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44 PRAXIS / TITEL Deltastore-Energiespei- cher in der Bauphase. Es fehlt noch die Wärmedämmung außen am Behälter sowie die Verkleidung. PRAXIS / TITEL Direkt- vermarktung FOTO: FARMATIC GMBH BIOGAS JOURNAL | 1_2015

Direkt- vermarktungarchiv.farmatic.com/fileadmin/user_upload/farmatic/news/BJ_01_15... · FALLSTUDIE THERMISCHER SPEICHER DELTASTORE ZUR REGELENERGIE-NUTZUNG EINER BIOGASANLAGE Biogas

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PRAXIS / TITEL

Deltastore-Energiespei-cher in der Bauphase.

Es fehlt noch die Wärmedämmung außen

am Behälter sowie die Verkleidung.

PRAXIS / TITEL

Direkt-

vermarktung

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BIOGAS JOURNAL | 1_2015

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BIOGASANLAGE GÄRRESTTROCKNER

Eigenwärmeverbrauch 120 kWtherm 0.8 Mio. kWh/a

FALLSTUDIE THERMISCHER SPEICHER DELTASTORE

ZUR REGELENERGIE-NUTZUNG EINER BIOGASANLAGE

Biogas

Überschuss-Wärme 2.200 kWtherm

Abgas-Wärme 120 kWtherm 0,98 Mio. kWh/a

FARMATICDELTASTORE

32 MWh Pufferkapazität 12 h Be- und Entladung an und aus Wärmekreislauf

Negative Regelenergie1.000 kWtherm

0,2 Mio. kWh/a

BHKW 1.200 kWtherm

4,6 Mio. kWh/a

Strom 1.110 kWel9,1 Mio. kWh/a

Fernwärme 1.200 kWtherm 10 Mio. kWh/a gesamter Wärmekreislauf

Überschuss-Elektroenergie 0,2 Mio. kWh/a

THERMISCHER SPEICHERBHKW

STROMNETZ WÄRMENETZ ELEKTRISCHER ERHITZER

Stromwärme für stabile Netze und warme HäuserDas Örtchen Linnau, das zur Gemeinde Lindewitt im Kreis Schleswig-Flensburg gehört und nur etwa 25

Kilometer südwestlich von Flensburg liegt, ist ein beispielhaftes Bioenergiedorf. Hier hat die Energiewende

bereits stattgefunden. Herzstück der Energieversorgung ist die 2006 errichtete Biogasanlage. Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann

Wir haben die Anlage selbst

geplant und mit verschie-

denen Unternehmen

errichtet“, erläutert Kai

Andresen, Mitglied der

Betreibergesellschaft Biogas Linnau GmbH

& Co.KG. Gesellschafter sind fünf Personen,

im Wesentlichen Substratlieferanten. Das

Besondere an der Biogasanlage ist, dass sie

nicht nur das Dorf mit Wärme versorgt, son-

dern dabei auch noch Strom nach Bedarf im

Netz produziert. Doch der Reihe nach: Nach

der Inbetriebnahme der Biogasanlage wur-

den die drei Blockheizkraftwerke (BHKW)

direkt an der Biogasanlage betrieben. In

diesem Jahr wurde eines der BHKW an der

Anlage demontiert und im Dorf bei einem

Kartoffelverarbeitungsbetrieb in gut 620

Metern Entfernung zur Biogasanlage aufge-

stellt. Der Betrieb braucht immer dann viel

Wärme, wenn die Kartoffeln in Säcke abge-

packt werden. „Die Mikrogasleitung für das

versetzte BHKW haben wir schon 2007 zu

dem Betrieb verlegt, als wir auch das Wär-

menetz im Dorf errichtet haben. Weil die

Kartoffelgesellschaft nun einen zusätzlichen

Wärmebedarf von etwa 150 kW hat, macht

das Satelliten-BHKW Sinn“, erklärt Andre-

sen. Kleiner Wermutstropfen: Der Energie-

versorger Hansewerk will den Versatz des

BHKW noch nicht akzeptieren und nicht als

eigenständiges BHKW vergüten. Darum läuft

dazu zurzeit bei der Clearingstelle ein Verfah-

ren, wie Andresen berichtet.

Im Dorf versorgt die Biogasanlage 95 Wohn-

einheiten mit Wärme. Drei Wohneinheiten

sind nicht an das Wärmenetz angeschlos-

sen. Etwas mehr als 280 Einwohner hat das

Dorf. Die Biogasanlage verkauft die Wärme

an die Fernwärmenetz Linnau GbR, die das

Wärmenetz errichtet hat und betreibt. Gesell-

schafter der GbR sind die Gesellschafter der

Biogasanlage plus einer Person aus der Dorf-

gemeinschaft, die sich bei der Umsetzung

des Wärmenetzes stark eingebracht hat. Die

Wärmekunden bezahlen für die thermische

Energie 50 Prozent des Heizölpreises ohne

Grundgebühr. Die GbR hat auch die Wärme-

Übergabestationen an den Häusern instal-

liert. Eigentümer dieser Geräte sind jedoch

die Hausbesitzer, „die auch die Fördergelder

bekommen haben“, informiert Andresen.

Thermischer Schichtenspeicher errichtetBislang hat es die Biogasanlage auch im

Winter immer noch geschafft, das Dorf mit

Wärme zu versorgen, wenn es manchmal

auch eng wurde. Um mehr Versorgungssi-

cherheit gewährleisten zu können, haben

die Biogasanlagenbetreiber in diesem Jahr

in einen Wärmepufferspeicher investiert. An-

geschafft wurde ein sogenannter Deltastore-

Energiespeicher aus dem Hause Farmatic

im schleswig-holsteinischen Nortorf. Es

handelt sich um einen thermischen Schich-

tenspeicher, in den die Wassermengen

kontrolliert hineingegeben und entnommen

werden. Das neuartige Speichersystem ist

bereits an zahlreichen Industriestandorten,

wie zum Beispiel dem neuen Flughafen in

Berlin, installiert worden und ist auch für Bio-

PRAXIS / TITELBIOGAS JOURNAL | 1_2015

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Hier wird die Boden-platte des Deltastore-

Energiespeichers verschraubt.

Vorteile des Deltastore-Wärmespeichers

f Einsparung von Spitzenlastkesseln und

Wärmeerzeugern im Stand-by.

f Die Entkopplung von Erzeuger und Ver-

braucher ermöglicht eine wirtschaftliche

Stromerzeugung in Heizkraftwerken, selbst

bei temporär geringem Wärmebedarf.

f Wärme steht auch bei Stillstand des Erzeu-

gers zur Verfügung.

f Optimale thermische Schichtung der

Speichermedien.

f Individuelle Auslegung jedes Speichers, statt

Anpassung standardisierter Serienprodukte

an das Anforderungsprofil.

f Flexibel einsetzbar als Kleinstwärmespeicher

(ab 50 m³) über eine Netzanbindung durch

Wärmetauscher oder als druckentkoppelter

Großspeicher (bis 5.000 m³) mit Direktanbin-

dung an das Wärmenetz.

f Kurzfristige Bereitstellung von hohen Wär-

meleistungen bei geringem Energieverlust.

f Nutzung von Power-to-Heat-Systemen im

Rahmen der Regelenergiebereitstellung.

gasanlagen ab einer elektrischen Leistung

von 500 kW interessant. Der neue Speicher

kann bis zu 32 Megawattstunden Wärme

bevorraten. „Bei vollem Wärmebedarf im

Dorf können wir über einen Zeitraum von

12 Stunden die Wärme aus dem Speicher

bereitstellen. Selbst wenn ein BHKW aus-

fallen würde, könnten wir sechs Tage lang

Wärme liefern“, beschreibt Andresen die

Speicherkapazität. Der Deltastore-Energie-

speicher hat einen Durchmesser von 9,60

Metern und eine Höhe von 12,30 Metern.

„Es handelt sich um einen Stahlbehälter in

Segementbauweise. Die Stahlplatten sind

industriell mit Epoxidharz beschichtet und

dadurch dauerhaft korrosionsgeschützt.

Das geschraubte System ermöglicht ex-

trem geringe Bauzeiten“, hebt Konrad von

Derschau, tätig im Vertrieb International bei

Farmatic, hervor. Der Behälter ist von außen

mit zwei Schichten Mineralwolle mit je 100

Millimetern Stärke isoliert worden.

Das Metalldach des Behälters ist ebenfalls

isoliert, ebenso die betoniert Bodenplatte,

unter die 20 Zentimeter dicke Styrodur-

platten verlegt wurden. Der Behälter ist als

druckloser Schichtenspeicher ausgeführt,

der atmosphärisch offen ist und über eine

Über-/Unterdrucksicherung verfügt. Die

Wassertemperatur im Speicher liegt bei

85 Grad Celsius. „Wir haben den Speicher

mit aufbereitetem, osmotischem Wasser

aufgefüllt, damit das Leitungsnetz nicht

verschlammt. Eine solche Befüllung kostet

12.480 Euro. Die Anschaffung haben wir

über ein zinsgünstiges Darlehen des Bun-

desamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkon-

trolle (Bafa) finanziert“, sagt Andresen.

Wärmespeicher ermöglicht Power-to-HeatDurch die Integration des Deltastore-

Energiespeichers kann die Biogasanlage

nun auch negative Regelenergie über das

sogenannte Power-to-Heat nutzen. Das

bedeutet: Die BHKW können weiter Strom

produzieren, obwohl der Netzbetreiber die

Aggregate aufgrund von Netzengpässen ei-

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> Strom in Wärme speichern> Mehrerlöse durch Power-to-Heat> Bereitstellung von Regelenergie> Versorgungssicherheit Wärmenetz

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Anlagendaten

1 Fermenter mit 2.000 Kubikmetern Netto-

gärvolumen.

1 Nachgärer mit 1.950 Kubikmetern Netto-

gärvolumen.

1 Gärproduktlager mit 1.500 Kubikmetern

Lagerkapazität, gasdicht abgedeckt.

1 Gärproduktlager mit 3.600 Kubikmetern

Fassungsvermögen, gasdicht abgedeckt.

1 offenes Gärproduktlager mit 6.000 Kubik-

metern Lagerkapazität.

Thermophile Gärtemperatur im Bereich 52

bis 55 Grad Celsius.

Gärsubstrate: Mais- und Grassilage, Getreide-

ganzpflanzensilage (GPS) bestehend aus einer

Roggen-Wicken-Mischkultur. GPS-Menge va-

riabel, je nach Fruchtfolge und was angeboten

wird. Teilweise werden Getreidekörner einge-

setzt. Gülle und Mist werden nicht vergoren. Die

Anlage ist eine sogenannte Trockenfermenta-

tionsanlage. Die Gärsubstrate stammen zu 50

Prozent von eigenen Flächen. Die andere Hälfte

wird über Lieferverträge zugekauft.

2 BHKW à 370 kW elektrischer Leistung an der

Biogasanlage, 1 Satelliten-BHKW mit 370 kW

elektrischer Leistung im Dorf. Die BHKW sind

12-Zylinder-Caterpillar-Gasmotoren, die von

der Firma Seva geliefert worden sind.

95 Prozent Anlagenverfügbarkeit.

1 Wärmespeicher mit 1.000 Kubikmetern

Volumen.

Vier runde sogenannte Diffusoren befinden sich oben in dem Wärmespeicher. Über die Diffusoren wird das warme Wasser entnommen und dem Wärmenetz zugeführt.

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gentlich herunterregeln müsste. Der Strom

wird nur nicht ins Netz eingespeist, sondern

über ein elektrisch betriebenes Heizgerät in

Form von Wärme in den Pufferspeicher ge-

speist und allen thermischen Verbrauchern

des Wärmenetzes zur Verfügung gestellt.

Die Abschaltungen der BHKW im Rah-

men des Einspeisemangements durch den

Netzbetreiber kennt Andresen schon seit

Jahren. Immer wenn zum Beispiel zu viel

Windstrom im Netz ist – und das kommt

in Schleswig-Holstein häufig vor – müssen

andere Erzeuger vom Netz genommen

werden. Bislang hat dies Einnahmeausfälle

beim Stromverkauf bedeutet. Seit Juli 2013

verkauft die Linnauer Biogasanlage ihren

Strom im Rahmen der sogenannten Di-

rektvermarktung (DVM), die das EEG 2012

erstmals in dieser Form ermöglicht. Sie hat

dafür das System der festen Einspeisever-

gütung verlassen.

Die ersten Schritte in der DVM hat Andresen

mit der Anlage im sogenannten Marktprä-

mienmodell beschritten. Inzwischen hat die

Anlage auch die Präqualifikation für die Teil-

nahme an der Sekundärregelleistung ge-

schafft. Bis Dezember dieses Jahres konnte

lediglich positive Regelleistung angeboten

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Autor

Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann

Redakteur Biogas Journal

Fachverband Biogas e.V.

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E-Mail: [email protected]

Diffusoren über dem Boden: Hier strömt das Wasser aus dem Rücklauf des Wärmenetzes ein.

Wenn der Speicher mit Wärme von den BHKW beladen wird,

dann wird über die unteren Diffusoren das kühlere Wasser abgezogen, erwärmt und über

die oberen Diffusoren in den Behälter zurückgespeist.

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werden. Nun wird die Anlage auch für ne-

gative Regelleistung aufgerufen. Daher wird

Andresen voraussichtlich auch keine Flexi-

bilitätsprämie, die es im Rahmen der Direkt-

vermarktung auch gibt, in Anspruch neh-

men. Den Strom vermarktet die Nordgröön

Energie GmbH & Co.KG in Risum-Lindholm

im Kreis Nordfriesland. Laut Andresen hat

Nordgröön 120 Biogasanlagen im nördli-

chen Schleswig-Holstein unter Vertrag.

Internetportal stellt Stromvermarkter Anlagendaten bereitNordgröön regelt die BHKW selbstständig

in der Leistung herauf und herunter. Das

geschieht immer auf Nachfrage des Netz-

betreibers – also wenn zu viel oder zu we-

nig Strom im Netz ist; die Biogasanlagen

stabilisieren damit die Stromnetze. Die

Verfügbarkeit der Biogasanlage und die

Betriebsbereitschaft der BHKW entnimmt

Nordgröön anhand von Daten, die in einem

Internetportal erfasst werden. Das Portal

wird von der Firma North-tec Maschinenbau

GmbH in Bredstedt betrieben, die auch un-

ter dem Namen Biogaspiraten bekannt ist.

Das Datenportal ist mit einer Kommunika-

tionsschnittstelle der Biogasanlage Linnau

verbunden, die ihre Betriebsdaten an das

Portal sendet. Nordgröön steuert dann im

Bedarfsfall die BHKW beziehungsweise das

Power-to-Heat-Aggregat an. Sieben bis zehn

Tage vor Wartungsarbeiten an der Anlage

werden diese terminiert und dem Vermark-

tungspartner mitgeteilt.

Die BHKW können im Regelfall so gesteu-

ert werden, dass eines an der Biogasanlage

komplett ausgeschaltet wird, das zweite an

der Biogasanlage um 50 Prozent in der Leis-

tung reduziert wird und das Satelliten-BHKW

ebenfalls mit 50 Prozent weniger Leistung

läuft. Während also beim Einspeisemanage-

ment Einnahmen durch Abschalten der Mo-

toren verlorengehen, ist das Abschalten bei

der Bereitstellung von Regelenergie finanzi-

ell interessant, denn die Regelenergie wird

an der Strombörse gehandelt.

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