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Zeitschrift fiir Krebsforschung, Bd. 57, S. 621~625 (1951).
Aus dem Chemotheraloeutischen Forschungsinstitut Georg-Speyer-Haus Frankfurt a.M. (Direktor: l~rof. Dr. R. PI~ma]~).
Die Wirkung von Folins~iure-Antagonisten und yon Guanazolo auf das Wachstum yon Tumoren.
Von CARL DITTMAR.
(Eingegangen am 20. J'~di 1951.)
Die Folins~ureantagonisten wurden zuerst yon I~A~BER 1 bei klini- schen Fs yon aknter Leuks therapeutisch angewandt. FARBE~ beobachtete, dab Folinsaurekonjugate das Befinden yon Leukamie- kranken verschlimmerten, ws umgekehrt eine Folinss Er- nahrung auf ihren ZuStand giinstig wirkte. Er schloB daraus, dab Folin- s~ure die Vermehrung der leuk~mischen Infiltrate in Knoehenmark, Milz und Lymphknoten fSrdert und dab umgekehrt Antagonisten der l~olin- saure diesen ProzeB hemmen miissen.
Unter den Folinss hat sich als wirksamste Verbin- dung die 4-Aminopteroylglutaminsaure, das ,,Aminopterin" erwiesen. AuBerdem wurden auch die weniger toxischen, aber weniger wirksamen Verbindungen: , ,Amethopterin" (4-Amino-N 10 methyl-pteroylglutamin- s~ure) und ,,Amino-an-fol" (Aminopteroylasparaginss klinisch ver- wand%. Mit diesen Pr~paraten wurden in vielen F~llen vor ahem bet akuten Leuk~mien Remissionen yon mehreren Monaten erzielt, aber hie eine Heilung 2. Die Wirkung der Verbindungen zeigte sich in ether l~ormalisierung des Blutbilds und in einem Riickgang der Schwellung yon Milz, Leber und Lymphknoten.
Auch im Tierversuch wurde Aminopterin und Amethopterin bet Impfleuk~mien yon M~usen untersucht 3 die Verbindungen waren aber nicht bet allen Arten yon Leuk~mie wirksam 4. l~ach BC~C~E~AL 5 soll etwa die 20fache Dosis yon Folins~ure notwendig sein, um die hem- mende Wirkung des Amethopterins auf den leuk~mischen ProzeB auf- zuheben, wEhrend nach den Untersuchungen yon G~]~E~s~A~ und Mit- arbeiter 6 zur Entgiftung yon Aminopterin gewichtsm~Big etwa die 21/2fache Menge Folinsaure geniigen soil, wenn diese 1 Std vor dem Aminopterin eingespritz$ wird. Andererseits lal~t sich die hemmende Wirkung yon Aminopterin auf I-Iiihnerembryonen selbst durch hohe Dosen yon Folins~ure nicht aufheben 7. l~ach den Untersuchungen yon BETHELL s sollen leuk~mische Zellen im Blur einen hSheren Folins~ure- gehalt haben als normMe Leukocyten.
Ober den Wirkungsmechanismus der Folinsaure ist folgendes bekannt : Bet der Bakteriostase yon E. Colt durch Sulfonamide wurde yon WOLL]~Y
622 CAaL DrrT~AR:
und PRINGLE 9 4-Amino-5-carboxyamidoimidazol als Zwischenprodukt der Pu~insynthese isoliert. Diese Verbindung ]gl~t sich dureh Formy]- : pteroinsgure (Rhizopterin) in Xanthin fiberffihren 1~ Ferner wurde yon PLA~T und Mitarbeiter n nachgewiesen, dab Formiat (mit C 14) in Gegen- wart yon Folins~ure in vivo beschleunigt in der Rattenleber aufgenommen wird. Folinss spielt also als Ubertr~ger yon Formylgruppen bei der Purinsynthese im Organismus eine wichtige l~olle. Aminopterin hemmt als Antagonist der Folins~ure diese Reaktion, ws Thymin, wenn es als Desoxyribosid aufgenommen wird, diese Hemmung zum Teil auf- heben so]l. Die I~emmung der Purinsynthese hat weiterhin auch fiir die Nucleinsiiuresynthese schwerwiegende Folgen, die an einem Auf- hSren der Ze]lteilungen zu erkennen sind.
Neben den Antagonisten der Folins~ure wurden auch Ana]oga yon Purinen, die in Nucleins~uren vorkommen, auf ihre hemmende Wirkung gegen Bakterienkulturen, Protozoen und tierisehe Gewebe untersucht. Dabei zeigte sieh ein Protozoon Tetrahymena gelii - - , das in seinem Aminos~ure- und Vitaminbedarf if~hnlichkeit mit Geweben yon Wirbel- tieren hat, aber im Gegensatz zu diesen Guanin und Uracil zum lNuclein- ss braueht, auBerordentlich empfindlich gegen Guaninmange]. Darum wirkte auch ein Analogon des Guanins, das 5-Amino-7-oxy- 1 It-v-triazolo-d-pyrimidin ( ,Guanazolo") sehr toxiseh auf dieses Proto- zoon im Gegensatz zu anderen Purinanatogen, die nur einen geringen Ein- fluB darauf batten. KIDDER und DEWEY 12 untersuchten diese Verbin- dung aueh bei einem Impiadenocarcinom der Maus und fanden eben- falls eine Hemmung des Wachstums dieses Tumors, ebenso bei M~usen des A-Stammes mit einer Impfleuks Sie schlossen daraus, dab die Tumorzelle gegenfiber der normalen in ihrem Purinstoffwechsel abge- wandelt sein mfisse, da die normale Zelle nur Adenin und kein Guanin bei der Nucleins~uresynthese aufnimmt. Andere Untersucher konnten dies jedoch nicht bests denn es gibt eine Reihe yon Tumoren, vor allem Sarkome, die auf Guanazolo nicht reagieren 14. HIRSOHBERG und Mitarbeiter 15 glauben, dab dies mit der Desaminierung yon Guan- azolo zum~unwirksamen Azoxanthin im Zusammenhang stehe, da Homogenate eines gegen Guanazolo resistenten Sarkoms diese Substanz auch leieht desaminieren, w~hrend das beeinfluBbare Adenocareinom dies nicht rut. DaB Guanazolo tatss in die Ribonucleins~ure- fraktion yon Dfinndarm und Tumoren aufgenommen wird, zeigten BEN- NETT und Mitarbeiter 16 mit Guanazolo, das in 2-Stellung durch C 1~ markiert war. Ober eine Hemmung der Mitosen im Dfinndarm und Brown-Pearee-Tumor des Kaninchens berichten S~A~IRO und Mitarbei- ter 17 und fiber eine VerzSgerung des Erscheinens der Sehneidez~hnebei jungen M~usen dutch Guanazolo MEYER und Mitarbeiter is. Guanazolo beeinfluBt also auch das Wachstum yon normalem K6rpergewebe.
Die Wirkung yon Folins~ure-Antagonisten usw. 623
Der Zweck unserer Untersuchungen war, festzustellen, ob auch das Ehrlich-Carcinom durch Aminopterin und Guanazolo im WaChstum ge- hemmt wird und ob dutch eine Kombination beider Substanzen sich eine Potenzierung tier Wirkung erzie!en l~l]t. Ferner ob die Aminopterin- wirkung durch Folins~ure bzw. Thymin zum Tell aufgehoben wird.
Bei unseren Versuchen wurden M/ruse mit 0,1 cm 3 einer Carcinom- zellensuspension subcutan geimpft. Die Versuchstiere bekamen dann 2 Tage nach der Impfung alle 2 Tage eine Injck~ion yon 0,1 cm a einer 0,003--0,004%~gen LSsung yon Aminop*erin in physiologischer Koch- salzlSsung. Guanazolo wurde in 0,4 % igor LSsung gespritzt (0,1--0,2 cm 3) und Folins/iure in 0,15%iger LSsung, also gewichtsm/fftig alas 50fache des Aminopterins (1 cm 8 i. p. 1 Std vor der Injektion von Aminopterin). Die Tiere wurden 9--11 Tage nach der Impfung getStet and die Tumoren der Versuchs- und Kontrolltiere (die die gleiche Menge physiologischer KochsalzlSsung injiz~ert bekamen) gewogen. Die Differenz der Mittel- wer~e zwischen Kon*rollen und Versuchstieren wurde auf ihre Signifi- kanz untersucht.
Ergebnisse. I. Die Mittelwerte der Tumorgewichte der Versuchstiere ]iegen beim
Versuch mit Aminopterin wie bei dem mit Guanazolo unter denen der Kontrollen, jedoch ist t nur beim Aminopterinversuch s~gnifikant.
II . Auch bier besteht eine D~fferenz zwischen Kontrollen und Ver- suchstiercn , aber t ist nicht signifikant (Azothymin ~st ein N-haltiges Analogon des Thymins: 3,5-Dioxy-6methyl-1, 2~ 4-triazin).
I I I . Wird in einer VersuchsreJhe Aminopterin, in den beiden anderen auBerdem noch Thymin bzw. Azothymin gegeben, so ist t in allen 3 Ver- suchsreJhen signifikant. Der Zusatz yon Thymin und yon Azothymin ist ohne EinfluB. Die etwas st~irkere Wachstumshemmung in der Ver- suchsreihe mit Thymin liegt noch inncrhalb der Fehlerbreite.
IV. t ist wie in Versuch I itir Aminopterin signifikant. V. In beiden Versuchsreihen (Aminopterin -4-, Folins/ture, Aminopterin
~- Guanazolo) sind die t-Werte signifikant, jedoch beobachtet man keinen EinfluB beidcr Substanzen auf die Aminopterinhemmung. Auch in Vet- such VI und VII hebt Folins/ture diese Hemmung nicht auf. Dagegen vers~/irkt Guanazolo in Versuch VI, VII und VII I die Wirkung des Aminoloterins.
IX. Erst bei hSherer Dosierung yon Guanazolo hat man (im Gegen- satz zu Versuch I) eine deutliche tIemmung des Tumorwachstums. Da- gegen ist die Wirkung des Aminopterins, das bei einer Versuchsdauer yon 11 Tagen nur 2real injiziert wurde, geringer.
_&us diesen Versuchen geht hervor: 1. Aminopterin hemmt immer das Tumorwachstum selbst in sehr kleinen Mengen (3y/Maus), wenn es
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Die Wirkung yon Folins~ure-Antagonisten usw. 625
in 2 T a g e n A b s t a n d y o n de r l m p f u n g ab wi~hrend de r g a n z e n Versuchs -
ze i t i n j i z i e r t w i rd . GrSBere M e n g e ~ u n d hguf ige re I n j e k t i o n e n w i r k e n
t ox i s ch . 2. G u a n a z o l o i s t k a u m t o x i s c h , w i r k t a b e r n u r in r e l a t i v groBer
MeRge u n d w e n n d a u e r n d in j i z i e r t w i rd . 3. B e i e ine r K o m b i n ~ t i o n y o n
A m i n o p t e r i n + G u a n a z o l o w i r d d ie W ~ c h s t u m s h e m m u n g de r T u m o r e n
e twas v e r s t g r k t , e ine P o t e n z i e r u n g w i r d j e d o c h n i c h t b e o b a c h t e t .
4. Fo l i n s~u re h e b t , obg le ich die 50fache Dos i s i m Verh i i l t n i s zu A m i n o -
p t e r i n g e g e b e n wurde , de s sen W i r k u n g n i c h t ~uf. D ies s t e h t im E i n -
k l a n g m i t d e r B e o b a c h t u n g y o n K A n ~ o r s K u 7, d a g die W a c h s t u m s -
h e m m u n g y o n H f i h n e r e m b r y o n e n se lbs t d u t c h g r o g e M e n g e n y o n Fo l in -
si~ure n i c h t a u f g e h o b e n wi rd . 5. A u c h T h y m i n heb* d ie A m i n o p t e r i n -
w i r k u n g n i c h t auf .
L i t e r a t u r .
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