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Special „Recht & Automotive“ Seiten 5 – 7 | 12 f. | 22 f. Mai 2016 www.handelsblatt-journal.de HandelsblattJournal Sonderveröffentlichung von Handelsblatt und Euroforum AUTOMATISIERTES/ AUTONOMES FAHREN Das Auto der Zukunft Seiten 3 – 7 Seite 8 – 10 CAR WARS Erfolgsfaktor Anpassung Strategic Wargaming Seiten 13 – 14 CONNECTIVITY Service & Mobility Digitale Transformation Seiten 16 – 19 NEW WORK & NEW RETAIL Digitale Arbeitswelten Neue Handelswege AUTOMOBIL INDUSTRIE DIE ZUKUNFT DER

DIE ZUKUNFT DER AUTOMOBIL INDUSTRIE - business …business-wargaming.org/wp-content/uploads/2016/05/1605-Handelsbla… · sich in einem rein qualitativen Wargame in andere hineinzuversetzen

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Special „Recht & Automotive“ Seiten 5 – 7 | 12 f. | 22 f.

Mai 2016www.handelsblatt-journal.de

HandelsblattJournalSonderveröff entlichung von Handelsblatt und Euroforum

AUTOMATISIERTES/AUTONOMES FAHREN

▶  Das Auto der Zukunft

Seiten 3 – 7 Seite 8 – 10

CAR WARS

▶  Erfolgsfaktor Anpassung▶  Strategic Wargaming

Seiten 13 – 14

CONNECTIVITY

▶  Service & Mobility▶  Digitale Transformation

Seiten 16 – 19

NEW WORK & NEW RETAIL

▶  Digitale Arbeitswelten▶  Neue Handelswege

AUTOMOBILINDUSTRIE

DIE ZUKUNFT DER

HandelsblattJournal Sonderveröffentlichung zum Thema „DIE ZUKUNFT DER AUTOMOBILINDUSTRIE“ | Mai 2016

CAR WARS10

Wargaming: Versetzen Sie sich in Ihren Wettbewerber hinein – analytisch!von Prof. Hagen Lindstädt

W ie reagiert Wettbewerber A, wenn wir uns für Strategie X entscheiden?“ – „Warum agiert Kontrahent B plötzlich

anders – was bezweckt er damit?“ – Wer kennt sie nicht, diese Diskussionen, die sich schier endlos hinziehen, bis sie ohne Lösung beendet werden oder bis ein scheinbar gutes Argument oder ein Machtwort die Situation entscheidet. Eine begrün-dete, faktenbasierte Antwort? Fehlanzeige.

Dass Wettbewerberreaktionen und Abhängigkei-ten wichtig für den Erfolg einer Strategie sind, liegt auf der Hand – gerade in der Automobil-industrie: Zwar gibt es hier alles in allem eine unübersichtliche Anzahl von Akteuren, jedoch sind für konkrete Entscheidun-gen oft nur wenige von ihnen wesentlich. Vor allem bei Markt-eintritten, Konsolidierungen und Investitionen ist das der Fall, oder wenn konkrete Seg-mente und Nischen mit Produk-ten besetzt werden sollen. Dann lauten die Fragen: „Wie können wir – völlig compliant, also ohne Kommunikation oder Verstän-digung miteinander – eine maxi-male Konfrontation in Positio-nierung und Zeitpunkt unserer neuen Modelle vermeiden?“ – oder: „Wie können wir eine Drohposition aufbauen?“

Doch nicht nur in Wettbewerbs-beziehungen herrschen Abhängigkeiten zwischen Aktionen und Reaktionen: Auch in Verhandlun-gen zwischen Zulieferern und Kunden ist es zen-tral, die Position der Gegenseite zu verstehen. Es gibt vielfältige Wechselwirkungen, und die wich-tigsten sind erfolgskritisch – umso mehr, je stär-ker sich die Abhängigkeiten auf wenige Akteure konzentrieren.

Im Unterschied zu einer klassischen Szenario-planung gibt es im Wargaming also Wechselwir-kungen zwischen den eigenen Handlungen und denen der anderen Player. Akteure beeinflussen durch ihr Agieren die Strategien anderer und sollten dies systematisch berücksichtigen. Am klarsten wird dies bei Pricing- und Investitions-entscheidungen: Eine zu aggressive Preisstrate-gie kann einen Preiskrieg auslösen, eine Inves-tition an der richtigen Stelle kann zeigen, wie

ernst der Investierende die Sache nimmt, und so andere abschrecken. Und je nach Besonder-heiten und Spezifika kann das eine oder andere richtig sein.

Was können die Beteiligten dabei falsch machen? Häufig sehen wir, dass sich Unternehmen nur die Frage stellen, welche Zukunftsszenarien aus über-geordneter Perspektive Sinn ergeben. Ein gutes Beispiel ist ein Industry Landscaping, bei dem sich ein OEM die Frage stellt, welcher LKW-Hersteller

langfristig zu welchem OEM passt. Ähnliches gilt bei neuen Mobilitätskonzepten. Bei dem Versuch, plausible Zukunftsszenarien aus generellen Über-legungen zu erraten, übersieht man schnell, dass hier keine abstrakten Marktkräfte tätig werden, die auf wundersame Weise am Markt bewirken, was sinnvoll ist. Im Gegenteil: Die Player haben spezifische Interessen, und jede Aktion kann für

alle Beteiligten Möglichkeiten ausschließen, neue eröffnen oder den Lösungsraum verändern. Die Frage „Was ergibt Sinn?“ vernachlässigt schlicht, dass hier Akteure mit spezifischen Interessen im Zeitverlauf agieren.

Welchen Ausweg bietet Wargaming hier? Der erste Schritt ist häufig der systematische Versuch, sich in einem rein qualitativen Wargame in andere hineinzuversetzen. Diese Methode kann zu neuen Einsichten führen, besonders, wenn Personen

miteinander sprechen, die das sonst nicht tun. Die meisten Entscheidungen sind jedoch so nicht überzeugend zu tref-fen, siehe oben: Am Ende ste-hen endlose Diskussionen über Für und Wider. Wenn hinterher alle die Frage auf einem höhe-ren Niveau verstanden haben, aber nichts entschieden wurde, ist wenig gewonnen.

Einen Ausweg bietet eine quan-titative, strukturierte Herange-hensweise, die passende Reak-tionen auf die oben gestellten Fragen ermittelt: „Wenn der Wettbewerber mit X reagiert, antworten wir Y oder Z.“ – oder: „Wir gehen davon aus, dass er X nicht tun wird, weil …“. Wich-tig ist es dabei stets, sich aufs Wesentliche und damit auf die Beantwortung einer möglichst konkreten Frage zu konzent-

rieren anstatt auf die Modellierung von Zusam-menhängen oder Märkten. Eine Spekulation über genaue Implikationen in Euro oder Dollar für die Akteure ist nicht erforderlich. Man konzentriert sich oft besser darauf, in welche Rangfolge Player die Handlungen aller relativ zueinander bringen. Projektdauern von 2 bis 3 Monaten sind dann typisch.

Am Ende gibt es zwar keine Gewissheit über Ver-halten und Entscheidungen anderer – die Unsi-cherheit bleibt, Emotionen und Unbekanntes werden stets eine Rolle spielen. Jedoch verbessert sich das Verständnis von Konsequenzen, Chan-cen und Risiken möglicher Entscheidungsopti-onen. Zwischen diesen zu wählen wird stets die Aufgabe des Managements bleiben – aber auf bes-serer Faktenbasis und mit klarerem Verständnis der inneren Dynamik von Situation und Konflikt.

Prof. Hagen Lindstädt,

Lehrstuhl für Unternehmens­

führung an der Uni Karlsruhe

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