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Kurze Mitteilung. (Aus dem Pharmakologischen Institu~ der Universit/~t P~cs.) Die llol|e des Nervensystems bei der Wirkung des Thyroxins auf die Zellatmung. Von G. lllansfeld und G. Horv~th. (Eingegangen am 7. Januar 1935.) Kfirzlich berichteten wir 1 fiber das Ergebnis yon Versuehen, welche zeigten, dal~ die katalytische Thyroxinwirkung in der Zelle selbst angreift, aber nicht unmittelbar die Verbrennungen, sondern wie schon yon frfiheren Antoren angenommen wurde ~, die ana~roben Spaltungsvorg/inge trifft un4 erst die so entstandenen Spaltprodukte zu einer Steigerung des 02-Verbrauches Ifihren. Es zeigte sich n/imlich, dM30rganzellen zu- gesetztes Thyroxin nur dann zu einer Beschleunignng 4er Atmung ffihrt, wenn die Bedingungen ffir anaerobe SpaltungsvorgSmge -- entweder durch 02-arme Bebriitung oder L/~hmung der Pa8teurschen ]~eaktion durch Athylcarbylamin -- gegeben sind. Ohne Thyroxinzusatz liel3 sieh auf diese Weise niemals ein gesteigerter O2-Verbraueh erzielen. Wiehtig semen weiterhin die Feststellung, dab Organe yon Tieren, welehe mit Thyroxin vorbehandelt waren, sieh genau so verhielten als solehe, denen Thyroxin in vitro zugesetzt wurde, wodureh die Anwesenheit des Thyro- xir~s in den peripheren Organen (Muskeln, Niere 8), also der periphere Angriffspunkt, aueh in vivo gesiehert war. Es war noch zu nntersuehen, ob nieht auch dem Nervensystem eine I~olle bei der Thyroxinwirkung zukommt. Folgende Versuehe dienten dieser Frage: 1. Es wird Kaninehen die eine Niere herausgenommen und an Organ- sehnitten der Sauerstoffverbraueh naeh Warburg bestimmt. Wird naeh Erholung yon der Opera~ion (2 Tage) weitere 3 Tage gewartet nnd die zweite Niere in gleieher Weise auf Atmung untersueht, so sind die O2-Werte innerhalb der Fehlergrenze die gleiehen oder sogar etwas vermindert. 2. Wird dem Tier naeh Erholung yon der Nephrektomie 3 Tage lang t/~glieh 0,5 mg Thyroxin gespritzt, so ist der 02-Verbraueh der zweiten Niere regelm/iBig gesteigert. Die Steigerung betr/~gt 18--37%. 3. Kaninehen werden beide Nieren vollstgndig entnervt. Wird naeh Erholung yon dieser Operation genau so vorgegangen wie in Punkt 1 besehrieben, so sind die Qoo-Werte beider Nieren die gleiehen. 4. Wird am nierenentnervten Tier zwisehen den zwei Nephrektomien Thyroxin verabreicht, so zeigt die zweite Niere [ceine Steigerung des 02-Verbrauehs. 1 Naturwiss. 2~, 434 (1934). - - 2 Vgl. E. Abderhalden: Fermentforsch. 6, Nr 2, 149 (1922) und Hal/net: Ydin. Wschr. 1927 II, 1932. -- 3 Vgl. auch A. Rohrer: Biochem. Z. 145, 154 (1924).

Die Rolle des Nervensystems bei der Wirkung des Thyroxins auf die Zellatmung

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Page 1: Die Rolle des Nervensystems bei der Wirkung des Thyroxins auf die Zellatmung

Kurze Mitteilung.

(Aus dem Pharmakologischen Institu~ der Universit/~t P~cs.)

Die llol|e des Nervensystems bei der Wirkung des Thyroxins auf die Zellatmung.

Von G. lllansfeld und G. Horv~th.

(Eingegangen am 7. Januar 1935.)

Kfirzlich berichteten wir 1 fiber das Ergebnis yon Versuehen, welche zeigten, dal~ die katalytische Thyroxinwirkung in der Zelle selbst angreift, aber nicht unmittelbar die Verbrennungen, sondern wie schon yon frfiheren Antoren angenommen wurde ~, die ana~roben Spaltungsvorg/inge trifft un4 erst die so entstandenen Spaltprodukte zu einer Steigerung des 02-Verbrauches Ifihren. Es zeigte sich n/imlich, dM30rganzellen zu- gesetztes Thyroxin nur dann zu einer Beschleunignng 4er Atmung ffihrt, wenn die Bedingungen ffir anaerobe SpaltungsvorgSmge - - entweder durch 02-arme Bebriitung oder L/~hmung der Pa8teurschen ]~eaktion durch Athylcarbylamin - - gegeben sind. Ohne Thyroxinzusatz liel3 sieh auf diese Weise niemals ein gesteigerter O2-Verbraueh erzielen. Wiehtig semen weiterhin die Feststellung, dab Organe yon Tieren, welehe mit Thyroxin vorbehandelt waren, sieh genau so verhielten als solehe, denen Thyroxin in vitro zugesetzt wurde, wodureh die Anwesenheit des Thyro- xir~s in den peripheren Organen (Muskeln, Niere 8), also der periphere Angriffspunkt, aueh in vivo gesiehert war. Es war noch zu nntersuehen, ob nieht auch dem Nervensystem eine I~olle bei der Thyroxinwirkung zukommt. Folgende Versuehe dienten dieser Frage:

1. Es wird Kaninehen die eine Niere herausgenommen und an Organ- sehnitten der Sauerstoffverbraueh naeh Warburg bestimmt. Wird naeh Erholung yon der Opera~ion (2 Tage) weitere 3 Tage gewartet nnd die zweite Niere in gleieher Weise auf Atmung untersueht, so sind die O2-Werte innerhalb der Fehlergrenze die gleiehen oder sogar etwas vermindert.

2. Wird dem Tier naeh Erholung yon der Nephrektomie 3 Tage lang t/~glieh 0,5 mg Thyroxin gespritzt, so ist der 02-Verbraueh der zweiten Niere regelm/iBig gesteigert. Die Steigerung betr/~gt 18--37%.

3. Kaninehen werden beide Nieren vollstgndig entnervt. Wird naeh Erholung yon dieser Operation genau so vorgegangen wie in Punkt 1 besehrieben, so sind die Qoo-Werte beider Nieren die gleiehen.

4. Wird am nierenentnervten Tier zwisehen den zwei Nephrektomien Thyroxin verabreicht, so zeigt die zweite Niere [ceine Steigerung des 02-Verbrauehs.

1 Naturwiss. 2~, 434 (1934). - - 2 Vgl. E. Abderhalden: Fermentforsch. 6, Nr 2, 149 (1922) und Hal/net: Ydin. Wschr. 1927 II, 1932. - - 3 Vgl. auch A. Rohrer: Biochem. Z. 145, 154 (1924).

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Daraus folgt, dal~ das Th)n'oxin nur dann yon den Organzellen auf- genommen wird, wenn ihre nervese Verbindung mit dem Zentralnerven- system in takt ist. Dies kann dadurch bedingt sein, daft das Thyroxin vom Nervensystem aufgenommen auf dem Wege der Nerwn in die Organzellen gelangt.

Wir priiften also im folgenden, ob das Thyroxin in der Tat durch den Nerven in die Organzellen zu wandern vermag. Diese Versuche verliefen fo]gendermai]en :

5. Es werden die beiden Unterschenkel eines Frosches unter Schonung der Ischiadici vom Oberschenkel abgetrennt nebeneinander in eine feuchte K a m m e r gelegt. Die zentralen Nervenenden tauchen etwa 1 cm tief in reine bzw. mit Thyroxin (10 12) versetzte RingerlSsung. Nach 30 bis 40 Stunden (Zimmertemperatur) werden die beiden Gastrocnemii pr/~- pariert in tiblicher Weise in Stiieke geschnitten, abgewogen und im Warburgschen Appara t auf 02-Verbrauch untersucht . Das Ergebnis war, daft jener Muskel, dessen Nerv in die Thyroxinlesung tauchte, gegeniiber dem anderen eine wesentlieh beschleunigte A tmung zeigte. Die Be- schleunigung schwankte in unseren 6Versuchen zwischen 20- -32% (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1. S a u e r s t o f f v e r b r a u c h yon 1,0g Gas t rocnemius in 30 Min.

Datum

7. 12. 34 10. 12.34 12. 12. 34 14. 12. 34 20. 12.34 21. 12. 34

I. II. Izchiadicus in i Ischiadicus in Ringerlesung i Thyroxin-Ringer

50 62 50 66 51 67 73 88 37 46 61 77

Zlmahme in %

24 32 31 20 24 26

Anmerkung

Nerv erregbar

31/~ Std bei 380 C Nerv erregbar

In einigen Versuchen, in welchen am Ende des Versuches der Ischi- adicus unerregbar war, fand keine Steigerung der Verbrennungen star t , was dafiir spricht, daft eine Wanderung des Thyroxins nur im lebenden Nerven stattf indet.

Anmerkung bei der Korrektur: Seit Ende Februar ist das Thyroxin an Frosch- muskeln ebenso unwirksam wie wires ftir Warmbliiterorgane fiir die gleiche Jahreszeit des vorigen Jahres beschrieben haben. S. Na~urwiss. 22, 434 (1934).

Damit erseheint Art und Ort der Thyroxinwirkung geld/~rt: Das Thyroxin wird vom Nervensystem aufgenommen und gelangt dutch die peripheren Nerven (offenbar mit Umgehung cler Zelloberfl~iche, dem Sitz der Verbrennungen) in das Inhere der Organzellen, um dort seine ]cata- Iytische Wirkung auf anagrobe Giirung und dadurch mittelbar auf die Ver- brennunqen zu entfalten.

Pfliigers Archly f. d. ges. Physiol. Bd. 235. 34: