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40 | AMERICA 6/07 6/07 AMERICA | 41 O b reich oder arm, ob weiß, braun oder schwarz, sie alle treffen sich auf den Freeways. Egal wie prunkvoll die Villa in Beverly Hills, wie schäbig die Bude in Little Armenia oder wie undurchläs- sig die Gitter der „Gated Community“ sein mögen: Irgendwann müssen alle hinaus auf die Straße. Welcher Natio- nalität jemand auch angehört: Die Straße ist der große Gleichmacher. Hier steckt jeder im Stau. Dass angesichts dieser hochdemo- kratischen Eigenschaft der Freeways niemand so recht ins Schwärmen gerät, liegt am Leiden, das die verstopften Straßen jedem Einzelnen Tag für Tag auferlegen. Mancher steht um fünf Uhr auf, um der Rush Hour zu entgehen, doch die Rush Hour selbst steht mitt- lerweile früher auf und dehnt sich langsam aber sicher über den ganzen Tag. Viele Einwanderer können sich nur noch eine Wohnung in „Sub-Sub- urbia“ leisten: draußen, noch jenseits der Vorstädte, wo die Wüste die Stadt schon wieder verschluckt. Ihre Jobs aber fin- den sie als Hilfskräfte in den Büros und Hotels downtown, und so kreuzen sie über die Auf- und Abfahrten der 101 East, 405 South oder 110 North in einem heiligen, niemals endenden Ritual. Rund zehn Millionen Menschen leben im LA County, über 16 Millio- nen sind es in Greater LA. Los Angeles und seine Vorstädte verschmelzen zur größten Metropole der USA, und in den nächsten zwölf Jahren, so wird erwartet, soll die Einwohnerzahl um weitere 40 Prozent steigen. Die meis- ten hier sprechen eine andere Mutter- sprache als Englisch. Viele halten diese Stadt für ein ein- ziges, großes Chaos: LA, ein wuchern- der Flickenteppich ohne Zentrum, ist der Alptraum für alle, die es gern ordent- lich mögen. Doch ausgerechnet die Einwandererstadt Los Angeles hat es geschafft, mitten im großen Sprachge- wirr eine integrative Kraft zu entwik- keln: mit wenig öffentlichen Geldern, dafür mit umso mehr privatem Engage- ment. Theaterbühnen, Kulturzentren oder Konzerthäuser sind die Orte, an denen sich die Stadt quer durch alle Schichten immerzu neu erfindet. Noch vor 30 Jahren besaß Los Angeles eine zu 70 Prozent weiße Bevölkerung und galt als blütenweiße, konservative Festung. Heute sind gerade noch 30 Prozent der Bewohner weißer Hautfarbe. „Die Wandlungen, die LA durchmacht, werden sich bald auch im Rest der USA zeigen“, sagt Dr. Mara Marks, die das „Center for the Study of Los Angeles“ an der Loyola Mary- mount University (LMU) leitet: Los Angeles ist das große Zukunftslabor der USA. Steht man auf dem Campus der LMU auf den Hügeln von West LA, Die Stimmen der Stadt Vom Sprachgewirr zur kreativen Vielfalt: In Los Angeles finden die Nationalitäten über ein brodelndes Kulturleben zueinander – und das weitgehend ohne öffentliche Förderung. Von Hannes Klug Unter den Palmen findet ein Experiment statt: Los Angeles ist das Zukunftslabor der USA. Foto: Alessandra Mattanza

Die Stimmen der Stadt - Hannes Klughannesklug.com/pdf/LosAngeles.pdf · LA. Maynes Firma Morphosis residiert in einem unspektakulären Flachbau in Santa Monica. Im Vorraum steht auf

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Page 1: Die Stimmen der Stadt - Hannes Klughannesklug.com/pdf/LosAngeles.pdf · LA. Maynes Firma Morphosis residiert in einem unspektakulären Flachbau in Santa Monica. Im Vorraum steht auf

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Ob reich oder arm, obweiß, braun oderschwarz, sie alletreffen sich auf denFreeways. Egal wieprunkvoll die Villa

in Beverly Hills, wie schäbig die Budein Little Armenia oder wie undurchläs-sig die Gitter der „Gated Community“sein mögen: Irgendwann müssen allehinaus auf die Straße. Welcher Natio-nalität jemand auch angehört: Die

Straße ist der große Gleichmacher.Hier steckt jeder im Stau.

Dass angesichts dieser hochdemo-kratischen Eigenschaft der Freewaysniemand so recht ins Schwärmen gerät,liegt am Leiden, das die verstopftenStraßen jedem Einzelnen Tag für Tagauferlegen. Mancher steht um fünf Uhrauf, um der Rush Hour zu entgehen,doch die Rush Hour selbst steht mitt-lerweile früher auf und dehnt sichlangsam aber sicher über den ganzen

Tag. Viele Einwanderer können sichnur noch eine Wohnung in „Sub-Sub-urbia“ leisten: draußen, noch jenseits derVorstädte, wo die Wüste die Stadt schonwieder verschluckt. Ihre Jobs aber fin-den sie als Hilfskräfte in den Büros undHotels downtown, und so kreuzen sieüber die Auf- und Abfahrten der 101East, 405 South oder 110 North in einemheiligen, niemals endenden Ritual.

Rund zehn Millionen Menschenleben im LA County, über 16 Millio-

nen sind es in Greater LA. Los Angelesund seine Vorstädte verschmelzen zurgrößten Metropole der USA, und inden nächsten zwölf Jahren, so wirderwartet, soll die Einwohnerzahl umweitere 40 Prozent steigen. Die meis -ten hier sprechen eine andere Mutter-sprache als Englisch.

Viele halten diese Stadt für ein ein-ziges, großes Chaos: LA, ein wuchern-der Flickenteppich ohne Zentrum, ist derAlptraum für alle, die es gern orden t -

lich mögen. Doch ausgerechnet dieEinwandererstadt Los Angeles hat esgeschafft, mitten im großen Sprachge-wirr eine integrative Kraft zu entwik-keln: mit wenig öffentlichen Geldern,dafür mit umso mehr privatem Engage-ment. Theaterbühnen, Kulturzentrenoder Konzert häuser sind die Orte, andenen sich die Stadt quer durch alleSchichten immerzu neu erfindet.

Noch vor 30 Jahren besaß LosAngeles eine zu 70 Prozent weiße

Bevölkerung und galt als blütenweiße,konservative Festung. Heute sind geradenoch 30 Prozent der Bewohner weißerHautfarbe. „Die Wandlungen, die LAdurchmacht, werden sich bald auch imRest der USA zeigen“, sagt Dr. MaraMarks, die das „Center for the Study of Los Angeles“ an der Loyola Mary-mount University (LMU) leitet: LosAngeles ist das große Zukunftslaborder USA. Steht man auf dem Campusder LMU auf den Hügeln von West LA,

Die Stimmender Stadt

Vom Sprachgewirr zur kreativen Vielfalt:

In Los Angeles finden die Nationalitäten über ein

brodelndes Kulturleben zueinander – und

das weit gehend ohne öffentliche Förderung.

Von Hannes Klug

Unter den Palmen findet ein Experiment statt: Los Angeles ist das Zukunftslabor der USA.

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Page 2: Die Stimmen der Stadt - Hannes Klughannesklug.com/pdf/LosAngeles.pdf · LA. Maynes Firma Morphosis residiert in einem unspektakulären Flachbau in Santa Monica. Im Vorraum steht auf

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Sao Paolo“, sagt der Architekt ThomMayne – Städte, die in kürzester Zeitgewachsen sind und in denen ein ver-gleichbarer, ständiger Veränderungs-druck auf die Bewohner wirke wie inLA. Maynes Firma Morphosis residiertin einem unspektakulären Flachbau

in Santa Monica. Im Vorraum steht auf einem Schreibtisch, irgendwo zwi-schen Bergen von Papier, zwischenLinealen und Werkzeug ein Modell desvon Mayne entworfenen Phare Tower– ein 300 Meter hohes ökologischesGebäude, das zurzeit im Pariser Dis -trikt La Défense entsteht. Die Karriere

des Architekten begann vor 30 Jahrenin Los Angeles’ Stadtteil Venice – miteinem Anbau über einer Garage.Inzwischen baut Morphosis repräsen-tative Gebäude auf der ganzen Welt.

Im Grunde, so Mayne, sei LA erstnach dem 2. Weltkrieg vom „town“ zur „city” – vom Dorf zur Stadt –geworden, immer noch ein Ort des„First Growth“: Fast jedes Gebäude seidas erste Haus auf einem Stück Wüste.Und die Stadt frisst sich immer weitervor ins Umland. Die Fotografien deslegendären Architekturfotografen JuliusShulman begleiten diesen eindrucks-vollen Aufstieg zur „kapitalistischenWeltstadt“, wie es das Getty Musumformulierte.

Zurzeit erlebt LA einen kulturellenBoom. Dessen glitzerndes Symbol ist die neue Disney Concert Hall inDowntown – ein derart ehrgeizig ver-winkeltes Gebäude des ArchitektenFrank Gehry, dass ihr Aufbau nur mitHilfe satellitengestützter Positions -daten möglich war. Doch auch dieGetty Villa thront in Malibu frischrenoviert über dem Pacific Coast High-way, gefüllt mit Schätzen aus der Antike.Das „Roman-style Villa Museum“ ist

bis hin zu den Bodenmosaiken ein originalgetreuer Nachbau eines römi-schen Wohnhauses, irgendwo zwischenmonströsem Kitsch und überwältigendinszenierter Geschichte. Und der neueRenzo-Piano-Bau des Los AngelesCounty Museum of Art (LACMA) öff-net im Februar 2008.

Diese Beispiele zeugen davon, dassin Los Angeles private Förderer gigan-tische Summen ins Kulturleben ein-speisen. Nicht immer aus philantropi-schen Motiven, denn nicht seltenspekulieren Geldgeber dabei auf eineAufwertung des Wohnumfelds. Immultikulturellen Los Angeles boomennicht nur die kleinen, sondern auch diegroßen Geschäfte: Wäre die MetroArea eine eigenständige Nation, stündesie mit einem Bruttosozialprodukt von477 Milliarden Dollar weltweit an 16.Stelle der stärksten Wirtschaftsmächte.Dank sei dem größten amerikanischen

Hafen, über 500 Biotechnologie-Firmen und dem Servieren von Kaffee.Und natürlich einer umsatzstarkenUnterhaltungsindustrie.

Man soll sich übrigens nicht täu-schen: Die Angelenos lieben es Autozu fahren – wenn es denn vorwärtsgeht. Sie haben ein sinnliches Verhält-nis zu ihren Freeways, zum Rhythmusihrer Schläge, zur Drift ihrer Spur -rillen, zum Dröhnen ihres rissigenAsphalts. Die Strände, der endloseHorizont, Palmen und Sonne sorgenfür eine ganz spezielle, nur genau diesem Los Angeles eigene Lebens-qualität. Neben den Einwanderern ausdem Süden zieht es inzwischen auchdie Kulturelite der Ostküstenstädte anden Pazifik. Museen, Theater und Kon-zerthäuser locken mit ihren Standort-merkmalen die Kuratoren und Direkto-ren aus ganz USA an und verleibensich deren Know-How ein. Im langeverwaisten Downtown entsteht so,angespornt durch neues kulturellesLeben, ein fast vergessenes Hoch -gefühl, das manchem wie eine Wieder-geburt vorkommt. Zu Dutzendenwachsen hier Türme mit Eigentums-wohnungen („Condos“) in den Him-

mel. Vor kurzem öffnete hier sogar –die Nachricht des Jahres – erstmals seit25 Jahren wieder ein Supermarkt.

„Los Angeles ist eine junge Stadt,die am Anfang ihrer Geschichte steht“,sagt Dr. Mara Marks von der LMU.Ganz anders als New York, das seinGesicht im 19. und frühen 20. Jahrhun-dert entwickelte, in dem Kunst undWissenschaft in einer altehrwürdigenOstküstentradition stehen und das eine fest verwurzelte Vorstellung von der eigenen Identität besitzt, findenKulturschaffende in Los Angeles eingroßes Land der Abenteuer vor, wie esspannender für sie nicht sein könnte.

Die Paläste der Hochkultur bietenBesuchern Kunst von überragendemSchauwert. Doch ihre wahre Bedeu-tung für Los Angeles gewinnt die Kultur dort, wo der Laborcharakter derStadt in sie eindringt. Das HammerMuseum ist so ein Ort, in dem ein -

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glitzert auf der einen Seite der Pazifik,auf der anderen die Skyline von Down-town. Besucher durch queren als ersteseine von Licht durchflutete Eingangs-halle, die einst dem Milliardär HowardHughes als Hauptquartier seines Luft-fahrt-Imperiums diente.

Die LMU ist die einzige Universität,die ein Zentrum für Los-Angeles-Stu-dien betreibt. Wie in keiner anderenStadt verdichten sich hier die Problemedes Landes: Einwanderung, Rassen-probleme, Verkehrsinfarkt, Wohnungs-und Bildungsnot. „Der Graben zwischenden sehr Armen und den sehr Reichen

ist hier größer als irgendwo sonst inden USA“, sagt Marks. Doch nicht nurAmerika, auch der Rest der Welt horchtauf die Signale aus dem Süden Kalifor-niens: Wird die Stadt sich ein weiteresMal selbst anzünden wie zuletzt 1992bei den Rodney-King-Unruhen? Drohtdiesem Monster nicht sowieso immer -zu der Kollaps? Wie gelingt es, so viele Teile zu einem funktionierendenGanzen zu vereinen?

Der Filmemacher Philipp Rodri-guez lässt in seinem Dokumentarfilm„Los Angeles Now“ die Bewohnerselbst zu Wort kommen. Ohne nach-

gerade erst dabei, ihre Stimme zu fin-den.“ Rodriguez, Enkel mexikanischerEinwanderer und selbst in LA geborenund aufgewachsen, sieht in der großenDiversität dieser multikulturellsten Stadtder USA zugleich ihre größte Stärke.Im Aufeinandertreffen der Nationali -täten sieht er eine einmalige Chance,

träglich eingesprochenen Kommentarentfaltet sich in seinem Stadtporträtjene Vielstimmigkeit, die der Filmema-cher als einzigartiges Merkmal seiner Heimatstadt sieht. Inzwischenist Rodriguez einer derjenigen gewor-den, die gefragt werden, wenn es umden Stand der Dinge im großen urba-nen Experiment Los Angeles geht.

„Wir sind gerade dabei, ein post-angel sächsisches Los Angeles zu ent-decken, herauszufinden, was dessenZukunft als Stadt der Immigranten seinkann“, sagt er im Gespräch nach einerVorführung des Films. „Diese Stadt ist

Niemand stellt hier eine Mehrheit, hier gibt es nur noch Minderheiten.Besonders deutlich ist die neue eth -nische Verteilung an den Schulen zuerkennen: Nur noch zehn Prozent derSchüler in Los Angeles sind weiß.„Etwas Vergleichbares wie hier gibt es nur in Städten wie Shanghai und

für ihn ist hier jeden Tag eine große„kulturelle Energie“ am Werk.

In LA leben mehr Latinos als injeder anderen nordamerikanischenStadt, die meisten Koreaner außerhalbder koreanischen Staaten und die meis -ten Philippinos außerhalb von Manila.

L O S A N G E L E S

Los Angeles steht erst ganz am Anfang seiner Geschichte.

Vielstimmig und multikulturell – LA ist die bunteste Stadt der USA:

Besitzer eines Zigarrenladens amSunset Boulevard (oben), Star-

Architekt Thom Mayne (rechts), ...

... Latinos in der Olivera Street inDowntown (ganz oben),Geburtstagskind mit Mutter undGeschwistern (links), FilmemacherPhillip Rodriguez (oben).

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Über 300 Theater sind in der „LAStage Alliance“ organisiert und gebenden vielen Stimmen der Stadt einenOrt, an dem sie sich in kleinerenZusammenhängen Gehör verschaffenkönnen. Gerade hier, sagt „Alliance“-Direktor Terence McFarland, sei einebesondere „Ökologie“, eine Wechsel-wirkung im Gange: zwischen lokalenInitiativen, Geldgebern und Kreativen:„Öffentlich gefördert wird in diesemBereich gar nichts, die Impulse kom-men alle von unten, aus der Sub -kultur“, sagt McFarland. Viele Schau-spieler, die in Hollywood ihr Geldverdienten oder verdienen wollten,gründeten etwa kleine Bühnen, um sich künstlerisch zu verwirklichen.Sie wenden sich dabei auch an einPublikum, das nicht aus traditionellenTheatergängern besteht. „Wir müssenlernen, für Stimmen offen zu sein, andie wir bisher nicht gewöhnt waren“,sagt Filmemacher Phillip Rodriguez –Stimmen, die roher und traditionellergefärbt sind als in der bürgerlichenKlientel der Hochkultur. Denn vieleImmigranten sind kulturell weniggeschult und verfügen über ein niedri-ges Bildungsniveau.

Die Einwanderer, sagt Dr. MaraMarks von der LMU, seien in dem gro-ßen Mix die mit Abstand zuversicht-lichste aller Be völkerungsgruppen.Niemand glaubt heute stärker an denamerikanischen Traum als die Latinosaus dem Süden, die unter höchstemRisiko und oft illegal die Grenze über-queren, um hier den Erfolg zu suchen.Sogar den Traum haben sie den Wei-ßen weggenommen. Mancher mag darüber klagen oder fühlt sich fremdim eigenen Land. Für ein idyllischesMultikulti-Treiben geht es in LAimmer schon zu rau zu. Trotzdem istdie Kriminalitätsrate so niedrig wielange nicht. Im Film „Los AngelesNow“ sagen junge Latino-Künstler:„Wir Latinos ver körpern Fortschritt,Ideen, wir denken nach vorne gewandt.Rückwärtsgewandt sind dagegenWeiße, die sich abschotten wollen undfremdenfeind liche Ideen verbreiten.“So entsteht aus den vielen Stimmen derStadt eine neue Geschichte. Eine, diedie Menschen selbst erzählen. ★

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homogenen Umwelt, ihr Thema sindVerwandlungen, Brüche, Instabilität.Die Kunst aus LA, so sagt KuratorGary Garrells, lasse sich aufgrund ihrerVielfalt gerade nicht auf einen Nennerbringen – ihre Kennzeichen sind dieUneinheitlichkeit, der Überschuss.

Auch junge Filmemacher zieht eswieder hierher: „Noch vor ein paarJahren wurden 60 Prozent der unab-

hängigen Filme in New York gedreht.Jetzt sind es nur noch 20 Prozent“, sagtRichard Raddon von „Film Indepen-dent“ und Gründer des Los AngelesFilm Festivals, das sich vom kommer-ziellen Mainstream-Kino Hollywoodsabsetzen will. Wohin die Nachwuchs-Filmer aus New York abwandern? Klar– nach Los Angeles. Über 6.000 Regis-seure, Autoren, Produzenten und Schau -spieler sind bei „Film Independent“

heimische Künstler zeigen, dass diekünstlerische Substanz viel mit denbesonderen Erfahrungen in ihrer Stadt zu tun hat. Seit 40 Jahren lebt der Künstler Ken Price in LA, seineabstrakten Skulpturen bestehen aussich überlagernden Materialschichten,die Farben scheinen aus ihnen hervorzu brechen. Die Stadtlandschaften vonMark Bradford, die Collagen von LariPittman – sie zeigen das Gegenteil einer

organisiert und verbreiten Aufbruch-stimmung. „Dies ist die aufregendsteZeit, die es jemals für die Künste inLA gegeben hat“, sagt Raddon. Wäh-rend die Ostküste mehr und mehr fürdas Establishment steht, ist in LA diejunge, experimentierfreudige Szenezuhause. „Es ist eine große Offenheitfür die Zukunft, die LA charakteri-siert“, beschreibt der Architekt ThomMayne die Stimmung in der Stadt.

Für die meisten der Ankömmlingeist Los Angeles schon längst nichtmehr nur „der Westen“ wie er es für die Farmer aus Oklahoma oder Texas war, die einst vor der „dust bowl“ hierher flüchteten. LA ist „el Norte“ –der verheißungsvolle Norden für die Menschen aus Mittel- und Südamerika.Sichtbar wird diese Veränderung auchin der Wahl des Latino-Bürgermeisters

Antonio Villaraigosa im Jahr 2005.Bald danach waren einige der höchstenÄmter der Stadt mit Politikern mexika-nischer Abstammung besetzt.

Ray Cortines, Deputy Mayor unddamit Stellvertreter des Bürgermei-sters, ist einer der neuen Latinos an denSchaltstellen der Macht. Cortines willdie Probleme der Stadt nicht weg -diskutieren. Die Schul- und Bildungs -politik, sagt er, sei das vorrangige Ziel

der neuen Stadtregierung. Hier sam-melte er seine Erfahrung, bevor er inein Regierungsamt wechselte. Dochauch da spielt die Kultur auf besondereWeise hinein: „Es geht uns um mehrals nur um Schulen, es geht auch ummehr als nur um Jobs oder eineBekämpfung des Gangproblems. Esgeht um die Möglichkeit, sich in dieGemeinde einzubringen. Und die fin-den Jugendliche wie Erwachsene nur

über die Kultur.“ Das kulturelle Lebenist ein wesentlicher Bestandteil desKitts, der das Vielvölkergemischzusammenhält und wie in Downtownein Motor, der ganze Stadtviertel neuerblühen lassen kann. Wenn dann inSichtweite der Disney Concert Hallwie mit der Colburn School eineMusikschule einen Neubau hinstellt,der bald Schüler und Studenten beher-bergen wird, setzt sich der Effekt auchüber die Generationen hinweg fort.

Und dabei, erklärt Cortines fast ent-schuldigend, inves tiere keine anderegroße Stadt in den Vereinigten Staatenso wenig öffentliches Geld in denBereich Kunst und Kultur. Für „nichtan gemessen“ hält er die hier verwen de -ten Summen, doch komme die Dyna-mik der Stadt eben oft aus privatenInitiativen, die komplizierte „public-private Partner ships“ wie im Falle derDisney Concert Hall durch das Enga-gement von unten ergänzten.

L O S A N G E L E S

Info-Karte 25 ankreuzen

Info-Karte 31 ankreuzen

Große Kultur und kleine Geschäfte:gleißende Fassade der Disney

Concert Hall (oben), mexikanischerImbiss-Stand beim Einkaufszentrum

„The Grove“ (rechts).

Das kulturelle Leben ist der Kitt für den Vielvölkermix in der Stadt.

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