insel taschenbuch 4067

Die schönsten Weihnachtsgedichte

Bearbeitet vonGesine Dammel

1. Auflage 2011. Taschenbuch. 114 S. PaperbackISBN 978 3 458 35767 4

Format (B x L): 11,8 x 18,9 cmGewicht: 124 g

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Leseprobe

Die schönsten Weihnachtsgedichte

Ausgewählt von Gesine Dammel

© Insel Verlag

insel taschenbuch 4067

978-3-458-35767-4

Insel Verlag

Weihnachten – die schçnste Zeit des Jahres, Zeit der Besinnung, der inne-ren Einkehr und der Vorfreude auf das bevorstehende Fest. Mit verf�hre-rischen D�ften von Gl�hwein, Backwerk und gebrannten Mandeln lockendie Weihnachtsm�rkte, und bunt geschm�ckte Weihnachtsb�ume bringennicht nur Kinderaugen zum Leuchten.

Wohl kaum ein Fest wurde von den Dichtern so h�ufig besungen wie dasWeihnachtsfest. Und so unterschiedlich Menschen mit dem �ltesten christ-lichen Fest umgehen, so unterschiedlich und vielf�ltig sind die Tonarten derGedichte: vom tiefgl�ubigen, religiçsen Gedicht,das das Fest der Freude,dieGeburt des Christuskindes feiert, �ber die romantische Verkl�rung bis hinzu den kritischen und ironischen Stimmen des 20. Jahrhunderts, die dieKommerzialisierung des modernen Festes vorf�hren.

Der vorliegende Band versammelt die schçnsten Weihnachtsgedichte derdeutschen Sprache – besinnliche und nachdenkliche ebenso wie heitereund ironische – von Bertolt Brecht, Joseph von Eichendorff, Robert Gern-hardt, Annette von Droste-H�lshoff, Johann Wolfgang Goethe, HermannHesse, Hanns Dieter H�sch, Erich K�stner, Else Lasker-Sch�ler, MartinLuther, Christian Morgenstern, Rainer Maria Rilke, Joachim Ringelnatz,Theodor Storm, Kurt Tucholsky, Robert Walser und vielen anderen.

insel taschenbuch 4067Die schçnsten Weihnachtsgedichte

DIE SCH�NSTENWEIHNACHTSGEDICHTE

Ausgew�hlt von Gesine DammelInsel Verlag

Umschlagabbildung: akg-images

insel taschenbuch 4067Insel Verlag Berlin 2011

Erste Auflage 2011� Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 1999

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der �bersetzung,des çffentlichen Vortrags sowie der �bertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie,

Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigungdes Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer

Systeme verarbeitet, vervielf�ltigt oder verbreitet werden.Textnachweise am Schluß des Bandes.

Vertrieb durch den Suhrkamp Taschenbuch VerlagUmschlag: Michael Hagemann

Satz: H�mmer GmbH,Waldb�ttelbrunnDruck: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

Printed in GermanyISBN 978-3-458-35767-4

1 2 3 4 5 6 – 16 15 14 13 12 11

inhalt

Morgen, Kinder, wird’s was geben

Joachim Ringelnatz,Vorfreude auf Weihnachten . . . . 13Erich K�stner,Weihnachtslied, chemisch gereinigt . . . 14Kurt Tucholsky, Groß-Stadt-Weihnachten . . . . . . . . 16G�nter Grass, Advent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Marie Luise Kaschnitz, Advent 1972 . . . . . . . . . . . 19Christine Busta, Brief ans Christkind . . . . . . . . . . 21Theodor Storm, Knecht Ruprecht . . . . . . . . . . . . 22Rainer Maria Rilke, Advent . . . . . . . . . . . . . . . 24

Es ist f�r uns eine Zeit angekommen

Christian Morgenstern,Winternacht . . . . . . . . . . . 27Theodor Storm,Weihnachtslied . . . . . . . . . . . . . . 28Robert Walser,Weihnachtsglocken . . . . . . . . . . . . 29Peter Huchel, Lied der Amsel im Weihnachtsschnee . . . 30Joseph von Eichendorff,Weihnachten . . . . . . . . . . 31Theodor Fontane, Am Heiligen Abend . . . . . . . . . . 32Robert Walser,Weihnacht . . . . . . . . . . . . . . . . 33Gottfried Keller,Weihnachtsmarkt . . . . . . . . . . . . 34Theodor Storm,Weihnachtsabend . . . . . . . . . . . . 36Mascha Kal�ko, Advent . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37Heinz Erhardt, Ein Weihnachtslied . . . . . . . . . . . . 38Rose Ausl�nder,Weihnacht . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Stille Nacht, heilige Nacht!

Johannes Tauler,Weihnachtslied . . . . . . . . . . . . . 43Christian F�rchtegott Gellert,Weihnachtslied . . . . . . 44Friedrich R�ckert, Das Kind ist uns geboren . . . . . . . 46Ludwig Thoma, Heilige Nacht . . . . . . . . . . . . . . 47Annette von Droste-H�lshoff, Am Weihnachtstage . . . 48Martin Luther, Ein Lobgesang von der Geburt Christi . 51Rainer Maria Rilke, Geburt Christi . . . . . . . . . . . 53Marie Luise Kaschnitz, Dezembernacht . . . . . . . . . 54Peter Huchel, Die Hirtenstrophe . . . . . . . . . . . . . 55Robert Walser, Das Christkind . . . . . . . . . . . . . . 57

Maria im Zelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Bertolt Brecht, Die gute Nacht . . . . . . . . . . . . . . 59

Maria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61Robert Gernhardt, Die Geburt . . . . . . . . . . . . . . 62

Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen

Ernst Jandl, ernst jandls weihnachtslied . . . . . . . . . 65Robert Walser, Christbaum . . . . . . . . . . . . . . . . 66Bertolt Brecht,Weihnachtslegende . . . . . . . . . . . . 68Robert Walser, Der Weihnachtsbaum . . . . . . . . . . 70Theodor Fontane, Zum 24. Dezember 1890 . . . . . . . 72Heinz Erhardt, Feste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73Theodor Fontane,Weihnachten 1859 . . . . . . . . . . . 74Johann Wolfgang Goethe,Weihnachten . . . . . . . . . 75Erich K�stner,Weihnachtsfest im Freien . . . . . . . . . 76Joachim Ringelnatz, Die Weihnachtsfeier des

Seemanns Kuttel Daddeldu . . . . . . . . . . . . . . . 78Erich K�stner, Der Weihnachtsabend des Kellners . . . 81Heinz Erhardt,Weihnachten 1944 . . . . . . . . . . . . 82

Achim von Arnim,Vergolde die N�sse . . . . . . . . . 83Kurt Tucholsky,Weihnachten . . . . . . . . . . . . . . 84Johann Wolfgang Goethe, Christgeschenk . . . . . . . 86Erich K�stner,Verhinderte Weihnachten . . . . . . . . 87Hanns Dieter H�sch, Feiertage . . . . . . . . . . . . . 89

Was soll das bedeuten?

Theodor Fontane, Zum 24. Dezember 1890 . . . . . . 95Hermann Hesse,Weihnachtsabend . . . . . . . . . . . 96

In Weihnachtszeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 97Else Lasker-Sch�ler, Peter Baum . . . . . . . . . . . . 98Achim von Arnim,Weihnachtsmorgen 1808 . . . . . . 100Theodor Fontane, Zu Weihnachten 1856 . . . . . . . . 101Kurt Tucholsky,Weihnachten . . . . . . . . . . . . . . 102Peter Huchel,Weihnachtslied . . . . . . . . . . . . . . 103Hugo von Hofmannsthal,Weihnacht . . . . . . . . . . 104Hermann Hesse,Weihnacht des Alten . . . . . . . . . 105Rainer Maria Rilke,Vor Weihnachten 1914 . . . . . . 106Else Lasker-Sch�ler,Weihnacht . . . . . . . . . . . . . 109

Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

MORGEN, KINDERWIRD’S WAS GEBEN

joachim ringelnatz

Vorfreude auf Weihnachten

Ein Kind – von einem Schiefertafel-Schw�mmchenUmh�pft – rennt froh durch mein Gem�t.

Bald ist Weihnacht! – Wenn der Christbaum bl�ht,Dann bl�ht er Fl�mmchen.Und Fl�mmchen heizen. Und die W�rme stimmtUns mild. – Es werden Lieder, D�fte f�cheln. –

Wer nicht mehr Fl�mmchen hat, wem nur noch F�nkchenglimmt,

Wird dann doch g�tig l�cheln.

Wenn wir im Traume eines ewigen TraumesAlle unfeindlich sind – einmal im Jahr! –Uns alle Kinder f�hlen eines Baumes.

Wie es sein soll, wie’s allen einmal war.

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erich k�stner

Weihnachtslied, chemisch gereinigt(Nach der Melodie:

»Morgen, Kinder, wird’s was geben!«)

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.Mutter schenkte euch das Leben.Das gen�gt, wenn man’s bedenkt.Einmal kommt auch eure Zeit.Morgen ist’s noch nicht so weit.

Doch ihr d�rft nicht traurig werden.Reiche haben Armut gern.G�nsebraten macht Beschwerden.Puppen sind nicht mehr modern.Morgen kommt der Weihnachtsmann.Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bißchen durch die Straßen!Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.Christentum, vom Turm geblasen,macht die kleinsten Kinder klug.Kopf gut sch�tteln vor Gebrauch!Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengr�n mit Osrambirnen –lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!Reißt die Bretter von den Stirnen,denn im Ofen fehlt’s an Holz!Stille Nacht und heil’ge Nacht –weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

14

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!Morgen, Kinder, lernt f�rs Leben!Gott ist nicht allein dran schuld.Gottes G�te reicht so weit . . .Ach, du liebe Weihnachtszeit!

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kurt tucholsky

Groß-Stadt-Weihnachten

Nun senkt sich wieder auf die heim’schen Flurendie Weihenacht! die Weihenacht!Was die Mamas bepackt nach Hause fuhren,wir kriegens jetzo freundlich dargebracht.

Der Asphalt glitscht. Kann Emil das gebrauchen?Die Braut kramt sch�mig in dem Portemonnaie.Sie schenkt ihm, teils zum Schmuck und teils zum Rauchen,den Aschenbecher aus Emalch glas�.

Das Christkind kommt! Wir jungen Leute lauschenauf einen stillen heiligen Grammophon.Das Christkind kommt und ist bereit zu tauschenden Schlips, die Puppe und das Lexikohn.

Und sitzt der wackre B�rger bei den Seinen,voll Karpfen, still im Stuhl, um halber zehn,dann ist er mit sich selbst zufrieden und im reinen:»Ach ja, son Christfest is doch ooch janz scheen!«

Und frohgelaunt spricht er vom ›Weihnachtswetter‹,mag es nun regnen oder mag es schnein.Jovial und schmauchend liest er seine Morgenbl�tter,die tr�chtig sind von s�ßen Plauderein.

So trifft denn nur auf eitel Gl�ck hieniedenin dieser Residenz Christkindleins Flug?Mein Gott, sie mimen eben Weihnachtsfrieden . . .»Wir spielen alle. Wer es weiß, ist klug.«

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g�nter grass

Advent

Wenn Onkel Dagobert wieder die Trompeten vertauschtund wir katalytisches Jericho mit Bauklçtzen spielen,weil das Patt der Elternoder das Auseinanderr�cken im Krisenfallden begrenzten Krieg,also die Schwelle vom Schlafzimmer zur Eskalation,weil Weihnachten vor der T�r steht,nicht �berschreiten will,

wenn Onkel Dagobert wieder was Neues,die Knusper-Kneißchen-Maschineund �hnliche Mehrzweckwaffen Peng! auf den Markt wirft,bis eine Stunde sp�ter Rickeracke . . . Puif . . . Plops!der konventionelle, im Kinderzimmer lokalisierteKrieg sich unorthodox hochschaukelt,und die Eltern,weil die Weihnachtseink�ufenur begrenzte Entspannung erlauben,und Tick, Track und Trick, –das sind Donald Ducks Neffen, –wegen nichts Schild und Schwert vertauscht haben,ihre gegenseitige, zweite und abgestufte,ihre erweiterte Abschreckung aufgeben,nur noch minimal fl�stern, Bitteschçn sagen,

wenn Onkel Dagobert wieder mal mit den Panzerknackernund uns, wenn wir brav sind, doomsday spielt,weil wir alles vom Teller wegessen m�ssen,weil die Kinder in Indien Hunger habenund weniger Spielzeug und ABC-Waffen,die unsere t�gliche Vorw�rtsverteidigung

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vom Wohnzimmer bis in die Hausbar tragen,in die unsere Eltern das schçne Kindergeld stecken,bis sie �ber dreckige Sachen lachen,kontrolliert explodierenund sich eigenh�ndig,wie wir unseren zerlegbaren Heuler,zusammensetzen kçnnen,

wenn ich mal groß und nur halb so reichwie Onkel Dagobert bin,werde ich alle Eltern, die �berall rumstehenund vom Kinder anschaffen und Kinder abschaffen reden,mit einem richtigen spasmischen Krieg �berziehenund mit Trick, Track und Tick, –das sind die Neffen von Donald Duck, –eine Familie planen,wo bçs lieb und lieb bçs istund wir mit Vierradantrieb in einem Land-Rovervoller doll absoluter Lenkwaffenzur Schule d�rfen,damit wir den ersten Schlag f�hren kçnnen;

denn Onkel Dagobert sagt immer wieder:Die minimale Abschreckung hat uns bis heute, –und Heiligabend r�ckt immer n�her, –keinen Entenschritt weiter gebracht.

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marie luise kaschnitz

Advent 1972

Phantastischer AdventMit vom Rauhreif verkrusteten WiesenZ�unen aus Silber gestricktUnd in den WipfelnEin flirrendes Gespinst.

Im Treibhaus des G�rtnersHinter den milchigen ScheibenNeigen sich zueinanderGolden gelocktH�upter der Chrysanthemen.

Im Zimmer sprechen die Br�der�ber den Schießunterricht.Der �ltere sagt, so ist das

Der Pappkamerad zieht vor�berZielen mußt duIhm auf den Kopf, auf die Brust.Den J�ngeren schaudert’s.Auf den Kopf? Auf die Brust?

Ein Karussellpferdchen weißMit FederbuschUnd glitzernder SchabrackeStell ich dir, TochterAuf den Geburtstagstisch, den AbendtischIn der lichtgr�n get�felten »Traube«.

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Nicht auszudenken, was sein wirdWenn sie das Atomkraftwerk bauenOder zweiDiesseits und jenseits des Rheines.Wird eine Dunstwolke liegen Tag und NachtDie Trauben reifen nicht mehrWer sieht noch die Sonne?

Im Zimmer die Br�der noch immer.Zwei Z�ge, sagt der �ltereMarschieren um den BlockBegegnen sich und �berschreien sich.Die einen singen »Natascha«Die anderen »Berlin«.Der Text besteht aus lauter Schweinereien.

Dann gehen wir mit dem HundZum Tor hinausWeihnachten steigtEin gelber Riesenmond�ber das Scheunendach.Auf den Gr�bernZucken die Lichter.

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