/illung

ausgeftihrt wird (vgl. IV. Kapitcl ~ 5).

Schrlfttum. 1. G. T. Cori , C. F. ('<lri u. G. Schmidt, J. biol. Chemistry 129, 6".)9 (1939). 9. Cr. Hill, J. chum. Soc. [London l 73, i134 (1898). 3. C. S. Hancs, Naturc [London[ 145, 33,8 (1940), Proc. Roy Sor [London] Set. B,

128, 4")1 (1940). 4. T. Minagawa, Prim. Imp. Acad. [Tokyo] 8, 244 (193")). 5. T. Mioagawa, Proc. lmp. Acad. [Tokyo] 9, 9"/ (19aa). ~;. S. Nishimura, 13i~chem. Z. 223, Dil (1930). 7. S. Nishimura, Biochcm. Z. 225, 9(;4 (l,q30). 8. S. Nistiimura, Biochem. Z. 232, 156 (1!)3l). !~. S. Nishimura, Biochcm. Z. 237, 133 (1.q31).

10. S. Nisbimura u. T. Minagawa , Proc. Imp. Acad. [Tokyo] 7, 258 (1931). 11. H. Ostern u. Hol,ncs, Biochcm. J. 33, 1858 (l.qa.q). 12. A. Schaffncr u. H. Specht, Naturwiss. 26, 494 (1939). 13. C.F. Cori, G. Schmidt u. G.T. Cori, Science [New York] [U.S.] 89, 464

(1.qag).

Zitate aus M. Samcc, Kolloidchcmic dcr Starkc (f)rcsdcn u. Leipzig 1!)97). 14. Seite -t08. 15. Seitc 401.

Nachtrag. 16. W. T. Astbury, F. O. Bell u. C. S. Hanks, Nature [London] lq6, 558 (19-'11).