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Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 1 1 Viele Christen sind der Überzeugung, daß die Erlösung überall, wo Menschen leben, sich verwirklichen wird und daß es wohl einige Menschen geben muß - sie wissen nicht, welche -, die mit Christus dazu beitragen. Aber sie rechnen hierfür mit Zeiträumen von vielen Jahrhunderten, und in der Tat würde es ewig dauern, wenn es nach dem Ausmaß ihrer Hingabe ginge. Auch du dachtest so - bis einer kam, der dich wachrüttelte. Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 2 2 Die Hingabe ist der erste Schritt auf einem Weg des Opfers, der Freude, der Liebe, der Vereinigung mit Gott. Das ganze Leben wird dann von jener seligen Torheit durchdrungen, die das Glück gerade da finden läßt, wo rein menschliche Logik nichts als Fehlschläge, Leid und Schmerz wahrnimmt. Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 3 3 "Beten Sie für mich", sagtest du, "damit ich großzügig bin, innerlich wachse und mich so formen lasse, daß ich eines Tages zu irgendetwas nütze sein kann." Gut. - Aber: welche Mittel setzt du ein, um solche Vorsätze zu verwirklichen? Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 4 4 Du fragst dich häufig, warum Menschen, die schon als Kinder das Glück hatten, Jesus wahrhaft kennenzulernen, so sehr zögern, sich dankbar zu erweisen, indem sie Ihm das Beste geben, was sie haben, ihr Leben, ihre Familie, ihre Träume, ihre Zukunftspläne... Überleg einmal: Du, der du "alles" auf einmal erhalten hast, du mußt dem Herrn in der Tat unendlich dankbar sein, etwa so wie ein Blinder, der plötzlich das Augenlicht zurückerlangt, indes die anderen nicht einmal auf den Gedanken kommen, daß sie eigentlich dankbar sein müßten, weil sie seit eh und je sehen. 1

Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

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Betrachtungspunkte des Hl. Josemaria Escriva für das alltägliche Leben.

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Page 1: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 1

1 Viele Christen sind der Überzeugung, daß die Erlösung überall, wo Menschen leben, sichverwirklichen wird und daß es wohl einige Menschen geben muß − sie wissen nicht,welche −, die mit Christus dazu beitragen. Aber sie rechnen hierfür mit Zeiträumen vonvielen Jahrhunderten, und in der Tat würde es ewig dauern, wenn es nach dem Ausmaßihrer Hingabe ginge.

Auch du dachtest so − bis einer kam, der dich wachrüttelte.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 2

2 Die Hingabe ist der erste Schritt auf einem Weg des Opfers, der Freude, der Liebe, derVereinigung mit Gott.

Das ganze Leben wird dann von jener seligen Torheit durchdrungen, die das Glück geradeda finden läßt, wo rein menschliche Logik nichts als Fehlschläge, Leid und Schmerzwahrnimmt.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 3

3 "Beten Sie für mich", sagtest du, "damit ich großzügig bin, innerlich wachse und mich soformen lasse, daß ich eines Tages zu irgendetwas nütze sein kann."

Gut. − Aber: welche Mittel setzt du ein, um solche Vorsätze zu verwirklichen?

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 4

4 Du fragst dich häufig, warum Menschen, die schon als Kinder das Glück hatten, Jesuswahrhaft kennenzulernen, so sehr zögern, sich dankbar zu erweisen, indem sie Ihm dasBeste geben, was sie haben, ihr Leben, ihre Familie, ihre Träume, ihre Zukunftspläne...

Überleg einmal: Du, der du "alles" auf einmal erhalten hast, du mußt dem Herrn in der Tatunendlich dankbar sein, etwa so wie ein Blinder, der plötzlich das Augenlichtzurückerlangt, indes die anderen nicht einmal auf den Gedanken kommen, daß sieeigentlich dankbar sein müßten, weil sie seit eh und je sehen.

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Und doch... das genügt noch nicht: Du mußt Tag für Tag den Menschen deiner Umgebungdabei helfen, sich dafür dankbar zu erweisen, daß sie Kinder Gottes sind. Andernfalls sagmir nicht, daß du selbst dankbar bist.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 5

5 Denke in Ruhe darüber nach: Was man von dir erbittet, ist im Grunde sehr wenig,verglichen mit dem, was dir geschenkt wird.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 6

6 Du kannst dich noch nicht aufraffen. − Ich möchte dir zu beherzigen geben, was einerdeiner Brüder mir schrieb: "Ja, es fällt schwer..., aber ist >die Entscheidung< einmalgetroffen − welch ein Aufatmen, welche Freude, sich endlich auf dem Weg zu wissen!"

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 7

7 Die letzten Tage, sagtest du mir, seien so herrlich wie noch nie gewesen. − Meinespontane Antwort war: "Weil du dich mehr als sonst hingegeben hast."

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 8

8 Der Ruf des Herrn − die Berufung − lautet immer gleich: "Wer mein Jünger sein will, derverleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach."

Es ist wahr: Die Berufung verlangt Entsagung, Opfer! Aber welches Glück liegt darin −"gaudium cum pace", Freude und Frieden! −, wenn die Entsagung vollkommen ist!

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 9

9 Ihm wurde nahegelegt, sich persönlich zu engagieren; er wand sich − "dann könnte ichdies... dann müßte ich das...".

Daraufhin meinte jemand: "Hier feilschen wir nicht mit dem Herrn. Das Gesetz Gottes,die Aufforderung des Herrn − man nimmt sie an, so wie sie sind − oder man läßt es. Man

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muß sich entscheiden: entweder ohne Vorbehalte und mit Schwung voran, oderweggehen... >Qui non est mecum...< − wer nicht für mich ist, der ist gegen mich".

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 10

10 Nur ein Schritt trennt den Mangel an Großzügigkeit von der Lauheit.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 11

11 Damit du es nicht nachahmst, schreibe ich aus einem Brief ein Beispiel für Feigheit ab:"Selbstverständlich bin ich Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie an mich denken, denn ichkann die Gebete gut gebrauchen. Doch wäre ich Ihnen ebenfalls dankbar, wenn Sie sichbei Ihrem Gebet, der Herr möge aus mir einen >Apostel< machen, die Mühe ersparten,auch noch von Ihm zu erbitten, Er möge mich zur Preisgabe meiner Freiheitauffordern".

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 12

12 Dein Bekannter − sehr intelligent, etwas spießig, ein lieber Mensch − meinte: "DasGesetz erfüllen − ja, aber mit Maßen, ohne zu übertreiben, korrekt, nicht mehr."

Dann fügte er hinzu: "Sündigen? Nein; aber sich hingeben − auch nicht!"

Sie tun einem wirklich leid, solche Menschen: knauserig, berechnend, unfähig, sichaufzuopfern, sich einem hohen Ideal zu verschreiben.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 13

13 Man muß von dir mehr verlangen; denn du kannst mehr geben und sollst mehr geben.Denke darüber nach!

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 14

14 "Es ist so schwer!" Du stöhnst, du bist entmutigt...

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Hör zu: Die Gnade Gottes genügt, wenn du kämpfst. Dann wirst du von deinenpersönlichen Interessen absehen, den Mitmenschen um Gottes willen dienen und derKirche auf den Schlachtfeldern von heute beistehen: auf der Straße, in der Fabrikhalle,in der Werkstatt, an der Universität, im Büro − in deiner Umwelt, mitten unter denDeinen.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 15

15 Du hast mir geschrieben: "Im Grunde ist es immer dasselbe: ein beträchtlicher Mangelan Großherzigkeit. Wie traurig ist es und wie beschämend, den Weg gefunden zu habenund dann doch zuzulassen, daß Staubwolken, die ja unvermeidlich sind, das Endzielverdunkeln!"

Nimm es mir nicht übel, wenn ich dir sage, daß das allein an dir liegt: Geh mutig angegen dich selbst − Mittel dazu hast du mehr als genug.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 16

16 Dein Egoismus hält dich vom gemeinschaftlichen Streben nach angemessenem undrechtmäßigem Wohlstand für die Menschen ab; du wirst immer berechnender, und dasmaterielle oder seelische Elend deiner Mitmenschen geht dir nicht unter die Haut... Daszwingt mich, dir offen und hart zu sagen, damit du zur Besinnung kommst: Wenn dirdas Gefühl für die Solidarität mit deinen Menschenbrüdern abgeht, wenn du nur amRande der großen christlichen Familie dahinlebst − dann bist du ein erbärmlicherAußenseiter.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 17

17 Du sprichst vom Gipfel... Für eine Seele, die sich Gott hingibt, wird alles zumerstrebenswerten Gipfel: Sie entdeckt jeden Tag neue Ziele, weil sie der Liebe Gotteskeine Grenzen setzen will, noch kann.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 18

18 Je weiter dein Herz wird, aus Liebe zu Gott, desto glücklicher wirst du sein.

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Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 19

19 Manchmal meldet sich die Versuchung, etwas Zeit für sich selbst abzweigen zuwollen...

Lerne, diesen kleinlichen Wunsch abzulegen; läutere, wenn du ihn spürst, sofort deineAbsicht!

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 20

20 Du gehörst zu denen, die "alles oder nichts" wollen... Leider blieb es bei dem "nichts"...Eine Schande!

Fang nun von vorne an, kämpfe mit Demut, um deine recht kümmerliche Hingabe −die eines Knausers − zu entfachen, bis sie "alles" vermag.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 21

21 Wir, die wir uns Gott überlassen haben, haben nichts verloren.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 22

22 Wie gern möchte ich vielen Müttern und Vätern ins Ohr sagen: Es ist kein "Opfer", dieKinder hinzugeben, damit sie Gott dienen − es ist Ehre und Glück.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 23

23 Es kam für ihn der Augenblick der schweren Prüfung − da suchte er dich verzweifeltauf. − Erinnerst du dich noch? Ihm − dem Freund, der dir "kluge" Ratschläge gab −war deine Verhaltensweise absurd erschienen; sie entstamme einer geistigenVerbildung, dein Wille sei vereinnahmt − und dergleichen "scharfsinnige" Erkenntnissemehr...

Dann hatte er sein Urteil gefällt: "Dieses Sich−Gott−Hingeben ist Folge einer

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anormalen Überspanntheit des religiösen Gefühls". In seine Pseudologik verfangen,meinte er, zwischen dich und deine Familie sei ein Fremder getreten: Christus.

Jetzt hat er begriffen, was du ihm damals so oft sagtest: daß Christus niemals Seelenauseinanderreißt.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 24

24 Es ist eine dringende Aufgabe, die Gewissen von Gläubigen wie Nichtgläubigenaufzurütteln − viele Gutwillige zu mobilisieren −, damit sie mitarbeiten und diemateriellen Mittel aufzubringen helfen, die für das Mühen um die Seelen erforderlichsind.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 25

25 Er zeigt viel Begeisterung, viel Verständnis. Aber er weicht ängstlich aus, sobald ermerkt, daß es um "ihn" geht, daß "er selbst" es ist, der ernsthaft mitarbeiten soll.

Mich erinnert er an die Leute, die angesichts schwerer Gefahr pathetisch zum Kampfaufriefen − aber weder ein Geldopfer bringen wollten noch bereit waren, selbst zurVerteidigung des Vaterlandes anzutreten.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 26

26 Es tut einem weh zu sehen, was manche Leute unter Almosengeben verstehen: ein paarGroschen oder alte Kleider. Man könnte meinen, sie hätten das Evangelium nichtgelesen.

Keine falsche Schüchternheit: Helft den Menschen, Glauben und Starkmut so weit zuentfalten, daß sie sich großzügig − noch zu Lebzeiten − vom scheinbar Notwendigenloslösen!

Den Drückebergern könnt ihr erklären, daß es auch nach irdischen Maßstäben wenigrühmlich ist, auf den Tod zu warten, ehe man etwas "rausrückt" − bis zu dem Zeitpunktalso, da man ohnehin nichts mehr mitnehmen kann.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 27

27 "Wer verleiht, kriegt's nicht zurück; wenn aber doch, nicht ganz; wenn ganz, dann nichtleicht; wenn leicht, macht's todfeind!"

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Was daraus folgt? Gib! Ohne Berechnung und immer Gott zuliebe. So wirst du − auchschon aus irdischer Sicht − den Mitmenschen näher sein. Außerdem hilfst du, die Zahlder Undankbaren zu vermindern.

(A.d.Ü. Das spanische Sprichwort soll die Erfahrung ausdrücken, daß man demNächsten mit Leihgaben nicht hilft; denn entweder schreibt man das Verliehene aboder, falls man auf seinem Recht besteht und es zurückverlangt, macht man sich einenFeind. Diese Einstellung widerspricht dem Geist der Hingabe.)

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 28

28 Ich sah diesen einfachen Mann rot werden, er war dem Weinen nahe. Mit seinemeigenen, ehrlich verdienten Geld unterstützte er großzügig gute Werke... Und nun hatteer erfahren, daß "Ehrenmänner" ihn seines Einsatzes wegen der Heucheleiverdächtigten.

Da er ein Neuling in den Schlachten Gottes war und noch ganz naiv, meinte erfassungslos: "Sie sehen, daß ich Opfer bringe... und machen mich nun auch noch zumOpfer ihres Spotts!"

Ich sprach mit ihm, ruhig und eingehend. Er küßte mein Kruzifix... Seine soverständliche Empörung verwandelte sich in Frieden und Freude.

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 29

29 Verspürst du nicht diesen brennenden Drang nach noch vollkommenerer, noch"verrückterer" Hingabe?

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 30

30 Wie lächerlich benehmen wir uns doch, wenn wir armseligen Geschöpfe dem Herrnimmer wieder Kleinigkeiten verweigern! Die Zeit vergeht, man sieht die Dinge immerklarer in ihrer wahren Bedeutung − und am Ende bleiben nur Scham und Reue zurück...

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 31

31 "Aure audietis, et non intelligetis: et videntes videbitis, et non perspicietis". Es sindklare Worte des Heiligen Geistes: mit ihren eigenen Ohren hören sie, und sie verstehennicht; mit ihren eigenen Augen sehen sie, und sie nehmen nichts wahr.

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Warum bist du bedrückt, wenn so mancher, der das apostolische Werk "sieht" undseine Großartigkeit erkennt, sich trotzdem nicht hingeben will? Du bete in Ruhe undharre auf deinem Weg aus! Für die, die ihn nicht mitzugehen wagen, werden anderekommen!

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 32

32 Seitdem du Ihm dein "Ja" zur Antwort gabst, ändert im Laufe der Zeit der Horizontseine Farbe: er wird jeden Tag schöner, weitet sich und erstrahlt immer herrlicher.Aber: du mußt dieses "Ja" immer wieder neu sprechen...

Die Spur des Sämanns, Grosszügigkeit, 33

33 Unsere Liebe Frau: Meisterin der Hingabe ohne Grenzen. − Erinnerst du dich? Auf siebezog sich jenes rühmende Wort Jesu Christi: "Jeder, der den Willen meines Vaters tut,ist mir Mutter!"

Bitte diese gütige Mutter, daß sie dir helfe, in deiner Seele − nach ihrem Vorbild − dieAntwort der rückhaltlosen Hingabe zu festigen, die stark wie die Liebe ist und freimacht: "Ecce ancilla Domini! − Ich bin die Magd des Herrn."

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 34

34 Wenn die Verteidigung der Wahrheit auf dem Spiel steht − wie kann man sich dawünschen, Gott nicht zu mißfallen und doch gleichzeitig nirgendwo Anstoß zuerregen? Das ist ausgeschlossen; es gibt nur das eine oder das andere! Wirkliches Opfermuß ein Brandopfer sein, in dem alles verbrennt, auch das Gerede der Leute, ja selbstdas, was man "Ansehen" und "guten Ruf" nennt.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 35

35 Wie klar erkenne ich jetzt, daß die "heilige Unverschämtheit" sehr, sehr tief imEvangelium verwurzelt ist! Erfülle den Willen Gottes... und hab den Herrn vor Augen:Jesus, verleumdet... Jesus, angespuckt und geschlagen... Jesus, vor die Tribunalearmseliger Menschen geschleppt... Und Jesus, der schweigt...

Vorsatz: Gegenüber Schmähungen den Kopf senken und in Erwartung weitererDemütigungen − denn die werden sicher noch kommen − die göttliche Aufgabefortsetzen, die die barmherzige Liebe des Meisters uns hat anvertrauen wollen.

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Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 36

36 Es wird einem angst und bange beim Gedanken an das Unheil, das wir anrichtenkönnen, wenn wir uns von der Furcht oder der Scham anstecken lassen, uns imalltäglichen Leben als Christen zu bekennen.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 37

37 Es gibt Leute, die meinen, sie müßten sich dafür entschuldigen, daß sie von Gott odervom Apostolat sprechen. Vielleicht, weil sie noch nicht den Wert von Charakter undTugend entdeckt haben und zum anderen geistig verbildet und feige sind.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 38

38 Vergebliche Liebesmühe, allen gefallen zu wollen. Querulanten und chronischUnzufriedene wird es immer geben. Ein Sprichwort sagt: "Wenn es den Schafen gutgeht, geht es den Wölfen schlecht".

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 39

39 Laß dich nicht von einem Feind einschüchtern, dessen einzige Stärke sein aggressivesMundwerk ist!

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 40

40 Du weißt die geleistete Arbeit zu schätzen... Du bist einverstanden. Aber du achtestsorgfältig darauf, ja nicht mitzuarbeiten, mehr noch: es so anzustellen, daß die andereneine Mitarbeit von deiner Seite auch gar nicht vermuten können.

Du habest Angst davor, für besser gehalten zu werden, als du bist, so sagtest du mir. Istes nicht vielmehr so, daß du dich davor fürchtest, Gott und die Menschen könnten vondir eine entschiedenere und glaubwürdigere Haltung verlangen?

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Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 41

41 Er schien vollkommen entschlossen zu sein... Als er sich aber hinsetzte, um denAbschiedsbrief an seine Verlobte zu schreiben, wurden Zögern und Unsicherheitübermächtig; der Mut verließ ihn... Das sei nur menschlich und verständlich, meinteneinige. Offenbar gehört für manche die irdische Liebe nicht zu den Gütern, die man umder uneingeschränkten Nachfolge Christi willen verlassen soll, wenn der Herr darumbittet.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 42

42 Einige fallen aus Schwäche, denn wir sind ja aus Lehm gemacht und zerbrechlich −aber sie halten unbeirrt an der Lehre der Kirche fest.

Solche Menschen sind es, die − mit der Gnade Gottes − sich in heroischer Weise tapferund demütig zeigen, indem sie ihre Fehler bekennen und die Wahrheit engagiertverteidigen.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 43

43 Gewiß − man kann den Glauben Dummheit und das Gottvertrauen Leichtsinn nennen...

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 44

44 Es sei Wahnsinn, auf Gott zu bauen! − Ist es aber nicht noch wahnsinniger, auf sichselbst oder auf andere Menschen zu bauen?

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 45

45 Du schreibst mir, daß du endlich gebeichtet und dabei die Demütigung erfahren habest,den Sumpf deines Lebens − so sagst du − vor einem Menschen aufdecken zu müssen.

Wann endlich reißt du diesen Dünkel aus deinem Innern aus? Erst dann wirst du dichbei der Beichte gegenüber "diesem Menschen" − einem Gesalbten Gottes, einem

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anderen Christus, Christus selbst!, der dir die Lossprechung der Sünden, die VergebungGottes erteilt − voll Freude so zeigen, wie du in Wahrheit bist.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 46

46 Haben wir doch den Mut, beharrlich und für alle sichtbar unserem heiligen Glaubenentsprechend zu leben.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 47

47 Wir dürfen keine Sektierer sein, sagte mir jemand mit der Attitüde der Unparteilichkeit,als es um die Festigkeit in der kirchlichen Lehre ging.

Ich erläuterte ihm, daß, wer die Wahrheit bekennt, kein Sektierer ist. Er verstand seinenIrrtum.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 48

48 Ein Blick auf Portraits aus früheren Zeiten macht deutlich, wie unsinnig es ist, dieMode zum Maßstab für das Verhalten zu erheben.

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 49

49 Daß du Prozessionen gern hast und auch all die anderen sichtbaren Bekundungen, mitdenen unsere heilige Mutter, die Kirche, Gott die geschuldete Verehrung erweist − sehreinverstanden! Aber laß all das wirklich Leben in dir gewinnen!

Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 50

50 "Ego palam locutus sum mundo": Ich habe offen vor aller Welt gesprochen, antwortetJesus dem Kajaphas, als die Stunde naht, da er sein Leben für uns hingibt.

Und dennoch gibt es Christen, die sich schämen, ihre Liebe zum Herrn "palam", offen,zu zeigen.

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Die Spur des Sämanns, Menschenfurcht, 51

51 Schon sind die Apostel Hals über Kopf geflohen. Das Volk tobt und macht brüllendseinem Haß gegen Jesus Christus Luft. Nur Maria folgt ihrem Sohn aus nächster Nähedurch die Straßen Jerusalems... Ungeachtet der wütenden Menge hält sie Schritt mitdem Erlöser. Mit dem "Mut" der Feiglinge, in der Anonymität der Masse, mißhandeltder begleitende Pöbel unseren Herrn...

"Virgo fidelis! " − Du getreue Jungfrau! − Rufe mit lauter Stimme zu ihr, auf daß sieuns, die wir uns "Freunde Gottes" nennen, dazu verhelfe, es auch tatsächlich undallezeit zu sein.

Die Spur des Sämanns, Freude, 52

52 Niemand kann auf dieser Erde glücklich sein, ehe er sich nicht entschlossen hat, esnicht zu sein. Denn das ist unser Weg: Leid − Christen sagen: Kreuz −, Gottes Wille,Liebe und endlich das wahre Glück − in diesem Leben schon und dann für ewig.

Die Spur des Sämanns, Freude, 53

53 "Servite Domino in laetitia!" − Dient dem Herrn in Freude! − Ich will Gott freudigdienen! Und diese Freude soll die Frucht meines Glaubens, meiner Hoffnung undmeiner Liebe sein... Sie wird ohne Ende sein, denn − so sagt uns der Apostel −"Dominus prope est!", der Herr ist mir nahe. Ich ziehe meine Straße weiter, in seinerObhut, denn Er ist mein Vater... Mit seiner Hilfe werde ich seinen allzeit geliebtenWillen erfüllen − koste es, was es wolle!

Die Spur des Sämanns, Freude, 54

54 Der Rat, den ich euch immer wieder mit größter Eindringlichkeit wiederholen möchte,lautet: Seid froh, wirklich froh! Mögen die traurig sein, die sich nicht als Kinder Gottesbetrachten...

Die Spur des Sämanns, Freude, 55

55 "Ich versuche mich zu >zerreißen

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Die Spur des Sämanns, Freude, 56

56 Dies schrieb mir jemand, der wirklich glaubt: "Lebt man notgedrungen isoliert, dannwird die Hilfe der Brüder deutlich spürbar. Bedenke ich, daß ich jetzt alles >alleine<tragen muß, dann wird mir auch ganz klar, daß ich meinen unverwüstlichenOptimismus nicht bewahren könnte − wenn ich nicht über alle Entfernung hinwegunsere Verbundenheit spürte." Wie wunderbar ist doch die Gemeinschaft der Heiligen!

Die Spur des Sämanns, Freude, 57

57 Vergiß mir nicht, daß es manchmal einfach notwendig ist, frohe Gesichter um sich zuhaben.

Die Spur des Sämanns, Freude, 58

58 "Ihr seid alle so froh", hörte ich jemand sagen, "so etwas hätte ich nicht erwartet."

Seit eh und je sind die Feinde Christi auf diabolische Weise bestrebt, Gott hingegebeneMenschen als "Trauerklöße" hinzustellen. Leider finden sie manchmal Bestätigungdurch die triste "Tugend" einiger "guter" Christen.

Wir danken Dir, Herr, daß Du unser Leben in Dienst hast nehmen wollen, damit wirdurch nie versiegende Freude eine solch üble Karikatur auslöschen.

Und ich bitte dich auch darum, daß wir dies nie aus den Augen verlieren!

Die Spur des Sämanns, Freude, 59

59 Niemand soll Traurigkeit oder Schmerz aus deinem Gesicht herauslesen, wenn dudurch unsichtbare Opfer Christus in deiner Umwelt gegenwärtig werden läßt: KinderGottes müssen immer Frieden und Freude aussäen.

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Die Spur des Sämanns, Freude, 60

60 Die Freude eines Mannes, einer Frau, die für Gott leben, muß sich ihrer Umgebungmitteilen: heiter, ansteckend, gewinnend... Kurz: Sie muß so übernatürlich und von somitreißender Natürlichkeit sein, daß sie andere Menschen auf die Wege Christi zieht.

Die Spur des Sämanns, Freude, 61

61 "Zufrieden?" − Die Frage machte mich nachdenklich.

Bis jetzt sind die Worte noch nicht gefunden, die wirklich ganz wiedergeben könnten,was Herz und Willen dessen erfüllt und bewegt, der sich als Kind Gottes erfahren hat.

Die Spur des Sämanns, Freude, 62

62 Weihnachten. Du schreibst mir: "Mit der gleichen heiligen Erwartung wie Maria undJosef erwarte auch ich, voller Ungeduld, das Kind. Wie glücklich werde ich inBethlehem sein! Ich fühle, daß ich in grenzenlosen Jubel ausbrechen werde! Ja, undauch ich will Ihm von neuem geboren werden!"

Möge dein Wunsch in Erfüllung gehen!

Die Spur des Sämanns, Freude, 63

63 Nimm dir aufrichtig vor, allen, die um dich sind, den Weg liebenswert und leichtergangbar zu machen, denn das Leben bringt ohnehin schon genug bittere Erfahrungenmit sich.

Die Spur des Sämanns, Freude, 64

64 Wie herrlich ist es, Ungläubige zu bekehren, Seelen zu gewinnen!

Ja, und ebenso herrlich und Gott sogar noch wohlgefälliger ist es, sie nicht verlorengehen zu lassen.

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Page 15: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Freude, 65

65 Wieder einmal bist du in deine Torheiten von früher zurückgefallen! Kommst du dannzurück, bist du ohne rechte Freude... es fehlt dir an Demut.

Es scheint, als hättest du dich darauf versteift, den zweiten Teil des Gleichnisses vomverlorenen Sohn zu ignorieren − und so bleibst du noch beim elenden "Glück" derFutterschoten hängen. Du erkennst deine Brüchigkeit, das verletzt deinen Stolz, duzögerst mit der Bitte um Vergebung und bedenkst nicht, was auf dich wartet, wenn duin Demut bereust: die freudige Umarmung durch deinen Vater Gott und das Fest fürden, der heimkehrt, der von neuem beginnt...

Die Spur des Sämanns, Freude, 66

66 Es stimmt: Wir taugen nichts, wir sind nichts, wir vermögen nichts, wir haben nichts.Außerdem fehlt es in den Mühen des Alltags nicht an Widerständen undVersuchungen... Aber mit deinen Brüdern vereint, erfährst du, wie ihre Freude alleSchwierigkeiten zerstreut, da sie fest auf den Herrn bauen: "Quia Tu es Deus fortitudomea" − denn Du, Gott, bist unsere Stärke.

Die Spur des Sämanns, Freude, 67

67 Was das Gleichnis von den zum Gastmahl Geladenen erzählt, wiederholt sich dauernd.Die einen haben Angst; die anderen sind zu beschäftigt; und viele flüchten sich indumme Ausreden.

Sie entziehen sich... Und was bleibt ihnen schließlich? Abgestumpftheit, Lustlosigkeit,Langeweile, Verbitterung... Dabei ist es so leicht, die göttliche Einladung jedeseinzelnen Augenblicks anzunehmen und froh und glücklich zu leben!

Die Spur des Sämanns, Freude, 68

68 Es ist sehr bequem zu sagen: "Dazu tauge ich nicht; mir, uns geht sowieso alles schief".− Abgesehen davon, daß das ja nicht stimmt, verbirgt sich hinter solchem Pessimismuseine ordentliche Portion Faulheit... Manche Dinge machst du gut, manche schlecht.Was die gelungenen angeht, sei froh und zuversichtlich; und was die mißlungenenbetrifft, so laß dich nicht entmutigen, nimm sie dir nochmals vor, sei bereit zu lernen:dann gelingen auch sie.

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Die Spur des Sämanns, Freude, 69

69 "Vater, ich lache − so wie Sie mir geraten haben − über meine Armseligkeiten, dochohne dabei zu vergessen, daß ich ihnen nicht nachgeben darf; dann fühle ich mich vielfroher.

Begehe ich aber die Dummheit, traurig zu werden, ist mir sofort, als verlöre ich denWeg..."

Die Spur des Sämanns, Freude, 70

70 Du hast mich gefragt, ob ich ein Kreuz zu tragen habe... Und ich antworte dir: Ja. Wirtragen immer das Kreuz. − Aber es ist das Kreuz des Sieges, das göttliche Siegel, dasUnterpfand wahrer Gotteskindschaft. Deshalb ziehen wir unsere Straße − immer unterdem Kreuz und immer glücklich.

Die Spur des Sämanns, Freude, 71

71 Du bist froher. Aber diesmal ist es eine Freude, die mit einer gewissen Ungeduld undNervosität verbunden ist und bei der du zugleich spürst, daß etwas in dir zerreißt − undgeopfert wird.

Hör mir gut zu: Auf dieser Erde gibt es das vollkommene Glück nicht. Gerade darumsollst du dich − und zwar jetzt gleich, wortlos und ohne Selbstmitleid − Gott als Gabedarbringen, ganz und gar, bedingungslos...

Die Spur des Sämanns, Freude, 72

72 Du erlebst jetzt Tage voller Freude, die Seele ist eingetaucht in lauter Licht undFarbenpracht. Und du staunst: denn die Gründe für diese deine jetzige Freude sindgenau die, die dich früher in Mutlosigkeit stürzten!

So ist es immer. Es kommt auf unseren Blickwinkel an. − "Laetetur cor quaerentiumDominum!" Das Herz derer, die Gott suchen, fließt über vor Freude.

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Die Spur des Sämanns, Freude, 73

73 Wie groß ist der Unterschied zwischen dem Leben der Glaubenslosen, die bedrückt undunsicher in einem sinnleeren Dasein, Wetterfahnen gleich, den Wechselfällen desSchicksals ausgesetzt sind, und unserem Leben als Christen, das voller Zuversicht,Freude und Festigkeit in sich ruht, weil wir unserer übernatürlichen Bestimmunginnewurden und unbeirrbar an ihr festhalten!

Die Spur des Sämanns, Freude, 74

74 Du bist unzufrieden − weil du alles um dich kreisen läßt, so als wärest du der Nabel derWelt: du hast Magenschmerzen, du bist müde, du hast dies und das zu hörenbekommen...

Hast du schon einmal versucht, an Ihn zu denken und um seinetwillen an die anderen?

Die Spur des Sämanns, Freude, 75

75 "Miles" − Soldat, Kämpfer, so nennt der Apostel den Christen.

Im Heere Gottes, das diesen gesegneten, christlichen Kampf um Liebe und Friedenzum Wohle aller Menschen zu führen hat, finden sich ermüdete, hungrige, von Wundengezeichnete Soldaten... Aber alle sind von Freude erfüllt: in ihrem Herzen flammenschon die Leuchtfeuer des Sieges...

Die Spur des Sämanns, Freude, 76

76 "Vater, ich habe mir vorgenommen, immer froh zu sein: mit heiterem Herzen, mögenauch manche Schläge kommen."

Ein guter Vorsatz. Ich bete, daß du ihn erfüllst.

Die Spur des Sämanns, Freude, 77

77 Manchmal überkommt dich so etwas wie eine Anwandlung von Mutlosigkeit, die dirden Schwung raubt. Auch mit vielen Stoßgebeten der Hoffnung schaffst du es kaum,sie zu überwinden.

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Page 18: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Macht nichts. Das ist die rechte Stunde, um von Gott mehr Gnade zu erbitten. Nurweiter voran! Erneuere in dir die Freude zu kämpfen, auch wenn du ein Gefechtverloren hast.

Die Spur des Sämanns, Freude, 78

78 Dunkle Wolken sind heraufgezogen: Lustlosigkeit, Enttäuschung... Regenschauer sindniedergegangen: Traurigkeit und das deutliche Gefühl, du seist wie in Fesselngeschlagen... Dazu noch quält dich eine nur teilweise objektiv begründeteNiedergeschlagenheit: So viele Jahre schon, meinst du, mühst du dich ab − und immernoch ein "Nachzügler", immer noch so fern vom Ziel...

All das ist notwendig. Gott rechnet damit. Wollen wir das "gaudium cum pace" − denwahren Frieden und die wahre Freude − erlangen, dann müssen wir das Bewußtseinunserer Gotteskindschaft, das uns mit Zuversicht erfüllt, durch die Annahme dereigenen Unzulänglichkeit vertiefen.

Die Spur des Sämanns, Freude, 79

79 Du hast dich verjüngt! Tatsächlich wirst du gewahr, daß der Umgang mit Gott dirschon binnen kurzer Zeit die glückliche Ungezwungenheit deiner Jugendzurückgebracht hat und daß dir sogar die wunderbare Geborgenheit aus den fernenTagen deiner geistigen Kindheit wiedergeschenkt wird − und doch weitab von jeglicherKinderei. Du blickst dich um und stellst fest, daß es auch den anderen so ergeht. Seitihrer Begegnung mit dem Herrn sind Jahre vergangen, aber je älter und reifer siewerden, desto unverwüstlicher ihre innere Jugendlichkeit, ihre Herzensfreude. Siewirken nicht nur jung: sie sind jung und froh!

Diese Wirklichkeit des inneren Lebens ist es, die die Menschen anzieht, ihnen Mutmacht und sie schließlich überwältigt. Richte jeden Tag dein Dankgebet "ad Deum quilaetificat iuventutem" − an Gott, der deine Jugend erfreut.

Die Spur des Sämanns, Freude, 80

80 Die Gnade Gottes fehlt dir nicht. Wenn du ihr entsprichst, dann kannst du dichvollkommen sicher fühlen.

Von dir hängt der Sieg ab: Wirken dein Mut und dein Elan mit der Gnade zusammen,dann sind Optimismus und Siegesgewißheit vollauf begründet.

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Die Spur des Sämanns, Freude, 81

81 Gestern gehörtest du vielleicht noch zu denen, die verbittert ihre Hoffnungen begrabenhatten, die in ihren menschlichen Erwartungen enttäuscht waren. Heute, nachdem Er indein Leben getreten ist − Dank Dir, mein Gott! −, lachst du und singst und strahlstüberall, wo du hinkommst, Freude, Liebe und Wärme aus.

Die Spur des Sämanns, Freude, 82

82 Viele Menschen fühlen sich unglücklich − weil sie alles im Überfluß haben. Christen,die wirklich als "Kinder Gottes" leben, mögen Not erfahren, Hitze, Kälte,Erschöpfung... Da aber alles dies von Gott gewollt oder zugelassen ist, wird ihnen dieFreude niemals verlorengehen. Denn Er ist die Quelle des wahren Glücks.

Die Spur des Sämanns, Freude, 83

83 Mitten im Strom von Menschen ohne Glauben und ohne Hoffnung, irrlichterndenGeistern, von Ängsten geplagt, auf der Suche nach Lebenssinn, hast du ein Zielgefunden: Ihn!

Und diese Entdeckung wird deinem Dasein neue Freude verleihen und dichverwandeln. Sie wird dir jeden Tag ein Meer wunderbarer, dir bis dahin verborgenerDinge vor Augen führen, die alle zeigen, wie herrlich weit und breit der Weg ist, derdich zu Gott hinführt.

Die Spur des Sämanns, Freude, 84

84 Dein Glück auf Erden ist eins mit deiner Treue zum Glauben, zur Reinheit und zu demWeg, den Gott dir bestimmt hat.

Die Spur des Sämanns, Freude, 85

85 Danke Gott dafür, daß du froh bist − danke Ihm mit jener tiefen Freude, die sich nielautstark kundtut.

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Die Spur des Sämanns, Freude, 86

86 Mit Gott − so überlege ich − erscheint mir jeder neue Tag reizvoller. Ich lebe wie ein"Entdecker": heute fällt mir dieses wunderbare Detail auf, morgen stehe ich plötzlichvor einer Aussicht, die mir bis dahin versperrt war... Wenn das so weitergeht − werweiß, was mir im Laufe der Zeit noch begegnen wird...

Dann vernahm ich in mir die Zusicherung Gottes: Deine Freude wird Tag für Tagwachsen, denn du wirst dich in das erhabene Abenteuer, in das dicke "Knäuel vonÜberraschungen", in die ich dich hineingeführt habe, immer tiefer einlassen − je länger,desto leidenschaftlicher. Und du wirst erfahren, daß ich dich nicht verlasse.

Die Spur des Sämanns, Freude, 87

87 Die Freude folgt aus der Hingabe, und mit jeder neuen Runde des Eselchens amSchöpfrad nimmt sie zu.

Die Spur des Sämanns, Freude, 88

88 Welch unwandelbare Freude in dir, weil du dich Gott hingegeben hast!... Und wie sehrdrängt es dich und spornt deinen Eifer an, alle an deiner Freude teilhaben zu lassen!

Die Spur des Sämanns, Freude, 89

89 Nimm das, was dir jetzt Sorge macht, in dieses leise Lächeln hinein, das du aus Liebezu Gott verschenkst.

Die Spur des Sämanns, Freude, 90

90 Optimismus? Immer! Auch dann, wenn dir die Dinge scheinbar danebengehen.Vielleicht ist das dann gerade der rechte Augenblick, um ein "Gloria" anzustimmen;denn deine Zuflucht ist ja Er, und von Ihm kann nur das Gute kommen.

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Die Spur des Sämanns, Freude, 91

91 Hoffen bedeutet nicht, einen ersten Lichtschimmer zu erspähen, sondern vielmehr mitgeschlossenen Augen darauf zu vertrauen, daß der Herr das Licht in Fülle besitzt und indieser Fülle lebt. Er ist das Licht.

Die Spur des Sämanns, Freude, 92

92 Pflicht eines jeden Christen ist es, den Frieden und das Glück überallhin auf Erden zutragen: ein Kreuzzug der Seelenstärke und der Freude, der auch stumpfe und verderbteHerzen wachzurütteln und wieder Gott zuzuwenden vermag.

Die Spur des Sämanns, Freude, 93

93 Wenn du jeden Anflug von Neid im Keim erstickst und wenn du den anderen vonganzem Herzen ihre Erfolge gönnst, wirst du die Freude nie verlieren.

Die Spur des Sämanns, Freude, 94

94 Ein Freund sprach mich an: "Man hat mir gesagt, daß du verliebt bist". − Ich bliebstehen, sehr überrascht, und mir fiel nur ein zu fragen, woher er das hätte.

Er gestand: aus den Augen gelesen − die strahlten vor Freude.

Die Spur des Sämanns, Freude, 95

95 Wie muß der Blick Jesu gewesen sein, aus dem die Freude leuchtete... Und genausowerden die Augen seiner Mutter geleuchtet haben, als sie ihren Jubel nicht mehrzurückhalten konnte: "Magnificat anima mea Dominum!" − Meine Seele preist dieGröße des Herrn... Ja, ihre Seele jauchzt Ihm zu, den sie im Schoße trägt und an ihrerSeite weiß.

Mutter! Unsere Freude soll wie die deine darin gründen, daß wir bei Ihm sind und Ihnzu eigen haben.

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Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 96

96 Seid nicht engherzig, keine unreifen Männer und Frauen, kurzsichtig und unfähig, dieWeite unseres übernatürlichen Horizonts als Christen und Kinder Gottes zu ermessen.Gott − und Kühnheit!

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 97

97 Kühnheit ist weder Dummheit noch Leichtsinn, noch bloße Tollkühnheit.

Kühnheit ist Starkmut, eine Kardinaltugend, die die Seele zum Leben braucht.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 98

98 Du hast dich entschieden, mehr aus nüchterner Überlegung als in feurigerBegeisterung. Gerne hättest du etwas "empfunden", aber dazu war einfach kein Raum...Du gabst dich hin, als du davon überzeugt warst, daß Gott es so wollte.

Von jenem Augenblick an hast du keine wirklichen Zweifel mehr "empfunden", wohlaber eine ruhige, gelassene Freude, die gelegentlich überschäumt. So belohnt Gott diemutigen Taten der Liebe.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 99

99 Ich habe ein Sprichwort gelesen, das in manchen Ländern sehr bekannt ist: "Die Weltgehört Gott, aber Er verpachtet sie den Tapferen". Das machte mich nachdenklich.

Worauf wartest du noch?

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 100

100 Ich bin nicht der Apostel, der ich sein sollte. Ich bin − zu schüchtern...

Bist du nicht vielmehr kleinmütig, weil deine Liebe gering ist? − Tu etwas dagegen!

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Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 101

101 Die Schwierigkeiten haben dich verunsichert, und so bist du "klug, maßvoll undobjektiv" geworden.

Erinnere dich daran, daß du solche Begriffe immer verachtet hast, wenn sie nur einanderes Wort für Feigheit, Kleinmut und Bequemlichkeit sind.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 102

102 Angst? Ein Merkmal von Menschen, die Schlechtes tun − und es wissen. Du −niemals!

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 103

103 Viele Christen wären Apostel − wenn sie nur keine Angst hätten.

Es sind dieselben, die sich dann beklagen, der Herrgott lasse sie im Stich. Und wieverhalten sie sich Gott gegenüber?

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 104

104 Voller Enthusiasmus sagen sie: Wir sind so viele − mit Gottes Hilfe können wirüberallhin gelangen.

Warum verzagst du also? Mit Gottes Gnade kannst du dahin gelangen, heilig zuwerden. Das ist es, was wirklich zählt.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 105

105 Gewissensbisse, weil wir etwas Gutes unterlassen haben, sind ein Zeichen dafür, daßes Wille Gottes war, es nicht zu unterlassen.

Stimmt. Sei außerdem sicher, daß dir mit der Gnade Gottes auch das "Können" nichtversagt geblieben wäre.

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Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 106

106 Vergessen wir das eine nicht: In der Erfüllung des göttlichen Willens bewältigt mandie Schwierigkeiten, indem man über sie hinweg− oder unter ihnen hindurch− oderan ihnen vorbeigeht... Auf jeden Fall: man kommt durch!

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 107

107 Wenn man arbeitet, um ein apostolisches Werk auszubreiten, dann ist ein "Nein"niemals das letzte Wort. Beharre weiter auf deinem Anliegen.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 108

108 Du bist zu vorsichtig oder zu wenig übernatürlich und hältst dich deshalb für klug.Bau doch nicht selber Hindernisse auf, und tu auch nicht so, als könntest nur du siealle beseitigen!

Es kann ohne weiteres sein, daß dein Gegenüber − weniger "vernünftig" und dahergroßzügiger als du − auf Gott setzt und dir daher nicht so viele Wenn und Abervorbringt...

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 109

109 Es gibt Verhaltensweisen, die sehr vernünftig erscheinen − aber dahinter verbergensich im Grunde nur Kleinmut und Ängstlichkeit.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 110

110 Sei überzeugt: Wenn Menschen für Gott arbeiten, gibt es für sie keineunüberwindlichen Schwierigkeiten, keine Entmutigung, die zur Kapitulation führenkönnte, keinen Mißerfolg, der diesen Namen wirklich verdiente − mögen auch dieErgebnisse noch so mager erscheinen.

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Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 111

111 Dein Glaube ist nicht reich genug an Werken! Man könnte meinen, es sei der Glaubeeines Frömmlers und nicht der eines Menschen, der um Heiligkeit ringt.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 112

112 Gelassenheit! Mut zum Wagnis!

Sprenge mit diesen Tugenden die Fünfte Kolonne der Lauen, der Feigen, derVerräter.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 113

113 Du wolltest rastlos kämpfen, so hast du mir versichert. Und jetzt kommst du an undläßt die Flügel hängen.

Sieh: sogar rein menschlich betrachtet, ist es ratsam, daß man dir nicht alleHindernisse aus dem Wege räumt und alle Probleme löst. Denn du selbst mußt jaeiniges − vieles! − dazu tun... Wie willst du dich sonst heiligen?

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 114

114 Du läßt dich nicht darauf ein, an dieser übernatürlich ausgerichteten Unternehmungmitzuarbeiten, denn − so deine Worte − du befürchtest, nicht "anzukommen" oderMißerfolg zu ernten.

Dächtest du mehr an Gott, dann lösten sich diese unsinnigen Überlegungen in Nichtsauf.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 115

115 Manchmal kommt mir der Gedanke, daß einige wenige Feinde Gottes und seinerKirche von der Ängstlichkeit der vielen Braven leben. Dann schäme ich mich sehr.

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Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 116

116 In unserem Gespräch meinte er, er zöge es vor, niemals die primitive Hütte, die erbewohnte, zu verlassen. Er zählte nämlich lieber die Balken "seiner" Behausung alsdie Sterne am Himmel.

So sind viele: unfähig, auf ihren Kleinkram zu verzichten und die Augen zumHimmel zu erheben. Es ist höchste Zeit, daß sie ihren Blick weiten und auf dasrichten, was oben ist...

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 117

117 Ich begreife die übernatürliche und menschliche Freude des Glücklichen, der unterden Ersten sein durfte, die den göttlichen Samen aussäten. Voller Gewißheitwiederholte er es sich: "Wie wunderbar ist es, sich hier als einziger dazu bestellt zuwissen, eine ganze Stadt samt ihrer Umgebung aufzurütteln."

Warte nicht darauf, daß du mehr Hilfsmittel hast oder daß andere dazukommen: DieSeelen brauchen dich heute, jetzt.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 118

118 Sei geradezu verwegen in deinem Gebet − und der Herr wird dich umwandeln: voneinem Schwarzseher in einen Optimisten, von einem ängstlichen in einen tapferenMenschen, von einem Zauderer in einen Mann des Glaubens − kurz: in einenApostel!

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 119

119 Die Probleme, die dich früher niederdrückten − sie kamen dir wie ein Gebirge vor −,sind völlig verschwunden, sie haben sich nach Gottes eigener Art gelöst − ganz sowie damals, als Jesus auf dem See Wind und Wogen gebot und Stille eintrat.

Und zu denken, daß du noch zweifeltest!...

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Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 120

120 "Helft dem Heiligen Geist nur nicht zu sehr nach!" − meinte ein Freund im Spaß,aber doch mit viel Angst.

Ich denke, war meine Antwort, daß wir Ihm recht wenig "nachhelfen".

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 121

121 Wenn ich so viel Feigheit, so viel falsche Klugheit bei so vielen Männern undFrauen sehe, dann drängt es mich, sie zu fragen: Sind also Glaube und Vertrauen nurPredigtthemen und nicht Grundhaltungen des Lebens?

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 122

122 Deine augenblickliche Verfassung kommt dir seltsam vor: Blickst du in dich hinein,fühlst du dich verzagt; schaust du nach oben − sogleich erfüllen dich Sicherheit undTatkraft.

Mach dir keine Sorge. Das ist ein Zeichen, daß du dich immer besser erkennst und −was noch wichtiger ist − daß du Ihn immer besser erkennst.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 123

123 Siehst du − mit Ihm hast du es geschafft! Warum wunderst du dich?

Glaub mir, es gibt überhaupt keinen Grund, sich zu wundern. Dem, der auf Gottvertraut − wirklich vertraut! −, wird alles leicht. Und mehr noch: immer wiederwerden die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft gesprengt.

Die Spur des Sämanns, Kühnheit, 124

124 Willst du durch ein Leben voll heiliger Kühnheit dahin gelangen, daß Gott durchdich wirkt? − Rufe Maria an! Sie wird dich auf dem Weg der Demut begleiten, undso wirst du es fertigbringen, angesichts all dessen, was dem menschlichen Verstandunmöglich erscheint, mit einem "fiat!" zu antworten − es geschehe! Mit diesemWort, in dem Himmel und Erde sich verbinden.

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 125

125 Nicht alle können reich, gelehrt, berühmt werden... Dafür sind wir aber alle −wirklich "alle" − dazu berufen, heilig zu werden.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 126

126 Treue zu Gott erfordert Kampf, und zwar Nahkampf: Mann gegen Mann − da ist deralte Mensch in uns und der Mensch, wie Gott ihn haben will..., Kleinigkeit umKleinigkeit müssen immer wieder korrigiert werden, ohne nachzugeben.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 127

127 Diese Prüfung, ich bestreite es nicht, erweist sich als zu hart: immer bergauf, allesgeht dir "gegen den Strich".

Was soll ich dir raten? Sag: "omnia in bonum", alles, was da geschieht − alles, "wasmir geschieht" −, ist zu meinem Besten. Darum lautet die richtige Schlußfolgerung:Das, was dir so mühselig erscheint, als segensreiche Realität anzunehmen.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 128

128 Lediglich "gute Männer" und "gute Frauen" − das genügt heute nicht. − Außerdem:wer sich damit zufriedengibt, "ziemlich gut" zu sein, ist nicht gut genug: Wirbrauchen "Aufrührer".

Angesichts des heutigen Hedonismus, der heidnischen und materialistischenStrömungen will Christus echte Nonkonformisten, "Rebellen aus Liebe"!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 129

129 Die Heiligkeit kennt keine Pausen, der wahre Eifer, sie zu erreichen, keine Ferien.

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 130

130 Manche Leute benehmen sich in ihrem Leben so, als wären die Worte des Herrnüber Hingabe und Rechtschaffenheit ausschließlich an die gerichtet worden, denendas keine Mühe bereitet oder die darum nicht zu kämpfen brauchen − aber die gibtes nicht!

Sie vergessen, daß Jesu Wort von den "Gewalttätigen, die das Himmelreich an sichreißen", indem sie tagtäglich einen heiligen Kampf ausfechten, für alle gilt.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 131

131 Welchen Eifer entwickeln doch viele Zeitgenossen, um zu "reformieren"...

Wäre es nicht besser, wir alle − jeder einzelne − "reformierten" uns von innenheraus, um das, was geboten ist, treu zu erfüllen?

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 132

132 Du plätscherst in den Versuchungen herum, bringst dich dabei in Gefahr, spielst mitBlicken und mit Vorstellungen, ergehst dich in seichtem Geschwätz. − Und dannbist du verstört, wenn Zweifel, Skrupel, Verwirrung, Trübsinn undNiedergeschlagenheit auf dich einstürmen.

Du mußt mir zugeben, daß du wenig konsequent bist.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 133

133 Nach der anfänglichen Begeisterung nunmehr Zögern, Unschlüssigkeit, Ängste...Vieles macht dir Sorge: das Studium, die Familie, Geldfragen und vor allem derGedanke, daß du es nicht schaffst oder vielleicht nicht taugst oder noch zu wenigLebenserfahrung besitzt.

Ich will dir ein sicheres Mittel nennen, um solche Befürchtungen − Versuchungendes Teufels oder Mangel an Großzügigkeit! − zu überwinden: Verachte sie, vergißsie... Der Meister hat es schon vor zwanzig Jahrhunderten klar verkündet: Blickenicht zurück!

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 134

134 Wir müssen in unserer Seele einen wirklichen Abscheu vor der Sünde empfinden.Sage Ihm mit zerknirschtem Herzen: Herr, gib, daß ich Dich niemals mehrbeleidige!

Erschrick aber nicht, wenn du die Last deines armen Leibes − und der menschlichenLeidenschaften − spürst... Es wäre töricht und naiv, wenn du jetzt erst entdecktest,daß es "so etwas" gibt. Deine menschliche Schwachheit ist kein Hindernis, sondernein Ansporn, um dich noch mehr mit Gott zu vereinen und Ihn beharrlich zu suchen.Denn Er allein ist es ja, der uns läutert.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 135

135 Wenn deine Phantasie sich um dich selber dreht, bringt sie merkwürdige Situationenund Gebilde hervor, die meist nicht zu deinem Weg passen und dich sinnlosablenken, erkalten lassen und das Bewußtsein der Gegenwart Gottes in dirverdunkeln. − All das: leerer Wahn!

Wenn sich die Phantastereien auf die anderen richten, dann verfällst du leicht in denFehler, über sie zu urteilen − auch wenn das nicht deine Aufgabe ist −, und deutestihr Verhalten in unangemessener und unsachlicher Weise, als fahrlässiger "Richter".

Wenn sich deine Einbildungskraft mit deinen eigenen Fähigkeiten, deinerAusdrucksweise etwa, beschäftigt oder mit der Bewunderung, die du bei anderenhervorrufst, dann läufst du Gefahr, die Lauterkeit der Absicht zu verlieren und stolzzu werden.

Der Phantasie freien Lauf zu lassen, ist für gewöhnlich Zeitverschwendung; siebahnt außerdem − wenn man sie nicht zügelt − zahlreichen freiwilligenVersuchungen den Weg.

Unterlasse an keinem einzigen Tag die innere Abtötung!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 136

136 Sei nicht so töricht oder naiv zu denken, du müßtest Versuchungen erfahren, um derStandhaftigkeit auf deinem Wege versichert zu werden. Genauso könntest du dirwünschen, man brächte dein Herz zum Stillstand, damit du dich von deinemLebenswillen überzeugst.

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 137

137 Führe keinen Dialog mit der Versuchung. Laß es mich wiederholen: Hab den Mut zufliehen! Und besitze ebenso die Stärke, keine Experimente mit deiner eigenenSchwachheit anzustellen − spiele nie mit dem Gedanken, wie weit du gehenkönntest... Mach rechtzeitig Schluß − und zwar ganz!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 138

138 Es gibt keine Entschuldigung. Du allein bist schuld. Wenn dir klar ist − und dukennst dich ja gut genug −, daß du auf diesem Weg − mit dieser Lektüre, mit dieserFreundschaft... − in einen Abgrund geraten kannst... Warum versteifst du dich danndarauf, es sei vielleicht von Vorteil für deine Bildung, für die Entwicklung deinerPersönlichkeit?

Ändere den Kurs − radikal! Mag das auch mehr Mühe kosten und wenigerZerstreuungen bieten. Es ist höchste Zeit, daß du dich wie ein erwachsener Menschbenimmst.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 139

139 Dem Herrn tut die Gedankenlosigkeit so vieler Männer und Frauen, die sich keineMühe geben, freiwillige läßliche Sünden zu meiden, sehr weh. Diese Leuterechtfertigen sich damit, das sei schließlich nur normal, alle begingen mal einenFehltritt...

Hör gut zu: als der Pöbel Christus verurteilte und tötete, schrieen die meisten zuerstnur mit − wie alle anderen! −, zogen zuerst zum Ölgarten nur mit − wie alleanderen!...

Am Ende aber vereinigte sich dies Verhalten "aller" zu einem reißenden Strom, demsich niemand mehr entziehen konnte oder wollte..., und so kreuzigten sie Jesus!

Zwanzig Jahrhunderte sind seitdem vergangen, und wir haben nichts dazugelernt.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 140

140 Dein Stimmungsbarometer steigt und fällt. Es gibt viel − zuviel! − Auf und Ab beidir.

Der Grund ist klar: du hast bis jetzt ein bequemes Leben geführt, und nun willst du

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nicht wahrhaben, daß es zwischen dem bloßen Wunsch und der tatsächlichenHingabe einen beträchtlichen Unterschied gibt.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 141

141 Unvermeidlich stößt du früher oder später auf das offenkundige Elend deiner selbst.Daher möchte ich dich gegen einige Versuchungen wappnen, die dir der Teufeleinflüstern wird und die du sofort zurückweisen mußt. Zum Beispiel Überlegungenwie: Gott habe dich vergessen, der Ruf zum Apostolat sei Illusion gewesen, die Lastdes Leidens und der Sünden der Welt gingen über deine Kräfte als Apostel...

Nichts davon ist wahr!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 142

142 Wenn du wirklich kämpfst, brauchst du die Gewissenserforschung.

Prüfe täglich dein Gewissen! Frage dich, ob du Reue aus Liebe empfindest, weildein Umgang mit dem Herrn nicht so ist, wie er sein sollte.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 143

143 Ähnlich wie viele Leute an Grundsteinlegungen teilnehmen und sich dann nichtmehr um den Grundstein und um die Vollendung des Werkes kümmern, betrügensich die Sünder mit einem vermeintlichen "letzten Mal".

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 144

144 Wenn du Schluß machen willst und sagst: "Das letzte Mal!", dann vergiß nicht:dieses "letzte Mal" muß schon hinter dir und nicht noch vor dir liegen.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 145

145 Ich rate dir: Versuche von Zeit zu Zeit zu den Anfängen zurückzukehren − zu jener"ersten Bekehrung". Das ist, wie wenn man wieder Kind wird... Im geistlichenLeben muß man sich vertrauensvoll führen lassen, ohne Ängste und ohne Falsch;rückhaltlos offen muß man über alles sprechen, was einem Hirn und Herz bewegt.

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 146

146 Wie willst du aus diesem Zustand der Lauheit, der kläglichen Schlaffheitherauskommen, wenn du die Mittel dazu nicht einsetzt? Du kämpfst sehr wenig.Wenn du dich einmal anstrengst, dann in einer Art von kindischem Groll undmürrisch, so als ob du wünschtest, deine lahmen Bemühungen möchten vergeblichsein, um ein Alibi dafür zu haben, dir selbst nichts mehr abzuverlangen und nichtsmehr von dir verlangen zu lassen.

Du bist dabei, deinen eigenen Willen zu erfüllen anstatt den Willen Gottes. Solangedu dich nicht änderst, und zwar ernstlich, wirst du weder das Glück noch denFrieden finden, die du jetzt vermißt.

Demütige dich vor Gott und bemühe dich darum, wirklich zu "wollen".

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 147

147 Welch ein Zeitverlust, welch eine oberflächliche Sicht der Dinge, wenn man nur aufTaktik vertraut, als ob in ihr das Geheimnis des Erfolges läge.

Man vergißt dabei, daß die "Taktik" Gottes die Liebe ist, die grenzenlose Liebe: Soüberwand Er die unüberwindliche Kluft, die der Mensch durch seine Sündezwischen Himmel und Erde aufreißt.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 148

148 Sei, wenn du dein Gewissen erforschst, "wild" aufrichtig, das heißt, sei mutig: Prüfewie vor einem Spiegel, wo du dich verletzt oder wo du dich beschmutzt hast − oderwo die Fehler stecken, die es auszumerzen gilt.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 149

149 Ich muß dich wappnen gegen eine List des "satans" − absichtlich schreibe ich ihnklein, denn mehr verdient er nicht! Er versucht, sich der ganz gewöhnlichenUmstände zu bedienen, um uns mehr oder weniger von dem Weg abzubringen, derzu Gott führt.

Wenn du kämpfst − wenn du ernsthaft kämpfst −, darfst du dich nicht wundern, daßdich manchmal die Müdigkeit überkommt oder du durch Zeiten hindurch mußt, dadir alles "gegen den Strich" geht und du weder geistlichen noch menschlichen Trost

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findest. Schau hier, was jemand mir vor kurzer Zeit schrieb − ich habe es damalsaufbewahrt im Gedanken an die naiven Leute, die meinen, die Gnade könne auf dieNatur verzichten: "Vater, seit einigen Tagen bemerke ich eine schreckliche Trägheitund Lustlosigkeit bei der Erfüllung meines Lebensplanes; alles tue ich wiegezwungen und innerlich recht teilnahmslos. Beten Sie für mich, damit diese Krisebald vorüber ist; denn ich leide sehr unter dem Gedanken, sie könnte mich vomWege abbringen."

Als Antwort schrieb ich nur: Wußtest du nicht, daß die Liebe Opfer verlangt? Lieslangsam die Worte des Meisters: "Wer nicht sein Kreuz >cotidie

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 150

150 Wie dumm scheint der Teufel zu sein − sagtest du. Ich begreife seinen Stumpfsinnnicht: Immer dieselben Täuschungsmanöver, immer dieselben Lügen...

Du hast recht. Aber wir Menschen sind noch dümmer, lernen es nicht, durchfremden Schaden klug zu werden... Damit rechnet er, um uns zu versuchen.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 151

151 Ich habe einmal gehört, daß sich bei großen Schlachten oft etwas Merkwürdigesereignet: Auch wenn die quantitative Überlegenheit an Menschen und Material denSieg im voraus zu sichern scheint, kann es mitten im Gewühl des KampfesAugenblicke geben, da wegen der Schwäche eines Frontabschnitts die Niederlagedroht. Dann erfolgen die strikten Befehle des Oberkommandos, und die Breschen anden Schwachstellen werden geschlossen.

Ich mußte an dich und an mich denken. Mit Gott, der keine Schlachten verliert,werden wir immer Sieger sein. Wenn du also im Kampf um die Heiligkeit deineKraft schwinden fühlst, höre die Befehle, richte dich nach ihnen − laß dir helfen...Denn Er scheitert niemals.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 152

152 In aller Aufrichtigkeit hast du in der Gegenwart Gottes deinem Leiter das Herzausgeschüttet... Und es war wunderbar zu sehen, wie du von allein allmählich dierechten Antworten auf deine "Rückzugsversuche" fandest.

Lieben wir die geistliche Leitung!

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Page 35: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 153

153 Ich gebe dir zu: Du benimmst dich anständig..., aber erlaube mir ein offenes Wort:Mit deinem gemächlichen Schritt bist du nicht nur nicht ganz glücklich, sondernbleibst sehr weit weg von der Heiligkeit.

Deshalb frage ich dich: Benimmst du dich wirklich anständig? Oder hast duvielleicht eine falsche Vorstellung von Anstand?

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 154

154 Bei deinem albernen Leichtsinn und deiner Oberflächlichkeit, bei diesem Zögernangesichts der Versuchung, bei diesem "willenlosen Wollen" ist es unmöglich, daßdu im inneren Leben vorankommst.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 155

155 Ich habe schon immer gedacht, daß viele ihren Widerstand gegen die Gnade mit"morgen" oder mit "später" umschreiben.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 156

156 Ein weiteres Paradox des geistlichen Lebens: Die Seele, deren Zustand amwenigsten der Besserung bedarf, bemüht sich am meisten um sie und läßt nicht nach,darum zu ringen. Und umgekehrt.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 157

157 Bisweilen erfindest du dir selbst "Probleme", weil du deinem Verhalten nicht aufden Grund gehst.

Das einzige, was dir not tut, ist, daß du die Richtung deines Kampfes änderst,nämlich deine Pflicht loyal erfüllst und die Hinweise, die du in der geistlichenLeitung erhältst, treu befolgst.

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Page 36: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 158

158 Noch stärker hast du den Drang, sozusagen die "fixe Idee", verspürt, heilig zuwerden. Ohne zu zögern hast du dann den alltäglichen Kampf aufgenommen in derfesten Überzeugung, daß du jedes Anzeichen von Spießertum unnachsichtig in dirausmerzen mußt.

Später, im betenden Zwiegespräch mit dem Herrn, wurde dir immer klarer, daßKampf ein anderes Wort für Liebe ist. Du hast Ihn um eine tiefere Liebe gebeten, diedir die Angst vor den zu bestehenden Kämpfen nimmt, denn du wirst kämpfen − fürIhn und mit Ihm und in Ihm.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 159

159 Verstrickungen?... Sei ehrlich und gib zu, daß du lieber Sklave deines Egoismus seinwillst, als Gott oder diesem Menschen zu dienen. − Kehr um!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 160

160 "Beatus vir qui suffert tentationem..." − Selig der Mann, der in der Versuchungstandhält, denn, wenn er sich bewährt, wird er den Kranz des Lebens erhalten.

Freut es dich denn nicht, die Erfahrung zu machen, daß diese Art "inneren Sports"eine nie versiegende Quelle des Friedens ist?

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 161

161 "Nunc coepi!" − Jetzt fange ich an! − Das ist der Ruf der liebenden Seele, die, magsie treu oder kleinlich gewesen sein, in jedem Augenblick ihren Wunsch erneuert,mit ungeteilter Hingabe unserem Gott zu dienen − Ihn zu lieben!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 162

162 Es hat dich in der Seele getroffen, als dir jemand sagte: Du suchst ja gar nicht dieBekehrung, sondern einen Rucksack für deine Armseligkeiten..., damit du deintrauriges Gepäck weiterschleppen kannst − möglichst bequem, aber mit dem bitteren

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Geschmack von Aloe im Mund...

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 163

163 Du weißt nicht, was es ist, das dich überwältigt: physische Erschöpfung oder eineArt innerer Ermüdung oder beides zugleich...: Du kämpfst ohne Kampf, du strengstdich nicht wirklich an, um dich tatsächlich so zu bessern, daß du fähig würdest, dieSeelen mit der Freude Christi anzustecken.

Laß dich von mir an das klare Wort des Heiligen Geistes erinnern: Nur der wird denSiegeskranz erhalten, der "legitime", wahrhaft und allen Widerständen zum Trotz,gekämpft hat.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 164

164 Ich könnte besser werden, ich könnte entschlossener sein, ich könnte mehr Elanhaben... Warum nur bring ich's nicht zuwege?

Weil du − entschuldige meine Offenheit − ein Dummkopf bist. Der Teufel weißganz genau, daß eines der am schwächsten bewachten Tore zur Seele das Tor dermenschlichen Eitelkeit ist. Gegen das stürmt er jetzt mit aller Kraft an: mittels deinergefühlsduseligen Erinnerungen, der krankhaften Komplexe, ein schwarzes Schaf zusein, der fixen Idee vom vermeintlichen Mangel an Freiheit...

Worauf wartest du noch, um das Wort des Meisters zur Kenntnis zu nehmen:Wachet und betet, denn ihr kennt weder den Tag noch die Stunde?

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 165

165 Phrasendreschend und deiner Sache nicht ganz sicher, verkündest du: Die einensteigen auf, die anderen ab... Und wieder andere − wie ich! − bleiben am Wegesrandliegen.

Ich wurde über deine Lethargie traurig und entgegnete dir: Die da so herumlungern,werden gelegentlich von den "Aufsteigern", meistens jedoch und kräftiger von den"Absteigern" mitgezogen. Bedenke, welch schmerzlichen Irrweg du einschlägst!

Schon der heilige Bischof von Hippo lehrte, daß, wer stehenbleibt, rückwärts geht.

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 166

166 Zwischen deinem Verstand und deinem Gefühl liegen Welten.

Dein Verstand, vom Glauben erleuchtet, zeigt dir nicht nur klar den Weg, sondernauch den Unterschied zwischen einer heroischen und einer verschlafenen Art, ihn zugehen. Vor allem läßt er dich die Größe und die göttliche Schönheit der Aufgabenerkennen, die die Allerheiligste Dreifaltigkeit in unsere Hände gelegt hat.

Im Gegensatz dazu spricht dein Gefühl auf alles an, was du eigentlich verachtest,und es tut dies sogar noch, wenn du dir die Verachtenswürdigkeit klar machst. Es ist,als ob tausend kleine Widrigkeiten nur auf die passende Gelegenheit warteten, sich −sobald dein armer Wille entweder aus physischer Müdigkeit oder aus verdunkelterSicht für das Übernatürliche schwächer wird − in dir zu einem Gebirge aufzutürmenund deine Vorstellungskraft in Beschlag zu nehmen, bis du dich erdrückt undentmutigt fühlst: nun siehst du nur noch die Härte der Arbeit, die Last desGehorsams, den Mangel an Hilfsmitteln, die Illusion eines sorglosen Lebens...Widerliche Versuchungen im kleinen und im großen suchen dich heim, die Irrlichtereiner seichten Sentimentalität, die Übermüdung, der bittere Geschmack vongeistlicher Mittelmäßigkeit... Und gelegentlich auch die Angst: Angst, weil duweißt, Gott will dich heilig − und du bist es nicht.

Erlaube mir, es dir mit aller Härte zu sagen: Du hast zu viele "Gründe", um dichabzuwenden, und zu wenig Courage, um der Gnade zu entsprechen, die Er dirschenkt: denn Er hat dich dazu berufen, ein anderer Christus zu sein, "ipse Christus",Christus selbst! Du hast die Mahnung des Herrn an den Apostel vergessen: "MeineGnade genügt dir!" Dieses Wort ist die Gewähr dafür, daß du kannst, wenn du nurwillst.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 167

167 Hole die Zeit nach, die du damit verloren hast, dich auf den Lorbeeren derSelbstzufriedenheit auszuruhen: Du hieltest dich für einen "guten Menschen" − soals ob es schon genügte, sich ohne Mord und Diebstahl durchzuschlagen.

Lege in deiner Beziehung zu Gott und auch in deiner Arbeit ein schärferes Tempovor − der Weg, den du zurückzulegen hast, ist noch sehr weit! Sei gut zu allen,gerade auch zu denen, die dir auf die Nerven fallen; und gib dir Mühe, die besonderszu lieben, auf die du früher herabschautest, und ihnen zu dienen!

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 168

168 Du decktest in der Beichte das Elend deiner Vergangenheit auf − einen schlimmenEiterherd... Der Priester behandelte deine Seele wie ein guter, gewissenhafter Arzt:er schnitt heraus, was nötig war, und erlaubte die Schließung der Wunde erst nachihrer sorgfältigen Reinigung.

Sei dankbar dafür!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 169

169 Es bringt großen Erfolg, ernste Angelegenheiten mit sportlichem Geist anzugehen...Ich habe einige Partien verloren? Nicht zu ändern − aber wenn ich durchhalte, werdeich am Ende doch noch gewinnen.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 170

170 Bekehre dich jetzt, da du dich noch jung fühlst... Wie schwer fällt es, den Kurs zubegradigen, wenn die Seele vergreist ist!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 171

171 "Felix culpa! " singt die Kirche... Gesegnet dein Fehltritt − flüstere ich dir ins Ohr −,wenn er bewirkte, daß du nicht noch einmal fällst; und auch, daß du deinenNächsten, der nicht weniger wert ist als du, verstehst und stützt.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 172

172 Ist es möglich, fragst du, nachdem du die Versuchung bestanden hast, ist es möglich,Herr, daß ich jetzt tatsächlich "ein anderer" bin?

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 173

173 Ich fasse deine "Krankengeschichte" zusammen: hier komme ich zu Fall − dortwieder auf die Beine... Letzteres ist das wichtigste.

Werde also nicht müde in diesem inneren Kampf, auch wenn du nur imSchneckentempo vorankommst. Nur weiter!

Du weißt genau, mein Kind, wohin du gelangen kannst, wenn du nicht kämpfst: einAbgrund reißt den nächsten auf...

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 174

174 Du schämst dich vor Gott und vor den anderen. In dir hast du eine alte und nunwieder frische Schmutzkruste entdeckt: kein Trieb, keine böse Neigung, die du nichthautnah empfindest... dazu die dunkle Wolke der Ungewißheit im Herzen... Und dieVersuchung überfällt dich ganz ungewollt, ganz unerwartet, wenn dein ermüdeterWille nachzulassen beginnt.

Es tut dir zwar weh, dich in solchem Zustand zu sehen, aber du weißt nicht mehr, ober dich demütigt oder nicht... Doch soll er dich ja seinetwegen schmerzen, aus Liebezu Gott. Reue aus Liebe wird dir helfen, wachsam zu bleiben. Denn der Kampfwährt, solange wir leben.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 175

175 Welch brennende Sehnsucht verzehrt dich, die Hingabe zu besiegeln, zu der du dichdamals entschlossen hast: dich als Kind Gottes zu wissen und auch so zu leben!

Leg all deine Armseligkeiten und Treulosigkeiten in die Hände Gottes: allein schondeswegen, weil dies die einzige Möglichkeit ist, ihr Gewicht zu verringern.

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 176

176 Erneuerung ist nicht Erschlaffung.

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Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 177

177 Tage der geistlichen Besinnung: in Stille sich sammeln, um neu zu Gott zu finden,um sich selbst zu finden und so innerlich zu reifen. Wir haben diese Zeit bitter nötig,damit wir entdecken, worin wir uns bessern müssen und wie das geschehen kann:Was soll ich tun? Was soll ich unterlassen?

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 178

178 Was im vorigen Jahr geschah, darf nicht noch einmal vorkommen.

Auf die Frage "Wie war es beim Einkehrtag?" hast du geantwortet: "Wir haben unssehr gut erholt!"

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 179

179 Tage des Schweigens, Tage der spürbaren Gnade... Gebet vor Gott, von Angesichtzu Angesicht...

Ein Dankgebet stieg in meinem Herzen auf, als ich sah, wie Menschen mit der Lastihrer Jahre und ihrer Erfahrungen sich der göttlichen Nähe öffneten. Sie freuten sichwie Kinder über die Möglichkeit, ihr Leben doch noch in einer Weise fruchtbarwerden zu lassen, die alle Irrwege und Versäumnisse der Vergangenheit tilgenkönnte.

Mit dieser Perspektive vor Augen habe ich dich inständig ermahnt: Höre in deineminneren Leben niemals auf zu kämpfen!

Die Spur des Sämanns, Kämpfe, 180

180 "Auxilium christianorum!" − Du Hilfe der Christen, so beten wir voll Zuversicht inder Lauretanischen Litanei. Hast du dieses Stoßgebet schon in schwierigenSituationen erprobt? Wenn du es mit dem Glauben und mit der Zärtlichkeit einerTochter, eines Sohnes betest, wirst du erfahren, wie mächtig die Fürsprache deinerheiligen Mutter Maria ist. Sie schenkt dir den Sieg.

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Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 181

181 Während wir miteinander sprachen, betrachteten wir auf der Landkarte jenen Erdteil.Im Gedanken an die Menschen dort sagtest du, mit leuchtenden Augen und vollinnerer Ungeduld: Kann es denn sein, daß jenseits dieser Meere die Gnade Gottesunwirksam bleibt?

Dann gabst du dir selber die Antwort: In seiner unendlichen Güte will Er sichfügsamer Werkzeuge bedienen.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 182

182 Du fühlst sicher Mitleid mit ihnen... Du möchtest ihnen zurufen, daß sie ihre Zeitvergeuden... Warum sind sie so blind und nehmen das nicht wahr, was du − einarmer Mensch − gesehen hast? Wieso entscheiden sie sich nicht für das Beste?

Bete und bringe Opfer für sie. Und dann − das ist deine Pflicht! − wecke sie einzelnund erkläre ihnen − ebenfalls jedem einzelnen! −, daß auch sie, ohne ihren Standortin der Gesellschaft zu verlassen, einen göttlichen Weg finden können, wie du ihngefunden hast.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 183

183 Du hast mit viel Schwung begonnen. Aber dann wurdest du allmählich kleinmütig...Wenn dein Horizont sich weiter so verengt, wirst du dich am Ende noch in deinkümmerliches Schneckenhaus verkriechen.

Dein Herz soll immer mehr wachsen in der Sehnsucht, Menschen zu Gott zu führen:Von hundert Seelen interessieren uns alle hundert.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 184

184 Danke dem Herrn dafür, wie zärtlich er dich behandelt, väterlich und mütterlichzugleich. Du hast schon immer von großartigen Abenteuern geträumt − nun hast dudich auf ein wunderbares Abenteuer eingelassen, das dich heilig macht.

Ich wiederhole es dir: Danke Gott dafür mit einem apostolischen Leben.

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Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 185

185 Wenn du dich in deine apostolische Aufgabe stürzt, halte dir vor Augen, daß esdabei immer darum geht, die Menschen glücklich, sehr glücklich zu machen: DieWahrheit ist von der echten Freude nicht zu trennen.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 186

186 Menschen verschiedener Länder und Rassen, aus unterschiedlichenLebensumständen und Berufen... Wenn du mit ihnen über Gott sprichst, verspürst duhautnah den menschlichen und übernatürlichen Wert deiner Berufung als Apostel.Es ist, als ob du das Wunder jener ersten Verkündigung der Jünger Christi in seinervollen Wirklichkeit abermals erlebtest: Die Botschaft von einem neuen Weg,verkündet in einer fremden Sprache, wird von jedem Hörer in seiner Mutterspracheverstanden und dringt in die Tiefe seines Herzens.

Und du begreifst, daß das Geschehen von einst wiederum Wirklichkeit wird:"Parther, Meder und Elamiter..." − sie alle haben sich voller Freude Gott genähert.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 187

187 Hör mir gut zu und sag es weiter: Christentum ist Liebe. Umgang mit Gott machtglücklich und drängt zu großen Taten. Die Sorge um die anderen − das Apostolat −ist kein Luxusartikel, keine "elitäre" Beschäftigung...

Nachdem du das weißt, kannst du dich unbändig freuen, weil dein Leben einen ganzanderen Sinn bekommen hat. Und sei konsequent!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 188

188 Natürlichkeit, Aufrichtigkeit, Freude: Das sind unentbehrliche Voraussetzungen füreinen Apostel, um Menschen anzuziehen.

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Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 189

189 Einfacher konnte die Art nicht sein, wie Jesus die ersten Zwölf rief: "Komm undfolge mir nach!"

Dir, der du nach so vielen Ausreden suchst, um diese Aufgabe nicht übernehmen zumüssen, ist die folgende Erwägung wie auf den Leib geschrieben: Der reinmenschliche Bildungsstand jener Ersten war recht gering − und doch: wie sehrrüttelten sie ihre Zuhörer auf!

Vergiß mir das eine nicht: Weiterhin ist Er es, der die Arbeit tut − durch jedeneinzelnen von uns...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 190

190 Die Berufung zum Apostolat − Gott ist es, der sie schenkt. Aber du darfst nie darinnachlassen, um dieses Geschenk zu ringen, mit Gebet, Abtötung, Studium oderBerufsarbeit, mit Freundschaft und gläubiger Zuversicht, kurz, mit deinem innerenLeben!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 191

191 Wenn ich mit dir vom "Apostolat der Freundschaft" spreche, dann meine ich einepersönliche Freundschaft, die opferfreudig ist und aufrichtig: eine Freundschaft vonDu zu Du, von Herz zu Herz.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 192

192 Das Apostolat beruht auf Freundschaft und Vertrauen, aber der erste Schritt zubeidem ist das Verstehen, das Dienen... und eine heilige Festigkeit in derGlaubenslehre.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 193

193 Die Christus gefunden haben, dürfen sich gegenüber ihrer Umwelt nicht abkapseln:solche Selbstgenügsamkeit wäre eine traurige Sache. Sie müssen sich vielmehr wieein Fächer nach allen Seiten hin entfalten, um alle Menschen zu erreichen. Jeder

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muß um sich einen immerfort wachsenden Freundeskreis bilden, den er durch seinberufliches Ansehen, durch sein Verhalten, durch seine Freundschaft beeinflußt −doch mit dem Ziel, daß es Christus ist, der in all diesen Beziehungen seinen Einflußausübt.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 194

194 Du mußt selber Glut sein, um das Feuer überallhin zu tragen, und wo die Umgebungunfähig scheint, Feuer zu fangen, muß durch dich die geistliche Temperatur steigen.

Andernfalls vergeudest du nur sträflich deine Zeit − und übrigens auch die Zeit deranderen, die um dich sind.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 195

195 Wo sich wirklich liebende Sorge um die Seelen findet, da finden sich auch immergute Menschen − und ein bereiter Boden. Nein, du kannst dich einfach nichtherausreden!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 196

196 Sei ganz sicher: Auch hier gibt es viele, die deinen Weg begreifen können;Menschen, die − bewußt oder unbewußt − Christus suchen und Ihn nicht finden.Aber: "Wie sollen sie von Ihm erfahren, wenn niemand Ihn verkündigt?"

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 197

197 Sag mir nicht, daß du auf dein inneres Leben achtest, wenn dir das Apostolat nichtdringend und beständig am Herzen liegt: Der Herr − und du versicherst mir ja, daßdu seine Nähe suchst − will, daß alle Menschen zum Heil gelangen.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 198

198 Ein sehr mühsamer Weg sei das − so hat er dir gesagt. Du stimmtest dem lächelndzu, denn du dachtest an das Wort vom Kreuz als dem sicheren Zeichen des wahrenWeges... Aber dein Freund hat nur das steile Stück des Weges vor Augen und nichtdie Verheißung Jesu: "Mein Joch ist sanft".

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Erinnere ihn daran: Vielleicht gibt er sich hin, wenn er es erfährt...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 199

199 Er hat keine Zeit?... Um so besser. Gerade die, die keine Zeit haben, sind Christusbesonders wichtig.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 200

200 Wenn du dir klarmachst, wieviele Menschen die wunderbare Gelegenheit derBegegnung mit Christus ungenutzt und Ihn an sich vorbeigehen lassen, dann fragedich auch: Wieso hat dieser eindeutige, providentielle Ruf, der mir den Weg wies,gerade mich erreicht?

Erwäge es jeden Tag von neuem: Der Apostel muß immer ein "anderer Christus"sein, Christus selbst.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 201

201 Wundere dich nicht und sei nicht traurig wegen seines Vorwurfs, du hättest ihn"Auge in Auge" mit Christus konfrontiert; und sei auch nicht bekümmert über seinenzornigen Kommentar: "Jetzt kann ich nicht mehr ruhig leben, bis ich eineEntscheidung getroffen habe..."

Bete für ihn... Es wäre ganz vergeblich, ihn "beschwichtigen" zu wollen: Vielleichtist jetzt eine alte Unruhe − die Stimme seines Gewissens − in ihm aufgebrochen.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 202

202 Sie setzen dir zu, weil du zu Menschen, die sich noch niemals eine solche Fragegestellt haben, von Hingabe an Gott sprichst? − Ja, und? Darin besteht doch deineBerufung: Apostel von Aposteln zu sein...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 203

203 Du erreichst die Menschen nicht, weil du eine andere "Sprache" sprichst. Ich ratedir, natürlich zu sein.

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Die Bildung, die du hast, ist so aufgesetzt!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 204

204 Du zögerst, ohne Umschweife von Gott, vom christlichen Leben, von Berufung zusprechen − weil du nicht wehtun willst?... Du vergißt, daß nicht du es bist, der ruft,sondern Er: "Ego scio quos elegerim" − ich kenne, die ich mir erwählt habe.

Außerdem mißfiele es mir sehr, wenn sich hinter solchen falschen RücksichtenBequemlichkeit oder Lauheit versteckten. Willst du, so wie die Dinge liegen,wirklich der Freundschaft mit Gott eine armselige menschliche Freundschaftvorziehen?

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 205

205 Du hast dich mit diesem und mit jenem und mit einem dritten unterhalten, weil dichder Eifer für die Seelen verzehrt.

Der eine bekam Angst; der andere holte sich Rat bei einem "Lebenskundigen", derihn falsch beriet...

Bleibe du nur beharrlich, damit sich niemand eines Tages darauf herausreden kann:"Quia nemo nos conduxit" − niemand hat uns gerufen...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 206

206 Ich verstehe deine heilige Ungeduld. Doch mußt du dabei auch bedenken, daß dieeinen viel Zeit zum Überlegen brauchen und die anderen manchmal erst im Laufeder Jahre reagieren... Warte mit offenen Armen auf sie! Heilige deine Ungeduld mitviel Gebet und Abtötung. Kommen sie dann eines Tages, werden sie jugendlicherund großherziger sein; sie werden ihre Spießigkeit abgeschüttelt und an Tapferkeitgewonnen haben.

Wie sehr wartet Gott auf sie!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 207

207 Der Glaube ist eine unerläßliche Voraussetzung für das Apostolat. Er erweist sichoft darin, mit Ausdauer von Gott zu sprechen, auch wenn die Früchte lange auf sichwarten lassen.

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Wenn wir durchhalten und unsere Sendung in uns lebendig bleibt in der sicherenÜberzeugung, daß der Herr es so will, dann wird man nach und nach überall, auch indeiner Umgebung, die Anzeichen einer "christlichen Revolution" wahrnehmen: Dieeinen werden sich Gott ganz hingeben, die anderen ihr inneres Leben ernst nehmenund wieder andere − die etwas Bequemeren − zumindest wachsamer werden.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 208

208 Tage echten Jubels! Drei neue Berufungen!

Es erfüllt sich das Wort Jesu: "Mein Vater wird dadurch verherrlicht, daß ihr reicheFrucht bringt und meine Jünger werdet."

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 209

209 Ich mußte lächeln, denn ich kann dich sehr gut verstehen. Du sagtest: Michbegeistert die Aussicht, in neue Länder aufzubrechen, dort Breschen zu schlagen,vielleicht sehr weit weg von hier... Ich müßte mich erkundigen, ob es auf dem MondMenschen gibt!

Bitte den Herrn, Er möge diesen apostolischen Eifer immerfort in dir wachsenlassen!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 210

210 Angesichts so vieler schläfriger Seelen überkommt einen manchmal der verrückteWunsch, sie anzuschreien, sie wachzurütteln, damit sie reagieren und aus ihrerschrecklichen Benommenheit herauskommen. Es ist so traurig zu sehen, wie sieblind umhertappen, ohne den Weg zu finden!

Daß Jesus über Jerusalem weinte − ich verstehe es gut: es waren Tränen seinergöttlichen Liebe...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 211

211 Erfasse Tag für Tag tiefer die apostolische Dimension deiner christlichen Berufung!Vor zwanzig Jahrhunderten hat Er sein Wahrzeichen − das Kreuz − aufgerichtet,damit sich unter ihm alle sammeln, die redlichen Herzens sind und fähig zu lieben.Und Er will, daß wir das − genau das! − den Menschen verkünden. Kannst du dirdenn einen noch drängenderen Ruf vorstellen als das "Ignem veni mittere in terram!"

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− Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen? Und demgegenüber dieTatsache, daß zweieinhalb Milliarden Menschen Christus noch nicht kennen...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 212

212 "Hominem non habeo" − ich habe keinen Menschen, der mir hilft. Das könnten −leider! − viele Menschen sagen, deren Seele krank und wie gelähmt ist − und diedoch Gott und den Nächsten dienen können... und dienen sollen.

Herr, laß mich niemals gegenüber den Seelen gleichgültig bleiben!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 213

213 Hilf mir, ein neues Pfingsten zu erflehen, das die Erde von neuem entzündet.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 214

214 "Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüderund Schwestern, ja sogar sein Leben gering achtet, dann kann er nicht mein Jüngersein."

Immer klarer sehe ich, Herr, daß die Bande des Blutes, wenn sie nicht in Deinemliebeglühenden Herzen verankert sind, für die einen ein dauerndes Kreuz bedeuten;für die anderen Quelle mehr oder minder massiver Versuchungen, in derBeharrlichkeit nachzulassen; für wieder andere Ursache einer vollständigenUnwirksamkeit; und für alle im Grunde Hindernis, das der Ganzhingabeentgegensteht.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 215

215 Die Pflugschar, die den Acker umbricht und in ihm die Furchen zieht, sieht wederden Samen noch die Frucht.

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Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 216

216 Nachdem du dich entschieden hast, entdeckst du jeden Tag Neues. Du erinnerst dichan gestern, als du dich immer wieder fragtest: "Und wie ist es hiermit... und wiesteht es damit...?", um dann in deinen Zweifeln oder in deinen Enttäuschungenherumzustochern.

Jetzt findest du immer die richtigen Antworten − immer gut begründet und klar. Undwenn sie sich auf eine deiner manchmal naiven Fragen beziehen, dann kommt dir inden Sinn: "So muß Jesus mit den ersten Zwölf umgegangen sein".

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 217

217 Berufungen, Herr, mehr Berufungen! Mir ist es gleich, ob die Saat meine war oderdie eines anderen. − Du, Jesus, hast gesät... mit unsren Händen! − Ich weiß nur, daßDu uns reife Früchte verheißen hast: "Et fructus vester maneat!" − und eure Fruchtsoll bleiben!

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 218

218 Sprich klar und deutlich! Behaupten sie, daß du sie "einfangen" willst, antworte, daßdu das natürlich willst. Aber sie können ganz unbesorgt sein; denn wenn sie keineBerufung haben − das heißt: wenn Er sie nicht ruft −, werden sie nicht kommen.Und wenn Er sie ruft − ist es nicht beschämend, am Ende dazustehen wie jener jungeMann aus dem Evangelium: allein und traurig...?

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 219

219 Deine Aufgabe als Apostel ist groß und schön. Du befindest dich im Schnittpunktvon Gnade und Freiheit; und du bist anwesend, wenn sich im Leben so mancherMenschen das herrlichste aller Wunder ereignet: ihre Begegnung mit Christus.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 220

220 Man könnte geradezu meinen, sagte jemand, daß ihr alle, Mann für Mann und Fraufür Frau, einzeln ausgewählt seid...

So ist es!

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Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 221

221 Sieh es doch ein! Du mußt dir eine gründliche Bildung aneignen. Denn eine Füllevon Menschen wird auf uns zukommen, und sie werden fragen, konkret und auchfordernd: "Gut. Was also ist zu tun?"

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 222

222 Ein wirksames Rezept für deine apostolische Arbeit: Konkrete Pläne, und zwar nichtvon einer Woche zur anderen, sondern von heute auf morgen und von jetzt aufgleich...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 223

223 Christus erwartet viel von deiner Arbeit. Aber du mußt auf die Suche nach denSeelen gehen, so wie der gute Hirt dem hundertsten Schaf nachging − ohne daraufzu warten, ob man dich ruft. Nimm deine Freunde in Anspruch, um anderen Guteszu tun. Sag jedem einzelnen: Niemand darf sich zufrieden geben mit seinem eigenengeistlichen Leben, wenn daraus nicht intensiver apostolischer Einsatz erwächst.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 224

224 Es ist untragbar, daß du die Zeit mit "deinem Firlefanz" vergeudest, während es soviele Seelen gibt, die auf dich warten.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 225

225 Immer wird dein Apostolat auch ein Apostolat der katholischen Glaubenslehre sein.

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Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 226

226 Das Pfingstwunder besteht darin, daß alle Wege dieser Erde ihre göttliche Weiheerhalten. Nie darf es dahingehend mißverstanden werden, daß nur einem einzigenWeg − auf Kosten der anderen Wege − ein Monopol oder eine ausschließlicheWertschätzung zukäme.

Pfingsten: das ist die unbeschreibliche Vielfalt der Sprachen, der Umstände, dermannigfachen Formen, in denen wir Gott begegnen − keine aufgezwungeneGleichförmigkeit.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 227

227 Du schriebst mir: Zu unserer Gruppe gesellte sich ein Junge, der in den Nordenreiste, ein Bergmann. Er sang sehr gut und stimmte in unseren Chor mit ein. Ichhabe für ihn gebetet, bis er an seinem Reiseziel ausstieg. Beim Abschied sagte er:"Wie gerne würde ich die Reise mit euch fortsetzen!"

Ich erinnerte mich sofort an das "mane nobiscum! " − bleibe bei uns, Herr! Erneutbat ich Christus mit viel Glauben, die anderen möchten Ihn auch in einem jeden vonuns, die wir Ihn auf "Seinem Weg" begleiten, "erkennen".

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 228

228 Auf dem Weg derer, die sich zu Recht enttäuscht fühlen, sind Massen davongelaufenund laufen weiter davon...

Das schmerzt..., aber wie viele Ressentiments haben wir bei Menschen in geistlicheroder materieller Not sich ansammeln lassen!

Wir müßten Christus von neuem zu den Armen und den "Kleinen" bringen! Denngerade unter ihnen weilt Er am liebsten.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 229

229 Lehrer: Du sollst − und zwar mit Freude − deine Schüler dahin bringen, daß siebinnen kurzem das verstehen, wozu du selber, um es zu begreifen, Stunden desStudiums benötigt hast.

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Page 53: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 230

230 Der Wunsch, zu "lehren" und "von Herzen zu lehren", bringt in den Lernenden jeneDankbarkeit hervor, die sich als ein fruchtbarer Boden für das Apostolat erweist.

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 231

231 Mir gefällt diese Devise: "Jeder Wanderer gehe seinen Weg" − den Weg, den Gottihm gewiesen hat − in Treue, in Liebe, auch wenn es mühsam ist...

Die Spur des Sämanns, Menschenfischer, 232

232 Welch ungeheuer tiefe Lektion enthält doch jede einzelne Lehre aus dem NeuenTestament!

Nachdem der Meister, der in den Himmel auffährt zur Rechten des Vaters, ihnengeboten hat: "Geht hin in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allenGeschöpfen...", bleiben die Jünger zurück − voller Frieden, aber doch nochunschlüssig. Sie wissen nicht, was sie tun sollen und sammeln sich um Maria, dieKönigin der Apostel, bis sie zu nimmermüden Verkündern der Wahrheit werden, diedie Welt retten wird.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 233

233 Du sagtest mir, im Leben Jesu gebe es Szenen, die dich besonders ergreifen: Sowenn Er mit leidenden Menschen zusammentrifft... Wenn Er den an Leib und SeeleGeschundenen Frieden und Genesung bringt... Es sei ergreifend zu sehen, wie Erden Aussatz heilt, das Augenlicht wiederschenkt, den Gelähmten am Teich gesundmacht, den armen Teufel, den alle vergessen haben... Er erscheint dir dann so ganzund gar menschlich, so nah!

Ja, und Er ist es, denn Er bleibt immer derselbe wie damals.

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Page 54: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Leiden, 234

234 Du hast den Herrn darum gebeten, Er möge dich ein wenig um seinetwillen leidenlassen... Sieh da − als nun das Leiden kommt, und zwar auf eine sehr menschliche,sehr gewöhnliche Art, mit Schwierigkeiten und Sorgen in der Familie oder dentausend Kleinigkeiten des Alltags, fällt es dir doch schwer, hinter all dem Christuszu sehen.

Halte deine Hände geduldig hin für diese Nägel... Und dein Schmerz wird sich inFreude verwandeln.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 235

235 Beklage dich nicht, wenn du leidest. Nur kostbare Steine werden geschliffen.

Es tut weh? − Danke Gott für den "Schliff", denn Er hat dich wie einen Diamantenin seine Hände genommen... Ein gewöhnlicher Kieselstein wird nicht derartbearbeitet.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 236

236 Wer feige vor dem Leiden die Flucht ergreift, der hat beim Anblick von Menschen,die den Schmerz freudig annehmen, Stoff zum Nachdenken.

Nicht wenige Männer und Frauen sind fähig, christlich zu leiden. Folgen wir ihremBeispiel!

Die Spur des Sämanns, Leiden, 237

237 Du jammerst? Und als hättest du Grund dafür, erklärst du mir: Hier ein Stich!... Undda noch einer!...

Begreifst du denn nicht, wie töricht es ist, überrascht zu sein, daß Rosen auchDornen haben?

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Die Spur des Sämanns, Leiden, 238

238 Erlaube mir, auch weiterhin − wie bis jetzt − mit dir im Vertrauen zu sprechen: DerAnblick eines Kruzifixes ist mir Grund genug, daß ich nicht wage, von meinenLeiden zu sprechen... Und ich habe viel gelitten, das verheimliche ich gar nicht −aber immer mit Freude.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 239

239 Du wirst nicht verstanden? Er war die Wahrheit und das Licht, aber auch die Seinenhaben Ihn nicht verstanden.

Oft habe ich dir geraten, dich im Gebet der Worte des Herrn zu erinnern: "DerJünger steht nicht über dem Meister."

Die Spur des Sämanns, Leiden, 240

240 Für ein Kind Gottes sind Widerspruch und Verleumdung das gleiche, was für einenSoldaten die Verwundungen sind, die er auf dem Schlachtfeld erleidet.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 241

241 Sie ziehen über dich her... Dein guter Ruf!... Was liegt schon daran...

Auf alle Fälle sollst du Scham und Schmerz nicht deinetwegen, sondern ihretwegenempfinden − deine Verleumder müssen dir leid tun...

Die Spur des Sämanns, Leiden, 242

242 Manchmal wollen sie nicht verstehen: Sie sind wie verblendet... Aber andere Malebist du es, der es nicht fertigbringt, sich verständlich zu machen: Arbeite in diesemPunkt an dir!

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Die Spur des Sämanns, Leiden, 243

243 Es genügt nicht, recht zu haben. Es ist ebenso nötig, dies auch zur Geltung zubringen... und zu erreichen, daß die anderen es anerkennen. − Wie dem auch sei: Dusage die Wahrheit, wann und wo immer es nottut, und kümmere dich nicht um dasGerede der Leute.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 244

244 Wenn du ein Schüler und Lehrling des Meisters bist, kann es dich nicht erstaunen,daß auch du dich an dem Unverständnis so vieler Menschen wundscheuern mußt,Menschen, die dir schon dadurch viel helfen könnten, daß sie auch nur das geringsteBemühen um Verständnis zeigten.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 245

245 Du hast ihn zwar nicht körperlich mißhandelt... Aber du hast ihn so oft ignoriert, sooft für ihn nur einen gleichgültigen Blick gehabt, wie für einen Fremden...

Hältst du das für geringfügig?

Die Spur des Sämanns, Leiden, 246

246 Ohne es zu wollen, helfen die Verfolger den Verfolgten, heilig zu werden...

Aber: wehe solchen "Helfern"!

Die Spur des Sämanns, Leiden, 247

247 Wie oft besteht der irdische Lohn − in Verleumdung...!

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Die Spur des Sämanns, Leiden, 248

248 Manche Menschen scheinen darauf versessen zu sein, sich "Leiden" zu erfinden; siequälen sich selbst mit ihren Einbildungen.

Kommen dann später wirkliche Leiden und Widerwärtigkeiten, so erweisen sie sichaußerstande, dem Beispiel der Gottesmutter zu folgen und wie sie zu Füßen desKreuzes auszuharren − die Augen auf den Sohn gerichtet...

Die Spur des Sämanns, Leiden, 249

249 Opfer, Opfer! − Ja, gewiß, Christus folgen heißt, das Kreuz tragen... Er selbst hat esgesagt. Trotzdem höre ich es nicht gern, wenn Menschen, die den Herrn lieben,zuviel von Kreuz und von Verzicht reden; denn wer liebt, bringt mit Freude Opfer −auch wenn sie schwerfallen. Denn das Kreuz ist ja das Heilige Kreuz.

Die Seele, die so zu lieben und sich hinzugeben fähig ist, erfährt Glück und Friedenin überreichem Maß. Warum also immer wieder, gleichsam Trost heischend, von"Opfer" sprechen, wenn doch das Kreuz Christi dein Leben ist und dich glücklichmacht?

Die Spur des Sämanns, Leiden, 250

250 Wie sehr würde die Zahl der Neurastheniker und Hysteriker sinken, brächte man denLeuten − zugleich mit der katholischen Glaubenslehre! − wirklich bei, wie man alsChrist lebt: mit Liebe zu Gott, in dem Wissen, daß die Nöte aller Art als ein Segenaus seiner Hand anzunehmen sind!

Die Spur des Sämanns, Leiden, 251

251 Geh nicht an fremdem Leid gleichgültig vorüber. Der da leidet − ein Verwandter,ein Freund, ein Kollege... ein Unbekannter − ist dein Bruder.

Erinnere dich an die Stelle im Evangelium, die du so oft mit Kummer gelesen hast:Nicht einmal die Verwandten Jesu nahmen Anteil an Ihm, an seinem Los.

Bemühe dich darum, daß sich diese Situation nicht wiederholt.

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Die Spur des Sämanns, Leiden, 252

252 Stell dir vor, es gäbe auf Erden niemanden außer Gott und dir.

Du wirst dann leichter die Kränkungen und Demütigungen ertragen... Und außerdemwirst du die Dinge tun, die Gott will, und sie so tun, wie Er sie getan haben möchte.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 253

253 Manchmal, so meinte ein Kranker, verzehrt von Sorge um die Seelen, bäumt sich derLeib ein wenig auf und stöhnt... Aber ich versuche, auch "dieses Stöhnen" inLächeln zu verwandeln. Das hilft sehr.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 254

254 Eine unheilbare Krankheit schränkte seine aktiven Möglichkeiten ein. Dennochversicherte er mir voller Freude: "Die Krankheit ist gut für mich, jeden Tag liebe ichsie mehr. Wenn ich zu wählen hätte... hundertmal würde ich wählen, mit ihr geborenzu sein!"

Die Spur des Sämanns, Leiden, 255

255 Jesus wurde ans Kreuz genagelt, nachdem Er sich dreiunddreißig Jahre lang − seinganzes Leben! − darauf vorbereitet hatte.

Die Ihm wirklich nachfolgen wollen, seine Jünger, müssen durch Loslösung vonihrem Ich, aktiv wie passiv, ihr ganzes Leben in liebende Miterlösung verwandeln.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 256

256 Das Kreuz ist allgegenwärtig. Es ragt plötzlich empor, wo man es am wenigstenerwartet hat. − Vergiß aber nicht: Wenn du das Kreuz verspürst, weißt du, daß jetztdeine Wirksamkeit beginnt!

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Die Spur des Sämanns, Leiden, 257

257 Der Ewige Hohepriester, unser Herr, segnet immer mit dem Kreuz.

Die Spur des Sämanns, Leiden, 258

258 "Cor Mariae perdolentis, miserere nobis!" − Rufe das heiligste Herz Mariens an mitdem festen Vorsatz, dich mit ihrem Schmerz zu vereinen, als Sühne für deineSünden und für die Sünden aller Menschen aller Zeiten.

Und dieser Schmerz − das erbitte von ihr für jede Seele − möge in uns die Abscheuvor der Sünde vertiefen und uns dazu bereitmachen, die körperlichen oder seelischenBelastungen unseres Alltags in Liebe als Sühne anzunehmen.

Die Spur des Sämanns, Demut, 259

259 "Das Gebet": Demut des Menschen, der sein tiefes Elend und die Größe Gotteserkennt und sich anbetend an Ihn wendet, da er von Ihm alles und von sich selbstnichts erwartet.

"Der Glaube": Demut des Verstandes, der auf seine eigenen Maßstäbe verzichtet undsich dem Urteil und der Autorität der Kirche beugt.

"Der Gehorsam": Demut des Willens, der sich Gott zuliebe einem fremden Willenunterwirft.

"Die Keuschheit": Demut des Fleisches, das dem Geist untertan sein will.

"Die Abtötung" in den äußeren Dingen: Demut der Sinne.

"Die Buße": Demut aller Begierden, die Gott aufgeopfert werden.

Demut ist Wahrhaftigkeit auf dem Weg des aszetischen Kampfes.

Die Spur des Sämanns, Demut, 260

260 Es ist etwas sehr Großes, sich vor Gott als ein Nichts zu wissen. Denn das ist ja dieWirklichkeit.

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Die Spur des Sämanns, Demut, 261

261 "Lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig..." Die Demut Jesu!Welch eine Lehre für dich, der du ein armes Werkzeug bist, aus Lehm gemacht. DerAllbarmherzige hat dich erhoben aus der Tiefe deiner Niedrigkeit, Er hat dich ganzohne dein Verdienst geadelt, damit du die Sonne seiner Gnade widerspiegelst. Duaber − wie oft hast du deinen Hochmut mit dem Schein der Würde oder derGerechtigkeit bemäntelt!... Und wie viele Gelegenheiten, vom Meister zu lernen,hast du versäumt, weil du es nicht verstanden hast, sie in Hinblick auf Gott zubetrachten.

Die Spur des Sämanns, Demut, 262

262 Sogenannte Depressionen, weil du deine Schwächen siehst oder sie plötzlichentdeckst, haben kein geistliches Fundament...

Bitte um die echte Demut.

Die Spur des Sämanns, Demut, 263

263 Erlaube mir, daß ich dir einige von den vielen klaren Zeichen mangelnder Demut insGedächtnis rufe:

zu denken, daß das, was du tust oder sagst, besser getan oder gesagt ist als von denanderen;

immer deine eigenen Vorstellungen durchsetzen zu wollen;

auf Diskussion zu bestehen, wenn du im Unrecht bist, oder sie stur und unerbittlichzu führen − falls du recht hast;

deine Meinung ungebeten und ohne daß die Nächstenliebe es verlangt, zum bestenzu geben;

die Ansichten anderer für belanglos zu halten;

zu vergessen, daß deine Gaben und Eigenschaften nur geliehen sind;

nicht einsehen zu wollen, daß du jeder Ehre und Wertschätzung unwürdig bist unddaß du nicht einmal den Erdboden, der dich trägt, und die Dinge, die du besitzt,verdienst;

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dich selber in Gesprächen als Vorbild hinzustellen;

negativ von dir zu sprechen, damit die anderen sich eine um so bessere Meinung vondir bilden oder dir widersprechen;

dich zu entschuldigen, wenn du getadelt wirst;

deinem Leiter einige beschämende Fehler zu verbergen, damit er sein Bild von dirnicht revidiert;

mit Wohlgefallen zu hören, wie andere dich loben, oder dich darüber zu freuen, daßsie gut von dir gesprochen haben;

dich zu beklagen, daß andere mehr geschätzt werden als du;

dich zu weigern, "niedrige" Aufgaben zu erfüllen;

den Wunsch oder das Bestreben zu haben aufzufallen;

im Gespräch Selbstlob anzudeuten oder etwa auf deine Redlichkeit, deinenScharfsinn, deine Gewandtheit, dein berufliches Ansehen anzuspielen;

dich zu schämen, weil dir gewisse Gaben mangeln.

Die Spur des Sämanns, Demut, 264

264 Demütig sein heißt keineswegs, ängstlich oder furchtsam zu sein.

Die Spur des Sämanns, Demut, 265

265 Fliehen wir vor jener falschen Demut, die nur ein Deckmantel für Bequemlichkeitist!

Die Spur des Sämanns, Demut, 266

266 Petrus sagt: "Du, Herr, willst mir die Füße waschen?" Jesus antwortet: "Was ich tue,verstehst du jetzt noch nicht; doch später wirst du es begreifen." Wieder Petrus:"Niemals sollst du mir die Füße waschen!" Jesus erwidert: "Wenn ich dich nichtwasche, hast du keinen Anteil an mir." Simon Petrus ergibt sich: "Herr, dann nicht

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nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt."

Wenn wir in uns den Ruf zu einer Ganzhingabe vernehmen, die keine Vorbehalteund kein Zaudern kennt, antworten wir oft in falscher Demut, wie anfänglichPetrus... Doch hätten wir nur das große Herz dieses Apostels! Er läßt es nicht zu, daßjemand Jesus mehr liebt als er. Wer so liebt, muß auf diese Weise reagieren: Hierbin ich! Wasche meine Hände, mein Haupt, meine Füße! Reinige mich ganz! Dennich will Dir ganz gehören.

Die Spur des Sämanns, Demut, 267

267 Für dich schreibe ich aus einem Brief ab: "Die Demut, die uns das Evangelium lehrt,ergreift mich tief. Um so mehr aber empört mich die jämmerliche Art, wie mancheChristen sich aufführen: eingeschüchterte Schafe, die dem Ansehen der Kircheschaden. Solche Leute muß der atheistische Schriftsteller vor Augen gehabt haben,der meinte, die christliche Moral sei eine Sklavenmoral..."

In der Tat: wir sind Knechte, aber solche, die zur Würde der Kinder Gottes erhobenwerden und die keine Sklaven ihrer Begierden sein wollen.

Die Spur des Sämanns, Demut, 268

268 Die Überzeugung von deiner recht minderen Beschaffenheit − also deineSelbsterkenntnis − wird dir dazu verhelfen, auf Demütigungen, Verachtung oderVerleumdung mit übernatürlichem Sinn zu reagieren, so daß Freude und Frieden indeiner Seele immer tiefere Wurzeln schlagen.

Nachdem du dein "Fiat" − wie Du willst, Herr! − gesprochen hast, wirst du zu demSchluß gelangen: "Was − nur das hat er über mich gesagt? Man sieht, daß er michnicht kennt, sonst hätte er es nicht dabei bewenden lassen."

Da du selbst am besten weißt, daß du eigentlich eine noch schlechtere Behandlungverdientest, wirst du sogar jenem Menschen gegenüber Dankbarkeit empfinden unddich über etwas freuen, das einen anderen gegrämt hätte.

Die Spur des Sämanns, Demut, 269

269 Je höher eine Statue steht, desto schwerer und gefährlicher ihr Aufprall, wenn sieherabstürzt.

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Die Spur des Sämanns, Demut, 270

270 Geh mit immer mehr Demut und Aufrichtigkeit zur geistlichen Leitung − undpünktlich, denn auch das ist Demut.

Denke daran − und laß dich nicht beirren, denn Gott ist es, der zu dir spricht −, daßdu offen bist wie ein kleines Kind, dem man nach und nach Neues beibringt: dasSprechen und Lesen, die Namen der Blumen und Vögel, die Freuden und Sorgen desLebens, und das lernt, fest auf dem Erdboden zu stehen...

Die Spur des Sämanns, Demut, 271

271 "Nach wie vor", sagst du mir, "bin ich eine arme Kreatur."

Das hast du auch früher schon gewußt − und es war dir tief zuwider! Jetzt aberpflegst du schon − ohne klein beizugeben und ohne zu resignieren − darüber zulächeln und mit wachsender Freude deinen Kampf immer wieder neu zu beginnen.

Die Spur des Sämanns, Demut, 272

272 Wenn du einsichtig und demütig bist, wirst du beobachtet haben, daß kein Menschin seinem Leben je auslernt... Auch die Weisesten haben bis an ihr Ende zu lernen;tun sie es nicht, so haben sie aufgehört, weise zu sein.

Die Spur des Sämanns, Demut, 273

273 Jesus, wenn ich Apostel sein soll, mußt Du mich in Deiner Güte sehr demütigmachen.

Die Sonne läßt alles aufleuchten, was sie berührt: Herr, erfülle mich mit DeinemLicht, durchdringe mich ganz! Gewähre mir, daß mein Wollen sich Deinemanbetungswürdigen Willen vollkommen vereine, um zu dem Werkzeug zu werden,das Du wünschst... Schenke mir die Torheit Deiner Demut. Das waren ihre Früchte:eine Geburt in Armut, ein unscheinbares Arbeitsleben, der Tod in Schande,angenagelt am Kreuz, die äußerste Selbsterniedrigung durch die Gegenwart imTabernakel...

Gewähre mir, Herr, daß ich mich erkenne! Daß ich mich erkenne und daß ich Dicherkenne... Dann werde ich meine Nichtigkeit niemals aus den Augen verlieren.

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Die Spur des Sämanns, Demut, 274

274 Nur Dummköpfe sind starrsinnig, und die dümmsten am meisten.

Die Spur des Sämanns, Demut, 275

275 Vergiß nicht, daß in rein menschlichen Angelegenheiten auch die anderen rechthaben können: Sie sehen dasselbe wie du, aber aus einer anderen Perspektive, ineinem anderen Licht, mit anderen Schattierungen und anderen Umrissen.

Nur im Glauben und in der Moral gibt es ein undiskutierbares Urteil: das unsererMutter, der Kirche.

Die Spur des Sämanns, Demut, 276

276 Wie gut ist es, wenn man es versteht, die eigene Ansicht zu korrigieren! Und wiewenige Menschen erlernen diese Fähigkeit!

Die Spur des Sämanns, Demut, 277

277 Bevor du gegen die Nächstenliebe verstößt, gib nach! Bestehe nicht, soweit es nurirgend möglich ist, apodiktisch auf deiner Meinung. Sei demütig wie das Gras, dassich beugt, ohne zu überlegen, wessen Fuß es niedertritt...

Die Spur des Sämanns, Demut, 278

278 Zur Bekehrung gelangt man durch die Demut, von den Podesten der Eigenliebeherunterzusteigen.

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Page 65: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Demut, 279

279 Du sagtest mir: "Das >Ich< muß enthauptet werden!..." − Aber wie schwer fällt das,nicht wahr?

Die Spur des Sämanns, Demut, 280

280 Oft muß man sich Gewalt antun, um sich zu demütigen und dem Herrn mitWahrhaftigkeit zu wiederholen: "Serviam!" − Ich will Dir dienen!

Die Spur des Sämanns, Demut, 281

281 "Memento, homo, quia pulvis es..." − Bedenke, Mensch, daß du Staub bist...

Wenn du Staub bist − warum ärgerst du dich dann, daß man auf dich tritt?

Die Spur des Sämanns, Demut, 282

282 Auf dem Pfad der Demut gelangt man überallhin..., vor allem in den Himmel.

Die Spur des Sämanns, Demut, 283

283 Ein sicherer Weg zur Demut besteht darin zu betrachten, wie wir − obgleich wenigbegabt, unbekannt und unvermögend − dennoch zu wirksamen Werkzeugen werdenkönnen, wenn wir den Heiligen Geist um seine Gaben und seinen Beistand bitten.

Drei Jahre lang hatte Jesus die Apostel unterwiesen; trotzdem liefen sie bestürzt vorden Feinden Christi davon. Nach Pfingsten jedoch waren sie fähig, Geißelung undKerker zu erdulden, und schließlich opferten sie ihr Leben zum Zeugnis für ihrenGlauben.

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Die Spur des Sämanns, Demut, 284

284 Es ist wahr: Niemand kann sich der eigenen Beharrlichkeit vollkommen sichersein... Aber diese Ungewißheit ist ein Grund mehr, demütig zu sein. Und außerdemein klarer Beweis für unsere Freiheit.

Die Spur des Sämanns, Demut, 285

285 Obgleich du so unbedeutend bist, hat Gott sich für fruchtbringende Aufgaben zuseiner Verherrlichung deiner bedient − und Er tut es weiterhin.

Rühme dich dessen nicht! Denke vielmehr: Was würde ein Werkzeug aus Stahl oderEisen, das der Künstler zum Einfassen von Edelsteinen oder anderenGoldschmiedearbeiten gebraucht, wohl über sich selbst sagen?

Die Spur des Sämanns, Demut, 286

286 Was ist mehr wert: ein Kilogramm Gold oder ein Kilogramm Kupfer? − Und dochist in vielen Fällen das Kupfer nützlicher als das Gold.

Die Spur des Sämanns, Demut, 287

287 Deine Berufung − Ruf Gottes! − ist es: anzuleiten, mitzureißen, zu dienen, zuführen. Wenn du dich aus falscher oder mißverstandener Demut abkapselst und dichin eine Ecke verkriechst, verstößt du gegen die Pflicht, ein Werkzeug Gottes zu sein.

Die Spur des Sämanns, Demut, 288

288 Wenn der Herr sich deiner bedient, um in die Seelen seine Gnade auszusäen, dannbedenke, daß du nur die Verpackung eines Geschenkes bist: ein Stück Papier, dasman zerreißt und wegwirft.

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Die Spur des Sämanns, Demut, 289

289 "Quia respexit humilitatem ancillae suae" − denn auf die Niedrigkeit seiner Magdhat Er herabgeschaut...

Jeden Tag bin ich tiefer davon überzeugt, daß die echte Demut die übernatürlicheGrundlage aller Tugenden ist!

Sprich darüber mit Unserer Lieben Frau, damit sie uns beisteht, diesen Weg zugehen.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 290

290 Die Welt wartet auf uns. Ja, wir lieben sie leidenschaftlich, denn ihr Schöpfer hatuns darüber belehrt: "Sic Deus dilexit mundum..." − so sehr hat Gott die Weltgeliebt... Außerdem ist sie der Schauplatz, auf dem wir unseren Feldzug führenmüssen − diesen wunderbaren Kampf der Liebe −, damit wir alle den Friedenerlangen, den Christus uns gebracht hat.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 291

291 Der Herr hat uns mit einer zarten Geste der Liebe erlaubt, die Erde für Ihn zuerobern.

In seiner grenzenlosen Demut hat Er sich darauf beschränken wollen, uns diesmöglich zu machen... Er hat uns dabei den leichteren und angenehmeren Anteilüberlassen: das Handeln und den Sieg.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 292

292 Die Welt... − "Das ist unsere Sache!"... − Du versicherst es hocherhobenen Hauptesund mit dem Selbstbewußtsein des Landmanns, der gelassen über erntereiche Felderschreitet: "Regnare Christum volumus!" − Wir wollen, daß Christus über diese seineErde herrscht!

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Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 293

293 "Es ist die Zeit der Hoffnung, und ich lebe von diesem Schatz. Das ist keine Floskel,Vater, es ist wirklich so".

Gut. Lege alles in deine Hoffnung hinein, die ja die Hoffnung auf Christus ist: dieganze Welt und all die menschlichen Werte, die dich so machtvoll anziehen:Freundschaft, Kunst, Wissenschaft, Philosophie, Theologie, Sport, Natur, Kultur −die Seelen.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 294

294 Dieser unbeschreibliche, sinnenfrohe Zauber der Welt, der nie nachläßt. Die Blumenam Wegrand, ihre Farbe, ihr Duft, die dich betören... die Vögel des Himmels undüberhaupt alles...

Mein armes Kind! Du mußt verstehen: Wäre all das nicht so verlockend, was wögedenn dann das Opfer, das du dem Herrn darbringst?

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 295

295 Deine Berufung als Christ verlangt von dir, in Gott zu leben und dich gleichzeitigum die irdischen Dinge zu kümmern; und zwar so, daß du sie ihrerEigengesetzlichkeit entsprechend einsetzt − um sie dem Herrn zurückzubringen...

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 296

296 Es ist unglaublich, wie glücklich man in dieser Welt sein kann! Und wie viele Leutedennoch unbedingt Trübsal blasen wollen: sie jagen mit hängender Zunge hinterihrem Egoismus her und tun so, als sei nach diesem Leben alles zu Ende!

Du darfst nicht zu ihnen gehören... Läutere in jedem Moment deine Absicht!

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 297

297 Die Welt ist erkaltet, sie scheint wie im Schlaf. − Von deiner Warte aus betrachtestdu sie oft mit flammendem Blick: Laß sie doch aufwachen, Herr!

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Weise deiner Ungeduld den sicheren Weg: Wenn wir es fertigbringen, unser Lebenim Feuer der Liebe zu verbrennen, dann werden wir auch den letzten Winkel derWelt mit diesem Feuer entzünden. Und die Aussicht wird eine andere sein.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 298

298 Die Treue − dein Dienst an Gott und an den Menschen −, um die ich dich immerwieder bitte, ist mehr als eine bloß impulsive Begeisterung; es ist jene andereBegeisterung, die man sich auf der Straße erkämpft, wenn man die viele Arbeit sieht,die überall noch zu tun ist.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 299

299 Ein gutes Kind Gottes soll sehr menschlich sein − aber nicht in der Weise, daß esrüpelhaft und taktlos wird.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 300

300 Es ist schwierig, unsere Umwelt, jeden einzelnen in ihr, durch unsere stille Arbeitund unsere gewissenhafte Pflichterfüllung als Staatsbürger "aufhorchen" zu lassenund dann auf unseren Rechten zu bestehen, um sie im Dienste der Kirche und derGesellschaft auszuüben.

Es ist schwierig... aber auch sehr wirksam.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 301

301 Es ist nicht wahr, daß ein Leben als guter Katholik und als loyales Glied derbürgerlichen Gesellschaft sich widersprechen. Ebensowenig können Kirche undStaat zusammenstoßen, wenn sie ihre legitime, jeweilige Autorität zur Erfüllung derihnen von Gott aufgetragenen Sendung ausüben.

Die das Gegenteil behaupten, lügen − ja, sie lügen. Es sind die gleichen Leute, dieuns Katholiken im Namen einer angeblichen Freiheit "freundlicherweise" in dieKatakomben zurückverbannen möchten.

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Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 302

302 Deine Aufgabe als christlicher Staatsbürger ist es, dazu beizutragen, daß die Liebeund die Freiheit Christi alle Äußerungen unseres heutigen Lebens prägen: Kulturund Wirtschaft, Arbeit und Freizeit, Familienleben und das ganze sozialeMiteinander...

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 303

303 Wer sich als Kind Gottes weiß, kann nicht einem Klassendenken, einerlei welcherArt, verhaftet sein. Ihn bewegen die Sorgen aller Menschen. Er versucht, in demGeist der Gerechtigkeit und der Liebe unseres Erlösers zur Bewältigung derProbleme beizutragen.

Auf diese Grundhaltung der Christen hatte schon der Apostel hingewiesen, als erschrieb, daß es bei Gott kein Ansehen der Person gibt − ein Wort, das ichunbedenklich übersetze: Es gibt nur eine Rasse, die Rasse der Kinder Gottes!

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 304

304 Der Welt verfallene Menschen setzen alles daran, den Seelen so bald wie möglichGott zu rauben − und damit sehr bald auch die Welt. Sie lieben diese Welt nicht: siebeuten sie lediglich aus und treten die Mitmenschen mit Füßen!

Falle nicht auch du solch doppeltem Betrug zum Opfer!

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 305

305 Manche Leute verbittern sich selbst den ganzen Tag... Alles ist ihnen zuwider. Siegehen schon mit der geradezu physischen Obsession zu Bett, daß der Schlaf, dieseeinzig mögliche "Weltflucht", nur von kurzer Dauer sein wird. Wachen sie auf, soüberkommt sie sofort das bedrohliche und niederdrückende Gefühl, daß abermalsein neuer Tag vor ihnen liegt.

Viele haben vergessen, daß wir − nach dem Willen des Herrn − in dieser Weltunterwegs sind zur ewigen Glückseligkeit; und sie bedenken nicht, daß nur der siewird erlangen können, der seinen irdischen Weg mit der Freude der Kinder Gotteszurücklegt.

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Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 306

306 An deiner ganzen Existenz als Staatsbürger, der Christ ist, muß der Unterschieddeutlich werden zwischen einem Leben der Freudlosigkeit und einem Leben ausinnerem Frohsein heraus; zwischen chronischer Ängstlichkeit und Ausstrahlung vonMut; zwischen einem Verhalten, das von Verschlagenheit, Doppelzüngigkeit oderHeuchelei bestimmt wird, und einer Lebensführung in Schlichtheit und wie auseinem Guß. Mit einem Wort: Laß alle den Unterschied sehen zwischenWeltverfallenheit und Gotteskindschaft.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 307

307 Hüte dich vor dem fundamentalen Irrtum zu denken, es gäbe in deiner Zeit und indeinem Lebensbereich in sich anständige und legitime Handlungen und Intentionen,die nicht auf die Heiligkeit der Lehren Jesu Christi hingeordnet oder mit ihnen inEinklang gebracht werden könnten.

Überhöre aber bitte nicht, daß ich ausdrücklich von den "anständigen und legitimen"Tätigkeiten spreche. Andere haben sowieso keine Berechtigung.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 308

308 Die Religion ist vom Leben nicht zu trennen − weder im Denken noch in derWirklichkeit des Alltags.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 309

309 Am fernen Horizont scheinen Himmel und Erde sich zu vereinigen. Vergiß abernicht, daß der wahre Ort, an dem sie miteinander verschmelzen, dein Herz ist: dasHerz eines Kindes Gottes.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 310

310 Wir können nicht einfach die Hände in den Schoß legen, während eine subtile Artder Verfolgung die Kirche zu einer tödlichen Regungslosigkeit verurteilen möchte.Am liebsten brächte man ihren Rückzug aus der Öffentlichkeit zuwege, um so vor

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allem zu verhindern, daß sie zu den Fragen der Erziehung, des kulturellen Lebensoder der Familie Stellung nimmt.

Es geht ja nicht um "unsere" Rechte! Es handelt sich um Rechte Gottes, derenWahrung Er uns Katholiken anvertraut hat. Und wir wahren sie, indem wir ihnenGeltung verschaffen.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 311

311 Zahlreiche Realitäten des irdischen Lebens − beispielsweise der Technik, derWirtschaft, der Gesellschaft, der Politik oder der Kultur − werden zu ungeheurenHindernissen für ein Leben aus dem Glauben, wenn sie sich selbst überlassenbleiben oder wenn sie allein von Menschen bestimmt werden, denen das Lichtunseres Glaubens fehlt. Diese Realitäten bilden dann einen ummauerten Bezirk, ausdem die Kirche feindselig ausgeschlossen bleibt.

Du − Forscher, Schriftsteller, Wissenschaftler, Politiker, Handwerker... − hast alsChrist die Pflicht, all dies zu heiligen. Denke an die Worte des Apostels, daß diegesamte Schöpfung wie in Geburtswehen liegt und auf die Befreiung der KinderGottes wartet.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 312

312 Beabsichtige nicht, die Welt in ein Kloster zu verwandeln, denn das wäre eineVerirrung. Aber versuche auch nicht, aus der Kirche einen weltlichen Verein zumachen, denn das wäre Verrat.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 313

313 Es ist eine traurige Sache, wenn jemand eine "cäsarische Mentalität" hat und daherdie Freiheit seiner Mitbürger in allem, was Gott dem Urteil der Menschenanheimgestellt hat, nicht verstehen kann.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 314

314 "Wer hat gesagt, man müsse sich in eine Zelle oder in die Gebirgseinsamkeitzurückziehen, um heilig zu werden?" − so fragte sich erstaunt ein guterFamilienvater. Und er fügte hinzu: "Dann wären nicht die Menschen heilig, sonderndie Zelle oder der Berg. Man hat vergessen, daß der Herr zu allen, jedem einzelnenausdrücklich gesagt hat: Seid vollkommen, wie auch mein himmlischer Vater

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vollkommen ist".

Ich bemerkte dazu nur: "Nicht allein daß der Herr unsere Heiligkeit will − Erschenkt auch jedem einzelnen die dazu erforderlichen Gnaden."

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 315

315 Liebe dein Vaterland. Solche Liebe ist eine christliche Tugend. Entartet aber derPatriotismus zum Nationalismus, der mit Abneigung und Verachtung ungerecht undlieblos auf andere Völker und Nationen herabsieht, dann ist dies Sünde.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 316

316 Es ist kein Zeichen von Patriotismus, Verbrechen der eigenen Nation zurechtfertigen und die Rechte anderer Völker zu mißachten.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 317

317 "Es gibt nicht mehr" − auch darauf verwies der Apostel schon zu seiner Zeit −"Griechen oder Juden, Beschnittene oder Unbeschnittene, Fremde, Skythen, Sklavenoder Freie, sondern Christus ist alles und in allen".

Diese Worte gelten heute wie damals: Vor dem Herrn gibt es keine Unterschiede derNationen, der Rassen, der Klassen, des Standes... Jeder von uns ist in Christusneugeboren, ein neues Geschöpf, ein Kind Gottes. Wir alle sind Brüder und sollenbrüderlich miteinander umgehen.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 318

318 Schon vor vielen Jahren erkannte ich sonnenklar einen Grundsatz, der seineGültigkeit nie verlieren wird: Innerhalb einer Gesellschaft, die sich vom Glaubenund von der Moral Jesu Christi abgewandt hat, bedarf es einer neuen Art und Weise,die ewige Wahrheit des Evangeliums durch das eigene Leben zu bezeugen und zuverbreiten. Im innersten Kern der menschlichen Gesellschaft, der Welt, müssen dieKinder Gottes durch ihre Tugenden leuchten wie Lichter in der Finsternis − "quasilucernae lucentes in caliginoso loco".

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Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 319

319 Die immerwährende Lebenskraft der katholischen Kirche verbürgt uns, daß dieWahrheit und der Geist Christi niemals an den Bedürfnissen der Zeiten vorbeigehen.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 320

320 Um den Spuren Christi zu folgen, braucht ein Apostel unserer Zeit nicht alsReformer aufzutreten, geschweige denn die historischen Realitäten seiner Gegenwartzu ignorieren... Es genügt vollauf, wie die Urchristen zu handeln, die Umwelt neu zubeseelen.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 321

321 Du lebst mitten in der Welt, als Bürger unter deinen Mitbürgern, im Umgang mitMenschen, die sich für gut oder für weniger gut halten. Du mußt den Wunschverspüren, an sie alle etwas von der Freude weiterzugeben, die dich erfüllt, weil duChrist bist.

Die Spur des Sämanns, Bürgersinn, 322

322 Es ergeht ein Befehl des Kaisers Augustus, nach dem sich alle Bewohner Israels indie Steuerlisten einzutragen haben. Maria und Josef machen sich auf den Weg nachBethlehem... Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie der Herr sich dergewissenhaften Befolgung eines Gesetzes bedient, damit seine prophetischeVerheißung in Erfüllung geht?

Habe Wertschätzung für die Normen und Regeln eines ehrenhaftenZusammenlebens und beachte sie; denn deine loyale Pflichterfüllung kannzweifellos dazu beitragen, daß auch andere den lauteren Gemeinschaftssinn vonChristen als eine Frucht der Gottesliebe erkennen und auf diesem Wege zu Ihmfinden.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 323

323 Wer seinem geistlichen Leiter eine Versuchung verschweigt, teilt ein Geheimnis mitdem Teufel. Damit ist er zum Freund seines ärgsten Feindes geworden.

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Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 324

324 Du bist zu Fall gekommen. Der Staub, den dein Sturz aufgewirbelt hat, verklebt dirdie Augen. Du quälst dich mit Gedanken, die dir den Frieden rauben möchten...

Hast du schon versucht, dich reuevoll beim Herrn und vertrauensvoll bei einemdeiner Brüder auszusprechen?

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 325

325 Aufrichtigkeit: gegenüber Gott, gegenüber deinem Leiter, gegenüber allenMenschen... Wenn die intakt bleibt, bin ich deiner Beständigkeit sicher.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 326

326 Wie du offen und einfach wirst? Vernimm und betrachte in deinem Herzen dieWorte des Petrus: "Domine, Tu omnia nosti..." − Herr, Du weißt alles!

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 327

327 Du bist bereit, dein Herz zu öffnen. − "Was soll ich sagen?" fragst du mich. Und ichantworte dir ruhigen Gewissens: Zuerst das, wovon du nicht möchtest, daß esjemand erfährt.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 328

328 Die Fehler, die du bei den anderen siehst, sind vielleicht deine eigenen Fehler. "Sioculus tuus fuerit simplex..." − Wenn dein Auge ohne Arg ist, dann wird dein ganzerLeib hell sein; wenn aber dein Auge boshaft ist, dann wird dein ganzer Leib finstersein.

Und weiter: "Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balkenin deinem Auge bemerkst du nicht?"

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Prüfe dich.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 329

329 Wenn wir unser eigenes Verhalten beurteilen wollen, dann müssen wir − alle − demMangel an Objektivität vorbeugen... Das gilt auch für dich.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 330

330 Zugegeben, du sagst "fast" die ganze Wahrheit... Du bist also nicht wahrhaftig.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 331

331 Du beklagst dich... Aber mit einer heiligen Unnachgiebigkeit sage ich dir: Du tust esnur − weil ich diesmal den wunden Punkt berührt habe...

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 332

332 Du hast begriffen, was Aufrichtigkeit ist, da du schreibst: "Ich versuche, mich daranzu gewöhnen, die Dinge beim Namen zu nennen und vor allem, keineBezeichnungen für Dinge zu suchen, die es gar nicht gibt."

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 333

333 Mache dir klar: Durchsichtigsein besteht weniger darin, etwas zur Schau zu stellen,als vielmehr darin, sich nicht "bedeckt" zu halten...

Es geht darum, die Dinge sichtbar zu machen, die am Grunde des Gefäßes ruhen −nicht die Luft um sie herum.

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Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 334

334 Unser Handeln in der Gegenwart Gottes soll immer so sein, daß wir vor denMenschen nichts zu verbergen brauchen.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 335

335 Jetzt ist die Zeit der inneren Bedrängnis ein für allemal vorüber... Du hast dieErfahrung gemacht, daß auch die verzwickteste Angelegenheit sich wunderbar löst,wenn du deinem geistlichen Leiter in Aufrichtigkeit begegnest.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 336

336 Wie falsch verhalten sich Eltern, Lehrer, Leiter..., die unumschränkte Aufrichtigkeitfordern und dann, wenn sie die ganze Wahrheit erfahren, schockiert sind!

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 337

337 In einem Wörterbuch fandest du die Synonyme für "unaufrichtig": doppelzüngig,schlau, verstellt, arglistig... Du hast dann nicht weitergelesen, sondern an den Herrndie Bitte gerichtet, daß du niemals solche Bezeichnungen verdienen mögest. Undvon neuem nahmst du dir vor, die Aufrichtigkeit − eine natürliche und eineübernatürliche Tugend zugleich − noch mehr zu vervollkommnen.

Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 338

338 "Abyssus abyssum invocat..." − ein Abgrund ruft den nächsten − schon einmal habeich dich daran erinnert. Dies Wort trifft genau die Verhaltensweise der Lügner undHeuchler, der Wortbrüchigen und der Verräter: Da sie sich in dieser ihrerLebensweise selber unbehaglich fühlen, verbergen sie ihre Unredlichkeit undschaffen, vom Verwerflichen zum noch Verwerflicheren fortschreitend, einenAbgrund zwischen sich und ihren Mitmenschen.

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Die Spur des Sämanns, Aufrichtigkeit, 339

339 "Tota pulchra es, Maria, et macula originalis non est in te!" − Ganz schön bist du,Maria, und ohne Makel von Anfang an − so besingt sie die Liturgie voller Jubel. InMaria finden wir nicht den leisesten Schatten der Unlauterkeit. Jeden Tag bitte ichunsere Mutter darum, wir möchten es lernen, unsere Seele der geistlichen Leitung zuöffnen, damit das Licht der Gnade unsere ganze Lebensweise erleuchtet!

Wenden wir uns vertrauensvoll an Maria. Sie wird uns den Mut zur Aufrichtigkeiterlangen, dessen wir bedürfen, um der Allerheiligsten Dreifaltigkeit immer näher zukommen.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 340

340 Loyalität gewährleistet die Sicherheit, beständig und unbeirrt den geraden Weg zugehen, und sie verleiht überdies die feste Gewißheit, daß es im Leben Sinn undGlück gibt.

Prüfe dich, ob es auch bei dir so ist.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 341

341 Du sagtest mir im Vertrauen, daß Gott dich zeitweise mit Licht erfüllt, dann wiedernicht...

Nachdrücklich habe ich dich daran erinnert, daß der Herr immer unendlich gut ist.Darum genügen jene Zeiten der Helligkeit, um dich in deinem geistlichen Lebenwachsen zu lassen. Doch auch die anderen helfen dir voranzuschreiten − sie festigendich in deiner Treue.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 342

342 Salz der Erde. − Der Herr hat gesagt, daß seine Jünger − auch du und ich − das Salzder Erde sind: Es heilt, es bewahrt vor Verwesung, es gibt der Welt denWohlgeschmack des Göttlichen...

Aber Er hat auch gesagt: "Quod si sal evanuerit..." − wenn das Salz seinenGeschmack verliert, wird es weggeworfen und von den Menschen zertreten.

Begreifst du jetzt, was dir angesichts so mancher beklagenswerter Vorgänge bisheute unbegreiflich erschien?

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Die Spur des Sämanns, Loyalität, 343

343 Die Stelle aus dem zweiten Brief an Timotheus, wo der Apostel beklagt, daß Demasnach Thessalonich entflohen und den Verlockungen dieser Welt verfallen sei, machtmich schaudern: Ein Mensch, den Paulus in anderen Briefen unter den Heiligenerwähnt, verriet einer Bagatelle wegen und aus Angst vor Verfolgungen die SacheGottes.

Ja, ich zittere, wenn ich das lese − denn ich kenne meine eigene Hinfälligkeit... Undes veranlaßt mich, von mir selbst auch in scheinbar unbedeutenden Angelegenheitendem Herrn gegenüber die äußerste Treue zu fordern. Wenn mir etwas nicht dazudient, mich noch enger mit Ihm zu verbinden, dann will ich es nicht!

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 344

344 Im Gedanken an so manche Situation der Geschichte, die der Teufel aufs neueherbeizuführen sucht, scheint mir das, was du über Loyalität schreibst, ins Schwarzezu treffen: "Den ganzen Tag über steigt mir aus Kopf, Herz und Mund das Stoßgebetzum Himmel: Rom!"

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 345

345 Ist das nicht eine wunderbare Entdeckung?! Was du selbst nur halb begriffen hattest,wurde dir mit einem Male sonnenklar, als du es anderen erklären mußtest.

Als du ausführlich mit jemandem zu sprechen hattest, der mutlos geworden war,weil er sich untauglich vorkam und den anderen nicht zur Last fallen wollte, daverstandest du besser, warum ich immer wieder sage: Wir müssen wie die Eselchensein, die am Schöpfrad des Brunnens ihre Runden drehen − getreu und mit großenAugenklappen. Denn weder sehen noch genießen wir die Resultate unsererpersönlichen Arbeit − die Blüten, die Früchte, den üppigen Garten −, aber wir sindder Wirkungen unseres redlichen Mühens gewiß.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 346

346 Loyalität geht mit dem Verlangen nach Bildung einher. Die aufrichtige Liebe, diedich bewegt, darf nicht Gefahr laufen, aus Unwissenheit Ansichten und Haltungenzu verbreiten oder gutzuheißen, die von der Wahrheit weit entfernt sind.

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Die Spur des Sämanns, Loyalität, 347

347 Du schreibst mir: "Ich möchte so fest und unbeirrt in meiner Loyalität sein, imAusharren, möchte so wach und voller Liebe dienen, daß Sie Freude an mir habenund ich Ihnen eine kleine Stütze sein kann."

Ich antworte dir: Gott stärke dich in deinem Vorsatz, damit wir Ihm "Hilfe undStütze" sein können.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 348

348 Es stimmt, manche, die zuerst begeistert sind, gehen fort... Das soll dich nichtbeunruhigen. Sie sind gleichsam die Nadeln, mit denen Gott das Garn einfädelt.

Bete für sie! Vielleicht können wir so erreichen, daß sie weiterhin andere "auf denWeg" bringen...

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 349

349 Du fühlst dich schwankend werden. Darum schreibe ich dir diese Stelle aus einemBrief ab: "Vielleicht bleibe ich weiterhin das unnütze Werkzeug, das ich immer war.Und doch: die Art und Weise, mein Leben zu sehen und alles in ihm anzugehen, hatsich verändert; denn ich habe den festen Wunsch, auf meinem Weg auszuharren −bis zum Ende!"

Zweifle niemals daran: Er läßt uns nicht fallen.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 350

350 Dein Leben ist Dienst − Dienst in unerschütterlicher Treue und ohne Vorbehalte...Nur so werden wir ganz erfüllen, was der Herr von uns erwartet.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 351

351 Weder in spiritueller noch in juridischer Hinsicht werde ich jemals das Denken undHandeln derer teilen, für die der Kirche zu dienen Karriere zu machen heißt.

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Die Spur des Sämanns, Loyalität, 352

352 Es tut weh zu sehen, daß manche Leute sich nicht einmal scheuen, das Kreuz Christirhetorisch auszuwerten, wenn sie meinen, das fördere ihre Karriere... Das sinddieselben, die unduldsam auf alles reagieren, was nicht mit ihren Vorstellungenübereinstimmt.

Für dich soll das ein Grund mehr sein, deinen geraden Weg weiterzugehen und denMeister um die Kraft zu bitten, daß du allezeit sagen kannst: "Non mea voluntas, sedtua fiat!" − Herr, gib, daß ich in Liebe Deinen heiligen Willen tue!

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 353

353 Du mußt jeden Tag in deiner Loyalität gegenüber der Kirche, dem Papst, demApostolischen Stuhl wachsen. Sie ist Frucht einer wachsenden Liebe, derenMittelpunkt Gott allein ist.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 354

354 Dein innerer Antrieb, die Kirche zu lieben, ist stark, und er wird um so stärker, jemehr sich andere anstrengen, sie zu beschmutzen. − Mir erscheint das ganznatürlich; denn die Kirche ist deine Mutter.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 355

355 Wer nicht begreifen will, daß der Glaube verlangt, der Kirche und den Seelen zudienen, wird früher oder später diesen inneren Zusammenhang umkehren:Schließlich "bedient" er sich der Kirche und der Seelen zu seinen persönlichenZwecken.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 356

356 Hoffentlich verfällst du niemals in den Irrtum, den mystischen Leib Christi zuidentifizieren mit der persönlichen Haltung, die eines seiner Glieder in privaten oderöffentlichen Angelegenheiten an den Tag legt. Und hoffentlich gibst du selbereinfachen Menschen keinen Anlaß zu solch einem Irrtum...

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Siehst du ein, wie wichtig es ist, daß du konsequent und loyal bist?

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 357

357 Ich verstehe dich nicht, wenn du mitten in einem Gespräch über Fragen der Moralund des Glaubens die Bemerkung fallen läßt, du seiest ein unabhängiger Katholik...

Unabhängig? Von wem? Eine solche Unabhängigkeit täuscht darüber hinweg, daßman dabei ist, den Weg Christi zu verlassen.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 358

358 Schließe keine Kompromisse, wenn es um die Lehre der Kirche geht. Bei jederLegierung ist es immer das edlere Metall, das wertgemindert wird...

Außerdem − dieser Schatz gehört ja nicht dir. Das Evangelium mahnt uns, daß derEigentümer von dir Rechenschaft verlangen wird, wenn du es am wenigstenerwartest...

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 359

359 Du hast recht: es gibt Katholiken, die praktizieren und fromm sind in den Augen derLeute und vielleicht auch wirklich ehrlich − aber sie stellen sich naiv in den Dienstder Kirchenfeinde...

Unter so verschiedenen und von ihnen mißverstandenen Begriffen wie etwa"Ökumenismus", "Pluralismus" oder "Demokratie" hat sich in ihr eigenes Zuhauseder ärgste Feind eingeschlichen: die "Unwissenheit".

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 360

360 Obwohl es paradox erscheint: Nicht selten stiften gerade Leute, die sich selbst"Söhne und Töchter der Kirche" nennen, in ihr die größte Verwirrung.

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Die Spur des Sämanns, Loyalität, 361

361 Du hast den Kampf satt. Diese Atmosphäre mangelnder Loyalität widert dich an...Alle fallen über den Gestürzten her und treten ihn mit Füßen...

Ich weiß gar nicht, wieso dich das wundert. Jesus Christus hat doch das gleicheerlebt... Aber Er resignierte nicht; denn dazu war Er ja gekommen: um die Krankenzu retten und die Unverständigen...

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 362

362 Loyale Menschen sollen sich aus allem heraushalten − das wünschen sich die, dienicht loyal sind.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 363

363 Meide jede Art von Sektierertum! Es macht loyale Zusammenarbeit unmöglich.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 364

364 Die wahre Einheit kann nicht dadurch gefördert werden, daß man neue Spaltungenverursacht... Am wenigsten dann, wenn deren Initiatoren aus Selbstherrlichkeit dielegitime Autorität zu verdrängen suchen.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 365

365 Du wurdest nachdenklich, als du meine Bemerkung hörtest, ich wolle in mir dasBlut meiner Mutter, der Kirche, spüren − und nicht etwa das Blut Alexanders desGroßen oder Karls des Großen oder der Sieben Weisen Griechenlands...

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Die Spur des Sämanns, Loyalität, 366

366 Ausharren heißt, in der Liebe bleiben: "Per Ipsum et cum Ipso et in Ipso..." Dasdürfen wir, angewendet auf unseren Alltag, auch so übersetzen: Er − mit mir, durchmich und in mir...

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 367

367 Es wird sicherlich auch unter Katholiken laue Christen geben oder zumindest solche,die im Umgang gelegentlich diesen Eindruck erwecken.

Wenn du daran Anstoß nimmst, so zeigt das nur, daß du das menschliche Elendverkennst − auch dein eigenes. Und außerdem ist es ungerecht und illoyal, wegender Schwächen einiger weniger Christus und seiner Kirche am Zeug zu flicken.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 368

368 Es ist wahr, wir Kinder Gottes sollen dem Herrn nicht dienen, um gesehen zuwerden. Aber es soll uns auch nichts ausmachen, wenn man uns sieht. Und auf garkeinen Fall dürfen wir von unserem Wege abgehen, weil man uns sehen könnte.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 369

369 Zwanzig Jahrhunderte sind vergangen. Und jeden Tag wiederholt sich dasSchreckliche von neuem: Immer noch wird Jesus Christus verurteilt, gegeißelt,gekreuzigt...

Auch unter den Katholiken sind viele, die durch Taten und Worte in das Geschreieinstimmen: "Den? Ich kenne ihn nicht!"

Könnte ich doch auf der ganzen Welt viele Menschen im vertraulichen Gesprächdaran erinnern, daß Gott der Allbarmherzige ist − aber auch der Allgerechte! Ganzklar hat darum der Herr gesagt: "Wer mich vor den Menschen verleugnet, den werdeauch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen".

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Die Spur des Sämanns, Loyalität, 370

370 Immer war ich der Ansicht, daß mangelnde Loyalität, taktischer Rücksichten wegen,nichts anderes als Lieblosigkeit ist − und ein Mangel an Persönlichkeit.

Die Spur des Sämanns, Loyalität, 371

371 Wende deinen Blick der Gottesmutter zu und betrachte, wie sie die Tugend derLoyalität lebt. Elisabeth braucht sie − und Maria macht sich sogleich auf den Wegzu ihr. Das Evangelium sagt: "cum festinatione", in freudiger Eile. Du − lernedaraus!

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 372

372 Willig gehorchen − aber mit Intelligenz, in Liebe und verantwortungsbewußt − undungeachtet der gelegentlichen Neigung, über die Leitenden Urteile zu fällen.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 373

373 In der Erfüllung apostolischer Aufgaben darf die Treue deines Gehorsams nichtabhängen von deiner Meinung über die menschlichen Qualitäten oder dieFührungseigenschaften des Leiters. Dann wäre nämlich der Gehorsam keine Tugendmehr.

Kreuze können sehr verschieden sein: aus Diamanten, aus Perlen, aus Smaragden,aus Emaille, aus Elfenbein... auch aus Holz, wie das Kreuz unseres Herrn. JedesKreuz verdient die gleiche Verehrung, denn jedes erinnert uns an das Opfer desmenschgewordenen Gottes. − Übertrage diese Erwägung auf deinen Gehorsam undvergiß nicht, daß Er, ohne zu zögern, das Holz des Kreuzes umarmt und uns so erlösthat.

Nur wenn du gehorchst und damit die Lauterkeit deiner Absicht gezeigt hast, kannstdu noch mit einer brüderlichen Zurechtweisung − nach den erforderlichenBedingungen erteilt − helfen und durch die Erfüllung dieser Pflicht die Einheitfestigen.

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 374

374 Gehorsam... mit dem Wort, mit dem Herzen und mit dem Verstand. Gehorsam, nichteinem Menschen, sondern Gott gegenüber...

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 375

375 Dir ist die Tugend des Gehorsams fremd, wenn du die gegebene Anweisung nichtwirklich liebst − wenn du also, was dir aufgetragen worden ist, nicht wirklich imInnern annimmst.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 376

376 Viele Nöte lassen sich sofort beheben, andere mit der Zeit. Aber alle überwindenwir, wenn wir treu sind, das heißt: wenn wir gehorchen und das, was geboten ist,erfüllen.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 377

377 Der Herr will von dir ein ganz bestimmtes Apostolat − nicht anders als damals, wodie hundertdreiundfünfzig großen Fische − nicht irgendwelche Fische, sondern ebendiese − auf der rechten Seite des Bootes ins Netz gingen.

Du fragst mich: Woher kommt es, daß ich nichts fange, obwohl ich weiß, daß ich"Menschenfischer" bin, obwohl ich Kontakt mit vielen Freunden habe und auch klarerkenne, an wen sich mein besonderes Apostolat wenden soll? Fehlt es mir an Liebezu Gott? Fehlt es mir an innerem Leben?

Petrus gibt dir bei jenem wunderbaren Fischfang die Antwort darauf: "Meister, wirhaben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch wenn Du es sagst,werde ich die Netze auswerfen."

Im Namen Jesu Christi: Beginne von neuem! Gestärkt! Weg mit der Resignation!

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 378

378 Gehorche ohne viel unnützes Grübeln... Mißmut oder Unlust gegenüber einerAnweisung zu äußern, ist eine bedeutsame Verfehlung; sie zu "empfinden" istjedoch keine Schuld, sondern kann sogar Gelegenheit bieten, durch kraftvolleSelbstüberwindung einen heroischen Tugendakt zu setzen...

Nicht ich habe das erfunden. Erinnerst du dich? Das Evangelium berichtet von demFamilienvater, der seinen beiden Söhnen den gleichen Auftrag gab... Und Jesus freutsich über den, der trotz anfänglichen Widerspruchs ihn dann doch erfüllt! Der Herrfreut sich, weil der Gehorsam Frucht der Liebe ist.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 379

379 Sehr häufig hat der Ungehorsam seinen Grund in "verschlossenen Ohren". Man willden Befehl nicht hören. Und warum nicht? Weil es an Demut oder anDienstbereitschaft fehlt...

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 380

380 Du möchtest in rechter Weise gehorchen? Dann höre vor allem genau hin, damit duTragweite und Sinn der Anweisung begreifst. Und hast du etwas nicht verstanden,dann frage!

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 381

381 Wann wirst du endlich begreifen, daß du gehorchen mußt? Es ist nämlich auch eineForm von Ungehorsam, wenn du deine Zeit vergeudest, anstatt das zu tun, was zudeinen täglichen Pflichten gehört. Jede Minute deines Tages soll ausgefüllt sein: mitArbeit, mit Studium, mit Apostolat, mit innerem geistlichen Leben.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 382

382 Die Kirche achtet mit ehrfürchtiger Sorgfalt auch auf die liturgischen Formen, damitwir die Schönheit der Geheimnisse unseres Glaubens immer tiefer erfassen undinniger lieben. Ähnlich, wenn auch auf einer anderen Ebene, begegnen wir unserenLeitern mit einer natürlichen Höflichkeit, die von innen kommt − ohne übertriebenes

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Gehabe −, und mit ungezwungenen, aber respektvollen Umgangsformen, weil wirdurch sie erfahren, was Gott von uns will.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 383

383 Wer Leitungsaufgaben wahrnimmt, muß zuerst das Gemeinwohl im Auge haben. Esist davon auszugehen, daß schwerlich irgendeine Anweisung, die sich auf dasgeistliche Leben oder auf das Apostolat bezieht, allen gleichermaßen gefallen wird.

"Man kann es nie allen recht machen!" sagt ein Sprichwort. Mache dir klar: daß demso ist, spricht keineswegs für Mängel des Gesetzes, sondern vielmehr für denungerechtfertigten Hochmut und die Egozentrik einiger weniger.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 384

384 Ordnung, Autorität, Disziplin... Das sind für manche Leute, falls sie überhaupthinhören, nur Reizwörter... Sie lächeln geringschätzig und sagen, sie ließen sichnicht ihre Freiheit nehmen.

Sie selbst − ob Mann oder Frau − verlangen freilich von uns, daß wir ihre Irrwegerespektieren oder gar uns ihnen anpassen. Ihre Proteste sind demagogisch. Daß dieechte Freiheit der anderen ein solch primitives Verhalten nicht zuläßt, nicht zulassenkann, das begreifen sie nicht.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 385

385 Wem die Aufgabe zufällt, Seelen geistlich zu führen, der muß für allesMenschlich−Natürliche offen sein, um es auf die Ebene des Übernatürlichen zuerheben, damit es so gleichsam vergöttlicht werden kann. Wenn etwas den Bezug zuGott ausschließt, dann − und darüber darfst du dich nicht täuschen − ist es auch nichtmenschlich, sondern bloß "animalisch", unziemlich für ein vernunftbegabtesGeschöpf.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 386

386 Autorität bedeutet nicht, daß, wer höher gestellt ist, den ihm Nachgeordneten"anbrüllt" und dieser wiederum seinen Untergebenen... Wo so etwas vorkommt,handelt es sich um eine Karikatur der Autorität, bar jeder Liebe und jedesAnstandes. Sie reißt eine Kluft auf zwischen dem Vorgesetzten und den ihmUnterstellten, weil er, anstatt ihnen zu dienen, sie allenfalls "gebraucht".

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 387

387 Gehöre nicht zu den Leuten, die bei sich zu Hause im Durcheinander leben, dafüraber das Zuhause der anderen in Ordnung bringen möchten.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 388

388 Sag − meinst du wirklich, du wüßtest alles, nur weil dir Autorität übertragen wurde?

Hör gut zu! Ein fähiger Leiter weiß vor allem, daß er von den anderen lernen kannund lernen soll!

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 389

389 Gewissensfreiheit im Sinne einer Befreiung vom Gewissen? Nein! Wieviel Unheilhat den Völkern und den einzelnen dieser schreckliche Irrtum gebracht, der erlaubt,den tiefsten Gesetzen im eigenen Innern zuwiderzuhandeln.

Freiheit des Gewissens − ja! Sie beruht aber darauf, daß das Gewissenunverrückbare Gesetze erkennen kann und ihnen folgen will. Mit anderen Worten:daß es ein ernstlich geformtes Gewissen ist.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 390

390 Jemanden leiten heißt nicht, ihn quälen.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 391

391 Du hast eine Leitungsaufgabe. Bedenke dabei: Die besten und stärksten Werkzeugewerden stumpf, nutzen sich ab und sind schließlich unbrauchbar, wenn man schlechtmit ihnen umgeht.

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 392

392 Wenn jemand bei Leitungsangelegenheiten im Alleingang "forsche" Entscheidungentrifft, sind diese so gut wie immer von einer einseitigen Sicht der Dinge bestimmt.

Mögen deine Vorbildung und deine Fähigkeiten auch noch so groß sein − du solltestauf alle Fälle die heranziehen, die mit dir die Aufgabe der Leitung teilen.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 393

393 Schenke anonymen Anschuldigungen keine Beachtung! Es sind die Waffen derLumpen.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 394

394 Unverzichtbarer Grundsatz jeder guten Führung: Die Menschen so nehmen, wie siesind, ihnen helfen zu wachsen und keinen von ihnen jemals gering achten.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 395

395 Ich finde es sehr gut, daß du dich jeden Tag darum bemühst, die Sorge um deineUntergebenen noch tiefer zu empfinden; denn so erkennen sie das liebevolleVerständnis des Leiters als Solidarität, die sie mitträgt. Und gerade darin kann diewirksamste Hilfe für die bestehen, denen du als Vorgesetzter zu dienen hast.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 396

396 Was richten doch Leute in Führungspositionen an, die über Personen und Fragen,von denen sie keine Ahnung haben, sich auslassen und Urteile fällen: leichtfertig,inkompetent, gern mit "markigen" Formulierungen − und bisweilen sogar mitsogenannten "Vorbehalten", die aus unguten Motiven herrühren.

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 397

397 Wenn die wahre Autorität zu einem diktatorischen Autoritarismus entartet und wenndieser Zustand lange anhält, kommt es zu Brüchen in der geschichtlichenKontinuität: Die Träger echter Autorität werden alt oder sterben, unreife Nachfolger,die keine Erfahrung sammeln konnten, gelangen ans Ruder, und eine unwissende,aufbegehrende Jugend drängt an die Macht... Für wieviel Unheil und für wie vieleBeleidigungen Gottes − eigene und direkt oder indirekt verschuldete − ist derverantwortlich, der einen so schlechten Gebrauch von seiner Autorität macht!

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 398

398 Wer verantwortlich Menschen führt und sich dabei von negativer Sicht der Dingeund Mißtrauen leiten läßt, wird leicht zum Tyrannen.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 399

399 Bemühe dich gewissenhaft darum, deine Leitungsaufgaben wirklich objektivwahrzunehmen. Gib nicht dem Hang so mancher Leute nach, stets zuerst oder sogarausschließlich die Fehler und das, was schiefliegt, zu sehen.

Sei froh in dem Wissen, daß der Herr allen Menschen die Fähigkeit geschenkt hat,sich im Kampf gegen die eigenen Fehler zu heiligen!

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 400

400 Neuerungssucht kann zur Mißwirtschaft im ganzen Leitungsorganismus führen.

Wir brauchen neue Satzungen, sagst du...

Meinst du, der menschliche Körper wäre mit einem anderen Nerven− oderGefäßsystem besser dran?

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 401

401 Es gibt Menschen, die geradezu gierig auf Vermassung aus sind. Einheit verwandelnsie in gestaltlose Uniformität, indem sie die Freiheit abwürgen.

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Man könnte meinen, sie wüßten nichts von der wunderbaren Einheit desmenschlichen Körpers, dessen Gesundheit abhängt von dem harmonischenZusammenspiel der verschiedenen Gliedmaßen und Organe mit ihren jeweilsspezifischen Funktionen.

Gott hat weder gewollt, daß alle gleich sind, noch, daß wir alle auf dem einzigenWege "im Gleichschritt" dahermarschieren...

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 402

402 Man muß den Menschen beibringen, wie sie arbeiten sollen; dabei darf man dietheoretische Vorbereitung nicht überbewerten, weil ja das praktische Tun auch zurAusbildung dazugehört. Die unvermeidlichen Fehler in der Arbeit muß manhinnehmen; denn das Bessere ist Feind des Guten.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 403

403 Vertraue niemals auf Organisation allein!

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 404

404 Der gute Hirt braucht seine Herde nicht einzuschüchtern. Das ist vielmehr Art derschlechten Regenten. Kein Wunder also, daß diese am Ende vereinsamt und verhaßtsind.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 405

405 Sehr oft besteht die Aufgabe des Leiters einfach darin, daß er es fertigbringt, die ihmAnvertrauten "ins Schlepptau zu nehmen". Mit Geduld und Liebe.

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 406

406 Eine gute Führung muß zwar flexibel sein, darf aber nicht auf Forderung verzichten!

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 407

407 "Alles will ich ertragen − solange man mir nicht zu sündigen befiehlt!" − Das sagtemit einer letzten Entschiedenheit jenes bedrängte Geschöpf, dessen persönlichesLeben und dessen Hoffnungen als Mensch wie als Christ mächtige Feinde beinahevernichtet hatten.

Denke darüber nach! Lerne daraus! Alles mag hingehen − solange man dir nicht zusündigen befiehlt.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 408

408 Nicht alle Staatsbürger gehören dem stehenden Heer an. Aber wenn es zum Kriegekommt, stellt sich jeder mit all seinen Kräften und Mitteln zur Verfügung... Und derHerr hat gesagt: "Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern dasSchwert."

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 409

409 "Ich war", schreibt jemand, "sozusagen ein Einzelkämpfer im Krieg. Ichdurchstreifte das Gebirge und focht nur dann, wenn es mir behagte. Später habe ichgedacht, daß ich mich doch in die reguläre Truppe einreihen sollte. Ich begriff, daßKriege leichter von einer richtigen, disziplinierten Armee gewonnen werden. So einarmer Einzelkämpfer kann eben nicht auf eigene Faust eine ganze Stadt einnehmenoder die Welt erobern... Also hängte ich meine altmodische Flinte an den Nagel −und jetzt bin ich gut ausgerüstet. Freilich, andererseits weiß ich wohl, daß ich michnicht mehr im Gelände unter einem schattigen Baum hinlegen kann, um davon zuträumen, wie ich ganz allein meine Kriege gewinne."

Gesegnet sei die Disziplin, gesegnet sei die Einheit unserer heiligen Mutter, derKirche.

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 410

410 Vielen aufrührerischen Katholiken möchte ich gerne sagen, daß die, die sich nicht inDisziplin und Gehorsam der legitimen Autorität unterordnen, gegen ihre Pflicht undSchuldigkeit verstoßen. Sie werden zu einer "Partei", zu einer Art von privatenKonventikeln, in denen intrigante Kampfhähne und Klatschbasen ihre sinnlosenpersönlichen Streitigkeiten austragen und Wirrwarr und Krisen hervorrufen.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 411

411 Ein sanfter Wind und ein Orkan − das ist zweierlei. Ersterem kann jeder standhalten,es ist ein Kinderspiel, sozusagen nur simulierter Kampf...

Kleine Widerwärtigkeiten, unbedeutende Verzichte, vorübergehende Nöte − gernhast du sie hingenommen; du warst innerlich froh und dachtest: Jetzt arbeite ichwirklich für Gott, denn ich bekomme sein Kreuz zu spüren...

Aber ach, mein armes Kind, da kam der große Sturm. Naturgewalten brachen los,die hundertjährige Bäume zu entwurzeln vermögen. Sie ließen dich im Innerstenerzittern und erschütterten deine äußere Sicherheit... Hab Vertrauen! Keine Machtkann deinen Glauben und deine Liebe ausreißen und dich vom Weg abbringen,wenn du dich nicht von dem "Haupt" entfernst, wenn du mit ihm vereint bleibst.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 412

412 Mit welcher Nonchalance vernachlässigst du deine gewählte Lebensordnung! DieAufgaben und Pflichten eines jeden Tages bringst du so oberflächlich hinter dich,daß es fast schlimmer ist, als erfülltest du sie gar nicht.

Und so willst du in der Liebe zu dem Weg deiner Berufung immer mehr wachsen?So mit dieser Liebe andere Menschen anstecken?

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 413

413 Beharre auf keinem anderen persönlichen Verlangen als nur auf dem Recht, deinePflicht zu tun.

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Die Spur des Sämanns, Disziplin, 414

414 Die Last wiegt schwer? Nein und tausendmal nein! Die Verpflichtungen, die du inFreiheit auf dich genommen hast − sie sind die Flügel, die dich über den Morast derLeidenschaften hinweg nach oben tragen.

Spürt etwa ein Vogel das Gewicht seiner Flügel? Schneide sie ihm ab, lege sie aufeine Waage − natürlich sind sie schwer! Kann er aber noch fliegen, wenn man ihnder Schwingen beraubt? Er braucht sie so, wie sie sind! Er spürt ihr Gewicht nicht,denn dank ihrer steigt er auf in die Lüfte, hoch über die anderen Geschöpfe...

Auch deine "Flügel" sind schwer! Fehlten sie dir aber, so würdest du abstürzen undim Morast versinken.

Die Spur des Sämanns, Disziplin, 415

415 Maria "bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen..."

Wo eine reine und aufrichtige Liebe vorherrscht, da wird die in Gehorsamangenommene und befolgte Ordnung − mag sie bisweilen auch persönliche Opferverlangen − niemals zu einer Pression. Im Gegenteil − sie verbindet mit demgeliebten Herrn.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 416

416 Der Herr braucht starke, tapfere Seelen, die nicht mit dürftigem Mittelmaßpaktieren; Menschen, die mit einer klaren und festen Ausrichtung zu jedem MilieuZugang finden.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 417

417 Heiterer und ausgeglichener Charakter, unbeugsamer Wille, tiefer Glaube undglühende Frömmigkeit: das sind die unverzichtbaren Kennzeichen eines KindesGottes.

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Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 418

418 Der Herr kann aus Steinen Abraham Kinder erwecken... Allerdings ist es an uns,Ihm nicht nur Bruchstein darzubieten... Ein harter, wenn auch noch formloserFelsbrocken läßt sich eher zu einem prachtvollen Quader behauen.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 419

419 Ein apostolischer Mensch darf nicht in der Mittelmäßigkeit steckenbleiben. Gott hatihn ja dazu berufen, daß er in seinem Dasein die echte Humanität verwirklicht undso die ewige Neuheit der göttlichen Botschaft verkündigt. Um das zu können, mußer eine "große" Seele haben, reich an Geduld und heroisch hingegeben!

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 420

420 Jeden Tag, so sagtest du mir, mache ich in meinem Innern eine neue Entdeckung...Und meine Antwort: Du fängst nun an, dich selbst zu erkennen.

Wer wirklich liebt, der findet tausend liebenswerte Aufmerksamkeiten und in ihnentausend Gründe, um noch tausendmal mehr zu lieben...

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 421

421 Es wäre ein Jammer, wenn man aus der Art, wie sich Katholiken imgesellschaftlichen Leben verhalten, schlösse, daß sie eingeschüchtert und sozusagenminderbemittelt seien.

Wir dürfen nie vergessen, daß unser Meister "perfectus Homo", vollkommenerMensch war, nein: ist!

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 422

422 Wenn der Herr dir gute Anlagen oder ein besonderes Talent geschenkt hat, dannnicht bloß, damit du sie genießt oder mit ihnen angibst, sondern damit du sie indienender Liebe zum Nächsten entfaltest.

Und wo kannst du eine bessere Gelegenheit finden, um zu dienen, als in deinergegenwärtigen Lage, da du mit so vielen Menschen zusammenlebst, die deine Ideale

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teilen?

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 423

423 Unter dem gewaltigen Druck einer materialistischen Welt ohne Glauben, die denbrutalen Gesetzen der "Lustmaximierung" gehorcht − kann man da überhaupt nochdie Freiheit verlangen und rechtfertigen, anders zu denken und anders zu handeln alssie?

Ein Kind Gottes hat es nicht nötig, diese Freiheit eigens zu erbitten, denn Christushat sie uns ein für allemal erworben. Freilich muß sie in jeder Lebenssituationverteidigt und offen praktiziert werden. Nur dann werden die anderen begreifen, daßkein noch so krankes und verderbtes Milieu unsere Freiheit abwürgen kann.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 424

424 Deine Verwandten, deine Kollegen, deine Freunde − alle nehmen immer deutlicherdeine Veränderung wahr. Sie merken, daß es sich bei dir nicht um einevorübergehende Entwicklungsphase handelt. Du bist nicht mehr derselbe wie früher.

Laß dich nicht irritieren! Weiter auf deinem Wege! Das Wort des Apostels wird indir Wirklichkeit: "Vivit vero in me Christus" − Christus ist es, der in dir lebt.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 425

425 Menschen, die nein sagen können, verdienen zunächst einmal Achtung. Dochdarüber hinaus bitte sie, ihr Nein zu begründen. Entweder lernst du dabei, oder duvermagst etwas richtigzustellen.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 426

426 Früher warst du ein Schwarzseher, unentschlossen und lustlos. Jetzt bist du wieverwandelt: wagemutig, optimistisch und selbstsicher... Denn endlich hast du dichdazu durchgerungen, in Gott allein Halt zu suchen.

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Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 427

427 Wie traurig ist die Lage eines Menschen, der hervorragende natürliche Tugendenbesitzt, nicht aber das leiseste Gespür für das Übernatürliche. Wie leicht wird esdazu kommen, daß er jene Tugenden ausschließlich seinen persönlichen Zweckennutzbar macht. − Denke einmal darüber nach!

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 428

428 Du möchtest dir eine wirklich katholische, eine "universale" Geisteshaltunganeignen. Ich schreibe dir hier einige ihrer Merkmale auf:

Weiter Horizont! Die unwandelbare, lebendige Wahrheit des katholischen Glaubensin ihrer Tiefe zu ergründen versuchen;

das gesunde und solide − nicht oberflächliche! − Streben danach, die fundamentalenLehren der Tradition zu erneuern, etwa in der Philosophie undGeschichtsinterpretation;

ein waches Gespür für die zeitgenössischen Denkströmungen undwissenschaftlichen Tendenzen;

schließlich eine positive und offene Haltung gegenüber den zeitbedingtenStrukturwandlungen in der Gesellschaft und auch gegenüber den veränderten undsich weiterhin verändernden Lebensformen.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 429

429 Du mußt lernen, von den gängigen Auffassungen deiner Umgebung, wann und woimmer es erforderlich ist, abzuweichen, ohne dabei die Liebe zu verletzen und ohneunsympathisch zu wirken.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 430

430 Mit der Gnade Gottes und einer gründlichen Bildung kannst du dich denUngebildeten verständlich machen... Aber sie werden dir kaum folgen, wenn dir die"Sprachengabe" abgeht, das heißt, wenn du nicht imstande bist oder zumindest dichdarum bemühst, ihre Denkweise zu treffen...

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Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 431

431 Das Gebot der Höflichkeit gilt immer und gegenüber allen. Besonders abergegenüber denen, die als deine Gegner auftreten. Du darfst niemandem feindlichgesonnen sein, weil er in einem Irrtum befangen ist, aus dem du ja versuchen sollst,ihn zu befreien.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 432

432 Das verzogene Kind tat dir richtig leid, nicht wahr? − Also verwöhne dich selbstnicht so sehr! Siehst du nicht, daß du Gefahr läufst, ein Weichling zu werden?

Außerdem: Weißt du nicht, daß die wildwachsenden Blumen in der freien Natur, dieHitze und Unwettern ausgesetzt sind, am würzigsten duften?

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 433

433 Er wird es sehr weit bringen, so hört man, und an seine zukünftige Verantwortung zudenken kann einen erbleichen lassen... Niemand kennt von ihm irgendeineuneigennützige Arbeit, irgendeinen klugen Satz, eine gehaltvolle Schrift... Einetotale "Niete"...

Dabei erweckt er stets den Eindruck, er sei in tiefes Sinnen versunken, aberjedermann weiß, daß er noch nie ernstlich und gründlich nachgedacht hat. Mieneund Allüren verleihen ihm den ernsthaften Ausdruck eines Maultieres, und dahersteht er im Ruf eines "klugen Menschen", der es sehr weit bringen wird. Aber ichfrage mich: Was wird er anderen beibringen können, wie und womit wird er ihnendienen, wenn wir ihm nicht helfen, sich zu ändern?

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 434

434 Der besserwisserische Bildungsprotz hält die Einfachheit und Demut des wirklichGebildeten für Ignoranz.

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Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 435

435 Ahme nicht das Beispiel derer nach, die, kaum daß sie eine Weisung erhalten haben,schon überlegen, wie sie sie abändern können. Man möchte meinen, sie haben zuviel"Persönlichkeit"! Sie stiften nur Zwietracht und Durcheinander.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 436

436 Deine Erfahrung und Gewandtheit, die Gewohnheit, zwischen den Zeilen zu lesen,ein routinierter Scharfblick und das professionelle Kritisieren − all das hat dich imGesellschaftlichen und im Geschäftsleben weit, vielleicht zu weit gebracht, so daßdu etwas zynisch geworden bist. Nun hat dieser übersteigerte "Realismus", dem esan Gespür für die geistlich−übernatürliche Dimension des Lebens fehlt, dein inneresLeben erfaßt. − Weil du die Einfachheit verloren hast, bist du manchmal kalt undherzlos.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 437

437 Im Grunde bist du ein lieber Kerl, aber du hältst dich für einen Machiavelli. − Machdir einmal klar, daß man als guter und rechtschaffener Mensch in den Himmelkommt und nicht als unangenehmer Intrigant.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 438

438 Deine gute Laune − wunderbar. Aber alles und jedes als einen Spaß aufzufassen −gib es zu −, das ist einfach zuviel des Guten...

Die Wirklichkeit sieht ganz anders aus: Weil dir die Willenskraft fehlt, um deineAngelegenheiten ernst zu nehmen, suchst du dich selbst zu rechtfertigen, indem dudich über die anderen lustig machst, die besser sind als du.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 439

439 Ich bestreite nicht, daß du begabt bist. Aber deine unbeherrschte Aufgeregtheitbringt dich dazu, wie ein Dummkopf zu handeln.

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Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 440

440 Diese Unausgeglichenheit deines Charakters! Mit der Tastatur stimmt etwas nicht:Die hohen und die tiefen Töne kommen gut heraus, aber nicht die mittleren... Unddas eben sind die des gewöhnlichen Alltags! Die hören die anderen am meisten.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 441

441 Lerne aus folgendem: Bei einem denkwürdigen Anlaß machte ich einenausgezeichneten Mann − gelehrt und mutig war er! − darauf aufmerksam, daß erseine einflußreiche, hohe gesellschaftliche Stellung aufs Spiel setze, wenn erweiterhin jene heilige Sache in Schutz nähme, die so viele "gute Katholiken"bekämpften. − Gemessen und ernst, in einem Ton, der die Verachtung irdischerEhren zum Ausdruck brachte, antwortete er mir: "Meine Seele setze ich aufs Spiel"!

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 442

442 Diamanten erhalten ihren Schliff durch Diamanten − und die Seelen durch andereSeelen.

Die Spur des Sämanns, Persönlichkeit, 443

443 "Ein großes Zeichen erschien am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; derMond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt".

Du und ich und wir alle sollen die Gewißheit haben, daß nichts die Persönlichkeit sosehr vervollkommnet, als das Ja zur Gnade zu sprechen.

Gib dir Mühe, dem Vorbild Marias zu folgen, und du wirst ein Mann − eine Frau −aus einem Guß werden.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 444

444 Wären wir uns unserer Verpflichtungen bewußt − wie könnten wir dann einenganzen Tag verbringen, ohne daran zu denken, daß wir eine Seele haben?

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Aus dem täglichen Gebet muß die immer neue Begradigung unseres Wegeshervorgehen, damit wir nicht von ihm abkommen.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 445

445 Wer aufhört zu beten, lebt noch eine Weile von seinen spirituellen Reserven − unddanach vom Schwindeln.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 446

446 Die geistliche Betrachtung: Zu einer bestimmten Zeit, zu einer festgesetzten Stunde.Wenn wir nämlich unsere Gebetszeit nach Lust und Laune ansetzen, dann ist diesein Mangel an aszetischem Geist. Und das Gebet ohne Aszese ist wenig wirksam.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 447

447 Dir fehlt es an innerem Leben. Du schließt in dein Gebet weder die Anliegen derDeinen noch die Sorge um neue Berufungen ein; du bemühst dich weder darum, klarzu sehen, noch konkrete Vorsätze zu fassen, noch sie zu erfüllen; du suchst die NäheGottes nicht beim Studium, nicht bei der Arbeit, nicht bei deinen Gesprächen undnicht im Umgang mit den anderen.

Wie also ist es um dein Bewußtsein der Gegenwart Gottes bestellt, das ja sowohlWurzel als auch Frucht deines Gebetes sein soll?

Die Spur des Sämanns, Gebet, 448

448 So? Du konntest es nicht, weil du keine Zeit hattest? Du hast Zeit. Außerdem: wassoll aus deiner Arbeit werden, wenn du sie nicht in der Gegenwart Gottes bedenkst,um Ordnung in sie hineinzubringen? Wie willst du denn dein täglichesArbeitspensum gut erfüllen ohne das Gespräch mit Gott? Du argumentierst wiejemand, der sagt, er könne leider nicht studieren, weil ihn das Unterrichten zu sehr inAnspruch nehme..., aber ohne Studium kannst du eben auch keinen nützlichenUnterricht erteilen.

Das Gebet hat immer Vorrang. Wenn du das einsiehst, aber trotzdem nicht danachhandelst, dann behaupte nicht, du hättest keine Zeit: Du willst einfach nicht!

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Die Spur des Sämanns, Gebet, 449

449 Gebet, noch mehr Gebet! Das erscheint angesichts des Umstandes, daß du wegen derPrüfungen in der intensivsten Arbeit steckst, fast paradox... Doch du brauchst dasGebet! Und zwar nicht nur die gewohnte Zeit der Betrachtung, sondern Gebet geradeauch zwischendurch, in den Augenblicken des Leerlaufs, in den Pausen zwischendieser und der nächsten Arbeit. Kurz: beten, anstatt die Gedanken an Belangloses zuverschwenden.

Es macht nichts aus, wenn es dir trotz deines Bemühens nicht gelingt, dich zukonzentrieren, dich zu sammeln. Ein solches Beten kann viel wertvoller sein als dieZeit der Betrachtung in der ungestörten Ruhe einer Kirche.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 450

450 Um es wirklich fertigzubringen, den ganzen Tag im Bewußtsein der GegenwartGottes zu durchleben, empfiehlt es sich, diesen Tag mit einer "Audienz" bei JesusChristus zu beginnen.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 451

451 Das Gebet ist kein Vorrecht für Mönche. Es ist Pflicht und Aufgabe aller Christen,der Männer wie der Frauen, die in der Welt leben und wissen, daß sie Kinder Gottessind.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 452

452 Selbstverständlich sollst du deinem Weg weiter folgen: ein Mensch der Tat, berufenzur Kontemplation.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 453

453 Ein Katholik, der nicht betet?... Das ist wie ein Soldat ohne Waffen.

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Die Spur des Sämanns, Gebet, 454

454 Danke dem Herrn für das wunderbare Geschenk, das Er dir gemacht hat, als Er dirdie Augen dafür öffnete, daß "nur eines notwendig" ist. Und verbinde mit deinemDank auch jeden Tag die inbrünstige Bitte für alle, die Ihn noch nicht kennen oderIhn nicht verstehen.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 455

455 In der Zeit, als einige Freunde versuchten, dich zu gewinnen, fragtest du dich, wohersie die innere Stärke und das überspringende apostolische Feuer nahmen. − Jetzt, dadu selber betest, begreifst du, daß das Gebet die Quelle ist, deren Wasser das Umfeldder Kinder Gottes befruchtet.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 456

456 Du mißachtest das Gebet. Kommt das nicht letztlich daher, daß du Angst hast unddie Anonymität suchst? Daß du es also nicht wagst, mit Christus von Angesicht zuAngesicht zu sprechen?

Du siehst, man kann dieses Mittel auf mancherlei Weise "verachten" und dabei dochso tun, als achte man es.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 457

457 Gebet: Zeit heiliger Vertrautheit mit Ihm − und fester Entschlüsse.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 458

458 Wie sehr begründet war das Gebet dieses Christen: Herr, verlaß mich nicht! SiehstDu nicht, wie "jener andere" mich nach unten zieht?

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Page 105: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Gebet, 459

459 Wird der Herr meine Seele von neuem entflammen? Der Verstand und eine tiefe,wie aus großer Ferne herandrängende Sehnsucht − vielleicht ist es die Hoffnung −sagen "ja"... Andererseits bemächtigt sich des schwankenden Herzens und desschwachen Willens eine lähmende Schwermut, die alles erstarren läßt, bitter machtund wie hinter einer narrenden Maske verbirgt.

Höre die Verheißung des Heiligen Geistes: "Denn nur noch eine kurze Zeit, dannwird der kommen, der kommen soll, und Er bleibt nicht aus. Mein Gerechter aberwird durch den Glauben leben."

Die Spur des Sämanns, Gebet, 460

460 Das wahre Gebet, das den ganzen Menschen gleichsam absorbiert, wird nicht so sehrdurch die Einsamkeit der Wüste gefördert, als vielmehr durch die innere Sammlung.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 461

461 Wir beteten draußen im Freien, es war später Nachmittag, der Abend dämmerteschon. Einem zufälligen Passanten mag die kleine Szene recht sonderbarvorgekommen sein: Wir saßen ziemlich verstreut auf dem Boden, und nur hin undwieder wurde die Stille vom Vorlesen einiger Betrachtungspunkte unterbrochen.

Dieses Gebet auf freiem Felde − den Herrn bestürmende Bitten für alleAnwesenden, für die Kirche, für die Menschen − drang zum Himmel und wurdefruchtbar..., die Begegnung mit Gott ist an jedem Ort möglich.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 462

462 Mir gefällt es, daß du im Gebet gern viele Kilometer zurücklegst: Dir stehen andereLänder vor Augen, du siehst im Geiste Menschen anderer Rassen an dirvorüberziehen, du hörst im Geiste eine Vielfalt von Sprachen... Es ist, als halle in dirdas Gebot Jesu Christi wider: "Euntes docete omnes gentes" − gehet hin und lehretalle Völker.

Du willst aufbrechen und die fernsten Fernen erreichen... Stecke mit diesem Feuerder Liebe alle in deiner Nähe an! Du wirst deine Träume und Sehnsüchte erfülltsehen − noch früher, noch mehr und schöner, als du erwartest.

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Die Spur des Sämanns, Gebet, 463

463 Dein Gebet mag dann und wann zu einem Nachdenken werden; gelegentlich − seltenvielleicht − wird es voller Inbrunst sein, manchmal − vielleicht sehr oft − wirst dunur innere Trockenheit, nichts als Trockenheit verspüren... Entscheidend ist allein,daß du − mit Gottes Hilfe − dich nicht entmutigen läßt. Denke an den Soldaten, derWache hält: Er weiß nicht, ob das Staatsoberhaupt, der König im Palast anwesendist, und auch nicht, was er tut. Und ebensowenig weiß in der Regel der Beschützte,wer für ihn Wache hält.

Bei Gott, unserem Vater, ist das ganz anders: Er wohnt, wo du wohnst. Er kümmertsich um dich. Er kennt dich vollkommen und weiß deine geheimsten Gedanken.Verlaß also nie diesen Wachtposten des Gebetes.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 464

464 Sieh doch, mit wie vielen an sich einleuchtenden Scheingründen der Feind dichdahin zu bringen sucht, daß du das Beten aufgibst! Zum Beispiel: "Ich habe keineZeit" − und dabei vergeudest du sie reichlich − oder "das liegt mir nicht" oder "meinHerz empfindet gar nichts" und so fort...

Das Beten ist keine Frage des Redens oder Fühlens, sondern der Liebe. Und alleinschon das Bemühen, dem Herrn etwas sagen zu wollen, ist ein Zeichen dieser Liebe− auch wenn man gar nichts sagt.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 465

465 "Eine Minute intensiv beten, das genügt." Ausspruch von einem, der niemalsbetete...

Könnte, wer liebt, je begreifen, daß es genügen soll, den geliebten Menschen eineMinute lang konzentriert anzusehen?

Die Spur des Sämanns, Gebet, 466

466 Dieses heiße Verlangen, in den Schlachten Christi zu kämpfen und zu siegen, kannnur durch Gebet und Opfer, durch Glaube und Liebe erfüllt werden. Also: beten,glauben, leiden... und die LIEBE lieben.

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Die Spur des Sämanns, Gebet, 467

467 Die Abtötung ist die Zugbrücke, über die wir in die Burg des Gebetes gelangen.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 468

468 Gib nicht auf! Mag ein Mensch noch so unwürdig sein, mag sein Gebet noch sounvollkommen erscheinen: Wenn es demütig und beharrlich aus dem Herzenaufsteigt, wird Gott es immer erhören.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 469

469 Herr, so betete ein Büßer, ich verdiene es nicht, daß Du mich erhörst. Dann fügte erhinzu: Jetzt aber erhöre mich, "quoniam bonus" − weil Du gut bist.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 470

470 Der Herr hatte seine Jünger ausgesandt, das Reich Gottes zu verkündigen. Nachdemsie zurückgekehrt sind, ruft Er sie zusammen und lädt sie ein, sich mit Ihm an einenOrt der Stille zurückzuziehen, um sich ein wenig zu erholen... Welche Fragen wirdJesus ihnen dort wohl gestellt haben! Und was alles wird Er ihnen erzählt haben!

Nun − das Evangelium ist auch heute noch genauso aktuell...

Die Spur des Sämanns, Gebet, 471

471 Ich verstehe sehr gut, was du meinst, wenn du mir über dein Apostolat schreibst:"Jetzt werde ich drei Stunden Gebet mit meinem Physik−Lehrbuch halten... Mitdiesem Aufopfern will ich die >Stellung< auf der anderen Seite des Tisches hier inder Bibliothek erobern... Ich meine jenen Freund, den Sie schon von damals kennen,als Sie hier waren."

Genau erinnere ich mich noch an deine Freude, als du damals von mir hörtest, daß eszwischen Gebet und Arbeit keinen Bruch geben darf.

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Die Spur des Sämanns, Gebet, 472

472 Die Gemeinschaft der Heiligen: der junge Ingenieur, der mir sagte: "Vater, an demund dem Tag, um soundsoviel Uhr, haben Sie für mich gebetet" − der hatte siedeutlich erfahren.

Das Gebet ist und bleibt unsere allererste und fundamentalste Hilfeleistung für dieSeelen.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 473

473 Gewöhne dir an, wie die kleinen Kinder frühmorgens schon, beim Anziehen, kleineGebete zu sprechen.

Dann wirst du den Tag über leichter das Bewußtsein von der Gegenwart Gottes indir bewahren.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 474

474 Das Rosenkranzgebet ist von besonderer Wichtigkeit für alle, die hauptsächlichgeistige Arbeit leisten oder die studieren. Denn die scheinbar monotonenWiederholungen eines Kindes, das seine Mutter, Unsere Liebe Frau, anfleht, zerstörtnach und nach die Keime des eitlen Geltungsbedürfnisses und des Stolzes.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 475

475 "Du Unbefleckte Jungfrau, ich weiß wohl, daß ich in meiner menschlichenGebrechlichkeit nichts anderes tue, als Tag für Tag die Menge meiner Sünden zuvermehren..." Dies sei deine Art, mit Maria, unserer Mutter, zu sprechen, sagtest dumir vor ein paar Tagen.

Ich gab dir den entschiedenen Rat, den Rosenkranz zu beten: Gesegnet sei die"Eintönigkeit" des immer wiederholten "Gegrüßet seist du, Maria", die dieEintönigkeit deiner Sünden wettmacht!

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Die Spur des Sämanns, Gebet, 476

476 Eine bedauerliche Art, das Rosenkranzgebet schließlich ganz zu unterlassen, ist, esauf die letzte Stunde des Tages zu verschieben.

Vor dem Zubettgehen betet man den Rosenkranz − wenn überhaupt − schlecht undohne die Geheimnisse zu betrachten. Man verfällt dann leicht in bloße Routine, diedie wahre, die einzig mögliche Frömmigkeit erstickt.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 477

477 Den Rosenkranz zu beten heißt nicht bloß, die Lippen zu bewegen und die einzelnen"Gegrüßet seist du, Maria" hinzumurmeln. Das ist das Plappern der Frömmler...

Das mündliche Gebet des Christen soll aus dem Herzen kommen, und zwar so, daßder Geist sich dabei in die Betrachtung der einzelnen Geheimnisse versenken kann.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 478

478 Du verschiebst den Rosenkranz solange auf "später", bis du ihn schließlich ganzunterläßt − denn es ist schon Zeit zum Schlafengehen. − Solltest du wirklich keineZeit finden, dann bete ihn unauffällig auf der Straße. Das kann dir außerdem dazuverhelfen, die Gegenwart Gottes lebendig zu halten.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 479

479 "Bete für mich" − sagte ich ihm, so wie ich es immer zu sagen pflege. Er fragteverwundert: "Wieso? Ist Ihnen etwas passiert?"

Ich mußte ihm erklären, daß jedem von uns in jedem Augenblick etwas "passiert",und ich fügte hinzu: Wo es an Gebet mangelt, da passiert noch mehr und da drückendie Dinge noch schwerer.

Die Spur des Sämanns, Gebet, 480

480 Erwecke viele Male am Tage in deinem Herzen Regungen der Reue! Denke daran,daß Jesus unaufhörlich beleidigt wird und daß hierfür, leider, nicht ebensounaufhörlich gesühnt wird.

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Deshalb sage ich immer wieder: Verrichten wir kurze Stoßgebete der Reue! Je mehr,desto besser! Tu es mir darin nach: mit deinem Leben und mit deinen guten,aufrichtigen Ratschlägen für die anderen um dich herum...

Die Spur des Sämanns, Gebet, 481

481 Wie liebenswert ist die Szene der Verkündigung! Wir haben sie oft im Geistebetrachtet: Maria betet, gesammelt, Leib und Seele ganz auf das Gespräch mit Gottgerichtet. Im Gebet erfährt sie den Willen Gottes, und betend läßt sie diesen Willenzum Leben ihres Lebens werden. Vergiß das Beispiel Unserer Lieben Frau nicht!

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 482

482 Die Arbeit ist die ursprüngliche Bestimmung des Menschen und ein Segen Gottes.Sie als eine Strafe anzusehen, ist ein beklagenswerter Irrtum.

Gott, der beste Vater aller Väter, gab dem Menschen das Paradies zur Wohnstätte,"ut operaretur" − damit er arbeite.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 483

483 Studium, Arbeit: unerläßliche Pflichten für jeden Christen; Mittel, um uns gegen dieFeinde der Kirche zu verteidigen; Wege, um durch berufliches Ansehen viele guteMenschen zu gewinnen, die unter ihrer Isolation, in der sie sich abmühen, leiden.Wer inmitten der Welt Apostel sein will, für den sind Studium und Arbeit sehrwesentliche Voraussetzungen, um wirken zu können.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 484

484 Ich bitte Gott, daß die Kindheit und Jugend Jesu dir als Vorbild dienen: Sowohl wasdas Gespräch mit den Gelehrten im Tempel als auch was die Arbeit in der WerkstattJosefs anbetrifft.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 485

485 Von den dreiunddreißig Jahren, die Jesus lebte, waren dreißig Jahre der Stille undVerborgenheit, der Unterordnung und der Arbeit...

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 486

486 Ein junger Mann schrieb mir: "Mein Ideal ist so groß, daß nur das Meer es fassenkann." − Ich antwortete ihm: Und was sagt dir der "kleine" Tabernakel... und die"einfache" Werkstatt von Nazareth?

In der Größe des Alltäglichen − dort wartet Er auf uns!

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 487

487 In den Augen Gottes ist keine Arbeit, für sich genommen, "groß" oder "klein".Allein die Liebe, mit der sie getan wird, bestimmt ihren Wert.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 488

488 Der "Heroismus" der Arbeit besteht darin, jede Aufgabe wirklich zu Ende zubringen.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 489

489 Laß es mich nochmals bekräftigen: In der Schlichtheit deiner gewöhnlichen Arbeit,in dem immerfort sich wiederholenden Kleinkram des Alltags mußt du das großeund neue Geheimnis entdecken, das vielen Menschen verborgen bleibt: die göttlicheLiebe.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 490

490 Es ermutigt dich, sagst du mir, dir vorzustellen, wie viele Geschäftsleute sich wohlschon zur Zeit der Urchristen in der Ausübung dieses ihres Berufes geheiligt haben!

Du willst beweisen, daß das auch heute möglich ist. Der Herr wird deinemBestreben seinen Beistand nicht versagen.

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 491

491 Auch du hast eine Berufung zum Beruf. Sie ist ein "Stachel", der dich zu arbeitenantreibt, und damit zugleich der "Angelhaken", um Menschen für Christus zu"fischen".

Habe deshalb immer saubere Absichten, und strenge dich an, in deiner Arbeit fürGott und Menschen einen guten Ruf zu erlangen. Darauf nämlich setzt der Herr!

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 492

492 Um die Dinge zu einem guten Ende zu bringen, müssen sie zunächst einmal inAngriff genommen werden...

Dies klingt banal; und doch ist es gerade solch eine einfache Entschlossenheit, diedir fehlt. Wie freut sich der Teufel über deine Trägheit!

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 493

493 Eine nach professionellen Maßstäben stümperhafte Arbeit kann nicht geheiligtwerden. Denn wir dürfen Gott keine schlecht verrichteten Werke darbringen.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 494

494 Wenn jemand fortwährend die Kleinigkeiten mißachtet, kann es dahin kommen, daßer trotz rastlosen Schaffens letztlich doch ein Faulenzer ist...

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 495

495 Du hast mich gefragt, was du Gott darbringen kannst. Ich brauche meine Antwortnicht lange zu überlegen: Das, was du sonst auch tust, nur jetzt besser ausgeführtund mit einer Liebe, die dich mehr an Ihn als an dich selber denken läßt − vollendet.

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Page 113: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 496

496 Hier hast du eine Aufgabe, die für einen gewöhnlichen Christen immer aktuell seinwird und etwas Heroisches an sich hat: die unterschiedlichsten Arbeiten, auch diescheinbar ganz bedeutungslosen, auf eine heiligmäßige Weise zu verrichten.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 497

497 Wir wollen arbeiten. Und wir wollen viel und gut arbeiten. Aber vergessen wir nicht,daß unsere stärkste Waffe das Gebet ist. Deshalb werde ich nicht müde zuwiederholen: Wir müssen kontemplative Seelen mitten in der Welt sein, darumbemüht, Arbeit in Gebet zu verwandeln.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 498

498 Du bist in der Küche, nahe beim Herd, während du mir schreibst. Es fängt schon an,dunkel zu werden, und es ist kalt. Neben dir schält deine Schwester Kartoffeln. Siehat als jüngste und letzte von euch die "göttliche Torheit" einer konsequent gelebtenchristlichen Berufung entdeckt. Du überlegst: Scheinbar tut sie genau dasselbe wiefrüher, und doch ist der Unterschied gewaltig!

Gewiß, denn früher schälte sie "nur" Kartoffeln und damit Schluß... Jetzt aber ist sie,indem sie Kartoffeln schält, dabei, sich zu heiligen...

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 499

499 Du begreifst immer mehr, sagst du, was "priesterliche Seele" bedeutet... Sei mirwegen meiner Antwort nicht böse: Deinem Handeln nach zu urteilen, begreifst du esnur in der Theorie. Denn jeden Tag ergeht es dir gleich: Bei der abendlichenGewissenserforschung lauter gute Wünsche und Vorsätze; aber bei deiner Arbeit,morgens und nachmittags, lauter Einwände und Ausreden.

Meinst du tatsächlich, daß du so denen beizuzählen bist, die, wie der Apostel Petrusschreibt, aufgebaut werden "zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christusgeistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen"?

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 500

500 Als du deine gewohnte Arbeit wieder aufnahmst, stöhntest du − und es war wie einProtest: "Immer dasselbe!"

Es stimmt, sagte ich dir, immer dasselbe. Aber diese gewöhnliche Arbeit − diegleiche, die deine Berufskollegen tun − soll für dich ein ständiges Gebet sein; einGebet, das immer aus denselben herzbewegenden Worten besteht, aber jeden Tag zueiner anderen Melodie.

Das eben ist unser Auftrag: die Prosa dieses Lebens in ein göttliches Versmaß zugießen und so in heroische Poesie zu verwandeln.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 501

501 In der Heiligen Schrift lesen wir: "Stultorum infinitus est numerus" − unermeßlichist die Zahl der Toren. In der Tat scheint ihre Zahl ständig zu wachsen. − WievielNarrheit, wieviel Mangel an gesundem Menschenverstand mußt du ertragen! Leutein den unterschiedlichsten Stellungen tarnen dies durch das Ansehen aufgrund ihresAmtes oder verbergen es hinter einer Maske von "Tugenden"... Und das geschiehtauch da, wo du es am wenigsten erwartest.

Allerdings verstehe ich nicht, daß du angesichts solcher Erfahrungen dieAusrichtung des Lebens auf Gott hin aus dem Auge verlierst und innerlich davonungerührt bleibst. Dein geistliches Leben muß arg verdorrt sein, wenn du solcheSituationen aus rein menschlicher Berechnung erträgst − entziehen kannst du dichihnen ja ohnehin nicht.

Wenn du diesen Menschen nicht hilfst, den rechten Weg zu finden, indem du selbstverantwortungsbewußt und vorbildlich arbeitest − heiligmäßig −, wirst auch du zueinem Scharlatan wie sie; mindestens aber machst du dich zum Komplizen.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 502

502 Sicher, es ist wichtig, daß du dich voll und ganz einsetzt − dennoch mußt du deinerberuflichen Arbeit den ihr zukommenden Stellenwert geben: Sie ist nur Mittel, umein Ziel zu erreichen. Auf keinen Fall darfst du sie jemals für das Wesentlichehalten.

Wie oft verhindert die Vergötzung des Berufs das Einswerden der Seele mit Gott!

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 503

503 Entschuldige, daß ich abermals darauf zurückkomme: Das Werkzeug ist Mittel, esdarf nicht Selbstzweck werden.

Könnte ein Bauer etwa mit einer Hacke arbeiten, die einen Zentner wöge? Natürlichnicht. Allein sie zu schleppen, würde schon seine ganze Kraft verbrauchen. DerSame wäre umsonst ausgesät, denn er könnte nicht aufgehen.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 504

504 Es ist schon immer so gewesen: Eifersucht, Mißtrauen, Neid treffen häufig den, derintensiv arbeitet, mag er dabei auch noch so rechtschaffene und saubereBeweggründe haben. − Falls du in leitender Stellung bist, denke daran: Vorurteile,die gewisse Kollegen gegen einen der Ihren in Umlauf bringen, sind kein Grund, umsich von dem so Abgestempelten zu trennen − eher ein Hinweis darauf, daß er fürgrößere Aufgaben in Frage kommen könnte.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 505

505 Hindernisse? − Gelegentlich gibt es sie wirklich. − Aber manchmal erfindest du sieaus Bequemlichkeit oder Feigheit.

Der Teufel ist äußerst geschickt bei der "Verpackung" von Gründen, die Arbeit seinzu lassen! Er weiß genau, daß Müßiggang aller Laster Anfang ist.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 506

506 Du arbeitest unermüdlich, aber da du dich an keine Ordnung hältst, bleibt deineMühe wirkungslos.

In diesem Zusammenhang fällt mir eine Antwort ein, die ich einmal von jemandembekam, der viel Erfahrung auf dem Gebiet hatte. Ich wollte ihm gegenüber einenseiner Mitarbeiter loben und sagte: "Er arbeitet enorm viel!" Der Betreffende meintetrocken: "Sagen Sie lieber, er ist ständig in Aktion."

Du entfaltest eine unermüdliche, aber leider fruchtlose Tätigkeit − du bist ständig inAktion.

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 507

507 Um die Arbeitsleistung eines anderen in ihrem Wert herabzusetzen, ließest du daund dort fallen: Er hat schließlich nur seine Pflicht getan...

Ich bemerkte dazu: Scheint dir das wenig? Unsere gewissenhafte Pflichterfüllungbelohnt der Herr mit der Seligkeit des Himmels: "Euge serve bone et fidelis... intrain gaudium Domini tui." − Sehr gut, du guter und getreuer Knecht! Geh ein in dieewige Freude!

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 508

508 Der Herr hat ein Recht darauf − und für uns ist es eine Pflicht −, daß wir Ihn "zujeder Zeit" verherrlichen. Wenn wir also unsere Zeit vergeuden, stehlen wir Gott dieEhre.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 509

509 Dir ist klar: Die Arbeit drängt, und jede der Bequemlichkeit konzedierte Minute istder Verherrlichung Gottes entzogene Zeit. − Worauf wartest du also noch, um jedenAugenblick gewissenhaft zu nutzen?

Darüberhinaus rate ich dir, einmal zu prüfen, ob all diese leeren Minuten −eigentlich ja Stunden, wenn man sie zusammenzählt! − nicht Folge von Unordnungund Trägheit sind?

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 510

510 Traurigkeit und innere Unruhe wachsen proportional zur vergeudeten Zeit. Wenn duaber heilige Ungeduld empfindest, die Zeit wirklich auszuschöpfen, bist du vollerFreude und Frieden − denn du hast dann keine Zeit mehr, an dich selbst zu denken.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 511

511 Sorgen? Ich habe keine, sagte ich dir, denn ich "trage Sorge" für viele Dinge...

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 512

512 Du machst eine kritische Phase durch: du fühlst ein verschwommenes Unbehagen;du hast Schwierigkeiten, deinen Tagesablauf zu regeln; die Arbeit reibt dich auf, dievierundzwanzig Stunden des Tages reichen nicht aus, um all deine Verpflichtungendarin unterzubringen...

Hast du versucht, den Rat des Apostels zu befolgen: "Alles soll in Anstand undOrdnung geschehen"? Das bedeutet: tut alles in der Gegenwart Gottes, mit Ihm,durch Ihn und ausschließlich für Ihn.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 513

513 Wenn du deinen Zeitplan aufstellst, dann überlege auch, wie du den "Leerlauf"nutzen wirst, der sich unversehens immer wieder einmal ergibt.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 514

514 Ich habe Erholung immer als ein Ausspannen vom Alltag, aber nie als Zeit desMüßiggangs verstanden.

Sich erholen heißt Kräfte sammeln, Hoffnungen beleben, Zukunftspläne erwägen −kurz: die Art der Tätigkeit wechseln, um dann mit frischem Schwung zur gewohntenArbeit zurückzukehren.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 515

515 Weil du jetzt so viel zu tun hast, sind mit einem Mal all "deine Probleme"verschwunden... − Sei ehrlich: Seitdem du dich dazu entschlossen hast, für Ihn zuarbeiten, hast du keine Zeit mehr, an deine Egoismen zu denken.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 516

516 Stoßgebete behindern die Arbeit ebensowenig, wie das Schlagen des Herzens dieKörperbewegungen behindert.

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 517

517 Die eigene Arbeit heiligen − das ist keine Phantasterei, sondern die Aufgabe jedesChristen: deine Aufgabe und meine...

Der Maschinenschlosser, der diese Entdeckung auch für sich gemacht hatte, sagte:"Ich werde verrückt vor Freude bei dem Gedanken, daß ich mich heiligen kann,indem ich an meiner Drehbank arbeite und singe, viel singe, mal im Herzen, mal mitder Stimme... Wie gut ist unser Gott!"

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 518

518 Die Arbeit macht dir keine Freude, weil du siehst, wie wenig deine Kollegen Gottlieben und wie sie sich seiner Gnade und auch all dem Guten, das du ihnen gebenmöchtest, entziehen.

Du mußt versuchen, alles, was sie unterlassen, dadurch aufzuwiegen, daß du dich inder Arbeit Gott hingibst, und zwar mit so großer Inbrunst, wie du es noch niemalsgetan hast. Auf diese Weise vermagst du deine Arbeit in ein Gebet zu verwandeln,das für alle Menschen zum Himmel dringt.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 519

519 Freudig arbeiten heißt nicht, leichtfertig und oberflächlich arbeiten, so als ob mansich einer hinderlichen Last zu entledigen hätte.

Achte darauf, dein Tun nicht durch Gedankenlosigkeit oder Leichtsinn zu entwerten,damit du der Gefahr entgehst, am Ende mit leeren Händen vor Gott dazustehen...

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 520

520 Manche Leute lassen sich bei ihrer Arbeit von Vorurteilen leiten. Grundsätzlichmeinen sie, es sei auf keinen Menschen Verlaß. Außerdem begreifen sie nicht, daßes notwendig ist, sich um die Heiligung der eigenen Aufgabe zu bemühen. Sprichstdu mit ihnen darüber, so antworten sie, du möchtest sie bitte mit zusätzlichenBelastungen verschonen. Denn im Grunde betrachten sie ihre Arbeit als eine Last,die sie nur widerwillig tragen.

Da hast du eine der zahlreichen "Schlachten des Friedens", die es zu gewinnen gilt:in der eigenen Tätigkeit Gott finden und − mit Ihm und wie Er − den Mitmenschendienen.

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Die Spur des Sämanns, Arbeit, 521

521 Du fürchtest dich vor den Schwierigkeiten und ziehst dich deshalb zurück. Weißt du,mit welchem einzigen Wort man dein Verhalten kennzeichnen könnte?Bequemlichkeit, Bequemlichkeit und nochmals Bequemlichkeit...

Du hattest gesagt, du seist bereit, dich zu verausgaben, und zwar ganz. Und nunbegnügst du dich mit der Rolle des Anfängers! Raffe dich auf, werde ein ganzerKerl!

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 522

522 Du bist Student − also widme dich deinen Büchern mit der Einstellung einesApostels. Sei zutiefst davon überzeugt, daß deine Arbeit Stunde um Stunde einOpfer ist, das du Gott darbringst und mit dem du den Menschen, deinem Land und −deiner eigenen Seele dienst.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 523

523 Studium − das ist für dich der "Schauplatz deines Kampfes". Tausendmal nimmst dudir vor, die Zeit gut zu nutzen, und dann läßt du dich doch von jeder Kleinigkeitablenken. Manchmal gehst du dir selbst auf die Nerven, wenn du merkst, wiewillensschwach du bist. Doch du nimmst jeden Tag den Kampf von neuem auf.

Hast du schon vergessen, die Anstrengungen deines Studiums für konkreteapostolische Anliegen aufzuopfern?

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 524

524 Geschäftigsein ist leichter als Studieren − allerdings auch weniger wirksam.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 525

525 Offensichtlich ist dein geistliches Leben in Unordnung, wenn du weißt, daß StudiumApostolat ist, und dich trotzdem damit zufriedengibst, dich gerade noch über Wasserzu halten...

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Page 120: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Mit dieser Nachlässigkeit verlierst du den guten Geist! Es kann dir dann wie demKnecht aus dem Gleichnis ergehen, der ängstlich−berechnend das empfangeneTalent versteckte. Wenn du diese Fehlhaltung nicht korrigierst, setzt du selbst dieFreundschaft mit dem Herrn aufs Spiel und bleibst schließlich im Sumpf deinerBequemlichkeit stecken.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 526

526 Studium ist notwendig, aber es genügt nicht allein.

Denn was kann man schon von einem Menschen erwarten, der alle Kräfte nurdaransetzt, seinen Egoismus zu befriedigen? Oder von einem, der kein anderes Zielkennt, als nach einigen Jahren in behaglicher Sicherheit zu leben? Man mußstudieren, ja, aber damit die Welt für Gott erobert und gewonnen werden kann! Erstein solcher Vorsatz erhebt unsere Bemühungen auf eine höhere Ebene: Wir sinddann bestrebt, unsere Arbeit in eine Begegnung mit Gott zu verwandeln und sie zurGrundlage für die Arbeit anderer zu machen, die uns auf unserem Weg folgenwerden.

Auf diese Weise wird das Studium zum Gebet.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 527

527 Nachdem ich das Leben so vieler Menschen kennengelernt habe, die, ohne ihrenPlatz in der Welt zu verlassen, heroisch allein auf Gott hin gelebt haben, bin ich zudem Schluß gekommen: Arbeit ist für einen Katholiken keine sture Pflichterfüllung,sondern bedeutet Lieben − über sich selbst hinauszuwachsen im Dienen und imOpfer, mit Freude und ohne je nachzulassen.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 528

528 Hast du einmal dieses Ideal der brüderlichen Arbeit um Christi willen erfaßt, sowirst du dich stark und großer Dinge fähig fühlen. Du wirst erkennen, wie glücklichman in dieser Welt sein kann − mögen auch noch so viele Menschen sie verkommenund abscheulich finden, weil sie ausschließlich ihrem Ich nachjagen.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 529

529 Heiligkeit: ein Mosaik aus unzähligen Steinchen großzügiger Hingabe. − UnsereAufgaben bis zum letzten erfüllen, und das Tag für Tag mit Beständigkeit, darin

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besteht der Heroismus, der von uns bei der Arbeit verlangt wird. Einen anderenWeg, heilig zu werden, gibt es für uns nicht.

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 530

530 Jener Priester, unser gemeinsamer Freund, hat mich überzeugt. Als er von seinerapostolischen Arbeit sprach, versicherte er mir, daß es keine Tätigkeiten gibt, dieunwichtig sind. "Denn", so sagte er, "diese blühende Arbeit hier verdanken wir demstillen Bemühen sehr vieler Menschen, die intensiv arbeiten und beten. Damit habensie vom Himmel den Strom der Gnade herabgerufen, der alles zum Blühen brachte."

Die Spur des Sämanns, Arbeit, 531

531 Stell auf deinen Arbeitstisch, in dein Zimmer ein Bild der Muttergottes! Steck esauch in deine Brusttasche, und schau es an, wenn du mit deiner Arbeit beginnst,wenn du sie beendest und zwischendurch auch! Ich versichere dir: Sie wird für dichdie Kraft erbitten, die deine Arbeit zu einem Dialog der Liebe mit Gott werden läßt.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 532

532 Hält man sich klar und nüchtern das ganze Elend des irdischen Lebens vor Augenund betrachtet demgegenüber den ganzen Reichtum eines Lebens mit Christus, dannläßt sich meiner Überzeugung nach nur ein einziges Wort finden, das das Verhaltenso vieler Menschen eindeutig kennzeichnet: Torheit, und abermals Torheit...

Es ist nicht nur so, daß wir − die meisten von uns − bloß im Irrtum befangen wären,nein, viel schlimmer: wir sind unverbesserlich dumm.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 533

533 Es ist traurig genug, daß du nicht bereit bist, wie ein Quaderstein verborgen zubleiben und so den Bau zu tragen. Aber dazu noch zu einem Stolperstein für dieanderen zu werden, das halte ich für Bosheit!

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 534

534 Nimm keinen Anstoß daran, daß es schlechte Christen gibt, die sehr geschäftig sind,aber nicht praktizieren. Der Herr, so schreibt der Apostel, wird einen jeden nach

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seinen Werken belohnen: dich für deine, mich für meine Werke.

Wenn wir beide fest entschlossen sind, anständig zu leben, dann gibt es in der Weltschon zwei Schwindler weniger.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 535

535 Solange du nicht gegen deine zügellose Denkweise angehst, gleicht dein Kopf einemTrödlerladen: nichts als Utopien, Illusionen und − altes Gerümpel.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 536

536 Wenn du dich mit deiner frischen Art für die Sache Gottes einsetztest, so könntestdu ein überzeugender, zupackender Christ sein.

Bis jetzt bist du leider nur ein leichtfüßiger, lustiger Vogel.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 537

537 Deine grenzenlose Oberflächlichkeit erinnert mich an einen alten Scherz: "Dakommt ein Löwe!", schrien die Leute. "Na und?", meinte der arglose Naturfreund,"Ich fange doch nur Schmetterlinge!"

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 538

538 Eine schreckliche Mischung! Der unermüdlich tätige Ignorant...

Gib niemals dein Bemühen um Weiterbildung auf, auch wenn du schon vorAltersschwäche umfällst!

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 539

539 Die Ausrede des oberflächlichen Egoisten: "Es liegt mir nicht, mich für irgendetwaszu engagieren."

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Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 540

540 Du willst zwar nicht das Böse, aber das Gute willst du auch nicht. Und so, aufbeiden Beinen hinkend, verfehlst du den Weg, und dein Leben bleibt "voll vonLeere"...

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 541

541 "In medio virtus..." − Die Tugend liegt in der Mitte, sagt eine weise Sentenz, undgemeint ist damit, daß wir jeden Extremismus meiden sollen. Verfalle aber nicht inden Fehler, aus einem klugen Rat einen dummen Spruch zu machen, ihn als Ausredezu nehmen für Bequemlichkeit und Schläue, für Lauheit und Oberflächlichkeit, fürmangelnde Ideale und Spießigkeit.

Denke an die Worte der Heiligen Schrift: "Wärest du doch kalt oder heiß! Weil duaber lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus meinem Mund ausspeien."

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 542

542 Niemals stößt du zum Kern einer Sache vor, immer bleibst du am Unwesentlichenhängen. Erlaube, daß ich dir mit einem Wort aus der Heiligen Schrift sage: deinganzes Verhalten ist "in den Wind reden..."

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 543

543 Verhalte dich nicht wie der Zuhörer einer Predigt, der, anstatt die Belehrung auf sichselbst zu beziehen, feststellt: "Das wird dem Schmitz und dem Meier gut tun..."

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 544

544 Gelegentlich hört man die Meinung, eine Verleumdung sei nicht böswillig; sie sei soetwas wie eine Hypothese, mit deren Hilfe die Unwissenheit Unbekanntes oderUnverstandenes zu erklären sucht, um sich als Wohlinformiertheit ausgeben zukönnen.

Und doch liegt darin ja doppelte Bosheit: die Kopplung der Ignoranz mit der Lüge.

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Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 545

545 Rede nicht so verantwortungslos daher! Begreifst du nicht, daß, nachdem du "denersten Stein geworfen" hast, andere im Schutz der Anonymität einen Steinhagel inGang bringen?

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 546

546 Bist du es am Ende selbst, der solch eine unzufriedene Stimmung unter denMenschen seiner Umgebung schafft? Wenn ja, dann bist du, verzeih, nicht nur böse,sondern auch töricht.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 547

547 Das wäre eine traurige Genugtuung, nach einem Unglück oder einem Mißlingenbloß feststellen zu können: "Ich habe es ja kommen sehen..."

Sie würde besagen, daß die Not eines Mitmenschen dir gleichgültig war. Andernfallshättest du nämlich versuchen müssen, sie abzuwenden, wenn du dazu in der Lagewarst.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 548

548 Es gibt viele Arten, Verwirrung zu stiften. Eine davon ist, die Ausnahme zur Regelzu erheben.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 549

549 Du sagst, du seist Katholik. − Aber du machst mir Kummer, weil ich sehe, daß deineÜberzeugung nicht fest genug ist, aus dir einen tatkräftigen Katholiken zu machenmit einem Glauben ohne Vorbehalte und Brüche.

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Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 550

550 Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre! Ich meine die Naivität, mitder du aus Leichtfertigkeit, Unwissenheit, Minderwertigkeitskomplexen demabgeschmacktesten Unsinn beipflichtest.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 551

551 Beschränkte Köpfe, rücksichtslose Ellenbogenmenschen, Heuchler unterstellen allenanderen, diese seien so wie sie selbst... Und das Schlimmste dabei ist: sie behandelnsie auch so, als wäre ihre Annahme richtig.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 552

552 Schlimm genug schon, wenn du "deine" Zeit vergeudest, denn sie gehört nicht dir,sondern Gott, den du verherrlichen sollst. Bist du aber darüberhinaus noch schuld,daß andere sie vergeuden, dann schadest du nicht nur deinem Ansehen, sondernhilfst noch dabei mit, Gott die Ihm geschuldete Ehre zu entziehen.

Die Spur des Sämanns, Leichtfertigkeit, 553

553 Dir fehlen die Reife und die Innerlichkeit eines Menschen, der sicher durch dasLeben geht, weil er ein Ideal und ein Ziel hat.

Bete zu Maria, damit sie dich lehrt, Gott aus ganzer Seele zu preisen, ohne dich vonallem und jedem ablenken zu lassen.

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 554

554 Der auferstandene Christus... Nur einige wenige Menschen − die, die nach GottesPlan nötig waren − werden Zeugen des größten aller Wunder...

Die normale Unauffälligkeit ist das Siegel der göttlichen Werke.

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Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 555

555 Arbeitet man einzig und allein zur Ehre Gottes, dann geschieht alles einfach undnatürlich. Es ist, als ob man es eilig hätte und sich nicht mit großen"Demonstrationen" aufhalten könnte, damit der einmalige, unvergleichliche Umgangmit dem Herrn nicht verloren geht...

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 556

556 Aufgebracht fragtest du mich: Warum müssen Atmosphäre und Einrichtungenapostolisch arbeitender Zentren häßlich, ungepflegt... und so praxisfern sein? − Unddann sagtest du noch: Außerdem ist es ja auch keineswegs billiger!

Mir erschien dein Unmut sehr verständlich. Und ich überlegte, daß Jesus ja alleansprechen und an sich ziehen wollte: Arme und Reiche, Gelehrte und Ungebildete,Frohe und Traurige, Alte und Junge... Wie liebenswert ist Er! Wieviel natürliche undübernatürliche Anziehungskraft Er hat!

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 557

557 Ohne Natürlichkeit keine Wirksamkeit! Mag ein Maler noch so begabt sein − waskann er mit einem Pinsel anfangen, den man in eine seidene Hülle steckt?

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 558

558 Die Heiligen sind ihren Mitmenschen immer "unbequem".

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 559

559 Heiligsein gleich Anormalsein?... Es ist an der Zeit, dieses Vorurteil auszurotten.

Mit der übernatürlich geprägten Natürlichkeit christlicher Aszese müssen wir neuverständlich machen, daß selbst mystische Phänomene keineswegs anormal sind: siebesitzen nicht anders als etwa psychische oder physiologische Vorgänge die ihnen

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eigene Normalität.

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 560

560 Ich sprach mit dir über die Perspektiven, die sich vor unseren Augen auftun, undüber den Weg, den wir zu gehen haben. − Ich sehe da keine wirklichen Hindernisse!− sagtest du mir, fast verwundert darüber, daß alles so klar ist...

Präge dir das unverlierbar ein: Es darf auch keine Hindernisse geben!

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 561

561 Meide alberne Beflissenheit gegenüber dem Leiter, die du gelegentlich − vielleichtunbewußt − an den Tag legst, indem du dich auch in den belanglosestenAngelegenheiten regelmäßig zum Sprachrohr für seine Anliegen oder Ansichtenmachst.

Sei außerdem darauf bedacht, seine Schwächen nicht als bloße schrullige Einfällehinzustellen. Das verführt zu einer Kumpanei, die seiner Autorität schadet, oder garzu der Taktlosigkeit, ein Fehlverhalten als witzige Eigenart anzusehen. Du würdestihm damit einen schlechten Dienst erweisen.

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 562

562 Du schaffst um dich ein Klima der Befangenheit, eine Atmosphäre des Mißtrauensund des Argwohns; wenn du sprichst, machst du den Eindruck eines Schauspielers:Jedes deiner Worte scheint im Hinblick auf die nächstfolgenden gesprochen, du setztsie Zug um Zug...

Erinnere dich, wie das Evangelium die verschlagenen, heuchlerischen Pharisäer undGesetzeslehrer schildert: die Fragen, die sie Jesus stellten, waren Fallen, "ut caperenteum in sermone", damit Er sich durch seine Antworten verfangen sollte.

Verabscheue solche Falschheit!

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 563

563 Natürliche Einfachheit hat nichts mit Grobheit, Schmutz, Ärmlichkeit oderschlechter Erziehung zu tun.

Manche Leute möchten unbedingt den Dienst für Christus auf die Welt der Slums

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und − pardon! − der Läuse beschränken. Den Ärmsten der Armen beizustehen, isteine notwendige, eine bewundernswerte Arbeit. Bei ihr stehenzubleiben, hießeindes, die große Mehrheit aller anderen Menschen links liegen zu lassen. Vor allemaber: Was tun, nachdem die Bedürftigen aus ihrer Not befreit sind? Sie etwaignorieren?

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 564

564 Du seist dazu unwürdig? Nun − dann bemüh dich eben, würdig zu werden. Unddamit basta!

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 565

565 Was soll diese Sucht, in allem "außergewöhnlich" sein zu wollen? − Was dichgegenwärtig drückt, ist ganz "gewöhnlich"!

Die Spur des Sämanns, Natürlichkeit, 566

566 Selig bist du, weil du geglaubt hast − so preist Elisabeth unsere heilige Mutter. − DieVereinigung mit Gott − das Leben der Gnade in uns − bewirkt immer eineanziehende Art, die natürlichen Tugenden zu üben: Maria trägt die Freude in dasHaus ihrer Base, weil sie Christus "trägt".

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 567

567 Vor einem Kruzifix betend faßtest du den Entschluß: Lieber will ich um derWahrheit willen leiden, als daß die Wahrheit durch meine Schuld leidet.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 568

568 Oft ist die Wahrheit ganz und gar gegen alle Vorstellungen von ihr... Vor allemdeshalb, weil sie immer eine konsequente Art zu leben verlangt.

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Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 569

569 Wenn es dir unangenehm ist, die Wahrheit zu hören − warum fragst du dann?

Vielleicht möchtest du, daß man dir mit "deiner" Wahrheit antwortet, um so deineIrrwege zu rechtfertigen?

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 570

570 Du versicherst, wie sehr du die Wahrheit respektierst − ist das etwa der Grund,weshalb du immer so "respektvollen" Abstand von ihr hältst?

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 571

571 Verhalte dich nicht wie ein Schwächling! Es ist doch kein Fanatismus, die Wahrheit,die man genau kennen, lieben und verteidigen sollte, auch tatsächlich jeden Tagtiefer erkennen, mehr lieben und sicherer verteidigen zu wollen.

Dagegen − das sage ich ganz offen − kennzeichnet es gerade die Sektierer, daß siesich dieser logischen Forderung unter Berufung auf eine falsche Freiheitwidersetzen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 572

572 Es ist leicht, von vornherein "Nein" zu sagen und eine Glaubenswahrheit zubestreiten oder zu bezweifeln. Das war zur Zeit Jesu Christi schon so. Du, der dudich als Katholik bekennst, mußt vom "Ja" ausgehen.

Danach wirst du sie studieren und in der Lage sein, die Gewißheit hinsichtlich dieses"Ja" zu begründen. Denn es gibt zwischen Wahrheit und Wissenschaft, zwischenWahrheit und Leben keinen Widerspruch − es kann ihn auch gar nicht geben.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 573

573 Gib deine Tätigkeit nicht auf, gehe von deinem Weg nicht ab, auch wenn du dazugezwungen bist, mit Menschen voller Vorurteile zu verkehren, die so tun, als ob ihreArt, zu leben und zu denken, das einzig mögliche Richtmaß für alle Motive,

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Überlegungen und Begriffsbestimmungen abgäbe.

Bemühe dich darum, daß sie dich verstehen, aber setze deinen Weg fort, wenn dirdas nicht gelingt.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 574

574 Sicherlich werden dir manchmal Menschen begegnen, die du wegen ihrer Sturheitschwerlich überzeugen kannst. Jedoch lohnt es sich immer − sieht man einmal vonsolchen Fällen ab − Unstimmigkeiten zu klären und sie mit aller nur erforderlichenGeduld auszuräumen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 575

575 Manche Leute hören nur die Worte oder wollen nur die Worte hören, die sie selbstim Kopf haben.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 576

576 Für viele Menschen besteht das Verständnis, das sie von den anderen erwarten, inderen Übertritt zur eigenen "Partei"...

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 577

577 Ich vermag nicht an deine Wahrhaftigkeit zu glauben, wenn du kein Unbehagen −kein unangenehmes Gefühl − schon bei der kleinsten, an sich harmlosen Lügeverspürst. Sie beleidigt Gott und ist deshalb weder klein noch harmlos.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 578

578 Warum von vornherein diese Unterstellung des Üblen, wenn du dies oder das siehst,hörst, liest oder besprichst? Warum dieser Hang, "Böses" darin aufzuspüren, daseigentlich nicht in der Absicht der anderen, sondern nur in deiner eigenen Seeleliegt?

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Page 131: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 579

579 Wer etwas mit unlauterer Gesinnung liest, wird kaum die lautere Gesinnung desSchreibers wahrnehmen können.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 580

580 Der Sektierer sieht in allem, was andere unternehmen, nur Sektierertum. Er mißt dieMitmenschen mit dem dürftigen Maß seines Herzens.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 581

581 Jener Staatsmann tat mir leid. Er ahnte wohl, daß es einige ungelöste Fragen gab −wie könnte es im Leben je anders sein −, aber er wich zurück und wurde ärgerlich,als man sie ihm beim Namen nannte. Er wollte sie lieber ignorieren, lieber alles imDämmerlicht oder Halbdunkel belassen und so Ruhe haben.

Ich riet ihm, die Probleme klar und ohne Beschönigung anzugehen, denn nur sokönnten sie verschwinden. Und ich versicherte ihm, danach werde er wirklich inFrieden leben.

Versuche nicht, eigene oder fremde Probleme dadurch zu lösen, daß du sieignorierst: das wäre Bequemlichkeit und Faulheit. Dem Teufel würden so Tür undTor geöffnet.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 582

582 Hast du deine Pflicht erfüllt?... Und in lauterer Absicht?... Ja? − Dann mach dirweiter keine Sorgen wegen mancher absonderlicher Menschen, die das Böseentdecken − das allerdings nur in ihrer eigenen Sehweise existiert.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 583

583 In inquisitorischer Manier fragten sie dich, ob du deine Entscheidung, die in ihrenAugen wertfrei war, für gut oder schlecht hieltest.

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Du antwortetest mit ruhigem Gewissen: "Ich kann nur soviel sagen, daß meineAbsicht lauter ist, und − außerdem: Ich allein weiß, was mich mein Entschlußgekostet hat..." Dann fügtest du noch hinzu: Da Gott der Grund und das Ziel meinesLebens ist, gibt es für mich nichts "Wertfreies".

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 584

584 Du hast ihm deine Ideale erklärt und deine Lebensweise erläutert: die sichere, festeLebensweise eines katholischen Christen. Er schien überzeugt zu sein und deinenWeg verstanden zu haben. − Aber dann kamen dir doch Zweifel: Vielleicht warinzwischen dieses Verständnis von seinen recht fragwürdigen Lebensgewohnheitenerstickt worden...

Suche ihn von neuem auf und mache ihm klar, daß das Ja zur Wahrheit nur dannecht ist und Wirkung zeitigt, wenn man auch entsprechend leben will und sichdarum bemüht.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 585

585 Was fällt diesen Leuten eigentlich ein, fragst du mich, daß sie mit uns "Experimentemachen" möchten? Und warum ihr Mißtrauen gegen uns?

Hör zu, antworte ihnen in meinem Auftrag, sie sollten ihrer eigenen Miseremißtrauen... Und dann geh ruhig deines Weges.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 586

586 Sie tun dir leid. Bar allen Anstands werfen sie die Steine − und verstecken sofort dieHände auf dem Rücken.

Höre, was der Heilige Geist über sie sagt: "Alle Ränkeschmiede sollen verwirrt undbeschämt werden, Schande wird jäh über sie kommen". Dieses Wort wirdunerbittlich in Erfüllung gehen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 587

587 Du bist irritiert, weil es Leute gibt, die den guten Ruf jenes apostolischenUnternehmens angreifen und es bekritteln? Das mag schon sein... Um so mehr sagedu, wie es sich damit in Wahrheit verhält. Zumindest gibt es dann einen Kritikerweniger.

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Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 588

588 Auch aus dem herrlichsten, ertragreichsten Weizenfeld lassen sich unschwer Disteln,Mohn und Unkraut in Mengen einsammeln.

Über die persönliche Geschichte eines rechtschaffenen, gewissenhaften Menschenkann man ebenso Seite um Seite voll dunkler Schilderungen schreiben... Bedenkenur, wieviel gegen unseren Herrn Jesus Christus gesagt und geschrieben worden ist.

Ich rate dir, auf deinem Weizenfeld die satten, goldgelben Ähren zu sammeln: diewirkliche Wahrheit.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 589

589 Du versicherst mir, du möchtest ein zuverlässig gebildetes Gewissen haben. Vergißdann nicht, daß jeder, der einer Verleumdung nicht entgegentritt, zu einem Sammlervon Unrat wird.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 590

590 Du sprichst von "Aufgeschlossenheit" und meinst damit deine Neigung, leichthinjede beliebige, gegen jenen Mitmenschen gerichtete Behauptung anzunehmen, ohneihn zu hören. Dies ist keine Gerechtigkeit... und noch viel weniger Nächstenliebe.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 591

591 Manchmal schadet die Verleumdung denen, die sie erleiden... Aber in Wahrheitentehrt sie diejenigen, die sie in die Welt setzen und verbreiten... Und die tragendann diesen Makel tief in ihrer Seele.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 592

592 Warum, fragst du dich betroffen, gibt es so viele gehässige Schwätzer? Nun, dieeinen sind unwissend, andere verbohrt, wieder andere böswillig − die meisten abergeben einfach das Aufgeschnappte weiter aus Trägheit, aus Leichtfertigkeit oder ausUnwissenheit!

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Deshalb möchte ich dir von neuem einschärfen: Wo du nicht loben kannst und wodu nicht reden mußt, da schweige!

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 593

593 Erträgt das Opfer die Verleumdung schweigend, dann lassen die Verleumder ihre"tapfere Feigheit" an ihm aus.

Mißtraue den allzu kategorischen Behauptungen, wenn die, die sie aufstellen, dasGespräch mit dem Betroffenen nicht gesucht oder sogar gemieden haben.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 594

594 Es gibt viele Methoden, eine "Umfrage" zu veranstalten. Man braucht dazu nur einePrise Böswilligkeit und ein offenes Ohr für üble Nachrede, und schon kann man einDutzend Foliobände gegen jeden unbescholtenen Menschen, jede bewährteInstitution zusammentragen. − Und gerade dann, wenn dieser Mensch oder dieseInstitution erfolgreich arbeiten! − Und noch viel mehr, wenn die Erfolge auf demFeld des Apostolates liegen.

Es ist schon traurig genug, daß manche Leute derartige "Umfragen" organisieren,aber noch trauriger ist die Haltung derer, die sich dafür hergeben, die Rolle von"Lautsprechern" für die schäbigen und haltlosen Behauptungen zu übernehmen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 595

595 Schmerzlich berührt sagte jemand: Manche Menschen haben nichts vom CharakterJesu Christi an sich, sondern sie tragen nur eine Maske von Ihm. Deshalb gehenihnen die christlichen Maßstäbe ab: sie verfehlen die Wahrheit und bringen keineFrucht.

Wir, die wir uns als Kinder Gottes zu verhalten versuchen, sollten nicht vergessen,daß der Meister gesagt hat: "Wer euch hört, der hört mich..." − Seien wir also darumbemüht, Christus gegenwärtig zu machen, niemals aber eine Karikatur von Ihm.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 596

596 In diesem Fall, wie in vielen anderen Fällen, regen sich die Menschen, und jedermeint, er sei im Recht − und Gott lenkt sie. Mit anderen Worten: Jenseits allerspeziellen und partiellen Motive des einzelnen wird am Ende die unerforschliche,liebenswerte Vorsehung Gottes triumphieren.

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Laß dich also vom Herrn "lenken", und widersetze dich nicht seinen Plänen, auchwenn sie deinen eigenen Vorstellungen von vermeintlicher "Wichtigkeit"zuwiderlaufen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 597

597 Es berührt einen unangenehm zu sehen, wie manche − an echterWissensbereicherung wenig interessiert − die von den Wissenschaftenzusammengetragenen Erkenntnisse zurückweisen, dafür aber mit mehr oder wenigerwillkürlichen Methoden eine "Wissenschaft" nach ihrem eigenen Geschmack zukreieren versuchen.

Diese Beobachtung wird deine Entschlossenheit erst recht bekräftigen, der Wahrheitauf den Grund zu gehen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 598

598 Bequemer, als selbst zu forschen, ist es, gegen diejenigen, die die Wissenschaft unddie Technik mit neuen Erkenntnissen bereichern, zu polemisieren. − Wir solltenkeinesfalls zulassen, daß inkompetente, kleingeistige "Möchte−gern−Kritiker" sichzu Tyrannen über Denken und Fühlen der normalen Nicht−Fachleute aufwerfen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 599

599 "So klar ist das nicht, so klar ist das nicht..." − Gegenüber der entschlossenenGeradlinigkeit seiner Gesprächspartner war das alles, was ihm einfiel. Dafür wurdediesen eines klar: daß er nichts verstanden hatte.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 600

600 Es widerstrebt dir, jemanden zu verletzen, Gegensätze aufzudecken oder Mangel anToleranz zu zeigen... Und so gibst du immer wieder rasch nach: bezüglich deinerHaltung oder deines Standpunktes... Es handle sich um unwichtige Sachen,versicherst du mir. Dennoch hat das für viele verheerende Folgen.

Verzeih mir, wenn ich dir aufrichtig sage: Mit einer solchen Einstellung praktizierstdu eine besonders törichte und schädliche Form eben jener Ignoranz, die dir sozuwider ist: du verhinderst nämlich, daß die Wahrheit Stimme gewinnt.

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Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 601

601 Gott behandelt in seiner unendlichen und vollkommenen Gerechtigkeit undBarmherzigkeit seine ungleichen Kinder mit der gleichen Liebe, aber auf ungleicheArt.

Denn Gleichheit bedeutet nicht, alle mit derselben Elle zu messen.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 602

602 Du sagst die Wahrheit − zur Hälfte, so daß viele Interpretationen möglich sind. Dasist eine Form der Lüge.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 603

603 Auf dem Feld der Wissenschaft und hinsichtlich des Rufes ist der Zweifel einePflanze, die sich leicht säen, aber nur schwer jäten läßt.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 604

604 Du erinnerst mich an Pilatus: "Quod scripsi, scripsi!" − was ich geschrieben habe, istendgültig −, nachdem er ein schreckliches Verbrechen zugelassen hat.

Du bist "unerschütterlich"! Aber du hättest es vorher sein müssen... nicht danach!

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 605

605 In den eigenen Entscheidungen konsequent zu bleiben, ist eine Tugend. Aber wennim Laufe der Zeit sich die Umstände verändern, verpflichtet eben diese Tugend auchdazu, die Sicht und die Lösung der Probleme zu überprüfen und eventuell zukorrigieren.

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Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 606

606 Verwechsle nicht unbeugsames Festhalten mit borniertem Starrsinn.

"Man kann mich brechen, aber nicht beugen!" verkündest du mit fröhlicherÜberheblichkeit.

Hör gut zu: Ein zerbrochenes Werkzeug ist unbrauchbar. An seine Stelle tretenandere Instrumente. Unter dem Anschein der Toleranz werden sie ihre giftigeIntoleranz verbreiten.

Die Spur des Sämanns, Wahrhaftigkeit, 607

607 "Sancta Maria, Sedes Sapientiae" − Heilige Maria, Sitz der Weisheit. − Rufe oftunsere Mutter mit diesem Stoßgebet an, auf daß sie ihre Kinder − beim Studium, beider Arbeit, im Umgang mit dem Nächsten − mit der Wahrheit erfülle, die Christusuns gebracht hat.

Die Spur des Sämanns, Streben, 608

608 Die einen reduzieren die Religion auf einen Katalog von Verboten oder begnügensich mit einem konturlosen Katholizismus. Die anderen wollen den Herrn mit demGesicht zur Wand stellen oder in eine Dunkelkammer der Seele verbannen...

Ihnen gegenüber müssen wir in Wort und Tat bekräftigen, daß wir Christus zumwirklichen König aller Menschenherzen machen wollen − die noch lauen Herzen derSeinen nicht ausgenommen!

Die Spur des Sämanns, Streben, 609

609 Arbeite bei apostolischen Unternehmungen nicht so, als ob du nur für heute bautest.Widme dich diesen Aufgaben in der Hoffnung, daß nach dir andere kommenwerden: Brüder von dir mit dem gleichen Geist. Sie werden ernten, was du jetzt säst,den Bau vollenden, dessen Grund du jetzt legst.

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Page 138: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Streben, 610

610 Bist du erst einmal wirklich von christlichem Geist beseelt, dann wird dein ganzesStreben geradlinig! − Nicht deinen persönlichen Erfolg zu suchen, fühlst du dichgetrieben, sondern mit Sehnsucht verlangt es dich nach der Erfüllung deines Ideals.

Die Spur des Sämanns, Streben, 611

611 Das Ringen um Hingabe − es hat doch nur dann einen Sinn, wenn es ein großes, einwirklich göttliches Werk zu vollbringen gilt: die Heiligkeit...

Daher betont die Kirche bei der Kanonisierung eines Heiligen das heroische Ausmaßseiner Christus−Nachfolge.

Die Spur des Sämanns, Streben, 612

612 Wenn du erst einmal ernstlich für den Herrn arbeitest, wird es für dich die größteFreude sein zu sehen, daß andere dir dabei Konkurrenz machen.

Die Spur des Sämanns, Streben, 613

613 Was ist dein Leben anderes als eine kurze Stunde, die Gott gehört... Entschließe dichwirklich, in ihr etwas zu tun, das Frucht bringt: die Zeit drängt! Es ist doch eine sokostbare, wundervolle Sendung für einen Mann, eine Frau in dieser Welt,vertrocknete und abgestorbene Herzen im Feuer Christi neu zu entzünden.

Es lohnt der Mühe, den Frieden und das Glück eines beherzten, freudigen"Kreuzzugs" der Liebe Christi überall hinzutragen.

Die Spur des Sämanns, Streben, 614

614 Für deine Ehre setzt du dein Leben aufs Spiel... Jetzt setze deine Ehre aufs Spiel fürdeine Seele!

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Die Spur des Sämanns, Streben, 615

615 Du sollst dich mit deinen Brüdern eng verbunden wissen in der Gemeinschaft derHeiligen. Verteidige furchtlos diese wunderbare Einheit!

All das Gute, das du erstrebst, wäre zum Scheitern verurteilt, bliebest du dabeiallein! Ein versprengtes Schaf ist fast immer ein verlorenes Schaf.

Die Spur des Sämanns, Streben, 616

616 Dein Ungestüm machte mir Spaß! Dir fehlten die materiellen Mittel für deineArbeit, fremde Hilfe war nicht in Sicht. Dein Kommentar: "Ich habe nur diese Armehier, aber manchmal, wenn mich die Ungeduld packt, möchte ich ein Ungeheuer mitfünfzig Armen sein, um reichlicher auszusäen und zu ernten!"

Erbitte dir vom Heiligen Geist solch eine Wirksamkeit... Er wird sie dir gewähren!

Die Spur des Sämanns, Streben, 617

617 Zwei Bücher in russischer Sprache fielen dir in die Hände. Sie erweckten in dir denstarken Wunsch, Russisch zu lernen. Du stelltest dir vor, wie wunderbar es wäre, alsein Weizenkorn dort zu sterben − in diesem Land, das heute einem dürren Ackergleicht, der aber eines Tages zu einem riesigen Weizenfeld werden wird...

Ich finde es gut, daß du solche Wünsche hast. Aber widme dich jetzt der "kleinenPflicht" − der großen Aufgabe eines jeden Tages: deinem Studium, deiner Arbeit,deinem Apostolat und vor allem deiner inneren Formung.

Auf dem Terrain hast du noch manches Stück Land zu bestellen − und diese Arbeitist nicht weniger heroisch und nicht weniger schön...

Die Spur des Sämanns, Streben, 618

618 Wozu taugt ein Student, der nicht studiert?

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Die Spur des Sämanns, Streben, 619

619 Wenn dir das Studium einmal gegen den Strich geht, dann opfere Jesus diese Müheauf. Sage Ihm, du bliebest bei deinen Büchern, damit dein Wissen eine Waffe würdeim Kampf gegen seine Feinde und ein Mittel, um viele Seelen für Ihn zu gewinnen...Du kannst sicher sein: Dein Studium wird dann immer mehr zu Gebet.

Die Spur des Sämanns, Streben, 620

620 Wenn du Stunden und Tage vergeudest, wenn du die Zeit totschlägst, öffnest du demTeufel Tür und Tor deiner Seele. Du lädst ihn auf diese Weise sozusagen ein: "Bitte,fühle dich hier ganz wie zu Hause!"

Die Spur des Sämanns, Streben, 621

621 Daß es schwer ist, Zeitvergeudung zu vermeiden − ja, ich gebe es dir zu... Aberdenke daran, daß der Widersacher und all "die anderen" sich niemals Ruhe gönnen.

Erinnere dich außerdem an das Wort des Paulus, dieses wahren Meisters derGottesliebe: "Tempus breve est!" − Das Leben zerrinnt uns unter den Händen, undkeiner kann es zurückholen.

Die Spur des Sämanns, Streben, 622

622 Ist dir bewußt, wieviel davon abhängt, daß du eine solide Bildung besitzt? − Wieviele Seelen warten! Kannst du es dir, wenn du daran denkst, leisten, nachlässig zustudieren oder mittelmäßige Arbeit zu leisten?

Die Spur des Sämanns, Streben, 623

623 Auf zweierlei Weise kann man "nach oben" gelangen: Die eine ist christlich undbesteht in dem anständigen und legitimen Wunsch aufzusteigen, um den Menschenmehr zu dienen; die andere ist heidnisch und besteht in brutaler und skrupelloserHerrschaftssucht, um den Nächsten unterdrücken zu können.

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Page 141: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Streben, 624

624 Sage mir nicht, du lebtest Gott zugewandt, wenn du dich nicht darum bemühst, dichimmer und überall in ehrlicher, klarer Brüderlichkeit den Menschen, jedemMenschen, zuzuwenden.

Die Spur des Sämanns, Streben, 625

625 Die "Ehrgeizlinge", die auf ihre kleinen und armseligen persönlichen Ambitionenfixiert sind, begreifen nicht, daß die, die Gott lieben, nur nach einem streben undnach nichts sonst: sie wollen dienen.

Die Spur des Sämanns, Streben, 626

626 Eine Sehnsucht erfüllt dich: Du hast es eilig damit, bald aus der Schmiede zukommen, wo Hammer und Schleifwerkzeug dir die endgültige Gestalt gegebenhaben. Denn du willst das gute Werkstück sein, das sich ins Ganze harmonischeinfügt und wirksam die vorgesehene Arbeit verrichtet, die ihm zugewieseneAufgabe auf dem weiten Felde Christi.

Ich bete viel für dich, damit dieser Eifer in dir immer lebendig bleibt, auch in Zeitender Ermattung, der Niederlagen und der Dunkelheit... Denn "die zugewieseneAufgabe auf dem weiten Felde Christi" ändert sich nie.

Die Spur des Sämanns, Streben, 627

627 Kämpfe entschieden gegen diese falsche Demut − genauer: Bequemlichkeit −, diedein Heranreifen zu einem echten Kinde Gottes verhindert! Du mußt wachsen!

Beschämt es dich nicht, wenn du auf die jahrelange hingebungsvolle Arbeit deinerälteren Brüder und Schwestern blickst und dabei feststellst, daß du noch nicht fähigbist − noch nicht fähig sein willst −, nur einen Finger zu rühren, um ihnen zu helfen?

Die Spur des Sämanns, Streben, 628

628 Laß deine Seele sich in Sehnsucht verzehren... Sehnsucht nach Liebe, nachSelbstvergessenheit, nach Heiligkeit, nach dem Himmel... Verliere dich nicht in

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Page 142: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Gedanken darüber, ob all das auch einmal Wirklichkeit werden wird − wiewohl somanche "kluge" Ratgeber dir derartige Spekulationen suggerieren möchten. Nein,entfache immer mehr Wünsche in dir: denn der Heilige Geist selbst verkündet, daßEr Wohlgefallen hat an Menschen, die große Wünsche im Herzen tragen.

Aber es sollen tatkräftige Wünsche sein, die du in deiner täglichen Arbeit realisierst.

Die Spur des Sämanns, Streben, 629

629 "Freund" − so hat der Herr dich genannt... Dieser Ruf verlangt Antwort, verlangt denraschen, vorwärts drängenden Schritt − nach dem Schrittmaß Gottes! Andernfallsläufst du Gefahr, bloß Zuschauer zu bleiben.

Die Spur des Sämanns, Streben, 630

630 Vergiß dein Ich! − Wäre das doch dein einziger Ehrgeiz: nur für deine Brüder undSchwestern, für die Menschen, für die Kirche zu leben − für Gott also...

Die Spur des Sämanns, Streben, 631

631 Mitten im festlichen Trubel von Kana bemerkt nur Maria, daß der Wein ausgeht...Selbst die kleinsten Gelegenheiten zu dienen entgehen nicht dem Blick dessen, der −wie Maria − aus Gott lebend sich in herzlicher Teilnahme dem Nächsten zuwendet.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 632

632 Das Resultat von ständiger Heuchelei ist stets ein Leben voller Bitterkeit.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 633

633 Herodes äußert den Wunsch: "Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; undwenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige."Angesichts ähnlicher "Empfehlungen" bitten wir den Heiligen Geist um seinenBeistand. Er möge uns vor der "Protektion" und den "Hilfsangeboten" derartiger

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Page 143: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Gönner schützen!

Das Licht des wahren Trösters wird uns nicht fehlen, wenn wir − wie die Weisen ausdem Morgenland − die Wahrheit suchen und mit aller Aufrichtigkeit sprechen.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 634

634 Manche Leute werden ärgerlich, weil du die Dinge so klar aussprichst?

Vielleicht regt sich etwas in ihrem Gewissen, das sie ersticken möchten.

Bleibe du bei dieser Klarheit! Sie kann ihnen eine Hilfe sein, richtig zu reagieren.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 635

635 Solange du die Absichten anderer böswillig deutest, hast du kein Recht, für dichselbst Verständnis zu verlangen.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 636

636 Dies muß korrigiert und jenes muß reformiert werden... So redest du dauernd. −Ändere zuerst dich selbst! − du hast es wirklich nötig −, und damit hättest du schoneinen Anfang in deinem Reformprogramm gemacht...

Solange das nicht geschieht, werde ich deinem Rufen nach Erneuerung keinenGlauben schenken.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 637

637 Unglaublich pharisäisch ist das Verhalten mancher Zeitgenossen! Sie nehmenAnstoß daran, wenn sie von anderen Leuten das hören, was sie selbst vorher zuihnen gesagt haben.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 638

638 Du bist ein Schnüffler. Man könnte meinen, das Leben deines Nächstenauszuforschen, sei deine einzige Aufgabe. Als du endlich auf jemanden gestoßen

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Page 144: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

bist, der dich klar und energisch in deine Schranken verwies, fingst du an, dich lautzu beklagen, als ob man dich beleidigt hätte.

So weit geht deine Schamlosigkeit, so verbildet ist dein Gewissen! − Und für wieviele gilt dasselbe...

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 639

639 Mit einem einzigen klugen Schachzug versuchst du, dir zugleich die"Ehrenhaftigkeit" der richtigen Ansicht und die unehrenhaften "Vorteile" dergegnerischen Seite zunutze zu machen.

Dafür gibt es in allen Sprachen nur ein Wort: Verlogenheit.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 640

640 Wie gütig sie sind!... Sie erklären sich bereit, etwas zu "entschuldigen", das ohnehinnichts anderes als Lob verdient.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 641

641 Daß der Verfolger sich als Verfolgter hinstellt, ist ein uralter Trick. Eine altespanische Volksweisheit nennt das: mit verbundenen Augen Steine werfen.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 642

642 Stimmt es wirklich − es wäre traurig −, daß viele Menschen mit ihrenVerleumdungen gegen die Gerechtigkeit verstoßen und sich dann auf Anstand undNächstenliebe berufen, um das Opfer mundtot zu machen, wenn es sich verteidigenwill?

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 643

643 Wie peinlich ist das Wort Ökumenismus im Munde von Katholiken, die andereKatholiken schlecht behandeln!

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Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 644

644 Welch eine absurde Auffassung von Objektivität! Irgendwelche Leute untersuchenPersonen oder Unternehmungen nach den abwegigen Kriterien ihrer eigenenFehlhaltungen, und mit säuerlicher Unverfrorenheit kritisieren sie oder werfen sichzu Ratgebern auf.

Konkreter Vorsatz: Wenn wir einmal tadeln müssen oder einen Rat geben sollen,machen wir uns zuerst bewußt, daß Gott uns sieht und hört, und beziehen wir unsereWorte auch auf uns selbst.

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 645

645 Greife niemals zu dem verwerflichen Mittel, gegen irgendjemanden einesystematische Verleumdungskampagne ins Werk zu setzen! Keine vermeintlichnoch so "moralisch−pädagogischen" Gründe rechtfertigen unmoralisches Handeln!

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 646

646 Deine Ratschläge sind weder wirklich objektiv noch lauter, wenn du dich darüberärgerst oder es als Zeichen des Mißtrauens deutest, daß man auch andere Leute vonfundierter Bildung und rechtem Glauben zu Rate zieht.

Wenn du wirklich das Heil der Seelen und den Dienst für die Wahrheit im Auge hast− warum bist du dann gekränkt?

Die Spur des Sämanns, Heuchelei, 647

647 Maria hat nicht einmal Josef in das Geheimnis eingeweiht, das Gott in ihr gewirkthatte.

Auch wir wollen uns daran gewöhnen, nicht leichtfertig zu sein. Weisen wir unserenFreuden und unseren Kümmernissen den rechten Weg, ohne Lob oder Mitleid zuheischen. "Deo omnis gloria!" − alles für Gott!

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 648

648 Am meisten empfängt, wer dem Geber am nächsten... Darum nähere dich Gott:Setze alles daran, heilig zu werden.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 649

649 Ich vergleiche gerne das innere Leben mit einem Kleid − mit dem hochzeitlichenGewand, von dem im Evangelium die Rede ist. Gewoben ist es aus den einzelnenAkten und Gewohnheiten der Frömmigkeit. Sie sind die starken Fäden, die demStoff Festigkeit verleihen. Ein einziger Riß schon, an irgendeiner Stelle, macht dasKleid unbrauchbar, auch wenn alles andere noch tadellos ist. So ist auch dein inneresLeben nicht aus einem Stück, wenn du zum Beispiel zwar betest und arbeitest, diraber der Geist der Buße fehlt − oder umgekehrt.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 650

650 Wann wirst du es endlich begreifen? Der einzig mögliche Weg für dich ist: mittiefem Ernst die Heiligkeit zu suchen!

Du mußt dich dazu entschließen − sei mir nicht böse −, Gott wirklich ernst zunehmen. Deine unangebrachte "Nonchalance" kann, wenn du sie nicht bekämpfst, ineinem üblen, blasphemischen Scherz enden.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 651

651 Bald ist es dein Temperament, dem du bei mehr als einer Gelegenheit erlaubst,sinnlos und hart aufzubrausen, bald sind es Herz und Verstand, die du nichtehrfürchtig genug dazu bereitest, der Allerheiligsten Dreifaltigkeit als Wohnstatt zudienen... Immer bleibst du etwas zu weit weg von Jesus, den du noch so wenigkennst...

So wirst du niemals inneres Leben haben.

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 652

652 "Iesus Christus, perfectus Deus, perfectus Homo" − Jesus Christus, vollkommenerGott und vollkommener Mensch.

Unter den Christen in der Nachfolge des Herrn gibt es viele, die von seinerGöttlichkeit ehrfurchtsvoll ergriffen sind, aber seine Menschlichkeit vergessen. Siebemühen sich nicht um die menschlich−natürlichen Tugenden. Deshalb scheitern sie− trotz des ganzen Aufwands an äußeren Frömmigkeitsformen −, wenn es darumgeht, die übernatürlichen Tugenden zu leben.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 653

653 Das universale Heilmittel: persönliche Heiligkeit! − Deshalb waren die Heiligen sovoller Frieden, Starkmut, Freude, Sicherheit...

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 654

654 Erst jetzt hast du den Kern der Botschaft erfaßt, die wir Christen allen Menschenbringen: das verborgene Wunder des inneren Lebens.

Eine ganz neue Welt ist es, die du ihnen eröffnest!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 655

655 Wieviel Neues hast du schon entdeckt! Dennoch, gelegentlich bist du etwas naiv. Dumeinst schon alles gesehen, alles verstanden zu haben..., aber dann greifst du wiedermit beiden Händen in die unermeßliche Fülle der göttlichen Schätze hinein... Ja, Erwird dir immer wieder "Neues" zeigen, wenn du in hellhöriger Liebe auf seinen Rufantwortest. Und du wirst erkennen, daß du erst am Anfang des Weges stehst, dennheilig werden heißt eins werden mit Gott, und unser Gott ist unendlich undunergründlich...

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 656

656 Die Liebe − mehr als das Studium − erschließt uns den Sinn für die "Dinge Gottes".

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Daher: Arbeite, studiere, nimm die Krankheit an, sei nüchtern... Und in alledemliebe Ihn!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 657

657 Eine Frage für deine tägliche Gewissenserforschung: Habe ich heute eine Stundeverstreichen lassen, ohne mit Gott, meinem Vater, zu sprechen?... Habe ich dasGespräch mit Ihm gesucht, wie ein liebevolles Kind es tut? − Du kannst es!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 658

658 Lassen wir uns nicht irreführen... Gott ist kein Schatten, kein fernes Wesen, das unserschaffen und dann vergessen hat, Er ist nicht der unumschränkte Herrscher, derseinem Besitz für immer den Rücken kehrt. Obwohl wir Ihn mit unseren Sinnennicht zu erfassen vermögen, ist seine Existenz viel wirklicher als alle Realitäten, diewir sehen und betasten können. Gott ist hier, ist bei uns: gegenwärtig, lebendig. Ersieht uns, Er hört uns, Er leitet uns an und weiß auch das Geringste, das wir tun, dasVerborgenste, das wir denken...

Daran glauben wir − und doch leben wir so, als ob Gott nicht existierte! Kaum jehaben wir für Ihn ein Wort... Wir gehorchen Ihm nicht, wir ringen nicht darum,unsere Leidenschaften zu beherrschen. Weder zeigen wir Ihm Liebe noch leisten wirIhm Genugtuung...

Wollen wir weiter so leben − mit einem Glauben, der tot ist?

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 659

659 Wärest du dir immer bewußt, daß Gott zugegen ist! In wieviel "heillosen"Situationen könntest du dann Heilung bringen!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 660

660 Wie willst du die Gegenwart Gottes in deinem Leben erfahren, wenn deine Blickeständig irgendwo umherschweifen? − Du gehst unter in Nebensächlichkeiten!

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 661

661 Vielleicht befremdet dich das Wort "Betrachtung" zunächst. Es erinnert dich an alteBücher mit schwarzem Einband, an monotones Gemurmel oder heruntergeleierteGebetsformeln... Aber all das hat nichts mit betrachtendem Beten zu tun.

Betrachten heißt erwägen und sehen, daß Gott dein Vater ist und du sein Kind bist,das Hilfe braucht. Betrachten heißt danken für alles, was Er dir schon gewährt hat,und für alles, was Er dir noch gewähren wird.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 662

662 Es gibt nur ein einziges Mittel, um Jesus kennenzulernen: den Umgang mit Ihmpflegen! In Ihm begegnest du immer einem Vater, einem Freund, einem Ratgeberund einem Helfer in allen lauteren Bemühungen deines täglichen Lebens...

Und aus diesem Umgang wird die Liebe zu Ihm erwachsen.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 663

663 Wenn du ausdauernd genug bist, täglich deine Vorlesungen zu besuchen, weil dirdort Wissen − allerdings ein recht begrenztes − vermittelt wird, wieso fehlt es dirdann an Ausdauer, um bei dem Meister zu "studieren", den es danach verlangt, dicheine andere Wissenschaft zu lehren, die des inneren Lebens? Nur darin findest dueinen Vorgeschmack vom Reichtum der Ewigkeit!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 664

664 Was wiegen die bedeutendste Persönlichkeit, die begehrteste Auszeichnung dieserWelt, gemessen an Jesus Christus, der immer auf dich wartet?

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 665

665 Jeden Tag eine bestimmte Zeit dem betrachtenden Gebet zu widmen und sich wieein Freund mit Gott verbunden zu wissen: Das ist das Allerwichtigste für Menschen,die ihr Leben richtig zu nutzen verstehen. Nur auf diese Weise wird bewußtesChristsein möglich.

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 666

666 Für Liebende gibt es im Grunde keinen Abschied − sie begleiten einander immer.

Du und ich: lieben wir den Herrn "so"?

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 667

667 Hast du noch nie bemerkt, wie Liebende einander zu gefallen suchen, indem sieauch ihr Äußeres pflegen? − Genauso sorge du dich darum, wie deine Seele"aussieht"!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 668

668 Für gewöhnlich entfaltet die Gnade ihre Wirkungen − ähnlich wie die Natur − inStufen. Strenggenommen können wir diesem Prozeß nicht vorgreifen. Aber in allem,was von uns abhängt, müssen wir der Gnade den Boden bereiten und mitwirken,wenn Gott sie uns schenkt.

Deshalb muß die Seele auf das höchste Ziel hin ausgerichtet sein: sie muß zu diesemZiel, das Christus ist, sanft gedrängt, aber auch bis zur letzten Konsequenz geführtwerden, ohne Kompromisse, ohne Relativierungen... Doch dürfen wir dabei nichtvergessen, daß ja Heiligkeit primär keine Sache von "Kraftakten" ist. Imallgemeinen hat die Gnade ihren eigenen Rhythmus, der sich gewaltsamenAnstrengungen entzieht.

Eine heilige Ungeduld darfst du, sollst du sogar entfachen − aber verlier dabei nichtdie Geduld!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 669

669 Der göttlichen Gnade zu entsprechen − ist das, fragst du mich, eine Pflicht derGerechtigkeit...? Ist es Großzügigkeit...? − Es ist Liebe!

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 670

670 "Gerade in den unpassendsten Momenten schwirren mir tausend Ablenkungen durchden Kopf", so sagst du mir. Deshalb habe ich dir empfohlen, gewisse Zeiten desinneren Schweigens einzuhalten... und deine Sinne − innerlich wie äußerlich − andie Zügel zu nehmen.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 671

671 "Bleibe bei uns, denn es will Abend werden..." Die Bitte des Kleophas und seinesFreundes wird erfüllt.

Wie traurig wäre es, verstünden du und ich es nicht, Jesus "aufzuhalten", wenn Ervorübergeht! Wie schmerzlich, wenn wir Ihn nicht bitten, Er möge bei uns bleiben!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 672

672 Ich habe dir geraten, jeden Tag einige Minuten im Neuen Testament zu lesen unddich, gleichsam selbst beteiligt, in jede der einzelnen Szenen hineinzuversetzen.

Auf diese Weise kannst du das Evangelium in deinem Leben sozusagen "Fleisch undBlut" werden lassen, kannst du es erfüllen und auch andere dahin bringen, es zuerfüllen.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 673

673 Früher hast du dich köstlich amüsiert. Aber jetzt, da du Christus in dir trägst, bist duvon innen heraus voll echter Freude, die nach außen strahlt; daher deineAnziehungskraft auf andere Menschen.

Vertiefe noch mehr den Umgang mit Christus, damit du alle Menschen erreichst.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 674

674 Vorsicht! Entwickle viel Feingefühl! Damit nicht, während du dich abmühst, diegeistliche Temperatur deiner Umgebung zu erhöhen, deine eigene sinkt.

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 675

675 Gewöhne dich daran, alles auf Gott zu beziehen.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 676

676 Siehst du nicht, wie viele deiner Freunde sehr herzlich und einfühlsam sein können,wenn es um Menschen geht, die sie lieben: um die Verlobte, die Ehefrau, die Kinder,die Familie?

Sag ihnen − und halte dich selbst daran! −, daß der Herr es nicht weniger verdientals sie alle. Auch Ihm sollen sie sich auf die gleiche innige Weise zuwenden.Außerdem gib ihnen den Rat, ihre Herzlichkeit und Einfühlsamkeit noch tiefer zuverankern: als Früchte eines Lebens mit Gott und auf Gott hin... Schon hier aufErden wird ihnen ein ungeahntes Glück zuteil werden.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 677

677 Der Herr hat in deine Seele den guten Samen ausgesät. Und für diese Saat desewigen Lebens hat Er sich eines mächtigen Mittels bedient: des Gebetes.

Denn eines kannst du nicht bestreiten: Viele Male hat Er dich während deinesGebetes vor dem Tabernakel, von Angesicht zu Angesicht, tief in der Seele den Rufvernehmen lassen, daß Er dich ganz zueigen haben wollte und daß du für Ihn allesaufgeben solltest. Wenn du das jetzt bestreitest, bist du ein schwächlicher Verräter.Wenn du es vergessen hast, bist du undankbar.

Ebenso hat Er sich − das kannst du nicht in Zweifel ziehen, und du hast es bis jetztauch nicht bezweifelt − der Ratschläge und der geistlichen Anregungen deinesLeiters bedient, der immer wieder und eindringlich Worte zu dir gesprochen hat, diedu nicht einfach in den Wind schlagen kannst... Ganz am Anfang hat der Herr sichauch eines guten, aufrichtigen Freundes bedient, der dir harte Wahrheiten sagte,Wahrheiten der Liebe Gottes... Durch all das hat der Herr den guten Samen in deineSeele eingesenkt.

Nun entdeckst du − naiv und überrascht −, daß der Feind Unkraut in deiner Seelegesät hat. − Und er sät es weiter, während du bequem schläfst und dein inneresLeben vor die Hunde gehen läßt. − Hier und nirgends sonst liegt der Grund dafür,daß du nun in deiner Seele das ganze klebrige Gestrüpp der Weltverstricktheitwuchern siehst. Ja, schon kommt es dir gelegentlich so vor, als erstickten in ihm die

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Körner des guten Weizens, die du empfangen hattest...

Reiß das ganze Unkraut mit einem Ruck aus! Die Gnade Gottes genügt dir.Befürchte nicht, es könnte eine "leere Stelle" zurückbleiben, so etwas wie eineWunde... Der Herr wird in sie von neuem seinen Samen säen: die Liebe zu Ihm, dieBrüderlichkeit, den Eifer für das Apostolat... Nach einiger Zeit wird nicht mehr diegeringste Spur von Unkraut zu finden sein. Jetzt aber − gerade noch rechtzeitig −mußt du es mit Stumpf und Stiel ausreißen. Und am besten ist es, wenn du, statt zuschlafen, auch bei Nacht dein Feld bewachst.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 678

678 Selig jene begnadeten Menschen, die Jesus, sobald sie nur von Ihm hören − Erspricht uns ja beständig an! −, sogleich als Den Weg, Die Wahrheit und Das Lebenerkennen.

Du weißt sehr wohl, woran es liegt, wenn uns dieses Glück entgeht: an dermangelnden Entschlossenheit, Ihm nachzufolgen.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 679

679 Wieder einmal hast du Christus dir ganz nahe gefühlt... Und wieder einmal hast dubegriffen, daß du alles für Ihn tun mußt.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 680

680 Geh näher auf Jesus zu!... Noch näher − bis Er dein Freund wird, dein Vertrauter,dein Herr.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 681

681 Jeden Tag, so sagtest du mir, fühlst du dich tiefer in Gott geborgen. − Jeden Tagwirst du also deinen Brüdern und Schwestern näher sein.

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 682

682 Bis jetzt, solange du Ihn noch nicht gefunden hattest, wolltest du mit "offenenAugen", wie man so sagt, durch das Leben gehen, damit dir ja nichts entgehe... Vondiesem Moment an − geh durch das Leben mit "reinen" Augen, damit du an seinerSeite all das siehst, worauf es ankommt.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 683

683 Wo inneres Leben ist, da wirft sich die Seele bei jeder Bedrohung mit derSchnelligkeit, mit der das Blut in die Wunde schießt, in die Arme Gottes.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 684

684 "Das ist mein Leib..." − Jesus opferte sich, und Er verbarg sich unter der Gestalt desBrotes... Jetzt ist Er dort so gegenwärtig − mit Fleisch und Blut, mit Seele undGottheit −, wie Er Thomas gegenwärtig war, als dieser seine Finger in dieSeitenwunde des verklärten Leibes legen durfte...

Du aber gehst oft an Ihm vorbei und hast für Ihn nicht einmal den kurzen Grußübrig, den du einem Bekannten, der dir begegnet, entbietest.

Du hast viel weniger Glauben als Thomas!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 685

685 Stell dir vor, dein bester Freund wäre ins Gefängnis geworfen worden, damit dufreikämst... Würdest du nicht alles daransetzen, ihn zu besuchen, ihm deine Zeit zuwidmen, ihm etwas zu schenken − kurz, ihn durch die Wärme deiner Freundschaftein wenig zu trösten?... Wenn dazu noch durch das Gespräch mit dem GefangenenBöses von dir abgewendet und Gutes für dich erlangt würde − ließest du ihn dann imStich?... Und wenn es anstelle eines Freundes um deinen eigenen Vater, um deinenBruder ginge...?

Denke weiter!

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Page 155: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 686

686 Für uns hat der Herr sich in der Heiligen Hostie eingeschlossen. Er will an unsererSeite bleiben, uns stützen, uns geleiten. − Und Liebe kann man nur mit Liebevergelten.

Wie sollten wir da nicht täglich den Tabernakel aufsuchen, und sei es nur für wenigeMinuten, um Ihm den Gruß unserer Liebe zu bringen, wir, seine Kinder, seineBrüder...

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 687

687 Hast du noch nie eine ähnliche Szene beobachtet? − Da steht irgendein Unteroffizieroder ein unbedeutender kleiner Leutnant. Ein Soldat kommt vorbei und grüßt. Er istwesentlich begabter als seine Vorgesetzten, aber er weiß, was sich gehört. DerVorgesetzte erwidert den Gruß.

Eine Situation, die dazu einen bemerkenswerten Kontrast bildet: Vom Tabernakeldieser Kirche aus nähert sich dir Christus, vollkommener Gott und vollkommenerMensch, der für dich am Kreuz starb und der dir alles schenkt, dessen du bedarfst.Und du gehst achtlos an Ihm vorüber.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 688

688 Du hast angefangen, dem Herrn in seiner Verborgenheit täglich einen Besuchabzustatten. Es überrascht mich nicht, daß du sagst: Ich liebe das ewige Licht vordem Tabernakel.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 689

689 "Jesus, ich liebe Dich" − dieses Stoßgebet und wenigstens eine geistigeKommunion..., die sollten an keinem einzigen Tag fehlen! Bete sie als Sühne für alldie Beleidigungen und Sakrilegien, die der Herr dafür erleidet, daß Er unter uns hatbleiben wollen.

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 690

690 Ist es nicht selbstverständlich, daß wir Menschen, die wir sehr lieb haben, auchherzlich begrüßen? − So sollten wir − du und ich − oftmals am Tage Jesus, Maria,Josef und unseren heiligen Schutzengel grüßen!

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 691

691 Verehre unsere heilige Mutter aus ganzem Herzen! Sie versteht sich gut darauf,unsere kleinen Liebesbezeugungen zu erwidern.

Wenn du außerdem täglich im Geiste des Glaubens und der Liebe den Rosenkranzbetest, wird Unsere Liebe Frau dafür sorgen, daß du auf dem Wege ihres Sohnesimmer weiter voranschreitest.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 692

692 Wie wäre es möglich, im täglichen Kampf zu bestehen, wenn uns der Beistandunserer Mutter fehlte? − Suchst du ihn beharrlich?

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 693

693 Der heilige Schutzengel begleitet uns ständig, er ist ein Kronzeuge unseres Tuns. Impersönlichen Gericht nach deinem Tode wird er all die kleinen Aufmerksamkeitenbezeugen, die du im Verlauf deines Lebens dem Herrn aus Liebe erwiesen hast.Mehr noch: Wenn du wegen der furchtbaren Anklage des Feindes befürchtest,verloren zu gehen, dann wird dein Engel all jene tiefen Regungen deines Herzens −die du vielleicht schon vergessen hattest − und all die Zeichen der Liebe bezeugen,die du Gott dem Vater, Gott dem Sohn, Gott dem Heiligen Geist gewidmet hattest.

Vergiß also deinen Schutzengel niemals! Und dieser machtvolle Himmelsfürst wirdauch dich niemals vergessen, weder jetzt noch in jener entscheidenden Stunde.

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Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 694

694 Innerlich kalt empfingst du früher die Kommunion. Du achtetest kaum auf denHerrn, jede Kleinigkeit lenkte dich ab. − Jetzt aber steht dir vor Augen − in deinemvertrauten Gespräch mit Gott −, daß die Engel dabei anwesend sind. Dein Verhaltenist nun anders geworden, denn du denkst: So dürfen sie mich nicht sehen!

Diesmal ist dir deine Sorge: "Was wird man von mir sagen?" zum Gutenausgeschlagen. Du hast einen kleinen Schritt auf die Liebe zu getan.

Die Spur des Sämanns, Inneres Leben, 695

695 Wenn du spürst, daß dein Herz trocken ist und du nichts zu sagen weißt, dann wendedich vertrauensvoll an die Mutter Gottes. Sage ihr: "Du Unbefleckte Mutter, bitte fürmich!"

Wenn du sie gläubig anrufst, wird sie dich inmitten deiner Trockenheit Gottes Nähespüren lassen.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 696

696 Die Eigenliebe mit Stumpf und Stiel ausrotten und die Liebe zu Jesus Christuseinpflanzen: Das ist das Geheimnis aller Wirksamkeit − und des Glücks.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 697

697 Du behauptest, daß du Ihm folgst. Aber in jeder Situation willst immer "du selbst"handeln, nach "deinen" Vorstellungen und allein mit "deinen" eigenen Kräften. −Und doch hat der Herr gesagt: "Sine me, nihil", ohne mich vermagst du nichts.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 698

698 Mißachtet wurde, was du dein "Recht" nennst und was ich als dein "Recht aufHochmut" übersetzt habe. Armer Kerl! − Der Gegner war ein mächtiger Mann, dukonntest dich nicht wehren. Dir war, als hätte man dich hundertmal geohrfeigt. Undtrotzdem lernst du es nicht, dich zu demütigen.

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Jetzt sagt dir die Stimme deines Gewissens: Du bist hochmütig − und feige. DankeGott dafür, daß du jetzt zu erkennen beginnst: es gibt auch deine "Pflicht" − "die zurDemut".

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 699

699 Ich, ich, immer wieder ich − das ist das einzige, was dich ausfüllt. − Und du wirstsolange fruchtlos dich mühen, bis endlich Er, nur Er und Er allein dich erfüllt. Erstdann wirst du "in nomine Domini" arbeiten − im Namen und in der Kraft Gottes.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 700

700 Wie willst du Christus nachfolgen, wenn du ausschließlich um dich selbst kreist?

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 701

701 Ein allzu ungeduldiger und hemmungsloser beruflicher Ehrgeiz kann manchmal dieEigenliebe mit dem Gewande vermeintlich "dienender Nächstenliebe" drapieren. MitRaffinesse − kein i−Tüpfelchen nehme ich davon zurück! − erfinden wir unsSelbstrechtfertigungen wie etwa: ein solches Angebot dürfe man doch nichtleichtfertig ausschlagen, oder: jetzt lägen besonders günstige Umstände vor...

Blicke auf Christus: Er ist ja "der Weg". Auch Ihm boten sich während der Jahreseines verborgenen Lebens "besonders günstige" Umstände und "geeignete"Anlässe, um der Zeit seines öffentlichen Wirkens vorzugreifen; zum Beispiel alsZwölfjähriger im Tempel, wo Ihn die Gesetzeslehrer seiner Fragen und Antwortenwegen bestaunten... Aber Jesus erfüllt den Willen des Vaters und wartet: Ergehorcht!

Sei unbesorgt, daß dein heiliger Eifer, die ganze Welt zu Gott hinführen zu wollen,verloren gehen könnte. Schleichen sich aber einmal ichhafte Ambitionen ein −möglicherweise Fluchtversuche! −, dann halte daran fest, daß auch du zu gehorchenhast. Diese glanzlose Arbeit im Verborgenen − sie ist deine Aufgabe, solange derHerr nicht etwas anderes von dir möchte: Er hat "Seine" Zeiten und "Seine" Wege.

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Die Spur des Sämanns, Hochmut, 702

702 Aufgeblasen und hochmütig ist, wer seine aufgrund von Reichtum, Herkunft,Stellung oder Intelligenz privilegierte Situation dazu mißbraucht, andere zudemütigen, die nicht mit solchen Gaben gesegnet sind.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 703

703 Der Stolz wird, früher oder später, auch diesen "tollen Mann" vor seiner Umweltdemütigen − dann nämlich, wenn man ihn eines Tages als einen eitlen Hohlkopfdurchschaut, als eine Marionette, an deren Fäden der Teufel selber zieht.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 704

704 Aus Geltungsbedürfnis oder simpler Eitelkeit organisieren sich viele Leute selbsteinen "schwarzen Markt", auf dem sie ihre eigenen Vorzüge künstlich im Werthochzuschrauben versuchen.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 705

705 Ämter... Hohe? Niedrige? − Was schert dich das?... Du versicherst ja, daß dugekommen bist, um nützlich zu sein, um zu dienen, immer in gänzlicherVerfügbarkeit. Verhalte dich dementsprechend.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 706

706 Du schwätzt, du kritisierst... Man könnte meinen, ohne dich klappt nichts richtig.

Werde nicht böse, wenn ich dir sage, daß du dich wie ein arroganter Despotaufführst.

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Die Spur des Sämanns, Hochmut, 707

707 Wenn ein guter Freund dich unter vier Augen, loyal und brüderlich, auf gewisseunschöne Aspekte deines Verhaltens hinweist, bist du sogleich der Überzeugung,daß er im Irrtum ist: er verstehe dich nicht. Diese falsche Sicht rührt von deinemStolz her und nimmt dir die Möglichkeit, besser zu werden.

Du tust mir leid: es fehlt dir an Entschlußkraft, die Heiligkeit zu suchen.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 708

708 Gehässig, argwöhnisch, kompliziert, mißtrauisch, intrigant... All dieseBezeichnungen verdienst du, auch wenn sie dich kränken.

Ändere dich! Wieso eigentlich sollen immer die anderen die Bösen und du allein gutsein?

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 709

709 Du fühlst dich einsam... Du klagst ständig... Alles geht dir auf die Nerven. − Daskommt daher, daß dein Egoismus dich von deinen Brüdern und Schwestern isoliertund du dich Gott nicht näherst.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 710

710 Immer diese Sucht, beachtet zu werden, und zwar möglichst mit "Pauken undTrompeten"... Vor allem aber: Immer der Wunsch, daß man auf dich mehr als aufdie anderen achtet!

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 711

711 Warum witterst du in allem, was man dir sagt, Hintergedanken? Mit deinerÜberempfindlichkeit setzt du ständig dem Wirken der Gnade Grenzen; denn sieerreicht dich ja − zweifle nicht daran − durch das Wort von Menschen, die nichtsanderes wollen, als in ihrem Tun dem Ideal Christi zu entsprechen.

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Die Spur des Sämanns, Hochmut, 712

712 Solange du noch an der Überzeugung festhältst, alle anderen hätten nur für dichdazusein, solange du dich also nicht entschließt, wirklich dienen zu wollen − und dasschließt auch ein, verborgen zu bleiben und zu verschwinden −, solange das so ist,wird der Umgang mit deinen Brüdern und Schwestern, Berufskollegen undFreunden ständig eine Quelle von Ärger und Mißmut sein − all das deines Hochmutswegen.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 713

713 Verabscheue die Prahlerei, lege die Eitelkeit ab, sage dem Stolz den Kampf an −jeden Tag, in jedem Augenblick!

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 714

714 Arme Opfer ihres eigenen Hochmuts! Sie quälen sich wegen tausenderleiKleinigkeiten, die ihre Eigenliebe ins Riesenhafte vergrößert und die die anderennicht einmal wahrnehmen.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 715

715 Meinst du, die anderen wären niemals so jung gewesen wie du? Meinst du, sie hättensich niemals als Minderjährige von der Familie vereinnahmt gefühlt? Meinst du,ihnen wären die kleinen oder größeren Probleme erspart geblieben, mit denen dudich jetzt herumschlägst? − Nein! Auch sie haben einmal dieselben Situationendurchgemacht, durch die du jetzt hindurch mußt, und sie sind herangereift, indem sie− mit Hilfe der göttlichen Gnade − beharrlich und ohne Selbstmitleid ihr Ichbezähmt haben. Wo es vertretbar war, sich anzupassen, haben sie sich angepaßt; wodas nicht möglich war, haben sie sich loyal verhalten, ohne Überheblichkeit, ohneAggressivität, gelassen und demütig.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 716

716 Rein theoretisch bist du sehr katholisch. Die Atmosphäre in unserem Hause, wo duzusammen mit anderen jungen Leuten lebst, sagt dir zu... Schade nur, daß die heilige

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Messe nicht um die Mittagszeit ist und daß die Vorlesungen und Kurse nichtnachmittags stattfinden und daß nicht nach dem Abendessen studiert wird, mit ein,zwei Glas Cognac! Deine Art von "Katholizismus" ist bloß Schau, ist einfachspießig.

Begreifst du nicht, daß man in deinem Alter nicht mehr so denken kann? Gib dieFaulenzerei auf und deine Selbstverzärtelung! Nimm Rücksicht auf die Bedürfnissedeiner Mitmenschen, und stelle dich der Wirklichkeit, in der du lebst! Dann erstwirst du im Ernst katholisch sein.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 717

717 "Dieser Heilige", sagte der Stifter des Altarbildes, "verdankt mir alles, was er ist."

Ein schlechter Scherz, denkst du wohl? O nein, auch du meinst, deinem Verhaltennach zu urteilen, Gott gegenüber deine Schuldigkeit getan zu haben, wenn du eineMedaille auf der Brust trägst und ein paar mehr oder minder routinehafteFrömmigkeitsübungen absolvierst.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 718

718 Sie sollen meine guten Werke sehen!... − Merkst du nicht, daß du sie wie in einemKorb voller Ramschware zur allgemeinen Bewunderung auslegst?

Außerdem: vergiß nicht den zweiten Teil des Gebotes Jesu: "damit sie euren Vaterim Himmel preisen".

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 719

719 "Mir selbst zugeeignet, mit der Bewunderung, die ich mir schuldig bin". − Dasschrieb jemand als Widmung auf die erste Seite eines Buches. Dasselbe könntenviele arme Teufel auch auf der letzten Seite ihres Lebens eintragen.

Schlimm, wenn auch du und ich in dieser Haltung lebten oder stürben! − Prüfen wiruns also ernstlich...

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 720

720 Weder in Angelegenheiten der Kirche noch in denen der Menschen − deiner Brüder− darfst du jemals eine Haltung überheblicher Selbstherrlichkeit an den Tag legen.Dagegen kann die Selbstsicherheit da gefordert sein, wo wir bei unserem

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Engagement in der Gesellschaft die Ehre Gottes und das Heil der Seelen zuverteidigen haben. Das ist dann nicht Anmaßung, sondern jener Glaube undStarkmut, die wir im Leben gelassen, demütig und fest unter Beweis zu stellenhaben.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 721

721 Es ist töricht und wirkt peinlich und plump, wenn man in Anwesenheit desBetreffenden schmeichelhafte Bemerkungen über ihn macht oder seine gutenEigenschaften rühmt.

So etwas nährt leicht die Eitelkeit und kann dazu verführen, die Ehre Gottes, demallein doch alles zu verdanken ist, zu schmälern.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 722

722 Achte darauf, daß gerade auch deine guten Absichten immer von Demut begleitetsind. Denn nicht selten verbinden sie sich mit harten Urteilen, mit der Unfähigkeit,andere Meinungen gelten zu lassen, oder mit einem gewissen persönlichen odernationalen oder korporativen Hochmut.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 723

723 Werde nicht mutlos, wenn du deine Fehler siehst! Raffe dich auf!

Die geistliche, apostolische Unfruchtbarkeit ist weniger eine Folge der persönlichenFehler − zumal dann nicht, wenn man sie bereut − als vielmehr des Hochmuts.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 724

724 Du bist zu Fall gekommen... Steh auf und sei − mehr denn je, stärker denn je −voller Hoffnung! − Nur die Eigenliebe vermag nicht zu erfassen, daß die Fehler, diewir bereuen und bekämpfen, uns zur tieferen Selbsterkenntnis und zur Demutverhelfen.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 725

725 "Wir taugen zu nichts"... Eine Behauptung, so pessimistisch wie falsch. Wer es nurwill, kann mit der Gnade Gottes − die ja die fundamentale Voraussetzung für alles

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ist − sehr wohl als ein gutes Werkzeug bei vielen Unternehmungen dienen.

Die Spur des Sämanns, Hochmut, 726

726 "Er kleidet sich mit der Haut des Teufels, mit dem Hochmut" − dieses harte, abertreffende Wort jenes gottliebenden Mannes über die Arroganz eines Zeitgenossenstimmte mich nachdenklich.

Gleichsam als Kontrast dazu wurde meine Seele von dem Wunsch erfüllt, mich "mitder Tugend zu kleiden", die Jesus Christus verkündete: "quia mitis sum et humiliscorde", denn ich bin gütig und von Herzen demütig. Diese Tugend ist es, die dieFülle der Begnadung durch die Allerheiligste Dreifaltigkeit auf Maria, die MutterChristi und unsere Mutter, herabgerufen hat. Demütig sein... Erkennen undempfinden, daß wir ein Nichts sind.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 727

727 Wenn es dir einmal schwerfällt, jemandem einen Gefallen zu tun, ihm einen Dienstzu erweisen, erinnere dich daran, daß dieser Mensch ein Kind Gottes ist und daß derHerr uns geboten hat, einander zu lieben.

Aber mehr noch: Begnüge dich nicht mit einer oberflächlichen Befolgung diesesGebotes aus dem Evangelium; erfasse es jeden Tag tiefer! Zieh die Konsequenzendaraus − es ist gar nicht so schwer −, und richte in jedem Augenblick dein eigenesVerhalten nach den Forderungen des Herrn.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 728

728 Das Leben in der heutigen Welt ist so hektisch, daß die christliche Nächstenliebe zueiner Art Ausnahmeerscheinung geworden ist, obwohl man Christus − zumindestverbal − weiterhin verkündet...

Ich gebe das zu. Aber − was tust du selbst, der du ja als katholischer Christ mit Ihmeins sein und seinen Fußstapfen folgen sollst? Hat Er uns doch geboten, seine Lehreüberall zu verbreiten, bei allen Menschen − bei allen! − und zu allen Zeiten.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 729

729 Immer ist es in der Geschichte so gewesen, daß Menschen sich zusammentun, umeine gemeinsame Aufgabe zu erfüllen und ein gemeinsames Ziel zu erreichen.

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Sollte etwa den Männern und Frauen von heute das "einzige Ziel", das Heil derSeele, weniger wert sein?

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 730

730 Du hast den tiefsten Sinn der Freundschaft erfaßt, seitdem dir aufgegangen ist, daßdu gleichsam der Hirt einer kleinen Herde bist. Jetzt möchtest du die, die du früherlinks hast liegen lassen, neu um dich sammeln und jedem einzelnen dienen.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 731

731 Du darfst dich nicht bloß passiv verhalten. Zu einem echten Freund kannst du nurwerden, wenn du deinen Freunden hilfst. Vor allem mit dem Beispiel deinerLebensweise, dann auch mit deinem Rat und durch den Einfluß, der auf deinerabsoluten Vertrauenswürdigkeit beruht.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 732

732 Ganz unerwartet trafst du auf diesen Geist der Brüderlichkeit und Freundschaft, derdich jetzt begeistert.

Natürlich: denn davon hattest du immer voller Sehnsucht geträumt, ihn aber nieirgendwo verwirklicht gesehen. Und warum nicht? Weil die Menschen vergessen,daß sie Brüder Christi sind, Geschwister dieses liebenswerten Bruders allerMenschen, der sein Leben für alle, für jeden einzelnen von uns, vorbehaltloshingegeben hat.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 733

733 Es ist für dich ein großes Glück gewesen, wahren Lehrern und echten Freundenbegegnet zu sein, die dich mit Hingebung in allem unterwiesen, was immer du auchhast wissen wollen. Neidlos ließen sie dich an ihrem Wissen, ihrer Bildung, ihrenErkenntnissen teilhaben, so daß du nie nötig hattest, all das auf mühsamen,verschlungenen Pfaden dir anzueignen. Sie haben dir Wege gezeigt, die dir jetzt wieselbstverständlich vorkommen, die zu finden sie aber einst harte Anstrengungengekostet hatte... Jetzt ist es an dir, ebenso zu handeln: an diesem, an jenem − anallen!

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Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 734

734 Beherzige meinen Rat und handle danach: Diese Leute, denen du unsympathischbist, werden ihre Meinung revidieren, sobald sie merken, daß du sie "wirklich" gernehast. Alles hängt also von dir ab.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 735

735 Gut zu sein, genügt nicht, es muß auch von außen zu spüren sein. Was hieltest duvon einem Rosenstrauch, an dem nichts als Dornen zu sehen wären?

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 736

736 Um die Lauen zu erwärmen, ist es nötig, daß sie um sich das Feuer der Begeisterungverspüren.

Viele könnten uns zurufen: Anstatt über meine derzeitige Verfassung zu klagen,zeigt mir lieber den Weg, wie ich aus dem, was euch so sehr betrübt, herauskommenkann!

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 737

737 Die Verpflichtung zur Brüderlichkeit gegenüber allen Menschen verlangt, daß dein"Apostolat der kleinen Aufmerksamkeiten" von ihnen unbemerkt bleibt: Es gilteinfach, ihnen zu dienen, damit ihr Weg ihnen leichter gangbar erscheint.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 738

738 Wie eng ist die Seele derer, die ihre "Beschwerdeliste" sorgfältig aufbewahren! Mitsolchen bedauernswerten Menschen ist ein Zusammenleben kaum möglich.

Wahrhafte Nächstenliebe "omnia suffert" − "erträgt alles" und führt keine "Listen":weder über die "ständigen und notwendigen" Dienste, die sie tut, noch über dieKränkungen, die sie erfährt.

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Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 739

739 Du hältst dich an einen anspruchsvollen Lebensplan: Du stehst früh auf, hältst einefeste Zeit des Gebetes ein, empfängst oft die Sakramente, arbeitest oder studierstintensiv, bemühst dich um Genügsamkeit und um den Geist der Aszese... Und trotzallem: du spürst, daß dir noch etwas fehlt!

Nimm einmal in dein Gespräch mit Gott die folgende Überlegung hinein: Da dieHeiligkeit − genauer: das Ringen um sie − nichts anderes als Fülle der Liebe ist,mußt du dich prüfen, wie es um deine Liebe zu Gott und − aus ihr entspringend −um deine Liebe zu den Mitmenschen bestellt ist. Vielleicht entdeckst du dann, tiefverborgen in deiner Seele, ernste Fehler, die du bis jetzt noch nicht bekämpft hast.Du bist noch kein guter Sohn, kein guter Bruder, kein guter Freund, kein guterKollege. Und da du "deine eigene Heiligkeit" auf falsche Weise suchst, bist duneidisch auf die anderen...

Du "opferst dich" in vielen "persönlichen" Kleinigkeiten, und so klebst du an deinemIch, an deiner Person, und lebst im Grunde weder für Gott noch für die anderen,sondern für dich allein.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 740

740 Du hältst dich für einen guten Freund, weil du kein böses Wort sprichst. − Dasstimmt. Aber ich sehe leider kein freundschaftliches Werk, du gibst weder gutesBeispiel noch leistest du einen Dienst...

Solche Freunde sind schlechte Freunde.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 741

741 Zuerst behandelst du jemanden schlecht... Gleich darauf, noch bevor der anderereagieren kann, verkündest du: "So, und nun allseits christliche Nächstenliebe!"

Fingest du doch mit dem Zweiten an... Dann würde es gar nicht zu dem Erstenkommen.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 742

742 Säe kein Unkraut, wie jener, den seine eigene Mutter so charakterisierte: "Stellen Sieihm Ihre Freunde nur vor; er wird schon dafür sorgen, daß Sie sich bald mit ihnenentzweien."

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Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 743

743 Die Art der Brüderlichkeit, die dein Freund an den Tag legt, scheint mir unchristlich.Er warnt dich: "Man hat mir diese und jene haarsträubende Geschichte über dicherzählt. Paß auf, denn anscheinend gibt es im Kreis deiner engsten Freundejemanden, der dein Vertrauen nicht verdient..."

Diese Art scheint mir deshalb unchristlich, weil ich in einem solchen "Bruder" dieEntschiedenheit vermisse, den Verleumder zum Schweigen zu bringen, und weil ernicht die Loyalität aufbringt, ihn beim Namen zu nennen.

Wenn er nicht genug Charakter hat, diese schlimmen Defekte seiner Persönlichkeitzu beseitigen, dann bringt dich ein solcher "Bruder" in die Gefahr, am Ende deinesLebens vereinsamt zu sein, mißtrauisch gegen jeden und lieblos gegen alle...

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 744

744 Da dir jeglicher Sinn für den Wert der Menschen in den Augen Gottes fehlt, siehstdu in ihnen nur ihre mehr oder weniger bedeutende soziale Stellung. Weder denkstdu an ihre Seele, noch bist du bereit, ihnen zu dienen. Deshalb geht dir jedeGroßherzigkeit ab. Du magst viel beten, aber deine Frömmigkeit ist schal, und dulebst weit von Gott entfernt...

Der Meister hat es sehr deutlich gesagt: "Hinweg von mir in das ewige Feuer... Dennich war hungrig... Ich war durstig... Ich war im Gefängnis..., und ihr habt euch nichtum mich gekümmert."

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 745

745 Gott vollkommen zu lieben und sich zugleich von Egoismus oder Gleichgültigkeitim Umgang mit dem Nächsten beherrschen zu lassen − das ist unvereinbar.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 746

746 Die echte Freundschaft erfordert nicht zuletzt das herzliche Bemühen darum, dieAnsichten unserer Freunde zu verstehen, auch wenn wir sie nicht teilen oder nichtübernehmen können.

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Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 747

747 Laß niemals zu, daß auf dem Pfad der Freundschaft das Unkraut wuchert: Sei treuund zuverlässig.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 748

748 Ein fester Vorsatz in bezug auf Freundschaft: Ich will mich in meinem Denken, inmeinen Worten und in meinen Handlungen gegenüber meinem Nächsten − werimmer er sein mag − nicht mehr wie bisher verhalten: Ich will tätige Nächstenliebeüben und der Gleichgültigkeit in meinem Herzen keinen Raum mehr geben.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 749

749 Deine Nächstenliebe muß auf die Bedürfnisse deiner Mitmenschen eingehen undsich ihnen anpassen − nicht deinen eigenen Bedürfnissen.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 750

750 Wir sind Kinder Gottes! Diese grundlegende Wahrheit verwandelt uns in Menschen,die weit mehr vermögen, als nur sich gegenseitig zu ertragen. Höre das Wort desHerrn: "Vos autem dixi amicos!" − Ich aber habe euch Freunde genannt − ja, wirsind seine Freunde. Wie Er an uns getan, so geben wir freudig das Lebenfüreinander, in der Stunde der Not wie im gewöhnlichen Alltag.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 751

751 Wie kann man erwarten, daß Andersgläubige zur Heiligen Kirche heimfinden, wennsie den lieblosen gegenseitigen Umgang unter denen sehen, die in der NachfolgeChristi zu leben meinen?

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Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 752

752 Die Anziehungskraft, die von deiner sympathischen Umgänglichkeit ausgeht, mußan Weite und Tiefe gewinnen. Sonst wird deine apostolische Wirksamkeit insterilen, geschlossenen Kreisen ersticken.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 753

753 Durch deine Freundschaft und mit deiner "Beschlagenheit" in der Lehre der Kirche− besser ausgedrückt: durch die Botschaft und die Liebe Christi − wirst du vieleNichtkatholiken für eine ernsthafte Mitarbeit gewinnen können, zum Wohl aller.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 754

754 Ich schrieb mir die begeisterte Bemerkung eines Arbeiters auf, der an einem von dirangeregten Treffen teilgenommen hatte: "Noch niemals habe ich über Charakter,Anstand, Freundschaft und Großzügigkeit so sprechen hören, wie hier..." − Und ersagte dann, richtig erstaunt: "Gegenüber dem Materialismus von rechts und vonlinks... ist das hier die wahre Revolution!"

Jede Seele vermag die Brüderlichkeit zu erfassen, die Christus uns als dasGrundprinzip menschlichen Zusammenlebens enthüllt hat. Setzen wir alles daran,daß diese Lehre nicht an Kraft verliert!

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 755

755 Gelegentlich suchst du dich selbst zu rechtfertigen und versicherst, du seist sozerstreut und vergeßlich. Andere Male sagst du, du seist von deinem Charakter hereher trocken und reserviert. Deshalb, so fügtest du hinzu, kennst du nicht einmal dieMenschen in deiner Nähe richtig.

Hör zu: Du wirst dich doch mit solchen Ausreden nicht zufriedengeben?

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 756

756 Ich habe dir geraten, in all den kleinen Begebenheiten deines normalen Tagesablaufsein Gespür für das Übernatürliche zu entwickeln. Und ich habe sofort noch

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hinzugefügt: Der Umgang mit deinen Mitmenschen bietet dir im Laufe des Tagessehr viele Gelegenheiten dazu.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 757

757 Die Nächstenliebe glaubwürdig leben schließt ein, die Denkweise der anderen zurespektieren und sich ehrlich über ihren persönlichen Weg zu Gott zu freuen. Mankann nicht verlangen, daß alle denken wie du oder sich mit dir verbünden.

Als Erläuterung dazu sagte ich dir: Diese verschiedenen Wege verlaufen parallel.Jeder erreicht Gott, indem er seinen Weg geht. Aber Vergleiche oder Vermutungendarüber, welcher Weg der bessere ist, sind müßig. Das einzig Wichtige ist, daß wiralle das Ziel erreichen.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 758

758 Dieser Mensch habe leider so viele Fehler! Mag sein... Aber abgesehen davon, daßdu die Vollkommenheit nur im Himmel findest − auch du schleppst deine Fehler mitdir, und trotzdem ertragen dich die anderen; sie schätzen dich sogar, weil sie dichmit der Liebe lieben, die Christus seinen Jüngern entgegenbrachte. Und auch beidenen war die Last der Armseligkeiten nicht gerade klein.

Lerne daraus!

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 759

759 Du klagst darüber, daß er dich nicht versteht... Und doch bin ich sicher, daß er allesdaran setzt, um dich zu verstehen. Du aber − wann wirst du dich auch nur ein wenigbemühen, ihn zu verstehen?

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 760

760 Ja, ich gebe es zu: Dieser Mensch hat schlecht gehandelt; sein Verhalten warunwürdig und verwerflich, charakterlos.

Du meintest: Er verdient nur Verachtung!

Nochmals: Ich verstehe dich − aber deiner Schlußfolgerung stimme ich nicht zu.Auch das Leben dieses entgleisten Menschen ist ein geheiligtes Leben. Auch für ihnist Christus gestorben, um ihn zu erlösen! Wenn Christus ihn nicht verachtete − wiekannst du es dann tun?

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Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 761

761 Wenn deine Freundschaft verkommt zur Komplizenschaft mit den Verfehlungen der"Freunde", dann verdient eine solche elende Kumpanei nicht die geringsteWertschätzung mehr.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 762

762 Es ist wahr − das an sich schon ziemlich beengte und unsichere Leben kannmanchmal recht schwierig werden. − Aber das wird dir zu einer mehrübernatürlichen Sicht verhelfen, die dich in allem die Hand Gottes erkennen läßt. Sowirst du deiner Umgebung mit mehr Güte und Verständnis begegnen.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 763

763 Das Ausmaß der Autorität und die Möglichkeit, Gnade vor Recht ergehen zu lassen,sind einander proportional: der einfache Richter wird den überführten undgeständigen Angeklagten − vielleicht unter Berücksichtigung mildernder Umstände− verurteilen müssen. Ein Staatsoberhaupt kann bei bestimmten Anlässen eineAmnestie erlassen oder einen Verurteilten begnadigen. Gott aber verzeiht derreuigen Seele immer.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 764

764 "Mit eurer Hilfe habe ich erkannt, daß Gott all meine Torheiten und Beleidigungenvergißt und mich mit der Liebe eines Vaters annimmt." So schrieb ein verlorenerSohn aus dem 20. Jahrhundert, als er reuevoll ins väterliche Haus heimkehrte.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 765

765 Es hat dich viel gekostet, all deine kleinen Sorgen und persönlichen Anliegen, die ansich eher banal und auch gar nicht so zahlreich waren, aber doch tief in deiner Seeleverwurzelt, nach und nach abzuwerfen und zu vergessen. − Dafür hast du die schöneSicherheit eingetauscht, daß deine Sorge um die Brüder, und nur um sie, nunmehrdie erste Stelle unter deinen Anliegen einzunehmen hat. Denn du hast gelernt, indeinem Nächsten Jesus Christus zu erkennen.

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Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 766

766 "Das Hundertfache!"... Wie mächtig kam dir vor wenigen Tagen diese Verheißungdes Herrn in den Sinn!

Dieses "Hundertfache" wird dir zuteil − das versichere ich dir − in derBrüderlichkeit, die das Leben mit deinen Gefährten im Apostolat trägt und prägt.

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 767

767 Wie viele Ängste und Gefahren kann die echte Liebe unter den Brüdern, unter denSchwestern vertreiben! Man spricht nicht über sie − das wäre wie Profanierung −,aber sie leuchtet aus jeder Kleinigkeit...

Die Spur des Sämanns, Freundschaft, 768

768 Suche jeden Tag voller Vertrauen Zuflucht bei der Gottesmutter! Das wird deineSeele − dein ganzes Leben − stärken. − Maria wird dich an den Schätzen, die sie inihrem Herzen birgt, teilhaben lassen, denn "man hat es noch niemals gehört, daßjemand, der zu ihr seine Zuflucht nahm, von ihr verlassen worden sei."

Die Spur des Sämanns, Wille, 769

769 Nicht das Gefühl der Frömmigkeit, sondern die entschiedene, großmütigeBereitschaft des Willens, auf das "Werben Gottes" einzugehen, ist für das Wachstumim inneren Leben und im Apostolat notwendig.

Die Spur des Sämanns, Wille, 770

770 Ohne den Herrn könntest du nicht einen einzigen sicheren Schritt nach vorn tun. −Diese Gewißheit, daß du seine Hilfe nötig hast, wird dich zu einer noch innigerenVereinigung mit Ihm führen: in mutiger und beharrlicher Zuversicht, in Freude undFrieden − und auch dann, wenn der Weg steinig und steil wird.

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Die Spur des Sämanns, Wille, 771

771 Betrachte den großen Unterschied in der Handlungsweise eines Menschen jenachdem, ob er sich von ausschließlich innerweltlichen oder auch vonübernatürlichen Motiven leiten läßt. Im ersten Fall ist der Anfang vielversprechend,aber dann läßt der Schwung allmählich nach. Im zweiten Fall ist der Anfang auchvielversprechend..., und dann nimmt das Bemühen, Besseres zu leisten, ständig zu.

Die Spur des Sämanns, Wille, 772

772 Selbstverständlich ist es nicht "schlecht", aus sauberen menschlichen Motivenheraus anständig zu leben. Aber wie anders ist es doch, wenn das bestimmendeMotiv die Gottesliebe ist!

Die Spur des Sämanns, Wille, 773

773 Der Freund, der sie so hart und doch mit Freude arbeiten sah, meinte: Sagt bloß − ihrtut das alles aus Begeisterung? − Die vergnügte und trockene Antwort lautete: AusBegeisterung? Das gäbe einen großen Reinfall! Nein, wir tun es... "per DominumNostrum Iesum Christum!" − durch und für unseren Herrn Jesus Christus, derimmerfort auf uns wartet.

Die Spur des Sämanns, Wille, 774

774 Die Welt hat es dringend nötig, daß wir die Eingeschlafenen aufwecken, denÄngstlichen Mut machen, den Verunsicherten Orientierung geben. Mit einem Wort:daß wir alle in den Dienst Christi rufen, damit sie nicht weiter ihre Kräfte vergeuden.

Die Spur des Sämanns, Wille, 775

775 Ein Freund, der die Nähe Gottes suchte und der erfüllt war von einer zartfühlendenLiebe zu Christus, pflegte vor einer schweren Aufgabe sich selbst zu ermuntern,indem er mit schlichtem Glauben sagte: "Es ist Zeit, daß du dich ernsthaftentscheidest, etwas zu tun, was der Mühe lohnt."

Vielleicht hilft auch dir dieser kleine Monolog!

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Die Spur des Sämanns, Wille, 776

776 Was für eine Art von christlicher Vollkommenheit meinst du erreichen zu können,wenn du immer nach deiner Laune handelst und nur das tust, "was dir liegt"?

Du wirst deine Fehler nicht bekämpfen, und so werden aus ihnen, logischerweise,dauernd böse Werke hervorgehen. Und gerätst du einmal in eine schwierigeSituation, wird dein Wille machtlos sein, weil du ihn nie an einen beharrlichenKampf gewöhnt hast.

Die Spur des Sämanns, Wille, 777

777 Die "Fassade" wirkt ja recht willensstark und charakterfest. − Aber wievielLaschheit und Willensschwäche verbergen sich dahinter!

Nimm dir fest vor, deine Tugenden nicht zu einer Maskerade werden zu lassen,sondern zu dem selbstverständlichen Habitus, der von innen her deinen Charakterprägt.

Die Spur des Sämanns, Wille, 778

778 Bekümmert und auch ein bißchen abgestoßen, sagst du mir: "Ich kenne Leute, diehaben nicht einmal die Kraft, um Hilfe zu rufen..." − Geh nicht an ihnen vorbei!Dein Wille, dich zu retten und sie zu retten, kann zum Ausgangspunkt ihrerBekehrung werden. Vergiß außerdem nicht, daß auch dir sich einmal eine helfendeHand entgegenstreckte...

Die Spur des Sämanns, Wille, 779

779 Wer verweichlicht ist und daher über tausend lächerliche Lappalien jammert, bringtes natürlich nicht über sich, kleine, ganz alltägliche Opfer zu bringen... weder fürJesus noch für die Mitmenschen.

Wie beschämend wäre es, wenn auch du dich in deinem Alltag so verhieltest − du,der du gegenüber anderen doch so hart und fordernd bist!

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Die Spur des Sämanns, Wille, 780

780 Du leidest sehr darunter zu sehen, daß du der Lage nicht gewachsen bist. Dumöchtest mehr und besser arbeiten, aber mal handelst du überstürzt, mal ziehst dudich verstört zurück.

"Contra spem, in spem!" − Lebe aus der sicheren Hoffnung, die Gott dir als Tugendins Herz gelegt hat, und sei es auch entgegen aller irdischen Hoffnung... Auf diesemFelsen wirst du fest stehen und daraus die Kraft schöpfen, zum Heil zu gelangen...Die Hoffnung ist eine herrliche göttliche Tugend: sie verleiht dir den Mut, furchtlosvoranzuschreiten, ohne Vermessenheit, aber auch ohne stehenzubleiben.

Was siehst du mich so an? Ja, es ist wirklich so: Die Hoffnung pflegen bedeutet denWillen stärken.

Die Spur des Sämanns, Wille, 781

781 Wenn mitten in deiner gewohnten Arbeit der Wille nachläßt, dann halte dir wiedereinmal folgendes vor Augen: "Studium, Arbeit: das ist wesentlicher Bestandteilmeines Weges. Ein mangelndes Berufsprestige als Folge meiner Trägheit würdemeine Aufgabe als Christ unmöglich, unwirksam machen. Es ist der Wille Gottes,daß ich mich um berufliches Ansehen bemühe, damit ich besser die Menschenerreichen und ihnen so helfen kann."

Zweifle nicht daran: Wenn du deine Arbeit aufgibst, entziehst du dich und auchandere den göttlichen Plänen!

Die Spur des Sämanns, Wille, 782

782 Du hast Angst vor diesem Weg, den viele, die sich neu als Kinder Gottes erfahrenhaben, gehen? Warum? Weil du im Namen Jesu Christi eindringlich gemahntwurdest, deine Pflichten ernstzunehmen, dein Ich zu stutzen und aus deinemElfenbeinturm herauszukommen. Also suchtest du nach Entschuldigungen... Esüberrascht mich nicht, daß du all das als drückende Last empfindest: Noch sind indir so manche Komplexe und dunkle Winkel... Noch bist du zu kompliziert undverklemmt und deshalb wie gelähmt!

Nimm es mir nicht übel, aber ich muß dir sagen: Du hast wenigerCharakterfestigkeit gezeigt als manche verkommene Subjekte, die hemmungslos dasBöse tun. Du hast dich benommen, als wärest du weniger oder schlechter als sie...

"Surge et ambula!" − Steh auf und geh! Entscheide dich! Noch ist es Zeit, dich vonunseligem Ballast zu befreien! Öffne dich der Gnade und höre, um was dich der Herr

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bittet! − Vor allem aber: Sei rückhaltlos und gerne bereit, Ihm nachzufolgen!

Die Spur des Sämanns, Wille, 783

783 Es ist gut, daß eine solche Ungeduld dich verzehrt. − Habe aber keine Eile. Gottwill, daß du dich ernsthaft auf deine Aufgabe vorbereitest − monate− oder jahrelang,solange es eben nötig ist −, und Er rechnet mit deiner Bereitschaft dazu. DieBemerkung eines Kaisers früherer Zeiten war nicht so abwegig: "Die Zeit und ich,wir nehmen es mit jedem Gegner auf!"

Die Spur des Sämanns, Wille, 784

784 Über die Eifersucht und den Neid einiger Leute meinte ein rechtschaffener Mann:"Es muß schon sehr viel böser Wille im Spiel sein, um ein so klares Wassereintrüben zu wollen."

Die Spur des Sämanns, Wille, 785

785 Du fragst, ob du schweigen und untätig bleiben sollst... Wenn es darum geht, daß eingerechtes Gesetz ungerecht angegriffen wird: Nein!

Die Spur des Sämanns, Wille, 786

786 Jeden Tag liebst du mehr diese Arbeit... Man merkt, daß du an Selbstsicherheit undan Gelassenheit im Auftreten gewinnst. Du weißt eben, daß du für Christus arbeitest.

Schon die Heilige Schrift hat es verkündet: "Vir fidelis, multum laudabitur" − eingetreuer Mann wird viel gelobt werden.

Die Spur des Sämanns, Wille, 787

787 Noch nie hast du dich so vollkommen frei gefühlt wie jetzt, da deine Freiheit einGewebe aus Liebe und Loslösung, aus Sicherheit und Ungewißheit ist − denn duvertraust in nichts auf dich selbst und in allem auf Gott!

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Die Spur des Sämanns, Wille, 788

788 Hast du gesehen, wie man das Wasser in der Voraussicht auf kommende Dürrezeitstaut?... Auch du mußt so vorsorgen, um die charakterliche Ausgewogenheit zuerlangen, die du für schwierige Zeiten brauchst: die Freude, die klaren Gedanken,das Licht, die der Herr dir schenkt − speichere sie in dir!

Die Spur des Sämanns, Wille, 789

789 Das hell lodernde Feuer der anfänglichen Begeisterung ist erloschen. Jetzt wird dasVorankommen im Dunkeln mühsam. − Aber gerade dieses mühsameSich−vorwärts−Kämpfen ist besonders wertvoll. Irgendwann, ganz unverhofft, wirddie Dunkelheit schwinden, und du wirst von neuem eine glühende Begeisterungempfinden! Halte durch!

Die Spur des Sämanns, Wille, 790

790 Gott will, daß wir, seine Kinder, mitten in der Welt "offensiv" sind! Wir sollen unsnicht als Zuschauer fühlen. Unser Auftrag ist der Kampf. Wo immer wir unsbefinden, stehen wir "wie ein Heer in Schlachtordnung"!

Die Spur des Sämanns, Wille, 791

791 Es geht nicht darum, daß du deine Pflichten in Hektik verrichtest, sondern darum,daß du sie kontinuierlich erfüllst, nach dem Schrittmaß Gottes.

Die Spur des Sämanns, Wille, 792

792 Du besitzt wohl die charmante Art eines geistreichen Plauderers... Andererseits aberbist du ziemlich passiv und redest dich heraus: "Wenn man nicht auf mich zugeht..."

Wenn du dich nicht änderst − ich betone das nachdrücklich − und nicht von dir ausauf die anderen, die auf dich warten, zugehst, kannst du niemals apostolischeWirksamkeit erreichen.

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Die Spur des Sämanns, Wille, 793

793 Ich nenne dir die wichtigsten Regeln im Bemühen, Seelen näher zu Gotthinzuführen: Vergiß dich selbst und habe ausschließlich die Ehre Gottes, der deinVater ist, vor Augen! Unterwirf deinen Willen in kindlicher Ergebung demgöttlichen Willen, so wie Christus es dich gelehrt hat! Halte dich offen für dieErleuchtung durch den Heiligen Geist, und nimm sie fügsam an!

Die Spur des Sämanns, Wille, 794

794 Drei Tage und drei Nächte lang sucht Maria den Sohn, der plötzlich verschwundenist... Könnten doch auch wir, du und ich, von uns sagen, daß unser Wille, Jesus zufinden, kein Erlahmen kennt...

Die Spur des Sämanns, Herz, 795

795 Um das Glück zu finden, bedarf es nicht eines bequemen Lebens, sondern einesverliebten Herzens!

Die Spur des Sämanns, Herz, 796

796 Heute, zwanzig Jahrhunderte nach Christus, müssen wir mit unerschütterlicherSicherheit verkünden, daß sein Geist nicht die erlösende Kraft eingebüßt hat und daßnur sie allein die Sehnsucht des menschlichen Herzens zu stillen vermag.

Fange damit an, diese Wahrheit in dein Herz aufzunehmen. Denn − wie Augustinusschrieb − unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Gott.

Die Spur des Sämanns, Herz, 797

797 Lieben heißt von einem einzigen Gedanken erfüllt sein: nämlich nur für dengeliebten Menschen zu leben, sich nicht mehr selbst zu gehören, in seliger FreiheitHerz und Seele einem anderen Willen zu unterwerfen − der zugleich der eigeneWille ist.

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Die Spur des Sämanns, Herz, 798

798 Du liebst den Herrn immer noch nicht so, wie ein Geizhals seine Schätze, wie eineMutter ihren eigenen Sohn liebt... Du hängst noch zu sehr an deinem Ich und andeinen kleinen, nichtigen "Wichtigkeiten"... Und doch spürst du bereits, daß Jesusunentbehrlich geworden ist in deinem Leben...

Sobald du seinem Ruf ganz entsprichst, wird Er dir in jeder deiner Handlungen, auchder kleinsten, unentbehrlich sein.

Die Spur des Sämanns, Herz, 799

799 Geniere dich nicht, Ihm die "Verrücktheit" deiner Liebe zu zeigen! Rufe es Ihm zu,so laut du kannst: "Herr, ich liebe Dich... Aber verlaß Dich nicht auf mich! Bindemich jeden Tag enger an Dich!"

Die Spur des Sämanns, Herz, 800

800 Kein Zweifel − das Herz ist für die Liebe geschaffen. Lassen wir Christus, denHerrn, all unser Lieben bis ins tiefste erfüllen! Sonst rächt sich das leere Herz undfüllt sich mit den elendesten Schwächen an.

Die Spur des Sämanns, Herz, 801

801 Kein Menschenherz kann "menschlicher" sein als eines, das übervoll ist vomVerlangen nach dem Göttlichen... Denke nur an Maria, die Gnadenvolle, die TochterGottes, des Vaters, die Mutter Gottes, des Sohnes, die Braut Gottes, des HeiligenGeistes: In ihrem Herzen findet die ganze Menschheit Raum − unterschiedslos unduneingeschränkt. − Jedes Menschengeschöpf ist ihr Sohn, ist ihr Tochter...

Die Spur des Sämanns, Herz, 802

802 Engherzige Menschen scheinen alles, was sie bewegt, in einer schäbigen, irgendwoabgestellten Kiste aufzubewahren.

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Die Spur des Sämanns, Herz, 803

803 Natürlich sollst du viel Verständnis und Anteilnahme für die Menschen in deinertäglichen Umgebung zeigen. Dazu gehört allerdings auch die nötige Willenskraft −denn sonst werden Verständnis und Anteilnahme leicht zu Komplizenschaft undEgoismus.

Die Spur des Sämanns, Herz, 804

804 Unser gemeinsamer Freund sagte mit ungeheuchelter Demut: "Wie man es schafftzu verzeihen, brauchte ich nicht extra zu lernen, denn der Herr hat mich gelehrt zulieben."

Die Spur des Sämanns, Herz, 805

805 Vergeben! Aus ganzem Herzen vergeben und ohne das Geringste nachzutragen! Dasist eine großartige Haltung, die immer Frucht bringt.

Es war die Haltung Jesu Christi am Kreuz: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissennicht, was sie tun." Dort entsprang die Quelle des Heiles für dich und für mich.

Die Spur des Sämanns, Herz, 806

806 Du wurdest traurig, als jemand, dem Geiste Christi ganz entgegen, bemerkte:"Vergib deinen Feinden! Du kannst dir nicht vorstellen, wie sie das in Rage bringt!"

Du konntest nicht umhin, ihm, wenngleich verbindlich, zu widersprechen: "Ichmöchte die Liebe nicht um den Preis der Demütigung des Nächsten erkaufen. Ichverzeihe, weil ich liebe und weil es mich drängt, dem Vorbild Jesu zu folgen."

Die Spur des Sämanns, Herz, 807

807 Vermeide mit Takt und Herzensbildung alles, was andere Menschen verletzenkönnte.

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Die Spur des Sämanns, Herz, 808

808 Warum wählst du eigentlich unter den vielen Arten, "Nein" zu sagen, immer dieunfreundlichste aus?

Tugend will nicht verletzen.

Die Spur des Sämanns, Herz, 809

809 Begreif doch! Wir sollen Gott lieben, aber nicht bloß mit unserem eigenen Herzen,sondern mit dem "Seinen" und mit den Herzen der Menschen aller Zeiten. −Andernfalls wird unsere Antwort auf die göttliche Liebe immer karg und spärlichbleiben.

Die Spur des Sämanns, Herz, 810

810 Mich schmerzt es, wenn Menschen, die sich Gott ganz hingegeben und um Christiwillen auch auf die Ehe verzichtet haben, sich als Junggesellen verstehen oderzumindest diesen Eindruck erwecken − wo sie doch die LIEBE selbst gewählthaben...

Zu "Junggesellen" würden sie dann, wenn sie nicht imstande wären, denwiederzulieben, der uns grenzenlos liebt.

Die Spur des Sämanns, Herz, 811

811 Jemand hat einmal das Herz mit einer Windmühle verglichen, die getrieben wirdvom Wind der Liebe oder der Leidenschaften.

In der Tat: eine solche "Mühle" kann Weizen mahlen, Gerste − und Mist. − Eskommt ganz auf uns selbst an.

Die Spur des Sämanns, Herz, 812

812 Der Teufel − Vater der Lüge und Opfer seines Stolzes − strengt sich an, den Herrn inallem nachzuäffen, sogar in der Art und Weise, Jünger zu gewinnen. Hast du dasnoch nicht bemerkt? Wie der Herr sich bestimmter Menschen bedient, um Seelen zuretten und zur Heiligkeit hinzuführen, so bedient sich der Widersacher ebenfalls

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bestimmter Menschen, um dies zu verhindern und die Seelen ins Verderben zustürzen. Mehr noch − und erschrick jetzt nicht: Genauso wie Jesus Menschen, dieuns nahestehen, etwa Verwandte, Freunde, Kollegen, zu seinen Werkzeugenerwählt, so versucht auch der Teufel oft, uns durch Menschen, die wir besonderslieben, zum Bösen zu verführen.

Sollten also einmal aus den Banden des Blutes Fesseln werden, die dich hindern, denWegen Gottes zu folgen, dann zerreiß diese Fesseln mit Entschiedenheit. Dadurchbefreist du vielleicht auch die, die sich in den Netzen Luzifers verfangen haben.

Die Spur des Sämanns, Herz, 813

813 Danke, Jesus! − Danke dafür, daß Du vollkommener Mensch hast werden wollen!Dein liebendes, Dein liebenswürdiges Herz hat uns bis zur Passion, bis hin zumTode geliebt. Es ist fähig, zu jubeln und zu trauern, es nimmt an den Lebenswegenvon uns Menschen Anteil und weist uns den Weg zum Himmel; es unterwirft sichheroisch der Pflicht und läßt sich von Barmherzigkeit leiten; es wacht über dieArmen und über die Reichen; es sorgt für die Sünder und für die Gerechten...

Ich danke Dir, mein Jesus! Forme unser Herz nach Deinem Herzen!

Die Spur des Sämanns, Herz, 814

814 Bitte Jesus, er möge dir seine Liebe schenken: sie soll das läuternde Feuer sein, dasdein armes Fleisch − dein armes Herz − verzehrt und von irdischen Erbärmlichkeitenreinigt... Wenn du dann von deinem Ich befreit bist, wird Er allein dein Herzerfüllen. Bitte Ihn um die Kraft zur radikalen Abkehr von der Tendenz, in denDingen der Welt aufzugehen. Die Liebe − und nur sie − soll dein Leben tragen!

Die Spur des Sämanns, Herz, 815

815 Du hast deine Berufung, Gott zu lieben, sehr klar gesehen, aber nur mit demVerstand. Du versicherst mir, du gingest deinen Weg auch mit dem Herzen... Abergelegentlich läßt du dich ablenken und versuchst sogar zurückzublicken... EinZeichen, daß du dein Herz nicht bis zum letzten hingegeben hast.

Läutere deine Hingabe!

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Die Spur des Sämanns, Herz, 816

816 "Ich bin gekommen", sagt der Herr, "um den Sohn mit seinem Vater zu entzweienund die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrerSchwiegermutter..." Indem du das tust, was der Herr von dir verlangt, beweist duwahrhaft die Liebe zu deinen Eltern. Sie soll vollkommen sein, aber du darfst dichnicht hinter ihr verstecken, wenn die Stunde dein persönliches Opfer fordert. Dennanderenfalls − glaub mir − stellst du der Liebe zu Gott die Liebe zu deinen Elternund der Liebe zu deinen Eltern deine Eigenliebe voran.

Verstehst du jetzt besser, wie die Aussagen des Evangeliums zusammengehören?

Die Spur des Sämanns, Herz, 817

817 Dein armes Herz! Du kannst nicht verhindern, daß dich gelegentlich peinliche,traurige, triviale Erinnerungen überkommen; im grellen, irdischen Licht werfen siedunkle Schatten auf dein Herz.

Suche dann einen Tabernakel auf, wirklich oder im Geiste − und du wirst das Licht,die Freude, das Leben von neuem finden.

Die Spur des Sämanns, Herz, 818

818 Wie oft wir den Herrn im Tabernakel aufsuchen, das hängt von zwei Impulsen ab:vom Glauben und von der Herzenswärme, von dem Verlangen, die Wahrheit zusehen und sie zu lieben.

Die Spur des Sämanns, Herz, 819

819 Selbstverleugnung und Abtötung − auch sie lassen die Liebe erstarken.

Die Spur des Sämanns, Herz, 820

820 Hättest du ein großes Herz und etwas mehr Aufrichtigkeit, dann würdest du dichnicht bei Bagatellen aufhalten, mit denen du entweder die anderen belästigst oder die

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du zu "persönlichen Kränkungen" aufbauschst.

Die Spur des Sämanns, Herz, 821

821 Wenn du ärgerlich wirst − manchmal kann es nötig sein, andere Male geschieht esaus Schwäche −, dann bitte nur für ganz kurze Zeit − und immer mit spürbarerZuwendung, in Liebe!

Die Spur des Sämanns, Herz, 822

822 Zurechtweisen − oft ist es nötig. Tu es jedoch immer so, daß der Betroffene denkonkreten Weg zur Besserung erkennen kann − nie aber aus schlechter Laune!

Die Spur des Sämanns, Herz, 823

823 Wenn eine Zurechtweisung sein muß, dann soll sie ebenso deutlich wie freundlich,manchmal sogar mit einem Lächeln, erfolgen. Niemals − oder allenfalls sehr selten −im Zorn.

Die Spur des Sämanns, Herz, 824

824 Du fühlst dich als "Treuhänder" des absolut Guten und Wahren? Du hältst dich fürzuständig und berechtigt, kraft dieser deiner Selbsteinschätzung das Böseunerbittlich auszurotten?

Auf diesem Wege wirst du nichts ausrichten! Nur aus Liebe und mit Liebe kannst dudem Irrtum, der Sünde entgegenwirken − nur im Gedanken daran, daß Er, der dieLIEBE ist, dir so vieles vergeben hat und immer weiter vergibt...

Die Spur des Sämanns, Herz, 825

825 Liebe die Menschen, die Christus lieben, um dieser ihrer Liebe willen..., aber liebeebenso die Unglücklichen, die Ihn nicht zu lieben vermögen. Denn auch Er liebt dieeinen wie die anderen...

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Page 186: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Herz, 826

826 Die Menschen in jenem Land, die so weit von Gott entfernt und so ziellos leben,haben dich an das Wort des Herrn erinnert: "Sie sind wie Schafe, die keinen Hirtenhaben..."

Auch du hast − wie Er − Mitleid mit ihnen... Entscheide dich, dort, wo du bist, deinLeben zu einem Brandopfer für alle werden zu lassen.

Die Spur des Sämanns, Herz, 827

827 Die Armen − sagte unser Freund − sind wie ein geistliches Buch, das mich innerlichweiterbringt, und das Hauptthema meines Gebetes. Sie bereiten mir Schmerz, undweil ich in ihnen Christus begegne, ist es sein Schmerz, der mir wehtut... Und diesesWehtun läßt mich innewerden, daß ich Ihn liebe und daß ich sie liebe.

Die Spur des Sämanns, Herz, 828

828 Wenn Gottesliebe eine Freundschaft durchpulst, wird diese reiner, großzügiger undvergeistigter, weil die Schlacken egoistischer Motive und ungeordneter Sinnlichkeitverbrannt werden. Vergiß nicht: Die Liebe zu Gott ist es, die unsere Gefühle − ohnederen Intensität zu mindern − läutert und in das rechte Verhältnis zum Ganzen setzt.

Die Spur des Sämanns, Herz, 829

829 Jetzt brennt dein Herz. Du warst nur ein trostloser Aussätziger, als Christus direntgegenkam. Du hattest eine einzige gute Eigenschaft: großzügige Anteilnahme fürdeine Mitmenschen. Nach der Begegnung mit dem Herrn empfingst du die Gnade, injedem von ihnen Jesus zu erkennen. An Ihn verlorst du dein Herz − und nun liebstdu Ihn in deinem Nächsten. Die Menschenfreundlichkeit, die du bis dahin deinerUmwelt entgegenbrachtest, erscheint dir jetzt als viel zuwenig... Und damit hast durecht!

Die Spur des Sämanns, Herz, 830

830 Laß es dir selbstverständlich werden, dein armes Herz dem liebevollen undunbefleckten Herzen Mariens anzuvertrauen, damit es von Schlacken gereinigt wird.Unsere Liebe Frau wird dich zum Heiligsten Herzen Jesu hinführen, das voller

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Erbarmen ist.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 831

831 Die Keuschheit − die Keuschheit eines jeden Menschen in seinem Stand, ob ledig,verheiratet, verwitwet oder als Priester − ist immer ein Triumph der Liebe.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 832

832 Das "Wunder" der Reinheit hat zwei Wurzeln: das Gebet und die Abtötung.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 833

833 Je verschleierter sich eine Versuchung der Unkeuschheit einstellt, desto gefährlicherist sie: sie sickert gleichsam in die Seele ein und bringt uns dann leicht zu Fall.

Laß dich nicht darauf ein! Auch nicht mit der Ausrede, du wolltest nicht als"Sonderling" erscheinen...

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 834

834 Die heilige Reinheit: Demut des Fleisches! Herr, so batest du Ihn, schütze mein Herzdurch sieben Riegel! Ich riet dir, außerdem um die "Würde eines Achtzigjährigen"zu bitten, weil du noch jung bist.

Und noch etwas: Sei wachsam... Ein Funken läßt sich leichter auslöschen als einloderndes Feuer. Fliehe..., denn auf diesem Felde "tapfer" sein zu wollen, ist nichtsals Feigheit. Laß deine Blicke nicht umherschweifen... Das beweist nämlich nichtetwa deine "Aufgewecktheit", sondern nur, daß du dem Teufel auf den Leim gehst!

Dennoch, all diese menschlich kluge Vorsorge zusammen mit Abtötung, Bußband,Bußgeißel, Fasten − wie wenig vermag das alles ohne Dich, mein Gott!

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Die Spur des Sämanns, Reinheit, 835

835 Ein Christ mit sensiblem Gewissen klagte sich in der Beichte gewisserKonzessionen an die Neugier an. Der Beichtvater "disqualifizierte" solcheBegierlichkeit mit der Bemerkung: "Ach ja..., der Trieb von Männlich undWeiblich!"

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 836

836 Sobald man sich in einen Dialog mit der Versuchung einläßt, raubt diese der Seeleden Frieden, genauso wie die Unreinheit, in die man einwilligt, das Leben der Gnadezerstört.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 837

837 Mit Leib und Seele hat er sich der Unreinheit hingegeben. Sein Glaube ist dabeiallmählich ausgelaugt worden..., aber im Grunde weiß er genau, daß sein Problemkein Glaubensproblem ist...

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 838

838 "Sie sagten mir, daß ich trotz meiner Vergangenheit zu einem >heiligenAugustinus< werden kann. Ich zweifle nicht daran, und ich will es versuchen −heute noch entschiedener als gestern."

Ja, aber du mußt so mutig und so radikal den Schlußstrich unter dein früheres Lebenziehen, wie es der heilige Bischof von Hippo getan hat.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 839

839 Ja, bitte in Reue um Vergebung, und tu wirklich Buße für alle Episoden derUnreinheit in deinem vergangenen Leben. Aber achte darauf, sie dir nicht erneut insGedächtnis zu rufen.

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Die Spur des Sämanns, Reinheit, 840

840 Es gibt eine Art von Rederei − so schmutzig wie eine Kloake!

Dich nicht daran zu beteiligen, genügt nicht. Zeige deutlich deinen Abscheu!

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 841

841 Indes der Geist in beängstigendem Tempo schrumpft und immer weniger wird, biser schließlich ganz minimal zu sein scheint, gewinnt der Körper ständig anBedeutung, tritt unverhältnismäßig stark in den Vordergrund und beherrscht amEnde alles. − Für dich schrieb der heilige Paulus: "Ich züchtige und unterwerfemeinen Leib, damit ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt habe, selbst verworfenwerde."

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 842

842 Wie leid tun einem die Menschen, die aus persönlicher trüber Erfahrung herausmeinen, man könne unmöglich inmitten der Welt leben und arbeiten und dabeikeusch bleiben.

Wer so gegen alle Logik denkt, darf sich nicht beleidigt fühlen, wenn er plötzlichden guten Ruf seiner Eltern, seiner Geschwister oder des Ehegatten in Frage gestelltsieht...

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 843

843 Ein erfahrener Beichtvater machte den Abwegen eines armen Sünders etwas derb,aber mit aller Klarheit dadurch ein Ende, daß er ihm sagte: "Jetzt bist du auf dembesten Wege, dich wie ein Ochse zu benehmen, später wird dir die Gesellschaft vonSchweinen gut genug sein − und schließlich..., was kommt dann? In jedem Fallvegetierst du dahin wie ein Stück Vieh, unfähig, zum Himmel aufzublicken."

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 844

844 Wenn du so weitermachst, wirst du immer bleiben, was du im Moment bist: ein reinanimalisches Geschöpf...

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Page 190: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Aber du mußt mir zugeben, daß andere standhaft sind und keusch leben. Imübrigen... sei nicht beleidigt, wenn sie nicht auf dich zählen und dich nicht beachten.Sie arbeiten mit Menschen zusammen, die Leib und Seele haben, nicht bloßanimalische Triebe...

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 845

845 Manche setzen Kinder in die Welt und haben dabei nur ihr eigenes Interesse, ihreneigenen Nutzen, ihren Egoismus vor Augen... Sie vergessen, daß Kinder einwunderbares Geschenk Gottes sind und daß sie für diese Gabe Gott ganz besonderswerden Rechenschaft ablegen müssen.

Nimm es mir nicht übel: Kinder in die Welt setzen, allein um der Fortpflanzungwillen − das tun auch die Tiere.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 846

846 In einer christlichen Ehe darf nicht der Wunsch bestehen, die Quellen des Lebens zuverschließen! Denn die gegenseitige Liebe gründet in der Liebe Christi, die Hingabeund Opfer ist. Außerdem wissen die Eheleute − um die Worte des Tobias an Saraaufzugreifen −: "Wir sind Kinder von Heiligen und dürfen uns nicht nach Art derHeiden zusammentun, die Gott nicht kennen."

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 847

847 Als wir kleine Kinder waren, klammerten wir uns auf dunklen Wegen und wennHunde bellten, noch enger an unsere Mutter.

Wenn uns jetzt Versuchungen des Fleisches bedrängen, wollen wir die Nähe unsererhimmlischen Mutter und ihre spürbare Gegenwart durch Stoßgebete nochinständiger suchen.

Sie wird uns beschützen und zum Licht hinführen.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 848

848 Wer ein Leben außerhalb der gottgewollten Ordnung führt, ist darum nicht mehrMann oder mehr Frau.

Wer das meint, sieht anscheinend sein Ideal in der Verherrlichung von Dirnen, vonAnhängern der Gleichgeschlechtlichkeit oder von anderweitig Abartigen... kurz, von

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Menschen, deren Herz verdorben ist und die so nicht in das Himmelreich gelangenkönnen.

Die Spur des Sämanns, Reinheit, 849

849 Erlaube mir einen Rat, den du jeden Tag befolgen kannst. Wenn dein Herz all dasNiedrige, das auf seinem Grunde ruht, aufwühlen möchte − dann bete langsam zurUnbefleckten Jungfrau: Blicke auf mich mit Barmherzigkeit und verlaß mich nicht,du meine Mutter! − Und gib diesen Rat auch an die anderen weiter!

Die Spur des Sämanns, Frieden, 850

850 Entfache in deinem Herzen und in deiner Seele − in Verstand und Willen − denGeist des zuversichtlichen Vertrauens auf den liebevollen Willen des himmlischenVaters... aus dieser Quelle fließt der innere Frieden, nach dem du dich sehnst.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 851

851 Wie willst du den Frieden finden, wenn du dich von Leidenschaften hinreißen läßt,die du nicht einmal versuchst zu beherrschen, und dich auf diese Weise denImpulsen der Gnade widersetzt?

Der Himmel will dich an sich ziehen, du aber − nur du: bitte keine Ausrede! − ziehstdie Niederungen vor. Und so bleibst du innerlich zerrissen.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 852

852 Frieden und Krieg − in unserem Inneren sind sie.

Wo es an Treue fehlt und an der Entschlossenheit, im Kampf siegen zu wollen, wirdes unmöglich, zu dem Sieg zu gelangen, der den Frieden bringt.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 853

853 Ich nenne dir das Heilmittel gegen deine innere Unruhe: Geduld, Lauterkeit derAbsicht und übernatürliche Sicht.

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Die Spur des Sämanns, Frieden, 854

854 Angst und inneren Aufruhr − weise sie von dir, sofort! Gott ist ja bei dir! Gib schonden ersten Anzeichen für derartige Reaktionen keinen Raum in dir. Sie lassen bloßdie Versuchungen an Kraft gewinnen und erhöhen die Gefahr.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 855

855 Mag auch noch so vieles stürzen und scheitern, mag noch so großes Ungemachunsere Pläne zerstören − nichts wird dadurch besser, daß wir aus dem innerenGleichgewicht geraten. Erinnere dich vielmehr an das vertrauensvolle Gebet desPropheten: "Der Herr ist unser Richter, der Herr gibt uns Gesetze, der Herr ist unserKönig, Er wird uns retten."

Bete es täglich mit Andacht, damit dein Verhalten sich stets in Übereinstimmung mitder göttlichen Vorsehung findet, die uns zu unserem Besten lenkt.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 856

856 Wenn du immer nur auf Gott blickst, wirst du ganz von selbst gegenüber allenSorgen gelassen bleiben. Du lernst, die Bagatellen zu übergehen und dich vonAnimositäten und Mißgunst fernzuhalten. So wirst du dir großen Energieverschleißersparen und alle Kraft auf deinen wirksamen Dienst an den Mitmenschenverwenden.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 857

857 Ein Freund gab in aller Schlichtheit zu, er habe sich noch niemals gelangweilt, da ersich noch nie einsam und ohne die Nähe des Göttlichen Freundes gefühlt habe.

Der Abend dämmerte, tiefes Schweigen breitete sich aus... Wie lebendig spürtest dudie Gegenwart Gottes! Und in dieser Wirklichkeit − welch ein Friede!

Die Spur des Sämanns, Frieden, 858

858 Der herzliche Gruß deines Bruders mitten aus dem Reisetrubel heraus, ließ dich vonneuem daran denken, daß alle anständigen Wege dieser Erde Christus offenstehen.Es fehlt einzig und allein daran, daß wir sie im Laufschritt erobern!

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Page 193: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Ja, Gott hat die Welt erschaffen für seine Kinder, und Er will, daß sie sie bewohnenund heiligen. Worauf wartest du noch?

Die Spur des Sämanns, Frieden, 859

859 Du bist unglaublich glücklich. Nur gelegentlich, wenn du bemerkst, daß ein KindGottes sich von Ihm abwendet, bricht aus der Tiefe deines Friedens und deinerFreude Schmerz auf − ein Stich, der jedoch weder verwirrt noch beunruhigt.

Gut so. Aber setze alle natürlichen und geistlichen Mittel zu helfen ein, damit derGefährdete sich wieder fängt! Vertraue voller Zuversicht auf Jesus Christus! Aufdiese Weise kehren die über die Ufer getretenen Fluten stets in ihr Bett zurück.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 860

860 Wenn du dich wirklich auf den Herrn verläßt, wirst du lernen, dichzufriedenzugeben mit allem, was auf dich zukommen mag. Du wirst dieGelassenheit nicht verlieren, selbst wenn ein Vorhaben trotz deines persönlichenEngagements und trotz des Einsatzes aller vernünftigen Mittel nicht deinerErwartung gemäß gelungen ist... Es wird eben nur insoweit seine Erfüllung gefundenhaben, als es den Plänen Gottes entspricht.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 861

861 Unzulänglichkeiten und Fehltritte begleiten dich ständig, und sie tun weh!Gleichzeitig aber gehst du deinen Weg weiter, und dein Herz möchte vor Freudezerspringen...

Weil deine Niederlagen Grund sind für den Schmerz aus Liebe, können sie dir nichtmehr den Frieden rauben.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 862

862 Wenn es einmal Nacht in deiner Seele wird und du fühlst, daß sie in ihrer Blindheitvor Unruhe zittert − dann schrei wie der blinde Bartimäus nach dem Licht. Rufeimmer weiter, immer lauter: "Domine, ut videam!" − Herr, laß mich sehen!

Es wird wieder Tag vor deinen Augen werden, und du wirst dich des strahlendenLichtes erfreuen, das Gott dir zurückschenkt.

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Page 194: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Frieden, 863

863 Bekämpfe die harten Kanten deines Charakters, die Äußerungen der Eigenliebe undBequemlichkeit, deinen Widerwillen gegen dies und das und jenes... Vergiß nicht,wir müssen am Werk der Erlösung mitwirken, und die Ernte, die du einbringenwirst, entspricht deiner Aussaat − hier und heute.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 864

864 Die Sendung des Christen: das Böse im Überfluß des Guten ersticken! Es genügtweder, nur die Übel anzuprangern, noch, sich hinter einem Wall von Negationen zuverschanzen. − Vielmehr lebt der Christ aus dem Ja zum Wahren und Rechten, weiljugendliche Zuversicht, Freude und Frieden ihn prägen. Er will allen mitVerständnis begegnen: denen, die Christus nachfolgen, denen, die Ihn verlassenhaben, und denen, die Ihn noch nicht kennen.

Freilich bedeutet Verstehen weder Kapitulation noch Indifferenz, sondernTätigwerden.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 865

865 Aus christlicher Liebe und aus natürlichem Taktgefühl mußt du zu vermeidensuchen, daß zwischen dir und einem andern eine Kluft entsteht. Laß ihm immer eineTür offen, damit er sich nicht noch weiter von der Wahrheit entfernt.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 866

866 Gewalt ist kein geeignetes Mittel, um jemanden zu überzeugen. Und schon gar nicht,wenn es um apostolisches Wirken geht.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 867

867 Der Rücksichtslose ist letztlich immer der Verlierer − auch wenn er die ersteSchlacht gewinnt. Am Ende wartet auf ihn die Vereinsamung hinter den Mauernseiner Verständnislosigkeit für die Mitmenschen.

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Page 195: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Frieden, 868

868 Es gehört zur Taktik des Tyrannen, die Zwietracht unter denen zu fördern, dievereint ihn stürzen könnten.

Auch der Teufel und seine Helfer gebrauchen diese alte List, wenn sie apostolischeInitiativen zunichte machen wollen.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 869

869 Wer Gegner auch dort sieht, wo es nur Brüder gibt, der verleugnet sein Christsein.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 870

870 Mit aggressiver Polemik, die darauf abzielt, den anderen zu demütigen, lassen sichnur selten Probleme lösen. Ist unter den Diskussionspartnern dazu noch einFanatiker, dann wird niemals eine Klärung erreicht.

Die Spur des Sämanns, Frieden, 871

871 Deinen Ärger und deine Enttäuschung kann ich mir unschwer erklären. Sie haben dirmit deiner eigenen Münze heimgezahlt; es hat ihnen Spaß gemacht, dich mit Wortenund Taten zu beleidigen.

Nimm die Lektion an..., und vergiß künftig nicht, daß auch die Menschen deinerUmgebung aus Fleisch und Blut sind und − ein Herz haben!

Die Spur des Sämanns, Frieden, 872

872 Damit dir der innere Frieden nicht verloren ginge, sagte ich dir damals, als eine harteund ungerechte Hetzjagd veranstaltet wurde: "Und wenn sie uns den Kopf abreißen− wir werden auch keine Tragödie daraus machen, sondern uns damit abfinden, ihnvon nun an unter dem Arm zu tragen."

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Page 196: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Frieden, 873

873 Es erscheint geradezu paradox: Ich habe mich dazu entschlossen, dem Rat desPsalmisten zu folgen: "Wirf deine Sorge auf den Herrn, er hält dich aufrecht" − undseitdem nehmen die Sorgen in Kopf und Herz ständig ab... Außerdem merke ich,daß schon die normale Arbeit genügt, um fast alle Probleme zu lösen, und zwar miteiner größeren Klarheit als je zuvor!

Die Spur des Sämanns, Frieden, 874

874 Unsere Liebe Frau ist die Königin des Friedens. Mit diesem Namen preist die Kirchesie. Ist deine Seele aufgewühlt, droht Kummer in Familie oder Beruf, kündigt sichUnheil an in der Gesellschaft oder unter den Völkern, dann bete zu ihr: "Reginapacis, ora pro nobis!" − Königin des Friedens, bitte für uns! Hast du das − zumindestin Zeiten innerer Unruhe − schon versucht?... Du wirst staunend ihre sofortige Hilfeerfahren.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 875

875 Der wahre Christ ist immer bereit, vor Gott zu erscheinen. Denn wenn er sichbemüht, als Jünger Christi zu leben, dann ist er in jedem Augenblick daraufvorbereitet, seine Pflicht zu erfüllen.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 876

876 Im Angesicht des Todes − heiter, gelassen... So möchte ich dich sehen. − Nicht mitder stoischen Kälte eines Heiden, sondern mit der Sicherheit des Gotteskindes, dasin seinem Herzen weiß: sein Leben wird verwandelt, nicht genommen...

Sterben? Nein: Leben!

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 877

877 Er war Doktor der Jurisprudenz und der Philosophie und stand im Begriff, einenLehrstuhl an der Universität von Madrid zu erhalten. Nach einem glanzvollenStudienabschluß winkte eine glanzvolle Laufbahn.

Er ließ mir mitteilen, daß er krank sei und mich sehen möchte. Als ich zu der

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Page 197: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Pension kam, wo er wohnte, begrüßte er mich mit den Worten: "Vater, ich sterbe".Liebevoll machte ich ihm Mut. Er legte eine Lebensbeichte ab. In derselben Nachtstarb er.

Ein Architekt und ein Arzt halfen mir, den Leichnam herzurichten. − Wir standenvor einem jugendlichen Leib, der schon zu verwesen begann. Und wir drei warenuns darin einig: der Glanz einer Laufbahn mit zwei abgeschlossenenHochschulstudien war ein Nichts, gemessen an der anderen, der entscheidendenLaufbahn, die er als guter Christ vollendet hatte.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 878

878 Alles läßt sich zurechtrücken, nur der Tod nicht..., er rückt schließlich alles zurecht.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 879

879 Der Tod wird kommen, unerbittlich. Deshalb ist es leerer Wahn, unsere Existenzausschließlich mit diesem irdischen Leben gleichzusetzen. Sieh doch, wie sehr vieleMenschen darunter leiden: die einen, weil das Leben zu Ende geht und sie es hintersich lassen müssen, die anderen, weil es nicht enden will und ihnen zur Last wird...Auf jeden Fall ist es abwegig, aus unserem Lebensweg das Lebensziel zu machen.

Man muß die Fesseln einer solchen, rein innerweltlichen Betrachtungsweisesprengen und sich der kurzen Dauer der eigenen Existenz bewußt werden. Dazubedarf es eines radikalen inneren Umschwungs: Sich vom eigenen Ich und von allenzeitlichen, egoistischen Motivationen ganz und gar loslösen und in Christus, derewig ist, neu geboren werden.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 880

880 Fürchte dich trotz deiner Sünden nicht, wenn du an den Tod denkst... Denn Er weißja, daß du Ihn liebst. Und ebenso weiß Er, aus welchem Stoff du gemacht bist...

Wenn du den Herrn suchst, wird Er dich so empfangen, wie der Vater denverlorenen Sohn empfing − aber suchen mußt du Ihn!

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Page 198: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 881

881 "Non habemus hic manentem civitatem" − wir haben hier auf Erden keine bleibendeStätte. − Damit wir das nicht vergessen, zeigt sich diese Wahrheit in derTodesstunde manchmal mit aller Härte: in Form von Unverständnis, Verfolgung,Verachtung... Und am Ende immer jene letzte Einsamkeit... Denn selbst wenn dieLiebe vieler Menschen den Scheidenden umgibt − jeder stirbt allein.

Lösen wir schon jetzt die Ankertaue! Treffen wir beharrlich unsere Vorbereitungenfür den großen endgültigen Aufbruch − hin zur ewigen Anschauung derAllerheiligsten Dreifaltigkeit.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 882

882 Die Zeit ist unser Kapital: mit seinem Ertrag "kaufen" wir die Ewigkeit...

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 883

883 Du hast Trost gefunden in der Erkenntnis, daß leben bedeutet, sich zu verschenken,sich im Dienste Gottes zu verzehren. Wenn wir uns vollständig für Ihn verausgaben,wird der Tod als der Befreier kommen, der uns in das Leben, unser ewiges Erbe,hinübergeleiten wird.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 884

884 Unser priesterlicher Freund verrichtete seinen Dienst immer vor dem AngesichtGottes. Seine väterliche Hand hielt er fest und begriff sich selbst als einen Gehilfendes Herrn, um die ihm geschenkten fundamentalen Einsichten weiterzugeben... Under sagte sich: Wenn ich einmal sterbe, wird alles genauso gut weitergehen wie jetzt −dafür sorgt der Herr.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 885

885 Mach aus dem Tod kein Trauerspiel! Das ist er nämlich nicht. Nur herzlose Kinderfreuen sich nicht auf die Begegnung mit ihren Eltern.

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Die Spur des Sämanns, Jenseits, 886

886 Auf dieser Erde ist ja alles nur wie eine Handvoll Staub. Versuche dir einmal dieMillionen Verstorbener vor Augen zu führen, die irgendwann einmal "wichtigePersönlichkeiten" waren und deren sich niemand mehr erinnert...

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 887

887 Darin besteht die große Revolution des Christentums: den Schmerz zu verwandelnin ein Leiden, das Frucht bringt, das Böse zu verwandeln in Gutes... Damit habenwir dem Teufel die stärkste Waffe entwunden − und mit ihr erobern wir dieEwigkeit.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 888

888 Schrecklich wird das Gericht für diejenigen sein, die den Weg zu Gott genaugekannt, andere darüber belehrt und sie aufgefordert haben, ihn zu gehen, ihn selberaber nicht gegangen sind.

Gott wird sie nach ihren eigenen Worten richten und verurteilen.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 889

889 Das Fegefeuer bezeugt die Barmherzigkeit Gottes. Es reinigt die Seelen, die sichnach Gott sehnen, von ihren verbliebenen Schlacken.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 890

890 Tod und Gericht sind die Folgen der Sünde. Aber allein die Hölle ist die Strafe fürdie unbereute Sünde. Wer in der Gnade Gottes lebt, hat nichts zu fürchten.

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Die Spur des Sämanns, Jenseits, 891

891 Wenn dich einmal der Gedanke an unseren Bruder Tod ängstigt − weil du dich ja indeiner wahren Erbärmlichkeit siehst! −, fasse Mut und denke an den Himmel, deruns erwartet: Wie wird es sein, wenn sich in das elende, brüchige Gefäß, das jedesmenschliche Geschöpf ist, die ganze Herrlichkeit und Pracht, die Seligkeit und Liebedes unendlichen Gottes ergießt, wenn uns das vollkommene Glück ewig erfüllt?

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 892

892 Wird ein rechtschaffener Mensch mit der bitteren Ungerechtigkeit des irdischenLebens konfrontiert, dann freut er sich, wenn er an die ewige Gerechtigkeit Gottesdenkt!

Obwohl er sein eigenes Elend kennt, ruft er wie Paulus − voller Sehnsucht, derWunsch möge Wirklichkeit werden −: "Non vivo ego", nicht ich lebe, hier und jetzt,sondern Christus lebt in mir. Und sein Leben ist ewiges Leben.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 893

893 Wie ruhig kann sterben, wer immerfort und bis zum letzten Atemzug Gotthingegeben gelebt hat... Glaub mir, ich habe oft die Freude von Menschen gesehen,die sich viele Jahre lang in "gelassener Ungeduld" für diese ersehnte Begegnungbereit gemacht haben.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 894

894 Bitte den Herrn darum, daß keiner von uns vor Ihm versagt. Das wird gar nicht soschwer sein, wenn wir uns nur nicht wie Dummköpfe aufführen. Denn Gott, unserVater, hilft uns immer und in allem − und nicht zuletzt dadurch, daß Er unsereVerbannung auf Erden zeitlich begrenzt.

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 895

895 Der Gedanke an den Tod wird dir helfen, deinen Nächsten mehr zu lieben, denndeine Begegnung mit diesem oder jenem Menschen kann die letzte sein − er odersie, du oder ich können jeden Augenblick abberufen werden.

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Die Spur des Sämanns, Jenseits, 896

896 Ein Freund, den es sehr nach Gott verlangte, meinte: Ein Glück, daß wir Menschennicht ewig leben!

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 897

897 Als ich davon hörte, wurde ich nachdenklich: Jedes Jahr sterben einundfünfzigMillionen Menschen, jede Minute siebenundneunzig. Der Meister hat einst von demFischer gesprochen, der das Netz auswirft, und vom Reich Gottes, das gleich einemNetz ist... Aus ihm werden die guten Fische herausgelesen und die schlechten, dienicht taugen, weggeworfen... weggeworfen für immer! Und diese Auslese geschiehtan einundfünfzig Millionen Menschen in jedem Jahr, an siebenundneunzig in jederMinute... Sag das auch den anderen weiter!

Die Spur des Sämanns, Jenseits, 898

898 Unsere Mutter ist mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden. Sag ihrimmer wieder, daß wir, ihre Kinder, nicht von ihr getrennt sein möchten... Sie wirddich erhören!

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 899

899 Apostolisch zu wirken ist ohne die "Sprachengabe", das heißt ohne die Fähigkeit,das Wort Gottes anderen Menschen zu vermitteln, absolut unmöglich. Deshalb bitteich Gott, unseren Herrn, täglich darum, Er möge sie jedem einzelnen seiner Kinderschenken.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 900

900 Lerne "nein" zu sagen, ohne dabei unnötig zu verletzen oder durch schroffeFormulierungen die Nächstenliebe zu trüben.

Denke daran, daß du ständig vor Gottes Angesicht stehst!

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Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 901

901 Es ärgert dich, daß ich in immer gleicher Weise immer die gleichen wesentlichenDinge ins Licht rücke? Daß ich dabei keine Rücksicht nehme auf die Modetrendsder öffentlichen Meinung? Versteh doch: auch die Definition einer Geraden istdurch die Jahrhunderte immer die gleiche geblieben, weil sie in ihrer Klarheit undKnappheit unübertrefflich ist. Jede andere Definition wäre weniger einleuchtend undzudem komplizierter.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 902

902 Mache es dir zur Gewohnheit, stets taktvoll über Dinge und Menschen zu sprechen,und ganz besonders dann, wenn diese Menschen im Dienste Gottes arbeiten.

Wo das nicht möglich ist − schweige! Denn auch schroffe und allzu ungehemmteBemerkungen grenzen bisweilen an üble Nachrede oder Diffamierung.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 903

903 Ein junger Mann, der gerade seine innerste Hingabe an Gott besiegelt hatte, sagte:"Und was ich jetzt brauche, ist: weniger Worte machen, Kranke besuchen und aufdem Fußboden schlafen."

Schreib es dir hinter die Ohren!

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 904

904 Über einen Priester Jesu Christi soll man nur sprechen, wenn man Gutes über ihn zusagen weiß.

Von ganzem Herzen wünsche ich, daß meine Brüder und ich dies beherzigen unduns im Alltag entsprechend verhalten.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 905

905 Die Lüge hat viele Gesichter: dunkle Andeutungen, Halbwahrheiten, Klatschereien...− Aber immer ist sie die Waffe der Feiglinge.

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Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 906

906 Es ist wirklich nicht gut, wie du dich von einer einzelnen Unterredung − mal von derersten, mal von der letzten − beeinflussen läßt!

Höre höflich und aufmerksam zu, nimm deinen Gesprächspartner ernst − aber dannbilde dir deine eigene Meinung in der Gegenwart Gottes.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 907

907 Zuerst wird über jemanden hergezogen; dann wird einer losgeschickt, der dirsogleich en passant berichtet, was "man sagt". − Eine Gemeinheit? − Zweifellos.Aber verliere trotzdem dein inneres Gleichgewicht nicht, denn die bösen Zungenwerden dir keinen Schaden zufügen können, wenn du lauter und rechtschaffenarbeitest. − Du mußt die Sache so sehen: als Dummheit, als Taktlosigkeit, alsMangel an Loyalität gegenüber den Mitmenschen... ganz besonders aber gegenüberGott!

Und laß dich nicht dazu hinreißen, in mißverstandener Abwehrhaltung auchdeinerseits über sie herzuziehen! Wenn etwas zu sagen ist, dann gemäß dem Rat desEvangeliums: als brüderliche Zurechtweisung.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 908

908 Laß dich durch diese Widerwärtigkeiten und Schwätzereien nicht aus dem Trittbringen. Gewiß, wir dienen einem gottgewollten Werk, aber wir sind ebenMenschen... Und es ist nur normal, daß wir beim Gehen Staub aufwirbeln.

Ist da etwas, das dich ärgert oder verletzt..., nimm es als willkommene Gelegenheit,um dich zu läutern und − falls nötig − zu korrigieren.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 909

909 Ein gelegentliches, unzufriedenes Herumnörgeln, sagt man, sei durchausmenschlich... Darauf antworte ich: Wir sollten aber ganz auf Gott hin ausgerichtetleben.

Das böse oder auch nur leichtfertige Wort eines einzigen Menschen kann "Meinungmachen" und sogar die üble Nachrede über jemanden zur Gewohnheit werdenlassen... Die Klatscherei, erst nur ein Wölkchen, steigt immer höher auf und wächstund verdichtet sich schließlich vielleicht zu einer schwarzen Wolkenwand.

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Und dennoch: Wenn der Angefeindete ein von Gott erfüllter Mensch ist, lösen sichdie Wolken am Ende immer in fruchtbaren Regen auf − geschehe, was wolle. DerHerr erhöht den Verleumdeten gerade durch das, wodurch man ihn demütigen unddiffamieren wollte.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 910

910 Du mochtest es zuerst gar nicht glauben − aber schließlich mußtest du, so weh es dirtat, erkennen: Was du einfach und klar als aufrechter katholischer Christ gesagthattest, wurde von den Feinden des Glaubens boshaft verdreht...

Du siehst, wir sollen zwar "arglos wie die Tauben", aber gleichzeitig auch "klug wiedie Schlangen" sein. Rede also nicht zur Unzeit oder am falschen Ort.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 911

911 Weil du dir das anständige Verhalten jenes Menschen nicht zum Vorbild nehmenkannst oder magst, treibt dich der versteckte Neid dazu, ihn lächerlich zu machen.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 912

912 Die Verleumdung ist eine Tochter des Neides, und der Neid ist eine Kompensationder Unfruchtbarkeit.

Wenn es dir einmal so scheint, als trügen deine Bemühungen keine Frucht, dannprüfe zuerst, um was es dir im Grunde geht. Wenn du gut arbeitest und dich nichtdaran störst, daß auch andere das tun, und zwar mit sichtbarem Erfolg, so wisse: dieVergeblichkeit deines Mühens ist nur scheinbar. Zur gegebenen Zeit wirst du dieErnte einbringen.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 913

913 Manche Leute scheinen sich für beschäftigungslos zu halten, wenn sie keineGelegenheit finden, ihre Mitmenschen zu schädigen oder zu quälen.

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Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 914

914 Manchmal denke ich, diese Zwischenträger und Brunnenvergifter sind wie kleineBesessene! Denn der Teufel schleicht sich immer ein auf dem Wege über bösartigeKritik an Gott oder an denen, die Ihm in Liebe gehorchen und folgen.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 915

915 "Dummes Zeug!" sagst du abfällig.

Bist du denn darüber unterrichtet, was sie tun? Nein? − Wieso redest du dann ohneKenntnis so daher?

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 916

916 Antworte dem üblen Schwätzer: Gut, ich werde über das, was Sie mir gesagt haben,mit dem Betreffenden reden.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 917

917 Ein zeitgenössischer Autor schreibt: "Der Klatsch über andere ist immerunmenschlich; er entlarvt die Mittelmäßigkeit des eigenen Wesens; er ist einZeichen von schlechter Erziehung; er beweist Mangel an Format; er ist einesChristen unwürdig."

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 918

918 Enthalte dich der lamentierenden, der perspektivlos−zersetzenden und der boshaftenEinwürfe... Meide strikt alles, was unter deinen Brüdern Zwietracht säen könnte.

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Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 919

919 Du bekleidest ein hohes Amt. Es wäre unklug von dir, das Schweigen deinerUntergebenen als Zeichen der Zustimmung zu deuten. Mache dir vielmehr klar: Duläßt es ja nicht zu, daß sie ihre Anregungen vorbringen, und kommt es doch einmaldazu, so bist du verstimmt.

Du mußt dich in diesem Punkt korrigieren!

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 920

920 Deine Reaktion auf persönliche Verleumdungen: die erste und wichtigste heißtvergeben, alles verzeihen, vom ersten Augenblick an und aus ganzem Herzen. −Dann: Lieben − dich keines Verstoßes gegen die Nächstenliebe schuldig machen...Was und wie du auch immer erwiderst: es muß in Liebe geschehen.

Wenn jedoch die Angriffe sich gegen deine Mutter, die Kirche, richten, dannverteidige sie mutig, mit Ruhe, aber auch mit Festigkeit und Nachdruck. Widersetzedich dem Versuch, den Weg der Seelen, die persönlich erlittenes Unrecht mitVerzeihen und Lieben beantworten wollen, zu beschmutzen und zu behindern.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 921

921 Er hatte das hinterhältige Geschwätz der Leute satt und meinte: Auch im kleinstenDorf sollte es wie in einer Großstadt zugehen...

Der Ärmste wußte nicht, daß es da überhaupt keinen Unterschied zwischen Dorf undStadt gibt...

Aus Liebe zu Gott und den Menschen darfst du nie in einen so "provinziellen",kleingeistigen Fehler verfallen, der ganz und gar unchristlich ist. − Von den erstenJüngern Christi sagte man: Seht, wie sie einander lieben! Kann man das auch von dirund von mir sagen? Und zu jeder Zeit?

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 922

922 Die Herabsetzung apostolischer Unternehmungen erfolgt im allgemeinen nach zweiunterschiedlichen Mustern: Entweder wird die apostolische Arbeit als eine ungemeinkomplizierte "Struktur" dargestellt oder aber als eine bequeme und angenehmeFreizeitbeschäftigung.

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Im Grunde ist solche "Objektivität" auf nichts anderes als Beschränktheit undverengten Horizont zurückzuführen. Geschwafel und leeres Getue sollen diesenSachverhalt tarnen. − Laß dich nicht aus der Ruhe bringen und frage: "Was machenSie selbst eigentlich?"

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 923

923 Was die Gebote deines Glaubens angeht, so kannst du nicht immer Sympathie für sieerreichen − wohl aber mußt du Respekt vor ihnen verlangen.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 924

924 Die gleichen Leute, die über deinen Freund herzogen, weil er Gott dienen will,werden auch dich nicht damit verschonen, wenn du dich erst einmal dazuentschlossen hast, umzukehren und besser zu werden.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 925

925 Manche Kommentare können nur die verletzen, die sich von ihnen persönlichbetroffen fühlen. Wenn man sich mit Herz und Hirn der Nachfolge Christiverschrieben hat, dann wird die Schmähung durch andere zum Mittel der Läuterung:erst recht und noch stärker angefeuert setzt man den Weg fort.

Die Spur des Sämanns, Die Zunge, 926

926 Die Allerheiligste Dreifaltigkeit hat unsere Mutter als Königin gekrönt.

Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist werden Rechenschaft von uns verlangenfür jedes unnütz gesprochene Wort. Wir wollen deshalb Unsere Liebe Frau bitten,daß sie uns lehren möge, stets im Bewußtsein der Gegenwart Gottes zu sprechen.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 927

927 Sei überzeugt: Dein Apostolat besteht darin, Güte und Licht und Begeisterungauszustrahlen, mit deiner Großzügigkeit und Opferbereitschaft, mit deinem Fleißund deiner Gewissenhaftigkeit andere anzustecken, durch das Beispiel einesgrenzenlos hingegebenen Herzens, durch Weltkenntnis und ehrlichen, freudigen

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Gehorsam gegenüber der Kirche Beispiel zu geben.

Aber: keiner gibt, was er nicht hat...

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 928

928 Du bist noch jung und stehst erst am Anfang deines Weges. Höre meinen Rat: FürGott ist das Beste, das wir geben können, gerade gut genug; deshalb habe vonAnfang an den festen Willen, später in deinem Beruf Erstklassiges zu leisten. Dennnur dann wirst du überzeugend wirken können.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 929

929 Vergiß nicht: Je tiefer du überzeugt bist, desto leichter überzeugst du!

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 930

930 "Man zündet nicht ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt esauf den Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus. So soll euer Licht vor denMenschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmelpreisen".

Und als die Zeit seines Wirkens auf Erden vollendet ist, befiehlt der Herr: "Euntesdocete" − geht hin und lehrt! Er will, daß sein Licht in den Taten und Worten seinerJünger aufleuchtet − auch in deinem Handeln, in deinem Reden...

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 931

931 Es ist sonderbar, wie oft viele Leute sich − im Namen der Freiheit! − davor fürchtenund es zu verhindern suchen, daß die Katholiken ganz schlicht und einfach guteKatholiken sind!

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 932

932 Nimm dich in acht vor den Zeitgenossen, die Verleumdungen und Verdächtigungenausstreuen. Die werden dann nämlich von den einen aus Oberflächlichkeit, von den

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anderen aus Bosheit aufgegriffen − und so wird das gute Zusammenleben zerstörtund die öffentliche Meinung vergiftet.

In bestimmten Situationen verlangt die echte Nächstenliebe, derartigen Unratkenntlich zu machen − und auch seine Produzenten... Denn sonst könnten diese oderihre Helfer oder die Unrats−Konsumenten in ihrem verbildeten Gewissen denSchluß ziehen, daß Schweigen Eingeständnis bedeute...

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 933

933 Die Sektierer stimmen ein großes Geschrei an gegen unseren − wie sie es nennen −"Fanatismus", weil die Jahrhunderte dahingehen und unser Glaube unverändertbleibt.

Anders ist es mit dem Fanatismus der Sektierer selbst bestellt: da er keine Beziehungzur Wahrheit hat, kann er im Laufe der Geschichte immer neue und andere Gestaltannehmen − immer wieder erfindet er Popanze des Schreckens, um der HeiligenKirche zu schaden, setzt leere Worthülsen in Umlauf, die sich beliebig füllen lassen.Man redet von "Freiheit" und legt sie in Ketten; von "Fortschritt" und meint denRückfall in die Barbarei; von "Wissenschaft" und verbirgt dahinter die eigeneIgnoranz... So gelangt jedesmal die alte verdorbene Ware in einer anderen, neuenVerpackung auf den Markt.

Möge also dein "Fanatismus" des Glaubens mit jedem Tage zunehmen − denn er istes, der einzig und allein die eine und einzige Wahrheit verteidigt.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 934

934 Erschrick nicht und staune nicht darüber, wie borniert manche Leute sind. Es wirdniemals an Toren fehlen, die hinter ihrer vorgeblichen Bildung ihre eigentlicheIgnoranz verbergen.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 935

935 Es ist wahrhaftig ein Trauerspiel, wie Leute, die Christus hassen, und solche, dieIhm zu dienen vorgeben, Arm in Arm marschieren − zwar getrennt durch ihreunterschiedlichen Motivationen, aber einig in der Bekämpfung der Christen, derKinder Gottes...

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Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 936

936 In einigen − vornehmlich intellektuellen − Kreisen meint man bisweilen dieSteuerung durch gewisse sektiererische Gruppen geradezu mit Händen greifen zukönnen. Immer geht es darum, die Kirche, bestimmte Personen oder Institutionen zuverdächtigen. Mit zynischer Beharrlichkeit und ganz unbekümmert um Wahrheitund Logik werden so Verleumdungen wachgehalten und weiterverbreitet. Manchmalbeteiligen sich auch Katholiken daran.

Bete jeden Tag voller Glauben darum, "ut inimicos" − denn so nennen sie sichselbst! − "Sanctae Ecclesiae humiliare digneris, te rogamus audi nos!" − DemütigeDu, o Herr, die, die Dich verfolgen, mit der Klarheit Deines Lichtes, dasauszubreiten wir entschlossen sind.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 937

937 Der katholische Glaube sei veraltet und deshalb nicht mehr annehmbar... Noch älterist die Sonne, und sie hat nicht verloren an Licht; noch urtümlicher ist das Wasser,und es stillt nach wie vor den Durst und erfrischt...

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 938

938 Selbst eine sogenannte "gute Absicht" rechtfertigt nicht die Verfälschung derGeschichte oder Wirklichkeit des Lebens. Aber es wäre verfehlte "Objektivität", dieFeinde der Kirche, die ihr ganzes Leben ihrer Verfolgung gewidmet haben, auf einPodest zu erheben.

Sei ganz sicher: Die historische Wahrheit nimmt keinen Schaden, wenn du dich alsChrist nicht an der Errichtung solcher Podeste beteiligst. Wir brauchen sie nicht. Seitwann errichtet man dem Haß Denkmäler?

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 939

939 Christliches Apostolat hat es nicht nötig, Gräben aufzureißen oder Menschen, die dieWahrheit Christi nicht kennen, schlecht zu behandeln. Ein Verächter des Glaubenskann sich am Ende noch − von seinem Irrtum enttäuscht − ehrlich und von Herzenbekehren, wenn wir ihm gemäß dem Wort des Apostels begegnen: "Caritas omniasuffert" − die Liebe erträgt alles!

Ausgeschlossen aber bleibt, unter der Parole einer angeblichen "Weite des Denkens"

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in den wesentlichen Fragen des Glaubens selbst nachzugeben. Eine solche falscheToleranz birgt die Gefahr, sich außerhalb der Kirche zu stellen. Statt anderen zuhelfen, schadet man sich selbst.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 940

940 Christentum ist immer nonkonformistisch; es paßt sich letztlich der Welt nicht an.Das ist sein "größter Nachteil" und das wichtigste Gegenargument derer, die von derWelt "besessen" sind.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 941

941 Manche Menschen wissen nur darum nichts von Gott, weil noch nie jemand in einerverständlichen Weise mit ihnen darüber gesprochen hat.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 942

942 Wo du mit rein rationalem Denken nicht weiterkommst, da erbitte die "heiligePfiffigkeit", um deinen Mitmenschen mehr und wirksam dienen zu können.

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 943

943 Glaub mir: Das Apostolat, die Katechese − sie müssen, gleich den Blutgefäßen desmenschlichen Körpers, in alle Bereiche der Gesellschaft hinein verzweigt sein. Jedereinzelne soll erreicht werden.

Uns, die wir Christus dienen wollen, interessieren alle Menschen, weil jeder einzelneuns interessiert!

Die Spur des Sämanns, Verbreitung des Glaubens, 944

944 Stell dich unter den Schutz Unserer Lieben Frau, der Mutter des guten Rates, damitaus deinem Mund niemals ein Wort kommt, das Gott beleidigt.

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Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 945

945 Wenn wir Christen wirklich nach unserem Glauben lebten, käme es zu derumwälzendsten Revolution aller Zeiten... Jeder einzelne von uns hat am Werk derErlösung mitzuwirken.

Denke darüber nach.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 946

946 Was Verantwortung wirklich bedeutet, wird dir erst aufgehen, wenn du begreifst,daß du vor Gottes Angesicht nur Pflichten hast. Der Herr sorgt schon dafür, daß duauch Rechte bekommst!

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 947

947 Würde es dir doch zur zweiten Natur, dich jeden Tag mit einer solchen Hingabe umdie anderen zu kümmern, daß du darüber deine eigene Existenz vergißt!

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 948

948 In schwierigen Situationen kann dir folgender Gedanke helfen: Je mehr meine Treuewächst, desto mehr trage ich dazu bei, daß auch andere in ihrer Treue wachsen.

Wie wohltuend ist es zu spüren, daß wir uns gegenseitig stützen!

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 949

949 Bleib mir nicht bei der "Theorie" stehen! Unser tägliches Leben muß die herrlichenIdeale, die uns erfüllen, umsetzen in mutig gestaltete und fruchtbare Alltagsrealität.

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Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 950

950 In der Tat: das Alte verdient unseren Respekt, das Überkommene unsereDankbarkeit. Wir haben daraus zu lernen und müssen die Erfahrungen beherzigen.Aber wir dürfen nicht übertreiben, alles zu seiner Zeit. Kleiden wir uns etwa nochwie unsere Großeltern? Tragen wir noch die gepuderte Perücke vergangenerJahrhunderte?

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 951

951 Sei nicht ungehalten wegen dieser oder jener Dummheit eines anderen. Denn oftrührt ein Mangel an verantwortlichem Verhalten nicht so sehr aus einem Mangel angutem Geist her, als vielmehr aus Gedankenlosigkeit und noch ungenügenderBildung.

Solche Mängel müssen nach und nach behoben werden. Das erlegt den Lehrern undLeitern eine nur um so größere Verantwortung auf!

Wenn du eine solche Aufgabe hast, wirst du dich daher immer wieder prüfenmüssen.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 952

952 Du läufst große Gefahr, dich mit der Einstellung eines "braven Jungen"zufriedenzugeben oder mit dem Ziel, ein ordentliches, problemloses Zuhause zuhaben, in dem nur die "Gemütlichkeit" regiert...

Diese Vorstellung aber ist ein Zerrbild vom Leben im Haus zu Nazareth. Christus,der das Glück und die innere Ordnung in sich trug, zog aus, um die Menschen allerZeiten an seinem Reichtum teilhaben zu lassen.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 953

953 Dein sehnlicher Wunsch, die ganze Menschheit möge Christus wirklich erkennen,scheint mir nur natürlich. Fang du selbst aber damit an, deine Verantwortung zuspüren für das Heil der Menschen, mit denen du zusammenlebst, für die Heiligungdeiner Berufskollegen oder deiner Kommilitonen...

Das ist der allem anderen vorausgehende Auftrag, den der Herr dir anvertraut hat.

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Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 954

954 Benimm dich so, als ob die Atmosphäre an deinem Arbeitsplatz von dir alleinabhinge. Es soll eine Atmosphäre der Arbeitsamkeit und der Freude sein, geprägtvom Bewußtsein der Gegenwart Gottes und von der Sicht des Glaubens.

Ich verstehe deine Schlaffheit nicht. Da stößt du auf eine Gruppe von Kameraden,die im Umgang etwas schwieriger sind − vielleicht kommt es auch daher, daß dudich längere Zeit nicht um sie gekümmert hast −, gleich gehst du ihnen aus demWeg, drückst dich und hältst sie für nichts weiter als Ballast; sie scheinen deinemApostolat hinderlich, weil unfähig, dich zu verstehen.

Aber wie sollen sie auf dich hören, wenn du für sie weder betest noch Opfer bringst,ja nicht einmal das Gespräch mit ihnen suchst?

Wie viele Überraschungen wirst du erleben, wenn du dich einmal dazu entschließt,mit dem − und dem − und diesem dritten ernsthaft Kontakt zu pflegen! Außerdem:Wenn du deine gegenwärtige Einstellung nicht änderst, werden sie allen Grundhaben, einst mit dem Finger auf dich zu weisen und zu sagen: "Hominem nonhabeo!" − ich finde keinen Menschen, der mir hilft!

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 955

955 Hör gut zu: Heilige Dinge, die man jeden Tag heiligmäßig erfüllt, werden nicht zu"alltäglichen und gewöhnlichen" Angelegenheiten. Das ganze Tun Jesu Christi aufErden war menschlich−alltäglich − und gleichzeitig göttlich!

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 956

956 Du magst dich nicht damit abfinden, sagst du, einen konventionellenAllerweltsglauben wie so viele andere Menschen zu haben...

In der Tat: Dein Glaube muß ein persönlicher Glaube sein. Und das bedeutet: einverantwortungsbewußter Glaube!

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 957

957 Die Allerheiligste Dreifaltigkeit gewährt dir Ihre Gnade, damit du sie im Bewußtseinund in Ausübung deiner Verantwortung fruchtbar werden läßt: Das Geschenk ist sogroß, daß du nicht − weil auf deine Bequemlichkeit bedacht − gemächlich und faul

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dahertrotten kannst... Und außerdem: viele Seelen warten auf dich!

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 958

958 Da dich jetzt diese große Sorge beschäftigt, ein Fingerzeig: Wenn die Fragestellungin sich richtig ist, das heißt, wenn sie ruhig und verantwortungsvoll aufgeworfen undim Angesicht Gottes erwogen wird, dann findet sich immer auch die Lösung.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 959

959 Wenn eine zärtliche Mutter ihr Kind in die Arme nimmt, legt sie vorher alles weg,was es verletzen könnte, etwa eine Stecknadel. In der Zuwendung zu einer Seelemüssen wir genauso zart sein..., nötigenfalls freilich auch sehr entschieden.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 960

960 "Custos, quid de nocte!" − Wächter, wie lange noch dauert die Nacht...: Wachehalten!

Es wäre gut, wenn du dich daran gewöhntest, im Verlauf der Woche auch eine Art"Wachetag" zu halten: einen Tag, an dem du dir deiner Hingabe an Gott bewußterwirst, aufmerksamer kleine Erweise der Liebe übst, das Gebet und das Opfer einwenig verstärkst.

Halte dir vor Augen, daß die Heilige Kirche einem großen Heer gleicht, welches inSchlachtordnung aufgestellt ist. Und du gehörst zu ihm, und in deinem"Frontabschnitt" toben Angriffsschlachten und Abwehrkämpfe. Verstehst du?

Dieses Bereitsein wird dich Gott immer näher bringen und deinen Willen stärken,jeden Tag in einen wirklichen "Wachetag" zu verwandeln.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 961

961 Sozusagen als die "Kehrseite" einer verlorengegangenen Berufung oder einerAblehnung der ständig erneuerten, gnadenhaften Einladung des Herrn müssen wirseinen heiligen Willen sehen, der all dies zuläßt. − Gewiß. Doch wenn wir aufrichtigsind, erkennen wir, daß uns das weder von der eigenen Verantwortung befreit nocheinen "mildernden Umstand" darstellt; denn auf der "Vorderseite" des Geschehensgewahren wir die persönliche Nichterfüllung des göttlichen Willens, der uns hat inDienst nehmen wollen und dem wir nicht entsprochen haben.

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Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 962

962 Wenn du dein Vaterland liebst − und ich bin sicher, daß du es liebst −, wirst du nichtzögern, dich bei drohender Gefahr als Freiwilliger zu seiner Verteidigung zumelden. In der Stunde der Not − schon einmal sagte ich es − werden alle gebraucht:Männer und Frauen, hochbetagte, solche in den besten Jahren, junge, sogarjugendliche. Nur die durch Krankheit oder Gebrechen Untauglichen und die Kindersind ausgenommen.

Was jeden Tag geschieht, ist weit mehr als nur ein Aufruf an einige Freiwillige, esist eine Generalmobilmachung, um das Königreich Jesu Christi zu verteidigen. Jesusselbst, der König, hat dich ausdrücklich beim Namen gerufen. Er erbittet von dir,daß du die Schlachten Gottes kämpfst und dabei deine ganze Seele − Herz, Wille,Verstand −, dein ganzes Sein einbringst.

Hör nun gut zu: Wenn du ein reines Leben führst und dich unter den besonderenSchutz der Muttergottes stellst, ist die Versuchung des Fleisches kein Problem. −Oder möchtest du wirklich eine Art Krankheit simulieren − mit den SymptomenHerz−, Willens− oder Geistesschwäche −, um dich feige jener Mobilmachung zuentziehen? Ziehst du es wirklich vor, dich "krankschreiben" zu lassen, um dich dannmit irgendwelchen Hilfsdiensten zu begnügen?

Der Herr will dich als seinen Kämpfer in der vordersten Linie! Und du bist es jaschon! Wenn du dich jetzt davonmachst − als ein Verräter! − wie trostlos...

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 963

963 Ja, wenn deine Zeit, wie die Redensart sagt, nur "Geld" wäre, dann mag es ja nochangehen, sie zu vergeuden. − Aber die Zeit ist mehr, sie ist Leben! Und du weißtnicht, wieviel dir noch davon verbleibt.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 964

964 Der Herr bekehrt Petrus, der ihn dreimal verleugnet hatte: kein tadelndes Wort, nurein Blick der Liebe...

Diesen selben Blick richtet Christus auch auf uns, wenn wir einmal zu Fallgekommen sind. Hoffentlich können auch wir dann wie Petrus sagen: "Herr, duweißt alles, du weißt auch, daß ich dich liebe..." − und unser Leben ändern.

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Page 217: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 965

965 Man müsse, so wird bisweilen argumentiert, im Namen der NächstenliebeWohlwollen und Verständnis gegenüber Menschen zeigen, die ihre Mitmenschenrücksichtslos mißhandeln.

Ich bitte Gott, daß sich hinter solchem Wohlwollen und Verständnis nichtMenschenfurcht, Bequemlichkeit und Indifferenz gegenüber dem Bösen, das anderetun, verstecken. Denn dann wäre dieses Wohlwollen, dieses Verständnis nichtsweiter als Komplizenschaft bei der Beleidigung Gottes.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 966

966 Es geht nicht an, einer Seele den Weg zur Bekehrung zu ebnen, indem man vielenanderen Seelen den Weg zur Verderbnis öffnet.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 967

967 Läßt jemand zu, daß unter seinen Schafen auch Wölfe aufwachsen − dann kann erunschwer das Schicksal der Schafe erraten.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 968

968 Wenn Menschen, die nach Intelligenz und christlichem Format nur Mittelmaßdarstellen, ein hohes Amt übernehmen, umgeben sie sich mit Unfähigen. Ihre blindeEitelkeit verleitet sie zu der falschen Annahme, auf diese Art könnten sie nie ihrenPosten verlieren.

Im Gegensatz dazu rufen wirkliche Persönlichkeiten erstklassige Mitarbeiter in ihreUmgebung, welche nicht nur fachlich kompetent sind, sondern auch ein sauberesLeben führen. Sie bilden sie aus für künftige Leitungsaufgaben. Klugheit erliegtnicht − wie die Mittelmäßigkeit − selbstgefälliger Täuschung; in Demut erkennt sie,daß selber wächst, wer anderen zu wachsen hilft.

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Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 969

969 Es ist unklug, einen Menschen, dessen Fähigkeiten man nicht kennt, mit einerwichtigen leitenden Aufgabe zu betrauen, etwa nach dem Prinzip: Mal sehen, wie erdas macht.

Entscheidungen, die das Gemeinwohl betreffen, kann man nicht so treffen, wie manin eine Wundertüte hineingreift...

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 970

970 Du stehst in der Verantwortung eines Amtes und orientierst dein Handeln allein andem, was die Leute sagen? Das ist Dummheit! − An erster Stelle muß dir wichtigsein, was Gott zu deinem Handeln sagen wird, erst danach − und manchmalüberhaupt nicht − bleibt die Meinung der anderen zu erwägen. Denn so spricht derHerr: "Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vormeinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet,den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen."

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 971

971 Du bekleidest ein verantwortungsvolles Amt. Bei seiner Ausübung bedenkefolgendes: Wenn deine Arbeitsweise allzu stark auf deine eigene Persönlichkeitzugeschnitten ist, machst du dich unentbehrlich. Fällt die Person einmal aus, so istdie Kontinuität der Arbeit dahin.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 972

972 Ein wichtiger Grundsatz, um bei Leitungsaufgaben gute Arbeit zu leisten, bestehtdarin, daß man Verantwortung weit verteilt. Ich meine damit nicht, daß derVerantwortliche es sich bequem machen oder anonym bleiben soll, sondern daß ervon jedem einzelnen Rechenschaft über dessen Auftrag verlangt und auf diese Weiseselbst "Rechenschaft ablegen" kann − vor Gott und, wo angebracht, auch vor denMenschen.

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Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 973

973 Bei deiner Amtsführung achte darauf, niemals die Gerechtigkeit so sehr zuübertreiben, daß darüber die Nächstenliebe in Vergessenheit gerät.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 974

974 Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 975

975 Sage von einem Untergebenen nie: "Er taugt nicht."

Du bist es, der nicht taugt; denn du verstehst es nicht, ihn an den Platz zu stellen, woer etwas zu leisten vermag.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 976

976 Bekämpfe in dir das ehrgeizige Streben nach Ehren und Würden. Mach dirstattdessen die Möglichkeiten klar, die du hast, um gut zu arbeiten, ferner deineVerpflichtungen, und denke auch darüber nach, wie es um deine Wirksamkeit steht...Dann wirst du kein Verlangen nach Ämtern empfinden. Wird dir aber einmal einAmt übertragen, so weißt du die Würde richtig einzuschätzen: als eine Bürde, die duim Dienst an den Menschen trägst.

Die Spur des Sämanns, Verantwortung, 977

977 In der Stunde der Schmach, unter dem Kreuz, ist Maria zur Stelle, ihrem Sohnnahe..., bereit, sein Los zu teilen.

Überwinden wir die Angst davor, uns da, wo wir hingestellt sind, als verantwortlicheChristen zu bekennen. Das mag unbequem sein − aber die Gottesmutter wird unshelfen.

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Die Spur des Sämanns, Busse, 978

978 Es ist absolut notwendig, unserem Herrn Jesus Christus ganz nahe zu folgen. Er willes so − und es gibt keinen anderen Weg...

Diese Nachfolge ist ein Werk des Heiligen Geistes in uns, in der Seele eines jeden,auch in der deinen: Sei darum fügsam, errichte keine Barrikaden gegen Gott, laß eszu, daß Er aus dir, in all deiner Armseligkeit, einen Gekreuzigten macht.

Die Spur des Sämanns, Busse, 979

979 Man wird schließlich des Wortes "Liebe" überdrüssig, wenn es einer immer nur imMunde führt, nie aber durch sein Tun und durch kleine Opfer glaubwürdig werdenläßt.

Die Spur des Sämanns, Busse, 980

980 In jeder Hinsicht ist die Abtötung von größter Bedeutung.

Einmal aus rein natürlichen, menschlichen Gründen. Wer zur Beherrschung seinerselbst unfähig ist, wird niemals einen guten Einfluß auf andere ausüben können. Erwird jeder Verführung von außen erliegen, wenn sie nur seinen subjektivenNeigungen schmeichelt. Er wird zu einem energielosen Menschen, unfähig, sich,wenn es not tut, zu einer großen Anstrengung aufzuraffen.

Dann aus übernatürlichen, dem Glauben entstammenden Gründen. Erscheint es dirdenn nicht als recht und billig, Ihm, der aus Liebe zu uns alles hingegeben hat, durchkleine Akte der Buße und Entsagung unsere Liebe und Ehrfurcht zu zeigen?

Die Spur des Sämanns, Busse, 981

981 Der Geist der Abtötung entsteht eher als eine Folge, denn als eine Äußerung derLiebe. Entziehst du dich diesen kleinen Opfern, dann − gib es nur zu! − hat deineLiebe zu dem, der die LIEBE ist, nachgelassen.

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Die Spur des Sämanns, Busse, 982

982 Hast du noch nicht bemerkt, daß Menschen, die den christlichen Geist der Aszeseverwirklichen, dank ihrer einfachen Lebensführung alles, was gut ist − auch die reinirdischen Annehmlichkeiten − mit mehr Freude genießen als andere?

Die Spur des Sämanns, Busse, 983

983 Ohne den Geist des Opfers, der Abtötung, ist auf Erden kein Glück möglich.

Die Spur des Sämanns, Busse, 984

984 Wenn du dich einmal dazu entschlossen hast, aszetisch zu leben, wird deine innere,deine geistliche Welt reicher und dein Wirken fruchtbarer werden.

Die Spur des Sämanns, Busse, 985

985 Eins dürfen wir nicht vergessen: in allen menschlichen Unternehmungen muß esMänner und Frauen geben, die in ihrem Leben und in ihren Werken das KreuzChristi aufrichten − alles überragend, sichtbar und heilend. Als Wahrzeichen desFriedens und der Freude, als Unterpfand der Erlösung, der Einheit desMenschengeschlechts und der Liebe, die Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist,die Allerheiligste Dreifaltigkeit der Menschheit geschenkt hat und immerfort neuschenkt.

Die Spur des Sämanns, Busse, 986

986 "Lachen Sie mich nicht aus, Vater... Vor einigen Tagen ertappte ich mich dabei, wieich ganz spontan dem Herrn ein Opfer darbrachte − und zwar in Gestalt der Zeit, dieich aufbringen mußte, um ein entzweigegangenes Spielzeug meiner Kinder zureparieren..."

Nein, ich finde es nicht zum Lachen, ich finde es herrlich! Und ich denke außerdemdaran, daß Gott in seiner Liebe auch unsere Brüche und Risse heilt.

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Die Spur des Sämanns, Busse, 987

987 Sei ein Büßer, aber weder gefühllos noch verbittert. − Sei innerlich gesammelt, abernicht schüchtern.

Die Spur des Sämanns, Busse, 988

988 Ein Tag ohne Abtötung ist ein verlorener Tag. Denn an ihm haben wir uns nichtselbst überwunden, haben wir das Brandopfer unserer Hingabe Gott nichtdargebracht.

Die Spur des Sämanns, Busse, 989

989 Hast du dann und wann, bei dieser oder jener Kleinigkeit, deinen Neigungen undLaunen zu widerstehen versucht?

Sieh, der dich darum bittet − Er ist für dich ans Kreuz geschlagen, Er leidet unsagbaran Leib und Seele, Er trägt eine Dornenkrone um deinetwillen.

Die Spur des Sämanns, Busse, 990

990 Du erweist dich als ein großartiger Theoretiker... Aber − nicht einmal inBelanglosigkeiten bist du bereit nachzugeben. Deshalb glaube ich nicht, daß duwirklich den Geist der Abtötung hast.

Die Spur des Sämanns, Busse, 991

991 In der sorgfältigen Beachtung der vielen kleinen Dinge zeigt sich beständig der Geistder Abtötung. Sie ist, zu allem anderen, der Weg, um den Mitmenschen das Lebenetwas angenehmer zu machen.

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Die Spur des Sämanns, Busse, 992

992 Ich ziehe die Tugenden den Kasteiungen vor − so, wenn auch mit anderen Worten,spricht Jahwe zum auserwählten Volk, das sich allzuleicht mit äußeren Ritenbegnügte und damit selbst betrog.

Wir müssen deshalb der Buße und der Abtötung in unserem täglichen Leben denrichtigen Stellenwert geben. Sie sind wahre Zeichen der Liebe zu Gott und zumNächsten.

Die Spur des Sämanns, Busse, 993

993 Im betrachtenden Gebet tritt die Passion unseres Herrn aus dem leblosen Rahmender Geschichte heraus. Sie ist aber auch nicht mehr Gegenstand frommer Erwägung,sondern sie ersteht vor unserem Auge als das schreckliche, erdrückende, grausameund blutige Opfer, das sie war − als die äußerste Tat der göttlichen Liebe...

Und bei diesem Anblick geht uns auf, daß die Sünde unendlich mehr ist als nur einkleiner "Schreibfehler" von uns. Sündigen heißt: Christus kreuzigen, Ihm Hände undFüße durchbohren, Ihm das Herz zerreißen...

Die Spur des Sämanns, Busse, 994

994 Wenn du wirklich eine sühnende Seele − eine sühnende und frohe Seele! − seinwillst, mußt du vor allem die Zeiten deines täglichen Gebetes sicherstellen; dieZeiten für ein zutiefst vertrauensvolles, großherziges, ausdauerndes Beten! Bemühedich darum, nicht nach Lust und Laune dein Gebet zu halten, sondern − wenn irgendmöglich − zu dem vorgesehenen Zeitpunkt. Sei in diesen kleinen Details nichtnachlässig!

Mache dich geradezu zum "Sklaven" dieser täglichen Aussprache mit Gott − und ichversichere dir: niemals wird dir die Freude fehlen!

Die Spur des Sämanns, Busse, 995

995 Der Sieg eines Christen wurzelt immer im Kreuz, in der Selbstverleugnung, denn sieermöglicht, daß die Allmacht Gottes zur Wirkung kommt.

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Page 224: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

Die Spur des Sämanns, Busse, 996

996 Wenn du an dein vergangenes Leben denkst − an ein Leben ohne Höhen und Tiefen−, dann mache dir klar, wieviel Zeit du verloren hast und frage dich auch, wie du siezurückgewinnen kannst − durch Buße und eine tiefere Hingabe.

Die Spur des Sämanns, Busse, 997

997 Bei dem Gedanken an all das, was in deinem Leben wertlos geblieben ist, weil du esGott nicht dargebracht hast, solltest du "geizig" danach streben, jetzt noch sehrvieles zu sammeln. Dazu gehört auch, Leiden und Schmerzen nicht aus dem Wegezu gehen. − Denn sie sind ja die ständigen Begleiter der Geschöpfe − sie nicht zumHeil zu nutzen, wäre Torheit!

Die Spur des Sämanns, Busse, 998

998 Du bist ein Oppositionsgeist und hast Lust am Widerspruch?... Nun gut: Übe dichdarin, gegen dich selbst zu opponieren, dir selbst zu widersprechen!

Die Spur des Sämanns, Busse, 999

999 Es ist Nacht. Die Heilige Familie ruht. Der Engel erscheint Josef im Traum undbefiehlt, nach Ägypten zu fliehen. Maria und Josef nehmen das Kind und machensich sofort auf den Weg. Weder lehnen sie sich auf, noch suchen sie auszuweichen,noch warten sie, bis es Tag wird.

Sag Unserer Lieben Frau, unserer Mutter Maria, und dem heiligen Josef, unseremVater und Herrn, daß auch wir, ohne zu zögern, in jeder Widrigkeit, die unsunerwartet trifft, die Gelegenheit zur Buße erkennen und sie liebend annehmenwollen.

Die Spur des Sämanns, Busse, 1000

1000 Ich schreibe diesen letzten Punkt, damit du und ich das Buch mit einem Lächelnschließen können. So dürfen denn die geschätzten Leser, die − naiv oderargwöhnisch − in den 999 Punkten des "Weges" ein kabbalistisches Geheimnis

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Page 225: Die Spur des Sämanns - Josemaria Escriva

witterten, ihre Ruhe wiederfinden.

© 2010 Stiftung Studium

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