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Die Zaubermädchen Hokus, Pokus, Leonie & Flora, einfach magisch

Die Zaubermädchen Hokus, Pokus, Leonie & Flora, … · Vielleicht wird es ja sogar ein Christkind. Viel wich- ... »Ich habe tatsächlich mal gewonnen!«, rief Leonies Vater lachend

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Page 1: Die Zaubermädchen Hokus, Pokus, Leonie & Flora, … · Vielleicht wird es ja sogar ein Christkind. Viel wich- ... »Ich habe tatsächlich mal gewonnen!«, rief Leonies Vater lachend

Die ZaubermädchenHokus, Pokus, Leonie & Flora, einfach magisch

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In der Zaubermädchen-Reihe bisher erschienen:

Irene Zimmermann: Hokus, Pokus, LeonieIrene Zimmermann: 1, 2, 3 Leonie & der verflixte PapageiIrene Zimmermann: Simsalabim, wo ist Leonies Ring?

Maja von Vogel: Flora, einfach magischMaja von Vogel: Flora und die magischen Goldfische

Jenny Schuckardt: Jule und der SternenzauberJenny Schuckardt: Jule und der EulenzauberJenny Schuckardt: Jule und das Zauberkätzchen

Andrea Adler: Nature-Sisters total verhextAndrea Adler: Nature-Sisters: Hexenchaos im Wald

Maja von Vogel: Flora & Jule: gemeinsam magischAndrea Adler: Nature-Sisters & Leonie – gemeinsam verhext

Mehr über unsere Bücher, Autoren und Illustratoren auf:www.planet-girl-verlag.de

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Planet Girl

Flora, einfach magisch

Hokus, Pokus, Leonie

Irene Zimmermann

Maja von Vogel

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Irene Zimmermann

Hokus, Pokus, Leonie

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Ein zauberhafter Morgen

»Hallo, meine Süße! Allerhöchste Zeit. Raus mit dir aus den Federn!«

Schlaftrunken richtete Leonie sich auf und fuhr durch ihre verwuschelten Haare, während ihre Mutter mit Schwung den Rollladen hochzog. Helles Sommersonnenlicht flutete ins Zimmer und, für einen Augenblick geblendet, kniff Leo-nie die Augen zusammen.

»Es ist schon kurz nach halb acht«, hörte sie ihre Mutter sagen, die kopfschüttelnd das Durcheinander aus Anzieh-sachen, Schulheften und Büchern vor dem Bett betrachtete. »Nach der Schule ist aber Aufräumen angesagt, ja?«

»Mama, stell dir vor, ich hab von unserem Baby geträumt«,

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murmelte Leonie. »Aber ich glaube nicht, dass es alle alten Spielsachen von mir kriegt.«

Ihre Mutter lachte. »Ach Leonie, darüber musst du dir jetzt keine Gedanken machen, das dauert noch eine ganze Weile. Vielleicht wird es ja sogar ein Christkind. Viel wich-tiger ist, dass du endlich aufstehst.«

Vorsichtshalber verließ sie das Zimmer erst, als Leonie die Decke zurückschlug und die Beine aus dem Bett schwang, so als wollte sie aufstehen. Was aber nur ein Trick war: Denn kaum war ihre Mutter verschwunden, ließ Leonie sich wie-der aufs Bett sinken. Sie gähnte und zog schließlich einen großen Karton unter ihrem Bett hervor.

»Hast du auch gut geschlafen?«, fragte sie besorgt, als sie sich über Klärchen beugte.

Natürlich kam keine Antwort. Oder hat irgendwer schon mal eine sprechende Schildkröte gesehen? Leonie kicherte bei diesem Gedanken. Sie überlegte, was Klärchen ihr wohl antworten würde, wenn sie tatsächlich reden könnte, strich ihr dabei zart über den dicken Panzer, kitzelte ein wenig den faltigen Hals und schob schließlich die beiden Salatblätter zur Seite, die noch von Klärchens Abendessen übrig waren.

»Ich hoffe, du fühlst dich wohl bei mir«, flüsterte sie. »In ein paar Wochen darfst du wieder zurück zu Groß-tante Alma, dann ist nämlich dein neues Häuschen fertig.

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Schade, dass du kein Pony bist. Aber dafür kannst du natür-lich nichts.«

Klärchen hob den Kopf und musterte sie mit ihren klugen alten Augen, als habe sie verstanden. Und während Leonie sich auf die Seite drehte, sagte sie seufzend: »Weißt du, hier im Haus dürfen leider keine Tiere gehalten werden. Keine richtigen Tiere jedenfalls. Was natürlich nicht heißt, dass du kein richtiges Tier bist«, fügte sie schnell hinzu, weil sie Klärchen auf keinen Fall beleidigen wollte. »Am liebsten hätte ich nämlich ein Pony. Ein Zwergpony zum Beispiel. Das würde auch nicht viel Platz wegnehmen.«

Leonies Blick glitt über die Pferdeposter, mit denen sie die Wände tapeziert hatte. »Ja, ein Zwergpony«, meinte sie sehnsüchtig. »Von mir aus kann es auch ein besonders klei-nes sein.« Sie schloss die Augen, überlegte, ob sie es Mikka nennen würde oder vielleicht lieber doch ...

Ein Rascheln aus dem Karton ließ sie zusammenzucken. Klärchen schien ja schon recht munter zu sein.

»Leonie?«, rief die Mutter in diesem Moment und pochte an die Tür. »Was hältst du davon, endlich zum Frühstück zu kommen?«

»Ja, ja«, murmelte sie und streckte sich.Vermutlich wäre es am besten, jetzt ganz schnell auf-

zustehen und sich beim Frühstück noch mal das große Ein-

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maleins anzuschauen. Eigentlich war das Stoff der dritten Klasse, aber Frau Sieben, die Mathematiklehrerin, hatte festgestellt, dass die meisten Schüler in der Fünften es im-mer noch nicht konnten. Und deshalb war es immer wieder Hausaufgabe.

Kurz entschlossen sprang Leonie aus dem Bett; sie musste nämlich auch noch entscheiden, welche Haarspange sie an diesem Tag tragen wollte. Sie rannte zum Schreibtisch, riss die oberste Schublade auf und musterte ihren Besitz an Haarspangen in allen Farben und Formen. In Schmetter-lingsform, in Muschelform, in Blütenform ... Sie griff nach der Spange mit der rosa Schleife und fahndete gleichzeitig nach dem T-Shirt mit Sternchen, das irgendwo vor dem Bett liegen musste. Aber da war kein T-Shirt. Da war ... Leonie rieb sich verdutzt die Augen.

»Nein«, flüsterte sie ungläubig, »nein, ich träume be-stimmt.« Aber dann streckte sie doch die Hand aus und tas-tete nach dem Zwergpony, das da etwas beengt in Klärchens Karton stand und sie freundlich anschaute.

»Prinzessin, mach vorwärts!« Die Stimme ihres Vaters in der Diele klang ungeduldig.

»Bin schon fertig, fast jedenfalls«, gab Leonie zurück und fuhr noch schnell durch die Mähne des Pferdchens.

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Leonie wäre rundum glücklich gewesen, wenn es da nicht ein klitzekleines Problem gegeben hätte: Wo steckte Klär-chen? Und während das Pony ein wenig mit dem rech- ten Vorderhuf scharrte, verschwand Leonie unter ihrem Bett. Allerdings umsonst, von Klärchen keine Spur. Leo-nie robbte wieder hervor, pustete ein paar Staubflusen von ihrem Schlafanzugärmel und überlegte. Wohin hatte Klär-chen sich bloß verkrochen?

»Jetzt ist aber Schluss mit deinem blöden Versteckspiel!«, schimpfte sie.

Sie schlüpfte in ihre Jeans und griff gerade nach dem T-Shirt, als die Zimmertür aufging. Ein nasser Waschlap-pen segelte haarscharf an ihr vorbei und klatschte auf den Boden, direkt auf das Matheheft.

»Papa!«, rief Leonie mit gespielter Empörung.Sie richtete sich auf. Normalerweise gehörte zu dem Spiel,

dass sie den Waschlappen sofort zurückwarf – darin war sie Weltklasse –, doch an diesem Morgen war alles etwas anders.

»Papa! Das nächste Mal aber nicht auf mein Matheheft! Frau Sieben versteht nämlich keinen Spaß. Übrigens, hast du vielleicht eine Ahnung, warum ein ...«

Doch als sie ihrem Vater das Pony zeigen wollte, war es plötzlich verschwunden. Stattdessen hockte Klärchen wie-

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der in ihrem Karton, mümmelte zufrieden an ihren Salat-blättern – und alles war so wie immer.

»Ich habe tatsächlich mal gewonnen!«, rief Leonies Vater lachend. »Das muss ich natürlich sofort eintragen.« Er nahm ein Stück Kreide und malte ein dickes X unter Papa auf die Schiefertafel, die über Leonies Schreibtisch hing. »Einholen werde ich dich nicht mehr. Du hast nämlich schon achtzehn Punkte.«

»Ja, ja«, erwiderte Leonie geistesabwesend und wischte dabei mit einem Zipfel ihres T-Shirts über ihr Heft. Mathe-matik, Leonie Brettschneider, Klasse 5 b stand da jetzt leider ziemlich unleserlich auf dem giftgrünen Umschlag. Sie packte das Heft in ihren Rucksack und blickte unsicher zum Karton hinüber. Vermutlich war sie vorhin nochmals einge-schlafen, hatte von dem Pony nur geträumt ...

»Jetzt aber Beeilung«, hörte sie ihre Mutter sagen. »Papa muss heute früher ins Büro. Wenn du mitfahren willst, musst du schon schneller machen. Und willst du den Ring von Oma wirklich jeden Tag in der Schule tragen?«

Leonie blickte versonnen auf den Ring an ihrer rechten Hand. »Ja«, sagte sie leise, »ich passe auch gut auf ihn auf.«

Bis zur dritten Unterrichtsstunde war es ein ganz normaler Vormittag an der Louise-Baumthaler-Schule. Leonie freute

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sich mit ihrer Freundin Mia darüber, dass beide im Aufsatz eine Eins bekommen hatten (Mia sogar eine Eins mit Stern, weil sie keinen einzigen Rechtschreibfehler hatte), und jetzt mussten die beiden die Mathestunde bei Frau Sieben über-stehen.

Was sich allerdings als schwierig herausstellte, denn Frau Sieben, die außerordentlichen Wert auf saubere Heft-führung legte, hatte die Wasserflecken auf Leonies Heft entdeckt. »So geht man nicht mit seinem Mathematikheft um!«, rief sie empört und hielt es in die Höhe, damit es auch jeder sehen konnte.

In der vorletzten Bank kreischte Natalie Beumann hell auf und flüsterte dann so laut, dass es Frau Sieben garan-tiert hörte: »Ich hab mein Matheheft gestern extra noch mal ganz neu eingebunden.«

»Vorbildlich!«, gab Frau Sieben zurück und zückte ihr rotes Notenbuch, um Natalie Beumann ein Plus unter Heft-führung einzutragen.

»Nun, wie kommt es, dass dein Heft so aussieht?«, fragte sie dann Leonie und legte mit spitzen Fingern das Mathe-heft auf die Bank. »Erledigst du deine Hausaufgaben seit Neuestem in der Badewanne?«

Leonie kniff die Lippen zusammen. Nie im Leben würde sie Frau Sieben vom Waschlappenwettbewerb mit ihrem

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Vater erzählen. Das würde – außer Mia – sowieso keiner verstehen.

»Nun? ... Ich höre?«Frau Sieben stand direkt vor Leonie und sie konnte den

Maiglöckchenduft riechen, der in der ganzen Schule nur das Sieben-Parfüm genannt wurde.

»Nun? ... Dann wollen wir doch mal sehen, ob bei dir wenigstens das große Einmaleins sitzt«, seufzte Frau Sieben schließlich, weil Leonie immer noch schwieg. »Geh nach vorn an die Tafel.«

»Ich?«, rief Leonie erschrocken. Das große Einmaleins war schon unangenehm genug, aber dann auch noch vorn an der Tafel ...

Frau Sieben trommelte ungeduldig mit den Fingerspitzen auf die Bank. »Mit wem rede ich wohl die ganze Zeit?«

Leonie versuchte zu lächeln, als Mia ihr einen mitfüh-lenden Blick zuwarf. Sehr, sehr langsam ging sie dann nach vorn, versuchte, sich an das große Einmaleins zu erinnern, aber da war nichts. Alle Zahlen waren komplett aus ihrem Kopf verschwunden. Weg! Spurlos weg! Ganz allein stand Leonie jetzt vorn und starrte verzweifelt auf die sauber geputzte Tafel.

Im Sekundentakt kamen die Aufgaben von Frau Sieben, die am Fenster lehnte und der vor lauter fassungslosem

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Kopfschütteln bereits ganz schwindlig sein musste: »17 mal 17! 15 mal 15 ...«

Leonie riskierte einen Blick nach hinten. Sie musste unbe-dingt wissen, wer da pausenlos mit den Fingern schnippte und dabei immer wieder laut aufstöhnte. Natürlich, wie vermutet: Es war Natalie Beumann, die bestimmt am liebs-ten alle Ergebnisse herausgebrüllt hätte.

Frau Sieben schien das aber nicht zu bemerken, denn sie war immer noch damit beschäftigt, Leonie Aufgaben zu stellen: »14 mal 14 ... 12 mal 12 ... Ich sehe schon, ich muss dir leider eine schlechte Note eintragen«, sagte sie schließ-lich verärgert und griff erneut nach ihrem Notenbuch. »Wer möchte sich denn jetzt hoffentlich erfolgreicher versuchen?«

Ihr Blick glitt über die Schülerinnen und Schüler, von denen sich einige schnell duck-ten, Mia zum Beispiel. Und auch Jonas Epperstedt verschmolz beinahe mit seiner Bank (obwohl er doch sonst immer die größte Klappe hatte), denn er hatte die Haus-aufgaben vergessen. Wahrscheinlich hatte er das ganze Wochenende wieder ausschließlich damit verbracht, seine Mutter von der Notwendigkeit eines Fotohandys zu über-zeugen.

Natalie Beumann schnippte inzwischen mit allerletz-

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ter Kraft; bestimmt wurde ihr Arm bereits lahm. Endlich winkte Frau Sieben sie nach vorn. Und während Natalie Beumann vor Stolz fast platzte, weil sie, ohne nachzuden-ken, alle Ergebnisse sofort und richtig anschreiben konnte, setzte Leonie sich wieder auf ihren Platz.

»Es gibt Schlimmeres«, flüsterte Mia ihr zu.Leonie nickte. Natürlich gab es Schlimmeres, ganz gewiss,

und das Allerschlimmste, was passieren konnte, würde demnächst auch geschehen. Sie würde nämlich Mia verlie-ren! Nicht richtig, aber ein bisschen schon, denn bald würde sie nach Neustadt umziehen. Klar, sie würden sich Briefe schreiben und E-Mails schicken, sie würden telefonieren und einander in den Ferien besuchen. Aber Mia würde nie-mals mehr in der Schule neben ihr sitzen und ihr aufmun-ternd zulächeln.

Bei diesem Gedanken zog sich in Leonie alles zusammen. Seit Monaten schon versuchte Mias Vater vergeblich, seine kleine Schreinerei vor dem Aus zu retten. Immer waren es große Firmen, die die Aufträge bekamen. Und deshalb musste Mia mit ihren Eltern jetzt zu ihrer Großmutter zie-hen, fast zweihundert Kilometer weit entfernt.

»Ausgezeichnet, Natalie!«, lobte Frau Sieben gerade. »Du kannst jetzt wieder zurück auf deinen Platz. Wir schlagen unser Buch auf und rechnen weiter auf Seite 74.«

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»Ich will aber noch mehr rechnen!«, protestierte Nata-lie. »Ich könnte Ihnen sagen, wie viel 16 mal 18 ist. Das ist nämlich ... Moment ...« Sie verdrehte die Augen und man konnte förmlich hören, wie der Computer in ihrem Kopf arbeitete.

Aber Frau Sieben schüttelte nur den Kopf und schließlich gab Natalie auf. Als sie an Leonie vorbei zu ihrer Bank ging, summte sie spöttisch: »Ich hab ’ne Eins mit Stern und du nihicht.«

Alles Weitere ging in einem energischen Klopfen unter und mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen.

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Ein Notenbuch mit Flügeln

»Ach du lieber Himmel«, murmelte Frau Sieben, als sie Herrn Direktor Sulzmann-Federle erblickte. Sie wollte auf-stehen, aber leider hatte sie gerade eben unter dem Pult ihren Schuh ausgezogen.

»Guten Morgen, guten Morgen!«, rief sie in Richtung Tür und dirigierte dabei mit einer Hand die Klasse, bis endlich alle »Guten Morgen, Herr Direktor!« brüllten.

Hektisch fuhr sie sich durch die Haare, schob Klassen-buch und Notenbuch zurecht, um irgendwie Zeit zu gewin-nen – wo mochte bloß der verflixte Schuh sein?

Verzweifelt stocherte sie mit ihrem Fuß unter dem Pult herum und nach ein paar erfolglosen Versuchen hatte sie

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ihn endlich gefunden. Nun konnte sie aufstehen und zur Tür eilen, wo der Direktor mit verschränkten Armen wartete.

»Meine liebe Frau Sieben, ich möchte Sie nur daran erin-nern, dass wir wegen unserer 50-Jahr-Feier heute Mittag eine Konferenz abhalten ...«

Frau Sieben, die einen Kopf größer war, schien seinen geflüsterten Ausführungen zu folgen, denn sie runzelte angestrengt die Stirn und nickte pausenlos. Doch in Wirk-lichkeit hörte Frau Sieben überhaupt nicht zu. Ihr einziger Gedanke galt ihrem Schuh, der ziemlich heftig scheuerte, vermutlich entwickelte sich an ihrer Ferse bereits eine fette Blase.

Sulzi, wie Herr Sulzmann-Federle nur genannt wurde, hatte jetzt die Hände hinter dem Rücken verschränkt und marschierte mit Frau Sieben im Schlepptau hin und her. In der Klasse machte sich allmählich Unruhe breit.

Leonies Blick wanderte zum Pult. Auf dem Klassenbuch lag aufgeschlagen das rote Notenbuch, von dem es hieß, dass die Sieben es nachts vorsichtshalber unter ihrem Kopf-kissen verwahrte. Sicherlich hatte sie mit schwarzem Stift eine dicke Sechs neben Leonies Namen eingetragen und eine wunderschöne Eins mit Stern bei Natalie Beumann.

Leonie beugte sich vor. Je genauer sie hinsah, umso mehr verschwamm das Buch vor ihren Augen. Ganz allmählich

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veränderte es seine Gestalt, wurde kleiner, wurde runder, und dann, als Leonie schon fast die Augen tränten (das konnte aber auch vom grellen Sonnenschein kommen), glaubte sie plötzlich, einen Marienkäfer zu sehen. Langsam hob er vom Pult ab, schwebte auf ihre Bank zu und ließ sich

mitten auf ihrem Matheheft nieder.»Oh, ist der aber schön«, hauchte Mia hingeris-sen.»Ich mag Marienkäfer sehr«, gab Leonie leise

zurück. »Du auch?«Mia nickte. »Wenn er viele Punkte hat, bringt er viel

Glück«, wisperte sie. »Und der hier hat sehr viele Punkte.«»Ich hatte mal eine Haarspange mit einem Marienkäfer

drauf«, flüsterte Leonie. »Aber ich finde sie nicht mehr. Schade.«

»Herrschaften!«Das war die aufgeregte Stimme von Frau Sieben, die

soeben hinter Direktor Sulzmann-Federle die Klassenzim-mertür geschlossen hatte und eigentlich mit ihrem Unter-richt fortfahren wollte.

»Herrschaften! Wo ist mein Notenbuch?«Leonie stieß Mia unter der Bank an und wollte ihr gerade

noch schnell zuflüstern, dass der Marienkäfer sieben Punkte habe, da rief Natalie Beumann (mit vollem Mund, denn sie

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hatte sich inzwischen über ihr Pausenbrot hergemacht): »Frau Sieben! Ihr Notenbuch liegt bei Mia und Leonie auf der Bank!«

»Ph«, machte Leonie bloß. Ab und zu übertrieb Natalie gewaltig in ihrem Eifer, noch eine Eins plus zu bekommen.

»Wie bitte?« Frau Sieben steuerte voller Empörung auf Leonie zu. »Was liegt denn hier?«

»Hier liegt gar nichts. Hier sitzt nur ein süßer Marienkä-fer. Er hat sieben schwarze Punkte«, sagte Leonie freund-lich. »Ich hab genau gezählt. Und das bedeutet, dass er ...«

»Marienkäfer?« Die Stimme von Frau Sieben überschlug sich. »Oh nein, du willst mir doch nicht mein Notenbuch als Marienkäfer verkaufen! Leonie! Ich bin entsetzt! Ja, ein-deutig: Ich bin entsetzt!« Sie deutete auf die Stelle, wo noch vor wenigen Sekunden der Marienkäfer gesessen hatte. Jetzt aber lag dort tatsächlich ihr Notenbuch.

Leonie schluckte vernehmlich. »Keine Ahnung, wie es hierherkommt«, murmelte sie verdutzt. »Ich hab wirklich nichts gemacht.«

»Ach ja? Dann muss es wohl Mia gewesen sein.« Frau Sie-ben klang sehr erbost, was nicht zuletzt auch daran lag, dass ihr Schuh so entsetzlich scheuerte.

»Nein, Frau Sieben, Sie täuschen sich!«, rief Leonie empört. »Mia war es ganz bestimmt nicht!«

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