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Lea Geiger Die Reproduktion von Rassismus in der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten Bachelorarbeit zur Erlangung des Akademischen Grades „Bachelor of Arts“ (B. A.) im Studiengang Soziale Arbeit an der Alice Salomon - Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin University of Applied Sciences eingereicht im Sommersemester 2017 am 18.05.2017 Erstgutachter_in: Iris Rajanayagam Zweitgutachter_in: Prof. Dr. Nivedita Prasad

Die Reproduktion von Rassismus in der Sozialen Arbeit mit ... · Diskriminierung von Sozialarbeitenden nicht eingefordert, besteht die Gefahr, dass Ras-sismus und andere -ismen (re-)produziert

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Lea Geiger

Die Reproduktion von Rassismus in der Sozialen Arbeit mit

Geflüchteten

Bachelorarbeit zur Erlangung des Akademischen Grades

„Bachelor of Arts“ (B. A.)

im Studiengang Soziale Arbeit an der Alice Salomon - Hochschule

für Sozialarbeit und Sozialpädagogik Berlin

University of Applied Sciences

eingereicht im Sommersemester 2017

am 18.05.2017

Erstgutachter_in: Iris Rajanayagam

Zweitgutachter_in: Prof. Dr. Nivedita Prasad

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Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die Bachelorarbeit selbständig verfasst und keine ande-

ren als die angegebenen Hilfsmittel und Quellen benutzt habe. Ich bin einverstanden,

dass meine Bachelorarbeit in der Bibliothek ohne Anhang A bereitgestellt wird.

_____________________________________________

Datum, Unterschrift

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I

Abstract

Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur aktuellen Auseinandersetzung mit Geflüch-

teten in der Sozialen Arbeit leisten und richtet ihren Fokus dabei auf die Soziale Arbeit

und ihre Verstrickung in Machtstrukturen. Die Arbeit geht der Frage nach, inwieweit

Rassismus in der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten reproduziert wird und stellt einen Zu-

sammenhang zu den Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit in der gegenwärtigen restrik-

tiven Asylpolitik her. Zentraler Bestandteil der Arbeit sind dabei die Ergebnisse dreier

Interviews mit Sozialarbeitenden, die in Berlin mit Geflüchteten tätig sind/waren. Hand-

lungsmöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen, die Sozialer Arbeit gegen die Repro-

duktion von Rassismus zur Verfügung stehen, werden ebenfalls anhand der Interviews

ermittelt und vorgestellt.

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Inhaltsverzeichnis

Abstract .............................................................................................................................. I

Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................. II

1 Einleitung .................................................................................................................. 1

1.1 Zum Aufbau der Arbeit ...................................................................................... 4

1.2 Begriffserklärungen und Schreibweisen ............................................................ 4

1.2.1 Flüchtling vs. Geflüchtete_r ....................................................................... 6

1.2.2 Schwarze Menschen, weiße Menschen und People of Color ..................... 7

1.2.3 Rassismuskritisch statt Antirassistisch ....................................................... 8

1.2.4 Verwendung von Anführungszeichen ........................................................ 8

2 Annäherung an den Begriff Rassismus ..................................................................... 9

2.1 Umgang mit Rassismus in der BRD .................................................................. 9

2.2 Alltagsrassismus .............................................................................................. 11

2.3 Institutioneller und struktureller Rassismus .................................................... 12

2.4 Kulturalisierung/Ethnisierung .......................................................................... 14

2.5 Antimuslimischer Rassismus ........................................................................... 15

2.6 Rassismuskritik als Praxis der Kritischen Sozialen Arbeit .............................. 16

3 Critical Whiteness - Kritische Weißseinsforschung................................................ 17

4 Selbstverständnis Sozialer Arbeit und ihre Einbindung in Machtstrukturen .......... 19

4.1 Selbstverständnis und Auftrag Sozialer Arbeit ................................................ 19

4.2 Selbstverständnis Sozialer Arbeit mit Geflüchteten ........................................ 22

4.3 Soziale Arbeit im Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht ................. 22

4.4 Macht und Machtlosigkeit in der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten ............... 24

5 Forschungsstand: Rassismusreproduktion in der Sozialen Arbeit .......................... 25

6 Forschungsmethodik ............................................................................................... 27

6.1 Sampling: Auswahl der Interviewpartner_innen ............................................. 28

6.2 Interviewleitfaden ............................................................................................ 29

6.3 Anonymisierung ............................................................................................... 31

6.4 Qualitative Inhaltsanalyse ................................................................................ 31

7 Empirische Ergebnisse ............................................................................................ 32

7.1 Arbeitskontexte der interviewten Sozialarbeiter_innen (Tabelle 1) ................ 33

7.2 Rassismusdefinitionen (Tabelle 2) ................................................................... 34

7.3 Ansprüche der Interviewten an ihre Arbeit als Sozialarbeiter_in (Tabelle 3) . 35

7.4 Reproduktion von Rassismus durch begünstigende Strukturen – Kausale

Zusammenhänge (Tabelle 4) .............................................................................. 36

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7.5 Handlungsmöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen (Tabelle 5) ................ 43

8 Rassismusreproduktion in der Sozialen Arbeit ....................................................... 47

9 Fazit ......................................................................................................................... 49

Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 52

Übersicht Anhang ........................................................................................................... 60

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1 Einleitung

Seit dem sogenannten „Sommer der Migration“ 2015 sind die Themen Migration und

Flucht zunehmend in den Fokus gesamtgesellschaftlicher Aufmerksamkeit gerückt.

Rechte Stimmungsmache, organisierte Proteste von Rechtsextremen und „besorgten“

Bürger_innen und auch Angriffe auf Unterkünfte, in denen Geflüchtete untergebracht

waren, nahmen ab 2015 massiv zu. Im Jahr 2016 gab es allein 3731 Angriffe auf Asylsu-

chende und ihre Unterkünfte1. Gleichzeitig engagierten sich 2015 zeitweise acht Millio-

nen Menschen der Bundesrepublik ehrenamtlich in verschiedener Art und Weise für Ge-

flüchtete (vgl. Brunner/Rietzschel 2016). Die ehrenamtliche Arbeit mit Geflüchteten

wurde zu einer gesellschaftlichen Bewegung. Das Berliner Institut für empirische Integ-

rations-und Migrationsforschung (2016: 8) geht davon aus „dass das Engagement Folgen

für die gesellschaftliche Inklusion von Flüchtlingen hat, aber auch für das gesellschaftli-

che Selbstverständnis im Allgemeinen“. Ehrenamtliche füllen die Lücken des staatlichen

Versagens und leisten damit einen enormen Beitrag zur Aufnahme Geflüchteter.Doch

welches Selbstverständnis resultiert daraus und welche Sichtweise auf Migrant_innen

und Geflüchtete entsteht dabei? Geflüchtete werden oft in eine sehr passive und hilflose

Rolle gedrängt. Da die Agenda der Unterstützungsarbeit voll mit Organisatorischem ist,

wird kaum Zeit und Raum geschaffen über die Strukturen und Bedingungen, unter wel-

chen die Unterstützungsarbeit stattfindet, zu reflektieren. Rassismen können so leicht (re-

)produziert werden.

Ebenso sieht sich die Soziale Arbeit im Zuge der ansteigenden Zahlen von Geflüchteten

mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Im Bereich Flucht und Migration wurden

viele neue Stellen geschaffen und Gelder mobilisiert (vgl. Gögercin 2016: 346). Die So-

ziale Arbeit muss aktuell noch ihren Platz in diesem Arbeitsbereich finden. Migrant_in-

nenselbstorganisationen und antirassistische Bündnisse machen dabei schon lange auf die

prekären Lebensbedingungen von Migrant_innen und Geflüchteten und die mangelnde

Unterstützung aufmerksam und stießen bisher meist auf taube Ohren. Die aktuellen Ent-

wicklungen bergen natürlich große Chancen den Bereich zu gestalten, gleichzeitig aber

1 Stand 23.04.2017. Diese Zahl geht aus einer Chronik flüchtlingsfeindlicher Vorfälle der Amadeu Antonio

Stiftung und PRO ASYL hervor. Die Datengrundlage der Chronik sind öffentlich zugängliche Berichte in

Zeitungsartikeln, Pressemitteilungen der Polizei sowie Meldungen lokaler und regionaler Register-und Be-

ratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Online abrufbar auf:

https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/service/chronik-vorfaelle, zuletzt geprüft am 02.05.2017

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auch die Gefahr, dass aufgrund der großen Nachfrage nach Sozialarbeiter_innen Fach-

kompetenzen, die für die Arbeit mit Geflüchteten erforderlich sind, einfach übergangen

werden. Eine Zusammenstellung dieser erforderlichen Kompetenzen und anderen erfor-

derlichen Rahmenbedingungen Sozialer Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften hat eine

Initiative von Hochschullehrenden in einem Positionspapier („Soziale Arbeit mit Ge-

flüchteten in Gemeinschaftsunterkünften. Professionelle Standards und sozialpolitische

Basis“ 2016) veröffentlicht. Dazu gehören unter anderem auch „Diskriminierungssen-

sible Kompetenzen und Auseinandersetzung mit den Themenkomplexen ‚Rassismus‘

und ‚Kulturalisierung‘ und Kenntnisse der sozialrechtlichen Rahmenbedingungen, denen

Geflüchtete unterworfen sind (z. B. Asylbewerberleistungsgesetz), Kompetenzen im Be-

reich des Eintretens gegen Rassismus und Diskriminierung […]“ (Initiative Hochschul-

lehrender zu Sozialer Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften 2016: 9). Werden diskrimi-

nierungssensible Kompetenzen und Kompetenzen im Eintreten gegen Rassismus und

Diskriminierung von Sozialarbeitenden nicht eingefordert, besteht die Gefahr, dass Ras-

sismus und andere -ismen (re-)produziert werden, der Staat seiner Pflicht Asylsuchenden,

Schutz zu gewähren nicht nachkommt und Soziale Arbeit ihre Grundlagen (Menschen-

rechte und Herstellung Sozialer Gerechtigkeit) verletzt.

Die Rahmenbedingungen der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten geben dabei maßgeblich

vor, inwieweit die Soziale Arbeit gegen Diskriminierungen jeglicher Art eingreifen kann.

Diese Strukturen, die die Arbeit beispielsweise in staatlich errichteten Gemeinschaftsun-

terkünften erheblich bestimmen, müssen erkannt und kritisch betrachtet werden: In wes-

sen Auftrag wird welche Hilfe wie geleistet und welche Rolle nimmt die Soziale Arbeit

dabei ein?

Großmaß (2015: 217) stellt fest, dass Sozialarbeiter_innen2 oftmals ein staatliches Len-

kungsinteresse erfüllen. Schließlich hilft der Staat nicht aus reiner Selbstlosigkeit, hat er

doch ein großes Interesse an der Nutzbarkeit seiner Bürger_innen. Soziale Arbeit handelt

„im Auftrag des Staates, der sich als Organisator und Ordnungsgarant des gesellschaftli-

chen Systems versteht“ (vgl. Bettinger 2016: 75) und erfüllt dabei oft eine ausführende

Kontrollfunktion, sei es in der Arbeit mit Gefängnisinsassen, wo diese ganz deutlich ist

oder in der Arbeit mit Geflüchteten.

2 Die Gruppe der Sozialarbeitenden stellt keinesfalls eine homogene Gruppe dar. Darunter befinden sich

gerade in Hinblick auf Rassismus und andere Diskriminierungsformen Menschen mit sehr unterschiedli-

chen Erfahrungen.

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Sozialarbeiter_innen befinden sich in solchen Tätigkeitsfeldern in einer widersprüchli-

chen Konstellation. In kaum einem Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit ist die Diskrepanz

zwischen den Idealen der Profession und den faktischen Grenzen, denen sie durch ihre

Einbindung in die Strukturen des nationalen Wohlfahrtstaates unterliegen, so groß, wie

im Bereich der Geflüchtetensozialarbeit (vgl. Scherr 2015: 17). Doch nicht nur die Ein-

bindung in die Strukturen des nationalen Wohlfahrtsstaats, sondern auch die bloße Mit-

gliedschaft in dieser Gesellschaft lässt uns alle laut Scharathow (2009a: 16) rassistische

Verhältnisse (re-)produzieren:

„Als Mitglieder dieser Gesellschaft bewegen wir alle uns in einem von Rassismen auf struk-

tureller, institutioneller und individueller Ebene durchzogenen Raum und bleiben nicht un-

beeinflusst durch die sich in diesem Raum entspinnenden, immer auch auf rassistische Wis-

sensbestände zurückgreifenden Diskurse und Praxen. […]. Verstrickt in rassistische Struktu-

ren, Diskurse und Praxen sind Individuen und soziale Gruppen - in unterschiedlichem Maße

- auch immer an der Reproduktion der rassistischen Verhältnisse beteiligt.“

So stellt sich die Frage, welche Rolle die Soziale Arbeit (insbesondere mit Geflüchteten)

bei der Stabilisierung und Reproduktion des bestehenden rassistischen Systems in

Deutschland spielt. Daraus ergaben sich die folgenden Forschungsfragen, die im Rahmen

der vorliegenden Arbeit mittels Interviews mit Sozialarbeitenden beantwortet werden sol-

len:

Inwiefern wird aus der Perspektive von Sozialarbeitenden, die in Einrichtungen mit Ge-

flüchteten arbeiten, Rassismus reproduziert und welche Strukturen innerhalb und außer-

halb der Einrichtung tragen dazu bei? Welche Handlungsmöglichkeiten haben Sozialar-

beiter_innen, um die Reproduktion von Rassismus zu vermeiden und welche Präventions-

maßnahmen muss die Soziale Arbeit mit Geflüchteten etablieren, um die Reproduktion

von Rassismus zu vermeiden?

Das Anliegen dieser Auseinandersetzung ist, Kritik nicht als Aufdecken (individueller)

Unzulänglichkeit Sozialer Arbeit zu verstehen, sondern als analytische Perspektive auf

(re-)produzierende Effekte und Strukturen. Die Reproduktion von Rassismus soll also

nicht einzelnen Individuen zugeschoben werden, es geht vielmehr darum zu erkennen,

dass Rassismus in einer durch Macht strukturierten Realität, in die Individuen und ihre

Praxen eingebunden sind, reproduziert wird (vgl. Machold 2009: 379). Ziel der For-

schung ist das Sichtbarmachen der Machtverhältnisse und Rahmenbedingungen in der

Sozialen Arbeit, die die Reproduktion von Rassismus begünstigen.

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1.1 Zum Aufbau der Arbeit

Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst wichtige Begrifflichkeiten und Schreibweisen

geklärt, bevor die Forschungsfragen in theoretische Zugänge eingebettet werden, die das

Erkenntnisinteresse und die Forschungsperspektive prägen. Stuart Hall hat dazu festge-

stellt: „[I]nteressanter als Theorie‘ ist schlicht und einfach, die Welt zu verändern. Was

wiederum nicht ohne Theorie geht. […] [D]as Ziel besteht darin, das dadurch gewonnene

Verständnis in eine veränderte Praxis einfließen zu lassen“ (in Scharathow 2009a: 15).

Theorie ist also ein zentraler Bestandteil der Praxis und Grundlage der Forschung. Der

erste Teil in dieser Arbeit stellt die Grundlage für das Begriffsverständnis von Rassismus

dar. Im zweiten Teil werden weitere relevante Hintergründe des Forschungsgegenstands

herangezogen: das Selbstverständnis Sozialer Arbeit und Machtstrukturen, die die Sozi-

ale Arbeit durchziehen. Der dritte Teil besteht aus der Aufbereitung der qualitativen In-

terviews. Dazu wird die Forschungsmethodik erläutert und daran anschließend die For-

schungsergebnisse vorgestellt. Im letzten Teil wird die Beantwortung der Forschungs-

frage mithilfe der theoretischen Zugänge angestrebt. Daran anschließend werden im Fazit

die Konsequenzen für die Praxis Sozialer Arbeit deutlich gemacht.

1.2 Begriffserklärungen und Schreibweisen

Durch Kategorisierungen werden Menschen mit verschiedenen „individuellen Identitäten

oder Interessen und ihren unterschiedlichen sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und

politischen Hintergründen“ (Krause 2016) von machtvollen Diskursen der Mehrheitsge-

sellschaft homogenisiert. Kategorisierungen beinhalten einen enormen Gewaltgehalt. Sie

vereinfachen die Wirklichkeit, stellen diese nicht in ihrer Komplexität dar.

Die Homogenisierung von „den Flüchtlingen“ zum Beispiel führt dazu, dass sie als pas-

sive Opfer dargestellt werden und ihnen jegliche Handlungsfähigkeit abgesprochen wird,

was oftmals mit einer paternalistischen Behandlung einhergeht. Geflüchtete sind aber al-

les andere als handlungsunfähig, dies zeigt zum Beispiel ihr aktiver Aufbruch, den sie

trotz langer und oft sehr gefährlicher Fluchtrouten wagen. Ebenso kann die Einteilung

von Menschen in Kategorien wie Schwarz und weiß zunächst befremdlich wirken,

schließlich werden auch unter diesen Begriffen sehr unterschiedliche Menschen gefasst.

Gemeinsam sind Schwarzen Menschen und People of Color aber die ausgrenzenden Er-

fahrungen in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft. Ohne die Benennung dieser Kate-

gorien würden also die unterschiedlichen Lebensrealitäten - aufgrund rassistischer und

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anderer diskriminierender Strukturen - der in Deutschland lebenden Menschen unzu-

reichend berücksichtigt werden. Deshalb ist es wichtig, diese konstruierten Kategorien zu

benennen, um sie dann dekonstruieren zu können.

Dieses Paradox einer differenzsensiblen Perspektive wird in einem Zitat der afroameri-

kanischen Dichterin Pat Parker deutlich: „Wenn du mit mir sprichst, vergiß, dass ich eine

Schwarze bin. Und vergiß nie, daß ich eine Schwarze bin“ (Parker zitiert in Rommelspa-

cher 19953). Foitzik/Pohl (2009: 66) schreiben dazu: „Das Grunddilemma jeder diffe-

renzsensiblen Perspektive ist ihre gleichzeitige Unvermeidlichkeit und Unmöglichkeit.“

Beim Aufdecken von Rassismus und anderen -ismen ist die Einteilung in eben diese

machtvollen Kategorien also unabdingbar, auch wenn damit zwangsläufig genau diese

Unterteilung reproduziert wird.

Die Verwendung von Begriffen hängt immer auch mit der Positionierung im Konfliktfeld

zusammen und kann folglich nicht neutral sein. Elverich, Kalpaka, Reindlmeier in Lo-

renz/Schreier 2012: 14) stellen fest, dass es in der Sprache keinen Ort außerhalb rassisti-

scher Verhältnisse gibt. Welche Sprache verwendet wird, hängt stark vom jeweiligen Dis-

kurs ab, in dem sich verortet wird. Denn Diskurse strukturieren unsere Wahrnehmung,

unser Denken und unser Sprechen (vgl. Doppler/Vorwergk 2014: 55). Polzin (2016: 41)

schreibt in ihrem Artikel: „Dennoch ist es wichtig den aktuellen Diskurs um Bezeich-

nungspraxen und deren Verschränkung mit politischem Handeln gerade mit dem Wissen

um die Wirkmächtigkeit von Sprache als Wirklichkeit konstruierendes Element nachzu-

vollziehen“ und macht auf die Verschränkung von Sprache und Macht sowie die Auswir-

kungen auf politisches Handeln und die soziale Wirklichkeit aufmerksam. „Nicht Spra-

che, sondern Herrschaftsverhältnisse strukturieren die Welt. Sprache ist jedoch ein wich-

tiges Element zur Schaffung und Aufrechterhaltung der repressiven Ordnung.“ (vgl. Mar-

cuse in Doppler/Vorwergk 2014: 51) Weiter noch schreibt Marcuse (vgl. in Doppler/Vor-

werkg 2014: 51) Sprache jedoch auch eine widerständige Funktion zu. Er sieht Sprache

als eine der wenigen noch möglichen Ansatzpunkte für Widerstand und Ausbruch. Aus

diesem Grund ist es m.E. wichtig, den in politischen Kämpfen um Rechte und Teilhabe

entwickelten Begriffen und Selbstbezeichnungen einen angemessenen Platz in dieser Ar-

beit einzuräumen.

3 Online abrufbar auf: http://www.ida-nrw.de/rassismus/aktuelles/individuen/, zuletzt geprüft am 02.05.2017

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1.2.1 Flüchtling vs. Geflüchtete_r

In linken rassismuskritischen Diskursen und mittlerweile auch in Mainstreamdiskursen

wird über die Verwendung des Begriffs Geflüchtete_r an Stelle des nichtgenderbaren

Flüchtlings auf Grund des Suffixes -ling, das eine verniedlichende oder sogar abwertende

Konnotation hat, debattiert (vgl. Stefanowitsch 2012). Geflüchtete_r werde vom Partizip

Perfekt abgeleitet und integriert damit ein potenzielles Ende der Flucht und eigne sich

besser als ‚Flüchtling‘, schließlich wolle doch niemand dauerhaft ein Flüchtling sein (vgl.

Kothen 2016). Der Begriff ‚Flüchtling‘ hingegen ist vor allem auch verbunden mit einem

Rechtsstatus. Rechtlich gesehen versteht man darunter All diejenigen, die die Zuerken-

nung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhalten haben.

Dies geschieht nach bestimmten Kriterien, die auf politischer Ebene festgelegt wurden.

Das Bestimmen, wer Flüchtling ist und wer nicht, ist also „kein rechtsneutraler, sondern

[ein] hoch politisierter Prozess, der eine soziale Ein-, Ab-und Ausgrenzung nach sich

zieht“ (Krause 2016). Menschen die auf Grund des Klimawandels oder Armut ihr Her-

kunftsland verlassen müssen, können so also streng genommen nicht als Flüchtlinge be-

zeichnet werden, wird ihnen der rechtliche Status als Flüchtling nicht zuerkannt. So be-

werte laut Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS) Dresden (2016: 2) dieser Begriff

die Fluchtgründe nach legitimen und nicht oder weniger legitimen und teilt die Menschen

damit in „echte Flüchtlinge“ und jene, die angeblich „Asylmissbrauch“ betreiben („Wirt-

schaftsflüchtlinge“) ein und hat damit wirkmächtige Folgen. Der AKS Dresden (ebd.: 1)

sieht den Begriff als rechtliche und politische Konstruktion, die soziale Realität herstellt

und gesellschaftliche Ressourcen-und Teilhabechancen strukturiert. Flüchtlinge werden

nicht als Individuen mit verschiedenen Bedürfnissen etc. wahrgenommen, sondern als

homogene Gruppe. So schreibt Krause (2016): „Unter dem Flüchtlingslabel werden die

Personen als passive und homogene sowie schutz-und hilfsbedürftig Opfergruppe ver-

standen“, was wiederum weitreichende Folgen hat.

Bei der Verwendung von Begriffen wie Geflüchtete_r oder der von rechten Parteien ge-

wählte Begriff „Asylant“ geht also immer auch eine Positionierung im Diskurs einher. In

der vorliegenden Arbeit werde ich den, m.E. nach neutraleren und zudem genderbaren

Begriff (im Gegensatz zu Flüchtling) der_des Geflüchteten verwenden. Wichtig ist dabei

immer mitzudenken, dass unter dem Begriff Geflüchtete eine heterogene Gruppe von

Menschen steckt. Die Menschen, die unter dem Begriff zusammengefasst werden, haben

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sowohl unterschiedliche Bedürfnisse, als auch Lebensrealitäten, deren Diversität nicht

außer Acht gelassen werden darf.

Viele geflüchtete Aktivist_innen bezeichnen sich selbst nicht mit ihrem formalen, recht-

lichen Status, dem der Asylbewerber_innen oder Geduldeten, sondern als refugees (vgl.

Doppler/Vorwerkg 2014: 52). Andere geflüchtete Aktivist_innen verwenden einen wei-

teren Begriff im Kampf um ihre Rechte und Gleichstellung mit deutschen Staatsbür-

ger_innen: Non-Citzien. Der Ausdruck übt Kritik an dem gesellschaftlich-rechtlichen und

ökonomischen Ausschluss und fordert die rechtliche Gleichstellung mit den Citziens. So

erklärt Langa, (in Doppler/Vorwerkg 2014: 52) warum sie sich selbst als Non-Citzien und

nicht als refugee bezeichnet:

„And for me, even refugee is not our names, we are people, I have my name, but refugee is

something given to me. The name given to me. I don’t like refugee. I rather call myself people

of no right […]. So to reflect everybody that we are the people, we are the people who are,

you know, who are like missing some rights so that the people can give us our rights back to

complete myself.“

Langa macht damit darauf aufmerksam, dass refugee keine naturgegebene Bezeichnung

ist, sondern ein Konstrukt, das erschaffen wurde, um zu legitimieren, dass bestimmte

Menschen privilegierter sind und bleiben als andere. Im politischen Kampf spielen Selbst-

bezeichnungen eine große Rolle. Da derzeit noch kein Konsens darüber besteht, welche

Selbstbezeichnung einheitlich verwendet werden soll, wird in der vorliegenden Arbeit der

Begriff Geflüchtete_r verwendet.

1.2.2 Schwarze Menschen, weiße Menschen und People of Color

Die Verwendung von Schwarz und weiß findet nicht im essentialistischen Sinne statt,

sondern ist eine Strategie, um Herrschaftsverhältnisse überhaupt beschreibbar machen zu

können (vgl. Wollrad 2005: 20). Bei der Verwendung des Begriffes weiß geht es darum

„die Selbstverständlichkeiten [weißes] Denkens, [weißes] Sprechens und Handelns zu irritie-

ren und abzuwehren. Es ist ein Versuch, tief verwurzelten weißen Herrschaftsansprüchen

etwas entgegen zu setzen und darauf aufmerksam zu machen, dass mit konstruierten Zu-

schreibungen im Rassismus real wirksame Hierarchisierungen einhergehen […]“ (Lo-

renz/Schreier 2012: 10).

Wollrad (2005: 20) erläutert im Folgenden, wie die Begriffe Schwarz und weiß ver-

standen werden sollen:

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„‘Schwarz‘ bezeichnet hier eine politische Kategorie im Sinne einer ‚Identität der Unterdrü-

ckungserfahrungen, die alle Gruppen von people of color einschließt‘ (Piesche 1999: 204)

und verweist auf das Widerstandspotential, das in der selbst-bewussten Bezeichnung Schwar-

zer Menschen seinen Ausdruck findet. ‚Weiß‘ bezeichnet ebenfalls eine politische Kategorie,

allerdings im Sinne von Machterfahrungen solcher Menschen, die als Weiß konstruiert sind

und denen meist diese Macht gar nicht bewusst ist.“

In Anlehnung an Eggers/Kilomba Ferreira/Piesche/Arndt wird in der vorliegenden Arbeit

weiß im Gegensatz zu Schwarz klein und kursiv geschrieben. Die Herausgeber_innen des

Bandes „Mythen Masken Subjekte - Kritische Weißseinsforschung in Deutschland“

(2005) kritisieren die Großschreibung von weiß als weiße Aneignungsstrategie, indem

weiß mit Schwarz, dem ein ausgesprochenes Widerstandspotential eingeschrieben ist,

gleichgesetzt würde (vgl. Wollrad 2005: 20).

People of Color (PoC) ist eine politische Selbstbezeichnung aller derer, die als nicht-weiß

angesehen werden und „sich wegen ethnischer und/oder rassistischer Zuschreibungen all-

täglichen, und anderen Formen des Rassismus ausgesetzt fühlen“ (Stern/Amadeu Antonio

Stiftung o.J.).

1.2.3 Rassismuskritisch statt Antirassistisch

Unter Rassismuskritik sammeln sich Ansätze, die alle davon ausgehen, dass es keine

machtfreien und damit auch keine rassismusfreien Räume gibt (vgl. Motakef 2009: 80).

Da rassistische Strukturen sämtliche Bereiche unserer Gesellschaft durchziehen, kann

man nicht einfach „dagegen sein“ und sich so damit scheinbar außerhalb rassistischer

Verhältnisse stellen (vgl. Lorenz/Schreier 2012: 8). Das heißt, dass man lediglich Kritik

an Rassismus üben kann, man jedoch immer in das rassistische System verstrickt ist. An-

tirassismus dagegen macht den Anschein, man könne gegen Rassismus sein und so Ras-

sismus möglicherweise sogar „abschaffen“, weshalb in der vorliegenden Arbeit der Be-

griff rassismuskritisch statt antirassistisch verwendet wird.

1.2.4 Verwendung von Anführungszeichen

Mit dem Setzen einiger Begriffe in Anführungszeichen soll auf den Konstruktionscha-

rakter aufmerksam gemacht werden. „Kultur“ zum Beispiel, ist nicht als ein homogeni-

sierendes, determinierendes, unflexibles Gebilde zu verstehen, sondern als eine soziale

spezifische Praxis, die in verschiedenen Kontexten individuell sehr unterschiedlich inter-

pretierbar ist (vgl. Rommelspacher in Scharathow 2009b: 189). „Kultur“ als ein Begriff

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mit ein und derselben Bedeutung ist also demnach ein Konstrukt. Für eine kritische Aus-

einandersetzung mit solchen Kategorien, die einen großen Einfluss auf Diskurse und da-

mit auf die soziale Wirklichkeit haben, müssen sie als Konstrukte entlarvt und markiert

werden.

2 Annäherung an den Begriff Rassismus

In diesem Kapitel wird zunächst der Umgang von Rassismus in der BRD thematisiert,

dann der Begriff des Alltagsrassismus, den Essed (1994) geprägt hat und im Anschluss

daran wird sich dem institutionellen und strukturellen Rassismus gewidmet. Aufgrund

der Aktualität der antimuslimischen Diskurse in Deutschland wird ein kurzer Abriss des

antimuslimischen Rassismus gegeben. Doch nicht nur die Religion ist ein willkommenes

Erklärungsmuster in aktuellen Debatten, die um die „Integration“ bzw. „Nicht-Integra-

tion“ muslimischer Migrant_innen kreist, die Kulturalisierung/Ethnisierung spielen dabei

eine wichtige Rolle, weshalb dieses Phänomen ebenfalls genauer beleuchtet wird.

2.1 Umgang mit Rassismus in der BRD

Wenn in Deutschland über Rassismus gesprochen wird, dann handelt es sich meistens um

die gewalttätigen Übergriffe Rechtsextremer auf Schwarze Menschen und People of Co-

lor. Das Problem wird dann oft pathologisiert oder behauptet Rassismus sei ein Randphä-

nomen der sozialschwachen Schichten. Derartige Übergriffe und auch subtilere Formen

von Rassismus gründen aber auf in der Gesellschaft weit verbreitete rassistische Struktu-

ren und Einstellungen. Spätestens die NSU-Morde hätten einen breiteren Teil der Gesell-

schaft aufwecken und zeigen müssen, dass rassistische Einstellungen und Praktiken nicht

nur in den Köpfen einzelner Rechtsextremer steckt, sondern tief in der Gesellschaft und

ihren Institutionen verankert ist.

In aktuellen rassistischen Diskursen wird derzeit stattdessen verhandelt, wer zu Deutsch-

land gehört und wer nicht dazugehören kann und sich „integrieren“ muss. Diskurse sind

also „beteiligt an der Produktion der Gesellschaft, sie bestimmen ihre Institutionen, Struk-

turen und Subjekte, indem sie durch die Individuen hindurch in diskursiven Praktiken

produziert werden“ (vgl. Hall in Machold 2009: 381). So bezeichnet Hall (in Machold

2009: 381) Rassismus als einen Diskurs, der der Welt eine bestimmte Bedeutung gibt und

so Teil der sozialen Praxis wird. Gewalttätige und verbale Übergriffe auf Migrant_innen

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werden durch rassistische Diskurse der Mehrheitsgesellschaft bestärkt und teilweise so-

gar legitimiert.

Rassismus ist also kein individuelles Problem einzelner Rechtsextremer und Rassist_in-

nen, sondern „ein System von Diskursen und Praxen, die historisch entwickelte und ak-

tuelle Machtverhältnisse legitimieren und reproduzieren“ (Rommelspacher 2009: 29).

Diskurse der Mehrheitsgesellschaft stabilisieren die hegemoniale Ordnung und legitimie-

ren und reproduzieren diese durch Praxen. Gomolla (2009: 44) spricht von Rassismus als

soziale Praxis, „in der imaginierte oder reale Unterschiede zur Klassifizierung bestimmter

Bevölkerungsgruppen benutzt werden“. Diese Praxis dient zur „Legitimation sozialer,

politischer und wirtschaftlicher Handlungen, die bestimmte Gruppen vom Zugang zu ma-

teriellen und symbolischen Ressourcen ausschließen und der ausschließenden Gruppe ei-

nen privilegierten Zugang sichern“ (ebd.: 44). Somit muss Rassismus als ein Machtver-

hältnis gesehen werden, das bestimmt wem welche Ressourcen zur Verfügung stehen.

Bei gewalttätigen Übergriffen gegen Schwarze Menschen und PoC in der Bundesrepublik

Deutschland wird oft von „Fremdenfeindlichkeit“ oder „Ausländerfeindlichkeit“ gespro-

chen, was mit der Annahme einhergeht, dass Schwarze Menschen und People of Color

„Fremde“ und „Ausländer“ sind, aber keinesfalls deutsch sein können. Ob ihr Herkunfts-

land schon seit Generationen Deutschland ist oder wie sie sich selbst definieren würden,

spielt dabei keine Rolle. Das Aufteilen in „Wir“ und „die Anderen“ wird als Othering (dt.

Andern) bezeichnet. Menschen werden anhand konstruierter Differenzlinien machtvoll in

die Gruppe der „Anderen“ verwiesen. Definiert wird dabei nicht nur wer oder was „an-

ders“ und damit „fremd“ ist, sondern auch die Norm, an der das „Anderssein“ gemessen

wird. „In dieser polarisierenden Festschreibung wird auch deutlich, daß die Bestimmung

des Anderen immer auch die Bestimmung des Selbst als Gegenbild einschließt“ (Kal-

paka/Rähtzel 1990: 16). Kalpaka und Rähtzel (1990: 12) haben schon 1990 für die Ver-

wendung des Begriffs Rassismus statt „Ausländerfeindlichkeit“ plädiert, weil „Auslän-

der“ auch aus Freundlichkeit unterdrückt würden. „Wenn also Einwanderer als hilflose

Opfer wahrgenommen werden, denen man helfen muß, und man ihnen eigene Handlungs-

fähigkeiten abspricht, indem man bestimmt, welche Hilfe für sie am besten ist, dann kann

es sich auch um Rassismus handeln […] ohne daß dahinter eine feindliche Absicht steht“

(ebd.: 12). Wie Rassismus funktioniert hat Rommelspacher (2009: 29) wie folgt beschrie-

ben:

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11

„Rassismus im modernen westlichen Sinn basiert auf der „Theorie“ der Unterschiedlichkeit

menschlicher „Rassen“ aufgrund biologischer Merkmale. Dabei werden soziale und kultu-

relle Differenzen naturalisiert und somit soziale Beziehungen zwischen Menschen als unver-

änderliche und vererbbare verstanden (Naturalisierung). Die Menschen werden dafür in je-

weils homogenen Gruppen zusammengefasst und vereinheitlicht (Homogenisierung) und

den anderen als grundsätzlich verschieden und unvereinbar gegenübergestellt (Polarisie-

rung) und damit zugleich in eine Rangordnung gebracht (Hierarchisierung).“

Mit der Hierarchisierung geht automatisch eine Höherstellung des Selbst einher. Als ei-

nen wichtigen Erkennungspunkt von Rassismus nennen Kalpaka und Rähtzel (1990: 14)

die Macht, die der definierenden Gruppe zugrunde liegt: „Nur wenn die Gruppe, die eine

andere als minderwertige „Rasse“ konstruiert, auch die Macht hat, diese Konstruktion

durchzusetzen, kann von Rassismus gesprochen werden.“ Das ist vor allem in dem Zu-

sammenhang wichtig, dass Minderheitsangehörigen ein umgekehrter Rassismus vorge-

worfen wird, wenn sie Angehörige der Mehrheitsgesellschaft diskriminieren. Hier kann

aber keinesfalls von Rassismus gesprochen werden, „solange [die Gruppe] nicht die

Macht hat, ihre Definition und die damit einhergehenden Ausgrenzungspraxen gegen die

übergeordnete Gruppe durchzusetzen“ (Kalpaka/Rähtzel 1990: 14). Auch Scharathow

(2009b: 184) schreibt der Mehrheitsgesellschaft diese Macht, die definiert, wer „anders“

ist zu:

„Welche Konstruktionen sich als dominantes ‚Wissen‘ über ‚die Anderen‘ im gesellschaftli-

chen Diskurs durchsetzen können und damit gesellschaftlich wirkmächtig werden, hängt von

den je bestehenden Kräfteverhältnissen in einer Gesellschaft ab. In diesen diskursiven Pro-

zessen der Konkurrenz um Definitionsmacht sind es in aller Regel die Angehörigen der mit

relativer Macht ausgestatteten Mehrheitsgesellschaft, die aufgrund ihrer privilegierten sozi-

alen Positionierungen entscheidend zur Bestimmung jener Wissensbestände beitragen, die

sich als weiterhin akzeptierte und damit als ‚wahre‘ Definitionen dessen, wer ‚wir’ und wer

‚die Anderen‘ sind durchsetzen können.“

2.2 Alltagsrassismus

Den Begriff des Alltagsrassismus hat vor allem die Niederländerin Philomena Essed ge-

prägt. In ihrer Studie, die 1991 veröffentlicht wurde, hatte sie Schwarze Frauen aus den

Niederlanden und den USA zu ihren rassistischen Alltagserfahrungen befragt. Dabei hat

sie die beiden Kategorien Race und Gender miteinander verschränkt betrachtet, eine in-

tersektionale Perspektive geschaffen. Essed (1994: 2) definiert Rassismus wie folgt: „Ra-

cism is defined as inherent in culture and social order. It is argued in this study that

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racism is more than structure and ideology. As a process it is routinely created and rein-

forced through everyday practices.“ Rassismus wird also nach Essed in alltäglichen Pra-

xen routinemäßig produziert und verstärkt. Routinemäßig bedeutet dabei verinnerlicht

und unhinterfragt. So ist das Ansprechen auf Englisch eine routinemäßige, meist unhin-

terfragte Handlung von weißen Menschen gegenüber Schwarzen Menschen und PoC.

Ihnen wird dabei das Deutsch-Sein aufgrund von äußerlichen Merkmalen wie Hautfarbe

abgesprochen. Und dies geschieht unabhängig von der Intention der Person, die die

Schwarze Person auf Englisch anspricht. Die Folge einer Handlung muss nämlich nicht

mit ihrer Intention zusammenfallen, auch wohlmeinendes Verhalten kann diskriminieren

(vgl. Rommelspacher 2009: 32).

Essed (2008: 447) bezeichnet Alltagsrassismus als „process of smaller and bigger day-

to-day violations of the civil rights of ethnic minorities - and of their humanity and dig-

nity“. Essed spricht von alltäglichen diskriminierenden Erlebnissen, die erst in ihrer Ge-

samtheit zu Verletzungen der Menschenwürde führen. Wenn Minderheitsangehörigen

das Recht verwehrt wird, selbst zu bestimmen, was sie als diskriminierend und verletzend

empfinden, dann reproduziert dies Diskriminierung: „Dem Anderen wird eine eigene Per-

spektive nicht zugestanden, womit wiederum die geringere Bedeutung des Anderen un-

terstrichen, also seine geringere symbolische Macht bestätigt wird“ (Rommelspacher

2009: 32). Alltagsrassismus ist für viele Menschen in Deutschland Realität, verletzt die

Würde des Menschen und darf deshalb nicht verkannt werden.

2.3 Institutioneller und struktureller Rassismus

Rassismus ist aber nicht nur im Handeln einzelner Individuen vorhanden, sondern spie-

gelt sich auch in der gesamten Gesellschaft und ihren Institutionen wieder. Dabei besteht

eine wechselseitige Wirkung zwischen dem Handeln der Individuen und den Strukturen

der Gesellschaft. „Rassismen, die sich auf individueller Ebene manifestieren, [dürfen]

nicht losgelöst von gesellschaftlichen Verhältnissen und den darin liegenden Bedeutun-

gen und Begründungen für das rassistische Denken und Handeln Einzelner gesehen wer-

den […]“ (Scharathow 2009a: 15). Rassismus, der sich durch das Verhalten einzelner

Individuen äußert, wird durch rassistische Diskurse verstärkt und rassistische Strukturen

wiederum werden durch solche Diskurse etabliert oder verfestigt. So stehen auch die ver-

schiedenen Asylrechtsverschärfungen seit 2014 in einem Wechselverhältnis zu den ange-

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stiegenen rassistischen Mobilisierungen. Diese schreiben sich in die Gesetze, Institutio-

nen und Praktiken ein und werden zugleich von den Gesetzesverschärfungen angetrieben,

wie das beispielsweise auch rückblickend für die 1990er Jahre festzustellen ist (vgl.

Schwierz/Rotfisch 2017: 153).

„Von strukturellem Rassismus spricht man, wenn das gesellschaftliche System mit seinen

Rechtsvorstellungen und seinen politischen und ökonomischen Strukturen Ausgrenzungen

bewirkt, während der institutionelle Rassismus sich auf Strukturen von Organisationen, ein-

geschliffene Gewohnheiten, etablierte Wertvorstellungen und bewährte Handlungsmaximen

bezieht“ (Rommelspacher 2009: 30).

Sozialarbeiter_innen bewegen sich ebenfalls in diesen von Rassismus durchzogenen

Strukturen und Institutionen. Sie sind Teil von Organisationen, in denen sich ausgren-

zende Strukturen etabliert haben und diese durch Praktiken ständig (re-)produziert und

verfestigt werden. Melter (2015: 9) spricht von institutioneller Diskriminierung „wenn

Staaten oder Institutionen [Menschen] formal oder in sozialen und bürokratischen Inter-

aktionen in verschiedene Gruppen einteilen und unterschiedliche Rechte und Möglich-

keiten herstellen“.

Durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, durch das u.a. seit der bundesdeutschen

Verabschiedung 2006 „erstmalig Formen der institutionellen und strukturellen Diskrimi-

nierung (z.B. auf dem Arbeitsmarkt, in der beruflichen Aus-und Weiterbildung, im Bil-

dungssystem, im sozialen und gesundheitlichen Bereich) rechtlich und politisch Bedeu-

tung erlangt [haben]“ (Gomolla 2009: 41), werden zwar bestimmte Diskriminierungspra-

xen verboten, staatsbürgerliche, aufenthalts-und asylrechtliche Diskriminierung jedoch

nicht (vgl. Melter 2015: 9). Das bedeutet, dass Menschen, die aufgrund ihrer Staatsange-

hörigkeit bzw. aufgrund von aufenthalts-und asylrechtlichen Gesetzen diskriminiert wer-

den, nicht das Recht haben, sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu bezie-

hen. Folglich wird die Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit für legitim er-

klärt, damit einhergehende unterschiedliche Rechte und Möglichkeiten der Lebensgestal-

tung und Selbstverwirklichung ist soziale Realität vieler Menschen in Deutschland.

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2.4 Kulturalisierung/Ethnisierung

Dass die biologische Einteilung in menschliche „Rassen“, wie es in den Rassetheorien

entwickelt wurde, nicht haltbar war, hindert aber nicht daran, dass Menschen mit den

gleichen zugeschriebenen Merkmalen wie zum Beispiel kulturelle Zugehörigkeit weiter-

hin in Gruppen zusammengefasst und homogenisiert werden. Anstelle des verpönten Be-

griffs „Rasse“ ist nun (nach dem Ende des Nationalsozialismus und der vermeintlichen

Überwindung von jeglichem Antisemitismus und Rassismus) der der vornehmen Kultur

getreten, welcher aber bloßes Deckbild für den gleichen, brutalen Herrschaftsanspruch ist

(vgl. Morgenstern 2001: 8). Die französische Soziologin Guillaumin hat passend dazu

festgestellt: „Race does not exist. But it does kill people.“ (in Wollrad 2005: 117). Der

kulturalistische Rassismus kategorisiert Menschen nach ihrer zugeschriebenen Kulturzu-

gehörigkeit und „klassifiziert sie nach dem Grad ihrer Abweichung von der ‚nationalen‘

Norm“ (Morgenstern 2001: 22). Menschen werden nicht mehr aufgrund ihrer „Rasse“ als

„anders“ markiert, stattdessen tritt ihre mit „der westlichen Kultur“ vermeintlich unver-

einbare „Kultur“ an diese Stelle.

Die mit Migrationsphänomenen verknüpften Fragen werden in erster Linie mit dem Kul-

turbegriff formuliert (vgl. Mecheril/Melter 2009: 13), die auftretenden Probleme bzw.

Misserfolge werden nur durch die Kulturbrille betrachtet, ohne dass andere Einflussfak-

toren wie zum Beispiel Klasse herangezogen und miteinander verschränkt betrachtet wer-

den (vgl. Kalpaka 2009: 26). Diesen Prozess nennt man Kulturalisierung. Die kulturelle

Zugehörigkeit wird als alleiniges Erklärungsmuster für die Entstehung vielschichtiger

Probleme herangezogen. Dabei sind die Fragen der kulturellen Zugehörigkeit oder ethni-

scher Herkunft nur ein Aspekt unter vielen, will man Menschen in ihrer Kommunikation

und ihrem Handeln verstehen (vgl. Foitzik/Pohl: 65). Das Verweisen auf die „als homo-

gen und gleich bleibend definierte Kultur der als „anders“ geltenden Personen wirkte da-

bei, auch im Sinne einer Verschleierung gesellschaftlicher Dominanzverhältnisse […]“

(Mecheril/Melter 2009: 13). Dadurch, dass die Kultur und/oder Ethnienzugehörigkeit al-

leiniges Erklärungsmuster für die Probleme bleibt, können Strukturen gesellschaftlicher

Dominanzverhältnisse, die die Entstehung der Probleme begünstigen, einfach verschwie-

gen werden.

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Kultur ist ein Konstrukt, das „unabgeschlossen und prozesshaft, klassen-und geschlechts-

spezifisch, aber auch ethnienspezifisch und zwar dies alles gleichzeitig“ ist (Kal-

paka/Rähtzel 1990: 48). Mit der Zuschreibung und dem Einteilen der „Anderen“ in kon-

struierte Kulturen geht immer auch eine Hierarchisierung dieser Kulturen einher. Den als

zu einer Kultur zugehörig Markierten wird eine mangelnde „Integrationsfähigkeit“ in die

„nationale“ Kultur unterstellt. Dabei gibt es keine „deutsche Kultur“, in die sich scheinbar

erst „integriert“ werden muss. So schreiben Kalpaka/Rähtzel (1990: 17): „[D]ie Integra-

tionsforderung unterstellt […], daß EinwanderInnen nicht imstande sind, eigenständig

Formen zu finden, sich in der Aufnahmegesellschaft zurechtzufinden.“ Der Kultur/den

Kulturen der „Anderen“ wird Rückständigkeit, Primitivität etc. zugeschrieben, eine defi-

zitäre Sichtweise, die gleichzeitig die vermeintliche Fortschrittlichkeit und Modernität

der eigenen Kultur betont. Das Definieren der „Anderen“ beinhaltet also auch immer auch

die Konstruktion eines „Wirs“ (vgl. Kalpaka/Rähtzel 1990: 16).

„Solche Grenzziehungen zwischen einem ‚Wir’ und einem ‚Nicht-Wir‘ sind also immer ver-

bunden mit der Herstellung bzw. der Aufrechterhaltung einer hierarchisierten sozialen Ord-

nung, mit der Durchsetzung von Interessen und damit auch mit Praxen des Ein- und des Aus-

schlusses und somit strukturierender Bestandteil von Macht- und Herrschaftsverhältnissen“

(Scharathow 2009b: 185).

Um Macht-und Herrschaftsverhältnisse aufzudecken zu können, muss man also weg von

kulturalistischen Deutungen von Differenz und hin zu machtkritischen Analysen von Dif-

ferenzkonstruktionen kommen (vgl. Eggers 2009: 56).

2.5 Antimuslimischer Rassismus

Nicht nur der (zugeschriebenen) Kultur wird in den aktuellen Diskursen um Geflüchtete

und Migrant_innen und ihre „Integration“ eine große Rolle zugeteilt. Religion und insbe-

sondere der Islam wird als Feindbild der demokratischen Ordnung in Deutschland stili-

siert. Die Soziale Arbeit kann sich nicht von diesen gesellschaftlichen Diskursen lösen

und ist so unweigerlich in die aktuellen Islamdiskurse verstrickt. Attia (2013: 333) stellt

fest: „Der Islam symbolisiert gegenwärtig das Fremde schlechthin und erhält als solches

einen herausgehobenen Stellenwert in verschiedenen gesellschaftlichen Diskursen, so

auch in der Sozialen Arbeit mit Migrant_innen.“ Religion und Kultur gelten als Erklä-

rungsmuster für verschiedenste Problemlagen und soziale Verhältnisse und Interventio-

nen der Sozialen Arbeit werden darauf spezifiziert. Klasse, Race oder Gender werden bei

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den Erklärungsversuchen meistens außer Acht gelassen. Religion und kulturelle Zugehö-

rigkeit werden unhinterfragt schnell als eindeutige Erklärungen vielschichtiger Probleme

herangezogen. Dabei spielt die tatsächliche Religionszugehörigkeit keine Rolle. Durch

äußere Merkmale werden ganze Gruppen von Menschen als muslimisch markiert (vgl.

Attia 2013: 334). Bestimmte Vorstellungen und Bilder von Muslim_innen haben sich in

bestimmten historischen Verhältnissen über Jahrhunderte hinweg verfestigt und tragen

unter anderem dazu bei, dass es auch gegenwärtig leicht erscheint, „an essentialisierende

und homogenisierende Bilder über Muslim_innen und den Islam anzuknüpfen, sie abzu-

rufen und zu mobilisieren“ (Scharathow 2009b: 186). Diskurse darüber, ob der Islam zu

Deutschland gehöre oder nicht können u.a. deshalb als rassistisch eingestuft werden, weil

damit Muslim_innen die Berechtigung der Zugehörigkeit - oder weiter noch muslimi-

schen Deutschen die Existenz in ihrem Geburtsland - abgesprochen wird.

Durch die Markierung des Islam als barbarisch (Terrorismus), rückständig (z.B. Kopf-

tuch) etc. wird die angeblich einheitliche „Kultur“ Europas als besonders freiheitlich, mo-

dern und gleichberechtigt definiert. „Europa ist kein religiös und kulturell homogenes

‚natur‘ gegebenes Gebilde, sondern vielmehr ein historisches und politisches Konstrukt,

das sich vor allem in seiner Abgrenzung nach Außen Form und Inhalt zu geben suchte“

(Arndt 2009a: 24). Dabei bleibt klar zu sagen: Religiöser Fundamentalismus, Sexismus,

Homophobie, Geschlechterungerechtigkeit etc. wandert nicht erst mit (muslimischen)

Geflüchteten nach Europa ein, sondern ist dort, teilweise seit Jahrhunderten, existent (vgl.

AKS Dresden 2016: 3).

2.6 Rassismuskritik als Praxis der Kritischen Sozialen Arbeit

Leiprecht/Mecheril/Scharathow/Melter (2009: 9) sehen „Kritik als eine Haltung und bes-

ser noch als eine Praxis (des Erkennens, des Empfindens und des Handelns), sucht nach

Veränderungsperspektiven, nach Möglichkeiten, solchen Formen der Fremdbestimmung,

der Kontrolle und des Gelenktwerdens Alternativen entgegenzustellen.“ Rassismuskritik

ist eine Praxis, „die von der Überzeugung getragen wird, dass es sinnvoll ist, sich nicht

‚dermaßen‘ von rassistischen Handlungs-, Erfahrungs-und Denkformen regieren zu las-

sen“ (ebd.: 9). Für eine Kritische Soziale Arbeit ist es also notwendig Formen des Ge-

lenktwerdens zu erkennen, kritisch zu hinterfragen und Alternativen zu entwickeln.

Soziale Arbeit kann als Teil praktischer Sozialpolitik verstanden werden und diese ist

durchzogen von widersprüchlichen Macht-und Interessenskonflikten (vgl. AKS Dresden

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2016: 1). Umso wichtiger ist es für die Soziale Arbeit, wissend, dass sie in rassistische

Strukturen verstrickt ist, einen eigenen Anspruch an ihre Arbeit und deren Rahmen zu

entwickeln und diesen auch zu formulieren. Es gilt zu fragen: Welche Bedingungen rah-

men die Soziale Arbeit aktuell? Wer ist Auftraggeber_in in sozialarbeiterischer Praxis

und mit welcher Motivation? In Bezug auf die Soziale Arbeit mit Geflüchteten geht es

neben Fragen der Verwobenheit der Profession in staatliche Macht-und Herrschaftsan-

sprüche, vor allem um die Auseinandersetzung mit der eigenen Position und die Positio-

nierung der Einrichtung in der Gesellschaft und die Auswirkungen auf die Arbeit mit den

Adressat_innen. Ein theoretischer Ansatz können dabei die Critical Whitness Studies (dt.

Kritische Weißseins Studien) sein, die im nächsten Kapitel vorgestellt werden.

3 Critical Whiteness - Kritische Weißseinsforschung

Wollrad (2005: 24) schreibt „Jede Gesellschaftskritik muss, will sie effizient sein, eine

kritische Selbstreflexivität beinhalten […]“. Rassismus als ein die Gesellschaft durchzie-

hendes Herrschaftssystem kann folglich nicht kritisiert werden, ohne die Position, aus der

man Kritik übt, selbst kritisch zu reflektieren. Der Kritischen Weißseinsforschung geht

es genau darum, nämlich nicht mehr nur die Objekte von Rassismus (die zu „Anderen“

gemachten) in den Blick zu nehmen, sondern den Kern und die Subjekte von Rassismus

zu analysieren.

Entstanden sind die Critical Whiteness Studies unter Anderem aus Reflexionen und Ana-

lysen innerhalb des weißen feministischen Antirassismus, die durch die beharrliche Kritik

Schwarzer Feminist_innen angestoßen wurden. Weiter noch waren es die kritischen Ana-

lysen gesellschaftlicher Normalitäten wie Maskulinität und Heterosexualität, aus denen

auch die zunehmende Auseinandersetzung mit dem eigenen Weißsein resultierte (vgl.

Wollrad 2005: 33 f.).

Weißsein beschreibt keine Hautfarbe und ist daher nicht als biologistischer Begriff zu

verstehen, vielmehr ist „Weißsein als eine Konstruktion des Rassismus zu lesen, die kol-

lektive Wahrnehmungs-, Wissens-und Handlungsmuster konstituiert hat“ (Arndt 2009b:

343) und präsentiert sich als eine „historisch und kulturell geprägte symbolische und so-

ziale Position, die mit Macht und Privilegien einhergeht und sich daher sich auch unab-

hängig von Selbstwahrnehmungen und jenseits offizieller Institutionen individuell wie

kollektiv manifestiert“(ebd.: 343). Bei Weißsein handelt es sich zum einen um „ein ver-

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änderliches, historisch gewordenes Konstrukt, zum anderen um eine gesellschaftliche Re-

alität“ (Wollrad 2005: 37). Als Konstrukt, da weiterhin umstritten ist, wer als weiß gilt

und wer nicht (Strukturkategorien wie etwa Klasse, Geschlecht oder Religion spielen da-

bei eine große Rolle (ebd.: 54)) und als gesellschaftliche Realität aufgrund der faktischen

Privilegien, die weiße Menschen im Gegensatz zu Schwarzen Menschen und People of

Color besitzen.

Wollrad (2005: 24) stellt fest, dass die Kritik am Weißsein aus einer weißen Position

schwierig ist, „[..] und es ist zu fragen, in welchem Maße sie/wir sich/uns kritisch zu einer

Normativität positionieren können, die sie/wir nicht als solche zu erkennen gelernt ha-

ben“.4

In gegenwärtigen Diskursen um Geflüchtete, um die „Anderen“ und die vermeintliche

Unaufhebbarkeit kultureller Differenzen, wird fast ausschließlich die „Andersartigkeit“

der Geflüchteten (und Migrant_innen) betont, ohne die Norm, an der diese gemessen wird

zu benennen. „Die Markierung von Whiteness verhindert, seine Hegemonie durch Natu-

ralisierung zu verdoppeln‘ und ermöglicht es, alle Menschen, nicht nur die so genannten

‚Nicht-Weißen‘, innerhalb rassistischer Strukturen zu positionieren.“ (Wollrad 2005: 40).

Das Erkennen von Weißsein als Norm innerhalb der gegenwärtigen rassistischen Struk-

turen, die die Gesellschaft durchziehen, ist notwendig, um solche Strukturen überhaupt

wahrnehmen zu können, dann zu thematisieren und zu dekonstruieren.

So können weiße Widerstandsformen gegen Rassismus gesellschaftsverändernde Poten-

tiale beinhalten, es darf dabei aber keinesfalls aus dem Blick geraten, dass die Auseinan-

dersetzung mit dem eigenen Weißsein nicht aus der Bereitschaft weißer Menschen her-

vorging, sondern dieser Fortschritt dem mutigen Widerstand von indigenen, koloniali-

sierten und versklavten Menschen zu verdanken ist, die die Bedeutungen von Weißsein

bekämpften (vgl. Wollrad 2005: 42). Auch gegenwärtige Studien zu Weißsein bauen auf

der oft nicht anerkannten Tradition Schwarzer kritischer Reflexion auf. Die Reflexionen

über Weißsein können nur dann an Einfluss gewinnen, sofern sie sich auf die Arbeiten

Schwarzer Personen und Angehörigen von anderen Minderheiten beziehen (vgl. Wollrad

2005: 33). Piesche (2009: 16) warnt, dass es nicht darum gehen dürfe eine weiße ‚anti-

rassistische‘ Kritikelite zu bilden, die dann wiederum aus ihrer weißen Nische Diskurse

4 Dieses Dilemma spiegelt sich auch in der vorliegenden Arbeit wieder, da sie aus einer weißen Perspek-

tive versucht, Rassismus in der Sozialen Arbeit zu thematisieren und damit aber wiederum weißes Wissen

(re-)produziert.

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produziert und das Weißsein damit lediglich eine kritische Verpackung bekäme. Damit

das nicht passieren kann, ist es unabdingbar Schwarze Perspektiven und Perspektiven von

People of Color miteinzubeziehen und das nicht nur als Add-on’s. Ebenso gilt dies für

die Soziale Arbeit. Eine rassismus-und machtkritische Soziale Arbeit mit Geflüchteten

wird sich nur weiter ausbreiten, wenn die Stimmen von Geflüchteten und Migrant_innen

gehört und ernst genommen werden.

In Deutschland ist die Problematisierung von Weißsein vor allem in postkolonialer Kritik

verankert (vgl. Wollrad 2005: 44). Postkolonialität ist kein Epochenbegriff, der sich auf

die Zeit nach dem formellen Ende westlicher Kolonialherrschaft bezieht, sondern viel-

mehr „eine kritische politische Analysekategorie, die die politischen, kulturellen und dis-

kursiven Aspekte des unabgeschlossenen und in Deutschland verdrängten Kolonialdis-

kurses sichtbar macht“ (vgl. Ha in Wollrad 2005: 44). Gegen diese Verdrängung des Ko-

lonialdiskurses in Deutschland zielt beispielsweise auch Rajanayagams (2010) Arbeit

über postkoloniale Kontinuitäten in der Migrations-und Asylpolitik ab. Um das komplexe

Themenfeld Flucht, Migration und damit einhergehender Rassismus komplett zu erfassen

und auch die historisch gewachsenen Bedingungen ausreichend zu berücksichtigen, wäre

es also erforderlich. postkoloniale Theorien miteinzubeziehen. Leider kann dies in dieser

Arbeit nicht vertieft werden, weshalb die postkolonialen Theorien nur unzureichend mit-

einbezogen werden können.

4 Selbstverständnis Sozialer Arbeit und ihre Einbindung in

Machtstrukturen

Im ersten Teil der Arbeit wurden Theorien zu Rassismus und die Kritische Weißseinsfor-

schung als eine Theorie, die es ermöglicht Rassismus zu dekonstruieren und dabei nicht

nur den Blick auf das Schwarze Subjekt, sondern auch auf das weiße zu richten, vorge-

stellt. Nun soll im Folgenden der Bezug zu Rassismus in der Sozialen Arbeit hergestellt

werden. Dazu wird das Selbstverständnis und der Auftrag Sozialer Arbeit und ihre Hand-

lungsleitlinien vorgestellt und ihre Verstrickungen in Machtverhältnisse problematisiert.

4.1 Selbstverständnis und Auftrag Sozialer Arbeit

In der Sozialen Arbeit gibt es nicht den einen normativen Selbstauftrag, der aus einem

einheitlichen Selbstverständnis Sozialer Arbeit resultiert, er ist vielmehr von historischem

Wandel unterworfen und ist noch immer umstritten und umkämpft (vgl. Muy 2009: 45).

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In den sehr variierenden Arbeitsfeldern Sozialer Arbeit kann der Auftrag je nach Wert-

und Zielvorstellungen der Einrichtung oder des_der einzelnen Sozialarbeiters_Sozialar-

beiterin von „absoluter Loyalität zu staatlichen Kontroll-und Ordnungsinteressen über als

‚unpolitisch’ verstandene ‚Hilfe’ aus christlicher und/oder humanistischer moralischer

Motivation bis hin zu politischen Emanzipationsidealen“ verstanden werden (ebd.: 45).

Trotz der Schwierigkeit, die vielseitigen Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit mit diversen

Rahmenbedingungen zusammenzufassen, hat die International Federation of Social Wor-

kers (IFSW) (2000) versucht, Soziale Arbeit wie folgt zu definieren:

„Soziale Arbeit als Beruf fördert den Sozialen Wandel und die Lösung von Problemen in

zwischenmenschlichen Beziehungen, und sie befähigt die Menschen, in freier Entscheidung

ihr Leben besser zu gestalten. Gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse über menschliches

Verhalten und soziale Systeme greift Soziale Arbeit dort ein, wo Menschen mit ihrer Umwelt

in Interaktion treten. Grundlagen der Sozialen Arbeit sind die Prinzipien der Menschen-

rechte und der sozialen Gerechtigkeit” (DBSH 2009: 1, Kursivsetzung im Original).

Die Umsetzung und Wahrung der Menschenrechte und die Herstellung von sozialer Ge-

rechtigkeit bilden also die zwei wesentlichen Grundlagen Sozialer Arbeit. Soziale Arbeit

basiert dabei insbesondere auf der Achtung vor dem besonderen Wert und der Würde

aller Menschen und aus den Rechten, die sich daraus ergeben (vgl. DBSH 2009: 2). So-

zialarbeiter_innen sollen dabei „die körperliche, psychische, emotionale und spirituelle

Integrität und das Wohlergehen einer jeden Person wahren und verteidigen“ (DBSH

2009: 2). Durch Diskriminierungen wird Menschen ihr Wert-und Achtungsanspruch ver-

weigert (vgl. Deutsches Institut für Menschenrechte o.J.). Deshalb muss der Diskriminie-

rungsschutz eine Maßnahme Sozialer Arbeit sein, damit die Menschenwürde gewahrt

wird. Sozialarbeiter_innen stehen des Weiteren in der Pflicht, soziale Gerechtigkeit in

Bezug auf die Gesellschaft im Allgemeinen und in Bezug auf die einzelnen Adressat_in-

nen ihrer Arbeit zu fördern.

Soziale Arbeit steht dabei jedoch im Brennpunkt des parteilichen Aushandelns ganz un-

terschiedlicher Interessen, stellt der Deutsche Berufsverband Sozialer Arbeit (2009) fest.

Sie hat eine besondere Verantwortung gegenüber den Menschen, mit denen sie arbeitet,

sowie der Gesellschaft und der Politik (vgl. DBSH 2009: 1). Daraus ergibt sich also

manchmal eine durchaus widersprüchliche Lage. Die Bedürfnisse der Klient_innen Sozi-

aler Arbeit entsprechen schließlich meistens nicht den gesellschaftlichen und staatlichen

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Anforderungen von Effizienz und Nutzen. Mehrheitsgesellschaft und Staat haben dem-

entsprechend ein weniger großes Interesse, soziale Gerechtigkeit herzustellen. Das führt

also zu konträren Definitionen des Handlungsbereiches und Aufgabenfelds Sozialer Ar-

beit.

„Es handelt sich hierbei [Beispiel Grundsatz der Arbeitslosenhilfe „Fördern und Fordern“

oder (Re-)Integration] also regelmäßig nicht um selbstbestimmte fachliche Aufgaben-und

Funktionsbestimmungen unter Berücksichtigung der Perspektiven der Adressat_innen, son-

dern um Aufgaben-und Funktionszuweisungen durch deutungsmächtige gesellschaftliche

Akteure, die eher kein Interesse an den Perspektiven sowie den Bedürfnissen der „Adres-

sat_innen“ Sozialer Arbeit haben, als vielmehr an der Aufrechterhaltung einer an marktwirt-

schaftlichen Prinzipien (und somit an den Profit-Interessen einiger Weniger) orientierten ge-

sellschaftlichen (Ungleichheits-)Ordnung“ (Bettinger 2016: 75)

Sieht man die Soziale Arbeit nun aber als eine Menschenrechtsbasierte Profession, dann

gibt es neben der Erfüllung des staatlichen Auftrags und der Erfüllung des Auftrags der

Klient_innen noch ein drittes Mandat, dessen Berücksichtigung die Professionalität der

Sozialarbeitenden ausmacht. Neben den Mandaten ‚Kontrolle‘ und ‚Hilfe‘ kommt ein ei-

genständiges drittes Mandat hinzu, das eine übergeordnete Legitimationsbasis für profes-

sionelles Handeln bildet (vgl. Leideritz 2016: 50). Das dritte Mandat ist ein „‘eigenes,

wissenschaftlich und ethisch begründetes Referenzsystem, das der Profession eine kri-

tisch-reflexive Distanz gegenüber den AdressatInnen, der Politik [und] den Trägern/Fi-

nanzgebern‘ ermöglicht sowie unabhängige Urteile über Situationen, Probleme, Erklä-

rungen, Bewertungen und Vorgehensweisen“ (vgl. Staub-Bernasconi in Leideritz 2016:

50). Damit kann die Soziale Arbeit sich „politisch einmischen-ohne auf externe Auffor-

derungen oder Aufträge zu warten bzw. sich von diesen abhängig zu machen“ (vgl. Staub-

Bernasconi in Leideritz 2016: 50). Sozialarbeitende haben durch das dritte Mandat aber

nicht nur die Möglichkeit, sich politisch einzumischen, sondern auch die Pflicht, man-

datswidrige Aufträge zu hinterfragen, zu kritisieren, abzuändern oder sogar zurückzuwei-

sen. Inwieweit Sozialarbeitende in der Praxis eben solchen externen Aufforderungen oder

Aufträgen unterliegen oder abhängig von ihnen sind, wird auch in den Ergebnissen der

Interviews im Kapitel 7 deutlich gemacht.

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22

4.2 Selbstverständnis Sozialer Arbeit mit Geflüchteten

In der Sozialen Arbeit mit Migrant_innen und Geflüchteten sollen natürlich die gleichen

Grundsätze gelten, wie für die Soziale Arbeit mit deutschen Staatsbürger_innen. Jedoch

können einige Grundsätze nicht umgesetzt werden, da es von Vornherein rechtliche

Schlechterstellungen von Geflüchteten gibt, weil viele soziale Rechte an die deutsche

Staatsbürgerschaft angeknüpft sind und somit nicht für Migrant_innen und Geflüchtete

gelten (vgl. Initiative Hochschullehrender zu Sozialer Arbeit in Gemeinschaftsunterkünf-

ten 2016: 2). Hinzu kommen in der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten besondere Rahmen-

bedingungen, die es Sozialarbeiter_innen erschweren, nach den Grundsätzen Sozialer Ar-

beit zu agieren. In der Abschiebehaft beispielsweise, kann die Soziale Arbeit nicht nach

den allgemein gültigen Grundprämissen handeln. Aber auch weniger widersprüchliche

Arbeitsfelder mit Geflüchteten finden unter Rahmenbedingungen statt, die staatliche In-

teressen vor die der Individuen stellt. So finden sich Sozialarbeiter_innen oft in einer

Kontroll-und Überwachungsrolle wieder.

Da jedoch die Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit die Grundlagen Sozialer Arbeit

bilden, gibt es einige ethische Prinzipien, die vom Berufsverband Sozialer Arbeit (DBSH

2009: 8) festgelegt wurden. Dazu gehören: Das Recht auf Selbstbestimmung achten, das

Recht auf Beteiligung fördern, jede Person ganzheitlich behandeln, Stärken erkennen und

entwickeln, Diskriminierung entgegentreten, Verschiedenheit anerkennen, gerechte Ver-

teilung der Mittel, ungerechte politische Entscheidungen und Praktiken zurückweisen,

solidarisch arbeiten. Diese ethischen Prinzipien können in der Arbeit mit Geflüchteten

nicht nachgegangen werden. Die rechtliche „Andersbehandlung“ von Geflüchteten und

Migrant_innen, Abhängigkeitsstrukturen zwischen den Trägern Sozialer Arbeit und dem

Staat und andere Machtverhältnisse verhindern, dass die Soziale Arbeit mit Geflüchteten

nach den berufsethischen Prinzipien stattfinden kann.

4.3 Soziale Arbeit im Spannungsfeld zwischen Macht und Ohn-

macht

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Verstrickung in Machtverhältnisse scheint im

Mainstream der Sozialen Arbeit keine große Rolle zu spielen. Soziale Arbeit wird auf den

ersten Blick keinesfalls mit Macht in Verbindung gebracht. Im Gegenteil, „[D]ie meisten

Praktiker_innen [positionieren sich] in einem Bereich der potentiellen Ohnmächtigkeit,

in dem sie von Mittelkürzungen, neoliberaler Politik und geringer gesellschaftlicher

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Wertschätzung betroffen sind, nicht aber als politische Akteure wirksam sein können“

(Großmaß 2015: 216). Dabei kann die Soziale Arbeit, die mehr als bloße Symptombe-

kämpfung sein will, nur wirksam sein, wenn sie sich zunächst der eigenen Verstrickung

in Machtstrukturen bewusst wird.

Warum die Soziale Arbeit oft nicht mit Macht in Verbindung gebracht werden will, liegt

möglicherweise auch an der häufigen Verwendung eines undifferenzierten Machtbe-

griffs, der Macht mit Gewalt, Herrschaft und Unterdrückung assoziiert wird (vgl. ebd.:

217). In der Geschichte der Sozialen Arbeit war diese durchaus an gewaltvollen, herr-

schaftslegitimierenden Praxen beteiligt, heute sei diese auf Herrschaft ausgerichtete

Ebene der Macht nur noch als letztes Mittel (beispielsweise bei einer Zwangsanweisung)

präsent (vgl. ebd: 218). Macht meint aber nicht nur Gewalt, Herrschaft und Unterdrü-

ckung. In sozialen Prozessen entsteht Macht unvermeidlich, „wo immer Regeln geschaf-

fen, Kompetenzen verteilt, Abhängigkeiten arrangiert und ausgewählten Rollenträgern

ein Anspruch auf bestimmte Rechte und Ressourcen zugesprochen wird“ (Kraus/Krieger

2016: 10). „Es gibt […] daher keine machtsterilen Verhältnisse“ (vgl. Popitz in ebd.: 10)

Gerade in der Sozialen Arbeit, in der den Professionellen die Kompetenz zugeschrieben

wird, einen sozialen Problemlösungsprozess initiieren zu können, der in der Lebenswelt

des_der Klienten_Klientin selbst nicht initiiert werden konnte, entsteht eine Asymmetrie

zwischen den Professionellen/Expert_innen und den Klient_innen/Laien (vgl. Kleve

2016: 372).

Großmaß (2015: 218) schreibt der Sozialen Arbeit die Erfüllung einer gesamtgesell-

schaftlichen Funktion zu, nämlich die „Regierung der Bevölkerung“ und damit die „Im-

munisierung“ der gesellschaftlichen Verhältnisse gegen Unruhen und Widerstand, indem

sie die Marginalisierten der Gesellschaft unterstützt und „stillstellt“. Somit erfülle Soziale

Arbeit also ein staatliches Lenkungsinteresse. Die Macht der Sozialen Arbeit darf aber

nicht nur auf Herrschaft beschränkt betrachtet werden, schließlich ist auch die Gestaltung

der Wirklichkeit etwas Machtvolles, an der sie beteiligt ist. Soziale Arbeit entwickelt bei-

spielsweise stetig neue Konzepte, wie auf Problemlagen ihrer Adressat_innen reagiert

werden kann. Damit definiert sie, wer Adressat_in Sozialer Arbeit ist und wer nicht, wer

zur Norm gehört und wer davon abweicht (vgl. ebd: 223). Großmaß (2015: 222) versteht

unter Macht auch die Entwicklungen die u.a. Wissensbestände hervorbringen und fort-

schreiben:

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„Macht ist […] das Produkt von sozialhistorischen Entwicklungen, die Rechtsverhältnisse,

gesellschaftliche Organisationen, administrative Routinen, Wissensbestände (= Alltagswis-

sen, Verwaltungswissen, berufliches Wissen, wissenschaftliche Erkenntnisse) und Subjekti-

vierungsweisen (= das, was als normal gilt bzw. davon abweicht) hervorgebracht haben und

kontinuierlich fortschreiben.“

Hier wird deutlich, dass die Wissensproduktion einen machtvollen Vorgang darstellt.

Hochschulen und Universitäten der Sozialen Arbeit produzieren stetig neues Wissen und

nehmen damit auch großen Einfluss auf die Praxis. Somit befindet sich die Soziale Arbeit

in einem ‚Netz der Macht‘, das es für jeden Tätigkeitsbereich sorgfältig zu analysieren

gilt, um über eine angemessene Form gesellschaftlich organisierter Fürsorge und Solida-

rität zu diskutieren (vgl. ebd: 226). Es geht also darum, sich dem Herrschaftscharakter

der Sozialen Arbeit bewusst zu werden, um ihn dann soweit wie möglich zu diminuieren.

4.4 Macht und Machtlosigkeit in der Sozialen Arbeit mit Ge-

flüchteten

Wie verhält es sich nun aber mit der Macht im Tätigkeitsfeld „Flucht“ der Sozialen Ar-

beit? In welchen Machtpositionen befinden sich Sozialarbeiter_innen, die mit Geflüchte-

ten arbeiten? Und an welche Grenzen stoßen Sozialarbeiter_innen in der Praxis, die zu

Ohnmachtsgefühlen führen können?

Wie im ersten Teil bereits erwähnt ist Soziale Arbeit ein Spagat zwischen unauflöslichen

Widersprüchen wie Macht und Ohnmacht und Hilfe und Kontrolle (vgl. Gögercin 2016:

346). In Erstaufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften erfüllt die Soziale

Arbeit ganz offensichtlich einen staatlichen Ordnungs-und Kontrollauftrag. Die Geflüch-

teten sollen bei ihrer „Integration“ unterstützt werden und gleichzeitig während dem lau-

fenden Asylverfahren kontrollierbar bleiben.

Integration ist dabei ein Begriff, der einer kritischen Betrachtung bedarf. Wer soll sich in

was integrieren und mit welchem Ziel? Der Begriff setzt voraus, dass Geflüchtete „an-

ders“ sind und erst an die „nationale Kultur“ assimiliert werden müssen. Weiter noch hat

die Soziale Arbeit in Heimen für Geflüchtete eine Art Mittlerfunktion behördlicher Maß-

nahmen.

„Insbesondere in organisierten Unterkünften sollen Sozialarbeitende auch ordnen, kontrol-

lieren und sanktionieren. So wird also Soziale Arbeit im Rahmen der Ordnungspolitik unter-

stützendes Kontrollinstrument. Das klassische Dilemma Sozialer Arbeit zwischen Hilfe und

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Kontrolle zu agieren, stellt sich somit im Asylkontext in besonderer Weise.“ (Gögercin 2016:

349)

Natürlich gibt es auch Einrichtungen der Sozialen Arbeit im Bereich Flucht, die einen

weniger starken Kontrollauftrag haben oder sogar finanziell losgelöst vom Staat agieren

können. Gemeinsam ist allen Bereichen jedoch, dass Spannungsfelder zwischen dem An-

spruch Sozialer Arbeit und den Grenzen der Umsetzbarkeit durch den gesetzlichen Rah-

men (wie z. B. die restriktiven Aufenthaltsgesetze) bestehen.

In welche Strukturen und Abhängigkeits-und Machtverhältnisse die Soziale Arbeit mit

Geflüchteten eingebunden ist, die dazu führen, dass Rassismus (re-)produziert wird, soll

nun in der Forschung ermittelt werden. Dazu wird zunächst der Forschungsstand zur Ras-

sismusreproduktion in der Sozialen Arbeit vorgestellt und dann die Forschungsmethodik

erläutert. Daran anschließend werden die empirischen Ergebnisse vorgestellt und zusam-

menfassend bewertet.

5 Forschungsstand: Rassismusreproduktion in der Sozialen Ar-

beit

Die bereits vorhandene Forschung zum Thema Rassismus in der Sozialen Arbeit ist zu-

mindest im deutschsprachigen Raum recht überschaubar. Im Folgenden wird eine Studie

genauer beleuchtet, die m.E. für die vorliegende Arbeit besonders relevant ist, da Melter

ebenfalls die Strukturen, die Rassismus in der Sozialen Arbeit reproduzieren, in den Blick

nimmt.

Sekundärer Rassismus in der Sozialen Arbeit: Claus Melter

Ausgangspunkt der Forschung Melters war die Feststellung, dass „Interkulturelle Kom-

petenz“ und die daraus erhobenen Forderungen trotz langjähriger Fachdebatten bislang

nicht strukturell in der Jugendhilfepraxis umgesetzt worden sind (vgl. Melter 2007: 107).

Melter (2007: 111) überprüft in seiner Forschung, „ob die in der Sozialen Arbeit unter-

suchten Handlungspraxen in Bezug auf die Kommunikation über Rassismuserfahrungen

als institutioneller Alltagsrassismus eingeordnet werden können“. Unter dem Begriff des

institutionellen Alltagsrassismus versteht Melter (2007: 111) in Anlehnung an Esseds De-

finiton von Alltagsrassismus das

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„von Institutionen/Organisationen (durch Gesetze, Erlasse, Verordnungen und Zugangsre-

geln sowie Arbeitsweisen, Verfahrensregelungen und Prozessabläufe) oder durch systema-

tisch von MitarbeiterInnen der Institutionen/Organisationen ausgeübtes oder zugelassenes

ausgrenzendes, benachteiligendes oder unangemessenes und somit unprofessionelles Han-

deln gegenüber ethnisierten, rassialisierten, kulturalisierten Personen oder Angehörigen reli-

giöser Gruppen sowie gegenüber so definierten ‘Nicht-Deutschen’ oder ‘Nicht-Christen’“

Melter hat dazu (männliche) Jugendliche mit ‚Immigrationshintergrund‘5 interviewt und

die sie im Kontext ambulanter Jugendhilfe betreuenden Pädagog_innen. Ziel war es, her-

auszufinden, welche Interpretations-und Handlungspraxen die Jugendlichen in Bezug auf

eigene Rassismuserfahrungen haben, wie die Entwicklung ihres Zugehörigkeitsverständ-

nisses stattfindet und wie die Kommunikation über diese Themen mit den sie betreuenden

Pädagog_innen abläuft (vgl. Melter 2007: 108). Ein Ergebnis seiner Untersuchung ist das

„durchgehende Phänomen bei den PädagogInnen, die in der ambulanten Jugendhilfe tätig

sind, dass sie Berichte über Rassismus abwehren, minimalisieren oder die Verantwortung

für erlittene Diskriminierungen den Opfern zuschreiben“ (Melter 2007: 115). Das Leug-

nen und Minimieren oder die Nichtthematisierung von Rassismus, verbunden mit der

Verantwortungsdelegation an die Opfer, bezeichnet Melter als ‚Sekundären Rassismus‘

(vgl. Melter 2007: 120). Bezüglich seiner Forschungsfragen kommt Melter zu folgendem

Ergebnis:

„Die Nichteinhaltung professioneller Standards durch die PädagogInnen sowie die fehlende

Unterstützung ihrer Klienten gegenüber institutionellen und durch Einzelpersonen und Grup-

pen ausgeübten rassistischen Diskriminierungen führen dazu, dass die PädagogInnen und die

Einrichtungen in der ambulanten Jugendhilfe selbst institutionellen Rassismus praktizieren,

da nicht nur die einzelnen PädagogInnen die Jugendlichen nicht angemessen fördern, sondern

auch die Leitungskräfte, FachberaterInnen, SupervisorInnen und KollegInnen nicht im Sinne

einer professionellen Betreuungspraxis interveniert haben“ (Melter 2007: 124 f.).

Mögliche Erklärungsmuster für die Handlungspraxen der Pädagog_innen sind laut Melter

(2007: 118f.) Hilflosigkeit aufgrund fehlender Kompetenzen, das Nichtkritisieren der

Justiz auf Grund des Spannungsfelds der Auftragssicherung durch die Justiz, eigene Ver-

wobenheit in rassistische Denkweisen und daraus resultierende Handlungsweisen und ein

entpolitisiertes Professions-und Arbeitsverständnis. Sekundärer Rassismus sei jedoch

5 ‚Immigrationshintergrund‘ wird von Melter nicht weiter definiert. Unklar bleibt, wer als Jugendlicher

mit ‚Immigrationshintergrund‘ bezeichnet wird und wer nicht.

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nicht „eindimensional als individuelle Haltung und Handlungspraxis“ (Melter 2007: 124)

der Pädagog_innen anzusehen. Fehlende Strukturen, wie die Vermittlung von rassismus-

kritischen und migrationssensiblen Kenntnissen und Kompetenzen in den Ausbildungen

der Pädagog_innen oder die Benennung und Einforderung ebensolcher Kenntnisse und

Kompetenzen in den Aufträgen der Jugendämter oder den Konzepten der Einrichtungen

begünstigen die Reproduktion von Rassismus. Das Fehlen eines effektiven Kontroll-und

Interventionssystems tragen ebenfalls dazu bei (vgl. Melter 2007: 124).

Melter nimmt nicht nur den von den Pädagog_innen reproduzierten Rassismus in den

Blick, sondern stellt auch die Frage nach den Strukturen und Rahmenbedingungen in der

Sozialen Arbeit bzw. der Jugendhilfe, die dies begünstigen. Vor allem hierin liegt die

Parallele zu der vorliegenden Arbeit und ihrer empirischen Untersuchung.

Weitere zu nennende Studien zum Thema Rassismus in der Sozialen Arbeit sind die his-

torische Studie von Manfred Kappeler zur Rassenhygiene und Eugenik in der Sozialen

Arbeit (Kappeler 2000: „Der schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen-Rassen-

hygiene und Eugenik in der Sozialen Arbeit“), die Studie von Markus Textor (2013)

(„Rassismus und Diskriminierung in der Migrationsgesellschaft. Eine qualitative Studie

im Jugendamt“), der im Rahmen seiner Masterarbeit eine qualitativ-rekonstruktive Studie

über pädagogische Fachkräfte im Jugendamt hinsichtlich ihrer rassismuskritischen, dis-

kriminierungskritischen und migrationssensiblen Haltungen und ihrer Reproduktion von

Rassismus geführt hat und die Studie mit dem Titel „Soziale Arbeit im Spannungsfeld

des Rassismus. Erleben Migrantinnen Rassismus in der sozialarbeiterischen Beratung?“,

die Snežana Kuster-Nikolić (2012) im Rahmen ihrer Dissertation durchgeführt hat.

An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass es mit Sicherheit noch mehr Studien zum Thema

Rassismus in der Sozialen Arbeit gibt. Die vorliegende Arbeit erhebt jedoch keinen An-

spruch auf Vollständigkeit.

6 Forschungsmethodik

Als zentrales methodisches Element für die Durchführung der Forschung, wurde sich für

die Expert_inneninterviews sowie eine daran anschließende qualititative Inhaltsanalyse

entschieden.

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6.1 Sampling: Auswahl der Interviewpartner_innen

Aus einer rassismuskritischen Herangehensweise, würde die Befragung nach den Erfah-

rungen der Geflüchteten selbst, in Bezug auf Rassismus durch Sozialarbeitende, am Sinn-

vollsten sein. So könnten Geflüchtete selbst über sich und ihre Erfahrungen sprechen.

Indem hier die Sozialarbeiter_innen befragt werden, werden bestehende Machtverhält-

nisse reproduziert. Ohne es zu beabsichtigen, werden damit Machtverhältnisse in Politik

und Wissenschaft, in der meistens über Geflüchtete und weniger mit ihnen gesprochen

wird, reproduziert. Wer darf hier über wessen Erfahrungen sprechen und welche Stimme

wird gehört? Wenn ich aber als weiße Forscher_in Geflüchtete nach ihren Rassismuser-

fahrungen befragen würde, fänden sie sich in einer ähnlichen Situation wieder, in der sie

möglicherweise Rassismus erfahren haben. Hinzu käme, dass die Interviewten keinen

Mehrwert vom Teilen ihrer Rassismuserfahrungen haben würden. Dies kam mir einer

Instrumentalisierung ihrer Erfahrungen gleich, da ich diese lediglich für meine For-

schungsarbeit verwenden würde. Hier wird das Dilemma deutlich, welches mich schließ-

lich dazu brachte die Reproduktion von Rassismus nur aus der Perspektive der Sozialar-

beiter_innen genauer zu betrachten.

Eine nächste Spezifizierung des Samplings war die Frage, wer als Sozialarbeiter_in gilt

und damit als Interviewpartner_in in Frage kommt. Gläser und Laudel (2010: 12) defi-

nieren Expert_innen wie folgt: „ ‚Experte‘ beschreibt die spezifische Rolle des Inter-

viewpartners als Quelle von Spezialwissen über die zu erforschenden sozialen Sachver-

halte. Experteninterviews sind eine Methode, dieses Wissen zu erschließen“ (Kursivset-

zung im Original). Um diese sozialen Sachverhalte rekonstruieren zu können, werden

Menschen befragt, die aufgrund ihrer Beteiligung daran Expert_innenwissen erworben

haben (vgl. Gläser/Laudel 2010: 13). Mithilfe von Expert_inneninterviews sollen soziale

Situationen oder Prozesse rekonstruiert werden, um eine sozialwissenschaftliche Erklä-

rung zu finden (vgl. ebd.: 13). Da das Ergebnisinteresse auch darin bestand, Handlungs-

möglichkeiten und Präventionsmaßnahmen in der Sozialen Arbeit und damit auch der

Hochschulen herauszufinden, empfahl es sich, Interviewpartner_innen auszuwählen, die

selbst das Studium der Sozialen Arbeit durchlaufen haben oder noch durchlaufen. Mit

dieser Entscheidung wird gewissermaßen die Praxis ignoriert, in der viele Fachkräfte aus

anderen Berufen als Sozialarbeiter_innen angestellt sind. Da dies aber durchaus kritisch

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zu betrachten ist, da dadurch die Professionalität von Sozialarbeiter_innen in Frage ge-

stellt wird, wurden als Interviewpartner_innen nur staatlich anerkannte Sozialarbeiter_in-

nen oder Studierende der Sozialen Arbeit ausgewählt.

Die Interviews fanden Anfang März 2017 in Berlin statt. Es wurden staatlich anerkannte

Sozialarbeiter_innen und Student_innen der Sozialen Arbeit, die bereits als Sozialarbei-

ter_innen oder Vergleichbarem in Einrichtungen mit Geflüchteten arbeiten, angestellt

sind oder waren, interviewt. Dabei wurde versucht die Auswahl der Interviewpartner_in-

nen an einer gewissen Vielfalt der Träger festzulegen. Ziel war es durch eine „Band-

breite“ an verschiedenen Trägern, eine höhere Aussagekraft der Ergebnisse zu erreichen.

So wurde ein_e Sozialarbeiter_in aus einer Beratungsstelle, ein_e aus einer Erstaufnah-

meeinrichtung und ein_e aus einer Jugendhilfeeinrichtung interviewt. Den Zugang zu den

interviewten Sozialarbeiter_innen wurde durch private Kontakte und Hochschulkontexte

hergestellt. Dabei ist es wichtig zu reflektieren, dass aus einer weißen Position heraus

über Rassismus geforscht wurde und sich potenzielle Interviewpartner_innen mit eigenen

Rassismuserfahrungen mir möglicherweise nicht zuwandten. Außerdem konnte nur der

Zugang zu potentiellen Interviewpartner_innen hergestellt werden, die an dem Thema der

Rassismusreproduktion interessiert sind und sich in gewisser Weise schon mit dem

Thema Rassismus auseinandergesetzt haben, schließlich wurde in der Anfrage darum ge-

beten, dass die Interviewpartner_innen ein rassismuskritisches Verständnis mitbringen.

Da das Sampling also selektiert war, hat es wahrscheinlich Einfluss auf die Ergebnisse

gehabt. Jedoch hat die Arbeit nicht den Anspruch einen repräsentativen Durchschnitt aller

Sozialarbeiter_innen, die mit Geflüchteten arbeiten, und ihrer wahrgenommenen Rassis-

musreproduktionen, abzubilden, sondern eher anhand von Beispielen Rassismen und

Strukturen, die diese möglicherweise begünstigen und Handlungs-und Präventionsmög-

lichkeiten zu benennen, die auf Sozialarbeitende in ähnlichen Tätigkeitsfeldern übertrag-

bar sind. Daher beeinträchtigt die Selektion nicht die Aussagekraft der Ergebnisse.

6.2 Interviewleitfaden

Der Interviewleitfaden ist ein Erhebungsinstrument, das dem_der Interviewer_in ein gro-

bes Gerüst zur Verfügung stellt und ihm_ihr trotzdem eine weitestgehend freie Entschei-

dung überlässt, welche Fragen wann in welcher Form gestellt werden (vgl. Gläser/Laudel

2010: 142). Damit die Forschungsfrage möglichst präzise beantwortet werden kann, ist

die Auswahl der Fragen, die den Interviewten gestellt werden, von großer Wichtigkeit.

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Um sicher zu sein, dass die Fragestelllungen „richtig“ verstanden werden und somit die

Beantwortung der Forschungsfrage gewährleistet werden kann, gab es einen Testdurch-

lauf mit einem_einer Sozialarbeiter_in, der_die in einer Einrichtung mit Geflüchteten ar-

beitet. Nach diesem Testdurchlauf wurde der Leitfaden den zu Interviewenden vorab zu-

geschickt. Da die Fragen im Leitfaden nicht auf spontane Antworten abzielen, sondern

im Gegenteil, eine Auseinandersetzung mit den Fragen im Vorhinein m.E. eher zum bes-

seren Verstehen und präziseren Antworten beitragen könnte, hatten die Interviewten die

Möglichkeit den Leitfaden einige Tage vor den Interviews durchzugehen.

Den Interviewleitfaden, der als Hilfsmittel und Grundlage für die Interviews verwendet

wurde, ist in vier Teile gegliedert. Im ersten Teil, der Einleitung, wird nach dem berufli-

chen Werdegang, der Funktion und dem Träger, nach dem Arbeitsalltag, der Motivation

für die Arbeit mit Geflüchteten, dem Anspruch an die eigene Arbeit als Sozialarbeiter_in

und nach der eigenen Positionierung in Bezug auf Rassismus gefragt. Die Frage nach der

Positionierung der Interviewten war m.E. deshalb wichtig, um berücksichtigen zu kön-

nen, wer aus welcher Position heraus über Rassismus spricht.

Im zweiten Teil wird zunächst nach dem eigenen Verständnis von Rassismus gefragt,

dann nach den rassistischen Ausgrenzungen, die Geflüchtete in Berlin aus der Erfahrung

der Sozialarbeitenden erleben und welche Rolle diese Ausgrenzungen in ihrer Arbeit

spielen. Als nächstes sollten die Interviewten überlegen, welche dieser Ausgrenzungen in

ihrer Einrichtung reproduziert wurden/werden und inwieweit die dort als Sozialarbei-

ter_innen Angestellten daran beteiligt sind.

Anschließend daran wird im dritten Teil nach der Einschätzung gefragt, ob die Einrich-

tung ein diskriminierungskritisches Selbstverständnis hat und woran die interviewte Per-

son das festmacht. Als nächstes wird nach der Thematisierung der Reproduktion von Ras-

sismus im Team/in der Einrichtung gefragt. Zuletzt stehen die Strukturen sowohl inner-

halb der Einrichtung und des Trägers, als auch außerhalb dessen, die rassistische Diskri-

minierung in der Sozialen Arbeit begünstigen, im Mittelpunkt der Befragung.

Im vierten und letzten Teil stehen die Handlungsmöglichkeiten der verschiedenen Ak-

teur_innen Sozialer Arbeit und Präventionsmaßnahmen, die die Reproduktion von Ras-

sismus verringern könnten im Fokus.

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6.3 Anonymisierung

Mit den Interviewten wurde eine Interviewvereinbarung abgeschlossen, in der sie einer-

seits einer Weiterverwendung der erhobenen Daten im Rahmen der Bachelorarbeit er-

laubten und ihnen andererseits eine Anonymisierung ihrer Daten versichert wurde.

Schließlich steht aus forschungsethischer Sicht die Gewährleistung der Anonymität der

Interviewten im Vordergrund, damit persönliche Nachteile so weit wie möglich ausge-

schlossen werden können (vgl. Gläser/Laudel 2010: 50). Die Transkripte der Interviews

können deshalb nur die Gutachter_innen dieser Bachelorarbeit einsehen, wobei diese

Transkripte ebenfalls soweit wie möglich anonymisiert wurden. In Kapitel 7 werden die

Forschungsergebnisse vorgestellt. Die Ausschnitte enthalten keine genauen Angaben

zum Träger oder der Einrichtung und sind genderneutral dargestellt, sodass keine Rück-

schlüsse auf die Identität der Interviewten gezogen werden können.

6.4 Qualitative Inhaltsanalyse

Alle Interviews wurden vollständig transkribiert. Da das Untersuchungsziel keine beson-

dere Detailtreue erforderte, wurden die Interviews nach den einfachen Transkriptionsre-

geln nach Dresing/Pehl (2015: 20 ff.) transkribiert. Es wurde zum Beispiel wörtlich

transkribiert, nicht lautsprachlich. Dialekte und Wortverschleifungen aus der Umgangs-

sprache wurden möglichst an das Schriftdeutsch angepasst. Wortdoppelungen und Stot-

tern wurden zur besseren Lesbarkeit ausgelassen, es sei denn sie wurden als Stilmittel zur

Betonung verwendet.

Die qualitative Inhaltsanalyse der Interviews wurde nach der Methode von Gläser/Laudel

(2016) durchgeführt. Ziel ist es, dem auszuwertenden Material die für die Forschungs-

frage relevanten Informationen zu entnehmen (vgl. ebd.: 199 f.). Dazu muss ein Suchras-

ter, auch Kategoriensystem genannt, entwickelt werden.

Zunächst werden Kategorien an Hand der Theorien, die der Forschungsfrage zugrunde

liegen, entwickelt (vgl. ebd.: 200). Die Bildung der Kategorien findet zunächst deduktiv

statt. Die Bezeichnung der Kategorien soll sich dabei möglichst nah an den verwendeten

Begriffen im Material orientieren. Dann wird das Material Zeile für Zeile durchgegangen

und die relevanten Informationen den einzelnen Kategorien zugeordnet (vgl. ebd.: 200).

Die relevanten Informationen wurden paraphrasiert und den gebildeten Kategorien zuge-

ordnet. Dieser Vorgang wird als Extraktion bezeichnet.

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Nach dem Durchgehen des Materials können die vorab gebildeten Kategorien verändert

oder neu konstruiert werden, wenn es relevante Informationen gibt, die den bereits vor-

handenen Kategorien nicht zugeordnet werden können (vgl. ebd.: 201). Dies geschieht

dann induktiv, was bedeutet, dass aus mehreren Einzelaussagen aus dem Material eine

allgemeine Aussage (Kategorie) gebildet wird.

Da sich die Textmenge des zu bearbeitenden Materials in Grenzen hielt, konnte die Ex-

traktion manuell durchgeführt werden. Um die Forschungsfrage beantworten zu können,

wurden verschiedene Extraktionstabellen erstellt. In Tabelle 4, die hauptsächlich zur Be-

antwortung der Forschungsfrage beiträgt, werden die kausalen Zusammenhänge von der

Reproduktion von Rassismus und den Strukturen innerhalb der Einrichtung und außer-

halb dargestellt. Dazu wurden drei Auswertungskategorien entwickelt, die sehr nah an

der Forschungsfrage formuliert sind: Welche „Art“ von Rassismus wurde reproduziert,

in welcher Weise (Beispiel) und welche Strukturen innerhalb und welche außerhalb be-

günstigen dies. In Tabelle 5 wird der zweite Teil der Forschungsfrage dargestellt: Welche

Handlungsmöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen sehen die interviewten Sozialar-

beiter_innen? Dazu wurden die genannten Handlungsmöglichkeiten und Präventions-

maßnahmen als zwei Auswertungskategorien verwendet und um eine weitere erweitert,

die die Beispiele von Rassismusreproduktion nennen, um direkte Zusammenhänge deut-

lich zu machen. Die Tabellen 1, 2 und 3 handeln von den verschiedenen Arbeitskontexten

und Finanzierung(en) der interviewten Sozialarbeiter_innen, von ihren Ansprüchen an

ihre eigene Arbeit als Sozialarbeiter_in und von ihren Definitionen von Rassismus.

7 Empirische Ergebnisse

Im Folgenden werden auf der Grundlage der Extraktion (siehe Anhang B02: Extraktions-

tabellen) die von den Interviewpartner_innen geschilderten reproduzierten Rassismen

und ihr kausaler Zusammenhang mit Strukturen innerhalb und außerhalb der Einrichtung6

geschildert. Anschließend daran werden die in den Interviews geschilderten Handlungs-

möglichkeiten und vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen vorgestellt.

6 Im Interviewleitfaden und auch in den Interviews wurde der Begriff Institution anstatt Einrichtung ver-

wendet. In der weiteren Auseinandersetzung habe ich mich dazu entschieden, den Begriff durch den der

Einrichtung zu ersetzen, da unter Institutionen eher feste gesellschaftliche Einrichtungen wie Behörden,

Gerichte, Universitäten und Schulen verstanden werden und Einrichtungen Sozialer Arbeit m.E. nicht da-

runter zählen.

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Da die interviewten Sozialarbeiter_innen in sehr unterschiedlichen Einrichtungen tätig

sind/waren, ergeben sich sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen, die wiederum für

die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind. Deshalb ist es m.E. wichtig, die

Finanzierung(en) und die daraus resultierenden Abhängigkeits-und Machtverhältnisse zu

benennen und in die Beantwortung der Forschungsfragen mit einzubeziehen.

7.1 Arbeitskontexte der interviewten Sozialarbeiter_innen (Ta-

belle 1)

Interviewpartner_in A arbeitet in einer Beratungsstelle für Migrant_innen und Geflüch-

tete. Diese Beratungsstelle berät zu verschiedenen Thematiken, die mit der Migration o-

der Flucht nach Deutschland entstehen. Als Berater_innen sind nicht nur Sozialarbei-

ter_innen tätig, sondern beispielsweise auch Politikwissenschaftler_innen. Finanziert

wird die Beratungsstelle durch verschiedene Träger. Einer der Träger ist ein Wohlfahrts-

verband, andere sind Eingetragene Vereine oder Stiftungen etc. Gelder, die direkt vom

Senat in soziale Projekte fließen, wurden meistens nicht angenommen. Derzeit ist der

Senat für Integration und Migration jedoch ein Geldgeber. Die Beratungsstelle finanziert

sich dennoch weitestgehend über unabhängige Projektgelder, woraus sich eine relative

Unabhängigkeit vom Staat bzw. staatlichen Institutionen ergibt.

Interviewpartner_in B hingegen ist in einem anerkannten Jugendhilfeträger tätig, der für

die Unterbringung und Betreuung von Unbegleiteten Minderjährigen Geflüchteten zu-

ständig ist. Die Jugendhilfe ist ein Teil des Sozialgesetzbuches, Ansprüche und Rahmen-

bedingungen sind im SGB VIII festgelegt. Dadurch wird die Einrichtung fast vollständig

vom Staat finanziert und ist an relativ strenge Vorgaben gebunden. Zum Beispiel müssen

regelmäßig Berichte für das Jugendamt verfasst werden, um Hilfepläne zu entwickeln,

die über die Unterbringung und Versorgung der Jugendlichen entscheiden.

Interviewpartner_in C wiederum arbeitet in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüch-

tete. Diese wird von einem Wohlfahrtsverband betrieben. Der Wohlfahrtsverband unter-

steht direkt dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) in Berlin, bzw. mitt-

lerweile dem Landesamt für Flüchtlinge (LAF). Damit befindet sich die Erstaufnahme-

einrichtung in einem Abhängigkeitsverhältnis zum LAF und ist eher weniger frei in der

Gestaltung ihrer Arbeit.

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Diese drei unterschiedlichen Ausgangslagen gilt es vor allem in der Beantwortung der

Frage, welche Strukturen innerhalb bzw. außerhalb der Einrichtungen dazu beitragen,

dass Rassismus reproduziert wird, zu berücksichtigen.

7.2 Rassismusdefinitionen (Tabelle 2)

Bei der Beantwortung der Forschungsfrage ebenfalls zu berücksichtigen sind die unter-

schiedlichen Definitionen von Rassismus, die den Ausgangspunkt der Beantwortung der

Forschungsfrage darstellen. Um die verschiedenen Definitionen der Interviewpartner_in-

nen vergleichen zu können, wurden sie nach Gemeinsamkeiten durchsucht und in Bezie-

hung zu der dieser Arbeit zu Grunde liegenden Definition von Rassismus gesetzt.

Dazu wurde im Auswertungsschritt der Extraktion eine Tabelle erstellt, die die wichtigs-

ten Kriterien der Rassismusdefinition dieser Arbeit abfragt: Unterschiedliche Ebenen von

Rassismus, Hierarchisierung von Menschen und Rassismus als Machtverhältnis. Rassis-

mus als eine Struktur zu begreifen, die auf verschiedenen Ebenen wirkmächtig ist, ist von

zentraler Bedeutung für die Beantwortung der Forschungsfrage, weshalb dies als ein Kri-

terium dient. Das zweite Kriterium wird deshalb als zentral erachtet, da das Othering nicht

nur Menschen in verschiedene Kategorien einteilt, sondern sie auch in eine Rangordnung

bringt und dementsprechend auf-oder abwertet. Dabei spielen die Machverhältnisse in

einer Gesellschaft eine große Rolle, weshalb man Rassismus als ein solches begreifen

muss. Haben die Interviewpartner_innen eines der genannten Kriterien geschildert, wur-

den sie in der Tabelle vermerkt, wenn nicht, wurde die Zeile frei gelassen. Unter Sonsti-

ges sind alle weiteren Bestandteile der Definitionen, die den drei Hauptkriterien nicht

untergeordnet werden konnten, zu finden.

Zwei der drei Interviewten bezeichnen sich als weiß und/oder privilegiert. Ein_e Inter-

viewpartner_in bezeichnet sich als Person of Color, die Rassismus erfährt und mit weni-

ger Privilegien ausgestattet ist.

Interviewpartner_in A benennt die drei Ebenen wie folgt: Institutionell, ideologisch und

individuell. Er_sie spricht davon, dass es bei Rassismus um Macht-und Herrschaftsver-

hältnisse geht und Menschen hierarchisiert werden. Die Spitze dieser Hierarchie sei in

Deutschland, wer cis, weiß, männlich ist. Des Weiteren grenzt er_sie klar Rassismus von

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Diskriminierung oder Ausgrenzung ab, indem er_sie ein Beispiel nennt. Wenn weiße Per-

sonen aufgrund ihrer Hautfarbe in einem afrikanischen Land diskriminiert würden, sei

das kein Rassismus, sondern Diskriminierung oder Ausgrenzung.

Interviewpartner_in B benennt ebenfalls drei Ebenen: individuell, diskursiv, institutio-

nell-strukturell. Er_sie spricht nicht direkt aus, dass Rassismus ein Machtverhältnis dar-

stellt, jedoch sagt er_sie, dass Rassismus zum Ausschluss von gesellschaftlichen Ressour-

cen führt, woraus ich interpretiere, dass er_sie Rassismus auch als Machtverhältnis wahr-

nimmt. Eine Hierarchisierung benennt er_sie ganz explizit, Othering hat seiner_ihrer An-

sicht nach zur Folge, dass Andersartigkeit abgewertet wird und damit gleichzeitig die

Norm bestätigt wird. Die Norm wird seiner_ihrer Ansicht nach als weiße definiert. Zudem

bezeichnet er_sie Rassismus als eine Ideologie.

Bei der Frage welche rassistischen Ausgrenzungen Geflüchtete in Deutschland erleben,

erwähnt C, dass Geflüchtete von vornherein in diskriminierende Strukturen kommen und

Diskriminierung auf institutioneller Ebene stattfindet. Daraus wird geschlossen, dass

er_sie Rassismus nicht nur als ein individuelles Problem betrachtet, wie es aus der Ant-

wort nach der Definition von Rassismus zu entnehmen wäre, sondern er_sie zumindest

benennt, dass Rassismus auch auf der institutionellen Ebene stattfindet.

7.3 Ansprüche der Interviewten an ihre Arbeit als Sozialarbei-

ter_in (Tabelle 3)

Die Idee dahinter, diese Frage zu stellen, war, dass die Interviewpartner_innen möglich-

erweise in dieser Frage Rassismus reproduzieren, indem sie Geflüchtete als hilflose Opfer

darstellen würden. Da dies bei allen drei Interviews nicht der Fall war, werden die Ergeb-

nisse hier nur kurz erläutert.

Die drei Interviewpartner_innen gaben auch hier auf den ersten Blick drei sehr unter-

schiedliche Antworten auf die Frage, welchen Anspruch sie als Sozialarbeiter_innen an

ihre Arbeit haben. Betrachtet man die Antworten aber genauer, lässt sich zusammenfas-

send sagen, dass sie alle ein diskriminierungskritisches Verständnis haben. Eine_r der

Interviewten betonte, ihr_ihm sei es wichtig nicht nur Einzelfallhilfe anzubieten, sondern

auch politisch zu arbeiten. Ein_e Andere_r hat den Anspruch, seine_ihre Handlungen mit

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den zu Betreuenden genau abzusprechen, sie über Möglichkeiten und ihre Rechte aufzu-

klären und die dritte Person sieht Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession und findet,

dass Solidarität statt Hilfe der richtige Weg sei.

Damit positionieren sich alle drei Interviewpartner_innen in einem Feld, dass die Soziale

Arbeit mit einem politischen Mandat ausgestattet sieht.

7.4 Reproduktion von Rassismus durch begünstigende Struktu-

ren – Kausale Zusammenhänge (Tabelle 4)

Unter Berücksichtigung der verschiedenen Rahmenbedingungen ihrer Arbeit und der ver-

schiedenen Definitionen von Rassismus soll jetzt der zentrale Bestandteil der Interviews

ausgewertet werden. Im Folgenden werden jeweils die „Arten“ von Rassismus, die repro-

duziert wurden/werden als Überschrift genannt und die Strukturen innerhalb oder außer-

halb der Einrichtung, die dies begünstigen, werden im Fließtext unter der jeweiligen

Überschrift aufgelistet.

Othering (dt. Andern)

Interviewpartner_in A berichtete davon, dass Schwarze Personen in der Einrichtung oft

auf Englisch angesprochen werden. Dadurch wird der Schwarzen Person suggeriert, sie

könne nicht deutscher Herkunft sein und/oder Deutsch sprechen. Des Weiteren berichtete

er_sie davon, wie er_sie selbst zu einem_einer „Anderen“ gemacht wurde. Nachdem

er_sie im Treppenaufgang der Einrichtung von einem_einer Patienten_Patientin einer

Arztpraxis, die ebenfalls im Haus ist, rassistisch beschimpft wurde, hatte er_sie das in

einer Teamsitzung zum Thema gemacht. Daraufhin habe das Team darüber diskutiert,

wie man mit solchen rassistischen Vorfällen umgehen könne. Im Team wurde eingeteilt

in die Klient_innen, die Rassismus erfahren und davor in der Einrichtung geschützt wer-

den sollen und den Mitarbeiter_innen, die keine Rassismuserfahrungen machen und die

Klient_innen vor solchen rassistischen Übergriffen schützen müssen. Der_die interviewte

Person fand sich unter dieser Aufteilung als Mitarbeiter_in MIT Rassismuserfahrungen

nicht wieder. Den Umgang damit empfand C als schockierend. Interviewpartner_in B

berichtete davon, dass den Klient_innen von Kolleg_innen oft aufgrund ihrer Herkunft

Eigenschaften zugeschrieben würden.

Strukturen, die Rassismus begünstigen sind innerhalb der Einrichtung dabei beispiels-

weise die mehrheitlich weiße Teamzusammensetzung.

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Außerhalb der Einrichtung sind es rassistische Diskurse, die Menschen aufgrund ihrer

Herkunft vor allem gewisse negative, aber auch positive Eigenschaften zuschreiben.

Hinzu kommt ein tief verwurzelter Rassismus in der Gesellschaft, der dazu führt, dass

Schwarzen Menschen und PoC das Deutsch-Sein abgesprochen wird.

Annahme von rassistischen Diskursen

Interviewpartner_in A nennt ein prägnantes Beispiel aus der Praxis, welches er_sie als

besonders Rassismusreproduzierend empfand. Ein_e Berater_in stellte im Beratungsge-

spräch mit einem_einer Klienten_ Klientin fest, dass sein_ihr Handy nicht auffindbar ist.

Fest überzeugt davon, dass das Handy zuvor auf dem Tisch gelegen haben muss, verlässt

der_die Berater_in den Raum und rennt zu seinen_ihren Kollegen_Kolleginnen um nach

Rat zu fragen, wie er_sie jetzt mit dem_der Klienten_Klientin umgehen soll, nachdem

er_sie das Handy geklaut hat. Nach einer kurzen Beruhigung durch die Kollegen_Kolle-

ginnen, findet er_sie das Handy in seiner_ihrer eigenen Tasche wieder. Diese Situation

sei in ähnlicher Art und Weise ein zweites Mal von dem_der gleichen Berater_in vorge-

fallen, der Vorfall wurde also höchstwahrscheinlich nicht reflektiert.

C berichtet davon, dass viele Bulgar_innen und Rumän_innen es schwer hatten, weil

„kaum einer Bock hatte mit denen zu arbeiten“. Als Begründung nennt C, dass sie oft

unzuverlässig gewesen wären und das Engagement der Sozialarbeitenden dann oft nach-

gelassen habe. Die Sozialarbeitenden hätten jedoch die Situation, in der sich die Person

befindet, nicht ausreichend berücksichtigt, nicht ausreichend hinterfragt, warum die Per-

son den Termin nicht wahrnehmen konnte. Dies fällt auch unter den Punkt Kulturalisie-

rung/Ethnisierung.

Eine Struktur, die innerhalb dieser Einrichtung dazu beiträgt, ist die fehlende verbindliche

Vorgabe sich mit den eigenen Rassismen auseinanderzusetzen.

Außerhalb sind es die rassistischen Diskurse, die behaupten, Geflüchtete und Migrant_in-

nen seien krimineller als weiße Deutsche, die wiederum Einfluss auf die Einrichtungen

und ihre Mitarbeitenden hat. Bei dem von C genannten Fall spielt wahrscheinlich auch

der Diskurs, der Geflüchtete aus bestimmten Ländern als „echte Flüchtlinge“ und Men-

schen aus Ländern wie Bulgarien oder Rumänien als sogenannte „Asylschmarotzer“ ein-

teilt eine Rolle. Solche Diskurse können sich offensichtlich in der Praxis und auch in der

Politik (z.B. bei der Bestimmung von sog. „sicheren Herkunftsländern“) widerspiegeln.

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Paternalismus

Zwei der drei Interviewten nannten die Art und Weise, wie mit und über die Klient_innen

gesprochen wurde/wird paternalistisch. Insbesondere B erzählte, dass in seiner_ihrer Ju-

gendhilfeeinrichtung Sozialarbeitende entweder total infantil mit den geflüchteten Ju-

gendlichen sprechen würden, was auch verschränkt mit Adultismus betrachtet werden

muss, oder aber im Gegenteil sie „zu Monstern stilisieren“ würden, wenn sie „Scheiße

bauen“.

Es sind vor allem Strukturen, die außerhalb von der Einrichtung ihren Ursprung finden.

Es besteht ein Machtverhältnis zwischen den Jugendlichen und ihren Betreuer_innen. Die

Betreuer_innen müssen beispielsweise Berichte über die Jugendlichen schreiben, die wie-

derum (kurz gefasst) darüber entscheiden, was der_die Jugendliche für eine Betreuung

erhält. Da sie unbegleitet in Deutschland sind, stellen die Sozialarbeiter_innen bzw. Be-

treuer_innen also real Autoritätspersonen dar.

Interviewpartner_in A nannte die paternalistische Sprechweise im Allgemeinen in der

Beratung und wies darauf hin, dass dies nicht so leicht aufzulösen sei, da Beratung an

sich schon ein Machtverhältnis sei, schließlich würde den zu Beratenden gesagt „wie

Dinge zu laufen haben“.

Strukturen, die innerhalb der Einrichtung die Reproduktion von Rassismus begünstigen,

sind in dieser Einrichtung auch, dass Fachkräfte ohne beratungspraktische Ausbildung

die Beratung machen, beispielsweise Politikwissenschaftler_innen. A findet, es müssten

mehr Sozialarbeiter_innen in der Einrichtung eingestellt werden, da diese im Studium

schließlich im Gegensatz zu beispielsweise Jurist_innen, lernen sich zu reflektieren und

eine kritische Haltung zu Machtverhältnissen wie Rassismus und anderen -ismen zu ent-

wickeln. Als Präventionsmaßnahme nannte das auch Interviewpartner_in B. Die Soziale

Arbeit müsse sich mehr behaupten, es gäbe spezifische Fachkompetenzen, die nur Sozi-

alarbeiter_innen im Studium erlernen, weshalb beispielsweise Erzieher_innen in man-

chen Positionen einfach nicht ausreichend ausgebildet seien und deshalb Standards, ge-

rade in dem neu aufkommenden Bereich mit Geflüchteten, unterlaufen werden würden.

Ein weiterer Punkt, der unter Paternalismus gefasst wurde, ist die Frage, die Inter-

viewpartner_in A genannt hat: „Wer spricht für wen in öffentlichkeitswirksamer Ar-

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beit?“. Stellungnahmen etc. sind Teil einer politischen Sozialen Arbeit. Da die Einrich-

tung Migrant_innen und Geflüchtete berät, stellt sich A die Frage, wer dann eigentlich

immer über wen spricht, wenn solche Stellungnahmen veröffentlicht werden. Da das

Team mehrheitlich weiß (eine Struktur innerhalb) ist, sind es ebenfalls Mehrheitsangehö-

rige, die über Erfahrungen der Minderheitsangehörigen sprechen und damit das gesell-

schaftliche Machtverhältnis reproduzieren. Außerhalb der Einrichtung sind es rassistische

Strukturen, die dazu führen, dass die Stimmen weißer Personen eher gehört werden, als

die Stimmen Schwarzer und PoC.

Übergehen von rassistischen Erfahrungen

Interviewpartner_in A, der_die von rassistischen Beschimpfungen im Treppenaufgang

erzählt hat, erzählt von seiner_ihrer Erfahrung des Nicht Ernstnehmen seiner_ihrer ras-

sistischen Erfahrung. In der Auseinandersetzung mit dem Vorfall im Team, welche er_sie

angestoßen habe, wurde gesagt, man könne nicht ewig über Rassismus sprechen und sich

daran aufhalten, man müsse schließlich „handlungsfähig“ bleiben. Diese Aussage(n)

empfand der_die Sozialarbeiter_in als Reproduktion des gesamtgesellschaftlichen Leug-

nens von Rassismus in Deutschland. Er_sie betont, dass er_sie wieder das Gefühl habe,

damit würden Erfahrungen nicht gesehen, nicht gehört und quasi übergangen werden.

Eine Struktur, die sicherlich zu solch einem Übergehen innerhalb der Einrichtung beiträgt

ist dabei wieder die weiße Teamzusammensetzung.

Teamzusammensetzung: Mehrheitlich weiß

Zwei der drei Interviewpartner_innen nannten die mehrheitliche weiße Teamzusammen-

setzung als eine „Art“ von Rassismusreproduktion innerhalb ihrer Einrichtungen. A stellt

fest, dass sowohl das Kernteam, als auch die Ehrenamtlichen, die er_sie zum Gesamtteam

dazuzählt, mehrheitlich weiß sind. Welche Folgen daraus resultieren, wurde bereits in

vorherigen Absätzen benannt.

Strukturen innerhalb der Einrichtung, die das Weißsein und Weißbleiben des Teams be-

günstigen, sind zum Einen die Sprachbarriere bezogen auf Geflüchtete. Es gäbe aktuell

eine_n Geflüchtete_n, der_die sich mehr einbringen wolle, jedoch sei dies kaum möglich,

da erstens die Teamsitzungen und andere Treffen - trotz wiederholter Kritik daran - fast

nur auf Deutsch stattfinden und zweitens, weil in der Einrichtung sehr viele Absprachen

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ausschließlich über E-Mail-Verkehr getroffen werden und diese Person derzeit noch in

einer Gemeinschaftsunterkunft lebt, in der es keinen kostenlosen Internetzugang gäbe.

Das wiederum sind Strukturen, die außerhalb der Einrichtung ihren Ursprung haben. Die

restriktive Asylpolitik beispielsweise erlaubt nur Geflüchteten mit sogenannter Bleibe-

perspektive an Deutschkursen kostenlos teilzunehmen.7 In das bezahlte „Kernteam“ der

Beratungsstelle von A zu gelangen, ist für Geflüchtete vor allem deshalb schwer, weil sie

einen sehr eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Abschlüsse, die sie in ihrem

Herkunftsland erworben haben werden in Deutschland zudem oft nicht anerkannt. Dass

die Zusammensetzung der Ehrenamtlichen auch mehrheitlich weiß ist, liege daran, dass

Schwarze Menschen und PoC sich viel öfter als weiße Menschen in prekären Beschäfti-

gungsverhältnissen wiederfinden würden. Sie können es sich eben nicht leisten ehrenamt-

lich tätig zu sein, so Interviewpartner_in A.

B nennt außerdem noch, dass es zwar immerhin zwei gewählte Beschwerdebeauftragte

in seiner_ihrer Einrichtung gebe, diese, zu denen auch er_sie gehört, jedoch nicht die

Lebensrealität der Jugendlichen widerspiegeln, da sie beide weiß sind und die Besetzung

somit „strukturell ungünstig“ sei. Eine Struktur, die dies begünstigt ist wiederum die

mehrheitlich weiße Teamzusammensetzung.

Fehlendes Beschwerdemanagement

Interviewpartner_in A findet, dass das Fehlen einer Beschwerdeinstanz innerhalb der Ein-

richtung, in der er_sie arbeitet/e eine große „Baustelle“ ist. Erleben Klient_innen diskri-

minierende Behandlungen durch die Mitarbeitenden gibt es keine_n Antidiskriminie-

rungsbeauftragte_n, an den_die sie sich wenden können. Damit kann Rassismus immer

weiter reproduziert werden, ohne dass das Konsequenzen mit sich bringt.

Eine Struktur außerhalb der Einrichtung, die dazu beiträgt, dass ein solches Beschwerde-

system nicht eingeführt wird ist, dass es keine verbindlichen Qualitätsstandards gibt, die

die Etablierung eines Beschwerdemanagements in sozialen Einrichtungen einfordern.

7 s. dazu FAQ: Integrationskurse für Asylbewerber vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Online

abrufbar auf: http://www.bamf.de/DE/Infothek/FragenAntworten/IntegrationskurseAsylbewerber/integra-

tionskurse-asylbewerber-node.html, zuletzt geprüft am 02.05.2017

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Kulturalisierung/Ethnisierung

Interviewpartner_in B stellt fest, dass die Herkunft oder vermeintliche Kultur oft als Er-

klärungslogik von (Fehl-)Verhalten der Klient_innen von einigen seiner_ihrer Kolleg_in-

nen benutzt wird.

Eine Struktur innerhalb der Einrichtung die dazu führt, ist die fehlende Verpflichtung sich

mit solchen Rassismen auseinanderzusetzen. Stattdessen wird es offensichtlich geduldet

oder dem zumindest nichts aktiv entgegengesetzt, dass Mitarbeitende mit der „Kultur-

brille“ auf das Verhalten der Klient_innen schauen. Ähnliche Erklärungslogiken finden

sich auch in aktuellen rassistischen Diskursen wieder und nehmen auch Einfluss auf die

Handlungspraxen der Einrichtungen und ihren Mitarbeitenden.

C erzählt von rassistischen Sprüchen seiner_ihrer Kolleg_innen über Schwarze Men-

schen. Klischees und Pauschalisierungen über bestimmte Kulturen würden eigentlich

„dauerhaft“ reproduziert werden.

Eine Struktur innerhalb der Einrichtung, ist zum Beispiel, dass bei einer Bewerbung kaum

geprüft wird, welche Einstellung und Haltung der_die einzustellende Sozialarbeiter_in

gegenüber Geflüchteten vertritt. Eine Struktur außerhalb ist wiederum ein tief verankerter

Rassismus in der Gesellschaft, der dazu führt, dass rechte Parteien an Zuwachs gewinnen

konnten und rassistische Äußerungen wieder salonfähig geworden sind.

Erwartung von Dankbarkeit

Interviewpartner_in B beobachtete, dass vor allem Ehrenamtliche eine besondere Dank-

barkeit von Geflüchteten, die sie unterstützen, erwarten. Doch auch Professionelle könn-

ten eine ähnliche Haltung haben, so B.

Strukturen außerhalb der Einrichtung, die diese Art von Rassismusreproduktion in der

Sozialen Arbeit begünstigen sind die rassistischen Diskurse, die es schon seit langer Zeit

in Deutschland gibt. Gastarbeiter_innen wurde beispielsweise vorgeworfen, sie sollen

dankbar sein für die Großzügigkeit Deutschlands. Auch in aktuellen Diskursen ist die

Rede davon, dass Geflüchtete demütig und dankbar gegenüber „den Deutschen“ sein

müssen. Hinzu kommt, dass Soziale Arbeit immer noch oft als selbstloser Helfer_innen-

beruf gesehen wird, woraus schnell eine Dankbarkeitserwartung entstehen kann. Ein_e

Klient_in habe zu B gesagt, dass es gut zu wissen sei für ihn_sie, dass das Bs Arbeit

bezahlt sei und er_sie nicht dankbar dafür sein müsse. B bestätigt dies und sagt, dass

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Abgrenzung bzw. eine professionelle Distanz nicht nur wichtig für die Professionellen,

sondern eben auch für die Klient_innen sei.

Als eine Struktur innerhalb der Einrichtung, die diese erforderliche Distanz erschwert,

könnte beispielsweise Folgendes gesehen werden: die Büros der Sozialarbeitenden befin-

den sich in den Wohnungen, in denen die Jugendlichen leben. Eine ähnliche Problematik

stellt die Unterbringung der Büros unmittelbar in Asylbewerber_innenheimen dar.

Gleichzeitig kann das natürlich auch als wichtig erachtet werden, denn so sind die Ju-

gendlichen nah an ihren Betreuungspersonen und können in Notsituationen schneller auf

sie zurückgreifen.

Ausgrenzung durch rechtliche Vorgaben (Altersbegrenzung der Jugendhilfe) bzw. durch

Praxis der Senatsverwaltung

Interviewpartner_in B berichtet davon, dass die Jugendhilfe an sich schon ausgrenzend

sei. Schließlich betreue sie nur diejenigen, die es auch tatsächlich in die Jugendhilfe ge-

schafft haben. (Unbegleitete) Jugendliche, die gerade volljährig geworden sind, haben oft

keinen Zugang zur Jugendhilfe und ihren Angeboten. Diese Ausgrenzung kann noch nicht

als Rassismus bezeichnet werden, die Praxis der Senatsverwaltung Berlins allerdings

schon:

Eine Struktur außerhalb der Einrichtung, in der B arbeitet/e, die zu dieser Ausgrenzung

innerhalb der Jugendhilfe beiträgt, ist die aktuelle Praxis der Senatsverwaltung und des

Jugendamtes. Sie seien aktiv daran beteiligt, die Clearingverfahren, die jede_r unbeglei-

tete_r minderjährige_r geflüchteter Jugendliche_r durchlaufen muss, in die Länge zu zie-

hen, sodass bereits fast Volljährigen der Anspruch auf Jugendhilfe verweigert werden

kann. Dies sei aktuelle Praxis in Berlin und solle jetzt auch noch durch ein neues Gesetz

rechtlich ermöglicht werden.8

Nicht-Einschreiten bei strukturellem und institutionellen Rassismus

C berichtet davon, dass einige Mitarbeitende bei zunehmenden unzulänglichen Zuständen

beim LAGeSo, Briefe mit politischen Forderungen an das Landesamt verfasst haben. Als

der Träger davon mitbekommen hat, wurden die Sozialarbeitenden dazu aufgefordert,

einen Schrieb zu unterzeichnen, der besagt, dass sie außerhalb ihres Arbeitsbereiches

8 Genaueres zum Gesetzesentwurf online abrufbar auf: http://www.b-umf.de/images/Stellungnahme_Koa-

litionsbeschluss-KJSG_18.04.2017.pdf, zuletzt geprüft am 24.04.2017

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keine Kommunikation mit dem LAGeSo haben dürften. Bei Nichtunterzeichnung wurde

indirekt damit gedroht, sie zu sanktionieren bzw. erwähnt, „dass ein Auge auf einen ge-

richtet wird“. Hier stellt sich zunächst die Frage, was denn den Arbeitsbereich für die

Sozialarbeitenden darstellt, wenn das Verfassen von politischen Forderungen an das LA-

GeSo nicht erlaubt ist/war. Hinzu kommt, dass die Arbeitsverträge sowieso nur befristet

waren, die Mitarbeitenden also ohnehin schon Angst um ihren Arbeitsplatz haben muss-

ten, weshalb sie massiv unter Druck standen, der Aufforderung den Schrieb zu unter-

zeichnen nachzukommen.

Die enormen Hierarchien innerhalb der Einrichtung konnten dies begünstigen. Der Träger

hatte seine Macht ausgenutzt, um seine Mitarbeitenden massiv unter Druck zu setzen.

Außerhalb der Einrichtung ist es vor allem das Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem

Träger der Erstaufnahmeeinrichtung und dem LAGeSo, das dazu führt, dass solche For-

derungen von dem Träger an die Mitarbeitenden gestellt wurden. Da die Erstaufnahme-

einrichtung direkt von dem LAGeSo finanziert wurde, entstand ein Abhängigkeits-und

Machtverhältnis. Der Träger hatte Bedenken, dass das LAGeSo den Träger aufgrund der

Schriebe seiner Mitarbeitenden sanktionieren würde, weshalb der Träger dies dann ver-

bot. Laut C sind die Abhängigkeiten zwischen der Erstaufnahmeeinrichtung und dem

LAGeSo „die Kerne des Problems“. C sieht die einzige langfristige Lösung der prekären

Lebensbedingungen der Geflüchteten in der Erstaufnahmeeinrichtung darin, die Migrati-

onsgesetze zu verändern und Einreisebedingungen für Geflüchtete zu erleichtern.

7.5 Handlungsmöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen (Ta-

belle 5)

Da es einzelnen Sozialarbeiter_innen oder ihren Einrichtungen jedoch nicht möglich ist,

die historisch gewachsene und von der Kolonialzeit und dem Nationalsozialismus ge-

prägte Migrations-und Asylpolitik (s. Rajanayagam 2010) zu reformieren, müssen sie

sich zunächst an die Handlungsmöglichkeiten innerhalb der Rahmenbedingungen halten.

Welche Handlungsmöglichkeiten gegen die Reproduktion von Rassismus in der Arbeit

mit Geflüchteten relevant sein können, wurde mittels der Interviews herausgefunden. Alle

genannten Handlungsmöglichkeiten können unter politischer Arbeit zusammengefasst

werden. Die genannten Handlungsmöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen können

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dabei oft nicht klar voneinander getrennt werden, weshalb teilweise auch Handlungsmög-

lichkeiten als Präventionsmaßnahmen und Präventionsmaßnahmen als Handlungsmög-

lichkeiten gedeutet werden könnten.

Rassismus ist ein in der Gesellschaft verankertes System, welches von der Sozialen Ar-

beit nur bedingt verhindert werden kann. Sie ist also nicht dazu fähig Rassismus und an-

dere gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse „abzuschaffen“. Es geht also vielmehr da-

rum, die Reproduktion solcher Herrschaftsverhältnisse so weit wie möglich einzudäm-

men und diese zu kritisieren.

Im Folgenden werden zunächst die in den Interviews genannten Handlungsmöglichkeiten

und dann die Präventionsmaßnahmen für die Soziale Arbeit erläutert.

Nutzen von Spielräumen

Alle drei Interviewpartner_innen sehen das Nutzen von Spielräumen als eine Handlungs-

möglichkeit. C erzählt zum Beispiel davon, wie das Team beschlossen hatte, Geflüchtete

trotz fehlender Kostendeckung des LAGeSo in Notsituationen in der Einrichtung kurz-

zeitig unterzubringen. B erzählt, dass er_sie die Berichte über die Jugendlichen für das

Jugendamt so schreibt, dass die Jugendlichen weiterhin die Leistungen und Unterstützung

bekommen, die sie brauchen. In der Beratungsstelle, in der A arbeitet/e wiederum werden

keine Ausweispapiere kopiert oder angefordert, damit Illegalisierte nicht diskriminiert

werden.

Ablehnung von Finanzierungen

In der Beratungsstelle, in der A arbeitet/e besteht ein Konsens darüber, dass Finanzierun-

gen nicht angenommen werden, wenn sie die Erfüllung von diskriminierenden Aufträgen

erfordern. Bestimmte staatliche Finanzierungen zum Beispiel würden ihre politische Ar-

beit enorm einschränken, weshalb nicht einfach alle Fördermittel ohne genaue Prüfung

angenommen werden. Der große Nachteil daran ist, dass die finanziellen Mittel be-

schränkt sind und deshalb ein Großteil der Arbeit durch Ehrenamtliche organisiert werden

muss.

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Rassismus dokumentieren

Eine Handlungsmöglichkeit, die langfristig dazu führen könnte, dass staatliche und auch

Einrichtungen Sozialer Arbeit eine rassismuskritische Haltung entwickeln oder zumin-

dest zur Rechenschaft gezogen werden, ist den reproduzierten Rassismus zu dokumentie-

ren. Die Beratungsstelle, in der A tätig ist/war, versucht beispielsweise den „Behörden-

rassismus“ durch Protokolle zu erfassen, um so gegen ihn vorgehen zu können.

Einfluss auf Diskurse nehmen

Interviewpartner_in A findet, dass Forschung und Theoriebildung eine Handlungsmög-

lichkeit Sozialer Arbeit darstellen, Rassismusreproduktion zu thematisieren. Dadurch und

auch durch Stellungnahmen o.Ä. von Einrichtungen, Verbänden etc. können Diskurse

irritiert und mitgestaltet werden. A findet, dass die Soziale Arbeit viel stärker Stellung zu

aktuellen Geschehnissen nehmen müsste, um nicht nur für den Einzelfall Rechte zu er-

kämpfen. Er_sie fordert also eine Politisierung Sozialer Arbeit. C findet Netzwerkarbeit

ebenfalls unerlässlich für die Soziale Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften.

Transparenz gegenüber den Klient_innen schaffen

Die Jugendhilfeeinrichtung in der B tätig ist/war, legt großen Wert auf Transparenz. Ihr

Anspruch ist es, den Jugendlichen ihre Handlungen transparent zu machen, um eine be-

vormundende Behandlung zu vermeiden. Deshalb werden die Jugendlichen beispiels-

weise beim Verfassen der Berichte für das Jugendamt mit einbezogen. Sie sollen mitbe-

stimmen können, was in den Bericht geschrieben wird. Oberstes Gebot dabei ist zu ge-

währleisten, dass die Jugendlichen die für ihre Entwicklung notwendigen Leistungen und

Betreuung weiterhin erhalten.

Kritische Reflektion durch Supervision etc.

Da Soziale Arbeit ein Teil wohlfahrtsstaatlicher Arrangements ist, ist sie in die Repro-

duktion gesellschaftlicher Herrschaftsverhältnisse verstrickt (vgl. Muy 2009: 45). Des-

halb bedarf es einer kritischen Reflektion darüber, in welchen Abhängigkeitsstrukturen

und Machtverhältnissen die Soziale Arbeit agiert.

Eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Rassismen finden alle drei Inter-

viewpartner_innen wichtig. Als konkrete Präventionsmaßnahmen gegen die Reproduk-

tion von Rassismus nennen sie die Intervision, Supervision, Workshops, Fortbildungen,

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in denen zum einen für Rassismus sensibilisiert werden soll und zum anderen die Sprech-

weise und ihre Folgen beleuchtet werden.

Erhöhung des Personalschlüssels

C findet außerdem, dass die Reproduktion von Rassismus auch durch die totale Überlas-

tung der Mitarbeitenden in seiner_ihrer Einrichtung stattfinden konnte. Deshalb fordert

er_sie als Präventionsmaßnahme die Erhöhung des Personalschlüssels. Er_sie findet, dass

mehr Zeit dazu führen könnte, dass das Kennenlernen der Lebensumstände von Geflüch-

teten und das Erlernen einer fremden Sprache stattfinden könnte, dass vermeintliche Kul-

tur-und Ethnienzugehörigkeit nicht das einzige Erklärungsmuster für ihr Verhalten blei-

ben.

Öffnung des Teams für Rassismusbetroffene/Öffnung der Hochschulen für Geflüchtete

Eine weitere Präventionsmaßnahme, die m.E. unter dem Begriff der kritischen Reflektion

zusammengefasst werden kann, ist die kritische Auseinandersetzung mit der Teamzusam-

mensetzung. C zum Beispiel findet, dass das Einstellen von mehr Mitarbeitenden mit

Migrations-oder Fluchterfahrung zu einer höheren Sensibilität gegenüber Rassismus füh-

ren würde. B wiederum meint, dass dazu schon viel früher angesetzt werden müsste, näm-

lich den Zugang zu Studium für Geflüchtete zu erleichtern und allgemein Chancen-und

Bildungsgleichheit herstellen.

Empowerment für Rassismusbetroffene

Eine Aufgabe Sozialer Arbeit kann auch Empowerment von Rassismusbetroffenen sein.

A findet, dass das zeitgleich mit der Sensibilisierung der Mehrheitsgesellschaft einherge-

hen muss, damit der Fokus nicht wieder nur auf der Mehrheitsgesellschaft liegt.

Politisches Bewusstsein des Trägers und der Mitarbeitenden

C findet, dass der Träger ein politisches Bewusstsein vorleben und dies auch bei seinen

Mitarbeitenden einfordern muss. Nur durch ein politisches Verständnis kann die Repro-

duktion von Rassismus verhindert werden und dieses sollte laut C ausdrücklich vom Trä-

ger erwünscht und gefordert sein.

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Curriculum in Hochschulen anpassen

Da alle drei Interviewpartner_innen ein Studium der Sozialen Arbeit durchlaufen haben

oder noch durchlaufen, verfügen sie alle über das Wissen, wie das Curriculum des Studi-

engangs aussieht. Einziger Unterschied ist, dass sie in drei verschiedenen Städten an ver-

schiedenen Hochschulen studiert haben/studieren und es keinen einheitlichen Studienab-

laufplan gibt. A und B kritisieren zum Beispiel, dass in ihren Studienorten keine Pflicht

bestand, ein Modul zu Rassismus, zu Migration oder zu anderen Machtverhältnissen wie

Sexismus zu belegen. A findet, dass die Module insgesamt intersektionaler gedacht wer-

den müssen und nicht jedes Modul losgelöst von den anderen gelehrt wird. Er_sie plädiert

außerdem für die Einstellung von mehr Dozierenden mit Migrations-oder Fluchterfah-

rung zu diesen Themen und allgemein für mehr Schwarze und PoC-Lehrende. C findet

es ebenfalls wichtig, bei rassismuskritischen Dozierenden zu lernen und darüber hinaus

plädiert er_sie für die Einführung von postkolonialen Theorien als Pflichtfach, um Kon-

tinuitäten des Kolonialismus in der Gesellschaft und auch in der Sozialen Arbeit aufzu-

decken.

A findet außerdem, dass der Lehrplan für Schüler_innen ebenfalls angepasst werden

sollte und bereits Schüler_innen für Rassismus und andere Diskriminierungsformen sen-

sibilisiert werden. Noch besser fände er_sie, wenn diese Inhalte in das Lehramtsstudium

aufgenommen würden.

8 Rassismusreproduktion in der Sozialen Arbeit

Die empirischen Ergebnisse zeigen: Rassismus ist so tief in den Strukturen unserer Ge-

sellschaft verankert, dass auch die Soziale Arbeit nicht davor gefeit ist. Alle interviewten

Sozialarbeiter_innen erzählen von der Reproduktion des Machtverhältnisses in den je-

weiligen Einrichtungen. Sie berichten von individuellem rassistischen Verhalten, aber

auch von Strukturen sowohl innerhalb der Einrichtung als auch außerhalb, die rassisti-

sches Verhalten unabhängig von der persönlichen Meinung oder politischen Gesinnung

der einzelnen Sozialarbeiter_innen begünstigen. Viele Strukturen, die Rassismus in den

Einrichtungen begünstigen, lassen sich auf die Einbindung Sozialer Arbeit in den natio-

nalen Wohlfahrtsstaat zurückführen. Schließlich kann festgestellt werden, dass die rest-

riktive Asylpolitik Deutschlands Ursache vieler Probleme der Geflüchteten ist, bei deren

Lösung die Soziale Arbeit unterstützen soll.

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Indem Sozialarbeiter_innen, wissend über die strukturellen Ausgrenzungen, die Geflüch-

tete erleben, nicht einschreiten, kann ihr Verhalten nach Rommelspacher als expliziter

Rassismus bezeichnet werden. Rommelspacher (2009: 31 f.) unterscheidet zwischen ei-

ner impliziten und expliziten Form bzw. einem bewusst intentionalen und einem nichtin-

tentionalen Rassismus. Eine implizite Form des institutionellen Rassismus ist z.B. die

Tatsache, dass Geflüchtete auf dem Wohnungsmarkt häufig diskriminiert werden, einen

eingeschränkten Zugang zu diesem haben.9 Eine Diskriminierung liegt laut Rommelspa-

cher (2009: 30) dann vor, „wenn Menschen, die einer Minderheit angehören, im Ver-

gleich zu Mitgliedern der Mehrheit weniger Lebenschancen, das heißt weniger Zugang

zu Ressourcen und weniger Chancen zur Teilhabe an der Gesellschaft haben.“ Demzu-

folge ist der eingeschränkte Zugang zum Wohnungsmarkt eine Diskriminierung. Diese

Form von implizitem Rassismus wandelt sich dann in expliziten Rassismus um, wenn das

Wissen darüber besteht, dass Geflüchtete systematisch von Ressourcen ausgeschlossen

werden und das weitreichende Folgen mit sich bringt, aber nichts dagegen gemacht wird,

es billigend in Kauf genommen wird (vgl. Rommelspacher 2009: 31). So kann also der

Sozialen Arbeit Rassismusreproduktion vorgeworfen werden, sofern sie keine Bemühun-

gen unternimmt, die systematische Ausgrenzung von Geflüchteten anzugehen.

Doch es sei davor gewarnt, Rassismus nur auf der strukturell-institutionellen Ebene zu

begreifen. Rassismus der Individuen trägt genauso zum strukturell-institutionellen Ras-

sismus bei, wie strukturell-institutioneller Rassismus den Rassismus der Individuen för-

dert. Begreift man strukturell-institutionellen Rassismus nämlich nur als etwas von oben

Geschaffenes, dann besteht die Gefahr, dass dies als „Absolution jeglicher Verantwor-

tung“ missverstanden wird nach dem Motto: „wenn alle schuldig sind, ist niemand mehr

schuldig“ (vgl. Wieviorka in Gomolla 2009: 46).

So ähnlich verhält es sich auch mit der Auseinandersetzung von Rassismus in der Sozia-

len Arbeit mit Geflüchteten. Interviewpartner_in A hat dazu beobachtet, dass Sozialar-

beitende aus linken Kreisen sich häufig bereits als „die Guten“ sehen und deshalb aufhö-

ren, eigene -ismen kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren. Da man mit Geflüchteten

arbeite, könne man schließlich nicht rassistisch sein. Damit sich ein solcher Habitus in

9 s. Studie „Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Strategien zum Nachweis rassistischer Benachtei-

ligungen“ (2015) von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, online abrufbar auf: http://www.antidis-

kriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Expertisen/Expertise_Wohnungs-

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einer Einrichtung Sozialer Arbeit gar nicht erst einstellen kann, muss sich eine kritische

Soziale Arbeit für die Umsetzung der in Kapitel 7.5. genannten Präventionsmaßnahmen

und Handlungsmöglichkeiten gegen die Reproduktion von Rassismus einsetzen und ste-

tig reflektieren.

9 Fazit

Die Forschungsfrage, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stand, lautet: Inwiefern wird aus

der Perspektive von Sozialarbeitenden, die in Einrichtungen mit Geflüchteten arbeiten,

Rassismus reproduziert und welche Strukturen innerhalb und außerhalb der Einrichtung

tragen dazu bei?

In den Interviews konnte herausgefunden werden, dass in der Sozialen Arbeit mit Ge-

flüchteten sich sowohl individueller, als auch struktureller und institutioneller Rassismus

manifestiert. Wie Rassismus genau in den einzelnen Einrichtungen der Interviewten re-

produziert wird, wurde im Kapitel 7 (Empirische Ergebnisse) aufgezeigt. Dabei wurde

deutlich, dass kausale Zusammenhänge zwischen der Reproduktion von Rassismus und

Strukturen innerhalb der Einrichtung und Strukturen außerhalb der Einrichtung bestehen.

Die Rahmenbedingungen, unter denen Soziale Arbeit mit Geflüchteten stattfindet, be-

stimmen maßgeblich welche Grundsätze Sozialer Arbeit umsetzbar sind, inwieweit zum

Beispiel Diskriminierungsschutz gewährleistet werden kann. Die Auseinandersetzung

mit diesen Rahmenbedingungen und Strukturen ist notwendig, um sich (als Soziale Ein-

richtung) im System des Rassismus zu begreifen. Strategien, deren Ziel die Bekämpfung

von Rassismus ist, gelten innerhalb gesellschaftlicher Entscheidungsträger oft deshalb

nicht als legitim, weil sie zwangsläufig auch deren Existenz in Frage stellen würde.

„Als diejenigen [gesellschaftliche Entscheidungsträger], die an dieser Stelle die Definitions-

macht haben, können sie verhindern, dass sich gesellschaftskritische Verständnisse durchset-

zen, mit denen womöglich ebenfalls ihre Position in Frage gestellt würde.“ (Machold 2009:

385).

Jede Gesellschaftskritik, so also auch die Kritik an den rassistischen Strukturen, die Ge-

flüchtete an dem Führen eines selbstbestimmten Lebens behindern, muss eine kritische

Selbstreflexivität beinhalten, will sie effizient sein (vgl. Wollrad 2005: 24). Das bedeutet

auch, dass Einrichtungen Sozialer Arbeit, die mit Geflüchteten arbeiten sich selbstkritisch

reflektieren müssen, um das zu kritisierende System nicht ständig zu reproduzieren. Ein

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(rassismus-)analytischer Blick auf die eigene Praxis sollte dabei nicht zur einmaligen Prü-

fung dieser Praxis führen, sondern als (reflexive) Grundhaltung Teil jeglicher Praxis wer-

den (vgl. Machold 2009: 389). Damit sich diese rassismuskritische selbstreflexive Grund-

haltung in der Praxis etablieren kann, ist vor allem auch Folgendes notwendig:

„Hierzu sind sowohl eine politisch-konzeptionelle Neupositionierung der Sozialen Arbeit,

eine Debatte über die Grenzen und Verantwortungsbereiche der Profession sowie die über-

prüfbare Einführung und Praktizierung von Qualitätskriterien notwendig als auch die […]

Öffnung der Regeldienste.“ (Melter 2009: 288).

Die Erkenntnis, dass Soziale Arbeit immer politisch ist, ob sie das will oder nicht, weil

Staat Politik und Soziale Arbeit unauflöslich miteinander verbunden sind, (vgl. Bettinger

2016: 76) ist ebenfalls ein wichtiger Schritt für die Profession. Deshalb ist das politische

Mandat bzw. die Anerkennung dessen und die Aufnahme des Mandats in das Selbstver-

ständnis Sozialer Arbeit ein längst überfälliger Schritt.

Da Soziale Einrichtungen gesellschaftliche Repräsentationsräume darstellen, müssen

auch sie und ihre Mitarbeiter_innen sich im System des Rassismus begreifen. Soziale

Arbeit ist aber nicht nur bloßer Repräsentationsraum für aktuelle Diskurse, sie kann do-

minante Diskurse zwar festigen, sie aber auch irritieren und damit gesellschaftliche Ent-

wicklungen beeinflussen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass sich die Soziale Arbeit in

aktuellen rassistischen Diskursen über Geflüchtete bestimmt zur Wehr setzt und mit einer

klaren Haltung positioniert. Die Soziale Arbeit muss „eine kritische Haltung […] entwi-

ckeln, welche dazu befähigt, das eigene Handeln […] im Kontext von Strukturen, Dis-

kursen und Dominanzverhältnissen […] zu reflektieren und entsprechend widerständige

Strategien zu entwickeln sowie Handlungsalternativen zu erarbeiten“ (Scharathow 2009a:

13).

Ein erster Schritt ist die Thematisierung von Rassismus auch in den eigenen Reihen:

„Wenn Rassismus als Vorurteil, also als falsche Denkweise, verstanden wird, bleibt wenig

Raum, die Rollenkonflikte in der Sozialen Arbeit oder die Veränderbarkeit ausgrenzender

Strukturen, Gesetze und institutioneller Handlungspraktiken zu problematisieren.“ (Weiß

2009: 399).

Deshalb muss Rassismus als Struktur begriffen werden, die auch in der Sozialen Arbeit

immanent ist. Rassismus muss sowohl gesamtgesellschaftlich, als auch innerhalb der Pra-

xis Sozialer Arbeit und insbesondere mit Migrant_innen und Geflüchteten thematisiert

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werden. Inakzeptabel ist, dass auf den Anstieg rassistisch motivierter Gewalt auf Geflüch-

tete Einschränkungen des Asylrechts folgen und nicht Maßnahmen, die Geflüchtete mehr

vor solchen Angriffen schützt (vgl. Broden/Mecheril 2014: 8). Eine kritische Soziale Ar-

beit, die sich als Menschenrechtsprofession begreift, muss sich dringend Gehör verschaf-

fen und Missstände wie Rassismus, die bis hin zu Menschenrechtsverletzungen führen

können, gemeinsam mit Migrant_innen-und Geflüchtetenselbstorganisationen lautstark

kritisieren.

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Übersicht Anhang

Anhang A:

• A01: Interviewtranskript A

• A02: Interviewtranskript B

• A03: Interviewtranskript C

Anhang B:

• B01: Interviewleitfaden

• B02: Extraktionstabellen