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Die Neuausrichtung der Bundeswehr Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten Zweite, vollständig aktualisierte Auage

DieNeuausrichtung derBundeswehr - Bundesregierung

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Zweite, vollständig aktualisierte Au$age
Die Neuausrichtung der Bundeswehr
Mit der Neuausrichtung wird die Bundeswehr konsequent auf das veränderte sicherheitspolitische Umfeld zu Beginn
des 21. Jahrhunderts ausgerichtet. Zugleich werden ihre
Strukturen demografiefest und ihre Fähigkeiten dauerhaft finanzierbar.
Die Neuausrichtung geht weit über den Rahmen der Reform­ schritte der vergangenen Jahre hinaus. Sie ist mehr als nur ein organisatorischer und struktureller Anpassungsprozess für die Bundeswehr, die Fähigkeitsprofile, Streitkräftestruk­ turen und die finanzielle Ausstattung mit den sicherheits­ politischen Rahmenbedingungen in Einklang bringt. Sie
bedeutet vielmehr eine umfassende Modernisierung nach
innen und außen.
Die Richtungsentscheidungen dazu sind getroffen. Die Ver­ teidigungspolitischen Richtlinien vom 27. Mai 2011 definie­ ren den strategischen Rahmen und stellen die verbindliche
Grundlage für die Neuausrichtung dar. Sie formulieren auch
ein neues sicherheitspolitisches Selbstverständnis, dem
die Bundeswehr als ein Handlungsinstrument deutscher Sicherheitspolitik folgt: Nationale Interessen wahren –
internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten.
DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
Vielfalt und Bandbreite potenzieller Gefahren und Risiken
für unsere Sicherheit erfordern eine Vielzahl unterschied­ licher politischer Handlungsoptionen. Mit der Neuausrich­ tung wird die Bundeswehr deshalb über ein breites und
flexibles militärisches Fähigkeitsspektrum verfügen, um die
Aufgaben der Landes­ und Bündnisverteidigung ebenso
wie die Anforderungen für die internationale Konfliktver­ hütung und Krisenbewältigung sowie den Heimatschutz gleichermaßen erfüllen zu können.
Die notwendigen strategischen Vorgaben zur Neuausrich­ tung sind mit der Aussetzung der verpflichtenden Ein­ berufung zur Ableistung des Grundwehrdienstes im Juli 2011, den Eckpunkten zur Neuausrichtung vom 18. Mai 2011, der Entscheidung zur zukünftigen Stationierung
der Bundeswehr und den Grobstrukturen im Herbst 2011
getroffen. Die konzeptionelle Planung ist weitgehend
abgeschlossen.
Die Einnahme der neuen Strukturen begann und erfolgt konsequent von „oben nach unten“. Das Bundesministe­ rium der Verteidigung hat daher bereits mit Wirkung vom
1. April 2012 seine neue Struktur eingenommen – vor allen
Organisationsbereichen der Bundeswehr. Seit Oktober 2012 folgte die Aufstellung der höheren militärischen
Kommandobehörden und der Bundesoberbehörden, gefolgt von der Aufstellung der Fähigkeitskommandos.
Diese überarbeitete Broschüre gibt einen Überblick über die wesentlichen Entscheidungen zur Neuausrichtung der Bundeswehr und ordnet sie in einen Gesamtzusammen­ hang ein. Die Überarbeitung greift den aktuellen Sachstand
der Entscheidungen auf und bildet die Aktualität ab. Die
Broschüre leistet damit einen Beitrag zum besseren Ver­ ständnis des Warum und des Wie. Sie richtet sich an die
Öffentlichkeit wie auch an die Angehörigen der Bundes­ wehr. Verständnis für die Notwendigkeit, die Merkmale
und Schritte der Neuausrichtung ist eine unverzichtbare
Voraussetzung für deren breite Akzeptanz und Unterstüt­ zung durch die Menschen, die in der Bundeswehr dienen, aber auch durch die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.
Die Bundeswehr der Zukunft wird als Freiwilligenarmee
einen geringeren Personalumfang haben. Doch sie bleibt mit ihrer Stationierung in unserem Land und für unser Land präsent. Sie wird mit ihrem Fähigkeitsspektrum und
ihren Strukturen eine zukunftsfähigere Bundeswehr, die
unserem neuen sicherheitspolitischen Selbstverständnis besser entspricht und dem Schutz unserer Bürger und der Sicherheit unseres Landes mehr dient.
Bundeswehr – Wir. Dienen. Deutschland.
Berlin, im März 2013
Dr. Thomas de Maizière
1 Die neue Bundeswehr: Instrument der Außen­ und Sicherheitspolitik 8
2 Eckpunkte der Neuausrichtung 14
3 Fähigkeitsprofil der Bundeswehr: Wirkungsvoll den Risiken unserer Zeit begegnen 18
4 Strukturelle Neuausrichtung: Einsatzorientierung, Gemeinsamkeit und Verantwortung 22
4.1 Bundesministerium der Verteidigung 24
4.2 Einsatzführungskommando der Bundeswehr 30
4.3 Heer 34
4.4 Luftwaffe 46
4.5 Marine 56
4.7 Streitkräftebasis 74
4.11 Organisationsbereich Rechtspflege 106
4.12 Organisationsbereich Militärseelsorge 110
5.1 Zusammenwirken wesentlicher Handlungs­ felder der Neuausrichtung der Bundeswehr 114
5.2 Strategische Steuerung und Controlling 118
5.3 Prozessorientierung 120
5.4 Reserve 122
5.6 Stationierungskonzept 126
5.8 Attraktivität 130
5.9 Vereinbarkeit von Familie und Dienst / Familie und Beruf in der Bundeswehr 132
Anhang 134
Impressum 144
6 DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR I NHALT 7
1 Die neue Bundeswehr: Instrument der Außen­ und Sicherheitspolitik
8 9
1 DI E NEUE BUNDESWEHR : IN STRUMENT DER AUSSEN ­ UND S ICHERHE I T SPOL I T IK
Deutschlands Platz in der Welt wird wesentlich bestimmt von unseren Interessen als starke Nation in der Mitte Europas und unserer internationalen Verantwortung für Frieden
und Freiheit. Mit der Übernahme weiterer Verantwortung –
insbesondere durch die Auslandseinsätze der Bundeswehr seit Ende des Kalten Krieges – hat Deutschland seine
neue Rolle als außen­ und sicherheitspolitischer Akteur angenommen. Als stärkste Volkswirtschaft Europas und
eine der bedeutendsten Exportnationen der Welt sind wir in
hohem Maße von der Stabilität des internationalen Staaten­ systems abhängig. Deutschland nimmt als gestaltendes Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft seine
Interessen wahr und setzt sich aktiv für eine bessere und
sicherere Welt ein. Deutsche Sicherheitspolitik ist dabei immer den Werten und Grundsätzen der freiheitlich demo­ kratischen Grundordnung des Grundgesetzes und des Völ­ kerrechts verpflichtet. Wir wollen als verlässlicher Partner in einem gestärkten Europa dem Frieden der Welt dienen.
Grundlagen der Verteidigungspolitik
Rahmen für die Verteidigungspolitik Deutschlands, in dessen
logischer Folge die Verteidigungspolitischen Richtlinien
(VPR) vom 27. Mai 2011 des Bundesministers der Verteidi­ gung stehen. Die in den VPR aufgezeigten sicherheitspoliti­ schen Rahmenbedingungen für Deutschland verdeutlichen, dass der Einsatz der Bundeswehr sich heute nicht mehr auf die klassische Landes­ und Bündnisverteidigung eingrenzen
lässt. Wahrscheinlicher sind heute vielmehr Einsätze im
Bereich der Krisenbewältigung und Konfliktverhütung. Denn
das Sicherheitsumfeld Deutschlands ist heute auch durch
regionale Konflikte geprägt, die zwar geografisch weit ent­ fernt sind, die aber dennoch unmittelbar erheblichen Ein­ fluss auf unsere Sicherheit haben können. Sicherheit zu
gewährleisten bedeutet daher in erster Linie, Krisen und
Konflikte möglichst auf Distanz zu halten, ihnen aktiv
vorzubeugen oder ihre Auswirkungen einzuhegen. Daher weitet sich der Horizont unseres sicherheitspolitischen
Interesses von der regionalen Sicherheit Europas auf die
internationale Sicherheit.
Risiken und Bedrohungen
und Bedrohungen erwachsen aber auch aus Klima­ und
Umweltkatastrophen, Migrationsentwicklungen, aus der Verknappung oder den Engpässen bei der Versorgung mit natürlichen Ressourcen und Rohstoffen, durch Seuchen
und Epidemien ebenso wie durch mögliche Gefährdungen
kritischer Infrastrukturen.
Verbreitung und Nutzung von Hochtechnologien, darunter insbesondere die Informationstechnologie. Vielen großen
Chancen stehen ebenso erhebliche Risiken gegenüber.
Die Verbreitung und Weitergabe von Massenvernichtungs­ waffen und die Verbesserung ihrer Trägermittel entwickeln
sich zunehmend zu einer Bedrohung auch für Deutschland. Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung
sind für die Zukunft Deutschlands und Europas von vitaler Bedeutung.
Die Vielfalt und Bandbreite potenzieller Konflikte und Ein­ sätze erfordern einsatzbereite und bündnisfähige Streitkräfte, die ein breites Fähigkeitsspektrum – von rein stabilisierenden
Einsätzen bis hin zu Kampfeinsätzen hoher Intensität –
abdecken. Streitkräfte mit einem breiten Fähigkeitsspektrum
sind ein unentbehrliches Instrument der Außen­ und Sicher­ heitspolitik unseres Landes. Sie sind Grundlage unseres Selbstbehauptungswillens und unserer Verteidigungsbe­ reitschaft. Multinationale Sicherheitsvorsorge bleibt dabei ein grundlegendes Prinzip deutscher Sicherheits­ und
Verteidigungspolitik.
– auch militärisch. Hierauf müssen wir angemessene und
glaubhafte Antworten geben können. Sicherheitspolitischer
Handlungsspielraum hängt nicht zuletzt von einer hoch­ wertigen Bundeswehr ab. Das setzt einsatzbereite und ein­ satzfähige Streitkräfte voraus, die in Leistungsvermögen
und Einsatzbereitschaft der internationalen Stellung und
dem Gewicht unseres Landes entsprechen.
Handlungsbedarf – Stärkere Einsatzorientierung
Einsatzauftrag. Inzwischen waren mehr als 340.000 Bundes­ wehrangehörige im Auslandseinsatz. Sie alle haben in
den vergangenen Jahren zur internationalen Anerkennung
Deutschlands beigetragen. Dennoch war die Bundeswehr trotz aller Anpassungen und Reformen der vergangenen
Jahre immer noch unzureichend auf diese aktuellen und
zukünftigen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen
des Grundwehrdienstes nicht für das wahrscheinliche Ein­ satzspektrum genutzt werden. Die Bundeswehr verfügt darüber hinaus noch immer über Material, das weder in der Zahl noch in der Ausführung zur Ausrichtung an aktuellen
und zukünftigen Risiken und Herausforderungen passt. Darüber hinaus führten zeitaufwendige Verfahren zur Beschaffung von Material und zeitliche Verzögerungen bei dessen Zulauf zu einem schleppenden Fähigkeitsaufwuchs. Gerade bei Ausrüstung, die für den Einsatz dringend
erforderlich ist, bedarf dies der Optimierung. Dieses Defizit abzustellen, erforderte eine veränderte Ausrüstungs­ und
Nutzungsplanung, durch die auch der wirtschaftliche
Einsatz von Ressourcen bei Investitionen und im Betrieb
verbessert wird.
strukturelle Defizite, die sich in einer zu geringen Anzahl verfügbarer Kräfte für den Einsatz, zu geringem Durchhal­ tevermögen und schwerfälligen Entscheidungsprozessen
und Verfahren gezeigt haben. Die Zusammensetzung und
die Altersstruktur des Personals entsprachen nicht mehr
den Anforderungen, die an einsatzbereite Streitkräfte
gestellt werden. Die bisherigen Führungsstrukturen wiesen
unnötige Parallelen auf und führten oftmals zu einer Teilung von Verantwortung, anstatt diese zu bündeln.
In der Zukunft müssen Einsatzkontingente einfacher zusammengestellt werden können, hinreichend robust und
in der Lage sein, sich auf wechselnde Einsatzoptionen
einzustellen. Daher wird ein breit angelegtes Fähigkeits­ spektrum benötigt, aus dem die erforderlichen Fähigkeiten
für den Einsatz modular bereitgestellt werden können.
Des Weiteren existierten seit Jahren eine strukturelle
Unterfinanzierung für die gestellten Aufgaben und eine
rückläufige demografische Entwicklung in Deutschland, denen gleichermaßen Rechnung zu tragen ist.
Bereits mit dem Bundeshaushalt 2012 und dem von der Bundesregierung beschlossenen 45. Finanzplan bis 2015
wurde – soweit derzeit absehbar – der Grundstein für eine
auch mittelfristig nachhaltig gesicherte Finanzierung der Bundeswehr gelegt. Dies wird mit dem Bundeshaushalt 2013 und dem 46. Finanzplan bis 2016 fortgesetzt. Der Ver­ teidigungshaushalt leistet gleichzeitig durch personelle
Einsparungen seinen Beitrag zur Konsolidierung des Bun­ deshaushalts.
Eine nachhaltige Finanzierung der Bundeswehr bedeutet, dass Auftrag, Aufgaben und Fähigkeiten mit den dafür erforderlichen finanziellen Ressourcen im Einklang stehen
und im Einklang bleiben. Dazu besteht in der Bundes­ regierung Einvernehmen, dass die Auswirkungen künftiger Lohn­ und Gehaltsrunden und die auf der Grundlage mög­ licher neuer Kabinettsbeschlüsse für zusätzliche einsatzbe­ dingte Aufwendungen entstehenden Mehrausgaben nicht zu Lasten eines kontinuierlichen Fähigkeitsaufbaus und
eines professionellen Trainings der Bundeswehr gehen
dürfen.
DI E NEUE BUNDESWEHR : I N STRUMENT DER AUS S EN ­ UND S ICHERHE I T SPOL I T I K 11 10
1 DI E NEUE BUNDESWEHR : IN STRUMENT DER AUSSEN ­ UND S ICHERHE I T SPOL I T IK
Neue Strukturen müssen demografiefest ausgestaltet werden. Das bedeutet, dass wir in unseren Planungen die im
Verhältnis zu 1990 praktisch halbierten Jahrgänge der heute
und in den nächsten Jahren 18­Jährigen und den hierdurch
sich gravierend verschärfenden Wettbewerb um qualifizierten
Nachwuchs in Wirtschaft und öffentlichem Dienst insgesamt berücksichtigen müssen. Neben der Reduzierung der Um­ fangszahlen erfordert dies Flexibilisierungen und Verlänge­ rungen der Verpflichtungszeiten von Soldatinnen und
Soldaten auf Zeit.
Die Gewinnung und Bindung von geeignetem Personal ist ein weiterer erfolgskritischer Faktor. Sie kann nur dann
gelingen, wenn die Bundeswehr von jungen Frauen und
Männern weiterhin als attraktiver und geschätzter Arbeit­ geber mit wettbewerbsfähigen Angeboten wahrgenom­ men wird.
Diese Defizite waren der Ausgangspunkt der Neuausrich­ tung. Ihre Begründung jedoch liegt in den zunehmend
komplexer werdenden und sich dynamischer wandelnden
strategischen Rahmenbedingungen. Die in ersten wichtigen
Schritten bereits eingeleitete Neuausrichtung ist unsere
Antwort auf diese Herausforderungen.
Ziel und Maßstab
Ziel und Maßstab der Neuausrichtung ist eine Bundeswehr, deren Aufgaben und Fähigkeiten sicherheitspolitisch
abgeleitet sind, deren Struktur demografiefest ist und die
insgesamt nachhaltig finanziert ist.
Die Neuausrichtung der Bundeswehr ist ein zentrales Vor­ haben der Bundesregierung. Sie reicht in ihrer Realisierung
weit über diese Legislaturperiode hinaus.
Mit den Eckpunkten zur Neuausrichtung der Bundeswehr hat Bundesminister Dr. Thomas de Maizière am 18. Mai 2011
seine Überlegungen zur zukünftigen Bundeswehr und die
Umsetzung dieser Neuausrichtung vorgestellt. Sie sehen
grundlegende strukturelle und organisatorische Verände­
DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
rungen für die Bundeswehr vor, reichen mit den Vorstellun­ gen zu einer Modernisierung nach innen und außen aber weit über die Reformen der vergangenen Jahre hinaus.
Zusammen mit den VPR vom 27. Mai 2011 als den sicher­ heitspolitischen Grundlagen bilden diese Eckpunkte
die Vorgaben für die Neuausrichtung der Bundeswehr. Diese Vorgaben fußen insbesondere auf den Analysen und
Ergebnissen der Arbeit der Strukturkommission der Bundeswehr, des Generalinspekteurs der Bundeswehr sowie den Entscheidungen der Bundesregierung zur Aus­ setzung der verpflichtenden Einberufung zur Ableistung
des Grundwehrdienstes und zur Anpassung des Personal­ umfangs der Bundeswehr.
Die Untersuchungen des Generalinspekteurs der Bundes­ wehr zur Neuausrichtung dienten der Analyse der mit einer deutlichen Reduzierung der Streitkräfte um bis zu 40.000
Zeit­ und Berufssoldatinnen und ­soldaten einhergehenden
Folgen für die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands und die Bundeswehr selbst.
Die Strukturkommission der Bundeswehr hatte in ihrem
Abschlussbericht vom Oktober 2010 Vorschläge formuliert, wie man eine Konzentration auf Kernaufgaben der Bundes­ wehr, mehr Flexibilität und höhere Effizienz innerhalb der Bundeswehr erzielen und dadurch die Bundeswehr als wirk­ sames Instrument unserer Sicherheits­ und Verteidigungs­ politik stärken könnte.
Die VPR beschreiben wiederum den strategischen Rahmen
für den Auftrag und die Aufgaben der Bundeswehr als Teil der gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge. Sie formulieren
die sicherheitspolitischen Zielsetzungen und die Interessen
der Bundesrepublik Deutschland. Sie stellen mit dieser Beschreibung die Grundlage für die Konzeption der Bundes­ wehr dar.
Auftrag der Bundeswehr
Bürgerinnen und Bürger. > Die Bundeswehr sichert die außenpolitische Handlungs­ fähigkeit Deutschlands.
> Die Bundeswehr trägt zur Verteidigung der Verbündeten
bei. > Die Bundeswehr leistet einen Beitrag zu Stabilität und
Partnerschaft im internationalen Rahmen. > Die Bundeswehr fördert die multinationale Zusammen­ arbeit und europäische Integration.
Die Bundeswehr nimmt hierzu folgende ineinandergreifende
Aufgaben wahr:
der Nordatlantischen Allianz > Internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung
– einschließlich des Kampfs gegen den internationalen
Terrorismus > Beteiligung an militärischen Aufgaben im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits­ und Verteidigungspolitik der Europäischen Union
> Beiträge zum Heimatschutz, das heißt Verteidigungs­ aufgaben auf deutschem Hoheitsgebiet sowie Amts­ hilfe in Fällen von Naturkatastrophen und schweren
Unglücksfällen, zum Schutz kritischer Infrastruktur und
bei innerem Notstand
Ausland
> Humanitäre Hilfe im Ausland
Auf der Grundlage von Auftrag und Aufgaben formulieren
die VPR mit der nationalen Zielvorgabe den sicherheits­ politischen Anspruch an das Handlungs­ und Leistungs­
vermögen der Bundeswehr. Sie legen hierfür Qualität und
Umfang der bereitzustellenden Fähigkeiten fest. Die Befä­ higung zur Übernahme von Führungsverantwortung als Rahmennation bei multinationalen Einsätzen stellt dabei eine zentrale Vorgabe dar. Dies beinhaltet die Bereitstellung
benötigter Fähigkeiten für das gesamte Aufgabenspektrum, in die andere Nationen flexibel ihre Beiträge einbringen
können.
Bestimmung von Fähigkeiten und Strukturen der Bundes­ wehr.
Nationale Zielvorgabe für die Bundeswehr
> Bereitstellung eines streitkräftegemeinsamen Kräfte­ dispositivs zur Bündnisverteidigung, das multinational zur schnellen, wirksamen und zeitlich begrenzten
Reaktion befähigt ist > Gewährleistung des deutschen Beitrags an der NATO
Response Force (NRF) und den EU Battlegroups für die
schnelle Reaktion in der Nordatlantischen Allianz und
in der Europäischen Union
durchhaltbar für gleichzeitige Einsätze in unterschied­ lichen Einsatzgebieten mit eskalations­ und durch­ setzungsfähigen Kräften im Rahmen der internationalen
Konfliktverhütung und Krisenbewältigung
> Bereitstellung streitkräftegemeinsamer Kräfte im Rahmen
des „UN Standby Arrangements System“ für die VN­ Friedenssicherung auf der Basis verfügbarer Kapazitäten
sowie das Vorhalten von Personal für Beobachter­ missionen in angemessenem Umfang
> Dauerhafte Sicherstellung von Fähigkeiten zur Rettung, Evakuierung und Geiselbefreiung im Ausland im Rahmen
nationaler Krisenvorsorge
Überwachung und Sicherheit im deutschen Luft­ und
Seeraum sowie für den Such­ und Rettungsdienst > Im Bedarfsfall Wahrnehmung von Aufgaben im Heimat­ schutz
DI E NEUE BUNDESWEHR : I N STRUMENT DER AUS S EN ­ UND S ICHERHE I T SPOL I T I K 13 12
2
14
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière hat mit den
Eckpunkten für die Neuausrichtung vom 18. Mai 2011 die
zentralen Vorgaben und Handlungsfelder der Neuausrich­ tung der Bundeswehr festgelegt, mit denen die nationale
Zielvorgabe für die Bundeswehr unter den gegebenen
sicherheitspolitischen, finanziellen und demografischen
Rahmenbedingungen erreicht werden soll. Diese Neu­ ausrichtung geht über einen rein organisatorischen und
strukturellen Anpassungsprozess für die Bundeswehr hinaus, in dem Streitkräftestrukturen, Fähigkeitsprofile
und finanzielle Ausstattung mit den sicherheitspolitischen
Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen sind.
Eckpunkte im Einzelnen
> Bundeswehrumfang zukünftig bis zu 185.000 Solda­ tinnen und Soldaten und Stellen für 55.000 zivile
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter > Umfang der Streitkräfte zukünftig bis zu 185.000 Solda­ tinnen und Soldaten – einschließlich Reservistinnen
und Reservisten –, davon bis zu 170.000 Zeit­ und Berufs­ soldatinnen und ­soldaten und bis zu 15.000 Freiwilligen
Wehrdienst Leistende
Qualifizierungslandschaft > Einleitung notwendiger gesetzlicher und sonstiger Rahmenbedingungen im personellen Bereich
(Bundeswehrreform­Begleitgesetz) > Möglichkeit zum Freiwilligen Wehrdienst für junge
Menschen
Grundprinzipien Funktionalität, Kosten, Attraktivität und Präsenz in der Fläche
> Neue Reservistenkonzeption
mit dem Auftrag der Bundeswehr und eine nachhaltige
Finanzierungsgrundlage
> Neuorganisation des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) in neun Abteilungen mit rund
DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie
Auslagerung der Führung der militärischen Organi­ sationsbereiche einschließlich der Inspekteure
> Erweiterte Stellung des Generalinspekteurs der Bundeswehr als zukünftiger Teil der Leitung des BMVg
und mit truppendienstlicher Verantwortung
Heer, Luftwaffe, Marine, Streitkräftebasis und Zentraler Sanitätsdienst in den Streitkräften
> Bündelung der Beschaffung von Ausrüstungsgegen­ ständen für die Streitkräfte, der Informationstechnik
von Waffensystemen und Führungsunterstützung
Ausrüstungsvorhaben auf ihre Vereinbarkeit mit der Neuausrichtung
> Effizienzsteigerung des Infrastruktur­ und Dienst­ leistungsprozesses
Gestaltung der Neuausrichtung
Zur weiteren Konzeption und Umsetzung weiter Teile
der Neuausrichtung hat Bundesminister Dr. Thomas de Maizière am 10. Juni 2011 elf Einzelprojekte im BMVg
beauftragt, in denen die Vorgaben der Eckpunkte um­ gesetzt werden. Beispielhaft für die Modernisierung der Bundeswehr nach innen steht ganz besonders das Projekt Steuerung und Controlling. Es zielt auf die Entwicklung
eines zeitgemäßen Führungsverständnisses und daraus abgeleitete Führungsstrukturen. Kompetenz und Verant­ wortung für eine Aufgabe sollen gebündelt werden. Ein auf Wirkung und Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes Steuerungs­ verständnis sowie eine ausgeprägtere Prozessorientierung
tragen dazu bei, dieser Absicht gerecht zu werden.
Die militärischen und zivilen Organisationsbereiche sind
für ihre erfolgreiche Aufgabenwahrnehmung in zunehmen­ dem Maße von einer verlässlichen Ressourcenbereitstellung
oder Leistungserbringung durch andere Organisationsbe­ reiche abhängig. Dieser neuen Bundeswehrgemeinsamkeit trägt die mit der Neuausrichtung der Bundeswehr verbun­ dene übergreifende Prozessorientierung Rechnung.
Die Neuausrichtung erfolgt „aus einem Guss“, Prozesse und
Verfahren als auch Strukturen und Organisation werden in
einem ganzheitlichen Ansatz neu aufeinander abgestimmt. Dieser ganzheitliche Ansatz der Neuausrichtung wird mit der Weiterentwicklung einer bundeswehrgemeinsamen
Führungs­ und Organisationskultur gemäß dem Leitge­ danken „Wir. Dienen. Deutschland.“ zusammengeführt.
Einzelprojekte der Neuausrichtung
> Neuordnung der Streitkräfte
> Personalmanagement und Nachwuchsgewinnung
> Infrastruktur und Dienstleistungen
> Reservistenkonzeption
> Steuerung und Controlling der Bundeswehr
Da die Ergebnisse der einzelnen Projekte zum Teil aufeinan­ der aufbauen, erfolgt die Neuausrichtung in diesen Bereichen
schrittweise. Dies erklärt zugleich die zeitliche Abfolge von
Einzelentscheidungen.
Planungen zu den Grobstrukturen sowie Art und Umfang
des künftig benötigten Großgeräts basiert.
Die vorgesehene Neuordnung von „oben“ nach „unten“ setzt wiederum die Neuorganisation des BMVg an den Anfang
aller nachfolgenden organisatorischen Realisierungsmaß­ nahmen. Die neue Struktur des Ministeriums wurde daher Anfang November 2011 entschieden und bereits zum
1. April 2012 umgesetzt.
Das durch den Bundestag im Jahr 2012 erlassene Bundes­ wehrreform­Begleitgesetz schafft die gesetzlichen Grund­ lagen zur Absenkung des Bundeswehrumfangs auf die
zukünftigen Personalobergrenzen.
Mit Beginn des Jahres 2013 wurde ein novelliertes Aus­ rüstungs­ und Rüstungsmanagement eingeführt.
Für eine nachhaltige Finanzierung der Bundeswehr sind
mit dem Verteidigungshaushalt 2012 mittelfristig die
wesentlichen Grundlagen bereits gelegt worden. Dies wird mit dem Bundeshaushalt 2013 fortgesetzt. Zugleich
zwingt diese Ressourcenlage aber unverändert auch das Verteidigungsressort zu einer konsequenten Prioritäten­ setzung, um der gesamtstaatlichen Herausforderung von
internationaler Finanzkrise und Schuldenabbau nachhaltig
begegnen zu können.
Die Komplexität der Neuausrichtung der Bundeswehr mit ihren Abhängigkeiten von Einzelergebnissen gibt den
Zeitraum bis 2017 für den weitgehenden Abschluss aller Maßnahmen vor.
ECKPUNKTE DER NEUAUSR ICHTUNG 17 16
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18
19
3 FÄH IGKE I T SPROF I L DER BUNDESWEHR : WIRKUNGSVOLL DEN R I S I K EN UNSERER ZE I T BEGEGNEN
Die nationale Zielvorgabe der Verteidigungspolitischen
Richtlinien (VPR) für die Bundeswehr gibt vor, welche Ziele
die Bundeswehr unter Gewichtung ihrer Aufgaben erreichen
muss. Das unter diesen Vorgaben entwickelte priorisierte
Fähigkeitsprofil legt hierzu die Vielfalt und das Durch­ haltevermögen von Fähigkeiten der Bundeswehr fest. Es beschreibt das mit der Neuausrichtung zu erreichende
Handlungs­ und Leistungsvermögen der Bundeswehr nach
Art, Qualität und Umfang.
Auflagen und Grenzen – insbesondere die Vorgaben für den
Personal­ und Finanzumfang – der VPR und der Eckpunkte
des Bundesministers der Verteidigung für die Neuausrich­ tung der Bundeswehr um. Es bildet die Grundlage für die
Gestaltung der Personal­ und Ausrüstungsstruktur. Die
Wahrscheinlichkeit, mit der Risiken und Bedrohungen
den Einsatz von Streitkräften im Rahmen der Sicherheits­ vorsorge erfordern, und der Zeitbedarf zur Bereitstellung
einzelner militärischer Fähigkeiten lassen eine Priorisierung
innerhalb des Fähigkeitsprofils zu.
daher auf der Grundlage von Gestaltungsprinzipien für die Neuausrichtung, die diesem Kalkül folgen.
Gestaltungsprinzipien für die Neuausrichtung
spiegelt die Rolle der Ansprüche an die Bundeswehr in
den Bündnissen wider. > Die künftigen Streitkräfte werden noch stärker an den
Prinzipien der Modularität und Flexibilität sowie dem
Eskalationsvermögen und der Skalierbarkeit ausgerichtet, um in allen Aufgabenbereichen den Bedrohungen und
Anforderungen unterschiedlicher Art und Intensität wirkungsvoll begegnen zu können.
> Für diese Anforderungen an die Bundeswehr wird ein
gemeinsames einheitliches Kräftedispositiv im Sinne
eines „Single Set of Forces“ bereitgestellt.
DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
> Multinationalität als Teil des sicherheitspolitischen Selbst­ verständnisses der Bundeswehr steht neben der Übernahme
internationaler Verantwortung auch für die Abstimmung
mit Partnern bei der künftigen Fähigkeitsentwicklung.
Ein breites Fähigkeitsspektrum ist nicht gleich zu setzen
mit einer hoch differenzierten Ausstattungsvielfalt. Anzu­ streben sind skalierbare, flexible und fähigkeitsübergrei­ fende oder modulare Systeme, um die Bundeswehr in die
Lage zu versetzen, sich schnell verändernden Rahmen­ bedingungen – insbesondere in Einsätzen – anpassen zu
können. Bei der Ausstattung ist die multinationale Abstim­ mung für eine zielgerichtete Fähigkeitsentwicklung im
Hinblick auf die Sicherstellung multinationaler Einsätze
zu berücksichtigen. In die Gesamtbetrachtung wird der übergreifende Systemzusammenhang auch unter Berück­ sichtigung der Erfordernisse des Personals, des Betriebs, der Ausbildung und der Infrastruktur einbezogen.
Das Vorhalten eines einheitlichen Kräftedispositivs mit einem breiten Fähigkeitsspektrum hat für die strukturelle
Ausgestaltung die Abstufung von Fähigkeiten nach Qualität und Umfang zur Folge. Nicht alle Fähigkeiten können und
müssen zukünftig uneingeschränkt durchhaltbar in jedem
Einsatzgebiet der Bundeswehr verfügbar sein.
Planerisch ist grundsätzlich eine Einsatzsystematik zur Gewährleistung von vier Monaten Einsatz und zwanzig Mona­ ten Zeit zwischen den Einsätzen anzustreben. Eine einheit­ liche Einsatzsystematik ist allerdings aufgrund spezifischer Eigenheiten der militärischen Organisationsbereiche nicht möglich. Als langfristig einzuhaltender Richtwert gilt, dass auf längere Sicht die durchschnittliche individuelle Stehzeit im Einsatz zwei Monate pro Jahr nicht übersteigen soll.
Multinationale Ausrichtung als Gestaltungsprinzip verankert eine verstärkte Aufgabenteilung mit Verbündeten und
Partnern. Ausgenommen davon sind solche Fähigkeiten, die national unverzichtbar sind und daher weiter national vorgehalten werden müssen. Hierzu zählt insbesondere die
Befähigung zur Rettung, Evakuierung und Geiselbefreiung
deutscher Staatsangehöriger im Ausland.
Multinationale Ausrichtung bedeutet auch die Befähigung, Beiträge anderer Nationen in ein Kräftedispositiv der Bundes­ wehr integrieren zu können. Umgekehrt müssen sich Bei­ träge der Bundeswehr genauso in internationale Strukturen
integrieren lassen. Die multinationale Einbindung wird
verstärkt dazu genutzt werden, Freiräume zu schaffen
bzw. Lücken zu schließen.
Die Bundeswehr wird zukünftig zur Erfüllung ihrer Aufgaben über folgendes Fähigkeitsprofil verfügen:
> Die Bundeswehr stellt die Befähigung Deutschlands zur Übernahme der Verantwortung einer Rahmennation
(Framework Nation) für landgestützte Operationen in bis zu zwei Einsatzgebieten und in einem maritimen Einsatz sicher. Die Verantwortung als Rahmennation erfordert die
Bereitstellung von Leistungen in den Fähigkeitsbereichen
Aufklärung, Führung und Unterstützung für Kontingente
von Partnerstreitkräften, die durch einen als Kern des multinationalen Verbandes fungierenden deutschen
Anteil aus dem Bereich Wirkung ergänzt wird. > Für Einsätze im gesamten Aufgaben­ und Fähigkeitsspek­ trum der Bundeswehr werden gleichzeitig bis zu 10.000
Soldatinnen und Soldaten in flexibler Zusammensetzung
durchhaltefähig verfügbar sein. > Hinzu kommen Beiträge zu zusätzlichen kleineren
Operationen von Land­, Luft­ und Seestreitkräften in
weiteren Einsatzgebieten, abhängig von der Verfügbarkeit eigener Fähigkeiten und zusätzlichen Unterstützungs­ leistungen Dritter.
> Für das intensive Gefecht im Rahmen der Landes­ und
Bündnisverteidigung kann ein streitkräftegemeinsames Kräftedispositiv von bis zu einem Jahr Dauer bereitge­ stellt werden. Eine solche Operation kann zum Abbruch
anderer Einsätze führen. > Kräfte mit schnellem Reaktionsvermögen für militärische
Evakuierungsoperationen und Operationen zur Geiselbe­ freiung werden als ständige Verpflichtung bereitgehalten.
> Kräfte zu den NATO Committed Forces*, der deutschen
Anteile an multinationalen Kommandostrukturen sowie
zur Wahrnehmung der nuklearen Teilhabe werden konti­ nuierlich bereitgestellt. Hinzu kommen auch Kräfte für Unterstützungsleistungen anderer Ressorts zur Überwa­ chung und Gewährleistung der Sicherheit im deutschen
Luft­ und Seeraum sowie für den Such­ und Rettungs­ dienst.
> Deutsche Anteile in hoher Verfügungsbereitschaft für die
schnellen Eingreifkräfte der NATO Response Force (NRF) und der EU Battlegroups bilden im Rahmen einsatzgleicher Verpflichtungen den Kern des deutschen Beitrags in der Nordatlantischen Allianz und in der Europäischen Union
für unerwartete neue Herausforderungen. > Die den Vereinten Nationen im Rahmen des „UN Standby
Arrangements System“ angezeigten Kräfte werden je
nach Verfügbarkeit und abhängig von der sonstigen
Einsatzbelastung bereitgestellt. Für Beiträge zu Beobach­ termissionen als ständige Verpflichtung wird in angemes­ senem Umfang ausgebildetes Personal vorgehalten.
> Weitere Aufgaben zum Heimatschutz werden im Bedarfs­ fall durch verfügbare Ressourcen, einschließlich der Reserve, erfüllt.
Das priorisierte Fähigkeitsprofil der Bundeswehr wird
kontinuierlich weiterentwickelt, um auch künftig Antworten
auf die strategischen Unwägbarkeiten für die Sicherheits­ vorsorge Deutschlands geben zu können. Dabei erhält die
multinationale Fähigkeitsentwicklung besonderes Gewicht und wird integraler Bestandteil nationaler Planungen. Das schließt die Abstimmung des nationalen Fähigkeitsprofils mit dem der NATO und der EU ein. Die Initiativen zu einer verstärkten Aufgabenteilung und dem gemeinsamen Vor­ halten von Fähigkeiten in der NATO und der EU sind hierzu
wichtige Handlungsfelder. Die künftigen Strukturen der Bundeswehr gewährleisten diese Anpassungsfähigkeit.
* NATO Committed Forces beinhalten die anteiligen deutschen Beiträge zur integrierten Luftverteidigung NATINAD einschließ­ lich eines möglichen deutschen Beitrags zur territorialen Flugkörperabwehr der NATO, zu den Ständigen Maritimen Ein­ satzverbänden der NATO, dem Aufklärungs­ und Überwachungs­ verbund sowie temporären Überwachungsoperationen.
FÄH IGKE I T SPROF I L DER BUNDESWEHR : WIRKUNGSVOL L DEN R I S I K EN UNSERER ZE I T BEGEGNEN 21 20
Bundeswehr Organisations- bereiche
Die damit verbundene neue Qualität von Zusammenarbeit und gegenseitiger Abhängigkeit ist neben der konsequenten Ausrichtung auf den Einsatz die Voraussetzung für effektivere und effizientere Strukturen in der Bundeswehr. Zukünftig werden die Aufgaben der Bundeswehr in den neuen Strukturen mit den neuen Verfahren in einem bundeswehrgemeinsamen Ansatz erfüllt werden. Den Entscheidungen zu den Strukturen folgten die Planungen, wann und in welcher Reihenfolge die Streitkräfte und die Wehrverwaltung ihre Ziel- struktur einnehmen werden.
Die strukturelle Neuausrichtung begann mit dem Ministerium am 1. April 2012. Im Herbst 2012 erfolgte die Aufstel- lung der neuen militärischen Kommandobehörden und Bundesoberbehörden. Dem schließen sich die Umgliederungen und Aufstellungen der weiteren Dienststellen der Bundeswehr an.
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in seiner Funktion als Mitglied der Bundesregierung
und verantwortlicher Ressortminister für die
Bundeswehr.
und als Ressortchef der Wehrverwaltung.
­
­
­
Das BMVg verfügt über zwei Dienstsitze, den ersten Dienstsitz in Bonn (Abbildung oben) und den zweiten Dienstsitz in Berlin (Abbildung unten).
26
4 . 1 B U N D E S M I N I S T E R I U M D E R V E R T E I D I G U N G
F Ü H R U N G S S T R U K T U R Leitung
Die Neuausrichtung des BMVg und seiner Organisation folgt
der Zielsetzung, die Wahrnehmung der ministeriellen Funktio­
nen insgesamt zu optimieren, eine stärkere Konzentration auf
ministerielle und strategische Kernaufgaben zu erreichen und
operative Angelegenheiten so weit wie möglich auf die nach­
geordneten Bereiche der Bundeswehr zu übertragen.
Das neue Führungsverständnis und die Führungsstrukturen,
die Grundsätze für die Spitzengliederung, die Unterstellungs­
verhältnisse und die Führungsorganisation im BMVg und in der
Bundeswehr werden durch den Dresdner Erlass des Bundes­
ministers der Verteidigung vom 21. März 2012 neu geregelt
(siehe Anhang). Dieser Erlass steht in der Nachfolge des Blan­
keneser Erlasses vom 21. März 1970 und des Berliner Erlasses
vom 21. Januar 2005. Er regelt, wie die leitenden Prinzipien der
Neuausrichtung wie gemeinsame Aufgabenerfüllung, Bünde­
lung von Verantwortung, Reduzierung von Schnittstellen und
die Zusammenfassung von Verantwortung und Zuständigkeit in
der gesamten Bundeswehr Anwendung finden sollen.
Bundes minister der Verteidigung
General inspekteur der Bundeswehr
Führung Streitkräfte
Politik Strategie und Einsatz
Streitkräfte­ basis
Parlamen­ tarischer Staats­ sekretär
und zwei beamtete Staatssekretäre unterstützt.
> Der Generalinspekteur wird truppendienstlicher Vorgesetzter
aller Soldatinnen und Soldaten in den ihm unterstellten
Streitkräften und ist als militärischer Berater der Bundes­
regierung und als höchster militärischer Repräsentant der
Bundeswehr Teil der Leitung des BMVg.
> Das BMVg hat einen Umfang von 2.000 Dienstposten,
gegliedert in neun Abteilungen.
> Fachliche und organisatorische Kompetenz werden auf allen
Ebenen nach Möglichkeit zusammengeführt.
nebeneinander eingesetzt.
Nutzung Dienst­ leistungen
BUNDESM IN I S T ER IUM DER VERTE ID IGUNG 27
4 . 1 BUNDESMIN I STER IUM DER VERTE ID IGUNG
Der Leitungsbereich des BMVg
dungen durch den Leitungsstab, den Presse­ und Informations­
stab und den Stab Organisation und Revision unterstützt.
Der Leitungsstab ist dem Bundesminister der Verteidigung
verantwortlich für die sachgerechte Informationsbündelung,
zielgerichtete Einbindung aller erforderlichen Stellen und
Koordinierung seiner unmittelbaren Unterstützung.
Öffentlichkeit über die Bundeswehr und über die Sicherheits­
und Verteidigungspolitik der Bundesrepublik Deutschland.
Der Stab Organisation und Revision unterstützt die Leitung
bei der Umsetzung der Neuausrichtung und koordiniert die
Organisation des Ministeriums und der Bundeswehr. Das
Referat Revision agiert als unabhängiges Prüfungs­ und
Kontrollinstrument der Leitung.
Abteilungen im BMVg
Verteidigungs­ und Rüstungspolitik im Verantwortungsbereich
des BMVg. Sie ist zudem das zentrale Steuerungselement für
die Pflege und Gestaltung bilateraler Beziehungen und ist u.a.
verantwortlich für die grundsätzliche politische Ausrichtung der
Interessenvertretung Deutschlands in internationalen Organisa­
tionen, des Verhältnisses von Bundeswehr und Gesellschaft sowie
der Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen und Missionen.
Die Abteilung Haushalt und Controlling erstellt die Unterlagen
für die Finanzplanung. Sie entwirft den für das Verteidigungs­
ressort maßgeblichen Teil des Haushaltsplanes und führt diesen
nach Inkrafttreten aus. Ferner wirkt sie bei allen Maßnahmen
von finanzieller Bedeutung mit. Sie konzipiert das zentrale und
dezentrale Controlling und unterstützt die Leitung des BMVg
bei der strategischen Steuerung, insbesondere bei der Validie­
rung, Ergänzung, Anpassung und Nachhaltung des strategischen
Zielsystems.
in allen Rechtsgebieten wahr, die im Zusammenhang mit der
Sicherheits­ und Verteidigungspolitik sowie den Einsätzen der
Bundeswehr stehen. Sie bearbeitet alle Angelegenheiten, die
von rechtlicher Relevanz für die politische Leitung des BMVg
und den Generalinspekteur der Bundeswehr sind.
Die Abteilung Planung ist mit der Wahrnehmung der gesamt­
planerischen Verantwortung des Generalinspekteurs der Bundes­
wehr beauftragt. Dies beinhaltet die Erarbeitung der konzeptio­
nellen Grundlagen für die Zukunftsentwicklung der Bundeswehr,
das Fähigkeitsmanagement und die Planungsumsetzung.
Die Abteilung Führung Streitkräfte unterstützt den General­
inspekteur der Bundeswehr in seiner Funktion als truppendienst­
licher Vorgesetzter der Streitkräfte, insbesondere zur Herstel­
lung und zum Erhalt der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte.
Die Abteilung Strategie und Einsatz ist der Leitung insbeson­
dere für die Vorbereitung, Planung und Steuerung von Ein­
sätzen verantwortlich. Weiterhin unterstützt die Abteilung
den Generalinspekteur der Bundeswehr im Rahmen seiner
Verantwortung für die Ausgestaltung der Militärpolitik sowie
in seiner Funktion als höchster militärischer Repräsentant
der Bundeswehr in internationalen Gremien. Aus der Abteilung
werden zudem die fachliche Aufsicht und Steuerung des Militä­
rischen Nachrichtenwesens der Bundeswehr wahrgenommen.
Zur Wahrnehmung seiner Verantwortung für die Einsätze der
Bundeswehr wird dem Generalinspekteur im nachgeordneten
Bereich das Einsatzführungskommando der Bundeswehr
unmittelbar unterstellt. Das Kommando ist zuständig für
die nationalen Aufgaben der Einsatzplanung, ­führung und
­auswertung auf der operativen Ebene.
Die Abteilung Personal trägt die zentrale Verantwortung
für den Personalprozess mit allen Handlungsfeldern des
Personalmanagements. Dazu gehören zum Beispiel Personal­
gewinnung, Personalplanung und ­entwicklung, Besoldung/
Vergütung und Versorgung, Fürsorgeangelegenheiten sowie
die Aus­, Fort­ und Weiterbildung.
In der Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung
erfolgt die Planung, Steuerung und Kontrolle nationaler und
internationaler Rüstungsaktivitäten. Die Abteilung trägt zudem
die Materialverantwortung für die Einsatzreife des gesamten
Wehrmaterials. Der Leiter der Abteilung ist der Nationale Rüs­
tungsdirektor. Die Abteilung nimmt die Gesamtverantwortung für
den Ausrüstungs­ und Nutzungsprozess und die IT­Strategie wahr.
Die Abteilung Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen
verantwortet die konzeptionellen Grundsätze des Arbeits­ und
Umweltschutzes sowie des Liegenschaftswesens. In ihr ist die
ministerielle Steuerung infrastruktureller Aufgaben (Bau und
Betrieb von Liegenschaften) und aller Serviceleistungen mit
Liegenschaftsbezug im Inland, Einsatz und Ausland gebündelt.
Das BMVg verfügt über zwei Dienstsitze, in Bonn und in Berlin.
Die Aufteilung der Organisationseinheiten auf die beiden
Dienstsitze ist im Rahmen der Vorgaben des Berlin /Bonn­
Gesetzes nach den Kriterien effektiver Zusammenarbeit,
Leitungsnähe sowie Teilnahme am parlamentarischen wie
interministeriellen Prozess entschieden worden.
BUNDESM IN I S T ER IUM DER VERTE ID IGUNG 29 28
4.2Einsatzführungskommando der Bundeswehr
Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr ist seit 1. April 2012 dem Generalinspekteur der Bundeswehr unmittelbar unterstellt. Es plant und führt alle Einsätze
der Bundeswehr – ob zu Land, in der Luft oder auf See –
getreu dem Grundsatz „Führung aus einer Hand“.
30 E INSATZFÜHRUNGSKOMMANDO DER BUNDESWEHR 31
4 . 2 E INSATZFÜHRUNGSKOMMANDO DER BUNDESWEHR
Die Bundeswehr ist eine Armee im Einsatz. Mit der Beteili­ gung an Auslandseinsätzen leistet sie einen wesentlichen
Beitrag zur weltweiten Sicherheit und Stabilität. Zwischen­ zeitlich haben mehr als 340.000 deutsche Soldatinnen
und Soldaten in den unterschiedlichsten Einsätzen in
Afghanistan, auf dem Balkan, vor den Küsten des Libanons und Somalias, im Mittelmeer und auf dem afrikanischen
Kontinent ihren international hoch anerkannten Beitrag
dazu geleistet.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr ist für die Planung, Vorbereitung, Führung und Nachbereitung der Einsätze der Bundeswehr auf strategischer Ebene verantwortlich. Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr ist zuständig
für die Planung, Führung und Auswertung aller Einsätze der Bundeswehr auf operativer Ebene und dazu dem General­ inspekteur der Bundeswehr unmittelbar unterstellt.
Es setzt die politischen und strategischen Vorgaben in
militärisches Handeln um, indem es den weltweit im
Einsatz stehenden deutschen Soldatinnen und Soldaten
Befehle und Weisungen erteilt. Mit dieser Verantwortung
für Personal und Material eng verbunden sind die Bedürf­ nisse und Sorgen der Truppe im Einsatz, die im Mittelpunkt allen Handelns stehen.
Bereits bei der Vorbereitung von Einsätzen wird das erforder­ liche Personal und Material identifiziert sowie aufeinander abgestimmt. In Zusammenarbeit mit allen Organisations­ bereichen der Bundeswehr stellt das Einsatzführungskom­ mando der Bundeswehr die personelle Einsatzbereitschaft im Einsatz sicher. Gleiches gilt für die Bereitstellung aller Güter und Dienstleistungen. Damit ist auch die Verantwor­ tung für den Schutz der Truppe im Einsatz verbunden.
Befehlshaber
Abteilung J 2 Militärisches Nachrichten­ wesen
Abteilung J 1 Personal
Abteilung EinsKoord Einsatz­ koordinierung
Abteilung J 8 Verwaltung
Stell­ vertretender Befehlshaber
Beobachter­ missionen
St / FmBtl EinsFüKdoBw
Abteilung Spezial­ operationen
DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
F Ü H R U N G S S T R U K T U R
Die einsatzvorbereitende Ausbildung der Einsatzkontingente
bleibt dabei in der Zuständigkeit der Teilstreitkräfte und
Organisationsbereiche der Bundeswehr, so dass die benötig­ ten Kräfte zu einem definierten Zeitpunkt einsatzbereit dem
Einsatzführungskommando der Bundeswehr zur Verfügung
stehen. Darüber hinaus stellt es sicher, dass alle Einsätze
der Bundeswehr im Rahmen der internationalen Mandate, der Beschlüsse der Bundesregierung und des Deutschen
Bundestages sowie unter Einhaltung der deutschen Rechts­ ordnung ablaufen.
„Operativer Motor“ des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sind die in der Abteilung Einsatzkoordination
zusammengefassten Einsatzgruppen, in denen die Aufgaben­ felder Einsatzplanung, ­führung und ­auswertung für jeweils ein Einsatzgebiet gebündelt werden, um die Entscheidungs­ abläufe zu beschleunigen. Sie werden ergänzt durch Vertreter aller anderen Abteilungen. Dabei führen Fachleute des Heeres, der Luftwaffe, der Marine, der Streitkräftebasis, des Zentralen
Sanitätsdienstes und der Wehrverwaltung spezifische Infor­ mationen und einsatzrelevante Entwicklungen synergetisch
zusammen.
Verbindungsorganisation mit Vertretern aus NATO­ und
EU­Staaten der Multinationalität im Einsatz Rechnung. Zur Stärkung des ressortübergreifenden Ansatzes zur Krisen­ und Konfliktbewältigung sind Vertreter des Auswärtigen
Amts, des Bundesministeriums des Inneren sowie zeitweise
auch des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammen­ arbeit und Entwicklung mit Verbindungselementen im
Kommando vertreten.
Die Struktur des Einsatzführungskommandos der Bundes­ wehr hat sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich
bewährt. Mit der Neuausrichtung wurden aber auch neue
Elemente integriert: > Interkulturelle Einsatzberater, die die Angehörigen des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und die
Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen über gesell­ schaftliche, kulturelle, soziale, ethnische, religiöse und
historische Umstände und Bedingungen im Einsatzland
beraten, die für die Krisenvorsorge, die Bewertung der Sicherheitslage und zur Planung und Durchführung von
Operationen vor Ort relevant sind. > Das bereits vor Ort ansässige „Kommando Führung von
Operationen von Spezialkräften“ wurde als Abteilung
Spezialoperationen der direkten Führung des Befehls­ habers zugeordnet.
> Das neu geschaffene „Zentrum Counter­Improvised
Explosive Devices“ (Counter­IED), das Konzepte und
Maßnahmen entwickelt, um der Gefährdung der Soldaten
im Einsatz durch Sprengfallen besser zu begegnen.
Am Standort in Schwielowsee bei Potsdam untersteht dem
Einsatzführungskommando der Bundeswehr zudem ein
eigener Unterstützungsverband, das Stabs­ und Fernmelde­ bataillon.
Mit der Einnahme dieser Zielstruktur zu einem frühen Zeit­ punkt der Neuausrichtung der Bundeswehr ist die Führung
der Auslandseinsätze „aus einer Hand“ zu jedem Zeitpunkt sichergestellt.
Neuausrichtung des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr
> Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr ist zuständig für die Planung, Führung und Auswertung
aller Einsätze der Bundeswehr auf operativer Ebene
und dazu dem Generalinspekteur der Bundeswehr unmittelbar unterstellt.
> Die Führung von Operationen der Spezialkräfte in
den Einsätzen wird durch die neu im Einsatzführungs­ kommando der Bundeswehr integrierte Abteilung
Spezialoperationen sichergestellt. > Das neue kommandoeigene Zentrum Counter­IED
verantwortet die Feststellung, Aus­ und Bewertung
der IED­Bedrohung in allen Einsatzgebieten. > Die Personalstärke des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr umfasst in seiner neuen Struktur rund
840 Soldatinnen und Soldaten sowie zivile Mitarbeite­ rinnen und Mitarbeiter.
E INSATZFÜHRUNGSKOMMANDO DER BUNDESWEHR 33 32
4.3 Heer
und multinationale Landoperationen. Das verlangt vom Heer, für laufende und künftig wahrscheinliche
Einsätze ein breites Aufgabenspektrum abzudecken. Dies reicht von Operationen hoher Intensität über die Fähigkeit zur Durchführung militärischer Anfangs­, Evakuierungsoperationen und Operationen zur Geiselbefreiung im Ausland bis hin zu längeren
Stabilisierungsoperationen in allen Intensitäten.
Das zukünftige Heer muss
> mit leichten, aber auch schweren Kräften ausgestattet sein, > schnell und reaktionsfähig sein, > lange und nachhaltig wirken können, > durchsetzungsfähig und robust im gesamten
Einsatzspektrum sein, > eskalierend und deeskalierend handeln können und
> schonend und präzise sowie im Dialog mit der Bevölkerung im Einsatzgebiet vorgehen können.
Ziele und Gestaltungsprinzipien
Richtschnur für die Neuausrichtung des Heeres bleibt der Erfolg im Einsatz. Durchhaltefähigkeit in abgestufter Form, Durchsetzungsfähigkeit in jeder Intensität sowie die Fähig­ keit zu schneller Reaktion auf krisenhafte Entwicklungen und
sich wandelnde Einsatzerfordernisse sind die Gestaltungs­ prinzipien für die Neuausrichtung des Heeres. Modernität und Attraktivität sind dabei von herausragender Bedeutung. Das erfordert hinreichend verfügbare und qualitativ hoch­ wertige Kräfte mit entsprechender Ausrüstung. Es erfordert aber auch eine angemessene Zeitspanne für Regeneration
und Ausbildung sowie für die gezielte Einsatzvorbereitung
zwischen den Einsätzen. Maßstab für die Einsatzfähigkeit des Heeres ist die Befähigung zum Kampf im gesamten
Aufgaben­ und Intensitätsspektrum.
Stärkung der Basis
Die Neuausrichtung des Heeres setzt den Schwerpunkt auf die Stärkung der Grundstrukturen zugunsten der im Einsatz geforderten Kräfte sowie auf Kohäsion und Modularität. Das Heer verfügt zukünftig über mehr Kampftruppe und eine
darauf zugeschnittene Struktur unterstützender Verbände. Infanteristische Fähigkeiten werden ausgewogen gestärkt, ohne mechanisierte Fähigkeiten aufzugeben.
Für spezifische Aufgaben im Einsatz, wie beispielsweise die
Gestellung von Mentoren und Ausbildern zur Unterstützung
fremder Streitkräfte (OMLT: Operational Mentoring and
Liaison Team) sowie Personal für multinationale Haupt­ quartiere, verfügt das Heer bereits in der Grundstruktur über entsprechende Kräfte. Dies erhöht die Durchhaltefähigkeit des Heeres und spiegelt konsequent die Erfordernisse des Einsatzes wider.
Mit der Realisierung längerer Verpflichtungszeiten – ins­ besondere bei den Mannschaftsdienstgraden – wird die von
den Soldatinnen und Soldaten erworbene Erfahrung, ihr Wissen und ihre Qualifikation erhalten. Dies gilt vor allem
auch für die im Einsatz erworbene Professionalität. Zudem
wird der Regenerationsbedarf gesenkt, der Ausbildungs­ aufwand verringert und die Kohäsion durch deutlich
geringere Personalwechsel gestärkt. Ebenso wird die Füh­ rungskompetenz der Einheitsführer gestärkt. Ein geänderter Verwendungsaufbau ermöglicht zukünftig eine längere
Stehzeit über mehrere Verwendungen auf Einheitsebene. Die daraus resultierende größere Führungserfahrung der angehenden Einheitsführer wird der hohen Bedeutung der Einheitsebene in den Einsätzen besser gerecht.
Das neue Konzept der „Einsatzorientierten Ausrüstungs­ planung Heer“ stellt einen weiteren wichtigen Schritt zur Neuausrichtung des Heeres dar. Damit kann bei den gege­ benen finanzplanerischen Möglichkeiten eine spürbare
Modernisierung im Fähigkeitsprofil des Heeres hin zur Ver­ besserung der Einsatzfähigkeit gelingen. Dieser Neuansatz sieht eine Abkehr von der Vollausstattung und eine Redu­ zierung des Großgeräts auf rund 70 bis 80 Prozent vor und
wird durch die Einführung eines dynamischen Verfügbar­ keitsmanagement tragfähig. Im Ergebnis wird für Einsatz, Einsatzvorbereitung, die nationale Krisenvorsorge sowie
die Führeraus­ und ­fortbildung eine Vollausstattung
ermöglicht – und dies trotz verringerter Stückzahlen. Kompensiert wird dies durch die Reduzierung verfügbarer Hauptwaffensysteme in der Truppenausbildung auf einen
Mindestumfang.
Erst durch das Wirken im System entfaltet das Heer seinen
höchsten Einsatzwert. Kohäsion, das Zusammenwirken der Kräfte, ist Voraussetzung für den Erfolg im Einsatz und wird
mit Blick auf die Vielfalt, die insbesondere die Einsatzkon­ tingente der Landstreitkräfte kennzeichnet, schon in den
Grundstrukturen weitgehend berücksichtigt. Die Soldatinnen
und Soldaten in den Verbänden kennen sich, werden gemein­ sam ausgebildet und üben gemeinsam, bevor sie ebenso
gemeinsam den Einsatz bestreiten. Weitestgehend zusam­ menhängende Stationierungsräume der Brigaden sowie
einsatzorientierte Ausbildungs­ und Übungsverbünde sind
hierfür die Grundlagen.
4 . 3 HEER
Schleswig­ Holstein
Aufgabenspektrum
Bei der Integration aller Fähigkeiten zu einem leistungs­ fähigen Ganzen spielt die Brigade als Träger der Einsätze
die entscheidende Rolle. Mit ihrem vollen Spektrum
an Kampftruppe und ihren Aufklärungs­, Pionier­ und
Versorgungskräften stellt die Brigade die erfolgreiche
Auftragserfüllung im gesamten Aufgaben­ und Intensitäts­ spektrum sicher. Nach dem Prinzip der „Operation verbun­ dener Kräfte“ werden auf die jeweilige Lage hin optimierte
Einsatzkräfte des Heeres und Fähigkeiten anderer Organi­ sationsbereiche bedarfsgerecht zusammengestellt und aus­ gebildet. Voraussetzung dafür ist eine stärkere Modularität des Heeres. Erst sie gewährt die Flexibilität für ein breites Aufgabenspektrum und unterschiedlichste Einsatzerforder­ nisse.
Träger von landgestützten Operationen
Das Heer wird zukünftig über einen Personalumfang von
rund 55.400 Berufssoldatinnen und ­soldaten und Soldatin­ nen und Soldaten auf Zeit, bis zu 6.000 Freiwilligen Wehr­ dienst Leistenden und 1.740 zivilen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern verfügen.
Damit kann das Heer für die Landesverteidigung als Bünd­ nisverteidigung nach Vorbereitung einen Großverband in
der Größenordnung einer Division mit zwei kampfkräftigen
mechanisierten Brigaden und Divisionstruppen bereitstel­ len. Diese Division kann zusätzlich multinationale Brigaden
und Stabsanteile integrieren.
Für Einsätze im Rahmen internationaler Konfliktverhütung
und Krisenbewältigung ist das Heer in der Lage, einen durch­ haltefähigen Beitrag von bis zu 4.000 Soldatinnen und
Soldaten für streitkräftegemeinsame und multinationale
Stabilisierungsoperationen zu leisten, unter anderem mit
> zwei Einsatzverbänden in bis zu zwei Einsatzgebieten, > dem Kern eines multinationalen Führungselementes, > dem Heeresbeitrag zu einem gemischten Hubschrauber­ einsatzverband sowie
> Beiträgen zur Unterstützung fremder Streitkräfte (zum
Beispiel Mentoren und Ausbilder) sowie zur Gestellung
von Personal für multinationale Hauptquartiere.
Zusätzlich steht ein Heeresbeitrag mit bis zu 1.000 Solda­ tinnen und Soldaten für Rettung, Evakuierung und Geisel­ befreiung im Ausland bereit. Darüber hinaus sind auch
künftig Beiträge für die schnellen Eingreifkräfte der NATO
Response Force und der EU Battlegroups vorgesehen, die
dann für einen Einsatz im Rahmen einer Anfangsoperation
herangezogen werden können.
Einsätzen sowie zur Katastrophenhilfe.
Saarland 1Lebach 3 Zweibrücken 6
Bayern Niederstetten
Baden­ Württemberg
Jägerbataillon 91
Panzergrenadierlehrbataillon 92
Jägerbataillon 1
Panzergrenadierbataillon 212
Jägerbataillon 413
Panzergrenadierbataillon 401
Gebirgsjägerbataillon 231
Gebirgsjägerbataillon 232
Panzergrenadierbataillon 112
Panzergrenadierbataillon 122
Panzergrenadierbataillon 371
Panzergrenadierbataillon 391
Jägerbataillon 291
Panzergrenadierbataillon 33 Panzerbataillon 203 Panzergrenadierbataillon 411 Gebirgsjägerbataillon 233 Panzerbataillon 104 Panzerbataillon 393 Artilleriebataillon 295 3 Fallschirmjägerregiment 26
Panzerlehrbataillon 93 Aufklärungsbataillon 7 Aufklärungsbataillon 6 Gebirgsaufklärungsbataillon 230 Aufklärungsbataillon 8 Aufklärungsbataillon 13 Versorgungsbataillon Deutsch­ 4 Kampfhubschrauberregiment 36 Aufklärungslehrbataillon 3
Panzerpionierbataillon 130
Versorgungsbataillon 141
Panzerpionierbataillon 1
Versorgungsbataillon 7
3 Artilleriebataillon 131
­ ­ ­ ­ ­
­ ­ ­ ­
­ ­
­ ­
­ ­
­
­ ­
­ ­
Kommando Heer
Schweres Pionier­ bataillon 901
Ausbildungs­ kommando
Kommando Spezialkräfte
Transport hubschrauber regiment 10
Transport hubschrauber regiment 30
Panzer­ pionier­ bataillon 130
Fernmelde­ bataillon 610
Fallschirm jäger regiment 31
Fallschirm jäger regiment 26
X X
X X
X X
X X
X X
X X X X Kommando X Brigade / Kommando Ausbildungseinrichtung
X X X Korps I I I Regiment Verbände sind teilgekadert
X X Division / Amt / Kommandobehörde
I I Bataillon Verbände sind gekadert, das heißt nicht aktiv (na)
40 D I E N E U A U S R I C H T U N G D E R B U N D E S W E H R
Das Kommando Heer mit Sitz in Strausberg ist der neue Stab
des Inspekteurs des Heeres und die einzige höhere Kom­ mandobehörde im militärischen Organisationsbereich Heer. Es ist das Planungs­, Führungs­, Lenkungs­ und Kontroll­ instrument des Inspekteurs des Heeres sowohl gegenüber den unmittelbar nachgeordneten Kommandobehörden der Truppenstrukturen als auch gegenüber den mit der Durch­ führung von Fachaufgaben befassten Dienststellen des Heeres.
Das Kommando Heer ist der Ansprechpartner für das Bundesministerium der Verteidigung in heeresspezifischen
Angelegenheiten.
Das Heer verfügt in der Struktur HEER2011 unter dem neuen
Kommando Heer über die Division Schnelle Kräfte sowie zwei mechanisierte Divisionen. Somit stehen Kräfte für das gesamte
Spektrum heutiger und zukünftiger Einsätze zur Verfügung. Weitere wesentliche Strukturelemente sind der deutsche
Anteil der Deutsch­Französischen Brigade sowie die deut­ schen Anteile bei den multinationalen Korpsstäben. Die mili­ tärische Grundorganisation des Heeres besteht aus dem Amt für Heeresentwicklung und dem Ausbildungskommando mit den unterstellten Ausbildungseinrichtungen des Heeres. Das Amt für Heeresentwicklung in Köln stellt die Durchfüh­ rungsaufgaben im Rahmen der Weiterentwicklung von Kon­ zeption, Ausbildung, Organisation und Materialplanung des Heeres sicher. In Abstimmung mit bundeswehr­ und streit­ kräftegemeinsamen fachlich zuständigen Dienststellen auf Basis der Vorgaben aus dem Kommando Heer erarbeitet es zentral die Grundlagen für alle im Heer künftig benötigten
Fähigkeiten. Es entwickelt diese weiter und führt sie zu
einem modernen, zukunftsfähigen System Heer zusammen.
HEER 41
truppendienstliche und fachliche Führung der Ausbildungs­ einrichtungen werden unter einem Kommando zusammen­ geführt. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, die
Fähigkeiten des Systems Heer in Einsätzen im gesamten
Aufgaben­ und Intensitätsspektrum erfolgreich zur Wir­ kung zu bringen.
Die beiden mechanisierten Divisionen in Oldenburg und
Veitshöchheim führen die ihnen unterstellten Divisions­ truppen und jeweils drei Brigaden und steuern – als koordi­ nierende Führungsebene für den Einsatz – Ausbildung und
Übungen. Die unterstellten Divisionstruppen unterstützen
die Brigaden und verfügen über gemischte Artilleriebatail­ lone mit Panzerhaubitze 2000 und Raketenwerfer MARS, Spezialfähigkeiten der Pioniere (nur in der 1. Panzerdivision) und ergänzende Fähigkeiten zum Schutz, zur Sicherung und
zur Führung.
Zusammenarbeit. Beide Divisionsstäbe können für multina­ tionale Hauptquartiere für einen Einsatz mit Deutschland
als verantwortlicher Rahmennation herangezogen werden. Sie sind zudem so ausgelegt, dass sie Personal für die Ein­ sätze in anderen multinationalen Stäben und nationalen
Kontingenten stellen können. Die Division ist die nationale
Führungsebene mit der Möglichkeit der Anbindung alliier­ ter Partnerverbände.
Den Kern der neuen Struktur des Heeres bilden sechs ablöse­ und durchhaltefähige Brigaden, die grundsätzlich
gleich aufgebaut sind. Sie sind in der Lage, Einsatzkontin­ gente für das gesamte Aufgabenspektrum zu stellen. Alle
Brigaden verfügen über die Fähigkeit zum infanteristischen
Kampf mit mindestens zwei Bataillonen. Die verstärkte infan­ teristische Befähigung des Heeres umfasst Jägerbataillone
mit dem Gepanzerten Transportkraftfahrzeug (GTK) BOXER, Panzergrenadierbataillone mit dem Schützenpanzer (SPz) PUMA sowie Fallschirm­ und Gebirgsjägerverbände.
Damit verfügt das Heer über die Fähigkeit zum erfolgreichen
Kampf in allen Operationsarten, Intensitäten und nahezu
allen Gelände­ sowie Klimabedingungen.
Die Panzergrenadiere sind einerseits im abgesessenen Ein­ satz ein Element mit infanteristischer Befähigung, anderer­ seits gehören sie zu den Panzertruppen und bilden mit den
Panzerverbänden den mechanisierten Kern des Heeres. Die
Brigaden führen neben den Kampftruppenbataillonen auch
Versorgungs­, Pionier­ und Aufklärungsbataillone als unver­ zichtbare Kräfte für alle Arten von Einsätzen. Die Versor­ gungsbataillone verfügen als neue Qualität bereits auf der Kompanieebene über Instandsetzungs­, Nachschub­ und
Transportkräfte. Die organische Bündelung logistischer Fähigkeiten verbessert die Unterstützung der Brigade für ein breites Aufgabenspektrum. Die Pionierbataillone sind
mit Pioniermaschinen sowie modernen Fähigkeiten zur Kampfmittelabwehr ausgestattet. Die Aufklärungsbatail­ lone führen Bodenaufklärungskräfte, luftgestützte Aufklä­ rungsmittel (Drohnen), Radar­ und Feldnachrichtenkräfte.
Die Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf stellt die
Fähigkeiten des Heeres zur schnellen Reaktion und zur Luftbeweglichkeit bereit. Sie führt dazu das Kommando
Spezialkräfte und die Hubschrauberverbände des Heeres –
künftig ausgestattet mit dem Unterstützungshubschrauber TIGER und dem Mehrzweckhubschrauber NH 90 – und eine
Luftlandebrigade neuen Zuschnitts mit zwei Fallschirm­ jägerregimentern. In der Division Schnelle Kräfte werden
luftbewegliche Operationen, spezielle Operationen und
spezialisierte Operationen – hier vor allem militärische
Evakuierungsoperationen – aus einer Hand ausgebildet, geplant und durchgeführt.
Durch die multinationale Kooperation und Integration
trägt das Heer auch zukünftig wesentlich zur militärischen
Weiterentwicklung in Europa und der NATO bei. Der personelle Beitrag zu den multinationalen Korps als ein
wesentlicher Faktor für das deutsche Gewicht im internatio­ nalen Umfeld, wird mit Augenmaß angepasst. Der Beitrag
zur Deutsch­Französischen Brigade bleibt unverändert.
HEER 43
18 Aachen
Lebach 7
Müllheim 15
6 Ausbildungskommando 13 Panzerbrigade 12
7 Luftlandebrigade 1 14 Panzergrenadierbrigade 37
42 DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
8 Calw
21 Pfullendorf
Multinationale Korps
Eurokorps Straßburg /Frankreich
4 . 3 HEER
Auftragserfüllung des Heeres auch in Zukunft unverzichtbar. Im Vordergrund steht dabei unverändert die personelle
Verstärkung in den Truppenstrukturen. Neue nichtaktive
Verbände und Einheiten schaffen dort zusätzliche Beorde­ rungsmöglichkeiten. Die Reservistinnen und Reservisten
des Heeres leisten einen wichtigen Beitrag sowohl für die
Einsätze als auch für den Heimatschutz.
Neuausrichtung des Heeres
> Das zukünftige Heer wird über ein breites und ausge­ wogenes Fähigkeitsspektrum mit Durchsetzungsfähig­ keit im gesamten Aufgaben­ und Intensitätsspektrum
bei differenziertem Durchhaltevermögen verfügen. > Schnelle Reaktionsfähigkeit auf krisenhafte
Entwicklungen im Rahmen der Landes­ und Bündnis­ verteidigung sowie bei sich wandelnden Einsatz­ erfordernissen der internationalen Konfliktverhütung
und Krisenbewältigung stehen zukünftig in Balance
mit der notwendigen Zeit zwischen den Auslands­ einsätzen zum Erhalt der Professionalität.
> Die Brigade als Kern des Heeres wird deutlich gestärkt: Die Kohäsion der Kräfte wird durch weitestgehend
zusammenhängende Stationierungsräume der Brigaden
HEER 45 44
der Bundeswehr: der Erhöhung der Einsatzfähigkeit.
Dieses Ziel ist die entscheidende Richtschnur für die
Ausplanung der künftigen Luftwaffe. Dazu sind
Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Effizienz die
bestimmenden Leitlinien.
zur Sicherung der Koalitionsfähigkeit bilden die Basis für die Zukunftsfähigkeit der Luftwaffe.
Nachhaltigkeit steht für vorausschauendes Management , sowohl im materiellen als auch im personellen Bereich.
Der verantwortungsvolle Umgang mit den zur Verfügung
stehenden Ressourcen ist geprägt durch den effizienten
Einsatz und eine bedarfsgerechte Regeneration.
Die Effizienz wird unter anderem durch die Konzentration
von Kräften und Mitteln sowie eine schlanke, prozessopti­ mierte Aufbauorganisation erreicht.
Der Einsatzwert der Luftwaffe bemisst sich an der Vielfalt und Qualität ihrer Beiträge im Rahmen streitkräftegemein­ samer Operationen sowie ihrem Beitrag zum Schutz Deutsch­ lands und seiner Bevölkerung. Heutige und zukünftige
Einsätze der Luftwaffe erfordern eine Schwerpunktverlage­
rung im Fähigkeitsprofil vom Kampf gegen das gegnerische
Luftkriegspotenzial hin zu unterstützenden Luftoperationen
sowie Überwachung und Aufklärung. Die Luftwaffe behält zwar hochintensive Luftoperationen im Blick, priorisiert aber den wahrscheinlicheren Stabilisierungseinsatz. Dieser Ansatz erfordert ein breites, qualitativ hochwertiges Fähigkeitsspek­ trum; eine fähigkeitsspezifisch differenzierte Durchhalte­ fähigkeit ist dabei hinzunehmen. Mit der Konzentration auf Kernfähigkeiten in der dritten Dimension wird gleichzeitig
die streitkräftegemeinsame Auftragserfüllung unterstützt.
von Asymmetrie gekennzeichnete Einsatzrealität stellt unter­ stützende Operationsformen heute wesentlich stärker in
den Vordergrund: Lufttransport, luftgestützte Aufklärung
L E I T L I N I E N D E R P L A N U N G E N
Ausrichtung am gegnerischen Luftkriegspotenzial
Hochintensive Luftkriegsoperationen
einem unverzichtbaren Element der Einsätze geworden. Die Luftwaffe stärkt die Fähigkeit zum taktischen und stra­ tegischen Verwundetenlufttransport (Tac /StratAirMedEvac) als streitkräftegemeinsame Aufgabe. Hierfür werden die
mittleren Transporthubschrauber CH­53 bei der Luftwaffe
gebündelt. Die Konzentration der bodengebundenen
Luftverteidigung und Flugabwehr erfolgt ebenfalls in der Luftwaffe. Luftwaffenspezifische Objektschutzaufgaben
werden weiterhin gewährleistet.
48 49
DDO3 / DtA4
Amt für Flug­ sicherung
Offizier­ schule der Luftwaffe
Luftwaffen­ ausbildungs­ bataillon
Objektschutz Einsatzunter stützung
Fliegerisches Ausbildungs­ zentrum USA
I I I
JFAC HQ1 OpZLw2
Planung und Fähigkeitsbereiche Luft und Fähigkeitsbereiche Logistik, Rüstung, Nutzung und Führung von Boden Militärische Grundorganisation Luftoperationen
X X X X Kommando I I I Geschwader /Bereich Ausbildungseinrichtung 1 Joint Forces Air Component Headquarters 2 Operationszentrale Luftwaffe
X X X Kommandobehörde I I Bataillon /Gruppe Sonstige Dienststelle 3 Dienstältester Deutscher Offizier 4 Deutscher Anteil
DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
Ausrichtung auf die wahrscheinlicheren Aufgaben
Die bewährte Bereitstellung von fähigkeitsbasierten Einsatz­ modulen der Luftwaffe wird beibehalten und konsequent auf Grundlage der Erfahrungen aus den Einsätzen der ver­ gangenen Jahre weiterentwickelt. Auf diese Weise wird
eine hohe Flexibilität und Effizienz erzielt, da Einsatzkon­ tingente nahezu unabhängig von Verbandsstrukturen lage­ angepasst zusammengestellt werden können („Tailored to
the Mission“). Kern des Modularitätsprinzips ist dabei die
flexible Bereitstellung der tatsächlich geforderten Kräfte
und somit das Aufbrechen von Truppenstrukturen. Dies ermöglicht die Abbildung eines hinreichend durchhalte­ fähigen breiten Fähigkeitsspektrums bei deutlich reduzier­ tem Kräfteumfang.
Die Luftwaffe wird zukünftig in der Lage sein, Luftstreitkräfte
im Umfang von bis zu zwei fliegenden Einsatzverbänden mit Einsatzmodulen Luftangriff einschließlich Luftnahunter­ stützung, fliegende Luftverteidigung, taktische Aufklärung
und Unterdrückung der gegnerischen Luftverteidigung
(SEAD) sowie unbemannte Überwachung und Aufklärung
in bis zu zwei Einsatzgebieten (teilweise zeitlich begrenzt im zweiten Einsatzgebiet) zu stellen. Hinzu kommen jeweils bis zu zwei Flugabwehrraketeneinsatzverbände und ge­ mischte Lufttransportverbände. Dies schließt die Befähigung
zum Strategischen Lufttransport, zur Luftbetankung und
zum taktischen wie strategischen Verwundetentransport ein. Darüber hinaus kann die Luftwaffe in einem Einsatz­ gebiet den Betrieb eines Einsatzflugplatzes durchhaltefähig
aufrechterhalten und zeitweilig den Schutz mit eigenen
Luftwaffensicherungskräften gewährleisten.
Mit einem Gesamtumfang von rund 22.550 Soldatinnen und
Soldaten sowie rund 3.970 zivilen Mitarbeiterinnen und Mit­ arbeitern gilt es, die Verbände mit Blick auf die möglichen
Einsätze zu stärken.
Die Ausplanung der Grobstruktur der zukünftigen Luftwaffe
erfolgte mit dem Ziel der Optimierung von Einsatzstrukturen. Durch die Bündelung von Verantwortlichkeiten und den
Abbau von Hierarchieebenen wird die Führungsorganisation
verschlankt und gleichzeitig effektiver.
Führungsstruktur > Stärkung der Einsatzkräfte
Die daraus abgeleitete Führungsorganisation folgt dem
Grundsatz der Einheit von Aufgabe, Kompetenz und Verant­ wortung durch die Bündelung von Fachexpertise (inklusive
Weiterentwicklung und Ausbildung) sowie truppendienst­ licher Verantwortung in Fähigkeitskommandos. Die Ebene
Division entfällt in der neuen Struktur.
Die zukünftige „Einsatzluftwaffe“ ruht auf drei Säulen, die
jeweils von Fähigkeitskommandos geführt werden. Der Schwerpunkt liegt bei den Einsatzkräften und der Einsatz­ und Operationsführung.
Auf der ersten Führungsebene bildet das Kommando Luft­ waffe in Berlin mit dem Inspekteur der Luftwaffe an der Spitze
die zentrale Ansprechstelle für das Bundesministerium der Verteidigung, den nachgeordneten Bereich sowie für die
höheren Kommandobehörden außerhalb der Luftwaffe und
den internationalen Bereich. Der Inspekteur der Luftwaffe
ist somit Berater in allen operationellen Aspekten von Luft­ und Weltraum sowie für den Einsatz von Luftstreitkräften. Er plant, lenkt, kontrolliert und stellt die „strategische“ Weiter­ entwicklung der Luftwaffe sicher.
LUFTWAFFE 51 50
4 . 4 LUFTWAFFE
14 Heide
4 Laage 14 Appen Auf der zweiten Führungsebene der Fähigkeitskommandos bündelt das Zentrum Luftoperationen in Kalkar /Uedem alle
einsatzbezogenen Führungsaufgaben von Luftstreitkräften
und stellt somit eine Kernfähigkeit der Luftwaffe dar. Damit werden Einsatzfähigkeit und Effektivität deutlich gestärkt.
Zukünftig wird die Luftwaffe den Kern eines Joint Forces Air Component Headquarters durchhaltefähig für sechs Monate
mit der Kapazität zur Planung und Führung von bis zu 350
Einsätzen von Luftfahrzeugen, sogenannten Sorties, pro
Tag betreiben können. Mit der damit verbundenen Fähigkeit zur Übernahme der Verantwortung für den Einsatz multina­ tionaler Luftstreitkräfte trägt die Luftwaffe wesentlich dazu
bei, dass Deutschland seine Rolle als Rahmennation wahr­ nehmen kann.
Bisher verteilte Dienststellen wie die Führungszentrale
Nationale Luftverteidigung, das Weltraumlagezentrum
Amtshilfe sowie zur Führung nationaler Operationen
werden in einer Operationszentrale Luftwaffe gebündelt. Dieser Gefechtsstand nimmt die Führung von Luftstreit­ kräften auf der taktischen Ebene wahr.
4 Wittmund
12 Schortens
16 Faßberg
20 15 9 3 Köln
Nörvenich 4
15 Luftwaffenunterstützungs­ gruppe
2 Zentrum Luftoperationen 5 Jagdbombergeschwader 9 Flugbereitschaft BMVg 13 Waffensystemunterstützungs­ zentrum
16 Technisches Ausbildungs­ zentrum
3 Kommando Einsatzverbände und Kommando Unterstützungs­ verbände
6
7
Aufklärungsgeschwader
Lufttransportgeschwader
10
11
Einsatzführungsbereich
Flugabwehrraketengeschwader
DI E NEUAUSR ICHTUNG DER BUNDESWEHR
Zusammen mit den nachgeordneten Verbänden bildet das Kommando Einsatzverbände Luftwaffe in Köln den Kern der Luftwaffe. Hier wird die truppendienstliche und fachliche
Führung aller Einsatzverbände zusammengeführt. Somit werden Ressourcen, Kompetenz und Verantwortung zur optimalen Vorbereitung und Bereitstellung von Einsatz­ kräften in einer Hand zusammengefasst.
Im Kommando Unterstützungsverbände Luftwaffe werden
ebenfalls in Köln die für die Luftwaffe wahrzunehmenden
Aufgaben der Betriebs­ und Versorgungsverantwortung für die Einsatzfähigkeit und Einsatzbereitschaft gebündelt. Neben
querschnittlichen Unterstützungsleistungen werden hier auch
die der Luftwaffe zugewiesenen Pilotaufgaben (Flugsicher­ heit Bundeswehr, Militärischer Flugbetrieb Bundeswehr einschließlich des politisch­parlamentarischen Flugbetriebs, Fluglärmangelegenheiten, Militärische Flugsicherung, Luft­ und Raumfahrtmedizin / Fliegerärztlicher Dienst Bundeswehr) wahrgenommen.
Die Stationierung der Luftwaffe berücksichtigt neben der Wahrnehmung der Einsatzverpflichtungen in Deutschland
(zum Beispiel Beitrag zur Integrierten NATO­Luftver­ teidigung sowie Sicherheit im Luftraum) insbesondere
Übungsmöglichkeiten und die Fähigkeit zur strategischen
Verlegung. Daher wird aufgrund der günstig gelegenen
Übungslufträume sowie der Seeanbindung der Großteil der Einsatzverbände in Norddeutschland konzentriert.
Auslandsdienststellen
UAS** – EURO HAWK 5
UAS** – GLOBAL HAWK 4
UAS** – MALE 16
Flugabwehrraketensystem PATRIOT 14
Flugabwehrsystem MANTIS 4
* Sukzessive Ausphasung der C­160 bei gleichzeitigem Zulauf A400M. In der Zielstruktur verfügt die Luftwaffe über 40 A400M und keine C­160.
** Unmanned Aircraft System – Unbemannte Luftfahrzeuge, Systeme in Planung, Full Scale Demonstrator EURO HAWK beschafft und in Erprobung
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> Bestimmende Leitlinien für die Luftwaffe sind Orien­ tierung am Einsatz, Zukunftsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Effizienz.
> Der Schwerpunkt im Fähigkeitsprofil wird vom Kampf gegen gegnerisches Luftkriegspotenzial hin zu unter­ stützenden Luftoperationen sowie Überwachung, Aufklärung und Luftnahunterstützung verlagert.
> Die Fähigkeit zur Führung hochintensiver Luftkriegs­ operationen bleibt erhalten.
> Die Führungsorganisation bündelt Fachexpertise und
truppendienstliche Verantwortung in Fähigkeitskom­ mandos. Auf die Divisionsebene wird verzichtet.
LUFTWAFFE 55
4.5 Marine
Unser Wohlstand hängt wesentlich vom Handel über die Weltmeere ab. Der Handel über die Weltmeere erfor­ dert sichere Seewege. Eine starke Marine schützt diese
Seewege. Die Deutsche Marine verfügt deshalb über alle erforderlichen Fähigkeiten, um im Rahmen multi­ nationaler Operationen agieren und führen zu können. Das geforderte breite, aber abgestuft durchhaltefähige
Fähigkeitsspektrum wird sichergestellt.
leistungsstarke Einsatzverbände bereit. Gemeinsame
See aus nachhaltig und wirkungsvoll unterstützt.
Die Schiffe, Boote und Luftfahrzeuge der Marine können
auch in verschiedenen Einsatzgebieten gleichzeitig einge­ setzt werden. Dies dient der Aufklärung, dem Schutz und
der Überwachung der für den Handel notwendigen freien
Seewege.
Die Marine trägt damit entscheidend zur maritimen Sicher­ heit Deutschlands bei. Dabei agiert die Marine sowohl gemeinsam mit nationalen Kräften als auch in einem multi­ nationalen Rahmen.
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Die Flotte wird neu ausgerichtet. Bereits ab 2013 stehen
drei Einsatzgruppenversorger und sechs U­Boote 212A zur Verfügung.
Bis Ende 2015 verringert die Marine die Anzahl und Vielfalt der Minenabwehrboote, die schrittweise auf zehn Einheiten
reduziert werden. Durch eine missionsspezifische Einrüstung
der Boote vor dem jeweiligen Einsatz wird das breite Spek­ trum der Minenabwehr auch künftig abgedeckt (Missions­ modularität).
Als Überwasserkampfeinheiten stehen elf Fregatten (vier der kommenden Klasse F 125, drei F 124 und vier F 123) sowie fünf Korvetten (Klasse K130) zur Verfügung. Darüber hinaus ist die Beschaffung von sechs Mehrzweck­ kampfschiffen (Klasse MKS 180) geplant. Sie lassen sich auf den jeweiligen Einsatz optimieren und helfen damit auch
Ressourcen zu sparen (Missionsmodularität).
„Spessart“ und die sechs Versorgungsschiffe (Tender 404) die Flotte vervollständigen.
Ein neuer, mehrrollenfähiger Marinehubschrauber wird die
gesamte Flotte mit Schwerpunkt bei den Fregatten nach­ haltig unterstützen.
Die beabsichtigte streitkräftegemeinsame Beschaffung
von zwei „Joint Support Ships“ (JSS) wird die Fähigkeit zum
gesicherten militärischen Seetransport aufbauen. Diese
Fähigkeit wird der Nutzung der See als Basis für gemeinsame
Operationen von Heer, Luftwaffe und Marine entscheidend
verbessern. Das JSS wird die Bundeswehr befähigen, in
Krisenfällen außerhalb der Hoheitsgewässer eines Landes Truppen auf See zu stationieren und von See aus zu führen. Darüber hinaus dient das JSS zur Unterstützung bei humani­ tärer Hilfeleistung und zur Durchführung von Evakuierungs­ operationen.
Bestandteil der Flotte sind weiterhin die landgebundenen
Kräfte mit ihren hoch spezialisierten maritimen Fähigkeiten. Sie werden in einem Seebataillon sowie in dem Kommando
Spezialkräfte Marine gebündelt und besitzen eine hohe
Einsatzrelevanz für heutige und künftige Operationen. Diese
Kräfte sind hoch mobil und werden sowohl an Bord von
Schiffen als auch für den Schutz von Hafenanlagen und
Liegeplätzen eingesetzt.
Einsatzorientierte Personalstrukturen
Die Marine umfasst zukünftig insgesamt 13.050 Dienstposten
für Soldatinnen und Soldaten sowie 1.670 für zivile Mitar­ beiterinnen und Mitarbeiter.
Mit diesem Personal kann die Marine bis zu 1.000 Soldatinnen
und Soldaten durchhaltefähig für Einsätze bereitstellen. Um
diesen Umfang durchgängig sicherstellen zu können, führt die Marine Mehrbesatzungsmodelle ein.
Die vier neuen Fregatten der Klasse F 125 werden beispiels­ weise mit bis zu acht Besatzungen eingesetzt. Durch einen
regelmäßigen Besatzungswechsel und den Einsatz neuer, moderner Technik und Automation können diese Fregatten
länger als andere Schiffe im Einsatzgebiet bleiben. Gleich­ zeitig wird die derzeit hohe Abwesenheitsbelastung der Besatzungsangehörigen begrenzt.
MAR INE 59
Marine­ schule Mürwik
Minen such geschwader
2. Fregatten geschwader
Marine­ operations­ schule
Marine­ technik­ schule
Die neue Struktur der Marine fasst maritime Expertise zu­ sammen: Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung sind
im neuen Marinekommando in Rostock gebündelt. Die Ein­ heiten im Bereich der Ostseeküste sind der Einsatzflottille 1
unterstellt. Die Einsatzflottille 2 führt die Einheiten im
Nordseebereich. Die Stüt