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Die Reform der Vereinten Nationen — Möglichkeiten und Grenzen by Rüdiger Wolfrum Review by: O. Kimminich Archiv des Völkerrechts, 30. Bd., 2. H. (1992), pp. 259-261 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40798716 . Accessed: 13/06/2014 06:04 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 193.105.154.132 on Fri, 13 Jun 2014 06:04:32 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Die Reform der Vereinten Nationen — Möglichkeiten und Grenzenby Rüdiger Wolfrum

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Die Reform der Vereinten Nationen — Möglichkeiten und Grenzen by Rüdiger WolfrumReview by: O. KimminichArchiv des Völkerrechts, 30. Bd., 2. H. (1992), pp. 259-261Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40798716 .

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Besprechungen 259

Im Schlußkapitel werden zunächst interessante statistische Angabe über die gesamte Tätigkeit des Gerichts seit 1946 geboten. Dann werden die Zahlen aus- gewertet, die Streitfälle werden kate- gorisiert und auf ihren Gehalt geprüft. Befriedigt stellt Singh fest, daß in nicht weniger als 22 Fällen der Streit durch die Entscheidung des IGH beigelegt werden konnte. Auch die geographische Verteilung der Streitparteien gibt zur Befriedigung Anlaß: Länder aus allen Weltgegenden haben sich des IGH be- dient. Die Verfahrensbeschleunigung ist dagegen ein heikler Punkt. Die internen Verfahrensvorschriften des IGH geben der Gründlichkeit und dem hohen juri- stischen Standard den Vorzug gegen- über dem raschen Verfahrensabschluß. Oft sind aber auch die Parteien selbst an Verzögerungen schuld, wie Singh nachzuweisen vermag. Ferner unterläßt er es nicht, auf die raschen vorläufigen Maßnahmen hinzuweisen, die im Dring- lichkeitsfall getroffen werden können und oft auch getroffen worden sind.

Die „wirkliche Leistung" des IGH liegt, wie Singh immer wieder betont, in dem Beitrag des IGH zur Fortent- wicklung des Völkerrechts. In der Ge- samtbilanz ordnet er diesen Beitrag unter fünf Gesichtspunkten ein: Einheit und Universalität; Präzision und För- derung des Wandels (vor allem illu- striert am Beispiel der Entkolonisie- rung); Klarheit, Festigung und Bestäti- gung; Vertiefung und Ausweitung; Wertschätzung (seitens der internatio- nalen Gemeinschaft) und „juristische Eleganz". Daß die hierzulande nur noch selten erwähnte elegantia iuris geerade in diesem Zusammenhang her- vorgehoben wird, mag viele kontinen- taleuropäische Juristen erfreuen. Das höchste Lob zollt Singh dem Gerichts- hof, indem er als Ergebnis feststellt, der Gerichtshof mache „das Recht gü- tig und wohltätig für die überragen- den Interessen der Gemeinschaft". Wie wohltuend hebt sich das von dem har- ten Urteil eines versierten kontinental- europäischen Juristen ab, der eine sei-

ner dichterischen Figuren vom Recht sagen läßt: „Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage".

In dem sehr umfangreichen Anhang kommen insbesondere Ansprachen der Gerichtspräsidenten zum Abdruck (nur zwei von ihnen stammen vom Autor selbst). Ferner enthält der Anhang die Rede des Papstes anläßlich seines Be- suchs beim IGH im Jahre 1985 und die Rede des Generalsekretärs der Verein- ten Nationen bei einem ähnlichen An- laß am 6. September 1988. Weitere in- teressante Informationen sind aus dem „Blaubuch" des Gerichtshofs übernom- men. Sie betreffen das Statut und die Geschäftsordnung, die Organisation, die Verfahren, die Richter und sonstigen Amtsinhaber des Gerichtshofs und ähn- liche Details.

Kimminich

Die Reform der Vereinten Natio- nen - Möglichkeiten und Grenzen. Hrsg. von Rüdiger Wolfrum. Ver- öffentlichungen des Instituts für In- ternationales Recht an der Universi- tät Kiel, Bd. 106. Berlin: Duncker & Humblot. 1989. 230 S.

Mit einiger Verspätung sind die Re- ferate und Diskussionsbeiträge des Sym- posiums des Instituts für Internatio- nales Recht an der Universität Kiel vom 18. bis 21. November 1987 ver- öffentlicht worden. Mittlerweile ist auch schon der Band über die Jubi- läumstagung 1989 erschienen. Aber die Beiträge zur Tagung von 1987 behalten ihr Gewicht und ihre Aktualität. Wie Botschafter Bazing im ersten Referat dieser Tagung („Die Reformdiskussion in den Vereinten Nationen aus der Sicht der Bundesrepublik Deutschland") ausführt, ist die Reformdiskussion der späten achtziger Jahre nicht die erste in der Geschichte der Vereinten Nationen gewesen und wird nicht die letzte sein. Den Rahmen für alle dazugehörigen Überlegungen liefert er ebenfalls gleich in seinen ersten Sätzen: „Seit ihrer

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Gründung sind die VN ein Abbild der Errungenschaften, aber auch der Pro- bleme im Leben der Völker und der Staaten. In der Weltorganisation spie- geln sich die Bewußtseinsschritte einer Menschheit wider, die zu erkennen be- ginnt, daß wachsende Interdependenz ihr Schicksal ist und daß für den ge- meinsamen Weg in die Zukunft jeder Staat, ob klein oder groß, reich oder arm, ein Stück Mitverantwortung trägt" (S. 15).

Um die einzelnen Reformansätze zu begreifen, muß man allerdings die Geschichte der VN detailliert betrach- ten, wie es Botschafter Baling getan hat. Er gliedert die Geschichte der Ver- einten Nationen in drei Phasen, von denen die ersten beiden je ein Jahr- zehnt ausfüllten. Die erste Dekade stand im Zeichen des Ost- West-Konflikts, die zweite in demjenigen der Entkoloni- sierung. In der dritten Phase, in der wir uns noch immer befinden, sei „das Verhältnis zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern immer mehr zur Dominante in den VN geworden" (S. 16). So ist es nicht verwunderlich, daß Kritik und Reformvorschläge ins- besondere im Wirtschafts- und Entwick- lungshilfebereich angesetzt haben. Ba- zing listet die Reformansätze auf, schil- dert die Interessenlagen und berichtet über die praktische Reformarbeit. Im Mittelpunkt steht die Finanzkrise. Um sie drehte sich auch hauptsächlich die Diskussion.

Genau an diesem Punkt knüpft das Referat von Eckart Klein an: Beitrags- pflichten und Stimmrecht. Der Unter- titel gibt Auskunft über den Inhalt: Notwendigkeiten und Möglichkeit, das Entscheidungsverfahren über Ausgaben der Vereinten Nationen neu zu struk- turieren. Die Zahlen, die Klein prä- sentiert, sind eindrucksvoll und er- schreckend. Besonders deprimierend ist das Defizit bei der Finanzierung der friedenserhaltenden Maßnahmen. Klein geht den Gründen für die Beitrags- verweigerungen nach und bewertet die daraus entstandene Krise, bevor er zu

den einzelnen Sparvorschlägen Stellung nimmt, die zur Bewältigung dieser Krise unterbreitet worden sind. Dann wendet er sich seinem Zentralthema zu, nämlich der Disparität von Stimmrecht und Verantwortung. Vorsichtig plädiert er für eine an der Beitragsleistung orientierte Stimmgewichtung. Auch das Konsensusverfahren will er im Rahmen der Budgetverhandlungen nutzbar ma- chen. Im Zusammenhang damit steht das Gruppenprinzip, in dem er eine „Institutionalisierung des Gruppenele- ments" sieht, das ebenfalls ein Stabili- sationsfaktor sei. Sein konkreter Vor- schlag geht von einer Beitragshöchst- leistung von 20% aus, die auf die USA entfallen würden. Diese gehören zu- sammen mit weiteren 19 westlichen Staaten der Gruppe I an. Die Gruppe II wird aus 11 sozialistischen Staaten ge- bildet, die Gruppe III aus 51, haupt- sächlich blockfreien, Staaten. Den Min- destbeitrag von jeweils 0,01% zahlen die 77 Staaten der Gruppe IV. Die Stimmverteilung sieht nach diesem Plan so aus: Auf die Gruppe I entfallen 76 Stimmen (davon 20 auf die USA, 35 auf die EG-Staaten, 12 auf Japan), die Gruppe II erhält 21 Stimmen, die Gruppe III 51 und die Gruppe IV 77 Stimmen. Es fällt auf, daß bei den letzten beiden Gruppen jeder Staat eine Stimme hat, während das Prinzip der Stimmgewichtung bei den ersten beiden Gruppen angewendet wird. Die Diskus- sion zu diesem Vorschlag, wie zu dem ganzen Referat, war lebhaft. Dabei gingen alle Diskussionsredner davon aus, daß die Vereinten Nationen auf jeden Fall vor dem Bankrott gerettet werden könnten. Nur ein Diskussions- teilnehmer erwähnte die andere Mög- lichkeit und verwies auf das Konkurs- verfahren über den internationalen Zinnrat.

Über den Wandel von der ursprüng- lichen Aufgabenzuweisung zu den jetzi- gen Aktivitäten der Vereinten Natio- nen referierte Rüdiger Wolfrum. Die von ihm aufgezeigte Tendenz läuft ein- deutig zur wachsenden Bedeutung glo-

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baler wirtschaftlicher und sozialer Pro- bleme. In der Praxis der Vereinten Nationen drückte sich dies nicht zuletzt in der Gründung neuer Neben- und Spezialorgane aus. Dagegen hat der Sicherheitsrat die ihm zur Friedens- sicherung in den Art. 39 ff. SVN ein- geräumten Befugnisse zur Friedens- sicherung nur selten ausgeübt. In den „friedenserhaltenden Operationen", die mit unterschiedlicher und nicht immer unumstrittener Rechtsgrundlage durch Beschlüsse der Generalversammlung in die Wege geleitet wurden, sieht aber der Referent „einen gewissen Ausgleich für die fehlende Funktionsfähigkeit des kollektiven Sicherheitssystems" (S. 133). Einen Mangel sieht der Referent mit Recht darin, daß das Instrumentarium der Friedenssicherung nicht vollständig mit demjenigen der friedlichen Streit- beilegung „abgestimmt" ist. In der Völ- kerrechtswissenschaft ist schon vor lan- ger Zeit gefordert worden, den Abbau der Gewalt in den internationalen Be- ziehungen mit dem Aufbau eines funk- tionsfähigen Apparats zur friedlichen Streitbeilösung zu harmonisieren. Ein- deutige Kritik übt Wolfrum an der Manila-Deklaration vom 15. Novem- ber 1982, von der er feststellt, daß „sie das Recht der Staaten übermäßig betont, Verfahren und Institutionen der Streitbeilegung frei zu wählen" (S. 136).

Den größten Raum nehmen in Wolf- rums Referat die wirtschaftlichen und sozialen Fragen ein, die seit den 60er Jahren quantitativ und qualitativ zu- nehmende Bedeutung in den Gremien der Vereinten Nationen gewonnen ha- ben. (Die Epocheneinteilung in der Ge- schichte der Vereinten Nationen wird von allen Referenten übereinstimmend vorgenommen.) Der Referent kommt zu dem Ergebnis, daß die Generalver- sammlung die ihr in der Satzung der Vereinten Nationen zugewiesenen Funk- tionen in diesem Bereich nicht über- schritten hat. Er weist jedoch auf eine Reihe von Sektoren hin, in denen Ver- fahrensweisen und Einrichtungen re-

formbedürftig sind, wie z. B. die Ab- stimmung zwischen den Spezialorganen, die Koordination auf Landesebene und die Aufbringung der Mittel. Die Zer- splitterung der Finanzierungsquellen führe zu einem viel zu hohen admini- strativen Aufwand. Im Bereich des Menschenrechtsschutzes, der als letzter zur Sprache kommt, sieht Wolfrum die Probleme mit Recht weniger in der Normsetzung als im Normenvollzug. Daher plädiert er in erster Linie für eine Verbesserung der Verfahren zur Durchsetzung der Menschenrechte. In- teressant ist dabei, daß er eine Orien- tierung an dem Vorbild der Europäi- schen Menschenrechtskonvention ab- lehnt. Der Grund ist einleuchtend: „Die Staaten des Ostblocks und weite Teile der Entwicklungsländer sind nicht be- reit, die mit derartigen Verfahren ver- bundenen Einschränkungen ihrer Sou- veränität zu akzeptieren" (S. 153). In- wieweit diese Feststellung auch nach dem Zerfall des Ostblocks gilt, wäre jetzt zu diskutieren.

Der Aufbau des Symposiums folgt logischen Gesetzmäßigkeiten. Der Leser empfindet es als selbstverständlich, daß den drei vorerwähnten Referaten der zusammenfassende Vortrag von Eric Suy über „Strukturwandel der Verein- ten Nationen: Perspektiven, Möglich- keiten und Grenzen" folgt. Suy zeigt zunächst die Grenzen des Struktur- wandels auf und legt besonderes Ge- wicht auf den Wirtschafts- und Sozial- rat. Insgesamt kommt er zu dem Er- gebnis, daß es den Vereinten Nationen „sehr gut gelungen" sei, „sich den Her- ausforderungen einer sich immer rascher wandelnden internationalen Gemein- schaft durch die Schaffung neuer Or- ganisationen oder neuer Organe anzu- passen". Es sei undenkbar, auf die Ver- einten Nationen zu verzichten; denn das Motto „Was wir selbst tun, machen wir besser" sei „in der heutigen Welt der Interdependenz ein Absurdum" (S. 199).

Ki m m i n i c h

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