Die zehn Fragen

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Atlan - Die Abenteuer der SOLNr. 646Anti-ES - Das Arsenal

Die zehn Fragenvon Hubert Haensel

Wbbekings Bericht aus der Vergangenheit

Die Verwirklichung von Atlans Ziel, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfllen, scheint auerhalb der Mglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn ihm wurde die Grundlage zur Erfllung seines Auftrags entzogen: das Wissen um die Koordinaten dieses Raumsektors.Doch Atlan gibt nicht auf! Um sich die verlorenen Koordinaten wieder zu besorgen, scheut der Arkonide kein Risiko. Mit den Solanern folgt er einer Spur, die das Generationenschiff gegen Ende des Jahres 3807 Terrazeit schlielich nach Bars-2-Bars fhrt, die aus zwei miteinander verschmolzenen Galaxien bestehende Sterneninsel.Die Verhltnisse dort sind mehr als verwirrend. Doch die Solaner tun ihr Bestes, die Verhltnisse zu ordnen, indem sie die Vlker der knstlichen Doppelgalaxis, die einander erbittert bekmpfen, zum Frieden bewegen und die Galaxien selbst wieder zu trennen versuchen.Inzwischen schreibt man an Bord der SOL Ende Mrz des Jahres 3808, und Anti-ES hat, aus der Namenlosen Zone heraus agierend, in der Zwischenzeit eine ganze Schar von Helfern aufgeboten, um die Plne der Solaner zu durchkreuzen.Doch diese haben bisher allen Angriffen standgehalten und in einer der Kampfpausen erhlt Atlan Antwort auf DIE ZEHN FRAGEN

Die Hauptpersonen des Romans:

Atlan - Der Arkonide wird erneut dem temporren Reinkarnationseffekt unterworfen.Wbbeking - Das Wesen gewhrt Atlan die Beantwortung von zehn Fragen.Tyari - Atlans Gefhrtin.Anti-ES - Der Arkonide trifft auf seinen Gegenspieler.Asgard und Kik - Atlans Begleiter in der Namenlosen Zone.

1.

Die Stille war beunruhigend und geheimnisvoll zugleich. Sie hatte etwas Friedvolles an sich, etwas, was so gar nicht zu den hektischen Geschehnissen der letzten Wochen und Monate passen wollte.Lang ausgestreckt, die Beine bereinandergeschlagen und die Arme hinter dem Kopf verschrnkt, lag Atlan auf seinem Bett. Er hielt die Augen geschlossen, als lausche er in sich hinein.Er wartete, da Wbbeking-NarBon sich erneut bei ihm meldete.Seine Gedanken wanderten durch Zeit und Raum und versuchten herauszufinden, was fr die SOL und ihn selbst wichtig war oder noch wichtig werden konnte. Was war in der Namenlosen Zone und bei den Kosmokraten geschehen? Sein photographisches Gedchtnis, auf das er sich sonst in jeder Hinsicht verlassen konnte, lie ihn diesmal schmhlich im Stich. Und auch der Extrasinn schwieg sich aus. Allerdings gab es keine Zweifel daran, da er irgendwann den Weg nach jenseits der Materiequelle wirklich gefunden hatte.Das Gerusch leiser Schritte schreckten ihn auf.Tyari beugte sich ber ihn. Sekunden spter berhrten ihre Lippen die seinen. Ihre Hnde schlossen sich um seinen Nacken Du wartest vergeblich, sagte sie.Was sind schon einige Stunden fr einen Unsterblichen? antwortete Atlan, sich auf die Ellbogen hochstemmend. Du weit, wie ich es meine. Nein. Erklre es mir. Bevor Tyari zu einer Antwort ansetzen konnte, umfate der Arkonide ihre Hfte und zog sie sanft zu sich herab. Er liebte diese Frau, die ihm in vielem hnlich war, und sie erwiderte seine Gefhle. Grund genug, um in den wenigen Stunden, die sie manchmal fr sich allein hatten, glcklich zu sein. Aber immer dann schob sich die Ungewiheit wie eine trennende Wand zwischen sie. Tyari wute selbst nicht, welche Zukunft ihr beschieden sein wrde. Die Gefahr, da sie sich eines nicht mehr fernen Tages trennen muten, schwebte wie ein dsterer Schatten ber ihnen. Was hast du? fragte sie leise. Obwohl er sich Mhe gab, seine Befrchtungen zu verbergen, sprte sie mit weiblicher Intuition, da lngst nicht alles so war, wie es sein sollte.Es ist nichts, wehrte Atlan ab. Ich mute nur an Bars und Farynt denken. und daran, was wohl aus mir werden wird, wenn die Verzahnung der beiden Galaxien endet?Davon sind wir noch weit entfernt. Wir Tyari legte ihm ihren rechten Zeigefinger auf den Mund. Sprich jetzt nicht. Es ist viel schner, fr einige Minuten zu trumen. Nimm mich fest in die Arme.Hast du nichts Besseres zu tun? bemerkte Atlan Extrasinn spttisch, als er ihre Ksse erwiderte.Die Reaktion des Arkoniden bestand in einem uerst unfeinen Gedanken, Laut ausgesprochen, htte er Tyari sicherlich errten lassen. Selbst der Logiksektor wurde davon berrascht, denn er schwieg sekundenlang, ehe er sich erneut meldete.Wie kannst du nur so impulsiv reagieren, Atlan? Nach 12.000jhriger Lebenserfahrung solltest du eine gewisse Abgeklrtheit an den Tag legen. Auch, oder gerade, in Liebesangelegenheiten.Bist du eiferschtig?Ein lautloses, verhaltenes Kichern durchbrach Atlans berlegungen.Deine terranischen Freunde kennen ein wunderbares Sprichwort: Liebe ist die Art Krankheit, die weder die Gescheiten noch die Dummen verschont.Und? Zu welcher Kategorie zhlst du mich?Da war es wieder, dieses spttische Kichern. Atlan bemerkte, da auch sein Extrasinn verwundert reagierte.Wbbeking? fragte er laut.Tyari richtete sich erstaunt auf. Sie ahnte, da Atlan erstmals seit Stunden wieder von jenem im Grunde genommen unbegreiflichen Wesen hrte, das es verstanden hatte, die physikalischen Einheiten einer Sonne zu simulieren und dadurch die SZ-2 zu retten.Es war amsant, deinem Selbstgesprch zu lauschen, erklrte Wbbeking-Nar'Bon. Inzwischen kann ich mir vorstellen, was deine erste Frage sein wird.

*

Eine strker werdende Erregung hatte sich Tyaris bemchtigt. Ruhelos huschte ihr Blick durch Atlans Kabine; sie vermied es jedoch geflissentlich, den Arkoniden anzusehen.Sie frchtet sich, wisperte der Extrasinn.Wovor? gab Atlan stumm zurck.Sie ahnt genauso wie Wbbeking, was du fragen wirst.Er hatte zehn Fragen zugestanden bekommen aber nur eine einzige brannte ihm im Augenblick auf den Lippen.Ich darf dir nun nicht mehr direkt helfen, lie Wbbeking-Nar'Bon vernehmen.Nur die Beantwortung deiner Fragen macht es mir noch mglich, wobei ich eingestehen mu, da selbst ich keineswegs alles wei. Es gibt Beschrnkungen Welcher Art?Du wrdest es kaum verstehen, wenn ich versuchte, eine Erklrung dafr zu geben. Nimm es hin, Atlan, wie du vieles als gegeben hinnehmen mutest. Irgendwann wirst du die ganze Wahrheit erfahren.Weshalb nicht schon heute?Vielleicht ist die Zeit noch nicht reif dazu.Vielleicht? Weit du es selbst nicht? Wer steht hinter dir? Die Kosmokraten? Handelst du auf ihre Anweisung?Selbst wenn ich wollte, ich kann es dir nicht sagen.Also doch, stellte Atlan fest. Was erwarten die Kosmokraten von mir?Ist das deine erste Frage?Einen Moment lang zgerte der Arkonide. Nein, sagte er dann. Mglich, da ich sie spter stelle, wenn ich mehr ber die Zusammenhnge erfahren habe, aber jetzt noch nicht.Ich stehe dir nicht unbegrenzt zur Verfgung, erklrte Wbbeking. Immerhin soll Anti-ES weiter annehmen, die SZ-2 sei vernichtet, und sie vor ihm zu verbergen, bedarf es meiner vollen Aufmerksamkeit. Zehn Fragen wurden dir gewhrt. Fr jeden durch dein Wirken in Xiinx-Markant befreiten Zhler eine.Flchtig spielte Atlan mit dem Gedanken, zu fragen was aus den Zhlern letztlich geworden war.Unwichtig, bemerkte sein Extrasinn sofort. Konzentriere dich auf das Wesentliche.Auf Tyari?Du wrdest es mir nie verzeihen, wenn ich versuchte, dich davon abzubringen. Obwohl deine Emotionen irrational sind.Ich liebe sie! dachte Atlan. Sie ist in vieler Hinsicht wie ich.Zu sehr sogar.Wie meinst du das?Stelle deine Frage. Meinen Folgerungen wrdest du ohnehin nicht glauben.Bist du dir endlich einig? drngte Wbbeking. Auch Tyari vernahm die Stimme des positiven Teils von Anti-ES, der durch Atlans Handeln in der Vergangenheit von der Superintelligenz abgespalten worden war.Der Arkonide nickte stumm. Sein Blick ruhte auf der Frau, die spontan aufbegehrte: Der Konflikt mit Anti-ES ist wichtiger als alles andere. Vergi nicht, da es in erster Linie um das Schicksal zweier Galaxien und ihrer Vlker geht.Zehn Fragen sind genug, da ich auch ein persnliches Anliegen darin unterbringen kann, erwiderte Atlan.Sie sind schneller vertan, als du glaubst, warnte der Logiksektor.Nichts wird sich verndern, meinte Tyari. Selbst wenn meine Aufgabe erledigt ist, werde ich weiterleben.Das behauptest du, aber du bist dir keineswegs sicher. Atlan wollte mit der Hand ber ihr Haar fahren, doch sie wich ihm aus.Wbbeking-Nar'Bon, sagte er laut, ich wnsche, da du meine erste Frage ausfhrlich beantwortest. Wie real ist Tyari, was geschieht mit ihr, wenn sie ihren Auftrag als Gesandte Tyars erledigt hat, das heit, sobald die Verzahnung von Bars und Farynt sich zu lsen beginnt?Du httest das nicht tun sollen, murmelte die Frau bedrckt.Hast du Angst? Womglich davor, die Wahrheit ber dich selbst zu erfahren?Nein, machte Tyari. Aber es ist unntig, da du wegen mir auf das Wesentliche verzichtest. Sie wurde unterbrochen, weil Wbbeking sich wieder meldete.Es ist schwer, Atlan, mit wenigen Worten darauf zu antworten. Deshalb werde ich dich in die Vergangenheit fhren, in jene Zeit, da Anti-Homunk das Gard vernichtete und die Senke des verlorenen Raumes sich auflste.Der Arkonide sah, wie Tyaris Miene sich verhrtete. Sie sagte etwas, aber er verstand schon nicht mehr. Der temporre Reinkarnationseffekt ergriff von ihm Besitz und fhrte ihn zurck in die Tiefen seiner Erinnerung.Bislang blockiertes Wissen brach in ihm auf. Fr Atlan war es, als erlebe er das alles nun zum erstenmal.

*

Wie lange war es her, da Asgard mich aus dem im Atombrand vergehenden Gard gerettet hatte? Zwei Tage, vielleicht auch drei, ich wute es nicht so genau. Die Finsternis lieferte keine Anhaltspunkte. Lediglich mein knurrender Magen signalisierte, da es an der Zeit war, etwas Ebares zu mir zu nehmen, auerdem machte sich qulender Durst bemerkbar.Asgard unterhielt sich mit meinem Extrasinn, und ich konnte verstehen, was dieses von Anti-Homunk geschaffene Wesen sagte. Schon deshalb wurde mir die Zeit nicht lang, hatte ich doch zumindest indirekt an Asgards Wahrnehmungen teil. Aus der Zellsubstanz der Gardianer war die fnf Meter durchmessende Kugel entstanden, in deren Innerem ich mich befand. Alles, was man irgendwie als Organe bezeichnen konnte, auch die Intelligenz dieses Wesens, befand sich in der nur einen Meter starken Hlle, ohne dort jedoch lokalisierbar zu sein. Asgard war in der Lage, beliebige Auswchse zu formen und mit ihnen zu hantieren, er konnte nicht nur Worte und Bilder auf seiner Oberflche entstehen lassen, sondern sogar zusammenhngende Geschehen filmisch wiedergeben. Unwillkrlich mute ich daran denken, wie er mir das Wort FREUND in Interkosmo gezeigt hatte. Asgard legte es offensichtlich darauf an, mir den Aufenthalt so angenehm wie mglich zu gestalten. Die Schwerkraft lag nur wenig unter einem Gravo, und die Luft, die ich atmete, war angenehm frisch und von wohlriechenden Dften durchsetzt. Die Atmosphre wurde stndig regeneriert. Deshalb hatte ich meinen Raumanzug lngst abgelegt.Obwohl kein eigentlicher Telepath, konnte Asgard sich gedanklich mit meinem Extrasinn verstndigen. Immerhin hatte der Extrasinn die Kugel whrend ihrer Entstehung im positiven Sinn beeinflut und sie dem Zugriff von Anti-ES entzogen. Auch meine Gefhle, Gedanken und Empfindungen waren von Asgard aufgesogen worden wie von einem trockenen Schwamm.Was ist mit dir, schlfst du? meldete sich der Extrasinn berraschend.Wieso? erwiderte ich laut.Weil Asgard mich soeben wissen lie, da er einen hell leuchtenden Stern entdeckt hat.Ich war zu Recht berrascht. Bislang kannte ich die Namenlose Zone als nahezu leeren Raumsektor. Sicher, es mochte Dunkelwelten wie den Lcherplanetoiden geben, in dem Anti-ES gefangen war, auerdem alle mglichen knstlichen Objekte wie die Basis des Ersten Zhlers und das Spinar, und dann waren da noch die Grenzwchter und ihre Zweige, die dafr sorgten, da niemand die Namenlose Zone verlie aber eine Sonne das war mir neu.Das Abbild eines gelborangen Sterns, von dem lodernde Protuberanzen weit ins All hinausgriffen, entstand in meinen Gedanken.Nichts ist unmglich, meinte der Logiksektor zynisch. Die Sonne besitzt sogar einen Planeten.Asgard soll diese Welt anfliegen, sagte ich.Das tut er bereits.Es fiel mir schwer, selbst nichts unternehmen zu knnen. Irgendwann, das wute ich, wrden Anti-ES oder sein Helfer Anti-Homunk mich aufspren, und dann mute eine gnadenlose Jagd beginnen, ber deren Ausgang ich mich keinen Illusionen hingeben durfte.Asgard bermittelte mir das Abbild eines rasch grer werdenden Planeten. Landmassen und Ozeane hielten einander die Waage, weie Polklappen zeugten von ewigem Eis und unterschiedlichen Klimazonen. Einen Mond besa diese Welt nicht.Es gab ppige Vegetation, die ausgedehnte grne Flchen erkennen lieen. Das Vorhandensein von Chlorophyll deutete zugleich auf eine Sauerstoffatmosphre hin. Wieviel htte ich dafr gegeben, jetzt mit den feinfhligen Instrumenten an Bord eines Raumschiffs nhere Messungen vornehmen zu knnen. Aber ich mute mich mit dem zufriedengeben, was Asgard mir bermittelte.Wenig spter tauchte die organische Kugel in die Auslufer der planetaren Atmosphre ein.

*

Asgard ging langsam tiefer. Da ist etwas, behauptete er.Du meinst, es gibt Leben auf dieser Welt.Ich spre die Anwesenheit von etwas, was ich nicht einordnen kann, das ist alles. Wo soll ich landen?Ich seufzte leise. Das war ungefhr so, als frage jemand einen Blinden nach dem Weg.Irgendwo in der Vegetationszone, antwortete mein Extrasinn fr mich. Alles andere ist egal.Asgard vermittelte mir das Abbild dichter Wolkenschichten. Wir befinden uns in quatornhe, erklrte er.Dster trmten sich die Wolken bereinander. Dann zuckte der erste grelle Blitz auf, von ohrenbetubendem Donner gefolgt. Im Nu schien der Himmel nur noch aus einer einzigen Feuerwand zu bestehen, die uns einhllte. Asgard hatte Mhe, gegen den tobenden Sturm anzukmpfen die starken energetischen Entladungen in unmittelbarer Nhe behinderten ihn.Den entfesselten Naturgewalten hatte selbst er nur wenig entgegenzusetzen immer rascher wurden seine Krfte aufgezehrt, von etwas, was aus der Atmosphre auf uns eindrang. Ich vernahm einen entsetzten Aufschrei, Sekunden spter wurde Asgard von mehreren Blitzen getroffen, deren Auswirkungen ich ebenfalls zu spren bekam. Ein eigenartiges lhmendes Prickeln machte mich unfhig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, und das Gefhl, mich in einem rasend schnell in die Tiefe strzenden Fahrstuhl zu befinden, rief qulende belkeit hervor.Asgard schien jegliche Kontrolle ber sich selbst verloren zu haben.Wir werden hilflos zerschmettern, bemerkte der Extrasinn mit eiskalter Logik.Vielleicht verglhen wir vorher wie eine Sternschnuppe, durchzuckte es mich. Es wurde merklich wrmer. Asgard schrie.Wie hoch mochten wir noch sein? Zehn Kilometer? Oder weniger? Ich besa keine Mglichkeit, das festzustellen.Mein Magen rebellierte. Ich sprte, da der Zellaktivator gegen die strker werdende belkeit ankmpfte. Ohne Asgard war ich verloren. Er mute diesen rasenden Sturz beenden. Aber in meinen Gedanken keimte bereits die Befrchtung, Anti-ES knne uns gefolgt und an unserer Hilflosigkeit schuld sein. Asgards Zellmasse begann konvulsivisch zu zucken. Ich verlor meinen halbwegs sicheren Stand und strzte. Die Hitze wurde bedrckender. Das Atmen fiel mir schwer, als nehme der Sauerstoffanteil der Luft rasch ab.Asgard wimmerte nur noch.Du mut unseren Sturz abfangen! rief ich.Er schien mich nicht zu hren. Eine Vielzahl rasch wachsender Erhebungen lie den Hohlraum, in dem ich mich befand, enger werden. Ich wurde eingeklemmt, ein schwerer Pseudoarm legte sich ber meinen Brustkorb und drohte mich vollends bewegungsunfhig zu machen. Mit aller Kraft versuchte ich mich aus dem unbarmherzigen Griff zu befreien. Obwohl ganz sicher nur wenige Sekunden verstrichen, erschien es mir, als whrte das alles endlos lange Minuten.Ein eigenartiger, stechender Geruch stieg mir in die Nase der Geruch von verbranntem Zellgewebe.Asgard! rief ich lautlos, ohne eine Antwort zu bekommen.Er hrt dich nicht mehr, erklrte mein Logiksektor. Er hat sich vollstndig abgekapselt.Die Falle schien perfekt. Hatte Anti-ES dafr gesorgt, da wir die Sonne und den Planeten entdeckten?Asgard! schrie ich, wohl mehr aus Verzweiflung heraus als in der Hoffnung, das organische Raumschiff knne mich wirklich noch verstehen. Ich htte nie geglaubt, da es mir so unsagbar schwerfallen wrde, dem Tod ins Auge zu sehen. Wenn ich wenigstens htte erkennen knnen, was auerhalb des noch knapp zwei Meter durchmessenden Hohlraums geschah.Das wrde nichts ndern, meinte der Extrasinn. Du bist eben nur aus Fleisch und Blut und folglich verwundbar.Und du? erwiderte ich verrgert. Wenn ich sterben mu, gehst du mit mir.Ein seltsamer Gedanke durchzuckte mich. Eigentlich hatte ich diesen Einfall dem Extrasinn zu verdanken, der mich mit seinem Einwand darauf gebracht hatte. Mit fliegenden Fingern ffnete ich meine Kombination und zog den an einer dnnen Kette hngenden Zellaktivator hervor. Sicher, das Gert war auf meine Individualschwingungen justiert, und ich konnte keinesfalls sicher sein, da Asgard darauf ansprach, aber ich mute es versuchen.Kaum berhrte der Aktivator die Zellsubstanz der Kugel, als diese prompt aufzuwallen begann und das eifrmige Gebilde in sich aufnahm. Verkrampft wartete ich auf irgendeine Reaktion, obwohl mir klar sein mute, da dies nicht die Sache weniger Sekunden war. Ich schwitzte rger als zuvor.Tuschte ich mich, oder ebbten die zuckenden Bewegungen rings um mich her ab?Augenblicke spter fra sich ein gellender Aufschrei unter meine Schdeldecke. Die ungeheure Wucht, mit der dieser mentale Hilferuf ber mir zusammenschlug, lie mich taumeln. Meine Hnde verkrampften sich um die Schlfen. Das letzte, was ich noch wahrnahm, war, da ich ruckartig hochgewirbelt wurde und mich mehrmals berschlug. Dann war nichts mehr.

*

Ich erwachte von einem dumpfen Drhnen, das sich schmerzhaft durch meinen Schdel zog. Meine Gedanken wirbelten wirr durcheinander, ohne da es mir mglich war, auch nur einen fr kurze Zeit festzuhalten.Entspanne dich. Du bist verkrampft.Gerne wre ich diesem Ratschlag nachgekommen, doch sobald ich es versuchte, wurde das Gefhl bermchtig, in einen bodenlosen Abgrund zu strzen. Instinktiv begann ich um mich zu schlagen.Warm und feinkrnig rann es durch meine Finger.Sand?Ich wlzte mich herum und versuchte, die Augen wenigstens einen Spalt zu ffnen, um herauszufinden, wo ich mich befand. Gleiende Helligkeit blendete mich.Zumindest leben wir noch.Endlich fiel es mir leichter, mich zu entspannen. Das Gefhl, in einer taumelnden Bewegung gefangen zu sein, wich rasch. Dennoch vermite ich die belebenden Schwingungen des Zellaktivators. Die Luft, die ich atmete, brannte wie Feuer in meinen Lungen, aber das war zweifellos der Erschpfung zuzuschreiben.Asgard! rief ich in Gedanken.Ein leichter Wind kam auf und wirbelte mir Sand ins Gesicht. Hinter vorgehaltenen Hnden blinzelte ich mhsam in die Helligkeit. Die Sonne stand nicht sehr nahe und erschien kaum grer als meine Faust, trotzdem reflektierte der Wstenboden das einfallende Licht um ein Vielfaches verstrkt.Wie unzhlige Nadelstiche brannte der Sand auf der ungeschtzten Haut. Selbst die Kleidung bot kaum Schutz vor den winzigen Kristallen.Nach und nach erfate ich mehr von meiner Umgebung. Ich befand mich inmitten einer ausgedehnten Senke. Es gab kein Grn, nur funkelnden, gelborangen Sand, den der Wind aus der Hhe herabwehte. Die Dnen waren mehr als dreiig Meter hoch, und seltsamerweise blies der Wind nicht konstant aus einer Richtung, sondern drehte fast stndig. Es war unmglich, den wirbelnden Sandschleiern auszuweichen.Von Asgard keine Spur.Innerhalb weniger Minuten stand ich bis zu den Knien im locker angehuften Sand. Auch ohne die Warnung des Extrasinns erkannte ich die drohende Gefahr. Jeder Schritt wurde zur Qual, aber ich mute die Kuppe einer der Dnen erreichen, wollte ich nicht unter den Sandmassen begraben werden.Mit geschlossenen Augen kmpfte ich mich vorwrts und ffnete nur hin und wieder die Lider einen winzigen Spalt. Mein Ziel schien kaum nher zu rcken. Pltzlich brach der Boden unter mir ein. Im Nu stand ich bis zur Hfte im Sand und sank rasch tiefer ein.Da war eine Berhrung an meinen Beinen irgend etwas zog mich hinab. Ich sprte dieses Etwas hhersteigen, ein Tentakel, der meine Hfte umschlang und mich fest umklammerte.Das Messer fiel mir ein, mit dem ich Wbbeking von Anti-ES befreit hatte. Ich trug es noch immer in einer Tasche meiner Kombination bei mir. Den Kombistrahler hatte ich im Gard verloren.Der Tentakel wand sich weiter um meinen Krper. Im letzten Moment gelang es mir, das Messer aus der Tasche zu ziehen, und ich stach blindlings zu.Der mrderische Druck des sich ruckartig zusammenziehenden Fangarms lie mich geqult aufsthnen. Sand wirbelte vor mir auf, begleitet von fauchenden, aus der Tiefe kommenden Geruschen.Wieder und wieder bohrte ich die scharfe Klinge in den Tentakel, bis sie mir entrissen wurde. Im selben Moment brach die Wste auf. Gut ein Dutzend Fontnen wirbelten den Sand meterhoch empor, whrend der Fangarm endlich von mir ablie. Ein sich rasch ausweitender Trichter entstand, auf dessen Grund ein zuckendes, schnabelhnliches Gebilde sichtbar wurde. So schnell ich konnte, hastete ich weiter und kroch auf allen vieren den steilen Hang hinauf. Mehrmals rutschte ich ab und glitt meterweit zurck. Doch der Sand war hier fester als in der Senke, und ich erreichte schlielich die Kuppe. Mittlerweile brannte mein ganzer Krper wie Feuer. In Verbindung mit dem Schwei rissen die Kristalle meine Haut auf. Aber ich mute mich damit abfinden, schlielich wute ich von Asgard, da auf dieser Welt nicht nur Wsten existierten, sondern ebenfalls ausgedehnte Vegetationsgebiete. Und wo Pflanzen wuchsen, gab es Wasser. Schon der Gedanke daran lie mich ein wenig zuversichtlicher werden.Zurckblickend sah ich ein monstrses Etwas mit mehr als zwanzig drren Spinnenbeinen sich wieder im Sand vergraben. Nach wenigen Augenblicken zeugte nichts mehr von der lauernden Gefahr.

*

Vor mir erstreckte sich eine ausgedehnte Sandwste, die erst in einiger Entfernung von Gerllfeldern abgelst wurde. Es sah aus, als htte die Hand eines Riesen mchtige Felsblcke wie Bausteine durcheinandergewrfelt. Unmittelbar am Horizont zeigte sich ein schmaler grner Streifen zu weit entfernt, um erkennen zu lassen, worum es sich handelte. Vermutlich ein ausgedehntes Waldgebiet.Zu meiner berraschung war der Wind inzwischen wieder abgeflaut. Ausgerechnet in dem Moment, in dem ich die Kuppe erreicht hatte.Du stellst eigenartige Vermutungen an, warf mir der Logiksektor vor.Trotzdem erscheint es mir, als sollte ich in der Senke verschttet werden, erwiderte ich.Das ist unlogisch. Es handelte sich um normale atmosphrische Turbulenzen.Und wenn Anti-ES dahintersteckt? So recht glaube ich allerdings selbst nicht daran, denn mein Gegner besa zweifellos andere Mglichkeiten.Trotzdem blieb ein dumpfes, beklemmendes Gefhl.Obwohl ich die Augen wieder mit den Hnden bedeckt hielt, verursachte die Helligkeit stechende Kopfschmerzen. Es war unangenehm schwl, und mein Durst wurde immer unertrglicher. Dennoch mute ich zuerst Asgard finden. Ich war berzeugt davon, da das organische Raumschiff in der Nhe abgestrzt war. Vermutlich hatte es mich kurz vorher ins Freie gestoen.Whrend zu meiner Rechten die Senke steil abfiel, erstreckte sich linkerhand eine sanft gewellte Ebene. Der Sand schien dort zu bizarren Mustern erstarrt zu sein.Endlich entdeckte ich etliche Kilometer entfernt einen dsteren Fleck. Das mute Asgard sein. Ich begann zu laufen, bis mein Herz schmerzhaft pochte und ich kaum noch Luft bekam. Eine nie gekannte Schwche stieg in mir auf, die aber nicht allein durch das Fehlen des Zellaktivators bedingt sein konnte. Vermutlich war ein unvertrglicher Bestandteil der Atmosphre schuld daran.Ich mute mich dazu zwingen, langsamer zu gehen. Die Helligkeit und der Sand machten mir zu schafften, ein schier unertrglicher Juckreiz qulte mich. Wenn ich versuchte, mir durch Kratzen Linderung zu verschaffen, hinterlieen meine Finger blutige Striemen auf der Haut, die pltzlich sprde und wie ausgetrocknet wirkte.Strahlung! warnte der Extrasinn.Selbst wenn er recht hatte wie sollte ich mich davor schtzen?Ich bentigte gut eine halbe Stunde, bis ich Asgard erreichte. Trotz aller diesbezglichen Befrchtungen traf mich sein Aussehen beinahe wie ein Schock.Das Kugelwesen war auf knapp drei Meter Durchmesser zusammengeschrumpft. Sein ueres wirkte verbrannt und war von unzhligen Narben und offenen Wunden verunstaltet, in denen sich Sand ablagerte. Wie Schuppen standen an machen Stellen dicke Krusten ab Schorf, der sich aus Zellsekreten gebildet hatte. Zumindest ein Beweis dafr, da der Organismus nicht vllig verbrannt war.Ich umrundete Asgard und fand einen klaffenden Ri, der mich ins Innere blicken lie. Der Hohlraum war kaum noch vorhanden. Vermutlich war ich durch den Ri ins Freie gestoen worden.Meinen Zellaktivator konnte ich nicht entdecken. Siedendhei durchzuckte es mich: Was, wenn das fr mich lebenswichtige Gert irgendwo im Wstensand lag, inzwischen vielleicht unter einer knietiefen Schicht verborgen?Asgard, rief ich in Gedanken. Kannst du mich verstehen?Nichts. Keine Antwort.Ich versuchte es noch einmal. Mit demselben negativen Ergebnis wie zuvor.Wenn mein Zellaktivator verloren war, hatte ich nur noch wenig mehr als zwei Tage irdischer Zeitrechnung zu leben, ehe ein rapider Alterungsproze einsetzen wrde. Allmhlich begann ich mich mit dem Gedanken abzufinden, da ich gescheitert war. Warteten die Kosmokraten jenseits der Materiequelle berhaupt noch darauf, da ich eines Tages bei ihnen erscheinen wrde, oder hatte der einugige Roboter Laire inzwischen einen anderen Vertreter der Menschheit zu ihnen geholt?Du machst es dir unntig schwer, mahnte der Extrasinn. Warum stellst du immer wieder Fragen, auf die du keine Antwort finden kannst?Ein leises Gerusch lie mich aufmerken. Ich sah, da eine der Schorfplatten von Asgards Haut abgefallen war. Darunter kam frisches, rosa gefrbtes Gewebe zum Vorschein.Ich empfand unsagbare Erleichterung. Asgard stand demnach am Anfang seiner Regeneration. Das bedeutete, da die Schwingungen des Zellaktivators wirkten.Asgard! rief ich nun laut, mute aber einsehen, da die Kugel noch nicht wieder soweit war, da sie sich mit mir oder meinem Extrasinn verstndigen konnte. Von ihr hatte ich wenigstens vorerst keine Hilfe zu erwarten. Mein Blick wanderte zum Horizont, wo das Waldgebiet sich inzwischen deutlich abzeichnete. Je eher ich aufbrach, desto besser.

*

Allmhlich wurde der Untergrund felsiger. An die zehn Kilometer mochte ich zurckgelegt haben, hatte zwei Senken allerdings in gehrigem Abstand umgangen, weil ich ahnte, was im Sand vergraben lauerte.Die Sonne war inzwischen ein ansehnliches Stck weitergewandert und stand nun schrg hinter mir. Die lnger werdenden Schatten verrieten, da die Nacht bald hereinbrechen wrde. In dieser Beziehung hatte ich mich gehrig verschtzt. Die noch namenlose Welt mute sich in weniger als 14 Stunden einmal um ihre Achse drehen.Heisere Schreie lieen mich aufsehen. Hoch ber mir zogen zwei mchtige Schatten ihre Kreise im wolkenlosen Himmel. Es fiel schwer, ihre Gre zu schtzen, doch die Vgel mochten gut drei bis vier Meter Spannweite haben.Unwillkrlich beschleunigte ich meine Schritte. Anfangs kam ich zwar leichter voran, aber dann wurde das Felsgestein pors. Wind und Wetter hatten aus dem Tuff tiefe Rinnen herausgewaschen. Dazwischen ragten nadelspitze Erhebungen auf, die schon bei geringer Berhrung explosionsartig zersplitterten und ihre Bruchstcke meterweit verschleuderten. Die Felsdecke erwies sich als nicht minder trgerisch als der Sand; grtenteils unterhlt, brach sie ein, sobald ich lnger als einige Augenblicke auf einer Stelle verharrte.Die Schreie der Vgel klangen lauter. berrascht stellte ich fest, da die Zahl der Tiere inzwischen auf mehr als ein Dutzend angewachsen war. Wie sie ihre enger werdenden Kreise zogen, erinnerten sie mich an Geier.Mit bloen Hnden mute ich den Tieren hoffnungslos unterlegen sein, falls sie sich zum Angriff entschlossen.Ich bckte mich nach einigen faustgroen, scharfkantigen Steinen. Im selben Moment stie der erste der Vgel lautlos herab. Nur durch eine aus den Augenwinkeln heraus erhaschte Bewegung aufmerksam werdend, warf ich mich herum. Zwei gierig vorgestreckte Fnge zuckten neben mir ins Leere. Schwerfllig mit den Flgeln schlagend, versuchte der groe Vogel, sich abzufangen. Ich blickte in tckisch funkelnde Augen voll Mordgier. Whrend der gut unterarmlange Schnabel sich zischend ffnete, schmetterte ich dem Tier einen der Steine zwischen die Lichter. Es sackte weg, versuchte aber noch auf dem Boden liegend, nach mir zu schnappen. Nur um Haaresbreite entging ich dem mit winzigen Zhnen bersten Schnabel. Noch einmal schlug ich zu der Stein in meiner Rechten zersplitterte. Instinktiv ri ich das gettete Tier hoch und schleuderte es, indem ich mich halb umwandte, von mir. Der Kadaver prallte mit zwei weiteren Vgeln zusammen und lie sie mit gebrochenen Flgeln zu Boden strzen.Mir blieb keine Zeit, um zur Besinnung zu kommen. Ein Stein, den ich mit aller Kraft warf, ging fehl, zugleich war ein weiteres Tier heran. Ich unterlief den gierig aufgerissenen Schnabel und packte die beiden Fnge, whrend der Vogel flgelschlagend an Hhe zu gewinnen versuchte. Sein Krchzen klang klglich.Pltzlich stoben Federn auf. Die Vgel griffen ihren eigenen Artgenossen an, um an mich heranzukommen.Der Boden brach unter mir ein. Ich wurde vllig davon berrascht. Noch ehe ich in der Lage war, den Sturz abzufangen, schlug ich zwischen lockerem Gerll auf.Ich war in eine gut vier Meter tiefe, enge Felsspalte gestrzt, in die mir die Vgel nicht zu folgen vermochten. Eine Zeitlang hockten sie noch oben und starrten zu mir herab, schlielich stiegen sie schwerfllig auf und verschwanden aus meinem Blickfeld.Vergeblich versuchte ich, in die Hhe zu klettern. Das Gestein war brchig und bot nirgendwo ausreichend festen Halt. Da der Spalt sich jedoch in die Richtung fortsetzte, in die ich ohnehin wollte, entschlo ich mich, seinem Verlauf zu folgen. Manchmal traten die Wnde so eng zusammen, da ich Mhe hatte, mich zwischen ihnen hindurchzuzwngen, schlielich aber endeten sie abrupt am Rand eines ausgedehnten Talkessels.Die Dmmerung brach bereits herein. Trotzdem konnte ich erkennen, da der jenseitige, gut drei Kilometer entfernte Hang dicht bewaldet war. Das Tal selbst mochte einst Bett eines gewaltigen Urstroms gewesen sein, jetzt schlngelte sich nur ein vergleichsweise winziges Rinnsal zwischen Felsen und Bschen dahin und markierte die Grenze zur Vegetation.So schnell ich konnte, hastete ich den Abhang hinunter, kleinere Gerllawinen auslsend, die vor mir her in der Tiefe verschwanden. Der Himmel berzog sich mit einem tiefen Orange, das im Osten einer vollkommenen Schwrze wich. Bisher hatte ich geglaubt, da es in der Namenlosen Zone keine Sterne gab. Inzwischen mute ich jedoch annehmen, da dies ein Irrtum war. Die hereinbrechende Nacht wrde vollkommen sein. Die Sonne war zweifellos inzwischen hinter, dem Horizont versunken und die trbe Helligkeit, die noch herrschte, ausschlielich eine Folge atmosphrischer Reflexion.Obwohl ich zu rennen begann, kam ich dem schmalen Wasserlauf nicht nher.Keuchend blieb ich stehen. Meine Lippen waren sprde und aufgeplatzt; ich schmeckte geronnenes Blut auf der Zunge, die wie ein Fremdkrper am Gaumen klebte.Schtzungsweise 100 Meter waren es noch bis zum Flu. Ich zhlte meine Schritte. Bei 90 angelangt, war das Wasser mindestens immer noch so viele entfernt. Die Konturen der Strucher und Bume am jenseitigen Ufer lsten sich in Dsternis auf.Du jagst einer Fata-Morgana nach, wisperte der Extrasinn.Ich nickte schwer. Diese Welt, auf der ich gestrandet war, wurde mir zunehmend unheimlicher.Jetzt gab es weder ein Vor noch ein Zurck. Die Finsternis umfing mich mit einer Vielfalt von Geruschen. Angespannt starrte ich in die Finsternis hinaus, jeden Moment damit rechnend, da glhende Raubtieraugen mich fixierten.Nach einer Weile lie ich mich in die Hocke sinken. Der Boden war lehmig. Es gab nicht einmal Steine, die ich als Waffe htte verwenden knnen.Versuche zu schlafen, flsterte der Extrasinn. Ich wache ber dich.Aber ich konnte es nicht. Meine eigene Erregung hielt mich wach.Irgendwann vernahm ich ein fernes Brausen, das sich rasch steigerte. Ein winziger Punkt hoch ber mir schwoll zu feurigem Leuchten an und zog wie ein strzender Komet seine Bahn ber den Himmel. Aber unvermittelt nderte er seinen Kurs und machte damit klar, da es sich um ein Raumschiff handelte.Es war nicht gro ein Beiboot vermutlich. Der Gedanke, da es den Robotern an Bord der Basis des Ersten Zhlers gelungen sein mochte, mich aufzuspren, lie mich unverwandt in die Hhe starren.Ein sich rasch ausdehnender Glutball entstand. Sekundenbruchteile ein zweiter, dessen Auslufer das kleine Schiff streiften, das jetzt in gewagtem Zickzackflug tiefer zog.Zwei Verfolger nherten sich mit wahnsinniger Geschwindigkeit. Soweit ich es erkennen konnte, besaen ihre Schiffe die seltsame Form eines Kugelausschnitts mit drei geraden und einer gebogenen Seite. Ihre Kantenlnge betrug gut und gerne zweihundert Meter.Die nchste Salve aus ihren Thermogeschtzen lie das kleine Schiff glhend vergehen. Grollend hallte der Donner der Explosion ber das Land, gleich darauf fegte ein warmer Orkan durch die Schlucht und wirbelte Sand und zerfetzte ste vor sich her.Als ich wieder aufsah, waren die beiden groen Raumer verschwunden. Nur ein Schleier glhender Partikel hing noch in der Luft.

*

Flackernde Leuchterscheinungen am Horizont kndeten den Morgen an. Obwohl der Rest der Nacht ruhig verlaufen war, fhlte ich mich schwach und ausgebrannt. Ich hatte kaum ein Auge zugetan.Vom Durst getrieben, taumelte ich vorwrts. Jetzt wirkten alle Entfernungen anders als am vergangenen Abend. Ich schalt mich einen Narren, als ich feststellte, da mich nur lumpige zwanzig Schritte vom Ufer des kleinen Flusses trennten eine Strecke, die ich sogar in der Dunkelheit htte zurcklegen knnen.Diese Welt hat etwas Abstoendes an sich. Alles, was du bislang kennengelernt hast, richtete sich irgendwie gegen dich.Soll das eine Warnung sein? gab ich lautlos zurck, whrend ich mich auf die Knie niedersinken lie und die Arme bis zu den Ellenbogen ins kristallklare Wasser tauchte.Du weit nicht, ob der Flu mit Bakterien verseucht ist.Und wenn schon, ich Mach dir einmal Gedanken darber, vor welchen gesundheitlichen Schden dein Zellaktivator dich stets bewahrt hat.Mit einer unwilligen Handbewegung schob ich alle dsteren Gedanken weit von mir. In einigen Stunden konnte ich wieder bei Asgard sein und den Aktivator an mich nehmen. Eine Vergiftung brauchte ich also trotz allem nicht zu befrchten.Mit der hohlen Hand schpfte ich und lie das Wasser ber mein Gesicht laufen. Es brannte wie Feuer auf der rissigen Haut, aber schon Augenblicke spter machte sich die belebende Wirkung bemerkbar.Dann trank ich in kurzen, hastigen Schlucken.Ohne da ich Schritte vernommen hatte, zeichnete sich pltzlich das Spiegelbild eines Mannes auf der Wasseroberflche ab.Er sagte etwas in einer fremden, guttural klingenden Sprache. Seine Worte klangen nicht eben freundlich, und er hielt eine stabfrmige Waffe auf mich gerichtet, die ich wegen der flimmernden Abstrahlmndung unschwer als Thermostrahler identifizierte.Langsam breitete ich die Arme aus und zeigte ihm meine leeren Handflchen. In seinen Augen blitzte es kurz auf. Er stie eine Reihe abgehackter Laute hervor.Es tut mir leid, sagte ich leise. Ich verstehe dich nicht.Im nchsten Moment drckte er ab, und ich warf mich in einer blitzschnellen Reflexbewegung zur Seite. Ich prallte hart auf, rollte mich ber die Schulter ab und kam schwankend wieder auf die Beine, als der Fremde den zweiten Schu abgab. Fauchend entlud sich der Thermostrahl. Allerdings nicht in meine Richtung. Wo ich eben noch gestanden hatte, blhte sich ein wesenloses, wallendes Ding, der kieselbedeckten Uferflche nahezu gnzlich angepat. Zugleich begann ich mich zu fragen, wie der Fremde auf das perfekt getarnte Tier aufmerksam geworden war.Er senkte die Waffe und lchelte. Er war schtzungsweise einsachtzig gro, schlank, aber doch sehnig. Jede seiner Bewegungen verriet Kraft und Ausdauer. Seine Augen fixierten mich stumm. Groe, ausdrucksvolle Augen, deren Farbe ich nicht zu bestimmen vermochte. Am ehesten schimmerten sie wie kristallklare Bergseen, in denen sich die Unendlichkeit des Himmels widerspiegelt.Sein Blick ist der eines Wesens, das nach logischen Gesichtspunkten zu handeln versteht, bemerkte der Extrasinn.Danke, sagte ich und streckte dem Fremden meine Hand entgegen. Ich bin Atlan.Er ergriff die ihm dargebotene Rechte und drckte fest zu. Tyar, sagte er.Ein seltsames Prickeln breitete sich unter meiner Kopfhaut aus. War Tyar Telepath und versuchte, meine Gedanken zu erfassen? Dann wrde er kein Glck haben, denn ich war mentalstabilisiert.Er will nichts von dir, bemerkte der Extrasinn trotzig. Aber ich spre seine Verwunderung darber, da zwei Seelen in deiner Brust leben.Vorbergehend wurde mir schwarz vor Augen. Urpltzlich hatte ich das Gefhl, da alles um mich her sich zu drehen begann. Selbst der Boden wlbte sich mir jh entgegen.Ich taumelte, sprte aber sofort zwei krftige Hnde an meinen Schultern, die mir Halt gaben. Tyars Gesicht schwankte vor mir hin und her; vergeblich versuchte ich, es zu fixieren. Eiskalter Schwei brach mir aus. Ich fror. Ein Gefhl, das von meinem Magen ausging.Du wolltest nicht auf mich hren, drhnte es berlaut in meinem Schdel.Das Wasser! Nichts anderes konnte an meinem Zustand schuld sein.Ich mute zu Asgard zurck und zu meinem Zellaktivator. Ich mute Wrgend brach es aus mir hervor. Ich sank zitternd in die Knie und versuchte nur noch, mein Gleichgewicht zu halten.

*

Als ich wieder bewut zu denken vermochte, war alles vorber, allerdings fhlte ich mich elender als zuvor. Tyars Hnde lagen auf meinen Schlfen, und eigenartiger Weise ging eine deutlich beruhigende Wirkung von ihnen aus.Anti-ES darf nicht triumphieren, sthnte ich. Ich mu zu Asgard zurck.Anti-ES wird dich nicht bekommen, erwiderte Tyar leise. Uns beide nicht.Nur langsam begriff ich, da der Fremde sich des Interkosmo bediente. Ich wollte auffahren, aber die Schwche war noch nicht vllig aus meinen Gliedern gewichen.Tyar ist mehr, als es den Anschein hat, wisperte der Extrasinn. Ich wei nicht, wie er es macht, doch er ist in der Lage, dein Ego, deine Ausstrahlung, in sich aufzunehmen.Unwillkrlich versteifte ich mich.Ruhig bleiben, mahnte Tyar. Seine Worte klangen schon nicht mehr ganz so holprig wie eben. Ich bin kein Feind, falls du das befrchtest. Aber ich mchte von dir wissen, weshalb du vor Anti-ES fliehst. Nein, nicht jetzt, fgte er rasch hinzu, als ich verkrampft Luft holte. Wenn es dir bessergeht, ist Zeit genug.Ich mu zu Asgard! stie ich hervor. Bringe mich zu ihm.Wer ist das?Mein Raumschiff. Ich streckte einen Arm aus und deutete in die betreffende Richtung. Erneut durchflutete eine Welle von belkeit meinen Krper, nur konnte ich diesmal erfolgreich dagegen ankmpfen.Dein Schiff wurde in der vergangenen Nacht abgeschossen? Warum?Whrend wir dann aufbrachen, begann er von sich zu erzhlen. Das Laufen tat mir gut und mobilisierte neue Kraftreserven. Trotzdem gab ich mich keinen Illusionen hin. Irgendwann mute der unvermeidliche Zusammenbruch kommen.Tyar sprach von sich wie von einem Herrscher ber die ganze Galaxis. Allerdings schien er kein Tyrann zu sein, sondern eher von Verstndnis und Sorge selbst um das kleinste und unbedeutendste Volk erfllt. Und Sorge drckte sich in jedem seiner Stze aus. Ehrlich gesagt, verstand ich manches nicht oder nur sehr schwer. Meine Sinne waren wie umnebelt, und immer wieder mute ich an die zurckliegenden Geschehnisse denken. Dann jedoch stutzte ich und hob ruckartig den Kopf, um Tyar anzusehen. Ich kniff die Augen zusammen, blinzelte. Tuschte ich mich, oder hatte der Fremde sich tatschlich verndert? Das einzig Bemerkenswerte an seinem Gesicht waren bislang die ausdrucksvollen Augen gewesen, alles andere hatte irgendwie unfertig gewirkt. Jetzt jedoch traten seine Wangenknochen deutlicher hervor, die Lippen waren krftiger geworden und die Nase kantiger. Die Augen hatten ihre unergrndliche Farbe beibehalten. Trotzdem war mir, als blicke ich in einen matten Spiegel, der zwar die Konturen leicht verwischte, aber dennoch den Gesamteindruck nicht verndern konnte. Tyar war mir hnlich geworden.Ein Gestaltwandler! durchzuckte es mich siedendhei. War ich, ohne es zu wollen, doch meinem Gegner in die Falle gegangen? Nur Anti-ES konnte hinter allem stecken.Wo warst du mit deinen Gedanken? wurde ich vom Extrasinn angefahren, der unverkennbar ungehalten war. Wieder stieg belkeit in mir auf.Der groe Arkonide sieht endlich ein, da auch er Fehler macht, spottete mein zweites Ich. Du httest auf mich hren und das Wasser nicht trinken sollen.Was ist mit Tyar?Doch interessiert? Das lautlose Gelchter reizte mich, indes fhlte ich mich zu schwach, um dagegen aufzubegehren. Tyar ist die personifizierte Intelligenz einer Galaxis, die von vielen ihrer Vlker Bars genannt wird. Aus Grnden, die selbst er erst nach und nach herausfinden konnte, hat Anti-ES eine zweite, in vielem hnliche Galaxis mit Bars vereint. Farynt, so ihr Name, wurde von einem Instinkt geleitet.Infolge dieser widernatrlichen Vereinigung entstanden nabelhnliche bergnge in die Namenlose Zone, die solange bestehen werden, wie Bars und Farynt ihre Positionen nicht mehr verndern. Und aus diesem Grund hat Anti-ES Tyar und den Instinkt zu seinen Gefangenen gemacht. Nur gelang es Tyar, in menschlicher Gestalt zu entkommen. Ihm blieb keine andere Wahl, als durch einen Nabel in die Namenlose Zone zu fliehen. Inzwischen wird unser gemeinsamer Feind wohl erfahren haben, was sich abgespielt hat.Dann schweben wir beide in Gefahr, je lnger wir auf dieser Welt verweilen, stie ich unwillkrlich hervor.Tyar bedachte mich mit einem forschenden Blick. Ich dachte schon, du hrst mir berhaupt nicht zu, sagte er. Wie geht es dir?Ich versuchte ein Lcheln, doch wurde nur eine verzerrte Grimasse daraus. Die Schmerzen kamen in krzer werdenden Perioden und immer strker.Mittlerweile hatten wir die Sandwste erreicht, ohne da ich mich bewut erinnern konnte, mit Tyar zusammen die Felsspalte emporgeklettert zu sein. Ich zermarterte mir den Kopf, bis mir wieder einfiel, da wir erst ein Stck dem Bett des Urstroms gefolgt und dort, wo der Aufstieg verhltnismig einfach erschienen war, das ausgedehnte Gerllfeld erreicht hatten.Ich will nach Bars zurck, sagte Tyar. Kann dein Raumschiff die Namenlose Zone verlassen?Deshalb also hatte er sich mir angeschlossen. Durfte ich sicher sein, da er mir nicht in den Rcken fiel, sobald wir Asgard erreichten? Andererseits mir blieb keine andere Wahl. Allein wrde ich es wohl nicht schaffen. Bei jedem Schritt empfand ich das Gefhl, in einen endlosen Abgrund zu strzen.Die Reflexion des Sandes durchdrang sogar die geschlossenen Lider. In weniger als einer Stunde wrde die Sonne erneut hinter dem Horizont versinken. Ich begann mich zu fragen, was geschehen wrde, wenn wir dann unser Ziel noch nicht erreicht hatten.ber uns ertnte heiseres Krchzen.Wenn die Vgel angreifen, stie ich mhsam hervor, mut du schieen.Augenblicke spter erhielt ich einen Sto, der mich taumeln lie. Hinter mir ertnte das Fauchen von Tyars Strahler.Alles drehte sich. Verzweifelt versuchte ich, mich zu orientieren, und irgendwie gelang es mir auch, wenngleich ich noch immer das Gefhl hatte, wie ein Baum im Orkan zu schwanken. Keine fnfhundert Meter vor mir lag Asgard im Wstensand. Ob seine Heilung Fortschritte gemacht hatte, konnte ich nicht erkennen.Tyar wurde von den Vgeln heftig attackiert. Ununterbrochen scho er. Doch dann, als nur noch wenige brig waren, wirbelte ihm ein Flgelschlag die Waffe aus der Hand. Schon stie das Tier wieder auf ihn herab, als ein anderer Vogel ihm unverhofft zu Hilfe kam und sich kreischend gegen seinen Artgenossen wandte. Mit Schnbeln und Fngen hackten sie aufeinander ein.Ein Schatten senkte sich herab. Abwehrend wollte ich die Arme hochreien, als ich erkannte, da Asgard unmittelbar neben mir niederging.Tyar hastete heran, lie seinen Blick verwundert ber die Kugel mit der lederartigen Haut schweifen und wandte sich dann um. Er hatte seine Waffe wiedergefunden und richtete sie auf die Vgel.Nicht! vernahm ich den gedanklichen Aufschrei Asgards. Er darf nicht schieen!Aber es war bereits zu spt, um Tyar in die Arme zu fallen. Einer der Vgel strzte tdlich getroffen ab, whrend der andere mit glimmenden Schwingen dem Boden entgegentaumelte.Ich fhlte meine Knie weich werden. Dann hllte Schwrze mich ein.

*

Das erste, was ich bewut wahrnahm, waren die belebenden Impulse, die mich durchfluteten. Noch ehe ich die Augen aufschlug, tasteten meine Hnde nach dem eifrmigen Gebilde auf meiner Brust. Der Zellaktivator war wieder da.Ich mute eine ganze Weile ohne Besinnung gewesen sein, denn berrascht stellte ich fest, da ich mich bereits in Asgards Innerem befand. Tyar hatte sich neben mir niedergelassen und musterte mich fragend.Du hast lange geschlafen, teilte der Extrasinn mit. Aber der Schlaf hat dir gutgetan. Inzwischen befinden wir uns schon im freien Raum.Asgard, warum hast du nicht gewartet? fuhr ich auf.Weil der gesamte Planet eine einzige Gefahr fr uns darstellt.Woher willst du das wissen?Als Asgard schwieg, wiederholte ich meine Frage.Einer aus meinem Volk hat mich gewarnt.Zweifellos sprach Asgard nicht von sich in seiner augenblicklichen Gestalt. Die Gardianer waren bereits ein aussterbendes Volk gewesen, als 500 von ihnen auf der Suche nach den Quellen des Jenseits, von denen sie sich Hilfe versprachen, in die Namenlose Zone und in die Gewalt von Anti-ES gerieten. Aus ihrer Zellsubstanz hatte Anti-Homunk jenes organische Raumschiff geformt, das allerdings durch das Eingreifen meines Extrasinns seiner Kontrolle entglitten war. Da ausgerechnet jetzt ein Gardianer auf der Bildflche erschien, mutete mehr als sonderbar an.Nur der Geist eines von uns, die Seele, oder wie immer du es nennen willst, erklrte Asgard. Die geistige Einheit der Gardianer wurde zerrissen und durch die Namenlose Zone verstreut, als ich entstand.Wo ist er jetzt?In mir, und er macht es mir leichter, mich mit dir zu verstndigen. Auch Tyar kann ich nun verstehen und mich ihm mitteilen. Asgard unterbrach sich fr einige Sekunden. Wir fliegen den Nabel an, durch den Tyar kam. Wenn wir Glck haben, ist es uns mglich, nach der anderen Seite durchzubrechen.Ich glaube nicht, da Wachschiffe der Gyranter patrouillieren, sagte Tyar. Fr alle Flle knnen wir uns jedoch in dem Asteroidenring verbergen, der diese Seite des Nabels umkreist. Inzwischen sprach er perfekt Interkosmo, und ich fragte mich, ob er auch anderes Wissen von mir bernommen hatte. Aber bevor ich ins Grbeln verfallen konnte, meldete sich Asgard erneut.Du sollst erfahren, was ich inzwischen ber den Planeten wei. Men-Gards Geist, der sich nun mit mir vereint hat, wre ohne Krper kaum in der Lage gewesen, lnger als einige Tage zu berleben. Deshalb bemchtigte er sich eines der Vgel und fand dann schnell heraus, da diese Welt etwas Besonderes aufzuweisen hat, beinahe so als sei sie selbst ein gigantisches Lebewesen von ungeheurer Bsartigkeit erfllt, denn Flora und Fauna und sogar ihre Umwelt liegen miteinander in stndigem Kampf. Dabei geht es keineswegs um eine natrliche Nahrungskette, sondern viel eher ums nackte berleben.Wir haben es zu spren bekommen, dachte ich irritiert.Und alles wre noch schlimmer gekommen, htte Men-Gard in der Gestalt des Raubvogels nicht andere Tiere von uns ablenken knnen. Wieder stockte Asgard kurz. Als er dann fortfuhr, sagte er etwas, was mir zu denken gab: Erwhntest du nicht, da Anti-ES zur Luterung fr zehn Relativeinheiten in die Namenlose Zone verbannt wurde? Vielleicht befinden sich der Planet und seine Sonne aus einem hnlichen Grund hier.Tyar steckte mir einen Konzentratriegel zu, den er aus einer Innentasche seiner Kombination hervorzog. Du wirst hungrig sein, sagte er. Der Riegel schmeckte nach gar nichts, aber er stillte Hunger und Durst fast augenblicklich.Als ich mich fragte, wonach Asgard sich bei seinem Flug wohl orientierte, bermittelte er mir das Abbild eines silbrigen Gespinsts, das die Finsternis der Namenlosen Zone durchzog. Das Netz eines Grenzwchters. Tyar behauptete, da er aufgrund der Stellung der Fden zueinander erkennen konnte, in welcher Richtung sein Ziel lag.Wenn es uns, wirklich gelang, den bergang zu finden und in den Einstein-Raum vorzudringen, wie weit wrden Bars und Farynt von der heimatlichen Milchstrae entfernt sein oder von einer der Galaxien, in denen sich Terraner aufhielten? Besa ich berhaupt die Spur einer Chance, jemals wieder mit der Menschheit Verbindung aufzunehmen? Wenn ich mir die ungeheure Ausdehnung des Weltais vor Augen fhrte, konnte die Suche nach der Milchstrae durchaus hnlich werden wie die Suche nach der berhmt-berchtigten Nadel im Heuhaufen.Vor uns erstreckt sich eine ungeheure Vielzahl von Trmmerstcken unterschiedlicher Gre, lie Asgard wissen.Die berreste des zerplatzten Planeten, besttigte Tyar. Die Schwerkraft des Nabels war stark genug, sie an sich zu binden. Sei vorsichtig, Asgard, die Gyranter lassen auf keinen Fall mit sich spaen.Wir nherten uns einem groen Asteroiden, der dem Zentrum des Trmmerrings sehr nahe lag.Das nebelartige Wallen, das ich durch Asgards Sinne fast ebenso deutlich erkennen konnte wie mit eigenen Augen, war der einzige optische Hinweis auf etwas Besonderes in diesem auf wenige Lichtsekunden Durchmesser begrenzten Raumsektor.Raumschiffe! unterbrach Asgard meine Gedankengnge. Fnf groe Einheiten sind soeben materialisiert.Ob sie uns entdeckt hatten?Zum einen befanden wir uns noch innerhalb des Asteroidenrings und Asgard konnte durchaus fr einen runden Felsbrocken gehalten werden, zum anderen war anzunehmen, da die energetischen Wirbelfelder des Nabels die Ortungen der Schiffe zumindest auf gewisse Entfernungen beeintrchtigen.Trotzdem erschien es sicherer, wenn wir auf dem groen Asteroiden niedergingen und uns vorerst aufs Beobachten beschrnken.Der Nabel bt eine anziehende Wirkung aus, stellte Asgard fest. Ich knnte mich treiben lassen. Sicher streben hin und wieder auch Bruchstcke des Planeten dem Zentrum zu.Die Gefahr ist zu gro, da die Gyranter solche Asteroiden fr Schiebungen heranziehen, wehrte ich ab. Mir liegt nichts daran, als Materiewolke zu enden.Asgard landete auf dem groen Brocken, der immerhin eine Lnge von gut 500 Kilometern besa und fast ebenso tief war. Zu meiner berraschung besa der Asteroid eine ausreichende Schwerkraft, um sich zumindest eine dnne Atmosphre zu erhalten. Sie war atembar, sonst htte Asgard Tyar und mich nicht ins Freie hinausgelassen.Die Raumschiffe der Gyranter waren inzwischen mit bloem Auge als kleine, fahl leuchtende Kugeln auszumachen. Sie nherten sich. Nur die Tatsache, da sie nach wie vor dicht beieinander flogen, verriet mir, da sie uns noch nicht aufgesprt hatten. Oder sie waren sich ihrer berlegenheit sehr sicher.Ich wei nicht, was sie vorhaben, sagte Tyar, als knne er meine Gedanken lesen. Aber kein Gyranter ist bisher in die Namenlose Zone eingedrungen, ohne da Anti-ES ihn gerufen htte.Ein raschelndes Gerusch lie mich herumfahren. Obwohl die Finsternis nahezu undurchdringlich war, glaubte ich, eine flchtige Bewegung erkennen zu knnen.Zgernd machte ich einen Schritt vorwrts. Auch Tyar schien aufmerksam geworden zu sein, denn er schwieg pltzlich.Das Rascheln wiederholte sich; gleich darauf erklang ein abgehacktes Zischen. Instinktiv nahm ich Abwehrhaltung ein. Unmittelbar vor mir zeigte sich ein fahles Fluoreszieren, die Umrisse eines weniger als einen Meter hohen Bumchens nachzeichnend.Ein Tier, eine Pflanze? Unter anderen Umstnden htte ich sicherlich versucht, mit diesem Geschpf in Kontakt zu kommen. So aber mute mein Augenmerk mehr den nher kommenden Raumschiffen gelten. Doch als ich mich umwandte, waren sie verschwunden.Sie sind weg, besttigte Asgard. Vermutlich in den Asteroidenring eingeflogen.Dann sollten wir die Gelegenheit nutzen, rief Tyar. Je eher ich nach Bars zurckkehre, desto besser.Ich nickte flchtig, obwohl er die Geste kaum wahrnehmen konnte. Asgard ffnete sich wieder fr uns.Schade, dachte ich, als ich den fluoreszierenden Baum aus den Augen verlor. Ich nahm an, da es sich um einen berlebenden des durch den Nabel zerstrten Planeten handelte. Das Bruchstck, auf dem wir uns befanden, war gro genug, um ihm und vermutlich auch anderen seiner Art eine weitere Existenz zu ermglichen. Da es weit und breit keine Sonne gab, mute es sich schon vorher um eine Dunkelwelt gehandelt haben.Asgard hielt auf den Nabel zu. Nach endlos lang erscheinenden Minuten lieen wir die letzten Asteroiden hinter uns und rasten den Wirbelfeldern entgegen. Die Raumschiffe der Gyranter blieben verschwunden.Aus einen bestimmten Winkel heraus wurde ein fahles Leuchten erkennbar, das sich zunehmend ausdehnte. Schlielich entdeckte ich die ersten Sterne, die mir wie eine Verheiung erschienen. Tyar hatte also nicht gelogen.Dein Weg nach Hause ist weit, Atlan, sagte der Mann neben mir unvermittelt. Wir sollten uns zusammentun, damit einer dem anderen bei der Lsung seiner Probleme helfen kann. Erstaunt blickte ich ihn an. Du erwartest Unmgliches von mir. Wenn es Anti-ES gelang, zwei Galaxien seiner Macht zu unterwerfen, knnen nur die Kosmokraten ihn noch daran hindern.Sie werden auch diesmal nicht eingreifen.Im ersten Moment blickte ich Tyar fragend an, doch er war nicht minder berrascht als ich.Mentales Gelchter brandete auf.Zugleich meldete Asgard, da die Schiffe der Gyranter uns einkreisten.Glaubt ihr wirklich, ich liee ich euch entkommen? Du, Tyar, bist viel zu wertvoll, und was Atlan betrifft, nun, er wird wissen, was ich mit ihm vorhabe.Anti-ES, stie ich zwischen zusammengebissenen Zhnen hervor.Du hast gut gespielt, Arkonide, das mu ich anerkennen, aber du hast verloren. Jeder, der gegen mich anzutreten versucht, wird verlieren.Asgard, dachte ich. Haben wir eine Chance, den Schiffen zu entkommen?Keine!Anti-ES will in erster Linie mich haben, sagte Tyar. Asgard, du mut das ausnutzen und mit Atlan in den Nabel einfliegen.Auf einmal wurde Tyar von wogenden Nebelschleiern eingehllt. Meine Hnde stieen ins Leere, als ich ihn zurckhalten wollte.Du kannst ihn nicht aufhalten, behauptete der Extrasinn. Er ist kein Wesen aus Fleisch und Blut, eher nur Geist oder intelligente Energie. Mag sein, da auch ES und Anti-ES vor onen so wie er waren. Um Tyar festzuhalten, bedarf es mehr als Mauern oder einfacher Schutzschirme.Ich begann zu ahnen, was dieses Wesen vorhatte.Sekunden spter lsten sich die ersten Asteroiden aus ihrer Kreisbahn und strebten mit enormen Beschleunigungswerten den Raumschiffen entgegen. Einige der Felsbrocken zerstubten unter der Wirkung von Impulskanonen und anderen Waffensystemen, die grten aber kamen den Gyrantern bedrohlich nahe.Ich sprte, da Asgard beschleunigte.Nicht zum Nabel hin! rief ich intuitiv. Wir bleiben in der Namenlosen Zone.Eines der Raumschiffe kollidierte mit mehreren Asteroiden und explodierte trotz aktivierter Schutzschirme. Asgard bemhte sich, den Glutball der Explosion als Ortungsschutz auszunutzen.Wenig spter flammten Dutzende winziger Sonnen in diesem Sektor auf doch war ihre Energie innerhalb von Sekunden aufgezehrt. Um den Nabel lag ein blaues, flirrendes Licht, in dem die Asteroiden vergingen. Zweifellos htte auch Asgard und mich dieses Schicksal ereilt, wren wir Tyars Rat gefolgt.Du kannst mir nicht entkommen! drhnte die mentale Stimme von Anti-ES auf. Aber Tyar ist mir jetzt wichtiger. Geniee deine Freiheit, solange sie dir bleibt.Wohin sollen wir uns wenden? fragte Asgard.Dorthin, wo wir in Sicherheit sind, antwortete ich in einem Anflug von Galgenhumor.

*

Der temporre Reinkarnationseffekt endete abrupt. Als Atlan, vom durchlebten Geschehen noch leicht benommen, die Augen aufschlug, blickte er geradewegs in Tyaris erstauntes Gesicht. Viele Fragen schienen sie zu bewegen.Ich werde die Geschichte zu Ende erzhlen, an der Atlan nicht mehr teilhatte, kam es von Wbbeking-Nar' Bon. Tyar, die Intelligenz von Bars, wurde noch am Rand des Nabels von Anti-ES und den Gyrantern gestellt und nach einem heftigen Kampf wieder in die Verzahnung mit Prezzar eingegliedert. Doch er nahm das Wissen um Atlan in die Gefangenschaft mit. Heimlich und mit letzter Kraft begann er, whrend er sich erfolgreich gegen Prezzars Ungestm zur Wehr setzte, ein junges Mdchen aus einem arkonidenhnlichen, bislang unbedeutenden Volk von Bars in seinem Sinn zu formen. Dann legte Anti-ES' Fessel wieder den Bann des Vergessens um Tyar.Ich wurde demnach nicht aus lebloser Materie erschaffen wie Mjailam? machte Tyari erstaunt.Du warst schon immer eine Frau, besttigte Wbbeking. Tyar hat lediglich deinen Krper zu einem Wachstum nach Atlans Schnheitsideal angeregt und prgte dir seinen Willen auf. Deshalb fehlt dir jede Erinnerung an Kindheit und Jugend, weil diese nur einen unkalkulierbaren Strfaktor bedeutet htte. Deine einzige Aufgabe sollte es sein, Atlan zu suchen und dabei auch nicht mit deinen weiblichen Reizen zurckzuhalten, um Tyar und Bars zur Freiheit zu verhelfen.Der Arkonide pfiff leise zwischen den Zhnen hindurch. So ist das also, stie er hervor.Was willst du damit sagen? fuhr Tyari auf.Er musterte sie stumm. Sein Blick streifte ihr locker fallendes Haar, verharrte kurz auf den straffen Brsten und wanderte dann zu ihrer Taille und den langen, schlanken Beinen weiter.Mit zusammengepreten Lippen hatte Tyari seine Reaktion beobachtet, nun machte sie ihrem rger Luft.Du glaubst also, da ich dich nur deshalb liebe, weil Tyar es mir befohlen hat?Es wre immerhin mglich, oder ?Einen spitzen Aufschrei ausstoend, schlug Tyari zu. Atlan fing ihre Hand unmittelbar vor seinem Gesicht ab.Ich will die Wahrheit wissen!Es ist die Wahrheit, stie Tyari hervor. Wie kann man nur so kurzsichtig und egoistisch sein, wie du. Ich liebe dich wirklich, nicht weil Dann beweise es mir. Ein Lcheln huschte ber Atlans Zge als er sie, immer fest in seinem Griff, zu sich heranzog. Tyaris Mund verharrte dicht vor dem seinen.Du mitraust mir?Eher den Gefhlen, die du fr mich aufbringst. Seine Zweifel blieben in jeder Hinsicht.Ich lasse mich nicht verkaufen weder von dir, noch von Tyar, noch von sonst wem. Mit einer ruckartigen Bewegung lste sie sich aus seinem Griff.

2.

Die Gewiheit, da sie ihre Existenz keinesfalls einem bloen Willensakt verdankte, machte Tyari vieles leichter. Und wenn sie ehrlich gegen sich selbst war, verstand sie Atlans Reaktion. Der Arkonide mute in der Tat Angst davor haben, von fremden Mchten ausgenutzt zu werden. Immerhin ging es dabei nicht nur um ihn, sondern das mchtige Fernraumschiff SOL mit seiner gesamten Besatzung wurde in die Geschehnisse mit hineingezogen.Atlan rusperte sich verhalten. Er hatte sich erhoben und eine ruhelose Wanderung durch seine Kabine begonnen. Tyari beobachtete ihn angespannt. Schlielich blieb er stehen und starrte eines der Bilder von der Erde an.Wbbeking, sagte er mit leiser, vibrierender Stimme. Asgard war damals so etwas wie mein Freund, zumindest ein wertvoller Helfer. Zuletzt gehrte er zum Arsenal und stand damit gegen mich. Ich wei, da er selbst lichtjahreweite Entfernungen innerhalb krzester Zeit zurckzulegen vermag doch wie gelangte er von Xiinx-Markant nach Bars-2-Bars? Hatte Anti-ES schon zu jenem Zeitpunkt damit begonnen, seinen Plan auszuspielen?Du irrst, Atlan, wenn du glaubst, alles unserem Gegner in die Schuhe schieben zu mssen. Ich war es, der Asgard zusammen mit Kik und Sanny nach Bars-2-Bars versetzte, weil ich es als ntig erachtete, dir durch die Paramathematikerin Untersttzung zukommen zu lassen, und weil ich selbst nicht direkt in Erscheinung treten wollte. Anti-ES' Angriff, als er mich durch das im Zentrum von Xiinx-Markant entstandene Schwarze Loch zu sich holen wollte, hatte mich vorsichtig gemacht.Zum anderen berkam mich gerade zu jenem Zeitpunkt wieder die Erinnerung an Chybrains Tod. Und das Verschwinden der SOL in dem Giganttransmitter erzeugte in mir ein Gefhl, als sei Chybrain in diesem Moment zum zweitenmal gestorben.Wahrscheinlich war es die Verbundenheit zwischen uns, die dich so fhlen lie, vermutete Atlan.Ich bin schlielich doch selbst nach Bars-2-Bars gekommen, weil hier etwas ist, was mich anzieht, sagte Wbbeking. Noch kann ich nicht definieren, ob es sich um eine Gefahr handelt, aber ich werde es herausfinden.

3.

Es ist eine Gefahr, sagte Tyari nach lngerem Schweigen.Atlan wandte sich zu ihr um. Weit du mehr darber?Die Frau schttelte den Kopf. Was sollte es sonst sein? stellte sie die Gegenfrage.Der Arkonide schluckte krampfhaft.Wenn ich ehrlich sein soll, mir brennt die Frage auf den Lippen, wie unsere Auseinandersetzung mit Anti-ES enden wird.Tyari erschrak sichtlich.Darauf wird dir niemand eine Antwort geben knnen selbst Wbbeking nicht. Die Frage wre sinnlos vertan.Atlan warf ihr einen forschenden Blick zu. Alles, was sich in der Vergangenheit ereignete, wirft seine Schatten bis in die Gegenwart. Wenn ich daran denke, da ich infolge meiner Gedchtnislschung durch die Kosmokraten vieles nicht mehr wute, was uns htte weiterhelfen knnen, sei es bei der Konfrontation mit den Manifesten oder berhaupt die Existenz der kosmischen Nabel, so mu ich mich unwillkrlich fragen, was damals in der Namenlosen Zone noch geschah. Er zgerte, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Mir wird immer deutlicher bewut, wie sehr alle Ereignisse miteinander verknpft sind. Als wrde jemand am Hintergrund die Fden ziehen und die Marionetten, die an diesen Fden hngen, sind wir, Tyari. Du und ich, die SOL, vielleicht sogar Anti-ES Du spinnst, entfuhr es der Frau. Wer sollte jener Puppenspieler sein, der uns im Griff hat?Die Kosmokraten! Sie wren dazu in der Lage.Tyari seufzte.Du weit nichts von ihnen, Atlan. Das hast du selbst zugegeben. Wenn du schon glaubst, als Puppe mibraucht zu werden, weshalb versuchst du nicht, dich von den Fden zu lsen?Und wie? Kannst du mir sagen, welchen Schritt ich tun mu, um wirklich das Spiel so fortzufhren, wie ich es fr richtig halte?Tyari erkannte, da sie nahe daran waren, sich im Kreis zu drehen, ohne Ergebnisse zu erzielen. Ein Zustand, der keineswegs zufriedenstellen konnte, der eher alles bisher Erreichte fraglich erscheinen lie.Wbbeking, rief Atlan. Welche Ereignisse in der Namenlosen Zone, die ich vergessen habe, spielen in die Gegenwart herein oder sind irgendwie mit ihr verbunden?Unwillkrlich mute er an das Nymo-Tay denken, mit dessen Hilfe er zu Sanny, Kik und den anderen Gefangenen-im Prezzar-Mydonium gefunden hatte. Kik behauptete seinerzeit, das Nymo-Tay von Atlan in der Namenlosen Zone erhalten zu haben.Der Arkonide hatte pltzlich das Gefhl, den Boden unter den Fen zu verlieren. Ohne da Wbbeking sich meldete, machte sich der temporre Reinkarnationseffekt wieder bemerkbar.Sekundenbruchteile spter schlug die Vergangenheit ber Atlan zusammen. Wie eine Woge, die alles andere auslscht.

*

Asgards mentaler Aufschrei weckte mich aus ohnehin nur oberflchlichem Schlaf. Ich wute nicht, was geschehen war, mir blieb auch keine Zeit, um Fragen zu stellen. Unvermittelt einsetzende Andruckkrfte preten mich tief in die weiche Krpermasse des organischen Raumschiffs. Ich bekam kaum noch Luft, mein Rcken begann zu schmerzen, weil ich mich aus der unnatrlichen verkrampften Haltung nicht befreien konnte. Mindestens sieben oder acht Gravos schlugen durch.Ein rasender Wirbel schien uns erfat zu haben und mit sich zu reien.Asgard schrie noch immer. Bruchstcke seiner Gedanken verrieten mir, da auch er nicht wute, was geschah. Es gab nichts, woran er sich htte orientieren knnen.Und dann, schlagartig war alles anders.Zweifellos befanden wir uns auf der Oberflche eines Planeten. Fahles grnes Licht umgab uns.Instinktiv versuchte Asgard an Hhe zu gewinnen. Es blieb bei dem Versuch. Fesselfelder hielten ihn am Boden fest.Demnach befanden wir uns in der Gewalt intelligenter Wesen. Aber mit Intelligenzen lie sich reden, zumindest verhandeln. glaubst du, schrnkte mein Extrasinn sofort ein.Ich verzichtete auf eine Antwort, weil dies eines der Themen war, ber die man stundenlang diskutieren konnte, ohne zu einem brauchbaren Ergebnis zu gelangen. Die Fremden, wer immer sie sein mochten, verfgten ber hervorragende technische Kenntnisse. Da es ihnen gelungen war, uns aus dem freien Weltraum auf ihren Planeten zu holen, setzte eine Art Fiktivtransmitter voraus, wie es ihn in der Anfangszeit des Solaren Imperiums gegeben hatte.Die Atmosphre ist fr dich atembar, teilte Asgard mir mit. Deinem Organismus abtrgliche Beimengungen kann ich nicht feststellen.Eigentlich war ich froh, den Hohlraum in seinem Innern endlich wieder verlassen zu knnen. Aber das Grn, das mich umfing, weckte Unbehagen. Die Sicht reichte kaum weiter als einige Meter. Der Boden wirkte wie Metallplastik, strahlte jedoch eine Klte aus, die mich frsteln lie.Im Gegensatz zu Asgard konnte ich mich frei bewegen. Indes stie ich gleich darauf gegen ein unsichtbares Hindernis, das mir Widerstand entgegensetzte. Eine Energiekuppel, deren Durchmesser annhernd 30 Meter betrug. Die Hhe konnte ich nur schtzen und nahm sie deshalb mit demselben Wert an. Im Grunde genommen war nur die Erkenntnis wichtig, da Asgard und ich uns als Gefangene zu betrachten hatten. Von wem, die Frage blieb vorerst unbeantwortet.Geduld, Atlan, sollte schon lange deine Strke sein, bemerkte mein zweites Ich spttisch.Das grne Leuchten vernderte sich, wurde erst blau, dann gelb und schlielich wei, wobei der Farbwechsel jeweils an der Basis der Kuppel begann und sich schlierenfrmig in die Hhe ausbreitete. Sekunden spter brach das Energiefeld zusammen.Bewaffnete hatten uns eingekreist. Obwohl sie nur entfernt menschenhnlich waren, glaubte ich, ihre Mimik recht gut deuten zu knnen. Sie wrden beim geringsten Anzeichen von Gegenwehr sofort schieen.Wir befanden uns in der Randzone einer ausgedehnten Stadt. Die dicht gedrngt stehenden Bauten besaen Wabenformen, wobei jeweils zehn von ihnen eine Einheit bildeten, die sich als leicht geffnete Spirale darstellte. Keines der Gebude einer solchen Spirale besa dieselbe Hhe wie ein anderes, und sie waren stufenfrmig ansteigend hintereinander angeordnet.Mitkommen! wurde ich angeherrscht und reagierte im ersten Moment berrascht, weil ich nicht erwartet hatte, die Bewaffneten zu verstehen. Aber zustzlich zum gesprochenen Wort hatte ich einen telepathischen Befehl erhalten.Ich beschlo, die Fremden deshalb Zweisprecher zu nennen.Keiner von ihnen war kleiner als zwei Meter. Trotz ihrer Gre wirkten sie keineswegs hager. Das Auffallendste an ihnen war zweifellos das rudimentre zweite Armpaar, das unmittelbar ber dem Hftknochen etwa dreiig Zentimeter lang hervorstand und in zwei ebenfalls verkmmerte Greiffinger auslief. Ihre Kopfform war menschlich, nur wiesen die Schdel keinerlei Behaarung auf, und die Nase war lediglich andeutungsweise als leichte Erhebung vorhanden. Doch dafr besaen die Zweisprecher vier Augen, von denen zwei ganz normal angeordnet waren, die beiden anderen aber die Stelle der Brauen einnahmen. Die Pupillen der bereinanderliegenden Augen schienen jeweils miteinander zu verschmelzen. Was wollt ihr von mir? fragte ich, als die Zweisprecher mich zu einem Prallkissengleiter fhrten. Auf meine Frage reagierten sie mit eisiger Zurckhaltung.Unsanft wurde ich ins Innere des Fahrzeugs gestoen, dann glitt die Tr hinter mir zu und ich war allein und von der Auenwelt hermetisch abgeschlossen. Vergeblich wartete ich darauf, da das Gefhrt starten und mich irgendwohin bringen wrde, wo andere Zweisprecher bereits auf mich warteten.Oder Anti-ES?Ich verwarf den Gedanken sofort wieder, denn die Anwesenheit der Superintelligenz wrde mir kaum verborgen bleiben.Nacktes, fugenloses Metall umgab mich. Ich begann, die Wnde abzuklopfen, doch der Klang war immer derselbe, als existierte dahinter nicht der kleinste Hohlraum.Fnf Minuten waren vergangen, als sich das Schott wieder ffnete. Ein schmaler, schnurgerader Gang schlo sich an, dessen jenseitiges Ende im Dunste verborgen blieb. Zweifellos waren Energieschirme fr diesen optischen Effekt verantwortlich. Also hatte der Gleiter sich bewegt, ohne da ich auch nur die geringste Erschtterung wahrgenommen hatte.Die Zweisprecher erwarteten von mir, da ich den Gleiter verlie. Flchtig spielte ich mit dem Gedanken, mich hartnckig zu zeigen, doch das wre einer mglichen Verstndigung zwischen ihnen und mir kaum frderlich gewesen.Ich durfte mich immer mehr als Gefangener fhlen. Meine Schritte erzeugten nicht das leiseste Gerusch. Das Licht, das gleichmig von der Decke, den Wnden und sogar vom Boden ausstrahlte, lie mich frsteln. Wenn ich die Hnde hob und sie ansah, glaubte ich, ein eigenartiges Flimmern zu sehen, das mich unwillkrlich an die leuchtende Aura der Kirlianfotografie erinnerte.Hast du eine Erklrung dafr? fragte ich meinen Extrasinn.Unwillkrlich war ich stehengeblieben. Jetzt versprte ich eine rasche Folge schmerzhafter Schlge gegen meinen Krper. Kleine Lichtexplosionen erfllten den Gang. Nur Augenblicke spter schien sich das Leuchten um mich her zu verdichten, und ich hatte das Gefhl, regelrecht vorwrtsgerissen zu werden. Ich wollte abwarten, was weiter geschah, aber meine Beine machten sich selbstndig. Sie unterlagen pltzlich nicht mehr der Steuerung durch das zentrale Nervensystem, sondern gehorchten irgendeinem anderen Befehl. Die Tatsache, da ich trotz meiner Mentalstabilisierung fremdem Zwang ausgesetzt war, erfllte mich mit Unbehagen.Das ist weder Hypnose noch etwas Vergleichbares. Immerhin triffst du vllig unbeeinflut deine Feststellungen.Mein Unbehagen wuchs von Minute zu Minute, je lnger die Zweisprecher mir ihre Macht bewiesen.Zu beiden Seiten des Ganges zweigten Rumlichkeiten ab kleine, kaum wenige Quadratmeter messende Kammern, die mich unwillkrlich an Gefngniszellen erinnerten. Nur da die Wnde nicht materiell waren, sondern von Energieschirmen gebildet wurden. Ein Zweisprecher kauerte im hintersten Winkel einer solchen Zelle. Er wirkte apathisch und war ohnehin nur noch ein Zerrbild seiner selbst, bis auf die Knochen abgemagert und wohl nicht mehr in der Lage, sich auf den Beinen zu halten.Einige Meter weiter ffnete sich eine Kammer. Sie war leer, wie ich flchtig feststellte.Ich zgerte. Doch da war wieder dieses Prickeln in den Beinen, das mir meine eigene Hilflosigkeit verriet. Ich wollte es nicht, aber ich schritt auf die Zelle zu.Hinter mir schlo sich der Energievorhang.

*

Mit berkreuzten Beinen sa ich auf dem kalten Boden, hatte den Kopf in die Hnde und die Ellbogen auf die Oberschenkel gesttzt und harrte der Dinge, die da kommen wrden. Einige Stunden waren vergangen, in denen ich vergeblich nach einem Ausweg gesucht hatte. Die Wnde, eine feste Form von Energie, verwehrten mir jeden Blick nach auen. Sie waren hart und glatt wie Stahl.Meine Gedanken beschftigten sich mit der Struktur der Namenlosen Zone, die lngst nicht so leer zu sein schien, wie ich dies bislang geglaubt hatte. Entweder waren Asgard und ich in eine von allem bisherigen Geschehen weit entfernte Region verschlagen worden, oder der Schein der zweifellos vorhandenen Sonnen reichte nie weiter als einige Lichtstunden. Andernfalls htte sich dem Beobachter zumindest ein sprlicher Sternenhimmel darbieten mssen.Was hatten die Zweisprecher mit mir vor was war aus Asgard geworden? Je mehr Zeit verging, desto weniger glaubte ich an die Mglichkeit einer friedlichen Verstndigung. Die absolute Stille schien Teile einer psychischen Folter zu sein.Mit geschlossenen Augen versank ich allmhlich in eine Art Trance, die mich Raum und Zeit vergessen lie. Stunden konnten so zu einem Bruchteil von Sekunden zusammenschrumpfen. Eine wohltuende Ruhe durchstrmte mich, begleitet von einer sich bis in die engsten Kapillaren ausdehnenden Wrme.Irgendwann ich hatte jegliches Zeitgefhl verloren schreckte ich auf. Zweisprecher standen mit angeschlagenen Waffen vor mir. Der Extrasinn behauptete, da hchstens zwei Stunden vergangen waren. Das bedeutete, da die Fremden sehr schnell des bloen Beobachter berdrssig geworden waren.Ich wurde zu einem Antigravschacht gefhrt und hineingestoen. Gerichtete Schwerefelder lieen mir keine Gelegenheit zur Flucht. Als ich nach schtzungsweise hundert Metern Hhenunterschied in einen lichtberfluteten Korridor kam und die Zugfelder erloschen, nahmen mich erneut Bewaffnete in Empfang.Ich befand mich in einem der hchsten wabenfrmigen Gebude. Alles machte einen sterilen Eindruck, und als ich schlielich in einen mit fremdartigen Instrumenten angefllten Saal gebracht wurde, wute ich mit letzter Konsequenz, was mich hier erwartete. Abrupt blieb ich stehen und miachtete selbst den Lauf des Strahlenkarabiners, der sich mir in den Rcken bohrte. Der Mann wrde nicht schieen noch nicht.Einige Zweisprecher rzte oder Wissenschaftler? starrten mich herausfordernd an. Ihre Blicke waren kalt und berechnend.Warum knnen wir nicht miteinander reden?Alles, was von drauen kommt, bringt Unheil, stie einer der Mnner hervor, die mich bewachten. Wir wollen endlich herausfinden, warum das so ist.Mit drauen meinte er sicherlich die Namenlose Zone. Wer so redete, mute einige schlechte Erfahrungen gemacht haben.Sei vorsichtig mit deinen Folgerungen, warnte mein zweites Ich. Es kann sich ebensogut anders verhalten. Die Zweisprecher htten Asgard und dich nicht auf ihre Welt geholt, wenn sie sich frchteten.Auch ich habe drauen Feinde, sagte ich, ohne eine Reaktion zu erzielen.Macht alles bereit, befahl einer der rzte.Ich reagierte, ohne zu berlegen. Auf dem Absatz schnellte ich herum und setzte zum Dagorgriff an, der einem meiner Bewacher einknicken lie, ehe er berhaupt begreifen konnte, was mit ihm geschah. Aber die beiden anderen waren schnell. Der Hitze des Strahlschusses entging ich nur durch eine blitzartige Drehung zur Seite. Ich ri den Mann mit mir zu Boden, der geschossen hatte. Der andere legte zwar auf mich an, wagte aber nicht abzudrcken, aus Furcht, er knne seinen Kameraden treffen. Ineinander verkrallt, wlzten wir uns herum, bis ich eine Hand freibekam und zupackte. Besinnungslos sackte der Zweisprecher in meinem Griff zusammen. Zugleich versprte ich ein eigenartiges Prickeln. Da war die Kirlian-Aura wieder. Sie umschlo meine Arme und breitete sich ber den gesamten Oberkrper aus. Ich wollte schreien, doch die Stimme versagte mir den Dienst. Als sei ich nicht mehr Herr ber mich selbst, schritt ich auf die gepolsterte runde Liege in der Mitte des Raumes zu, ber der starke Scheinwerferbatterien angeordnet waren. Ich wollte es nicht, aber ich konnte nicht anders. Kein einziger Muskel gehorchte noch meinen Befehlen. Selbst die Erkenntnis, da diese Liege smtliche technischen Einrichtungen eines Seziertisches barg, hinderte mich nicht daran. Ich setzte mich auf ihren Rand und lie mich zurcksinken. Die Zweisprecher entblten meinen Oberkrper und brachten mich in die richtige Lage; aber erst als magnetische Klammern um meine Gelenke zuschnappten, fiel der fremde Wille von mir ab wie ein bser Traum, aus dem man erwacht und erkennt, da in Wirklichkeit alles anders ist.Doch nichts war anders. Interessierte Gesichter beugten sich ber mich und musterten mich, knochige Hnde tasteten mich ab.Woher mag er kommen? hrte ich fragen. Er ist anders als jene, die wir bisher gefangen haben.Wir werden es herausfinden. Sobald wir anfangen, achtet auf die Aktionsstrme seiner Grohirnrinde.Wir sollten sein Gehirn sofort absondern. Die Nhrlsung ist bereit, ebenso smtliche Aufzeichnungsapparaturen. Seine Erinnerungen werden uns Aufschlu geben.Einer der rzte winkte heftig ab.Ohne das Gehirn knnen wir die Funktionen des Krpers nur unzureichend berprfen. Ich mu darauf dringen, da zuerst alle zweitrangigen Messungen ausgefhrt werden.Obwohl ich weder in der Lage war, mich zu bewegen, noch mich zu artikulieren, war ich hellwach. Die Zweisprecher, die mich umstanden, blieben fr mich mehr oder weniger diffuse Schatten, denn das Licht der Scheinwerfer ber dem Seziertisch blendete.Leise summend senkte sich ein viereckiger Kasten auf mich herab. Ich fhlte ein eigenartiges Prickeln, als wrde mein Blutkreislauf jeweils dort unterbrochen, wo der Kasten schwebte. Vermutlich entstand auf diese Weise ein exaktes Computerbild meines Adernsystems.Er hnelt den Gyrantern, vernahm ich. Ob er ebenfalls aus dem Alten Raum kommt?Dann ist die Frage, ob er wie unser Volk auch verbannt wurde.Sie meinen den Einstein-Raum, wisperte der Extrasinn.Still! fuhr ich ihn an. Ich wollte hren, was die Zweisprecher zu sagen hatten. Aber sie schwiegen jetzt.Ein Laserskalpell flammte auf. Zumindest wrde ich kaum Schmerzen empfinden, wenn der mikroskopisch fein gebndelte Lichtstrahl in mich eindrang. ich mu darauf dringen, da zuerst alle zweitrangigen Messungen ausgefhrt werden.Das Skalpell verharrte eine Handbreit ber meiner Bauchdecke.Er hnelt den Gyrantern, sagte der Arzt, der rechts von mir stand und das Operationsbesteck fhrte. Ob er ebenfalls aus dem Alten Raum kommt?Wenn ich dazu in der Lage gewesen wre, htte ich verwirrt den Kopf geschttelt. So berschlugen sich meine Gedanken. Genau dieselben Worte, die der Zweisprecher gebrauchte, hatte ich schon vor wenigen Augenblicken gehrt.Dann ist die Frage, ob er wie unser Volk auch verbannt wurde, erwiderte ein anderer, den ich nicht sehen konnte, da er hinter mir stand.Ich begann an meinem Verstand zu zweifeln. War ich nahe daran, mich in geistige Umnachtung zu flchten, weil ich keinen anderen Ausweg mehr sah? Bldsinn. Ich war nicht so labil, da mich eine solche Belastung umkippen lie. Etwas anderes mute dahinterstecken.Die Szenerie schien in gewisser Weise eingefroren. Der Arzt schob das Skalpell einen halben Meter von mir weg, dann zog er es langsam wieder nher heran. da zuerst alle zweitrangigen Messungen ausgefhrt werden.Das war Wahnsinn.Er hnelt den Gyrantern Wie eine altertmliche Schallplatte, bei der die Tonabnehmernadel infolge eines Kratzers immer wieder in dieselbe Rille zurckspringt.Aus den Augenwinkeln heraus gewahrte ich ein seltsames Flimmern. Eine doppelt faustgroe Kugel schwebte heran und verharrte einen Meter ber mir. Sie war halbtransparent und von grauer Farbe. In ihrem Innern pulsierte es, als lebe sie.Die Zweisprecher schienen dieses Ding zwar ebenfalls wahrzunehmen, trafen jedoch keinerlei Anstalten, es zu vertreiben, als es langsam zwischen ihnen hindurchglitt. Die Lhmung fiel allmhlich von mir ab. Schon war ich in der Lage, den Kopf zu bewegen. Ich sah mindestens acht Kugeln innerhalb des Saales genausoviel wie Zweisprecher anwesend waren. Messungen ausgefhrt werden.Ich hrte immer wieder dasselbe, nur jedesmal ein Stck krzer. Wie ein allmhliches Echo.Lediglich die Magnetfesseln hielten mich noch auf dem Seziertisch fest.Warum befreit ihr mich nicht ganz? rief ich. Die Kugeln glitten heran und verharrten vor mir. Sie waren vllig glatt, nur eben durchscheinend; ich konnte weder Sinnesorgane noch Extremitten entdecken. Dnne rote und grne Fden bewegten sich in vielfachen Verschlingungen in ihrem Innern.Die Khyrr-Bay-Yah sind nicht in der Lage, materielle Dinge zu bewegen, nicht wahr, erklang es hinter mir.Die Stimme und die Redewendung waren mir so vertraut, da ich unwillkrlich einen leichten Freudenschauer versprte. Aber ich mute mich tuschen. Kik, der liebenswerte kleine Seestern, war gestorben, als die Arltra-Ranger versucht hatten, die Quelle der Jenseitsmaterie auf der Basis des Ersten Zhlers in ihre Gewalt zu bringen. Vergeblich zerrte ich an meinen Fesseln.Du brauchst mich, Atlan, nicht wahr. Wer sonst sollte dir beistehen.Kik! rief ich aus. Bist du es wirklich?Ich bin mein Geist, nicht wahr? Er kicherte. Aber halte endlich still. Wie soll ich dich sonst befreien?An den Schaltkontrollen des Seziertisches stand tatschlich ein knapp einen Meter groer fnfbeiniger Seestern. Sein Kopf schien fast nur aus roten Haaren und einem groen Augenpaar zu bestehen.Kik bemerkte, da ich ihn anstarrte.Jetzt glaubst du es, nicht wahr, stie er hastig hervor. Raffe dich endlich auf; wir mssen uns beeilen. Die Khyrr-Bay-Yah, er deutete mit zwei seiner Extremitten auf die schwebenden Kugeln, knnen die Telepathie-Reflexion nur einmal anwenden. Sobald das Echo verklungen ist, werden deine Gegner Jagd auf uns machen.Ich streifte meine Kombination ber und entri einem der Zweisprecher die Strahlenwaffe.Hinter uns schlug das Schott zu. Im Laufen feuerte ich auf den Rahmen, obwohl die eventuelle Verfolger kaum aufhalten wrde. Mir blieb keine Zeit, um das Schott dauerhaft zu verschweien.Die Khyrr-Bay-Yah, wie Kik die Kugeln nannte, deren Innenleben mich an Jenseitsmaterie erinnerte, schwebten vor uns her. Kik sprang in den nchstbesten Antigravschacht, ohne sich vorher zu vergewissern, ob dieser tatschlich aktiviert war. Wir glitten mit ziemlicher Geschwindigkeit in die Tiefe.Ein Wachtposten ri seine Waffe hoch, als er mich bemerkte. Stehenbleiben! rief er.Die Khyrr-Bay-Yah waren schneller. Der Posten senkte den Strahler wieder.Im nchsten Moment brachte er die Waffe erneut in Anschlag.Stehenbleiben!Ich hrte seinen Ruf noch, obwohl Kik und ich gerade im Begriff waren, das Gebude zu verlassen.Der schwarze Nachthimmel ber der Stadt zeigte sich sternenlos. Nur die fahle Sichel eines winzigen Mondes stand einsam gegen die Dsternis. Dennoch herrschte ausreichende Helligkeit. Sie ging von den Gebuden selbst aus, die wie fensterlose Lichtsulen in den Himmel ragten.Flchtig sah ich mich um. Die Kugeln waren verschwunden. Mehrere Gleiter parkten unmittelbar an der ueren Begrenzung des spiralfrmigen Innenhofs. Kik ffnete einen von ihnen und winkte mir, einzusteigen.Wir mssen fort, nicht wahr.

*

Fast war er mir unheimlich, wie er im Pilotensitz des Gleiters sa und mit seinen fnf Armen die Kontrollen bediente, als habe er sein Leben lang nichts anderes getan. Dicht ber dem Boden glitt das Fahrzeug mit rasch ansteigender Geschwindigkeit dahin. Kik versuchte mit bewundernswerter Geschicklichkeit, auerhalb des Erfassungsbereichs eventueller Ortungsstationen zu bleiben.Ich sa neben ihm und lie ihn keine Sekunde lang aus den Augen. Belustigt blinzelte er mir zu.Du bist verwirrt, Atlan, nicht wahr?Ich sagte nichts, sondern schrzte nur die Lippen und versuchte weiterhin, irgend etwas Aufflliges an ihm zu entdecken. Kik zumindest der Kik, den ich von der Basis des Ersten Zhlers her kannte war tot. Aber wer war dann jenes Wesen neben mir?Du zweifelst, nicht wahr? Flchtig wandte er sich mir zu. Habe ich dir nicht immer geholfen?Wir lieen die Stadt hinter uns, ohne verfolgt zu werden. Weit vor dem Gleiter, inmitten der lichtlosen Dunkelheit der Nacht, gewahrte ich ein fahles Farbenspiel als htte jemand eine Palette von Farben in einem Glas zusammengeschttet, um sie krftig zu vermischen. Oder wie bunte Nebelschwaden, die dicht ber die Oberflche des Planeten dahintrieben und sich dabei stetig vernderten. Was immer es sein mochte, Kik hielt genau darauf zu.Kik hat viele Leben, nicht wahr, sagte der Seestern unvermittelt.Wie hast du mich gefunden? fragte ich.Aufgebracht begann er, mit zwei seiner Extremitten in der Luft herumzufuchteln.Die Hohen Mchte wollen dich nicht verlieren, nicht wahr.Die Kosmokraten?Kik stie ein leises Kichern aus. Das hast du gesagt, nicht wahr, nicht Kik.Aber du hast es so gemeint. Oder?Manchmal wute ich selbst nicht, was ich denken sollte. Die Kosmokraten hatten Anti-ES fr zehn Relativ-Einheiten zur Luterung in die Namenlose Zone verbannt. Zehn Einheiten, von denen die erste noch lngst nicht vorber war. Genauer genommen: Wenn Anti-ES seine Einstellung nicht grundlegend nderte, wrde schon die erste Einheit niemals enden. Die Superintelligenz setzte jedoch alles daran, um ihre Freiheit wiederzuerlangen auf eine Art und Weise, die ganz ihrer Mentalitt entsprach. Aber weshalb griffen die Kosmokraten nicht ein? Billigten sie das Verhalten ihres Gefangenen? Welchen Sinn sollte dann die Verbannung haben?Jh schreckte ich auf, als eine gleiende Strahlbahn an der Gleiterkanzel vorbeizuckte und unter uns den Boden aufwhlte. Kik zog die Maschine in einer steilen Kurve hoch und entging so einem zweiten, besser gezielten Thermoschu.Erst jetzt bemerkte ich den Gleiter, der schrg von oben auf uns herabstie.Kik leitete mehrere gewagte Flugmanver ein. Unter diesen Umstnden konnte der Verfolger hchstens einen Zufallstreffer anbringen. Allerdings begann ich mich zu fragen, wie lange der Seestern diese Anspannung durchhalten wrde.Wir knnen ihn nicht abschtteln, rief ich. Versuche so zu fliegen, da ich zum Schu komme.Kik braucht keine Waffe, nicht wahr. Kik ist so gut.Ich unterdrckte ein Sthnen.Warum vertraust du ihm nicht einfach, schlug der Extrasinn vor.Kik hielt weiter auf den farbigen Nebel zu. Inzwischen konnte ich erkennen, da der fahle Widerschein von eigenartigen Bodenformationen ausstrahlte. Das Gelnde vor uns wirkte wie ein erstarrter sturmgepeitschter Ozean, aber es waren weder Sanddnen noch Erdwlle, die sich da schroff aufwlbten. Der Boden erschien kristallin.Der Gleiter glitt tiefer, schwebte ber die ersten Auslufer der Kristalle hinweg.Pltzlich stiegen Dutzende der kleinen Kugeln auf. Einige von ihnen zerplatzten wie Seifenblasen, als sie von einem Thermostrahl getroffen wurden, und ich glaubte, einen emprten Aufschrei wahrzunehmen, dann hatten die Khyrr-Bay-Yah die uns verfolgende Maschine erreicht. Von da an geschah nichts mehr. Ich konnte die Gesichter der beiden Piloten erkennen, als ihr Gleiter schnurgerade an uns vorbeizog. Sie wirkten verschlossen und in sich gekehrt sie sahen mich, aber sie waren handlungsunfhig.Telepathie-Reflexion, erklrte Kik. Die Khyrr-Bay-Yah sind in der Lage, die Gedanken jedes Wesens auf dieses selbst zurckzuspiegeln. Bis zu zehnmal kannst du eine Situation immer wieder durchleben und bist whrenddessen so gut wie hilflos.Khyrr-Bay-Yah und Zweisprecher machen sich die Herrschaft ber diese Welt streitig, die vor langer Zeit allein den Erbauern der Stdte gehrte. Aber dann fielen Sporen aus der Namenlosen Zone auf die Oberflche des Planeten herab und wuchsen zu den kristallinen Gebilden, aus denen sich die Khyrr-Bay-Yah absondern.Er hatte auf sein geliebtes nicht wahr vergessen. Fr mich war das wieder einmal ein Zeichen, da er auch anders konnte. Was steckte wirklich hinter der Fassade des liebenswerten Seesterns?Woher weit du? fragte ich.Ich wei es eben, nicht wahr? Mir war, als wrde er herausfordernd grinsen.Am Horizont entstand der sich rasch ausdehnende Glutball einer Explosion und entri vorbergehend die Silhouette eines weitlufigen Gebirgszugs der Finsternis. Der Gleiter, der uns verfolgt hatte, war an einem der Berge zerschellt.

*

brigens, sagte Kik, whrend wir zwischen beinahe haushohen Kristallsulen landeten, da ist ein Freund von dir, der auf dich wartet.Ein Freund? machte ich berrascht.Er nickte eifrig, nahm mich bei der Hand und zog mich einfach hinter sich her. Eine eigenartige Aura ging von den Kristallen aus, doch htte ich nicht behaupten knnen, da sie mir unangenehm gewesen wre. Sie war nur gnzlich fremdartig. Ich sah, wie sich aus einer der Sulen die Wlbung einer Kugel herausschob. Die Geburt des Khyrr-Bay-Yah interessierte mich, aber Kik zerrte mich einfach weiter mit sich.Wahrscheinlich basiert ihre Existenz auf der kristallinen Struktur des Kohlenstoffs, teilte mir der Extrasinn mit.Du meinst, es handelt sich um lebende Diamanten?Nicht unbedingt. Sieh dich um! Oder hast du die winzigen grnen und rtlichen Einschlsse nicht bemerkt? Ich behaupte, da es sich um Spuren von Jenseitsmaterie handelt, die mit den Kohlenstoffatomen eine enge Bindung eingegangen ist.Das wrde bedeuten, da die Khyrr-Bay-Yah irgendwann Kontakt zur Lichtquelle hatten. oder die Vulnurer ihnen die Jenseitsmaterie berlassen haben. Es gibt hundert verschiedene Mglichkeiten.In dem Moment, in dem die Kristallsulen mir nicht mehr die Sicht versperrten, blieb ich unwillkrlich stehen. Asgard, stie ich hervor. Keine zehn Meter entfernt ruhte das organische Raumschiff auf mehreren dem unebenen Gelnde angepaten Auswchsen.Kik lie sich auf den Boden sinken und klatschte seine fnf Arme ber dem Kopf zusammen. Offensichtlich freute er sich ber meine Verblffung.Wie hast du das geschafft? wollte ich wissen.Du wirst Kik mitnehmen, Atlan, nicht wahr? erwiderte er, ohne auf meine Frage einzugehen.Asgards Haut unterlag einer unablssigen Vernderung. Ich erkannte, da er die wabenfrmigen Gebude der Stadt abbildete. Als ich weiter auf ihn zuging, entstand eine ffnung fr mich. Jetzt war ich auch nahe genug, um seine telepathische Stimme wahrzunehmen.Ich orte eine Vielzahl anfliegender Gleiter. Ihr Kurs weist eindeutig in unsere Richtung.Dann werden sie angreifen, erwiderte ich laut.Die Zweisprecher, nicht wahr? machte Kik, keineswegs erstaunt. Wir mssen fliehen.Bevor ich ihn daran hindern konnte, hatte er sich an mir vorbeigeschoben und verschwand im Innern von Asgard. Im Grunde genommen war ich froh, einen Begleiter gefunden zu haben. Die Zweifel, die ich anfangs noch hegte, waren im Schwinden begriffen. Kik war echt, davon war ich mittlerweile berzeugt.Als Asgard aufstieg, schlugen die ersten Thermostrahlen in unserer Nhe ein. Pltzlich wimmelte es von Khyrr-Bay-Yah, die sich den Angreifern entgegenstrzten. Gerne htte ich den Ausgang dieser Konfrontation abgewartet, aber eine innere Stimme warnte mich und sagte, da es besser sei, den Planeten rasch zu verlassen. Immerhin bestand die Gefahr, da die Zweisprecher ihren Transmitter erneut gegen uns einsetzten. Ich hatte keine Ahnung, wie weit die Wirkung des Entstofflichungsfelds in den Raum hinausreichte.Kik redete fast unablssig auf Asgard ein. Ich achtete kaum darauf, weil ich an Asgards Wahrnehmungen teilhatte. Wir berquerten die Bahn des winzigen Mondes in unmittelbarer Nhe des den, von Kratern bersten Himmelskrpers, der Luna hnelte. Dann rasten wir weiter, hinein in die ew