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recht | steuern | wirtschaft 1 1 1 EURO RO EURO § § § § § § 44 DFZ 12 · 2013 Gabriela R. Scholz Neues zum Jahreswechsel Diese Steueränderungen sollten Sie kennen Das Steuerrecht ist in einem ständigen Wandel begriffen. Vieles ist nur für bestimmte Einzelfälle interessant, aber einige wichtige Steuerbestimmungen und Änderungen der aktuellen Finanzrecht- sprechung erfordern sofortiges Handeln der betroffenen Steuerpflichtigen. Verluste aus Altspekulationsgeschäften verfallen zum Jahreswechsel 2013 Wurden Verluste aus dem Verkauf von Kapitalanlagen und sons- tigen beweglichen Gegenständen innerhalb eines Jahres nach Erwerb (Spekulationsgeschäſte) in Zeiträumen vor 2009 reali- siert, können diese im System der Abgeltungssteuer von 2009 bis 2013 mit neuen und steuerpflichtigen Gewinnen aus dem Verkauf von Wertpapieren verrechnet werden. Mit dem Jah- reswechsel verfallen die nun noch verbleibenden Verluste end- gültig. Wer noch solche Verluste in seinem Steuerbescheid sieht („Feststellung des Verlustes nach § 23 Einkommensteuergesetz“), der sollte nun ganz schnell handeln! Die Börsenentwicklung ist gerade für gewinnbringende Verkäufe günstig. Beispiel: Verlust laut Steuerbescheid 5000 Euro, Verkauf von Wertpapieren mit Erwerb nach dem 31.12.2008 mit Kursge- winn von mindestens 5000 Euro, keine „neuen“ Kursverluste. Die „neuen Gewinne“ können mit dem vor 2009 entstandenen „Altverlust“ verrechnet werden. Steuertipp: Wenn Sie gewinnbringende Wert- papiere zur langfristigen Anlage behalten wollen, können Sie diese auch verkaufen, um „Altverlus- te“ zu nutzen und einen Tag später erneut kaufen. Dies ist kein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch. Höhere Umsatzsteuer auf den Verkauf von Silbermünzen ab 2014 Planen Sie einen Erwerb von Silbermünzen als Sammlerstück, Geldanlage oder Geschenk, sollten Sie schnell tätig werden. Bei Verkauf von Silber- münzen gilt noch der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent. Ab 2014 erhöht sich dieser auf 19 Prozent. Hinweis: Für Goldmünzen, die nach 1800 geprägt wur- den und gesetzliche Zahlungsmittel sind (Krügerrand, Ame- rican Eagle, Maple Leaf und andere), gilt weiterhin keine Umsatzsteuerpflicht! Verzinsung von rückwirkend aufzulösenden Investitionsabzugsbeträgen prüfen Ein erfreuliches Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt klar, dass bei der rückwirkenden Auflösung eines Investitionsab- zugsbetrags (IAB) wegen fehlender Investition keine Zinsen anfallen. Ein IAB kann – bei Einhaltung der Gewinngrenzen und übrigen Voraussetzungen – in Höhe von 40 Prozent der geplanten Anschaffungskosten für Investitionen bis zu drei Jah- re vor dem Investitionszeitpunkt vom Gewinn abgezogen wer- den. Er ist rückwirkend dem Gewinn des Bildungsjahres wieder hinzuzurechnen, wenn nicht oder nicht in der Höhe investiert wird. Nach der aktuellen Entscheidung des BFH (Az. IV R 9/12, 11.07.2013) handelt es sich beim Wegfall der Investitionsabsicht um ein „rückwirkendes Ereignis“ im Sinne des Steuerrechts. Wegen einer Sonderregelung der Abgabenordnung führt dies dazu, dass die nachträglich festgesetzte Einkommensteuer erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eintritt, mit sechs Prozent zu verzinsen ist. Beispiel: Ein in 2009 gebildeter IAB von 50.000 Euro muss Ende 2012 wegen Nichtinvestition aufgelöst werden. Die Steuer- nachzahlung 2009 (42 Prozent + Soli) von 21.000 Euro müss- te an sich ab dem 1.04.2011 bis zum Erlass des Steuerbescheids © Farina3000 / fotolia.com

Diese Steueränderungen sollten Sie kennen

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recht | steuern | wirtschaft 111EUROROEURO§§

§§

§

§44

DFZ 12 · 2013

Gabriela R. Scholz

Neues zum Jahreswechsel

Diese Steueränderungen sollten Sie kennenDas Steuerrecht ist in einem ständigen Wandel begriffen. Vieles ist nur für bestimmte Einzelfälle interessant, aber einige wichtige Steuerbestimmungen und Änderungen der aktuellen Finanzrecht-sprechung erfordern sofortiges Handeln der betroffenen Steuerpflichtigen.

Verluste aus Altspekulationsgeschäften verfallen zum Jahreswechsel 2013Wurden Verluste aus dem Verkauf von Kapitalanlagen und sons-tigen beweglichen Gegenständen innerhalb eines Jahres nach Erwerb (Spekulationsgeschäfte) in Zeiträumen vor 2009 reali-siert, können diese im System der Abgeltungssteuer von 2009 bis 2013 mit neuen und steuerpflichtigen Gewinnen aus dem Verkauf von Wertpapieren verrechnet werden. Mit dem Jah-reswechsel verfallen die nun noch verbleibenden Verluste end-gültig. Wer noch solche Verluste in seinem Steuerbescheid sieht („Feststellung des Verlustes nach § 23 Einkommensteuergesetz“), der sollte nun ganz schnell handeln! Die Börsenentwicklung ist gerade für gewinnbringende Verkäufe günstig.

Beispiel: Verlust laut Steuerbescheid 5000 Euro, Verkauf von Wertpapieren mit Erwerb nach dem 31.12.2008 mit Kursge-winn von mindestens 5000 Euro, keine „neuen“ Kursverluste.

Die „neuen Gewinne“ können mit dem vor 2009 entstandenen „Altverlust“ verrechnet werden.

Steuertipp: Wenn Sie gewinnbringende Wert-papiere zur langfristigen Anlage behalten wollen, können Sie diese auch verkaufen, um „Altverlus-te“ zu nutzen und einen Tag später erneut kaufen. Dies ist kein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch.

Höhere Umsatzsteuer auf den Verkauf von Silbermünzen ab 2014Planen Sie einen Erwerb von Silbermünzen als Sammlerstück, Geldanlage oder Geschenk, sollten Sie schnell tätig werden. Bei Verkauf von Silber-

münzen gilt noch der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent. Ab 2014 erhöht sich dieser auf 19 Prozent.

Hinweis: Für Goldmünzen, die nach 1800 geprägt wur-den und gesetzliche Zahlungsmittel sind (Krügerrand, Ame-rican Eagle, Maple Leaf und andere), gilt weiterhin keine Umsatzsteuerpflicht!

Verzinsung von rückwirkend aufzulösenden Investitionsabzugsbeträgen prüfenEin erfreuliches Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt klar, dass bei der rückwirkenden Auflösung eines Investitionsab-zugsbetrags (IAB) wegen fehlender Investition keine Zinsen anfallen. Ein IAB kann – bei Einhaltung der Gewinngrenzen und übrigen Voraussetzungen – in Höhe von 40 Prozent der geplanten Anschaffungskosten für Investitionen bis zu drei Jah-re vor dem Investitionszeitpunkt vom Gewinn abgezogen wer-den. Er ist rückwirkend dem Gewinn des Bildungsjahres wieder hinzuzurechnen, wenn nicht oder nicht in der Höhe investiert wird. Nach der aktuellen Entscheidung des BFH (Az. IV R 9/12, 11.07.2013) handelt es sich beim Wegfall der Investitionsabsicht um ein „rückwirkendes Ereignis“ im Sinne des Steuerrechts. Wegen einer Sonderregelung der Abgabenordnung führt dies dazu, dass die nachträglich festgesetzte Einkommensteuer erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eintritt, mit sechs Prozent zu verzinsen ist.

Beispiel: Ein in 2009 gebildeter IAB von 50.000 Euro muss Ende 2012 wegen Nichtinvestition aufgelöst werden. Die Steuer-nachzahlung 2009 (42 Prozent + Soli) von 21.000 Euro müss-te an sich ab dem 1.04.2011 bis zum Erlass des Steuerbescheids

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KrEt Praxisausfallversicherung deckt Fixkosten ab

Frage: Beim Radfahren passierte das Malheur - ich stürzte unglücklich, hatte einen komplizierten Gelenkbruch und konnte fast drei Monate lang nicht mehr arbeiten. Zum Glück hat ein tüchtiger Praxisvertreter die Praxis "so eben über die Runde gebracht". Durch eine Tagegeldversicherung über meine Krankenversicherung waren zwar die privaten Aufwendungen abgesichert, aber finanziell eng wurde es durch die Fixkostenbelastung der Praxis. Die Betriebsunterbrechungsversicherung bezahlte nicht. Eine Entschädigung würde nur infolge eines Sachschadens bezahlt, nicht jedoch bei einem Unfall, wurde gesagt. Was also fehlt in meinem Versicherungsordner?

Deutsche Ärzteversicherung: Noch eine – die Praxisausfallversicherung. Doch der reihe nach. Das Nettoeinkommen wird über eine entsprechende Krankentagegeldversicherung abgedeckt. Dabei bleibt aber der erhebliche Fixkostenblock außen vor, also zum Beispiel die rückzahlung des Praxisdarlehens, Praxismiete, Personalkosten et cetera. Die Praxisunterbrechungsversi-cherung deckt diese Kosten nur, wenn ein Sachschaden vorliegt. Bei Krankheit oder Unfall des Praxisinhabers ist keine Entschä-digung zu erwarten. In diesen Fällen übernimmt die Praxisausfallversicherung. Sie übernimmt die nachgewiesenen Fixkosten bis hin zu telefon, Strom, Wasser, reinigung, Finanzierungskosten und Versicherungen. Der tipp: Prüfen Sie genau, was Sie brauchen. Die Praxisausfallversicherung wird oft in verschiedenen Varianten angeboten. ob zum Beispiel ausschließlich die Kosten des Praxisvertreters abgedeckt werden sollen oder eine umfassende Absicherung einschließlich des Praxisgewinns sinnvoll ist. Es können auch gezielt einzelne Leistungselemente ausgeschlossen werden.

2009, sagen wir mal 31.01.2014, mit sechs Prozent × 34/12 ver-zinst werden. Zinsen von 3570 Euro fallen aber nicht an, da es sich um ein rückwirkendes Ereignis handelt.

Der Gesetzgeber hat schnell auf diese „böse Schlappe“ reagiert: Die Aufgabe einer Investitionsabsicht gilt nun per Gesetzes-änderung ab 2013 nicht mehr als rückwirkendes Ereignis! Damit erfolgt die Verzinsung ab dem 16. Monat nach Ablauf des Veranlagungsjahrs.

Steuertipp: Achten Sie für alle Steuererklärungen und Steuer-bescheide bis 2012 darauf, dass die Steuer auf aufgelöste IAB nicht mit sechs Prozent verzinst wird! Hier gilt die günstige BFH-Rechtsprechung.

Arbeitsverträge mit Angehörigen – Stundenaufzeichnungen erforderlichDie aktuelle Rechtsprechung verschiedener Finanzgerichte zu Angehörigenarbeitsverträgen (siehe Artikel im DFZ Oktober 2013) wird offenkundig verstärkt in Betriebsprüfungen umge-setzt: Fehlende Stundenaufzeichnungen werden zum Anlass genommen, dem Arbeitsverhältnis die steuerliche Anerkennung zu versagen, und die Aufwendungen nicht zum Betriebsausga-benabzug zuzulassen. Sofern Angehörige nicht in den regelmä-ßigen Praxisbetrieb eingegliedert sind, kann man allen Betroffe-nen nur raten, die geleistete Arbeit mit Stundenaufzeichnungen zu dokumentieren.

Angemessenes Hausgrundstück bleibt beim Vermögen eines Unterhaltsverpflichteten unberücksichtigtAufwendungen für den Unterhalt einer bedürftigen unterhalts-berechtigten Person können nur dann angesetzt werden, wenn die Person geringe Einkünfte und ein geringes Vermögen von nicht mehr als 15.500 Euro besitzt. Bisher war – entgegen der sozialrechtlichen Freistellung – das eigene Haus mit dem Ver-kehrswert einzubeziehen. Mit Verkündung des Amtshilferichtli-nienumsetzungsgesetzes im Sommer 2013 bleibt „Oma ihr klein

Häuschen“ für die Unterhaltsberechtigung nun unberücksichtigt, und zwar rückwirkend in allen offenen Steuerfällen.

Zivilprozesskosten vor 2013 geltend machenDer BFH hatte 2011 (Az. VI R 42/10) überraschend entschieden, dass Zivilprozesskosten, unabhängig vom Gegenstand des Pro-zesses, zwangsläufig erwachsen und als außergewöhnliche Belas-tungen abzugsfähig sein können, wenn die Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erfolge. Durch das gerade verkündete Amtshilferichtlinien-Um-setzungsgesetz sind ab 2013 nun Prozesskosten vom Abzug aus-geschlossen (mit Ausnahmen für existenzgefährdende Rechts-streite und die Gefährdung lebensnotwendiger Bedürfnisse).

Für die Jahre vor 2012 allerdings sollten Sie Prozesskosten in bedeutsamen Fällen durch einen Einspruch geltend machen: Die bisherige Ablehnung durch die Finanzämter wird vermut-lich vor Gericht zu Ihren Gunsten „gekippt“.

Keine Geltung der günstigen Abgeltungssteuer für Dar-lehen zwischen nachstehenden Personen?Aufgrund einer Sonderregelung im Einkommensteuergesetz sollen Zinserträge aus Darlehen an nahestehende Personen nicht mit 25 Prozent, sondern mit dem normalen tariflichen Steuersatz besteuert werden. Ob diese Benachteiligung rechtens ist, wird in einem Verfahren vor dem BFH geklärt (Az. VIII R 35/13). Betroffene sollten Einspruch einlegen und das Ruhen des Ver-fahrens beantragen.

Diese Sachverhalte zeigen beispielhaft, dass Gerichte oft zu Gunsten der Steuerpflichtigen entscheiden. Das sollte uns alle ermutigen, in Steuersachen um unser Recht zu streiten.

Fragen richten Sie bitte an die Autorin.Gabriela Scholz

Steuerberaterin/Wirtschaftsprüferin, Sankt Augustin