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[zeitschr. fi Untersuehung 824 R. Sendtner, Die Wirkungcn des Margarinegesetzes. kd. Naln'.-u. Gem~ssmitteL
Zum Sehlusse bleibt mir noeh die angenehme Pflicht, t terrn Dr. J. M a y r -
bo re r , Vorstand des chemisehen Untersuchungsamts der Provinz Rheinhessen,
in dem diese Arbeit angefertigt wurde, hiermit meinen besten Dank abzustatten fttr die freundliehst gewi~hrte F6rderung bei ihrer Anfertigung.
Die Wirkungen des Margarinegesetzes im Hinbliek auf unsere vorj~thrigen Berathungen.
Von
1%. Sendtner in Miinchen.
Vortrag, geh~ltea a~f der 19. J~hrosvers~mmlung der freien Vereinigung bayerischer Vertreter der angewandten Chemie zu Bamberg.
u Anwesendei Ich babe nieht die Absieht, Ihnen - - wie in der vorjahrigen Versammtung - - einen anderthalbsttindigen Vortrag zu halten, ieh will Ihnen vielmehr nur ganz kurz den heutigen Stand der Sache darlegen
und die daraus entstehenden Folgerungen Mar zu legen versuehen.
Sie erinnern sieh vielleieht nieht mehr genau an unsere vorj~thrige
Resolution, die folgendermaassen lautete: ,,Wir sind keineswegs mit der Fassung des Gesetzes vom 15. Juni 1897
einverstanden - - aber so, wie sie nun einmal vorliegt, fallen naeh unseren Erfah- rungen die ktinstlieh dem Butterschmalz ahnlich gef~rbten Speisefettzubereitungen - - ohne Rtieksieht auf ihre Konsistenz - - Unter den Begriff ,,Margarine".
Vielleicht erinnern Sie sieh auch daran, dass nur aeht Tage spater der Verband selbst~ndiger 6ffentlicher Chemiker dieser Erkl~rung folgende Reso-
lution entgegensetzte: ,,Von Natur oder dureh Zusatz eines Farbstoffes gelb gef~trbte Fette k6nnen
dieser ihrer Fi~rbung wegen allein niemals als dem Buttersehmalz ~hnliehe Zubereitungen im Sinne des Margarinegesetzes betrachtet werden. Es sind
auch vielmehr noeh andere Merkmale, wie Konsistenz, Gerach und Gesehmack,
zur Beurtheilung heranzuziehen". Diese einander so widerspreehende n Resolutionen hubert seiner Zeit begreif-
tieher Weise grosses Aufsehen erregt.
Es liegt mir fern, Sie heute mit einer Kritik der ]etzteren zu ermttden.
Wie Sie wissen, griindete sich die yon uns gefasste Resolution auf eine Erfahrung
von 10 Jahren - - welcher Art diese war, babe ich im vorigen Jahre in Wiirz- burg eingehend gesehildert. Indess ieh mass gestehen, aueh die gefassten Besehliisse des genannten u haben ihre Bereehtigung, wenn man "con den Ihnen geschilderten Verh~tltnissen, wie sie bei uns in Bayern zehn Jahre hindureh herrsehten, absieht.
Die Frage ist ftir uns heute nun die: ,,Wie haben sieh die Gerichte zu den
Resolutionen beider Verbi~nde gestellt - - und was folgt ftir uns nun aus deren Stel lungnahme ?"
Jahrgang 1900. 7 R. Send tne r , Die Wirkungen des Margarinegesetzes. 825 D e c e m b e r . _f
Ein e igenthf imlicher Zufall Kigte es, dass sich das Reicbsger icht mit diesen
F r a g e n am g le iehen Tage im gleichen Jahre noch beseh&ftigte win der V e r ba nd
selbst&ndiger 6ffentlicher Chemiker. Es handel te sich um e inen b e k a n n t e n Fa l l
in Mtinchen, in we]eher Saehe der S taa tsanwal t gegen das f re isprechende
Urthei l des Kgl. Landger ieh tes Miinchen I Revision e ingelegt hatte. In se iner
Si tzung am 3. J u n i 1899 hat das Reichsger icht die Revision des Staats-
anwal tes verworfen. In diesem Erkenn tn i s s des Reiehsgerichtes ist n u n
zum ers tenmal eine e ingehendere Erkl~trung des Begriffes ,,~thnlieh" im Sinne
des Margarinegesetzes gegeben. Die Stelle ist fiir die sp~tere Auffassung ande re r
Gerichte za wicht ig gewesen, a]s dass ich sie hier n ieht wOrtlich anft thren mfisste.
Sic laute t fo lgendermaassen :
,,Es kommt also darauf an, ob das tlollenfett lure solches handelte es sich ns in diesem Falle.] dem Butterschmalz s i s t . . . Der Begriff der Aehnlichkeit ist aller- dings iiberaus unbestimmt. Im gewShnlichen Sprachgebrauch, also abgesehen yon der hier nieht verwerthbaren fachwissenschaftlichen Bestimmung des Begriffes Aehnliehkeit in der Geo- metric, bezeiehnet man als Aehnlichkeit die Uebereinstimmang mehrerer Merkmale (Adelung) allenfalls mit dem Beisatze: sich der Gleichheit n~hernd (Sanders) , der Uebereinstimmung annahernd (Weigand), an das Gleiche riihrend, nieht vSllig gleich (Grimm). Es besteht kcin Grund fiir die Annahme, die Sprache des Gesetzes habe sich yon diesem Spraehgcbrauch entfernen wollen; vielmehr wurde nine sich so sehr der vSlligen Gleichheit a l le r Merkmale nShernde Uebereinstimmung der Margarine mit der Butter, dass sic nut mittels schwieriger, chemischer Untersuehang unterschieden werden kSnnen, als nicht seltener Grad der Aehnlich- kei~ beider Stoffe bezeiehnet. (Vergl. Stenogr. Bericht des Reichstags 1895/97, Band VII S. 5483; Dracksachen des Reichstags 1887, Band I, No. 16, S. 39). Das ist mm frei[ieh nur die obers te Grenze nach der Seite der Gleichheit; bis zur untersten, wo die Aehnlichkeit aufh6rt and die Unahnliehkeit anffmgt, ist ein welter Spieiraum, diese Grenze selbst abet ist tliessend und schlechthin unbestimmbar. Denn selbst eine Abgleichung zwischen der Zahl der iiberein- stimmenden und der Zahl der nieht abereinstimmenden Merkmale a l l e in f~hrt nieht zum Ziele, da nicht nut die Zahl, sondern auch die innere Bedeutsamkeit der einzelnen Merkmale zu beachten ist, und diese ein der arithmetischen Abgleiehung entgegengesetzes Ergebniss haben kann. Daraus ergiebt sieh, dass die Feststellung der Aehnlichkeit nieht nur die Aeusser- ]ichkeit, sondern aueh die inhere Beschaffenheit berficksichtigen muss nnd aaf deren Vergleichung beruht, somit Sache der Beweisfiihrung und wegen dieser thats~chlichen Natur der Revision entzogen ist. Diese Beweisffihrung hat die Strafkammer zu der Feststellung gefiihrt, ,dass das Rollenfett n l c h t Butterschmalz ~hnlieh sei". - -
,Des in der Revision anfgestellte Reehtssatz, dass jedes Pet% das als Ersatz ftir Butter- schmalz dient, unter den Begriff ,,3s falle, sobald es in der Farbe dem Butter- schmalz gleiehe, ist rechtsirrig, denn sonst wiirde auch SpeiseS1 yon dieser Farbe unter jenen Begriff fallen. Auch der Gebrauchswerth ist kein Aehnlichkeitsmerkmal~ well er mit dem Begriff nines Ersatzmittels yon selhst nothwendig verbunden ist, aber dessert besondere Eigen- schaft, dem Butterschmalz ~hnlich zu sein, nicht vertritt. ~ i t Recht hat die Strafkammer den ganzen ,,Komp]ex" der wahrnehmbaren Erscheinung in Betracht gezogen und nach dem daraus gewonnenen Eindruck entsehieden. Die yon der Revision angefiih.rte Stelle der technischen Erl/~uterungen zum Entwurfe des Gesetzes sagt ausdr/icklieh: Margarineschmalz ~hnelt in Fa rbe , Aussehen , ausserer Bescha f f enhe i t , some dem Geruch and Geschmaek , dem . . . . Butterschmalz . . . . Unter der ,,/~usseren Beschaffenheit ~' neben der Farb% dem Aussehen u. s. w. kann nicht wohl etwas Anderes verstanden werden, als was die Strafkammer die Konsistenz und das Gefiige nennt. Wenu sie dagegen Farbe, Geruch end Geschmack ffir nieht entscheidend erM~rt, so kann dies, fails diese Eigenschaften im gegebenen Falle weder
FZeitscllr. f. Untersuc]mng 826 R. Sendtner, Die Wirkungen des ~Iargarinegesetzes. l_d. Nahr.- u. Genussmittel.
fiir, noch gege~ die Schmalzahnlichkeit sprechen -- was Thatfrage ist -- nicht f(ir rechtsirrig erklart werden. Ob night a~ch die innere stoffliche Besch~ffenheit zur Begr[indung des Urtheils h~ttte herangezogen werden k5nnen (vergl. Drtlcksact~en des Reichst~ges 1887, No. 105, S. 73, H. II und S. 74, H. III) k~nn datlin gestellt bleiben, da d~s Urtheil schon duret~ die daf[ir angegebenen Griinde getr~gen wird -- -- - - . "
So spraeh sieh ~lso das Reiehsgerieht fiber den Begriff ,,~thnlieh" aus. Sie
ersehen daraus, dass diesel~ Begriff im reehtliehen Sinne, weleher den ganzen Komplex der vorherrsehenden Erscheinung beriieksiehtigt, einigermaassen kom-
plieirter Natur ist, zu dessen Definition sogar unsere bertihmtesten Germanisten
herhalten mussten. Sie ersehen aber aueh daraus, dass dieser Begriff Seitens des Reichsgerichtes, zwar nieht ganz, aber doeh grossentheils im Sinne der
seitens des Verbandes selbstandiger 0ffentlieher Chemiker gefassten Resolution
aufgefasst wird. Da diese Begrtindung, wie ich nun gleich anffihren will, aueh ftir die
darauf tblgenden Entseheidungen anderer Gerichte maassgebend blieb, ist es
ganz zweeklos, sieh in eine Kritik derselben "con unserem Standpunkte aus neuerdings zu vertiefen. Trotz meiner gelegentlieh der sp~iteren Geriehts-
verhandlungen vorgebraehten Ausffihrungen hielten sieh die Geriehte, wenigstens
die Miinehener Strafkammer, an diese Begrfindung. Eiaes darf ich aber bier nieht nnerw~ihnt lassen, dies betrifft das obige
Citat in der Begrfindung aus den ,,Teehnischen Erl~iuterungen". Der Staatsanwalt hatte n~imlieh, da ieh ibm die ,,Teehnischen Erl~iuterungen" zur Begrtindung seiner
Revision ttberlassen hatte, ganz richtig citirt, was unter dem Kapitel I I ,,Ueber Butterschmalz und Margarineschmalz" Seite 72 nnd 73 dort steht. Es heisst
dort namlich beztiglich der b e s s e r e n Sorten Margarineschmalz ,;diese werden
in ~ihnlieher Weise hergestellt wie das Butterschmalz" (folgt nun die Beschrei- bung ihrer Herstellung). Und dann heisst es weiter ,das auf diese Weise
gewonnene Margarineschmalz ~ihnelt in F a r b e , A u s s e h e n , ~ tusserer Be- s c h a f f e n h e i t sowie G e r u e h und G e s c h m a e k dem guten, sorgf~iltig her-
gestellten Buttersehmalz". Unmittelbar darauf verbreiten sieh nun die ,,Teehnisehen Erl~tuterungen"
fiber die g e w b h n l i e h e r e n Sorten Margarineschmalz in folgender Weise ,,man sehmilzt verschiedene Fette und Oe]e bei niedriger Temperatur zusammen, mischt die nbthige Menge Butterfarbe hinzu und llisst die Misehung krystalli-
siren". Von so gewonnenem Margarineschmalz spreehen sieh des weiteren
(S. 73) die ,,Teehnisehen Erlauterungen" dahin aus ,,dasselbe hat nur das i iusse re
A u s s e h e n des Buttersehmalzes, b e s i t z t a b e t k e i n B u t t e r a r o m a " . Gerade auf diese ffir unsere Stellungnahme im vorigen Jahre wiehtigste
Stelle hatte der Staatsanwalt in seiner Revisionsbegriindung allen Naehdruek gelegt - - und gerade diese Stelle hat das Reiehsgerieht g~tnzlieh unberficksiehtigt
gelassen. Mit anderen Worten, die amtliehen ,Teehnischen Erlauterungen"
zum Gesetzentwurf yon 1895 besitzen ffir die Geriehtsbehbrde gar keine
Beweiskraft.
J~hrgang 1900. 7 December. ] t~. Sendtner, Die \Virkungen des 5Iargarinegesetzes. 827
Hiervon mieh noeh mehr zu i iberzeugen, fund ieh bald darauf in einer anderen Frage die sehSnste Gelegenheit. Ich werde bei Besprechung dieser Frage hierauf zurCtckkommen.
Die allern~tehste Wirkung dieses Erkenntnisses des Reichsgerichtes war die, dass, wie sehon erw~thnt, beztiglich der gef~irbten Rollenfette, bezw. des gef~rbten Oleomargarins iiberall Freispreehungen erfolgten.
Muncher yon Ihnen erinnert sieh vielleieht an meine vorfiihrigen Mit- theilungen in Wtirzburg, worin ieh unter Anderem aueh auf das so h~tufige Vorkommen von Margarinesehmalz (Ende der 80-er und am Beginn der 90-er Jahre) hinwies, das aus Gemisehen yon Rindsfett (premier jus) mit Cotton61 bestand, das aber Seitens der Fabr ikan ten d~mals als ,,Margarine" in den Handel gebraeht wurde. Dieser Arten yon Margarinesehmalz ist in den teehnisehen Erl~uterungen, wie ieh soeben andeutete, ausftihrlieh gedaeht.
Ein Mttnehener Fabr ikan t verlegte sieh nun Ende der 9 0 e r Jahre eben- fMls auf die Herstel lung soleher Misehungen, d ie er dann naeh bekannten Mustern ebenfalls in Rollenform braehte; ~aber er hatte die Dreistigkeit, diese Rollenfette als , , g a r a n t i r t r e i n e s , d o p p e l t r a f f i n i r t e s R i n d e r f e t t " in den Handel zu bringen.
Das braehte den Mann vor das Gerieht wegen fortgesetzten Vergehens naeh w 10 Ziff. 1 des Nahrungsmittelgesetzes, reehtlieh konkurr i rend mit einem solehen naeh w167 6, 14 Ziff. 3 des R.G. vom 15. Juni 1897, betr. den Verkehr mit Butter etc., im Zusammenhalt mit Ziff. 1 der Bekanntmaehung des Reiehskanzlers vom 4. Juli 1897, betr. Best immungen zur AusftihrUng dieses Gesetzes etc. etc.
Diese Besehlussfassung ging yon der Voraussetzung aus, dass die "r dem betr. Fabr ikan ten verf~lsehte Waare als eine dem Buttersehmalz ahnliehe Zu- berei tung im Sinne des w 1 des eit. R.G. zu gelten habe.
Die Hauptverhandlung am 16. Februar 1900 endete mit der Verurtheilung des Angeklagten wegen Nahrnngsmittelf~isehung, dagegen kam der Geriehtshof nieht zur Ueberzeugung, dass gleiehzeitig eine Verfehlung gegen das Margarine- gesetz vorliege.
Ieh kann mir nieht versagen, aus den Entseheidungsgriinden die wiehtigsten Stellen anzut'tihren, sehon aus dem Grunde nieht, well, wie Sie sogleieh sehen werden, die S t ra fkammer des Kgl. Landgeriehtes Miinehen I hierin n0eh viel
welter gegangen ist, als das Reiehtsgerieht. Im Verlauf der Hauptverhandlung hatte ieh Gelegenheit genommen, den
betreffenden Absehnitt der ,,Teehnisehen Erl~tuterungen" tiber Margariaesehmalz dem Geriehtshof vorzulesen, ja aueh auf Wunseh eines Riehters dieselben behufs Urtheilsbegrttndung iiberlassen. Obwohl nun die ,,Teehnisehen Erl~ute- rungen", gegrttndet auf die Erfahrungen zahlreieher Beobaehter und eigener Beobaehtungen, besagen: ,,das dureh einfaehes ]?~irben und Krystall isiren von Fet tgemisehen gewonnene Margarinesehmalz hat nur das ~ussere Aussehen des Buttersehmalzes i besitzt aber kein Butteraroma" spreehen sieh die Entseheidungs- griinde im angezogenen Falle folgendermaassen aus:
[-Zeltschr. f. Un t e r suchung 828 R. S e n d t n e r , Die Wirkungeu des ~[argarinegesetzes. LtL N~ln..-u. GenussmitteL
,,Bei Feststellung der Aehnlichkeit muss der gauze Komplex der wahrnehmbaren Er- seheinung und ferner die inhere Beschaffenheit beriieksichtigt werden.
In letzterer Beziehung kommt in Betraeht, dass Butterschmalz nur Milehfett eath~lt, dass aber hiervon im Fabrikat des Angeklagten keine Spur ist, dass der yon demselben ver- wendete Fettstoff ~on Butterschmalz grundverschieden ist.
Die ~ussere Erseheinung hat zwar etwas mit Buttersehma]z gleieh . . . . auf G e r u c h und G e s c h m a e k wird abet anerkanntermaassen bei Spelsefetten und Schmalz das gr5sste Gewicht gelegt. Diese ]~{erkmale sind hier so ungleiehartig~ dass man schon daraus die Un~hnlichkeit ab- leiten muss. Das Aussehen ist, se lunge das Fett in Relleu ist uad seinen urspr[mgliehen Festigkeits- grad hat, vSllig anders. Erw~rmt und zerdr~ickt ist alas fragliche Rinderfett zwar aueh welch, aber nicht so kSrnig wie Buttersehmalz, sondern mehr salbenartig.
Hiernaeh begri~ndet sieh die Ansehauung des Gericht~s, dass das yon dem Angeklagten hergestellte Rinderfett, wenn aueh ein geringer Grad yon Aehnliehkeit in einzelnen Merkmalen vorhanden ist, doeh im Gresseu and Ganzen eine dem Buttersehmalz un~hnliche Zubereitung ist." - - - -
Diese Ausf f ih rungen h a b e n selbst im Kre i se unse r e r Gegne r KopfschiJ t te ln
er regt . Doeh es k o m m t noeh ~rger .
Der Eine oder_ A n d e r e yon Ihnen e r inne r t s ich v ie l l e i ch t e iner k u r z e n
Mi t the i lung in den F o r s e h u n g s b e r i e h t e n ' ) be t i t e l t , ,Zur U n t e r s u c h u n g yon Mar-
gar ine" , wor in ich un te r A n d e r e m aueh des Ende de r 80-er a n d a m Beg inne
der 90-er J a h r e ge l egen t l i chen V o r k o m m e n s yon M a r g a r i n e s e h m a l z gedaeh te ,
das aus Gemisehen yon Rindsfe t t und K o k o s a u s s b u t t e r und e twas Bu t t e r f a rbe
bes t and , das a b e r se i tens de r F a b r i k a n t e n d a m a l s noeh als , , ~ a r g a r i n e " in den
H a n d e l g e b r a e h t wurde . Auch diese Ar t von Marga r ine schma lz e rwahnen die
, ,Technischen Er l i iu te rungen" .
Derse lbe F a b r i k a n t , dessen ich soeben g e d a c h t e , v e r l e g t e sich noeh
am Sehluss des vo r igen J a h r h u n d e r t s ebenfa l l s a u f d ie He r s t e l l ung so leher
Misehungen, die er d a n n nach b e k a n n t e n Mustern seh6n ge lb gefi irbt , ebenfa i l s
in Rol lenform, in den H a n d e l b r a e h t e ; n u r ha t te de r Mann aueh hier die Stirn,
d iese Rol lenfe t te , a lso Misehungen von Rinder fe t t mi t K o k o s n u s s b a t t e r als
,,gara-ntirt reines, doppe l t raf f in i r tes R inder fe t t " in den H a n d e l zu b r ingen .
Das b r aeh t e den Mann w i e d e r u m vor Ger ich t - - a l l e rd ings nu r m e h r wegen
Vergehens wider das N a h r u n g s m i t t e l g e s e t z - - denn bez t tg l ieh de r A n k l a g e
wegen e ines we i t e ren Ve rgehens mi t Bezug a u f das M a rga r ine ge se t z ha t te m a n
nach d e m A u s g a n g de r v o r i g e n Saehe selbst an m a a s s g e b e n d e r Stel le die
Lus t beg re i f l i ehe rwe i se v e r l o r e n .
Der Mann w u r d e se lbs tve r s tgnd l i eh wegen N a h r u n g s m i t t e l f a l s e h u n g ver -
ur thei l t . T r o t z d e m die A n k l a g e b e h 6 r d e v e r m i e d , das Marga r inegese t z heran-
zuziehen, war es n ieh t zu u m g e h e n , dass in de r H a u p t v e r h a n d l u n g d ie F r a g e ,
wie d e n n ein de r~r t iges P r o d u k t r i ch t ig zu benennen sei, e r6r te r t wurde . I eh
b l ieb na t t t r l i ch d a b e i zu e rk l a r en , dass was in den J a h r e n von 1887 bis 1897 als
, ,~Iarg~rine" in den H a n d e l g e b r a c h t worden war, aueh naeh 1897 als solche zu
b e t r a e h t e n sei. G e g n e r i s c h e r s e i t s abe r w u r d e die Ans ieh t ve r t re ten , d e r a r t i g e
F e t t g e m i s c h e dt t r f ten nach dem neueu Marga r inegese t z u n g e h i n d e r t reich u n t e r
1) Forsehungsberiehte fiber Lebensmittel etc. 1895, 2, 116.
Jahrgang 1900.~ December. J R. Sendtner, Die Wirkungen des Margarinegesetzes. 829
beliebigen Phantas ienamen in den Verkehr gebracht .werden, sie fielen nicht
unter das Margarinegesetz, sie seien weder dem Butterschmalz ~hnlich, noch
kSnnten sie, da sie ja gelb gefiirbt werden, dem Schweineschmalz ~hnlich, als
,,Kunstspeisefett" im Sinne dieses Gesetzes aufgefasst werden. Beztiglich des letzteren Punktes war auch ich derselben Ansieht,
Diese in 5ffentlicher Gerichtssitzung yon S o x h 1 e t abgegebene Aeusserung,
bewirkte nun, dass die im ZuhOrerraum anwesenden Speisefett-Fabrikanten, d. h. Rollenfett-Fabrikanten, um reich ,,moderner" auszudrficken, in einige
Aufregung geriethen. Wenn dies gesetzlieh zul~issig ist, sagten sieh dabei die reellen Fabrikanten,
dann ist dem unlauteren Wet tbewerbe Tht~r und Thor ge6ffnet. Nachdem sieh die Geriehte auf den Standpunkt des Verbandes selb-
standiger 5ffentlicher Chemiker geste]lt haben, ist die yon genannter autori= tativer Stelle geausserte Ansicht unzweifelhaft zutreffend - - da haben Sie nun
die Konsequenzen ! Die damals im Zuh6rerraum anwesenden Fabrikanten waren sieh anfitng-
lieh rathlos; alle, ja selbst die Berliner Markthallenzeitung, an welehe sieh die- selben gewandt hatten, waren der lV[einung, die obige Aeusserung S o x h l e t ' s , sei nicht zutreffend, hier l~ge zweifellos ,,Kunstspeisefett" im Sinne des Margarine-
gesetzes vor. Dass hier kein ,,Kunstspeisefett" im Sinne dieses Gesetzes vorliegt, lehren
folgende einfaelm Betraehtungen: Sehen wir auch ab von den ,,Teehnisehen Erl~tuterungen", die ja, wie wit
gesehen haben, ftir die Geriehte, wenn aueh nicht LuR sind, so doeh ,~jenseits
yon Gut und BSse" zu liegen seheinen und die ausdrticklich sagen (SeRe 92):
,,Da die Kunstspeisefette Nachahmungen des Sehweinesehmalzes sein sollen,
mfissen sie eine w e i s s e F a r b e haben", so wird doeh jeder Mensch zugeben mfissen, dass bei einigem BegriffsvermSgen ein gelbgef~rbtes Fett mit dem - -
bis heute ja noch - - weissen Schweinefett nieht verweehselt werden kann. Es w~tre ja m~Sglieh, dass einmal eine Zeit kommt, wo auch Sehweine gewisser
Gegenden yon Natur aus gelbes KSrperfett ansetzen; vorl~tufig aber glaube ich,
wird kaum Jemand ein gelbgef~rbtes Speisefett ffir dem Sehweineschmalz ~thn-
lich halten - - ja ieh glaube sogar welter gehen zu dfirfen und zu sagen ,ein Sehweineschmalz, das kttnstlich gelb gef~rbt wurde, wird durch diese Manipulation
derart beeinflusst , dass es kaum Jemand noeh ftir Schweinefett halten wird.
In e inem solehen Falle wttrde also in der Farbe jedenfalls ein in die Augen springender Untersehied auffallen; die Farbe allein wtirde hier sehon ein Kenn-
ze iehen der , U n ~ h n l i e h k e i t " sein. Wenn Sie die yon dem Verbande selbst~tndiger 5ffentlicher Chemiker
gefasste Resolution 3 berfieksiehtigen, die folgendermaassen lautet:
,,Thier- oder Pflanzenfette k6nnen ihrer F~rbung wegen allein niemals
als dem Sehweineschmalz 5hnliehe Zubereitungen im Sinne des Margarine- gesetzes betracb~et werden, auch sie kSnnen solehe erst werden dutch gleieh-
830 Refer~te. Fleisch, Fleischwaaren u. di~tet. N~ihrmittel. FZeitschr' f" Untersuehung - - k d . N e b r . - u . G e n u s s m i t t e l .
zeitiges Vorhandense in yon der dem Sehweineschmalz ahn l ichen Konsistenz,
sowie dem Schweineschmalz ahn l ichem Geruch u n d Geschmack" - - so werden
Sie mir wohl zugeben, dass die Farbe , wenn nicht als H a u p t m e r k m a l der Aehn-
l iehkeit , so doch als H a u p t k e n n z e i c h e n d e r , U n ~ t h n l i e h k e i t " w i rken kann .
Dies trifft n u n bei dem soeben besprochenen Fet tgemisch aus Kokosnuss-
but ter , Rindsfet t u n d But ter farbe zweifellos zu - - aber ebenso zweifellos trifft
d a n n derselbe Unterschied , d. h. die Un~thnliehkeit zu bei a l len ande ren Fet t-
gemischen, die ungef~trbt als ,Kunstspeisefe t t" im Sinne des Gesetzes zu ge l ten
hatten, im ge lbgefa rb ten Zus tande aber mit dem Sehweinesehmalz n icht zu ver-
wechseln sind.
Darum k6nn te man den K u n s t s p e i s e f e t t - F a b r i k a n t e n den Rath geben :
,,F~trbt Eure F a b r i k a t e gelb - - dem But terschmalz ~thnlich - - d a n n macht Euch
des Margai:inegesetz ke ine Serge mehr!"
, ,Margarine fabr ic i r t Ih r n icht (Vergl. die ger ieht l iehen En t sche idungen !) - -
abe r auch nicht Kunstspeisefe t t im Sinne des Gesetzes, denn als solche werden
dort n u r die dem Schweinefet t ~thnlichen, also w e i s s e n Zubere i tungen , de ren
Fe t tgeha l t n icht aussehliessl ich aus Sehweinefet t besteht, ve r s tanden ."
Dem gewShnl ichen Sprachgebrauche nach fabricir te der erw~thnte Fabr i -
k a n t a l le rd ings , ,Kunstspeisefette" - - ebenso wie der Marga r ine fab r ikan t niehts
anderes als , ,Kunstspeisefett, oder Kuns tbu t t e r " herstellt , u n d der Eine wie der
Andere beg inge ke ine Ti~uschung in Hande l a n d Verkehr , w e n n er seine Er -
zeugnisse so beze ichnen wttrde; - - aber das Margar inegesetz wil l eben doeh
anders l
Es wird Sache der maassgebenden Stel len sein, daffir zu sorgen, dass die
Abs ich ten des Margar inegesetzes besser erreicht werden, als bisher.
W i e d e r h o l t m u s s i c h e r k l i ~ r e n , d a s s e s g a n z v e r f e h l t i s t , i m m e r
a n d i m m e r w i e d e r a u f V e r s e h ~ t r f u n g e n d e r K o n t r o l l e z u d r i n g e n u n d
d a m i t F a b r i k a n t e n u n d H a n d l e r z u b e l ~ t s t i g e n , e h e n i c h t d i e L i i e k e n
d e s G e s e t z e s , d i e t h a t s ~ t c h l i e h b e s t e h e n , a u s g e f f i l l t s i n d .
R e f e r a t e .
Fleisch, Fleischwaaren und di~tetische ~iihrmittel.
J . W . ~ [ a l l e t : Die p h y s i o l o g - i s c h e W i r k u n g " y o n K r e a t i n u n d K r e a t i n i n u n d i h r W e r t h a ls N a h r u n g s m i t t e l . - - Chem. News 1899, 80, 43--45, 54--56, 69--71 und 77--78.
In Rficksicht auf den hoheu Gehalt des Fleischextraktes an basischen Substanzen erschien es wfinschenswerth, den N~thrwerth derselben festzusteIlen, um so mehr als die Ansichten der Physiologen in dieser Itinsieht auseinander gehen. Der Verf. ffihrt die einschl~g'ige Litteratur und die yon M u n k , Meissen~ Voi t und R u b n e r ausg'e- ffihrten Thierversuche an und berichtet dana fiber seine eigenen ~ diesbeziiglichen Arbeiten. Er ging' aus yon reinem, umkrystallisirtea Kreatin und Kreatinin und stellte