Digitale Demokratie im Kreuzfeuer – der mühsame Weg

zum digitalen Citoyen.

Eine Analyse und fünf Thesen

Prof. Dr. Caja Thimm (Universität Bonn/Medienwissenschaft)

Böll Stiftung, Stuttgart 31.01.2015

Impressionen aus

den letzten 5 Jahren

-Occupy

- Stuttgart21

- #aufschei

Quelle: Flickr (Gerda,

Martin Krolikowski,

Lucas Garbe,

urbanartcore.eu,

Dennis Knake,

lambda‘s)

in Frankfurt im Occupy Camp …

#aufschrei – Sexismus Protest im Netz

Bieber, Christoph/Härthe, Constantin/Thimm, Caja (2015): Erregungskampagnen in Politik und Wirtschaft: Digitale Öffentlichkeit zwischen

Candy- und Shitstorms. BAPP/IfAN, Bonn

Mediatisierung der Gesellschaft - ein globales

Phänomen

Mediatisierung

„Es entsteht heute eine Vielzahl neuer Medien, die die Kommunikationsumgebungen der Menschen bereichern und allgemeiner, verändern. […] Dadurch entstehen neue Kommunikationsformen, neue Funktionen, die die Medien für die Menschen übernehmen und neue Zwecke, Kontexte und Sinnzusammenhänge, warum Menschen Medien nutzen.“

„Diese Entwicklung, die heute in der Durchsetzung der digitalisierten Kommunikation, besonders den Social Media, kulminiert, aber mit dem Internet längst nicht zu Ende ist, soll einschließlich ihrer sozialen und kulturellen Folgen als Prozess der Mediatisierung bezeichnet werden. […] Mediatisierung wird hier also als Metaprozess sozialen Wandels verstanden.“ (Krotz 2007)

Krotz, Friedrich (2007): Mediatisierung. Fallstudien zum Wandel von Kommunikation.

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Digitale Citoyens?

Wandel im bürgerlichen Selbstverständnis und neue Optionen durch die Mediatisierung der Politik

These 1:

Digitale Beteiligungsformen entsprechen

oft nicht den Normen traditioneller politischer Partizipation

(sie werden deswegen auch oft nicht verstanden…)

Information News

Bürger dokumentieren: Photo-Reportage auf Twitter

Twitter als digitale Bühne

P1 = Volker Beck

P2 = Armin Laschet

P3 = Peter Altmaier

P1 P2+P3

Ö1 P1+P2+P3

P4 P1+P2+P3

P3 P1

Ö2 P3+P1

P5 P1+P3

Ö3 P3

P6 P3+P1

P3 P6

P6 P3

Peter Altmaier @peteraltmaier @air_dal Sind Sie da so sicher?

Caja Thimm et al. (2014): Die Bundestagswahl online – Twitter im politischen Diskurs.

http://netdiscourse.de/wp-login/publikationen/

Quelle: Flickr (Viktor Rosenfeld)

Quelle: Flickr (unci_narynin)

Kreative Aneignungsprozesse sind wichtige Formen einer neuen politischen

Artikultationskultur im Netz

Abwertungen als „Clicktivism/Slacktivism“

tun den Aktiven Unrecht

These 2:

Digitale Citoyens sind lokal aktiv: Je lokaler, desto konkreter

Bürger machen es selbst „Informationen aus der Kölner Lokalpolitik,

zugänglich dargestellt, durchsuchbar und

geografisch zugeordnet“

http://offeneskoeln.de/

Verwaltung und Politik bieten an: Probleme und Anliegen melden

anliegen.bonn.de

Bürger machen es selbst

http://ubahnaufzug.at/

Verwaltung und Politik bieten an: Moderierte Online-Dialoge

www.essen-soll-leiser-werden.de

www.koeln-aktiv-gegen-laerm.de

These 3:

Digitale Citoyens organisieren sich in „Mini-Publics“:

Zwischen Fragmentierung, Interessengruppen und

Isolationismus

Der Fall #my2k

Smith, Marc et al. (2014): Mapping Twitter Topic Networks: From Polarized Crowds to Community Clusters.

http://www.pewinternet.org/2014/02/20/mapping-twitter-topic-networks-from-polarized-crowds-to-community-clusters/

PEW Internet research 2012

These 4:

Es gibt keine „digital natives“ – der Begriff suggeriert Medienkompetenz

wo keine ist!

These 5:

Digitale Citoyens werden im Netz manipuliert und kontrolliert

(„Google/Facebook/Amazon & al. Imperium“)

Online Filter Bubbles Eli Pariser

Algorithmen steuern unsere Wahrnehmung:

Sie sind neue „Schleusenwärter des Wissens“

Daten sind die neue Währung: Das Ende der Privatheit

Abschlussthesen

1. BürgerInnen werden sich immer mehr und häufiger online auch zu politischen Themen äußern - dies muss jedoch keine Beteiligung in den üblichen politischen Strukturen bedeuten.

2. Politische Diskurse verlaufen zunehmend in „mini-publics“ , die sich wenig mit anderen Diskursen kreuzen.

3. Digitalen Meinungsführerschaft wird wichtiger – einige Wenige bestimmen mehr und mehr den Diskurs.

4. Das Verhältnis zwischen Bürger und Staat ist im Wandel – es braucht die kritischen digitalen Citoyens, auch als Vermittler.

5. Die Politik muss die Voraussetzungen für das Vertrauen der BürgerInnen in die netzbasierte Beteiligung schaffen (Transparenzgesetze in den Ländern, Open Data Plattformen und transparente Verwaltungen; bürgeradäquate Aufbereitung von Daten, „Digitale Literalität“ als Schulfach)

6. Wir alle sind potentielle digitale Citoyens - und haben eine neue Verantwortung zur Nutzung der digitalen Welt!

Ifan.de