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DOD 6_2014

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Magazin des Bundes der Vertriebenen

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G 20011

Nachrichtenmagazin des Bundes der VertriebenenOSTDIENSTEUTSCHERDOD56. Jahrgang / Nr. 06/2014

Zentrum:Menschrechts-preis verliehen

Politik:Flüchtlings-Resolution unterzeichnet

Generationswechsel beim BdVDr. Bernd Fabritius zum Präsidenten gewählt

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AngekommenDie Integration der Vertriebenen in Deutschland

Erzwungene WegeFlucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts

Die GerufenenDeutsches Leben in Mittel- und Osteuropa

Altes Schloss, Bayreuth23. Februar bis 30. März 2015Eremitagestraße 4, 95448 BayreuthÖffnungszeiten:Montag bis Sonntag 09.00 Uhr bis 18. 00 Uhr

Rathaus Sonthofen 15. Mai bis 26. Juni 2015Stadt Sonthofen, Rathausplatz 1, 87527 SonthofenÖffnungszeiten:Montag und Mittwoch 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.30 bis 17.00 UhrDienstag 08.00 Uhr bis 13.00 UhrDonnerstag und Freitag 08.00 bis 12.00 Uhr

Oberschlesisches Landesmuseum9. November 2014 bis 6. April 2015Bahnhofstr. 62, 40883 RatingenÖffnungszeiten:Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr

Im Oberschlesischen Landesmuseum werden alle drei Ausstellungen als Trilogie Heimatweh gezeigt!

Lastenausgleichsarchiv Bayreuth20. November 2014 bis 16. Januar 2015Dr.-Franz-Straße 1, 95445 BayreuthÖffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 08.00 Uhr bis 17.00 UhrFreitag 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr

Bodenseekreis Landratsamt 23. März bis 2. Mai 2015 Albrechtstr. 75, 88045 Friedrichshafen

Stationen der Wanderausstellungen 2014/15

Fichtelgebirgshalle, Wunsiedel (Fichtelberg)23. Februar bis 31. März 2015Stadt Wunsiedel, Marktplatz 6, 95632 WunsiedelÖffnungszeiten:täglich von 09.00 bis 18.00 Uhr

Zentrum

GeGen VertreibunGen

Alle Ausstellungen können gebucht werden. Informationen dazu unter Tel.: 0228/8100730

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Liebe Leser,ein ereignisreiches Jahr geht zu Ende. Nachdem BdV-Präsidentin Erika Steinbach im Juli nach 16 Jahren an der Verbandsspitze ihren Rückzug angekündigt hatte, haben mich die Delegierten auf der Bundesver-sammlung am 7. November 2014 in Berlin zum neuen Präsidenten des Bundes der Vertriebenen gewählt. Das ausgesprochen positive Wahlergebnis, mit dem dies geschah, hat mich sehr beeindruckt. Das damit verbundene, in mich gesetzte Vertrauen bedeutet für mich eine Verpflichtung, der ich gerne nachkommen werde. Auch die Wahl der Vizepräsidenten und der weiteren Präsidialmitglieder zeigt, dass der in den vergangenen Jahren in Gang gekommene Generationswechsel im Präsidium weitergeht. Frau Steinbach gebührt unser aller Dank und Anerkennung für ihren selbstbewussten und auf Versöhnung ausgerichteten Einsatz für unsere gemeinsamen Anliegen. Dies wurde auch bei der Bundesversammlung deutlich, in deren Rahmen sie mit stehenden Ovationen verabschiedet wurde. Die diesem Heft beigefügte DOD-Son-derausgabe bilanziert die wichtigsten Themen und Stationen ihrer Präsidentschaft.Im Jahr 2015 werden wir erstmals einen bundesweiten „Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertrei-bung“ miteinander begehen. 70 Jahre nach dem Ende der furchtbaren, menschenrechtsverachtenden Verbrechen, die von Deutschen im Namen der perfiden nationalsozialistischen Ideologie begangen wur-den, wird damit zum ersten Mal auch gesamtgesellschaftlich daran erinnert, dass etwa gleichzeitig mit dem Kriegsende neues Unrecht begann: Flucht und Vertreibung der Deutschen aus ihren Heimatgebieten im Osten und Südosten Europas. Unsere eigene Geschichte hat uns stets verdeutlicht, dass sich solche Menschenrechtsverletzungen in großem Stil jederzeit wiederholen können. Tatsächlich waren niemals zuvor weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie heute. Im Bewusstsein eigener Schicksalserfahrung, zugleich aber aus Empathie für alle Opfer von Vertreibungen und anderen Menschenrechtsverletzungen weltweit lautet unser Leitwort für das kommende Jahr daher: „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“.Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben besinnliche Festtage, einen „guten Rutsch“ und ein gesegnetes Neues Jahr.Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bernd Fabritius MdB

Editorial

AngekommenDie Integration der Vertriebenen in Deutschland

Erzwungene WegeFlucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts

Die GerufenenDeutsches Leben in Mittel- und Osteuropa

Altes Schloss, Bayreuth23. Februar bis 30. März 2015Eremitagestraße 4, 95448 BayreuthÖffnungszeiten:Montag bis Sonntag 09.00 Uhr bis 18. 00 Uhr

Rathaus Sonthofen 15. Mai bis 26. Juni 2015Stadt Sonthofen, Rathausplatz 1, 87527 SonthofenÖffnungszeiten:Montag und Mittwoch 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.30 bis 17.00 UhrDienstag 08.00 Uhr bis 13.00 UhrDonnerstag und Freitag 08.00 bis 12.00 Uhr

Oberschlesisches Landesmuseum9. November 2014 bis 6. April 2015Bahnhofstr. 62, 40883 RatingenÖffnungszeiten:Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr

Im Oberschlesischen Landesmuseum werden alle drei Ausstellungen als Trilogie Heimatweh gezeigt!

Lastenausgleichsarchiv Bayreuth20. November 2014 bis 16. Januar 2015Dr.-Franz-Straße 1, 95445 BayreuthÖffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 08.00 Uhr bis 17.00 UhrFreitag 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr

Bodenseekreis Landratsamt 23. März bis 2. Mai 2015 Albrechtstr. 75, 88045 Friedrichshafen

Stationen der Wanderausstellungen 2014/15

Fichtelgebirgshalle, Wunsiedel (Fichtelberg)23. Februar bis 31. März 2015Stadt Wunsiedel, Marktplatz 6, 95632 WunsiedelÖffnungszeiten:täglich von 09.00 bis 18.00 Uhr

Zentrum

GeGen VertreibunGen

Alle Ausstellungen können gebucht werden. Informationen dazu unter Tel.: 0228/8100730

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Bund der Vertriebenenmit neuer FührungMit überwältigender Mehrheit hat die Bundesversammlung des BdV den Siebenbürger Sachsen Dr. Bernd Fabritius MdB zum neuen Präsidenten des Bundes der Vertriebenen gewählt. Bei der Bundes-versammlung, die Anfang November in Berlin stattfand, erhielt der bisherige Vizepräsident 144 Ja-Stimmen bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung und damitt 99 Prozent der Stimmen. Der 49-Jährige ist damit Nachfolger der Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach (CDU), die den Verband seit 1998 führte. Seite 5

Franz-Werfel-Menschenrechtspreis an Rick OstermannDer Regisseur und Drehbuchautor Rick Ostermann hat den diesjährigen Franz-Werfel-Menschen-rechtspreis der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen erhalten. Ostermann wurde am 2. November in der Frankfurter Paulskirche für seinen Spielfilm „Wolfskinder“ ausgezeichnet.Der Film zeigt das Schicksal der sogenannten Wolfskinder. Diese hatten in den Wirren zum Ende des

Zweiten Weltkrieges ihre Familien verloren und mussten ohne Fürsorge vor der heranrückenden Roten Armee fliehen. Seite 17

Ehre, wem Ehre gebührt ... 40 Jahre KulturstiftungAm 12. Juni 1974 wurde die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Stuttgart auf Initiative von Dr. Herbert Czaja, Präsident des Bundes der Vertriebenen, und Dr. Karl Mocker, Staatssekretär im Innenministerium des Landes Baden-Württemberg, gegründet. Dieses historische Ereignis nahmen die Stiftungsvertreter und zahlreiche Gäste zum Anlass, um im Rahmen einer Gedenkveranstaltung im Universitätsclub von Bonn Meilensteine der Geschichte Revue passieren zu lassen. Seite 19

Belebung des europäischen VerständnissesIm November 2014 gedachte man bundesweit mit verschiedenen Veranstaltungen der historischen Ereignisse des Jahres 1989. Auch die Stiftung Haus Oberschlesien mit Sitz in Ratingen-Hösel lud am Gedenktag der Maueröffnung zu einer Feierstunde ein. In diesen festlichen Rahmen wurde die Eröff-nung der Ausstellungstrilogie „Heimatweh – Zuhause in Europa“ vom Zentrum gegen Vertreibungen

des Bundes der Vertriebenen eingebunden.Seite 25

„Innere Emigration versus Exilliteratur“„Innere Emigration versus Exilliteratur“ war ein dreitägiger Germanistenkongress in Posen benannt, veranstaltet von der Universität Lodz, der Internationalen Ernst-Wiechert-Gesellschaft e.V. (IEWG), der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, der Arbeitsstelle Holocaustliteratur der Justus-Liebig-Uni-versität Gießen, der Immanuel-Kant-Universität Kaliningrad und der Universität Vechta.

Seite 31

Illing (2); Göllner (2); Noelke (1); Weigelt (1)

Inhalt

Titel: Illing (1); Niedersächsische Staatskanzlei (1); Noelke (1)

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DOD 06/2014 5Politik

Bund der Vertriebenen mit neuer FührungBundesversammlung wählt Dr. Bernd Fabritius zum Präsidenten

Mit überwältigender Mehrheit hat die Bundesversammlung des BdV den Siebenbürger Sachsen Dr. Bernd Fabritius MdB zum neuen Präsidenten des Bundes der Ver-triebenen gewählt. Bei der Bundes-versammlung, die Anfang Novem-ber in Berlin stattfand, erhielt der bisherige Vizepräsident 144 Ja-Stimmen bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung und damit 99 Prozent der Stimmen. Der 49-Jähri-ge ist Nachfolger der Bundestags-abgeordneten Erika Steinbach, die den rund 1,3 Millionen Mitglieder zählenden Verband seit 1998 führ-te.

Der bereits in den vergangenen Jah-ren in Gang gekommene Generati-

onswechsel an der Spitze des BdV geht mit der Wahl von Bernd Fabritius weiter und stellt sicher, dass das Erbe der Hei-matvertriebenen nicht mit dem Aus-scheiden der „Erlebnisgeneration“ der ersten Nachkriegsjahre in Vergessenheit gerät, sondern weitergegeben wird.

Bernd Fabritius wurde am 14. Mai 1965 in Agnetheln/Siebenbürgen gebo-ren. Nachdem er 1983 das Abitur am Hermannstädter Samuel-von-Bruken-thal-Gymnasium abgelegt hatte, kam er 1984 mit seiner Familie als Aussiedler nach Deutschland. Hier studierte er zunächst Sozialverwaltung an der Baye-rischen Beamten-Fachhochschule (Dipl.-Verwaltungswirt) und dann Politikwis-senschaft an der Hochschule für Politik München, bevor er das Studium der Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität aufnahm, das er 1997 mit dem Zweiten Staatsexamen beendete. 2003 wurde er von der Luci-an-Blaga-Universität Hermannstadt und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen zum Dr. iur. promoviert. Nach Tätigkei-ten als Beamter und Rentenberater prak-

tiziert er seit 1997 als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei in München. Bei der Bundestagswahl 2013 errang er ein Mandat für die CSU.

Gut vernetzt auf europäischer Ebene

Der neue BdV-Präsident ist in Deutsch-land und auf europäischer Ebene sowohl in landsmannschaftlicher als auch in ver-triebenenpolitischer Hinsicht eng ver-netzt. Er ist Bundesvorsitzender des Ver-bandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Präsident der weltwei-ten Föderation der Siebenbürger Sach-sen, aber auch Mitglied im Sudeten-deutschen Rat. Außerdem übernimmt er Verantwortung als erster stellvertreten-der Vorsitzender der Gruppe der Vertrie-benen, Aussiedler und deutschen Min-derheiten der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, als Mitglied im

Bundesvorstand der Ost- und Mittel-deutschen Vereinigung der CDU/CSU (OMV) – Union der Vertriebenen und Flüchtlinge – sowie als stellvertretender Landesvorsitzender der Union der Ver-triebenen der CSU. In der Parlamentari-schen Versammlung des Europarates arbeitet er zu Fragen der Rechtsstaatlich-keit sowie zu den Themen Menschen-rechte und Nicht-Diskriminierung.

Zu Vizepräsidenten des Verbandes-wurden Albrecht Schläger, Reinfried Vogler, Stephan Rauhut, Christian Knau-er, Oliver Dix und Stephan Grigat gewählt. Zu weiteren Präsidialmitglie-dern wählten die Delegierten Stephan Mayer MdB, Milan Horácek, Renate Holznagel, Arnold Tölg, Egon Primas MdL und Waldemar Eisenbraun. Die Präsidentin des Frauenverbandes im BdV, Dr. Maria Werthan, und der Präsi-dent des Bauernverbandes der Vertriebe-nen, Christian Walter, gehören kraft Amtes dem Präsidium an. Mit Milan

Nach der Wahl: BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB mit seiner Vorgängerin Erika Stein-bach MdB.

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breite gesellschaftliche Unterstützung, die unser Zentrum heute genießt.

„Wir müssen einander alles sagen.“ So hat es Jan Jozef Lipski, mit dem der BdV in gutem Dialog stand, einst auf den Punkt gebracht.

Und: „Wir haben uns daran beteiligt, Millionen Menschen ihrer Heimat zu berauben. … Das uns angetane Böse, auch das größte, ist aber keine Rechtfer-tigung und darf auch keine sein für das Böse, das wir selbst anderen zugefügt haben.“

Was Lipski über das Verhältnis von Polen und Deutschen sagte, über die ein-

zige Art und Weise, wie mit der bedrü-ckenden Last unserer gemeinsamen Geschichte umgegangen werden kann, ist bei näherer Betrachtung eine grund-sätzliche Wahrheit. Es ist ein Leitgedan-ke, der einem tiefen christlich-abendlän-dischen Selbstverständnis entspringt.

Ich kenne sehr, sehr wenige Men-schen, die diese Grundwahrheit so mit Leben erfüllen wie unsere Präsidentin Erika Steinbach.

Ohne die Geschichte jemals zu verges-sen, ohne die deutschen Gräueltaten in Abrede zu stellen, ohne den empathi-schen Blick von anderen Opfern abzu-wenden – ich nenne hier nur ihr Enga-gement für die Aussöhnung mit Israel und für Vertriebene und Flüchtlinge weltweit –, ohne sich von all jenen aus

Horácek ist damit auch erstmals ein Mit-glied der Grünen im Präsidium des Bun-des der Vertriebenen vertreten.

Dank an Erika Steinbach

Mit stehenden Ovationen war die scheidende BdV-Präsidentin Erika Stein-bach MdB verabschiedet worden, nach-dem BdV-Vizepräsident Christian Knau-er ihr im Namen des gesamten Verban-des für das Wirken in ihrer 16-jährigen Amtszeit gedankt hatte. Einen chronolo-gischen Abriss ihrer Arbeit konnte Knau-er im Rahmen der Bundesversammlung nicht einmal in Kurzform geben – er liegt als Sonderheft des Deutschen Ost-dienstes vor –, und beschränkte sich auf die Darstellung dessen, „was mich an unserer Präsidentin stets am meisten beeindruckt hat: ihr unbedingter Wunsch nach Verständigung, nach Ver-söhnung – mit unseren europäischen Partnern und mit unseren Mitbürgern in Deutschland. Dabei zeigte sie zum Teil einen Einsatz, der an Selbstaufgabe grenzte. Sie musste Worte ertragen, die kein Mensch verdient hat, der die Hand zum Dialog ausstreckt. Dennoch gab sie niemals die Wahrhaftigkeit preis. ...

Zur „wichtigsten und vernehmbarsten Stimme der deutschen Heimatvertriebe-nen“ aber – wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel in diesem Jahr in der Ura-nia formulierte – wurde Erika Steinbach durch die Hand der Versöhnung, die sie dem deutschen Volk im Namen der Ver-triebenen entgegenstreckte.

Geduldig, aber bestimmt hat sie immer wieder erklärt, was für eine entsetzliche Erfahrung, was für ein Verbrechen auch die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg darstellt. Stets hat sie Empathie für die fast 15 Millio-nen Menschen eingefordert, die Heimat und Besitz verloren oder ihr Leben las-sen mussten.

Den Aufbau eines Zentrums gegen Vertreibungen voranzutreiben, einen bundesweiten „Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung“ durchzu-setzen und die Erinnerung an unser Schicksal damit wahrhaftig im nationa-len Gedächtnis zu verankern: Aus die-sem Blickwinkel sind das alles Schritte, die dem deutschen Volk helfen sollen, sich mit sich selbst und mit seiner Geschichte zu versöhnen. Und es waren erfolgreiche Schritte, bedenkt man die

Blumen zum Abschied erhielt die scheiden-de Präsidentin Erika Steinbach von BdV-Vizepräsident Christian Knauer.

der Bahn werfen zu lassen, die noch nicht zu einer Verständigung auf der Basis von Wahrheit bereit waren oder sind, und mit tiefem Respekt vor den internationalen Menschenrechten hat Erika Steinbach stets nach der Prämisse gehandelt, dass niemals ein Verbrechen ein anderes rechtfertigen darf und dass echte Versöhnung nur gelingen kann, wenn man offen und ehrlich miteinan-der spricht.

Dafür danke ich ihr. Dafür dankt ihr das gesamte Präsidium, und dafür dankt ihr – da bin ich sehr sicher – unser gesamter Verband.“ Und der Verband dankte ihr, er dankte ihr mit lang anhal-tendem stehenden Applaus.

Nur kurze Zeit später wandten sich die Teilnehmer der Bundesversammlung den zukünftigen Aufgaben des Verban-des zu. In seinen Vorstellungsworten entwarf der designierte Präsident Dr. Bernd Fabritius ein ambitioniertes Zukunftsprogramm und machte deut-lich: „Auf die Frage warum ich mich für das Amt des Präsidenten des BdV bewer-be und ob der BdV nicht ein sterbender Verband wäre, kann ich nur antworten: Es wird auch noch nach mir viele BdV-Präsidenten geben.“

„Wir haben viel erreicht“, so Fabritius, „aber es ist noch ein gutes Stück Arbeit vor uns.“ So sei die Dokumentationsstel-le der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Ver-söhnung“ im Entstehen, über die Aus-stellungsgestaltung jedoch noch nicht abschließend entschieden. Hier werde der BdV über seine sechs Mitglieder im Stiftungsrat auf die Umsetzung des im breiten Konsens beschlossenen Stiftungs-konzeptes dringen.

Mit optimistischem Blick in die Zukunft

Für genauso wichtig halte er den Ein-satz für die Integration der Aussiedler und Spätaussiedler, der hoffentlich letz-ten Vertriebenen des deutschen Volkes als Teil unserer Gemeinschaft. In der gleichen Rangfolge sei der Einsatz für den Erhalt unserer Kulturen zu nennen, der zwar im § 96 des BVFG als Aufgabe von Bund und Ländern festgeschrieben sei, die aber der Verband als Interessen-vertretung der Betroffenen mit dieser Aufgabe nicht alleine lassen dürfe. „Das ist schon deswegen wichtig, weil wir damit die jüngere Generation, um einen

Illing (3)

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Das neue Präsidium des Bundes der Vertriebenen (v.l.n.r.): Egon Primas MdL, Christian Knauer, Reinfried Vogler, Dr. Maria Werthan, Stephan Mayer MdB, Dr. Bernd Fabritius MdB, Stephan Grigat, Milan Horácek, Albrecht Schläger, Renate Holznagel, Arnold Tölg, Waldemar Eisenbraun, Stephan Rauhut. Es fehlen Oliver Dix und Christian Walter.

weiteren Fokus der Arbeit zu nennen, in unserer eigene kulturellen Identität ver-ankern, als Sudetendeutsche, als Schlesi-er, als Pommern, als Ostpreußen, als Sie-benbürger Sachsen, als Deutsche aus Russland, als Banater Schwaben, ich kann sie gar nicht alle aufzählen. Aber eine Verankerung der jungen Generation in dieser kulturellen Identität funktio-niert dann, wenn wir unsere Kultur bewahren und zukünftigen Generatio-nen weitergeben.“

Beziehungen zu den Her-kunftsgebieten verstärken

Fabritius betonte die Kontinuität inner-halb der Verbandsführung, indem er die Verständigung mit den östlichen Nach-barn als besondere Aufgabe hervorhob: „Ich denke, es ist an der Zeit im 21. Jahr-hundert den Dialog mit unseren Her-kunftsgebieten und mit den Nachbar-staaten auf eine neue Ebene zu heben. Wir müssen uns auch vom bisherigen Feindbilddenken verabschieden, mit dem der Dialog in manchen Herkunfts-gebieten aus meiner Sicht völlig unbe-gründet gebremst und ausgeblendet worden ist. Ich stehe dafür, diesen Dia-log nicht als Selbstzweck, sondern als Weg zu konstruktiven Lösungen zu ver-stärken und ich habe eine einzige Vor-aussetzung dafür: Das ist die ehrliche

und kritische Betrachtung der jeweils eigenen Geschichte.“ „Wir sollten“, so formulierte Fabritius ein weiteres Anlie-gen, „uns auch verstärkt um unsere Landsleute in den Herkunftsgebieten kümmern und uns grenzüberschreitend wieder als Einheit, als landsmannschaftli-che Einheit verstehen. Ich denke, dass z.B. die Sicherung des muttersprachli-chen Unterrichts als Teil der selbstemp-fundenen Identität auch der Deutschen in der Republik Polen oder der Deut-schen in Rumänien ein Anliegen sind,

das uns in die Zukunft führt.“ Dafür bitte er um das Vertrauen der Delegierten, das Fabritius dann wenig später in beeindru-ckender Weise geschenkt wurde.

Damit werde nicht nur eine Generati-onswechsel vollzogen, sondern mit der Wahl eines 49-jährigen Aussiedlers aus Siebenbürgen gehe der Bund er Vertrie-benen in eine neue Ära: Das war die ein-hellige Stimmung unter den Delegierten der Landsmannschaften und Landesver-bände in der Hessischen Landesvertre-tung. In einem Interview mit der Deut-schen Welle machte Fabritius allerdings auch deutlich: „Keiner meiner Lands-leute hat Rumänien leichtfertig verlas-sen. Es gab während der kommunisti-schen Diktatur einen permanenten Ver-treibungsdruck, dem auch wir als Spät-aussiedler ausgesetzt waren.“ Und er betont die Kontinuität zu seinen Vor-gängern, nichts anders, höchstens eini-ges mehr machen zu wollen. Dazu gehört, dass er sich als Brückenbauer, Türöffner und Mediator sieht und den intensivereren Dialog mit den östlichen Nachbarstaaten anstrebt.

Er macht damit zugleich deutlich, dass die Aufgaben des Bundes der Ver-triebenen noch lange nicht erfüllt sind, sondern sich vielmehr das Aufgaben-spektrum erweitert habe. Dabei hat der neue Präsident – das hat die Bundesver-sammlung eindrucksvoll deutlich gemacht – den Bund der Vertriebenen an seiner Seite. (DOD)

Vizepräsident Albrecht Schläger (l.), Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB (M.) und General-sekretär Klaus Schuck (r.) während der Bundesversammlung

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BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB würdigte während der Bundesversammlung ihren Amtsvorgänger Herbert Czaja, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Wir dokumentieren diese Würdigung in Auszügen:Vorgestern, am 5. November 2014, wäre einer meiner wichtigsten Amtsvorgänger, BdV-Präsident und Ehren-präsident Dr. Herbert Czaja, 100 Jahre alt geworden. Ein würdiger Anlass, seiner im Rahmen unserer diesjährigen Bundesversammlung zu gedenken. Wer ihn kannte, wer sich ernsthaft mit seinem Leben und seinen Positionen auseinandersetzte, weiß, wie tief der Wunsch nach Ver-ständigung und nach gerechtem Ausgleich in ihm verwur-zelt war.

Geboren 1914 in Teschen wuchs Herbert Czaja an einem interkulturellen Brennpunkt auf – in einer oberschlesi-schen Stadt, die in der Folge des Ersten Weltkrieges zer-rissen und trotz überwiegend deutscher Bevölkerung zwi-schen Polen und Tschechien aufgeteilt wurde. Er lernte neben seiner Muttersprache fließend polnisch, studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte an der Jagiello-nischen Universität zu Krakau und wurde 1939 von einem polnischen Doktorvater promoviert.

Trotz aller Auseinandersetzungen zwischen den dortigen Grenzländern erlebte Herbert Czaja das Miteinander auf der Basis von Wahrheit und gemeinsamen Werten als Chance und Bereicherung. Ausdruck davon war auch seine Mitgliedschaft als gläubiger Katholik in der überkonfessionellen „Deutschen Christlichen Volkspartei“, die sich klar gegen die aufkommende braune Gefahr wandte. Eine akademische Kar-riere hätte ihm offen gestanden. Er lehnte sie ab. Zweimal. Einmal als ihm die NSDAP-Mitgliedschaft zur Bedingung gestellt wurde und zum zweiten Mal – nach dem Zweiten Weltkrieg – als es hieß, er müsse seine deutsche Herkunft verleug-nen und sich als Pole bekennen. Die damit fast unausweichliche Vertreibung aus der Heimat 1946 wurde für ihn zu einem doppelten Schicksalsschlag, da er seine Eltern in Oberschlesien zurücklassen musste. In Stuttgart, wo er mit seiner Familie lebte, trat er in die CDU ein. 1953 wurde er erstmals in den Deutschen Bundestag gewählt, dem er dann 37 Jahre lang angehörte. ...

Zunächst als Sprecher der Landsmannschaft Oberschlesien und ab 1970 als Präsident des BdV war sein Leitsatz aus tiefer Überzeugung: „Es kann nicht mehr alles so werden, wie es war, aber es darf auch nicht alles so bleiben, wie es ist.“

In diesem Zusammenhang erscheint sein Beharren auf den deutschen Grenzen von 1937 in einem neuen Licht. Nicht Starr-köpfigkeit prägte seine Position, sondern die Ansicht, dass wir – die deutschen Heimatvertriebenen – in den Dialog über die zukünftige Verständigungspolitik mit einzubeziehen seien und nicht außen vor bleiben dürften. So ging es Herbert Czaja immer um die Solidarität des gesamten deutschen Volkes mit den Vertriebenen und um die Anerkennung des schweren Schicksals, das fast 15 Millionen Menschen stellvertretend für die Verbrechen der Nationalsozialisten hatten erleiden müs-sen. Menschen, egal welcher Nationalität, die selbst ein Vertreibungsschicksal erlitten hatten, lagen ihm besonders am Her-zen. Niemals wollte er die neuen Bewohner unserer Heimatgebiete wiederum vertreiben. Zutiefst war er von der Charta der deutschen Heimatvertriebenen überzeugt – vom Verzicht auf Vergeltung, aber auch vom Recht auf die Heimat.

In steter Korrespondenz, auf Deutsch und Polnisch, suchte er die Verständigung mit den östlichen Nachbarn. Dabei vertrat er aber die Auffassung, dass man Leistungen nicht ohne Gegenleistungen gerade im Hinblick auf Volksgruppenrechte erbrin-gen sollte. Bis zuletzt setzte sich Herbert Czaja insbesondere für die deutschen Volksgruppen ein. In zahllosen Aufsätzen und Schriften hat er immer wieder die rechtliche Verankerung von Minderheiten- und Volksgruppenrechten in den europäischen Ländern gefordert. Im Laufe seines Lebens hat er auch vielen Menschen persönlich durch seinen Einsatz geholfen – nicht nur Heimatvertriebenen, sondern auch vielen Bürgern nicht nur östlicher Nachbarstaaten.

Er war ein wahrer Brückenbauer. Seine Ideen und Konzeptionen zu einer deutschen Ostpolitik und zum Ausgleich mit den östlichen Nachbarn sind auch heute noch wegweisend. Herbert Czaja hat einen wichtigen Grundstein dafür gelegt – mit seinem „sechsten Sinn“ für eine taktische Verbandsarbeit, seinem bis zuletzt ungebrochenen christlichen Versöhnungswillen, aber auch seinen daraus entspringenden Ansprüchen an die Einbindung der Vertriebenen und an die wahrhaftige Aufarbei-tung der Vertreibungsgeschichte. ... Daher wollen wir seiner heute gedenken.

Zum Gedenken an Herbert Czaja

Zum Gedenken und in Erinnerung an den 100. Geburtstag von Dr. Herbert Czaja am Mittwoch, dem 5. November 2014 legten auf dem Hauptfriedhof Steinhaldenfeld in Stuttgart-Bad Cannstatt Familien-mitglieder, Freunde, Bekannte und Weggefährten an Czajas Grab zahlreiche Kränze nieder. Für das Präsidium des Bundes der Vertrie-benen legte Präsidialmitglied Arnold Tölg verat dabei das Präsidium des Bundes der Vertriebenen.

Privat (1); Niedersächsische Staatskanzlei (1)

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DOD 06/2014 9Politik

ser Erfahrung heraus sehen wir unsere Gesellschaft deshalb in einer besonderen Verantwortung, den Menschen zu hel-fen, die heute Schutz und Zuflucht in Niedersachsen suchen.“

Die Landespolitik habe bereits wichti-ge Reformen auf den Weg gebracht, von Wegweiserkursen in den Erstaufnahme-einrichtungen des Landes über eine ver-besserte personelle Ausstattung der Ein-richtungen, der Förderung der psychoso-zialen und medizinischen Beratung bis hin zur Reform der Härtefallkommission, in der schwierige Einzelfälle eine umsich-tige Bewertung erfahren. „Land und Kommunen arbeiten zusammen bei der Unterbringung der Flüchtlinge und Asyl-suchenden. Zur besseren Vernetzung

„Flüchtlingsschutz in dieMitte der Gesellschaft tragen“

Doris Schröder-Köpf, Landesbeauf-tragte für Migration und Teilhabe, und Oliver Dix, Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen, haben in Hannover eine gemeinsame Resolution zur Flüchtlingspolitik unterzeichnet.

In der Resolution heißt es, dass ange-sichts von mehr als 50 Millionen

Flüchtlingen weltweit aus der histori-schen Erfahrung heraus „unsere Gesell-schaft deshalb in einer besonderen Ver-antwortung, den Menschen zu helfen, die heute Schutz und Zuflucht in Nieder-sachsen suchen“ stehe. Als einzelnes Land könne Niedersachsen zwar kaum dazu beitragen, Fluchtursachen zu bekämpfen. Wörtlich weiter: „Es kann aber im Länderverbund die Bundesregie-rung ermuntern und unterstützen, diese Zielsetzung sowohl auf nationaler Ebene als auch in den EU-Gremien stärker zu verfolgen. Außerdem kann Niedersach-sen mit seinen Bürgerinnen und Bürgern alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Situation von Flüchtlingen und den Umgang mit ihnen zu verbessern.“

Besondere Verantwortung unserer Gesellschaft

Die Resolution macht deutlich, dass es in Niedersachsen „trotz der gesellschaft-lich und wirtschaftlich schwierigen Bedingungen der Nachkriegszeit ... die große Herausforderung der Aufnahme und Eingliederung von Flüchtlingen damals gut gelungen (ist). Diese Einglie-derung der Flüchtlinge und Vertriebe-nen, ihre Beiträge zum Wiederaufbau Niedersachsens, ihr Wille zur Versöh-nung und ihre Beiträge zur Verständi-gungspolitik haben unser Land berei-chert und unseren Blick für das Unrecht von Vertreibungen geschärft. ... Aus die-

Doris Schröder-Köpf und Oliver Dix unterzeichnen Resolution

Auf großes Interesse und viel Zustimmung bei zahlreichen gesellschaftlichen Gruppen stieß die Unterzeichnung der Resolution in Niedersachsen. Das Foto zeigt im Hintergrund (v.l.n.r.): Dündar Kelloglu, Vorstand Flüchtlingsrat Niedersachsen, Filiz Polat MdL, Alptekin Kirci, Christos Pantazis MdL, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion für Migration und Teilha-be, Klaus-Peter Bachmann MdL, Vizepräsident des Niedersächsischen Landtages, Mehmet Günay, Generalkonsul der Republik Türkei, Avni Altiner, Vorsitzender Schura Niedersachsen/ Landesverband der Muslime in Niedersachsen e.V., Dr. Dursun Tan, Referatsleiter in der Staatskanzlei, Klaus Engemann, Referatsleiter im Innenministerium, Ramazan Salman, Geschäftsführer des Ethno-Medizinischen Zentrums e.V. Am Tisch Doris Schröder-Köpf, MdL, Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, und Oliver Dix, Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen.

vor Ort sollen auch die Koordinierungs-stellen für Migration und Teilhabe in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt beitragen, die das Land jährlich mit einem Millionenbetrag unterstützt“, heißt es in der Resolution weiter. Schrö-der-Köpf und Dix in dem Text wörtlich: „Die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge, der Vertriebenen, der Schutzsuchenden ist uns ein gemeinsa-mes Anliegen.

Die freundliche und offene Aufnahme der Menschen, das Verständnis für sie und ihre leidvolle Situation, wollen wir mit all den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten unterstützen und för-dern.“ (DOD)

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Die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) festigt die Zusammenarbeit mit ihren Partnern: Das von der LO organisierte Deutsch-Russische Forum fand in diesem Jahr in Tilsit statt. 70 Teilnehmer waren zu der gefragten und zur festen Einrich-tung gewordenen Veranstaltung gekommen, um sich über ihre Arbeit im Königsberger Gebiet auszutau-schen.

Das Deutsch-Russische Forum der Landsmannschaft Ostpreußen unter

der Leitung von Vorstandsmitglied Brigit-te Stramm erfreut sich wachsender Beliebtheit. 70 Teilnehmer und eine wachsende Zahl von Interessenten bezeugen dies.

Austausch war auch das Ziel des dies-jährigen Forums. Über die Brücke von Vergangenheit und Gegenwart in die Zukunft zu gehen, das meint auch das Motto der Deutsch-Russischen Foren „Zukunft braucht Vergangenheit“.

Kontakte und Zusammen-arbeit fördern

LO-Sprecher Stephan Grigat erinnerte die Teilnehmer an große Namen der Geschichte, die mit Tilsit verbunden sind: Hier traf Luise auf Napoleon, hier wurde 1807 der Tilsiter Frieden geschlossen. Vor dem Hintergrund des radikalen Bevölkerungsautauschs von 1945 sei eine Tagung wie diese ein guter

Zukunft brauchtVergangenheit7. Deutsch-Russisches Forum in Tilsit

Erfolg. Ziel sei es, Kontakte und Zusam-menarbeit zu fördern, sich weitere hohe Ziele zu stecken, um Erfolge feiern zu können, bestehende Kontakte und Freundschaften zu pflegen und zu vertie-fen.

Dass es in der Geschichte Deutschen und Russen stets besser ging, wenn sie miteinander befreundet waren, betonte Wolfgang Freyberg, Direktor des Kultur-zentrums Ostpreußen in Ellingen, der die Veranstaltung souverän moderierte.

Da Oberbürgermeister Woischtschew verhindert war, überbrachte Kulturrefe-rentin Anna Kulijewa den Dank der Stadt für die Ehre, dass das Forum in Til-sit durchgeführt wurde.

Rolf-Friedrich Krause, Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland, dank-te für die Einladung und lobte die erfolg-reiche Zusammenarbeit zwischen Deut-

schen und Russen. Er stellte die Jugend-förderung des Generalkonsulats vor.

Alla Fjodorowa, Direktorin des Königs-berger Gebietsarchivs, berichtete über die in diesem Jahr im Archiv gezeigte und gut besuchte Labiau-Ausstellung, einem positiven Ergebnis der Zusam-menarbeit der Kreisgemeinschaft Labiau und des Kulturzentrums Ostpreußen mit dem Gebietsarchiv.

Ein besonders erfreuliches Ergebnis der Zusammenarbeit ist die Aufstellung einer Kopie des Königin-Luise-Denkmals an seinem ehemaligen Standort im Tilsi-ter Park „Jakobsruh“, bei der die Stadtge-meinschaft Tilsit sowohl an den vorberei-teten Arbeiten beteiligt als auch dank ihrer guten Beziehungen zur Stadtadmi-nistration zur feierlichen Einweihung im Juli zugegen war.

Wenn das Forum auch in erster Linie ein kultureller Austausch ist, so blieb doch in diesem Jahr die politische Lage nicht unerwähnt. In den Vorträgen der beiden Hauptreferenten Hennig von Löwis of Menar und Wladimir Gil-manow kam dies deutlich zum Aus-druck. Während Löwis of Menar die politischen Akteure seit der „Wende“ kritisch beleuchtete, sechs teils gewagte Thesen aufstellte, hielt Gilmanow einen hoch anspruchsvollen philosophischen Vortrag, in dem er sich immer wieder auf Kant berief und die Verantwortung des Einzelnen betonte. Das Fazit beider Referenten ähnelte sich: Wir alle müssen in Zukunft umdenken und Gedanken-vielfalt zulassen.

M. Rosenthal-Kappi

LM Ostpreussen (1); Hessisches Ministerium für Soziales und Integration (1)

V.l.n.r.: BdV-Vizepräsident Christian Knau-er, Hans-Jörg Froese, Vorstandsmitglied der LO, Rolf-Friedrich Krause, Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland und zahl-reiche weitere Teilnehmer lauschen auf-merksam den Vorträgen.

Leitwort 2015Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute

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DOD 06/2014 11Politik

Bundesländer begehen erste GedenktageHessen, Bayern und Sachsen erinnern an Vertreibungsopfer

V.l.n.r.: Stefan Grüttner, Hessischer Minister für Soziales und Integration, Margarete Zieg-ler-Raschdorf, Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, und Festred-ner Milan Horácek.

Der Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportati-on wird in Bayern, Hessen und Sachsen jedes Jahr am zweiten Sonntag im September begangen und fand dort erstmalig am 14. Sep-tember statt.

Mit dem Bund der Vertriebenen in Hessen wurde vereinbart, dass der

Hessische Gedenktag mit dem landes-weiten Tag der Heimat in Hessen als gemeinsame Veranstaltung des Landes Hessen und des Bundes der Vertriebe-nen begangen werden soll.

Hessen

Mit der Einführung dieses Gedenkta-ges sind Hessen und Bayern für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation vorangegangen und damit beispielge-bend auch für den Bund geworden. „Die Heimatvertriebenen und Spätaus-siedler sind ein fester Teil der hessischen Geschichte. Wir erinnern am 14. Sep-tember an das Unrecht, das Millionen Menschen nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs widerfahren ist“, sagte der Regierungschef. Der Gedenk-tag solle auch das Miteinander in Europa fördern. Dabei beziehe der Gedenktag ausdrücklich alle Opfer von Vertreibung weltweit mit ein, „denn auch heute sind immer noch Menschen auf der ganzen Welt von Vertreibung und deren Folgen betroffen“, sagte Volker Bouffier.

Hessens Sozialminister Stefan Grütt-ner betonte: „Der Gedenktag ist ein deutlicher Ausdruck der Verbundenheit mit den Vertriebenen und Spätaussied-lern und setzt außerdem ein Zeichen für mehr Völkerverständigung.“ Rund ein Viertel aller in Hessen lebenden Bürge-rinnen und Bürger hätten Flucht oder Vertreibung selbst erlebt oder seien durch das Schicksal der nächsten Ange-

hörigen davon betroffen. „Diese Men-schen haben ihr Eigentum, ihre Heimat und viele auch ihre Angehörigen verlo-ren. Wir wollen die Erinnerung an diese Ereignisse für künftige Generationen lebendig halten und zu Verantwortung und Versöhnung mahnen“, so der Minis-ter. Der Gedenktag sei auch eine Würdi-gung der gelungenen Integration und der Aufbauleistung der Heimatvertriebe-nen, Aussiedler und Spätaussiedler in Hessen.

Bayern

Auch Bayern hat am 14. September erstmals den landesweiten Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation begangen. Bayerns Sozialministerin Emilia Müller betonte: „Der bayernweite Gedenktag hat starke Symbolkraft: Wir setzen ein maßgebli-ches Zeichen für die Ächtung von Ver-treibung und für die Wahrung der Men-schenrechte. Denn ist es nicht hinnehm-

bar, dass Menschen aus ihrer Heimat vertrieben werden.“

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat anlässlich eines Fest-aktes im Kuppelsaal der Staatskanzlei die Gegenwärtigkeit von Flucht und Vertrei-bung unterstrichen. Seehofer: „Schaut man auf die Krisenherde überall in der Welt, gewinnt dieser Tag der Erinnerung und der Mahnung zur Wahrung der Menschenrechte, für Frieden und Frei-heit eine ganz besondere Aktualität. Unsere Botschaft lautet: Wir müssen Vertreibungen weltweit ächten! Flucht und Vertreibung – das war das Schicksal tausender Männer, Frauen und Kinder in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Die Erinnerung daran zu bewahren, ist mir ein persönliches Anliegen. Das Schicksal der vertriebenen Deutschen und ihre Lebensleistung sind für uns alle Auftrag und Erbe für die Zukunft.“

Auftrag sei und bleibe es auch, die Erinnerung an den Holocaust und die Verbrechen des Nationalsozialismus wachzuhalten. Der Ministerpräsident

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12 DOD 06/2014Politik

„Ich bin froh, dass nun endlich auch der Bund einen nationalen Gedenktag gegen Vertreibung beschlossen hat. Wir Bayern haben den Stein ins Rollen gebracht. Unser beharrlicher Einsatz hat sich gelohnt. Der bundesweite Gedenk-tag ist ein wichtiges Signal an alle Heimatvertriebenen, dass ihre Jahr-zehnte lange Versöhnungsarbeit gewürdigt wird.“

Ministerpräsident Horst Seehofer

ZITAT

dankte den Heimatvertriebenen in Bay-ern für ihr großartiges Versöhnungswerk: „Sie haben nach Krieg und Vertreibung beschlossen: Nie wieder! Nie wieder Entrechtung, nie wieder Gewalt. Sie haben die Hände ausgestreckt. Seit jeher lautet ihr Credo: Versöhnung statt Ver-geltung.“

Sachsen

Das Sächsische Kabinett hatte eben-falls die Einführung eines Sächsischen Gedenktages für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung beschlossen und auch diese erste Veran-staltung zum Gedenktag fand am zwei-ten Sonntag im September statt, erstma-lig am 14. September 2014.

Innenminister Markus Ulbig machte deutlich: „Der Gedenktag ist ein Tag gegen das Vergessen. Damit soll zu einer würdigen Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht und Vertreibung beigetra-gen werden.“

Mit dem Tag soll an das Schicksal und den Leistungswillen der Zwangsumge-siedelten und Vertriebenen gedacht wer-den. Dabei geht es um Erinnerung und Mahnung. Es soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die ihre frü-here Heimat verloren haben. Die Mah-nung ist ein Symbol für Verantwortung und Versöhnung angesichts dessen, dass es vielerorts in der Welt Flucht und Ver-treibung sowie Repressalien gegen natio-nale, ethnische oder auch religiöse Min-derheiten gibt. Das kulturelle Erbe soll daher bewahrt und die gelungene Integ-ration und Aufbauleistung der Heimat-vertriebenen, Aussiedler und Spätaus-siedler in Sachsen gewürdigt werden. In

einem zusammenwachsenden Europa blickt der Gedenktag auch in die Zukunft: Junge Menschen sollen sich für Geschichte, Traditionen und Kultur inte-ressieren. Dies kann etwa dadurch erreicht werden, dass die Erkenntnisse

der früheren an die junge Generation weitergegeben werden. Der Gedenktag steht selbständig neben anderen Gedenk-tagen wie beispielsweise dem Gedenk-tag für die Opfer des Nationalsozialis-mus.

Der Kuppelsaal der Bayerischen Staatskanzlei. Die Besucher hatten die Gelegenheit, im Rah-men der Veranstaltung die Ausstellung „Angekommen“ des Zentrum gegen Vertreibungen zu besichtigen.

Bayerische Staatskanzlei (1); BdV-Archiv (1); Privat (1)

Stiftungskonzept gilt unverändert

Der Stiftungsrat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ hat in seiner Sitzung vom 15.12.2014 dem Wunsch des Direktors, Herrn Prof. Dr. Manfred Kittel, nach einer anderen Verwendung entsprochen und ihn von seinen Aufga-ben entbunden, teilte die Stiftung mit.

Der Stiftungsrat, dem auch sechs Ver-treter des BdV angehören, dankte Prof. Kittel für seine engagierte Arbeit als Gründungsdirektor. Während seiner Amtszeit konnten wichtige Meilensteine erreicht werden. Dazu zählt in erster Linie die von Stiftungsrat und Wissen-schaftlichem Beraterkreis einvernehm-lich verabschiedete „Konzeption für die Arbeit der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und Leitlinien für die geplante Dauerausstellung“. Der Stif-tungsrat bekräftigte, dass die Konzeption auch weiterhin die verbindliche Grund-lage der Stiftungsarbeit und zugleich das tragfähige Fundament ist, auf dem deren notwendige gesellschaftliche und wis-

senschaftliche Akzeptanz beruht. Auf dieser Basis soll die Arbeit der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ zügig weiter vorangetrieben werden. Dafür bleibt das vertrauensvolle Zusammen-wirken beider Gremien, des Stiftungsra-tes und des Wissenschaftlichen Berater-kreises, unerlässlich.

Der Stiftungsrat beschloss weiterhin, ein Ausschreibungsverfahren zur Gewin-nung einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers einzuleiten. In der Interim-sphase bis zur Nachbesetzung stehen die drei leitenden Mitarbeiter der Stiftung als Ansprechpartner, in enger Abstim-mung mit BKM, für ihre jeweiligen Auf-gabenbereiche zur Verfügung.

Laut Gesetz obliegt die Besetzung der Direktorenstelle dem Stiftungsrat. In der Findungskommission sind Vertreter des Parlaments, der Kirchen, des BdV sowie ein Repräsentant mit Ausstellungsexper-tise und BKM eingebunden. Der Wissen-schaftliche Beraterkreis wird beteiligt.

Engagierte Aufbauleistung von Prof. Kittel gewürdigt

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Beim Tag der Heimat 2010 wurde Klaus Johannis vom BdV geehrt. In der Laudatio sagte die damalige BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB: „Für seine zahlreichen Verdienste um die deutsche Volksgruppe und die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien wird Klaus Johannis mit der Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen ausgezeichnet.“

DOD 06/2014 13PolitikPolitik

Klaus Johannis ist jetzt Präsident RumäniensSiebenbürger Sachse und Plaktettenträger des BdV gewinnt Stichwahl

Zur Wahl von Klaus Johannis zum Präsidenten Rumäniens erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB:

Mit Klaus Johannis ist erstmals ein Siebenbürger Sachse in das höchs-

te rumänische Amt gewählt worden. Zu seinem Wahlerfolg gratuliere ich ihm aus vollem Herzen. Dieser Vertrauensbeweis des rumänischen Volkes ist ein ermun-terndes Zeichen für sämtliche Volksgrup-pen in einem zusammenwachsenden Europa. Klaus Johannis hat als Mitglied des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und als Oberbürgermeister von Hermannstadt hervorragende Ver-dienste um die Völkerverständigung zwischen Rumänien und Deutschland sowie zwischen weiteren europäischen Ländern erworben. Gerade das deutsch-rumänische Verhältnis ist durch seine Initiativen positiv beeinflusst worden. Als Brückenbauer wurde er von den jeweiligen Ländern vielfach ausgezeich-

amtes wünsche ich Klaus Johannis stets eine glückliche Hand und freue mich auf die Fortsetzung unserer vertrauensvol-len Zusammenarbeit.

(PM)

net. Der Bund der Vertriebenen hat ihm 2010 für seinen Einsatz die Ehrenplaket-te verliehen. Für die Bewältigung der Herausforde-rungen des rumänischen Präsidenten-

Viel Zeit nahm sich Bundesaußenminis-ter Frank-Walter Steinmeier, der sich

trotz 1500 Gästen in der Prager Botschaft ausführlich von BdV-Vizepräsident Albrecht Schläger über dessen Arbeit informieren ließ. Schläger ist auch Vorsitzender des Ver-waltungsrates des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds (DTZF) .Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds (DTZF) fördert für das kommende Quartal 108 grenzüberschreitende Projekte mit 450.000 Euro für die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Tschechen. „Wenn ich sehe, mit wie viel Engagement sich Schüler aus beiden Län-dern der Drogenprävention widmen wollen, dann wird deutlich, dass der DTZF mit dem aktuellen „Thema des Jahres“ den richti-gen Impuls gesetzt hat“, erklärte der Ver-waltungsratsvorsitzende Albrecht Schläger.

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Erfolgreiche Arbeitstagung für Ehrenamtliche in BerlinEhrenamt für Integrationsarbeit unverzichtbar

14 DOD 06/2014PolitikPolitik

BdV-Archiv (3)

Berlin (dod). Am 21. und 22. Oktober 2014 kamen in Berlin etwa 75 ehren-amtlich engagierte Mitglieder zur zentra-len Arbeitstagung „Integration durch Ehrenamt“ des Bundes der Vertriebenen zusammen. Begrüßt wurden sie vom neuen BdV-Generalsekretär Klaus Schuck, der den Ehrenamtlichen für ihren Einsatz dankte und die erzielten Erfolge würdigte.

In einem Podium wurden zunächst verschiedene Aspekte der Ehrenamtsar-beit dargestellt. So sprach Oliver Dix, Mitglied des BdV-Präsidiums, Landesvor-sitzender des BdV Niedersachsen und Mitglied im Beirat für Spätaussiedlerfra-gen des Beauftragten der Bundesregie-rung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, sowohl über seine Wahr-nehmung des ehrenamtlichen Engage-ments in Niedersachsen als auch über Möglichkeiten, die Bedürfnisse der Akti-ven den zuständigen Regierungsstellen zu Gehör zu bringen. Waldemar Eisen-braun, Vorsitzender der Landsmann-schaft der Deutschen aus Russland, machte unter anderem deutlich, welch großes Potenzial insbesondere unter sei-nen Landsleuten im Hinblick auf die ehrenamtliche Betreuung vorhanden sei. Rechtliche und organisatorische Rah-menbedingungen der ehrenamtlichen

Arbeit sowie deren zukünftige Perspekti-ven erörterte Rudolf Winter, Referatslei-ter vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Es folgte eine rege Diskussi-on, in der viele Aktive aus ihren Erfah-rungen vor Ort berichteten und dabei immer wieder sichtbar werdende Prob-leme schilderten.

Im Folgenden wurden aktuelle Frage-stellungen und die Rechtslage der Auf-nahme von Spätaussiedlern und ihren Angehörigen behandelt. Hier erklärte Oliver Dix zuerst kurz die 2013 ent-scheidend verbesserten gesetzlichen Bestimmungen. Danach erläuterte der auf Aufnahme nach dem BFVG speziali-sierte Rechtsanwalt Thomas Puhe die

Auf dem Podium (v.l.n.r.): Rudolf Winter, Referatsleiter vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Waldemar Eisenbraun,Vorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, BdV-Vizepräsident Oliver Dix und Generalsekretär Klaus Schuck.

Möglichkeiten, die die neuen Regelun-gen eröffnen, machte aber auch deut-lich, dass die Gesetzesänderung zukunftsgerichtet sei und nicht den Sta-tus bereits in Deutschland lebender Spät-aussiedler und Ehegatten zu verändern beabsichtige. Anhand der vielen vorge-tragenen Fälle konnte man die Bandbrei-te der Probleme, die an die Betreuer her-angetragen werden, ausmachen. Zwei weitere Referate befassten sich mit der Integration im Alter und der Integration im Alltag. Im Zusammenhang mit dem ersten Thema nahm Heike Konopka von der Deutschen Rentenversicherung Ber-lin-Brandenburg zu aktuellen Entwick-lungen im Rentenrecht, insbesondere zur Mütterrente und zu Fragen aus der Praxis Stellung. Zum zweiten Thema sprach Maxim Orlov von der Verbrau-cherzentrale Berlin und stellte speziell Irrtümer und Informationsdefizite bei Verbrauchern dar, die sehr häufig zu fal-schen Entscheidungen mit Kostenfolgen führen. Abschließend zusammengefasst wurden die Ergebnisse der inhaltlich dichten Tagung von Gisela Schewell. Die Anwesenden dankten ihr und der BdV-Bundesgeschäftsstelle herzlich für das stets offene Ohr sowie die Unterstützung in sämtlichen Fragen der ehrenamtli-chen und hauptamtlichen Integrations-arbeit. (DOD)Interessierte Teilnehmer der Tagung.

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Das Podium der Veranstaltung (v.l.n.r.): Prof. Siegfried Matthus, Erika Steinbach MdB, Moderator Prof. Peter Voß und Dirigent und Violinist Alois Springer.

DOD 06/2014 15Kultur

sen war. Auf das Thema hinführend rief sie den am 7. Oktober 2014 verstorbe-nen, aus Masuren stammenden Schrift-steller Siegfried Lenz und dessen Werk – etwa die Kurzgeschichten „So zärtlich war Suleyken“ – in Erinnerung. Die aus der Heimaterinnerung, aber auch aus der Erfahrung von Flucht und Vertrei-bung gespeiste Inspiration seines Schaf-fens springe sofort ins Auge. In der Dis-kussion solle es darum gehen, diese ganz subjektiv empfundenen Impulse sichtbar zu machen.

Ein weiteres Grußwort sprach der Prä-sident des Deutschen Kulturrates Prof. Christian Höppner. Dieser charakterisier-te Flucht und Vertreibung als fundamen-tale Entwurzelung. Gerade die unmittel-bare Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, wo auch im zerstörten Berlin schnell wieder erste Konzerte stattgefunden hät-ten, zeige, wie stark durch derartige Kri-senerfahrungen der „Hunger auf Kunst und Kultur“ wachse. Viele Vertriebene seien also einerseits kulturell „ausgehun-gert“ gewesen und hätten andererseits kulturelle und künstlerische Betätigung

als Möglichkeit erlebt, ihre Wurzeln zu bewahren.

Die Moderation des Abends über-nahm der Präsident der Quadriga Hoch-schule Berlin und ehemalige ARD-Inten-dant Prof. Peter Voß – geboren 1941 in Hamburg, aufgewachsen aber in Lübeck. Auf dem Podium saß diesmal Erika Steinbach selbst – in ihrer Eigenschaft als Geigerin. Geboren 1943 im damals westpreußischen Rahmel und mit der Familie über Schleswig-Holstein und Berlin nach Hanau geflohen, zählt das Geigenstudium zu einer der vielfältigen Stationen, die ihren Lebensweg bis heu-te geprägt haben. Ein weiterer Podiums-teilnehmer war Prof. Siegfried Matthus. Jahrgang 1934 und aus dem ostpreußi-schen Mallenuppen stammend, hatte er nach der Vertreibung Komposition an der Deutschen Hochschule für Musik in Berlin studiert. Neben seinen Werken fand insbesondere sein Einsatz für das 1990 von ihm ins Leben gerufene „Inter-nationale Opernfestival junger Sänger „auf Schloss Rheinsberg immer wieder öffentliche Beachtung. Vollständig wur-

An tiefen Lebenskrisen können Menschen zerbrechen. Sie können der Herausforderung aber auch mit Kraft und Mut begegnen. So kann aus einer Krise ein Impuls für ein ganzes Leben entspringen.

Zweifelsohne stellt das millionenfache Schicksal von Flucht und Vertrei-

bung zum Ende des Zweiten Weltkrie-ges für die Betroffenen auch eine Lebenskrise dar – ein Trauma, dessen Verarbeitung sich nicht nur auf das eige-ne Leben begrenzte, sondern sich oft sogar auf die Nachfahren auswirkte. Für manchen war der Neuanfang eine bitte-re, schier unlösbare Lebenserfahrung. Viele andere resignierten nicht und bau-ten mit großem Leistungswillen aus dem Nichts neue Existenzen auf.

Gerade Künstlerbiografien zeigen, dass es immer wieder gelingt, aus Lebenskri-sen kreative Impulse zu gewinnen. Das lässt vermuten, dass auch Künstler mit Vertriebenenhintergrund in ihrem Schaf-fen maßgeblich durch Flucht und Ver-treibung inspiriert und beeinflusst wor-den sind. Um dies mit persönlich Betrof-fenen zu diskutieren, hatte die Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen gemeinsam mit dem Deutschen Kultur-rat am 15. Oktober 2014 zu einer Podi-umsdiskussion in das Atrium der Bun-despressekonferenz in Berlin eingeladen.

Subjektive Impulse sichtbar machen

Erika Steinbach MdB, Stiftungsvorsit-zende und zu diesem Zeitpunkt noch Präsidentin des Bundes der Vertriebe-nen, begrüßte die Teilnehmer und Gäste zunächst mit dem Hinweis auf die dem Lokführerstreik geschuldete, kurzfristige Absage von Prof. Dr. Hellmuth Karasek, der fest für das Podium eingeplant gewe-

Vertreibung als künstlerischer Impuls?Podiumsdiskussion der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen

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16 DOD 06/2014Kultur

sicher, dass die Vertreibung dazu beige-tragen habe, diese Erinnerungen fester im Geist zu verankern. Diese Sicht bestä-tigte Alois Springer, der seine ersten musikalischen Begegnungen ebenfalls vor der gewaltsamen Vertreibung aus der Heimat hatte. Wann immer sein Vater das Instrument von der Wand nahm, habe er fasziniert dessen Spiel gelauscht. Mit sechs Jahren habe er selbst begonnen zu spielen, und als Sie-benjähriger sei ihm durch englische Tief-flieger der erste Verlust seines Lebens zugefügt worden: Auf dem Weg ins benachbarte Kloster zum Unterricht sei die Geige von einem Bordschützen getroffen worden. Die Vertreibung an sich habe er persönlich nie als prägend empfunden – den Verlust der Heimat indes schon.

Für Peter Voß stellte sich nach den Schilderungen die Frage, ob die Podi-umsgäste – ähnlich wie es bereits Marcel Reich-Ranicki einmal ausgedrückt hatte – eine „Heimat in der Musik“ gefunden hätten. Alois Springer bejahte dies sofort. Auch Erika Steinbach beschrieb ein Gefühl der Heimatlosigkeit auf ihrem Weg nach Hanau, in dem ihr die Musik Halt gab. Siegfried Matthus aber erklärte, dass die Musik für ihn eher zu einer Möglichkeit geworden sei, die Heimat zu bewahren und die Erinnerungen aus der Vertreibungszeit zu verarbeiten. In seinen Schöpfungen habe er umsetzen und festhalten können, was in ihm gärte. Er habe also eher seine Heimat in die Musik hineingetragen als sie dort wie-dergefunden. Dies brachte Prof. Voß zur abschließenden Frage, ob die Musik viel-

leicht besser als das Wort dazu geeignet sei, mit Krisen und den Erinnerungen daran umzugehen. Dem stimmte Erika Steinbach zu, meinte aber einschrän-kend, dass für sie persönlich weniger die Erinnerungsverarbeitung im Vorder-grund gestanden habe als vielmehr eine Chance, sich als junges Mädchen im Rei-gen ihrer Mitschüler auszuzeichnen. Erst im Alter von elf Jahren habe sie begonnen, das Instrument zu erlernen – mit einer halben Stunde Geigenunter-richt pro Woche. Sie habe aber derart intensiv geübt, dass sie bereits mit 13 Jahren in ein Kammerorchester aufge-nommen worden sei. Prof. Matthus bekräftigte nochmals, wie nachhaltig das in seinem Elternhaus stets präsente deut-sche und ostpreußische Volksliedgut ihn beeinflusst habe. Gerade im Alter spüre er dies immer mehr, und es sei gut mög-lich, dass ihn diese Liebe zur heimatli-chen Musik viele schlimme Ereignisse leichter habe ertragen lassen. Einem Schlusswort gleich erzählte Alois Sprin-ger von einer selbst miterlebten, sehr bildmächtigen Episode, in der seinem Vater nach dem Krieg noch in der Hei-mat von fremden Soldaten mit dem Tode gedroht wurde, würde er nicht das Lied der Deutschen auf der Geige spie-len. Hätte er es aber gespielt, so wäre er mit Sicherheit auch erschossen worden. Der Vater spielte – das Wiegenlied von Franz Schubert; die Gewehre sanken, die Soldaten gingen auseinander. Damals sei Springer erstmals bewusst geworden, welche verbindende, ja heilende Kraft die Musik zwischen den Menschen ent-falten könne. Marc-P. Halatsch

de die Runde mit einem Dirigenten und Violinisten: Alois Springer, geboren 1935 im südmährischen Olkowitz und von dort mit seiner Familie nach Hessen ver-trieben, verschrieb sich zuerst der Geige und wurde bereits mit 15 Jahren zum Konzertmeister des Fuldaer Kammeror-chesters ernannt. Es folgten intensive Violin-, Klavier- und Dirigierstudien, weltweite Konzerttätigkeit unter ande-rem mit Leonard Bernstein sowie ein fast 50 Jahre währendes Chefdirigat der Phil-harmonia Hungarica.

Prof. Voß berichtete zunächst, ihm sei die schwierige Lage der Vertriebenen, aber auch die aus Flucht und Vertrei-bung entstandene Integrationsanforde-rung an Deutschland schon während seiner Kindheit in Lübeck klargeworden, wo die Bevölkerungszahl durch Vertrie-bene innerhalb kürzester Zeit von ca. 100.000 auf etwa 230.000 gestiegen sei. Im Angesicht dieser Krisensituation seien „der künstlerische Impuls der Ver-treibung und dessen Verortung“ beach-tenswerte Fragen. Erika Steinbach zeigte sich überzeugt, dass viele Künstler mit Vertriebenenhintergrund ihre Erfahrun-

gen auf ganz unterschiedliche Art kreativ verarbeitet hätten. Für sie selbst sei die musikalische Ausbildung eine Art Befrei-ung aus der durch die Vertreibung erzeugten Lebenslage gewesen – ein Weg zu mehr Individualität. Als wichtige Impulse stellte Prof. Matthus die Erinne-rungen an seine ostpreußische Heimat und sein Aufwachsen dar. Sein Eltern-haus sei von Musik bestimmt gewesen; die Mutter habe den Kindern mit schö-ner Stimme Volkslieder vorgesungen, die schon früh sein musikalisches Empfin-den bestimmt hätten. Matthus war

Gespannt verfolgte das Publikum die Diskussion im Atrium der Bundespressekonferenz.

Der Präsident des Deutschen Kulturrates Prof. Christian Höppner.

BdV-Archiv (2); Noelke (1)

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DOD 06/2014 17Kultur

Franz-Werfel-Preis an Rick OstermannRegisseur der „Wolfskinder“ mit Menschrechtspreis ausgezeichnetDer Regisseur und Drehbuchautor Rick Ostermann hat den diesjähri-gen Franz-Werfel-Menschenrechts-preis der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen erhalten. Ostermann wurde am 2. November in der Frank-furter Paulskirche für seinen Spiel-film „Wolfskinder“ ausgezeichnet.

Der Film zeigt das Schicksal der soge-nannten Wolfskinder. Diese hatten

in den Wirren zum Ende des Zweiten Weltkrieges ihre Familien verloren und mussten ohne Fürsorge vor der heranrü-ckenden Roten Armee fliehen. Dem 1978 geborenen Ostermann gelinge es in seinem Drama, das Schicksal dieser Kinder beeindruckend darzustellen, sag-te die Vorsitzende der Stiftung, Erika Steinbach MdB, bei der Preisverleihung. Gewalt und Tod, aber auch Freundschaft und Zusammenhalt zeige er vor der gewaltigen Kulisse der nahezu unbe-rührten Natur Ostpreußens und Litau-ens. „Mit dem diesjährigen Preisträger ehren wir einen Mann, der sich des Schicksals von Kindern angenommen hat. Es sind Kinderschicksale aus der Mitte des 20. Jahrhunderts.

Anrührend, feinfühlig und gleicherma-ßen ausdrucksstark thematisiert dieser Film das erschütternde Schicksal dieser Kinder. In den Wirren zum Ende des Zweiten Weltkrieges verloren tausende Kinder ihre Eltern und Familien. Ent-wurzelt und ohne jegliche Fürsorge

mussten sie vor der heranrückenden Roten Armee fliehen. Auf sich allein gestellt wurden ihnen Entscheidungen abverlangt, die niemals ein Kind sollte treffen müssen. Der tägliche Überlebens-kampf raubte ihnen die Kindheit.

Mit der diesjährigen Preisverleihung macht die Jury auf die ungebrochene Aktualität dieser außergewöhnlichen, doch tausendfach erlittenen Geschichte aufmerksam: auf die Schicksale von Kin-dern in den weltweiten Kriegsgebieten. Es sind die Kleinsten, die oftmals das größte Leid – Flucht, Vertreibung, Ent-wurzelung – für sich alleine zu ertragen haben.“

Der Präsident des Europäischen Parla-ments a.D., Prof. Dr. Klaus Hänsch, der aus dem schlesischen Sprottau stammt, begründete die Auswahl der Jury mit beeindruckenden Worten. „Es ist ein Film, der mit verstörender Lakonie zeigt, wie die Abwesenheit von jederlei Rechts das elementarste aller Menschenrechte zuschanden macht: Das Recht auf

Franz-Werfel-MenschenrechtspreisDer Preis ist benannt nach dem großen Schriftsteller Franz Werfel (1890- 1945), der mit seinem Roman „Die 40 Tage des Musa Dagh“ die Vertreibung der Armenier aus der Türkei und den Genozid an den Armeniern eindringlich, wirkungsvoll und mit großer künstlerischer Gestaltungskraft dargestellt hat.

Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis soll an Einzelpersonen, gelegentlich aber auch an Initiativen oder Gruppen verliehen werden, die sich gegen die Ver-letzung von Menschenrechten durch Völkermord, Vertreibung und die bewusste Zerstörung nationaler, ethnischer, rassischer oder religiöser Gruppen gewandt haben. Wer in diesem Sinne beispielgebende politische, künstlerische, philosophi-sche oder praktische Leistungen erbracht hat, kann mit diesem Preis geehrt werden. Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis ist mit 10.000 EURO dotiert. Er wird alle zwei Jahre in der Frankfurter Paulskirche verliehen.

INFO

V.l.n.r.: Laudator Prof. Dr. Klaus Hänsch, Präsident des Europäischen Parlaments a.D., der Preisträger Rick Ostermann und die Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibun-gen Erika Steinbach MdB.

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Leben. Und der zugleich zeigt, wie die Kinder für sich und ihresgleichen Verant-wortung übernehmen. Wie sie einander helfen, tragen und trösten. Wie sie das Wenige, das sie zum Überleben finden, miteinander teilen. Die Wolfskinder sind ihrer Menschenrechte beraubt, aber sie bewahren ihre menschliche Würde.“

Der Film erzwingt Assoziationen

Besonders deutlich hob der Laudator die aktuellen Bezüge des Films hervor. „Rick Ostermanns berührender und im Wortsinne hoffentlich „bewegender“ Film erlaubt, nein, erzwingt Assoziatio-nen mit dem Schicksal der Millionen flüchtenden und verfolgten Menschen in der Nachbarschaft Europas. Die Wolfs-kinder von heute heißen ‚unbegleitete Kinder‘.“ Weltweit, so Hänsch, seien wohl mehr als 20.000 dieser Kinder unterwegs. Daraus seien auch konkrete Forderungen abzuleiten: „Den Flüchtlin-gen (unserer Tage) eine würdige Aufnah-me zu gewährleisten und ihnen schnel-ler als bisher den Zugang zum Arbeits-markt zu öffnen. Das nenne ich einen würdigen Umgang mit unseren eigenen Erinnerungen an Flucht und Vertrei-bung. Rick Ostermann erinnert an das Schicksal von Kindern am Rande der großen europäischen Vertreibungsge-schichte des vorigen Jahrhunderts, ein Schicksal das fast dem Vergessen anheim-gefallen war. Für diese Erinnerung dan-

BdV-Archiv (1); Noelke (1); Göllner (1)

Im festlichen Ambiente der Frankfurter Paulskirche wird der Franz-Werfel-Menschen-rechtspreis alle zwei Jahre verliehen.

ken wir Rick Ostermann heute mit dem Franz-Werfel-Menschenrechtspreis.“

25 Millionen Kinder sind auf der Flucht

Rick Ostermann bezog in seinen Dank ausdrücklich auch die Wolfskinder mit ein. Er nehme den Preis stellvertretend für alle Wolfskinder entgegen. Auch er erinnerte an die aktuellen Vertreibungs- und Flüchtlingstragödien seit dem Zwei-ten Weltkrieg, an die Zahl der Flüchtlin-ge von zur Zeit weltweit über 50 Millio-nen Menschen, von denen die Hälfte Kinder seien. „Diese Kinder, die zum Teil Waisenkinder sind, sind Kinder die ent-wurzelt wurden und deren politische Gesinnung nicht relevant ist, wenn sie versuchen zu überleben. Und genau des-wegen sind die Hauptdarsteller in mei-nem Film und all die vielen tausende Wolfskinder auf der Welt keine Täter. Sie sind keine Täter die zu Opfern geschminkt wurden – es sind einfach nur Kinder.“

Ostermann machte klar, dass man schon als Kind Wurzeln schlagen und sich eine eigene Identität aufbauen solle. Dafür brauche es ein Zuhause und eine Familie. Das sei ein Recht, für das wir uns stark machen sollten – losgelöst von jeglicher Instrumentalisierung.

Die Preisverleihung an den 36-jähri-gen Rick Ostermann machte auf beklem-mende Art und Weise deutlich, wie

aktuell und wie nah der Themenkom-plex „Flucht und Vertreibung“ auch heu-te ist. Die Stiftungsvorsitzende Erika Steinbach sprach es deutlich aus: „Ver-treibung ist keine Vokabel von gestern.“ Aber die Vertriebenen aus dem letzten Jahrhundert nehmen Anteil am Schick-sal der Vertriebenen heute und weltweit. „Wir vergraben uns nicht im eigenen Schicksal, sondern nehmen Anteil dar-an, was Vertriebenen heute weltweit widerfährt.“

Entnationalsierung der Opfer

Auch darum sind Filme wie die „Wolfskin-der“ unverzichtbar, die ohne mahnen-den Zeigefinger, ohne Urteil Schicksale wahrhaftig darstellen. „Rick Ostermanns Film entnationalisiert auf eine stille und gerade deshalb so eindringliche Weise die Angst und das Leid der Opfer, gleich welcher Verfolgung oder Vertreibung. Kunst kann Flucht und Vertreibung, Opfer und Täter, Schuld und Vergebung entnationalisieren, Erinnerung kann es nicht.“ So drückte Laudator Prof. Dr. Klaus Hänsch es aus. Es gehe um den Respekt vor den Opfern, um den glei-chen Respekt allen Opfern gegenüber. Mit der diesjährigen Veranstaltung zur Verleihung des Franz-Werfel-Menschen-rechtspreises ist allen Opfern von Flucht und Vertreibung Respekt erwiesen wor-den.

(DOD)

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DOD 06/2014 19Kultur

Nach 40 Jahren: Ehre, wem Ehre gebührt …Gedenkveranstaltung zum 40-jährigen Jubiläum der Kulturstiftung

Am 12. Juni 1974 wurde die Kultur-stiftung der deutschen Vertriebe-nen in Stuttgart auf Initiative von Dr. Herbert Czaja, Präsident des Bundes der Vertriebenen, und Dr. Karl Mocker, Staatssekretär im Innenministerium des Landes Baden-Württemberg, gegründet. Dieses historische Ereignis nahmen die Stiftungsvertreter und zahlrei-che Gäste zum Anlass, um im Rah-men einer Gedenkveranstaltung im Universitätsclub von Bonn Meilen-steine der Geschichte Revue passie-ren zu lassen.

Der Vorstandsvorsitzende Hans-Gün-ter Parplies eröffnete den von Edith

und Hedwig Czaja – den Enkeltöchtern des Gründungsvaters Dr. Herbert Czaja – musikalisch begleiteten Jubiläumsakt mit einem Grußwort. Parplies erwähnte das „unsichtbare Fluchtgepäck“ der Ver-triebenen, das nach wie vor im Mittel-punkt der 40-jährigen Tätigkeit der Kul-turstiftung der deutschen Vertriebenen stand und steht. Eine Hauptaufgabe sei, dieses Erbe zu bewahren und weiterzu-entwickeln. Es gehe dabei – so der Red-ner – allerdings nicht um eine Sonder-kultur, sondern vielmehr um die Kultur ganz Deutschlands, an der Ostdeutsch-land einen beachtlichen Anteil habe.

Dass das Wirken der Kulturstiftung mit der Geschäftsstelle in Bonn hohe Wertschätzung genießt, zeigte auch die große Anzahl der hochrangigen Vertreter von Bund, Ländern, Kommune sowie vom konsularischen Korps, von Verbän-den, Kirchen, der Wissenschaft und Part-nerinstitutionen, die an der Feierstunde teilnahmen. Für die Beauftragte der Bun-desregierung für Kultur und Medien (BKM) kam Ministerialrat Dr. Thomas Lindner, für das Land Baden-Württem-berg die Leitende Ministerialrätin Dr. Christiane Meis sowie für das Land

Nordrhein-Westfalen der Landtagsabge-ordnete Werner Jostmeier, die Abgeord-nete Ingola Schmitz und für die Landes-regierung der Ministerialdirigent im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport Klaus Bösche. Die Bun-desstadt Bonn war durch den Ersten Bürgermeister Reinhard Limbach vertre-ten. Von Seiten der kirchlichen Instituti-onen waren Monsignore Dr. Alexander Hoffmann, Leiter der Bonner Seelsorge-stelle für die katholischen Russlanddeut-schen, und Monsignore Dr. Michael Kahle, Leiter des Collegium Albertinum in Bonn, anwesend.

Es war eine bewegte Zeit …

Der Festredner Hartmut Koschyk MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Min-derheiten, betonte: „Die Gründung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebe-nen im Jahre 1974 fiel in eine deutsch-landpolitisch bewegte Zeit. In dieser Zeit

waren die Bemühungen des Präsidiums des Bundes der Vertriebenen für die Gründung einer Stiftung für ostdeutsche Kulturarbeit nicht zuletzt auch dadurch motiviert, dass seine Kulturarbeit aus den emotionalen Auseinandersetzungen um die ‚Ostverträge‘ herausgehalten werden sollte. Vielmehr sollten über eine attraktive und moderne wissen-schaftliche Kulturarbeit Angebote für weiteste Teile der deutschen Öffentlich-keit geschaffen werden.“

Auch wenn sich die Kulturstiftung in den Anfangsjahren vorrangig den Doku-mentationen und Veranstaltungen zum staats- und völkerrechtlichen Status der DDR und der Ostgebiete widmete, dehnte sich die Arbeit bald auch auf geis-teswissenschaftliche Disziplinen aus. Man schuf – so Koschyk – bedeutende, bis heute wirksame Vorarbeiten für ein europäisches Minderheiten- und Volks-gruppenrecht. „Vor dem Hintergrund dieser erfolgreichen und fruchtbaren Arbeit war die Entscheidung der damali-gen Bundesregierung, 1999 und 2000

Voll besetzt war der Saal des Universitätsclubs Bonn bei der Gedenkveranstaltung der Kulturstiftung.

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die institutionelle Förderung aus dem Bundeshaushalt erst drastisch zu kürzen und dann ganz zu streichen, nach mei-ner Einschätzung nicht sachgerecht“, erklärte Koschyk. Der Redner fügte hin-zu, dass die Leistungsbilanz der Stiftung seit jener Krisenzeit umso bemerkens-werter sei. Zwar sei ein Wiederaufleben institutioneller Förderung allenfalls in einem schwierigen parlamentarischen Verfahren zu erreichen, doch ermunter-te der Redner die Stiftung zu verstärkter Vernetzung mit Kooperationspartnern.

Koschyk überbrachte Glückwünsche der Bundeskanzlerin Angela Merkel und zitierte aus deren jüngster vertriebenen-politischer Grundsatzrede zum Tag der Heimat 2014 wie folgt: „Auch Deut-sche, die keine familiären Wurzeln öst-lich der Oder haben, sollten wissen, dass Breslau, Königsberg und Stettin einmal deutsche Städte waren, dass die Ost-preußen Johann Gottfried Herder, Imma-nuel Kant und Käthe Kollwitz das deut-sche Kultur- und Geistesleben ebenso geprägt haben wie der Schlesier Gerhart Hauptmann oder der in Prag geborene Rainer Maria Rilke und dass die Sieben-bürger Sachsen oder die Russlanddeut-schen ihre eigene Kultur und ihr eigenes Brauchtum haben wie die Bayern, Sach-sen oder Württemberger. Dieses Erbe ist nicht wegzudenken. Es ist ein Teil unse-rer kulturellen Identität in Deutschland und darüber hinaus in ganz Europa.“

Dr. Christiane Meis, aus dem Stuttgar-ter Innenministerium, verwies in ihrer Ansprache auf die engen Verbindungen der Stiftung zum Land Baden-Württem-berg und seiner Landeshauptstadt. Seit der Gründung habe die Kulturstiftung, so Dr. Meis, zahlreiche wissenschaftliche

Podiumsdiskussion im Universitätsclub (v.l.n.r.): Prof. Dr. Tilman Mayer aus Bonn, der Staats- und Völkerrechtler Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gilbert H. Gornig aus Marburg, der Kunst-historiker und Denkmalpfleger Dr. Kazimierz Pospieszny aus Marienburg/Malbork sowie der Literaturwissenschaftler und Publizist Prof. Dr. Karol Sauerland.

Veranstaltungen in Stuttgart durchge-führt, die auch in Zeiten knapper Haus-haltsmittel von der Landesregierung ins-titutionell gefördert wurden. Die Redne-rin betonte, dass die Kulturstiftung die neuen Perspektiven nach dem Fall des Eisernen Vorhangs positiv genutzt und moderne Medien erfolgreich in die Arbeit miteinbezogen habe. Auch das gemeinsam mit der Stiftung deutsche Kultur im östlichen Europa (OKR) geschaffene „Kulturportal West-Ost“ gilt als „Fundgrube“ für alle an den Schätzen des ostdeutschen Kulturerbes Interes-sierten.

Bürgermeister Reinhard Limbach würdigte die in 40 Jahren geleistete Arbeit der Stiftung, die im Sinne der Bewahrung des Kulturerbes der Heimat-vertriebenen durchgeführt wurde. So konnte kulturelle Identität geschaffen werden, die nicht Abgrenzung, sondern Gewinn für die gesamte Gesellschaft bedeute.

Abschließend hob Dr. Barbara-Drufar Loeffke, Vorstandsmitglied der Kulturstif-tung der deutschen Vertriebenen, insbe-sondere die Bedeutung der grenzüber-schreitenden Aufarbeitung des ostdeut-schen Kulturerbes hervor.

Kulturerbe dies- und jenseits der Grenzen

Seit 1990 widmet sich die Kulturstif-tung der deutschen Vertriebenen ver-stärkt dem Austausch mit wissenschaftli-chen Einrichtungen in den Staaten Mit-tel-, Ost- und Südosteuropas. Die facet-tenreichen Aufgaben und Projekte wer-den in enger Zusammenarbeit mit uni-

versitären Einrichtungen, Institutionen und Wissenschaftlern in Deutschland sowie in Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, den baltischen Staaten und weiteren Ländern des östlichen Europa realisiert. Verständlich, dass bei der Podi-umsdiskussion im Rahmen der Jubilä-umsveranstaltung auch Perspektiven der wissenschaftlichen Aufarbeitung des ost-deutschen Kulturerbes dies- und jenseits der Grenzen im Fokus standen. Der Publizist Dr. Jörg Bernhard Bilke aus Coburg moderierte die Runde, an der sich der Politikwissenschaftler und His-toriker Prof. Dr. Tilman Mayer aus Bonn, der Staats- und Völkerrechtler Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gilbert H. Gornig aus Mar-burg, der Kunsthistoriker und Denkmal-pfleger Dr. Kazimierz Pospieszny aus Marienburg/Malbork sowie der Litera-turwissenschaftler und Publizist Prof.

Dr. Karol Sauerland aus Warschau beteiligten.

Eine interessante These vertrat u.a. Prof. Mayer, der betonte, dass das ost-deutsche Kulturerbe mit all seinen erfreulichen und unerfreulichen Seiten anzunehmen sei und selbstverständlich zum gesamtdeutschen Erbe gehöre.

Prof. Sauerland wiederum erkannte im Bereich der Literatur hoffnungsvolle Anzeichen dafür, dass sich die Autoren zunehmend der Herkunft aus dem Osten zuwenden. Die wissenschaftliche Aufarbeitung – wie beispielsweise auch jene der Kulturstiftung – könne sogar als Vorbild für die Beschäftigung Polens mit der Kultur seiner ehemaligen Ostgebiete dienen.

Dieter Göllner

Hartmut Koschyk (l.), Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, und Hans-Günther Parplies, Vorstandsvorsitzender der Kultur-stiftung.

Göllner (2)

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Wer heute durch das 1990 vereinig-te Restdeutschland fährt, findet noch immer ostdeutsche Spuren, sofern er sie erkennt. Auf der Auto-bahn beispielsweise zwischen Kob-lenz und Bonn gibt es im Wester-wald den Rastplatz „Landsberg an der Warthe“, womit viele Deutsche heute vermutlich nichts anfangen können. Gemeint ist die einst preu-ßische Kreisstadt Landsberg an der Warthe in Ostbrandenburg, in der die DDR-Schriftstellerin Christa Wolf (1929-2011) geboren wurde. Im Internet findet man über diesen Rastplatz, der als „Stück westdeut-scher Erinnerungskultur an die ehe-mals deutschen Ostgebiete“ bezeichnet wird, fast sieben Seiten Information.

Seit März 1990 bin ich jährlich im März zur Leipziger Buchmesse

gefahren, bis 2012. Obwohl ich davon ausgegangen war, dass die Flut der Erin-nerungsliteratur an Ostdeutschland mit der Jahrtausendwende abnimmt, gibt es immer noch jedes Jahr bis zu zwei Dut-zend Buchtitel, die von Ostdeutschland sprechen. So ist in diesem Herbst Freya Kliers Buch „Wir letzten Kinder Ost-preußens. Zeugen einer vergessenen Generation“ (448 Seiten) erschienen, obwohl die Autorin 1950 in Dresden geboren wurde, das historische Ost-deutschland also nicht mehr aus eigener Anschauung kennt und auch keine ver-wandtschaftlichen Beziehungen dorthin hat.

Ich erkläre mir das damit, dass der Ver-lust Ostdeutschlands 1945 ein derart tie-fer Einschnitt in die deutsche Geschichte war, dass immer noch Trauerarbeit geleistet wird, obwohl die überwiegende Mehrzahl der Deutschen bis heute nicht begriffen hat, was da verloren gegangen ist. Erinnert sei hier an Louis F. Helbigs

Buch „Der ungeheure Verlust. Flucht und Vertreibung in der deutschsprachi-gen Belletristik der Nachkriegszeit“ (ers-te Auflage 1988). Louis H. Helbig, ein 1935 in Liegnitz geborener Schlesier, war Germanistikprofessor an zwei ame-rikanischen Universitäten und lebt heute in Südfrankreich im Ruhestand. Der Titel des Buches stammt aus Max Frischs „Tagebuch 1946-1949“ (1950). Der Schweizer Autor war 1948 nach Breslau eingeladen worden und empfand die Abtrennung Schlesiens als „ungeheuren Verlust“. Fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs empfinden auch wir die Loslösung Ostpreußens, Hinterpom-merns, Ost-Brandenburgs und Schlesi-ens noch immer als „ungeheuren Ver-lust“. Es geht schließlich um ein Viertel des damaligen Reichsgebiets mit Kultur-schätzen wie Schlössern und Kirchen, die nicht mitgenommen werden konn-ten, und um das „unsichtbare Fluchtge-päck“, um das Bewusstsein, Ostdeut-scher zu sein und Träger eines unver-zichtbaren Teils deutscher Kultur.

Wie eng beispielsweise die Geschichte Ostdeutschlands mit dem heutigen Deutschland vom 3. Oktober 1990 ver-flochten ist, sieht man am Leben des mecklenburgischen Schriftstellers Fritz Reuter aus Stavenhagen. Er studierte 1833 in Jena und wurde auf der Heim-fahrt in Berlin, der Hauptstadt des König-reichs Preußen, wegen demagogischer Umtriebe verhaftet und zu dreißig Jah-ren Festungshaft verurteilt. Er wurde zuerst in der schlesischen Festung Silber-berg interniert, dann auf den Festungen Groß Glogau/Schlesien und Graudenz/Westpreußen.

Die deutsche Barockdichtung wäre ohne die schlesische, die heute zuneh-mend von polnischen Germanisten erforscht wird, undenkbar. Außerhalb Schlesiens gibt es eigentlich nur drei Barockautoren von Bedeutung: Simon Dach (1605-1659) aus Ostpreußen, den

Autor des Liebesliedes „Ännchen von Tharau“ (1636), den Kirchenliederdich-ter Paul Gerhardt (1607-1676) aus Sach-sen und den Erzähler Hans Jakob Chri-stoffel von Grimmelshausen (1622-1676) aus Hessen, den Verfasser des Romans „Der abenteuerliche Simplicissi-mus“ (1668/69). In Schlesien dagegen gibt es ein Dutzend überragender Barockdichter, allen voran Andreas Gry-phius (1616-1664). Das gleiche Diktum gilt für die deutsche Philosophie des 18. Jahrhunderts: Was wäre sie ohne die drei Kritiken des Königsbergers Immanu-el Kant (1724-1804)? Wer weiß noch, dass Lessing (1729-1781) mitten im Sie-benjährigen Krieg (1756-1763) als Sekretär des aus Pommern stammenden Generals Friedrich Bogislav von Tauent-zien (1710-1791) fünf Jahre (1760/65) in Breslau lebte? Darf man vergessen, dass Goethe nicht nur 1786/88 eine ita-lienische, sondern von Juli bis September 1790 auch eine schlesische Reise unter-nommen hat?

Siebzig Jahre nach Kriegsende laufen wir Deutschen Gefahr, dass uns die Deu-tungshoheit über das ostdeutsche Kul-turerbe abhandenkommt. Es gibt Ten-denzen, die deutsche Literaturgeschich-te beispielsweise auf die Grenzen der heutigen Bundesrepublik Deutschland einzuschränken. Das betrifft nicht nur die gegenwärtige Literatur, sondern ist auch rückwirkend gemeint. Das heißt: Der „Königsberger Dichterkreis“ des 18. Jahrhunderts kommt nicht mehr vor, bei Johann Gottfried Herder (1744-1803) werden nur noch die Jahre in Eutin, Bückeburg und Weimar behandelt, bei Gerhart Hauptmann (1862-1946) nur noch die Jahre in Erkner bei Berlin bis zum Umzug 1901 nach Agnetendorf in Schlesien. Die schlesischen Jahre wer-den ignoriert. Dem müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegenwirken!

Jörg Bernhard Bilke

Spuren Ostdeutschlands im vereinigten DeutschlandBeobachtungen fast 70 Jahre nach Kriegsende

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Ost-Oberschlesien auch von der LWW betreut. Ihr bekanntester Vertreter war der Bundessprecher Dr. Gustav Klusak, aus Österreichisch-Schlesien stammend.

Elfriede Eichelkraut vervollständigt ihre Darstellung über „Deutsche Lehrer im Dobriner Land“ aus dem vorigen Jahrbuch um den Kreis Rypin.

Da die Geschichte der jüdischen Mit-bewohner der Deutschen aus den polni-schen Teilungsgebieten oft zu kurz kommt, obwohl diese zumeist aus polni-

scher und russischer Sicht als Teil der deutschen Geschichte gesehen werden, greift Dr. Sprungala eine Arbeit von Prof. Dr. Hubert Koufen auf, in der dieser das Schicksal seiner jüdischen Mitbewohner von einst aufzuklären suchte. In „Die tragische Geschichte der Fraustädter jüdischen Gemeinde“ wird ihre schwie-rige Vergangenheit dargestellt, die immer schon die einer unerwünschten Grup-pierung war und die bereits kurz nach der sogenannte Reichskristallnacht ende-te. Martin Sprungala

Wegen des Themenschwerpunkts zeigt das Titelbild des Jahrbuchs

eine Ansichtspostkarte von Posen aus der Zeit des Erster Weltkriegs. Auch das Kalendarium nimmt sich des Titelthe-mas an und zeigt auf den Monatsseiten weitere Propagandapostkarten und dokumentarische Fotos. In einem geson-derten Text zu den Vignetten stellt Dr. Martin Sprungala die Hintergründe dar.

Das obligatorische geistliche Wort schrieb der diesjährige Kulturpreisträger Altbischof Dr. Johannes Laun-hardt zum Titelthe-ma. Der Ehren-sprecher Karl Bau-er erinnert in sei-nem Nachruf an seinen langjäh-rigen Mitarbeiter, den verstorbenen Bundesschatzmeister und langjährigen Vorsitzenden des LWW-Landesverban-des Hessen, Harry Petzold.

Statt des seit Jahren üblichen Rück-blicks auf die Zeit vor 100 Jahren als Auszug „Aus den Posener Heimatgrü-ßen“ seines Großvaters Superintendent Arthur Rhode zitiert Götz Urban aus „Arthur Rhodes Erinnerungen an die Kriegszeit in der Provinz Posen 1914-1920“, denn die folgenden Jahrgänge seiner Heimatgrüße gelten als verschol-len. Mit diesem Beitrag steigt das Jahr-buch erneut in das Titelthema ein.

Weichsel-Warthe-Jahr-buch 2015 erschienen61. Jahrbuch bearbeitet den Schwerpunkt „Erster Weltkrieg“

Den einleitenden Hauptvortrag bei der Bundeskulturtagung 2014 hielt Dr. Wolf-gang Kessler mit „Der Erste Weltkrieg und die Deutschen in Polen“, der hier abgedruckt wurde. Auch der Germanist Prof. Dr. Roman Dziergwa aus Posen beschäftigt sich mit den beiden vorherge-nannten Themen in „Arthur Rhode und der Beginn des Ersten Weltkriegs im Süden der Provinz Posen“. Rhode ist deshalb stets so stark vertreten, weil er in jener Zeit sehr viel zu Papier gebracht hat und damit als einer der wenigen Zeit-zeugen und Chronisten gilt.

Eine der Folgen des Ersten Weltkriegs beschreibt Günther Raatz in „Die Posener Grenzschutzkämpfe 1918/20“ am Beispiel seiner Heimatregion im Kreis Hohensalza.

Harald Schäfer zeigt in seinem Artikel „Auf Posener Spuren im heutigen Ber-lin“ auf, wie viele Spuren Posener Per-sönlichkeiten im Berliner Stadtbild hin-terlassen haben – ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit, dazu ist die Posener Geschichte noch viel zu unvollständig erforscht.

Einem sehr traurigen Kapitel deut-scher und Posener Geschichte widmet sich Klaus Steinkamp in „Gertrud Kol-mar – 1943 in Auschwitz umgebracht“. Die aus Kolmar i. P. (Chodzież) stam-mende jüdische Schriftstellerin wurde – wie so viele – Opfer des brutalen Rassen-wahns der Nationalsozialisten, deren Aufstieg zur Macht eine weitere bittere Folge des Ersten Weltkriegs war.

Der zweite Beitrag von Prof. Dziergwa stellt eine Ausnahme im Jahrbuch dar, eine Rezension. Als Sprachwissenschaft-ler weiß er um die Bedeutung der Litera-tur über das gegenseitige Denken und er stellt das Buch von Kornelia Ćwiklak vor, die einen Vergleich der deutschen und polnischen Literatur über das nach dem Ersten Weltkrieg auch politisch nochmals zweigeteilte Oberschlesien verfasst hat – in früheren Jahren wurde

BezugDer Bezugspreis beträgt für das Einzelexemplar 10,50 €.Landsmannschaft Weichsel-Warthe, Bundesverband e.V., 65185 Wies-baden, Friedrichstr. 35 III., Tel. 0611/379787

INFO

LM Weichsel-Warthe (1)

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ratur, der bildenden Kunst oder der Musik aufweisen.

Nach der Selbstbefreiung Polens vom Kommunismus hat Niedersachsen die Zielsetzung des Kulturpreises neu ausge-richtet: Ausgehend vom Gedanken der Verständigung und Aussöhnung zwi-schen Deutschen und Polen sollte die Preisverleihung zur gemeinsamen Pflege und Weiterentwicklung des Kulturgutes Schlesiens und des Kulturschaffens der in der Region beheimateten Menschen beitragen. Seit 1991 können deshalb auch polnische Künstlerinnen und Künstler, die in Schlesien wohnen, mit dem Preis ausgezeichnet werden.

Eine „echte Erfolgs- geschichte“

Beim Festakt, an dem neben Polen auch 250 aus Deutschland angereiste Gäste teilnahmen, nannte Niedersach-sens Innenminister Boris Pistorius den Kulturpreis „eine echte Erfolgsgeschich-te.“ Er stehe nicht nur für die Erinne-rung, an das, was gewesen sei, sondern zeige auch, „was Deutsche und Polen verbindet und wie sich Völker unterein-ander verständigen können.“ Darüber

Seit 1977 wird der Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersach-sen verliehen. In diesem Jahr gingen die Hauptpreise an Professor Nor-bert Heisig, Präsident der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Univer-sität Breslau, und an die ebenfalls in der Oderstadt lebende polnische Journalistin und Buchautorin Beata Maciejewska. Einen Sonderpreis erhielt die Erika-Simon-Stiftung aus Rinteln. Die Auszeichnungen wurden am 13. September bei einem Festakt in der Breslauer Aula Leo-poldina übergeben.

Als die Landesregierung Niedersach-sen vor 37 Jahren den Kulturpreis

stiftete, wollte sie ein Zeichen der Ver-bundenheit mit den vielen Schlesierin-nen und Schlesiern setzen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihrer Heimat beraubt worden waren, in Niedersachsen Auf-nahme gefunden und wesentlich zum Aufbau des Landes beigetragen hatten. Gewürdigt werden sollten aus Schlesien stammende oder mit Schlesien verbun-dene Künstler, Wissenschaftler und andere Persönlichkeiten, die hervorra-gende Arbeiten auf dem Gebiet der Lite-

Im Geiste der Versöhnung

Kulturpreis Schlesien in Breslau verliehen

hinaus mache der Preis deutlich, „dass Kultur und Werte nicht an Staatsgrenzen enden.“ Pistorius, dessen Großmutter aus Breslau stammt, verwies auf die seit 20 Jahren bestehende Partnerschaft zwi-schen Niedersachsen und Niederschlesi-en und betonte, aus Partnern seien inzwischen wahre Freunde geworden.

Der aus Breslau stammende frühere niedersächsische Landtagspräsident Horst Milde würdigte den ebenfalls in Breslau geborenen Arzt und Ehrensena-tor der Universität Breslau, Norbert Hei-sig, als eine Persönlichkeit, „die unver-rückbare Meilensteine“ in der deutsch-polnischen Aussöhnung gesetzt habe. „Sie gehören zu den vielen, die – wie ich auch – nicht an dieser Universität studie-ren konnten, weil sie vertrieben wur-den“, sagte Milde. „Aber Sie haben nie vergessen, woher Sie gekommen sind. Sie stehen stellvertretend für alle die Hei-matvertriebenen, die in einer für Dritte kaum verstehbaren Sehnsucht nach dem Verlorenen alles geben, um es dennoch zu bewahren.“

Nach der Beendigung seiner berufli-chen Tätigkeit als Klinikchef in Reinbek bei Hamburg im Jahre 2000 verspürte der 1933 geborene Heisig nach eigenen Angaben den Wunsch, „in meine Vater-stadt Breslau zurückzukehren und eine Form zu suchen, mit den Angehörigen der heutigen polnischen Universität in Wrocław unter dem geistigen Dach eines geeinten Europa zusammenzuar-beiten.“ Auf seine Initiative wurde am 12. Mai 2001 im Senatssaal der traditi-onsreichen Breslauer Bildungsstätte die Deutsch-Polnische Gesellschaft der Uni-versität gegründet, die er bis heute als Präsident gemeinsam mit dem paritä-tisch aus Deutschen und Polen besetz-ten Vorstand leitet. Die Gesellschaft hat knapp 500 Mitglieder und ist die größte ihrer Art an einer polnischen Universität.

Zu den zahlreichen materiellen Förde-rungen der Gesellschaft, die sich auf eine

Kulturpreis SchlesienDer Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen wird seit 1977 verliehen. In Niedersachsen hatten besonders viele deutsche Schlesierinnen und Schlesier, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verlassen mussten, Aufnahme gefunden und wesentlich zum Wiederaufbau des Landes beigetragen.

Seit 1991 hat sich die Niedersächsische Landesregierung, getragen von dem Gedanken der Verständigung und Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen, das geänderte Ziel gesetzt, mit der Verleihung des Kulturpreises Schlesien zur gemeinsamen Pflege und Weiterentwicklung des Kulturgutes Schlesiens und des Kulturschaffens der Schlesierinnen und Schlesier beizutragen. Der Kulturpreis Schlesien besteht aus zwei gleichwertigen Preisen, die mit je 4.000,- € dotiert sind.

INFO

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ner Breslaus und Niederschlesiens, schrieb unentwegt Artikel über die Geschichte der Stadt, unterbreitete der Stadtverwaltung Sanierungsvorschläge und organisierte Stadtspaziergänge für Einheimische und Touristen. Ihre zahl-reichen Bücher dienen vielen Polen als Stadtführer. Über ihr Selbstverständnis sagt sie: „Ich bin eine Polin aus Breslau und die deutsche Vergangenheit ist ein Teil meiner Identität. Ich sehe mich als ein Glied der Generationskette. Das was ich von meinen Vorfahren übernahm, bin ich verpflichtet, an die Enkel weiter zu geben.“

Viele kostbare Werke zurück-gewonnen

Und über ihre Arbeitsweise: „Wohn-gebäude, Kirchen und Fabriken sind wie Schallplatten oder Tonbänder – ein Medium, das Geschichten erzählen kann. Meine Aufgabe ist es, das beste Abspielgerät zu finden, um die Erzäh-lung ertönen zu lassen. Damit Men-schen, die diese Stadt vor Jahrhunderten oder vor Jahrzehnten gestaltet haben, jenen begegnen können, die sie heute bewohnen.“

Beata Meciejewska scheute sich nicht, sich mit der Zentralregierung in War-schau anzulegen. Sie organisierte die Presseaktion „Gebt uns zurück, was uns gehört“. Dabei ging es um historische Kunstwerke, die nach 1945 aus Nieder-schlesien in die Warschauer Museen und Kirchen überführt worden waren. Die Forderung nach Rückgabe der wich-tigsten, für Breslau symbolträchtigen Kunstwerke löste in der polnischen Öffentlichkeit eine heftige Reaktion aus. Sie führte letztlich dazu, dass – wie der Laudator betonte – „viele kostbare Kunstdenkmäler zurückgewonnen wer-den konnten.“ Die Aktion stieß auch in Deutschland auf Interesse. Eines Tages erhielt Beata Maciejewska einen Anruf von einer Frau mit dem Vornamen Inge-borg aus der Bundesrepublik, die ihr die Übergabe eines aus dem 17. Jahrhundert stammenden Buches ankündigte, das vor dem Krieg der Stadtbücherei Breslau gehörte. „Es wurde in Breslau gedruckt und gehört zu Breslau“, sagte die Frau. Kommentar der Preisträgerin: „So ist es eben – da uns die schlesische Kultur wichtig ist, gehören wir zusammen.“

Peter Pragal

großzügige deutsche Sponsorenschaft stützen kann, zählt unter anderen die Restaurierung des barocken Kaiserpor-tals der Universität, die Sanierung des barocken Universitätsmuseums, die Wiederherstellung des nach dem Krieg zerstörten Bronzedenkmals von Joseph Freiherr von Eichendorff und dessen Aufstellung im Botanischen Garten sowie die Rekonstruktion der barocken Deckenfresken im Oratorium Marianum der Universität (DOD 03/2014).

Erika-Simon-Stiftung

Liebe zur Heimat bestimmte auch das Wirken von Gerhard Simon. 1914 in Görbersdorf bei Waldenburg geboren, übte er zunächst den Beruf eines Müller-meisters aus. Nach dem Krieg schuf er im niedersächsischen Rinteln die Schlesi-sche Glashütte und Glasschleiferei, einen innovativen mittelständischen Betrieb, den er gegen Ende seiner beruf-lichen Tätigkeit verkaufte. Mit dem größten Teil des Erlöses gründete er 1993 die nach seiner verstorbenen Frau benannte Erika-Simon-Stiftung. Als Stif-tungszweck legte er fest, „das deutsche Kulturerbe in Schlesien für die deut-schen und polnischen Schlesier zu bewahren und dadurch einen Beitrag zur Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen für eine friedliche, gemeinsa-me Zukunft in Europa zu leisten.“

Professor Michael Pietsch von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz nannte Simon in seiner Laudatio einen Kulturpraktiker, der seiner schlesischen Heimat so verbunden gewesen sei, „dass er eigentlich sein gesamtes Lebenswerk eingebracht hat, um die kulturellen Leis-tungen unserer Vorfahren für die jetzige und die zukünftigen Generationen zu erhalten.“ Nach dem Tod von Walter Simon im Jahr 2008 hat seine zweite Frau Waltraud Simon den Vorsitz der Stiftung übernommen und die Arbeit ihres Mannes fortgeführt. Die Liste der von der Stiftung finanzierten und mitfi-nanzierten Projekte ist lang. Zu den wichtigsten zählen: die Errichtung und Ausstattung der Schatzkammer im Glo-ckenturm der St. Jakobus-Kirche in Nei-ße, die Restaurierung von Dach und Altar der Erlöserkirche in Bad Warm-brunn, die Sanierung des Daches der Frauenkirche in Lauban, von Taufkapel-le, Altar, Kanzel und Glocke der Frie-

denskirche in Jauer, der Kauf von Prunk-pokalen für das Riesengebirgs-Museum in Hirschberg, die Restaurierung des Orgelprospekts in der Liebfrauenkirche in Liegnitz sowie der Aufbau der Eichen-dorff-Mühle im oberschlesischen Bres-nitz bei Lubowitz.

Auch das Haus Schlesien in Königs-winter verdankt der Erika-Simon-Stif-tung sichtbare Zeichen. Sie ermöglichte die Herstellung des Glockenstuhls für die über ein halbes Jahrtausend alte Glo-cke aus der Gießmannsdorfer Kirche im Landkreis Sprottau, die jetzt im Hof des Gebäude-Ensembles in der Nähe von Bonn steht. Den Gerhart-Hauptmann-Flügel aus dem Haus Wiesenstein im Riesengebirge hat die Stiftung dem Haus Schlesien leihweise überlassen. Er lässt – so Michael Pietsch – „bei unseren Musikabenden schlesische Töne mit-schwingen. Und diese schlesischen Töne sind nicht hart, sondern moderat und tolerant.“

„Versiert für die historische Wahrheit gekämpft“

Die Hinwendung der jüngeren Gene-ration polnischer Breslauer zur Geschich-te der Oder-Metropole verkörpert exem-plarisch die zweite Hauptpreisträgerin Beata Maciejewska. 1964 in Großpolen geboren, kam sie schon als kleines Kind nach Breslau. Dort ging sie zur Schule und absolvierte von 1984 bis 1988 ein Geschichtsstudium an der Universität. Bis zu ihrer Anstellung in der Breslauer Redaktion der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ im Jahr 1992 war sie als Leh-rerin tätig. Als die polnische Presse nach der Abschaffung der Zensur begonnen habe, umfangreicher und vollständiger über die reiche, von Deutschen wie von Polen geprägte Vergangenheit der westli-chen Woiwodschaften zu berichten, habe Beata Maciejewska als eine der ers-ten Publizisten dieses Thema ehrlich und mutig aufgegriffen, sagte der Bres-lauer Museumsdirektor Maciej Lagiews-ki in seiner Würdigung. Mit ihrer Feder habe sie versiert für die historische Wahr-heit gekämpft und couragiert deren Ver-fälschungen kritisiert. „Damit half sie den heutigen Einwohnern Schlesiens, ihre lokale pro-europäische Identität und die kulturelle Bindung an ihre Heimat aufzubauen.“ Beata Maciejewska inter-viewte ehemalige und heutige Einwoh-

Göllner (1)

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europäischen Verständnisses. Professor Dr. Christoph Zöpel, der als gebürtiger Gleiwitzer im Vorstand der Stiftung Haus Oberschlesien mitwirkt, hat als Staatsminister im Auswärtigen Amt um die Jahrtausendwende Deutschlands neue Stellung in Europa mitgestaltet. Dem Stiftungs-Gremium wird auch Ratingens neuer Bürgermeister, Klaus Konrad Pesch, ab kommendem Frühjahr angehören. Sein Grußwort war von per-sönlichen Erlebnissen in der Wendezeit bestimmt.

Zu den Rednern der Feierstunde gehörte auch Peter Beyer, designiertes Mitglied des 2015 neu zu berufenden Stiftungsrates in Ratingen. Als Bundes-tagsmitglied und Außenpolitiker sprach Beyer von der wechselnden Wirkung Deutschlands im Laufe der letzten 25 Jahre. Da zum Auswärtigen Ausschuss auch die deutsche Kulturpolitik im Aus-land gehört, waren Beyers Ausführun-gen bestens dafür geeignet, die internati-onalen Möglichkeiten des Oberschlesi-schen Landesmuseums zu beleuchten.

Demokratischer Wandel in Europa

Dr. Stephan Kaiser, Direktor des Ober-schlesischen Landesmuseums in Ratin-gen-Hösel, hob in seinem Festvortrag mit dem Titel „25 Jahre demokratischer Wandel in Deutschland und Europa. Über Grenzen hinweg zum europäi-schen Dialog“ Streiflichter aus der wech-selvollen Geschichte Europas hervor. Es ging dabei sowohl um Themen der Flucht und Verfolgung von ethnischen Minderheiten nach dem Ersten Welt-krieg, wie auch um den Zweiten Welt-krieg mit seinen Folgen bis hin zum Mauerfall 1989.

Dr. Kaiser betonte, dass vor allem die Älteren um die Abgrenzungen bescheid wissen, die das 20. Jahrhundert in wei-ten Abschnitten prägten. Für die Jünge-ren wiederum sei inzwischen die Reise-freiheit in Mitteleuropa eine Selbstver-ständlichkeit. Zwischen diesen unter-schiedlichen Kenntnissen und Erfahrun-

Im November 2014 gedachte man bundesweit mit verschiedenen Ver-anstaltungen der historischen Ereignisse des Jahres 1989. Auch die Stiftung Haus Oberschlesien mit Sitz in Ratingen-Hösel lud am Gedenktag der Maueröffnung zu einer Feierstunde ein. In diesen festlichen Rahmen wurde die Eröff-nung der Ausstellungstrilogie „Hei-matweh – Zuhause in Europa“ vom Zentrum gegen Vertreibungen des Bundes der Vertriebenen eingebun-den.

Das musikalische Programm bestritt die in Sankt Petersburg geborene

und in Ratingen lebende Sopranistin Ekaterina Sergatschewa, die von Domi-nikus Burghardt am Klavier begleitet wurde. Geboten wurden Musikstücke von Peter Tschaikowsky und Robert Schumann.

Die NRW-Europaministerin Dr. Angeli-ca Schwall-Düren erinnerte in ihrem Grußwort daran, dass man rückwirkend in der Analyse der Zeit vor dem Mauer-fall erkennen kann, welche Macht von Menschen ausgeht, wenn sie sich zusammentun. Den 9. November 1989 bezeichnete die Ministerin als zweite Chance für Deutschland und für Europa, aus der sich für die Gegenwart wichtige Aufträge ableiten. Bereits die Solidarność-Bewegung und Gespräche am „Runden Tisch“ in Warschau hätten aufgezeigt, welche Wirkung vom Volk ausgehen könne. Das habe den Menschen in der DDR Mut gemacht.

Insbesondere im Dialog zwischen den west- und osteuropäischen Ländern sah die Ministerin die wichtigsten Vorausset-zungen für den Mauerfall. Die vielen Maßnahmen und Aktivitäten der Lan-desregierung NRW seit 1989 – darunter die Schaffung von Städte- und Schulpart-nerschaften – dienten der Belebung des

Belebung des europäischen VerständnissesGedenktag mit Ausstellungseröffnung im Oberschlesischen Landesmuseum

Blick in die Ausstellung HeimatWeh im Oberschlesischen Landesmuseum.

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gen bewege sich Europa in seiner Mitte. Doch es stehe fest, dass zu einem gemeinsamen Haus „Europa“ natürlich weit mehr als nur die formelle Reisefrei-heit gehöre.

„Die Öffnung des Tores, also der sym-bolische Gang durch das Brandenburger Tor, manifestierte ab 1989 die grundle-gende Veränderung in Mitteleuropa. Die Öffnung des Ostens führte über die Deutsche Einheit 1990 zur Integration der östlichen Nachbarstaaten in unsere freiheitlich-demokratische Grundord-nung und damit in die politischen und militärischen Bündnisse des westlichen Europas“, erklärte Dr. Kaiser und fügte hinzu, dass zugleich mit der Grenzöff-nung der Wandel kam: „Die Landes-grenze zu überschreiten, war nun freige-

stellt, diese Grenzen entfielen sogar gänzlich. Doch grenzenlose Möglichkei-ten müssen auch finanzierbar sein. Gren-zen zu überwinden setzt die Möglich-keit, die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Dialog voraus.“ Die Stiftung Haus Oberschlesien gehört zu jenen Institutio-nen in NRW, die sich aktiv am grenz-überschreitenden Dialog zu den Nach-barn in Polen und Tschechien beteiligen.

Wichtig sei weiterhin der Dialog insbe-sondere mit jenen östlichen Nachbarlän-dern, wo andere Erfahrungen die Erin-nerung an die 1940er Jahre prägten. Die dem Bundesland NRW wichtige Partner-schaft mit der schlesischen Woiwod-schaft in Polen brauche auch in Zukunft stete Zuwendung und Belebung. Dr. Kai-ser bezeichnete die 25 Jahre demokrati-

Nordrhein-Westfalens Europaministerin Dr. Angelica Schwall-Düren bei der Eröffnung der Ausstellung.

Berlin (dod). Die russlanddeutsche Sängerin und Entertainerin Helene Fischer zählt mit über fünf Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolg-reichsten Schlagersängern Deutschlands. Bei der diesjährigen Verleihung des deut-schen Musikpreises ECHO gewann Helene in den Kategorien „Deutschspra-chiger Schlager” und „Album des Jah-res” („Farbenspiel”). Nach ihrem ersten Bambi 2013 erhielt Helene Fischer in diesem Jahr am 13. November im Thea-ter am Potsdamer Platz erneut den begehrtesten deutschen Medienpreis. In dieser Woche gab Helene Fischer auch mehrere Konzerte in Berlin. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme, ihrer über-wältigenden Live-Präsenz und ihrem außerordentlichen Talent, die Emotio-nen und Gefühle ihrer Songs dem Publi-kum zu übermitteln, hat sich Helene Fischer in die Herzen zahlloser Mitbür-ger gesungen. Ein Konzert von Helene Fischer besuchten auch der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfra-gen und nationale Minderheiten, Hart-mut Koschyk MdB, und der in Kasach-stan geborene Heinrich Zertik MdB. Im Anschluss an das Konzert fand ein gemeinsames Gespräch mit Helene Fischer statt, an dem auch deren Eltern, Maria und Peter Fischer, teilnahmen. Bundesbeauftragter Koschyk: „Die Künstlerin Helene Fischer wurde als

Koschyk und Zertik treffen Helene Fischer

Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, (l.) und der in Kasachstan geborene Heinrich Zertik MdB (r.)gemeinsam mit Helene Fischer.

Kind einer russlanddeutschen Familie im sibirischen Krasnojars geboren. Ihre Großeltern waren Wolgadeutsche, die 1941 nach Sibirien deportiert wurden. 1988 war sie mit ihren Eltern und ihrer Schwester nach Rheinland-Pfalz ausge-siedelt. Als vielseitig begabte Unterhal-tungskünstlerin, die sich zu ihrer russ-landdeutschen Herkunft öffentlich bekennt, trägt Helene Fischer dazu bei, die positive Wahrnehmung von Deut-schen aus Russland zu fördern. Gemeinsam mit den Vertretern der Russ-landdeutschen und Heinrich Zertik bin

„Helene Fischer ist ein Beispiel für die Bereicherung unseres Landes“ich als Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen stolz auf Helene Fischer, die vorbildhaft für gelungene Integration und einen unglaublichen künstlerischen Erfolg steht. Helene Fischer, die ihre Lieder auch in russischer Sprache singt, ist ein überzeugendes Bei-spiel dafür, wie bereichernd junge Deut-sche aus Russland für unser Land sind. Ihr Weg soll auch anderen Menschen verschiedener Herkunft Mut machen und Ansporn sein, in Deutschland Fuß zu fassen und ihren Weg selbstbewusst zu gestalten!“

Göllner (2); Koschyk (1)

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DOD 06/2014 27Kultur

Wiedereröffnung des Westpreußischen LandesmuseumsWarendorf (dod). Seit dem 9. Dezem-ber 2014 ist das Westpreußische Landes-museum wieder für Besucher zugäng-lich. Zu den zahlreichen prominenten Gästen, die der offiziellen Eröffnungsver-anstaltung beiwohnten, gehörte die Kul-turstaatsministerin Monika Grütters.

Die Phase zwischen der Schließung des Museums in Münster-Wolbeck und der Neueröffnung in Warendorf wurde dafür genutzt, um neben umfangreichen Renovierungsarbeiten des ehemaligen Franziskanerklosters einen modernen Zugang zur Geschichte Westpreußens zu schaffen. Am Standort in Warendorf sind heute auf rund 1.000 Quadratme-tern Präsentationsfläche eine völlig neu konzipierte Dauerausstellung sowie eine aktuelle Sonderschau zu besichtigen.

Anders als in den vergangenen Jahren dient die museale Einrichtung nicht mehr in erster Linie als Erinnerungsort für die von Flucht oder Vertreibung betroffenen Menschen, sondern viel-mehr als Darstellung der deutsch-polni-schen Kulturregion. So steht auch die neue Museumskonzeption unter dem Motto „Begegnungen mit einer deutsch-polnischen Kulturregion“. Aufgezeigt werden unterschiedliche Aspekte der Kultur-, Wirtschafts- und politischen

Neuer Standort für die West-preußen: Warendorf

Geschichte eines Landes, in dem Deut-sche und Polen, Kaschuben und Juden den Alltag geprägt haben.

Das Westpreußische Landesmuseum vermittelt der breiten Öffentlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland und Europa seinem Auftrag gemäß das kultu-relle Erbe der Region am Unterlauf der Weichsel.

Über Objekte, Dokumente, Bücher, Münzen und Archivfotografien wird die wechselvolle und konfliktreiche Geschichte Westpreußens den Besu-chern zugänglich gemacht. Die Verbin-dung der Vergangenheit mit der Gegen-wart wird über facettenreiche Bezüge aufgezeigt.

Die Neugestaltung des Museums ist nicht zuletzt im Hinblick auf die nächs-ten Generationen und deren abnehmen-den Wissensstand über den historischen deutschen Osten entwickelt worden. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte soll von den Besuchern als Herausforderung für die Gegenwart und Zukunft verstanden werden.

Tipp: Der DOD wird in seiner Febru-ar-Ausgabe eine umfangreiche Prä-sentation des neuen WPLM veröf-fentlichen. D.G.

Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters (2.v.r.) bei der Wiedereröffnung des West-preußischen Landesmuseums im münsterländischen Warendorf.

sche Zwischenbilanz für Deutschland und schen Wandels als eine beglückende Europa. „Zugleich sind diese 25 Jahre die Basis, uns die überwundenen Grenz-geschichten zu erzählen und im gemein-samen europäischen Weg zu bewähren. Neue Ziele sind manchmal gar nicht neu, sondern verhindern nur den Rück-fall zu dem, was schmerzlich war und eben glücklich überwunden wurde“.

Heimatweh

Die Sonderausstellung vom Zentrum gegen Vertreibungen des Bundes der Vertriebenen „Heimatweh. Zuhause in Europa“ ist im Oberschlesischen Landes-museum von Ratingen-Hösel bis zum 5. April 2015 zu besichtigen. In dieser Großfassung der bereits in Berlin gezeig-ten BdV-Präsentation wird der Ruf von Menschen aus deutschen Regionen nach dem Osten, deren Flucht sowie Nach-kriegsintegration behandelt. Bewusst kommuniziert das OSLM den Ausstel-lungsbesuch als Beitrag zur historisch-politischen Bildung und nicht als deut-sche Geschichtsstunde.

Die Ausstellungstrilogie umfasst eine Zeitspanne von 800 Jahren, wobei geo-graphisch betrachtet, halb Europa in den Fokus gelangt: von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und vom Böhmerwald bis zum Kaukasus.

Als Beitrag zur historisch-politischen Bildung bekundet die Ausstellung zudem Solidarität für und Anteilnahme an den Vertreibungsschicksalen anderer europäischer Völker. Für Schulen gibt es besondere pädagogische Angebote. Denn allen Altersstufen bieten sich Ein-drücke von Deutschlands Bezügen zu den östlichen Nachbarstaaten

Die Ausstellung und die Feierstunde zum Gedenken an den Mauerfall ergän-zen sich gut. Historischer Hintergrund der Präsentation ist, dass im 20. Jahrhun-dert viele Deutsche die östlichen Gebiete verlassen mussten, in die sie seit dem Mittelalter gerufen worden waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben Flüchtlin-ge und Vertriebene die Freiheit im Wes-ten besonders zu schätzen gewusst. Seit 1989 ist Freiheit neu zu definieren und als gemeinsame Errungenschaft zu bewahren. So kann die neue Ausstellung „Heimatweh“ dazu beitragen, die geschichtlichen Kenntnisse zu vertiefen. Dieter Göllner

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Köln (dod). Von einem musikalischen Auftritt ganz besonderer Art kann das Oberschlesische Blasorchester Ratingen (OSBORA) berichten: Bei der traditionel-len St.-Hedwig-Wallfahrt der Erzdiözese Köln die am 19. Oktober 2014 stattfand, musizierte das Orchsester im Hohen Dom zu Köln.Kurz vor Beginn des Pontifikalamtes mit S. Em. Joachim Kardinal Meisner nahm das Oberschlesische Blasorchester Ratin-gen mit über 25 Musikerinnen und Musikern auf der Orgelempore Platz. Dirigent Andreas Bartylla (Velbert) nahm letzte Abstimmungen mit Domorganist Ulrich Brüggemann vor. Punkt 12 Uhr erklang zum großen Einzug eine Intrade durch das Orchester. Danach folgte das Einzugslied „Ein Lied soll froh erklingen Sankt Hedwig heut zum Preis...“ Ein eigens gedrucktes Liederheft gab Unter-stützung für wenig textsichere Besucher.

Weitere Lieder – bis auf wenige Ausnah-men wie z.B. Teile der Deutschen Messe von Franz Schubert – konnten auch dem neuen Gotteslob entnommen wer-den. Tief beeindruckt von der gewalti-

Kultur

Gundrum (1) ); Siedler Verlag (1)

KontaktFreundeskreis Oberschlesische Orchester e.V.Vorsitzender Andreas SlabonTel. 0221/41 07 79Bahnhofstr. 7140883 [email protected]

INFO

Leitwort 2015Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute

Klangvoller Auftritt desBlasorchesters

gen Klangfülle in einer gotischen Hallen-kirche konzentrierten sich die Musike-rinnen und Musiker auf das hervorra-gende Dirigat von Andreas Bartylla. Domorganist Ulrich Brüggemann passte wiederum mit großem Einfühlungsver-mögen sein Orgelspiel an der großen Klais-Orgel professionell an. Als gegen 13.20 Uhr die letzten Töne zu hören waren, konnte man förmlich spüren, wie sich die große Anspannung bei Diri-gent und Orchester legte. Zufriedenheit und Stolz über die glanzvolle Gesamt-leistung zeigte sich in den Gesichtern und in den Gesprächen.

Zur nachmittäglichen Andacht erfolgte eine weitere Mitwirkung des OS-Blasor-chesters Ratingen. Zum Abschluss der Andacht bedankten sich die Gläubigen

mit starkem Beifall für die außergewöhn-liche musikalische Begleitung. Der neue Vorsitzende des Freundeskreises Ober-schlesische Orchester e.V. Andreas Sla-bon (Köln) zeigte sich beeindruckt von der musikalischen Leistung des Orches-ters und verwies auf notwendige, regel-mäßige Proben, um zu so einer musikali-schen Stärke zu gelangen. Mit diesem Auftritt im Hohen Dom zu Köln ging ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung.

Sehr gern folgte das Oberschlesische Blasorchester Ratingen der Einladung von Pfarrer Rainer Hoverath (Köln), Diö-zesanbeauftragter für Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge im Erzbistum Köln, der großen Wert auch auf die musikali-sche Ausgestaltung dieser St.-Hedwig-Wallfahrt legte. Andreas Gundrum

Oberschlesisches Blasorchester Ratingen spielt im Kölner Dom

Auf der Orgelempore des Kölner Doms: Das Oberschlesische Blasorchster Ratingen.

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DOD 06/2014 29Bücher

Im Garten seines Ferienhauses auf der spanischen Insel Ibiza hat ihm der Journalist Olaf Ihlau einen Ehrenplatz reserviert. Dort steht er im mediterranen Ruhestand: der Bollerwagen, der ihn sein Leben lang begleitete. Ein solide aus Bret-tern gezimmertes Gefährt mit Deichsel auf vier eisenbeschlage-nen Holzspeichenrädern. In diesem schlichten Handwagen hat der klei-ne Olaf gesessen, als seine Mutter mit ihm Ende 1944 vor der anrü-ckenden Roten Armee zum Königs-berger Bahnhof fuhr und per Bahn, das Gefährt im Gepäckabteil des Zuges verstaut, aus Ostpreußen ins Sudetenland auf den Bauernhof eines Kriegskameraden ihres Man-nes flüchtete.

Der Wagen trägt das Kind nach Kriegsende auf dem mehrere hun-

dert Kilometer langen Fußmarsch vom nordböhmischen Trautenau durch das von Polen besetzte Schlesien Richtung Westen. „Vorbei an öden Feldern, ausge-brannten Dörfern, geplünderten Wei-lern; mit Erfrorenen, Erschlagenen und Erschossenen am Wegesrand.“ Der höl-zerne „Fluchthelfer“, der nie schlapp macht, rollt durch das zerstörte Berlin und über Straßen der zerbombten Stadt Hannover zur Wohnung von Verwand-ten, bei denen Mutter und Sohn eine vorläufige Bleibe finden.

Im oberbayerischen Traunstein, wo der Vater das Kriegsende im Lazarett ver-bringt und die Familie nach zweieinhalb Jahren Trennung wieder zusammenfin-det, leistet das Vehikel bei Hamsterfahr-ten nützliche Dienste. Und in Köln, wohin es den Vater, einen Musikwissen-schaftler und Komponisten, beruflich verschlägt, karrt der hölzerne Gefährte Schrott aus den Trümmerbergen der Domstadt. Der Bollerwagen, von dem

sich der Autor nie trennen konnte und wollte, zieht sich durch alle Etappen sei-nes Lebens.

Ihlau, 1942 in Königsberg (Pr.) gebo-ren, hat eine lange Karriere als Journalist hinter sich. Der promovierte Sozialwis-senschaftler berichtete für die „Süddeut-sche Zeitung“ aus Belgrad, Athen, Neu Delhi, London und war 16 Jahre lang Ressort- und Büroleiter beim Magazin

„Spiegel“, zuletzt als Auslandschef. Doch erst als er die Siebziger seines Lebensalters erreicht hatte, war er so weit, „um sich einen möglichst unver-stellten Blick auf sein eigenes Leben und das seiner Familie gestatten zu können.“ In einem Stadium also, „bei dem berufli-che Erfolge oder Niederlagen, abstruse Auseinandersetzungen und persönliche Verwundungen keine größere Rolle mehr spielen.“ So entstand unter dem Titel „Bollerwagen“ ein Buch, in dem er nicht nur von Flucht und Vertreibung erzählt, sondern auch die Schwierigkei-

ten beschreibt, mit denen Angehörige der Erlebnisgeneration im Westen Deutschlands zu kämpfen hatten.

„Das ist alles, was ich noch retten konnte“, sagt der erschöpfte Großvater und zeigt auf einen mit Koffern belade-nen Handwagen, als er nach dem briti-schen Bombenangriff auf die ostpreußi-sche Hauptstadt am 30. August 1944 seiner Tochter weinend in die Arme fällt. Das Familienhaus des Bankkaufmanns im Zentrum der Stadt ist von Bomben getroffen und ausgebrannt. Die Großel-tern ziehen mit dem kümmerlichen Rest ihrer Habe in das kleine Haus von Toch-ter und Schwiegersohn im Vorort Metge-then. Als im Herbst sowjetische Truppen über die Reichsgrenze vorstoßen, drängt der Großvater die Tochter, sich mit dem Enkel möglichst weit nach Westen in Sicherheit zu bringen. „Ihr müsst hier schnell weg“, erklärt er. „Wir Alten wer-den das schon durchstehen.“

Nach der Kapitulation der deutschen Verteidiger am 9. April 1945 landet der Großvater in einem sowjetischen Inter-nierungslager für politisch Verdächtige. Er war zwar Mitglied der Nazi-Partei, aber aus Ärger über einen Spitzenfunkti-onär wieder ausgetreten. Nach zahlrei-chen Verhören überzeugt er die Verneh-mer von seiner Unschuld und darf Ost-preußen verlassen. Von seiner Frau fehl-te jede Spur. Sie ist, wie der Suchdienst des Roten Kreuzes annimmt, „mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Gefangen-schaft gestorben.“

„Wie weit reicht das Gedächtnis eines Kindes, sodass von wirklich Erlebtem, von Prägendem die Rede sein kann?“, fragt der Autor. Um sich dann einzuge-stehen, dass über die ersten Lebensjah-ren nur vereinzelte Bilder, einem Trau-ma gleich, in Erinnerung geblieben sind. So die Szene, als der Treck in einem Waldgebiet Niederschlesiens von Bandi-ten überfallen wird. Sie reißen Kind und Koffer vom Bollerwagen. „Meine gan-

Ein Bollerwagen als LebensbegleiterOlaf Ihlau erzählt von Vertreibung und Besuchen in der alten Heimat

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30 DOD 06/2014Kultur

Staaten Mittelasiens vertrieben worden waren. Und er fühlte rechtsradikalen Wirrköpfen aus der Bundesrepublik auf den Zahn, die davon träumten, „für unsere Ostprovinz eine deutsche Pers-pektive offen zu halten.“

Der eigentliche Grund für seine Reisen hat mit einem besonderen Auftrag zu tun. Sein damaliger Chefredakteur Ste-fan Aust hatte sich in den Kopf gesetzt, das legendäre Bernsteinzimmer der rus-sischen Zaren aus dem Katharinenpalast bei St. Petersburg zu finden, das als deut-sche Kriegsbeute 1945 zuletzt im Schloss von Königsberg gesehen wurde. Zum Verbleib gab es etliche Hinweise und Spuren. In einer Operation unter dem Stichwort „Puschkin“ ließ das Magazin das nördliche Ostpreußen durchsuchen. Man forschte in Katakom-ben und Kasematten, in Bunkern und in einer Brauerei, fand jedoch nichts. Ihlau hat eine eigene Theorie über das wahre Versteck. Danach wurden die Kisten mit den Paneelen des Bernsteinzimmers auf Befehl des Gauleiters Erich Koch im Gar-ten seiner Residenz in Metgethens Wel-lerscher Mühle vergraben. Leider, schreibt Ihlau, lasse sich der mutmaßli-che Fund nicht bergen. Denn Kochs vor-maliger Garten sei inzwischen eine Lau-benkolonie. Und sein offizieller Begleiter vom Geheimdienst KGB habe erklärt: „Da können auch wir nichts machen.“ Peter Pragal

Weigelt (1)

AUSSCHREIBUNG

zen Sachen“, kreischt der Knabe. Dann zerren die Männer die Mutter weg. Als sie wieder kommt, ahnen erwachsene Fluchtgefährten, was ihr passiert sein mag. „Wenn das Kind nicht gewesen wäre, hätte ich mich umgebracht“, hat die Mutter später einer Freundin anver-traut.

Die Erfahrung von Millionen Schick-salsgenossen, von den nicht vertriebe-nen Deutschen abgewiesen und ausge-grenzt zu werden, bleibt auch den Ihlaus

nicht erspart. „Armutsflüchtlinge sind eben unerwünscht,“ stellt der Autor fest. „Meist werden die Türen zugeschlagen, und der Ruf – „Verschwinds, damisches Gesindel“ – ist noch die mildeste Abfuhr.“ Manchmal werden auch Hun-de auf die Bittsteller losgelassen. Eine Szene bleibt dem jungen Olaf dauerhaft im Gedächtnis. Sein Vater, auf fünfzig Kilo abgemagert, geht vor der Hausbesit-zerin, einer wohlhabenden Meierin, auf die Knie und zieht den Hut. Die Dame im Pelz lässt gönnerhaft zwei Schachteln Schmelzkäse in den Hut fallen. Dem Kind geht die Bedeutung dieser Beob-achtung erst später richtig auf: „Wir sind Bettler.“

Lange haben die Eltern des Autors gezögert, noch einmal nach Königsberg zu fahren. Sie wollten, mutmaßt der Sohn, ihr eigens Museum durch die Konfrontation mit der tristen Realität der Stadt nicht kaputtmachen lassen. Schließlich hat es der Sohn, längst ein Mann mit ergrauten Schläfen, doch noch geschafft, die Eltern im Tross der Heimwehtouristen in die Stadt zu brin-gen, die einmal ihr Zuhause war. Ergrif-fen stehen sie im früheren Vorort Metge-then vor einem schmutzig gelben Häus-chen, werden vom jetzigen Bewohner, einem Seemann namens Mischa, einge-lassen und durch die Zimmer geführt, an deren Zuschnitt und Standard sich gegenüber früher wenig geändert hat. Vom einstigen Gemüsegarten ist ein ein-ziger Pflaumenbaum übrig geblieben. Zum Abschied bekommt der Seemann von der Mutter einen Tipp. „Na, da bud-deln Sie mal bei der Gartenpumpe, wo

früher immer unser Bollerwagen stand. Dort haben wir das Silber vergraben.“

Die erste Wiederbegegnung mit dem nördlichen Ostpreußen im Jahr 1987 war für Olaf Ihlau ein Abenteuer. Damals war die zur Sowjetunion gehörende „Kaliningrader Oblast“ noch militäri-sches Sperrgebiet und Königsberg für ausländische Touristen eine verbotene Stadt. Der Journalist versuchte es illegal, kaufte sich in der litauischen, ebenfalls zum Sowjetreich gehörenden Stadt Wil-na eine Fahrkarte nach Kaliningrad und erreichte im Nachtzug nach sechs Stun-den seine Geburtsstadt. Bemüht, nicht aufzufallen, versuchte er, sich in der ihm total fremden Stadt zu orientieren. Alles, was er über Königsberg wusste, war angelesen. Der Coup gelang. Neun Stun-den spazierte er durch die vom Krieg verheerte Stadt, die – wie er beobachtete – mit Agitprop-Transparenten und Plaka-ten vollgestopft war „wie eine Zitadelle der kommunistischen Orthodoxie.“

Später, beginnend in den 90er Jahren, reiste der Journalist im Auftrag seiner Redaktion „unzählige Male“ ins russi-sche Ostpreußen. Stundenlang redete er in seinem Geburtsort mit Bürgermeis-tern und Gouverneuren über die Zukunftschancen der „Sonderwirt-schaftszone“. Er besuchte Russlanddeut-sche, die nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums aus den neuen

Olaf Ihlau „Der Bollerwagen – Unsere Flucht aus dem Osten“ Siedler Verlag München 2014

INFO

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) schreibt zwei neue Forschungsprogramme für Universitäten und außeruniversitäre For-schungseinrichtungen zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa aus.

Beide Förderprogramme richten sich an Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler aus den geschichts-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Wissenschaftliche Projekte können bis zu einem Höchstbetrag von 80.000 Euro gefördert werden. Die Bewerbungsfrist endet am 2. März 2015. Eine Förderung ist im Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2017 möglich.

Die Antragsformulare und eine Übersicht über die notwendigen Unterlagen sind auf der Homepage des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa zu finden: www.bkge.de/Foerderungen-Stipendien-BKM/Universitaeres-Foerderprogramm.php

Anträge bitte einreichen bei:

Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Johann-Justus-Weg 147a, 26127 Oldenburg, Tel.: 0441/96195-0 E-Mail: [email protected], www.bkge.de

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DOD 06/2014 31Literatur

teratur Gießen hatte sich mit Bruno Hei-lig aus Ungarn beschäftigt. Der Osten war also stark vertreten.

Diktaturen sehen sich von der Kunst bedroht. Individualität, Phantasie, Men-schenwürde sind gefährliche Antithesen zu Gleichschaltung, Ideologie und Inst-rumentalisierung. Treten die Dichter für humane Werte ein, müssen sie zum Schweigen gebracht werden. Das wies Joachim Kuropka (Universität Vechta) am Nationalsozialismus nach („Was stör-te die Nationalsozialisten an den Dich-tern?“, hieß sein Vortrag), und das zeigte Anna Szyndler (Czestochowa) an der russischen Literatur unter Stalin.

Verschlüsselte Kritik

Im Dritten Reich setzten gleich nach 1933 Auswanderungen ein, die Exillite-ratur entstand, und neben den regime-konformen Autoren blieb eine Gruppe in Deutschland, die unpolitisch schrieb oder die Flucht ins „Erbauliche“, „Verin-

nerlichte“ antrat, in die „Innere Emigra-tion“.

„In einer Diktatur kann Kritik nur ver-schlüsselt in der Literatur vorgenommen werden“, sagte Anna Szyndler, und es war für die Germanisten unter den Zuhörern geradezu spannend zu erfah-ren, was es an „verdeckter Schreibwei-se“ und „Selbstzensur“ im Dritten Reich gab und welche Stilmittel eingesetzt wurden. Erwin Rotermund (Universität Mainz) und Czeslaw Karolak (Universi-tät Posen) arbeiteten diesen Aspekt her-aus. Vom Leser verlange die „verdeckte Schreibweise“ eine „hermeneutische Sensibilisierung“, meinte Rotermund, damit er die Ellipsen, Metaphern und Allegorien einordnen könne. Karolak beleuchtete den Konflikt bei den Auto-ren der „Inneren Emigration“, die durch die Selbstzensur ihren eigenen Schreib-fluss behindern mussten.

Spätere Generationen können leicht werten und urteilen. Leonore Krenzlin (IEWG) warnte vor einer Gegenüberstel-lung von Emigrierten und Nicht-Emig-

„Innere Emigration versus Exillite-ratur“ war ein dreitägiger Germa-nistenkongress in Posen benannt, veranstaltet von der Universität Lodz, der Internationalen Ernst-Wiechert-Gesellschaft e.V. (IEWG), der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, der Arbeitsstelle Holo-caustliteratur der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Immanuel-Kant Universität Kaliningrad und der Universität Vechta.

Der Hauptorganisator war Dr. Marcin Golaszewski, Germanist, promo-

viert über Clemens August Graf von Galen, Vorstandsmitglied der IEWG, der sich über eben dieses Thema momentan habilitiert. 32 Referentinnen und Refe-renten aus Deutschland, Polen, Russ-land, England, Österreich und Italien hatte er mobilisiert.

Auch für die Fachwelt ist es ein Phäno-men, dass dieses Thema siebzig Jahre nach dem Ende der NS-Diktatur ein so breites, internationales Interesse auslöst. Außerdem fiel auf, dass von den über zwanzig Autoren, über die referiert und diskutiert wurde, weit über ein Drittel, ja fast die Hälfte aus dem Osten stammte. Über den Tilsiter Johannes Bobrowski (1917-1965), den Schlesier Hermann Stehr (1864-1940), den Westpreußen Oskar Loerke (1884-1941) und Joseph Roth aus Galizien (1894-1939) wurden Vorträge gehalten. Der Masure Ernst Wiechert (1887-1950) wurde, auch bedingt durch die IEWG als Mitveran-stalter, in vier Vorträgen thematisiert. Immer wieder fielen die Namen Paul Celan (1920-1970) aus Czernowitz in der Bukowina und Werner Bergengruen aus Riga (1892-1964). Joanna Bednarska (Lodz) stellte „Willibald Omankowski/Omansen als Vertreter der Inneren Emi-gration in Danzig“ vor, und Christiane Weber von der Arbeitsstelle Holocaustli-

„Innere Emigrationversus Exilliteratur“Wissenschaftler aus sechs Nationen trafen sich zur Tagung in Posen

Stadtführung der Konferenzteilnehmer.

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32 DOD 06/2014Literatur

Eine noch tiefere Spaltung legte Wladi-mir Gilmanow (Kant-Universität Kalinin-grad) bei Johannes Bobrowski offen, stellte sie allerdings in einen größeren geistesgeschichtlichen Zusammenhang. Er sprach von einer „dramatischen Asymmetrie seines Schicksals“ und von Antinomien in seiner Persönlichkeit. Humanistisch erzogen, musste ihn die NS-Barbarei abstoßen, der er Werte des christlichen Abendlandes entgegenzuset-zen versuchte. Andererseits zog die Wehrmacht ihn an. Er erlebte, so Gilma-now, das friedliche Königsberg der Vor-kriegszeit und eine Memel-Idylle als Gegensatz zur politischen Wirklichkeit. Später geriet er in Konflikt mit Paul Celan, der in Bobrowskis prussisch-elegi-scher Dichtung und in seinem Sarmatien eine Flucht sah.

Gilmanow zog dagegen den Einfluss von Hamann und Herder auf Bobrowski heran und kam zu dem Ergebnis, dass er wie Herder eine neue Welt entdecken

wollte und mit Sarmatien, dem Land zwischen Weichsel und Memel, einen Raum für Versöhnung zwischen den Deutschen und den östlichen Nachbarn geschaffen habe.

Ernst Wiechert unter verschiedenen Aspekten

Der Organisator des Kongresses, Mar-cin Golaszewski (Universität Lodz und Posen) stellte mit Joseph Roth einen dop-pelt Verfolgten vor. Seiner jüdischen Her-kunft wegen blieb ihm keine Wahl zwi-schen Exil und „Innerer Emigration“. Er flüchtete von Berlin nach Paris und erlebte als Journalist schmerzlich die sprachliche Fremde und die Auflösung seines Arbeitsgebietes, des Feuilletons. Sein früher Tod im Mai 1939 bewahrte ihn vor dem Krieg, den er vorausgesagt hatte.

Durch die starke Präsenz der IEWG wurde Ernst Wiechert unter verschiede-nen Aspekten besprochen. Bärbel Beut-ner (IEWG) untersuchte den dokumen-tarischen Gehalt von Wiecherts „Toten-wald“, indem sie den „Bericht“ über Buchenwald mit zwei zeitgleich erschie-nenen Zeugenberichten verglich: Eugen Kogons „Der SS-Staat“ und Walter Pol-lers „Arztschreiber in Buchenwald“. Die Übereinstimmungen gingen bis zur wörtlichen Wiedergabe.

Klaus Weigelt (IEWG) griff mit seiner Gegenüberstellung von Ernst Wiechert und Max Picard das „Menschengesicht“ als das „Ebenbild Gottes“ auf. Max Picard (1888-1965), jüdischer Herkunft, Mediziner, Philosoph, Begleiter und Freund Wiecherts, schrieb 1930 das Werk „Das Menschengesicht“. Für Picard ist das Angesicht des Menschen etwas Einzigartiges, von Gott geschaffen, in dem das Böse keinen Platz hat. Erscheint es doch, so zeigt es sich sehr

aggressiv, weil es sonst als das Nichts, die Negation verschwinden würde. Weigelt stellte die Verbindung zu Wiechert und zum „Totenwald“ her, wo das „Ebenbild Gottes“ zutiefst geschändet wurde.

Einen wertvollen Beitrag lieferte auch Anna Gajdis (Universität Breslau) mit ihrem Vortrag über „Ernst Wiecherts Prosawerk der 30er Jahre“. Wiechert habe in den schweren Jahren eine einfa-che, dörfliche Welt mit eigenen Regeln geschaffen. Die Kulisse sei immer Ost-preußen, ein Land, das außerhalb der „lauten Welt“ Zuflucht bietet. Es war das Land, in das Wiechert „innerlich emig-rierte“. Sie grenzte Wiechert scharf von der „Blut- und Boden-Dichtung“ ab, denn seine gedichtete Welt sei eine Welt der Humanität und der Liebe, aus der Trost hervorgehen soll.

Bärbel Beutner

rierten; Widerstand hätten beide Gruppe geleistet. Kuropka sprach beiden Grup-pen eine nachhaltige Wirkung gegen das Regime ab, und Helmut Peitsch (Pots-dam) referierte Georg Lukacs, der die „Innere Emigration“ als „Schwäche“ und „Mimikri“ verurteilte und beiden, auch den Exil-Autoren, mangelnde Ein-sicht in das Ausmaß der NS-Vergiftung vorwarf. Es wurde von einem selbstver-schuldeten moralischen Absturz des gan-zen deutschen Volkes gesprochen, der nur durch konsequente Selbsterkenntnis aufgearbeitet werden könne.

Brüche in der Entwicklung

Krenzlin forderte dagegen auf, jedes Dichter-Schicksal individuell zu betrach-ten und Schuldzuweisungen zu relativie-ren. Wie berechtigt dieser Ansatz ist, zeigten die Vorträge über einzelne Ver-treter der „Inneren Emigration“ und der Exilliteratur.

Silke Grothues (Wuppertal) belegte am emigrierten Thomas Mann und dem in Deutschland verbliebenen, mit Schreib-verbot belegten Erich Kästner, dass beide einen Bruch in ihrer künstlerischen Ent-wicklung erlitten. Mit Ernst Jünger und „seiner“ „Inneren Emigration“ setzte sich Elzbieta Kapral (Lodz) anhand sei-nes Romans „Auf den Marmorklippen“ auseinander. Brecht wurde von Anna Zaorska (Lodz) thematisiert, und der Titel des Referates von Joanna Smereka (Krakau): „Hermann Stehr – Repräsen-tant des Nationalsozialismus wider Wil-len?“ machte die Tragik deutlich, in die manche Dichter-Persönlichkeiten gerie-ten.

An Oskar Loerke zeigte Jörg Thunecke (Nottingham) den Zwiespalt der Künst-ler in jener Zeit auf. Als Lektor beim Fischer-Verlag und als Sekretär der Sekti-on für Dichtkunst in der Preußischen Akademie der Künste fand Loerke bereits 1932 deutliche Worte über die Nationalsozialisten als „Totengräber der Nation“. Nach der Machtübernahme 1933 sah er „Jahre des Unheils“, wurde des Amtes in der Sektion für Dichtkunst enthoben, unterschrieb aber das Treue-gelöbnis an Hitler, was die Freunde befremdete. Man fragte, ob er „Mitläu-fer“ gewesen sei. Seine „Dichtung mit doppeltem Boden“ spricht dagegen, und nach 1945 wurde ihm die volle Aner-kennung zuteil.

Dr. Leonore Krenzlin und Prof. Dr. Czesław Karolak.

Weigelt (1)

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DOD 06/2014 33Kultur

Ein Kompendium ostdeutscher Geschichte und KulturDer Sammelband „Lebensbilder“ bietet 650 biographische Skizzen

Franz Kössler: Lebensbilder. Per-sönlichkeiten aus ehemals deutsch-sprachigen Gebieten in Europa. Ber-lin: OEZ Berlin-Verlag 2014. 738 Seiten, ISBN 978-3-942437-23-3, Preis: 44,90 Euro.

INFO

„Ich will wirken in dieser Zeit“, schrieb 1922 die Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz (1867- 1945), die aus dem ostpreußischen Königsberg stammte. Kollwitz ist eine von 650 mehr oder weniger berühmten Persönlichkeiten, die im Sammelband „Lebensbilder“ von Franz Kössler Aufnahme gefunden haben. All diese Persönlichkeiten sind im historischen deutschen Osten geboren worden oder hatten dort ihre Wirkungsstätte.

Auch der Autor Franz Kössler stammt aus einem alten deutschen Sied-

lungsgebiet, wurde er doch 1931 in Ket-zelsdorf im böhmisch-mährischen Grenzraum geboren. Durch die Vertrei-bung kam er in die Sowjetische Besat-zungszone und studierte in den 1950er Jahren Biologie. Von 1958 bis 1996 arbeitete in der biomedizinischen For-schung in Berlin-Lichtenberg. Er konnte 1963 promovieren und sich 1969 habili-tieren.

In seinem umfangreichen Buch stellt Kössler Geistesgrößen, aber auch weni-ger bekannte Persönlichkeiten aus den historischen deutschen Ost- und Sied-lungsgebieten vor. Wie er schreibt, hat er aus der Fülle der nennenswerten Perso-nen „eine subjektive Auswahl“ getrof-fen. Der Reigen der von ihm Gewürdig-ten spannt sich von Künstlern, Geistli-chen und Gelehrten vergangener Jahr-hunderte bis hin zu Politikern und Wis-senschaftlern unserer Tage.

Kössler hat nicht nur solche bekann-ten Regionen wie Schlesien, Ostpreu-ßen, Pommern oder das Sudetenland berücksichtigt, sondern auch die Sied-lungsgebiete der Donauschwaben, der Siebenbürger Sachsen und der Russland-deutschen und viele andere ehemals deutschsprachige Gebiete im östlichen und südöstlichen Europa. Seine Informa-

tionen hat er vor allem aus dem Internet und der einschlägigen Literatur bezogen, aber er konnte auch Erinnerungen von Freunden und Bekannten als Quelle nut-zen.

Zu den prominenten Zeitgenossen, die im Buch porträtiert werden, gehören: der emeritierte Erzbischof von Freiburg im Breisgau, Robert Zollitsch (geboren 1938 in Filipowa, Jugoslawien), der letz-te SED-Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow (geboren 1928 in Jasenitz, Pommern), die Literaturnobelpreisträge-rin Herta Müller (geboren 1953 in Nitz-kydorf, Banat) und die Sängerin Lena Valaitis (geboren 1943 in Memel).

Einige Prominente wird der Leser jedoch vermissen: den emeritierten Erz-bischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner (geboren 1933 in Breslau-Lissa), und den letzten SED-Generalsekretär, Egon Krenz (geboren 1937 in Kolberg, Pommern), aber auch den als Bürger-meister von Hermannstadt bekannt gewordenen und inzwischen zum Präsi-denten von Rumänien gewählten Klaus Johannis (geboren 1959 in Hermann-stadt) und die erfolgreichste deutsche Schlagersängerin der Gegenwart, Hele-ne Fischer (geboren 1984 in Krasno-jarsk). Es bleibt unklar, nach welchen Kriterien Kössler seine Auswahl getrof-fen hat.

Die vorgestellten Persönlichkeiten sind nach dem Regionalprinzip geordnet worden das heißt, nach den Regionen bzw. Landschaften, in denen sie geboren wurden oder gewirkt haben. Jeder Per-sonengruppe ist ein Text vorangestellt worden, der Angaben zur Geographie und Geschichte der behandelten Region enthält. Dazu gehört in der Regel auch eine Übersichtskarte. Eine solche Karte vermisst man im Abschnitt über die donauschwäbischen Siedlungsgebiete. Nicht zutreffend ist hier die Aussage, dass von den „einst rund 650.000 Donauschwaben in Ungarn“ heute „nur

noch wenige“ dort leben. Bei der Volks-zählung, die im Jahr 2011 in Ungarn stattgefunden hat, haben immerhin 132.000 Personen als Nationalität Deutsch angegeben.

Problematisch erscheint auch die Unterscheidung zwischen Persönlichkei-ten „aus donauschwäbischen Siedlun-gen“, worunter Kössler ausschließlich Siedlungen in Rumänien und im ehema-ligen Jugoslawien versteht, und Persön-lichkeiten „aus anderen Siedlungen in Südosteuropa“, denen er die donauschwäbischen Siedlungen in Ungarn zuordnet.

Das Buch enthält Verzeichnisse mit Literatur- und Quellenangaben, es fehlt jedoch ein Gesamtregister der vorgestell-ten Persönlichkeiten. Diese sind stattdes-sen am Ende des Buches noch einmal nach ihren Herkunftsgebieten sortiert aufgelistet worden. Der Leser, der sich über eine bestimmte Persönlichkeit informieren möchte, muss somit ihr Her-kunftsgebiet kennen oder er muss suchen. Mit Ausnahme von vier Bildern auf der Titelseite, darunter die eingangs erwähnte Käthe Kollwitz, enthält das Buch leider auch keine Abbildungen der gewürdigten Persönlichkeiten.

Unbeschadet einiger Lücken ist es Franz Kössler gelungen, ein faktenrei-ches Kompendium der ostdeutschen Geschichte und Kultur vorzulegen. Wer sich dafür interessiert, was die Deut-schen aus dem Osten geleistet haben und heute noch leisten, wird dieses Werk oft und gern zur Hand nehmen.

Peter Bien

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34 DOD 06/2014Kultur

Göllner (2)

Kreisauer Kreis:Mut zum WiderstandDokumentarschau im Haus Schlesien beschäftigt sich mit dem Kreisauer Kreis

Das HAUS SCHLESIEN in Königs-winter-Heisterbacherrott stellt in einer Dokumentarschau das Wirken des Kreisauer Kreises vor. Aufge-zeigt werden auch Bezüge zum heu-tigen Kreisau/ Krzyżowa.

Bis März 2015 haben Besucher von HAUS SCHLESIEN in Königswin-

ter-Heisterbacherrott die Möglichkeit, die Ausstellung „Der Kreisauer Kreis – Neuordnung im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ zu besichtigen.

Nicola Remig, die Leiterin des Doku-mentations- und Informationszentrums für schlesische Landeskunde, erklärt die Beweggründe, die unter anderem dazu führten, die Sonderausstellung rund um den Kreisauer Kreis zu zeigen: „Unser äußerer Anlass für die Beschäftigung mit dem Wirken des sogenannten Kreisauer Kreises als Widerstandsgruppe während des Nationalsozialismus ist zum einen der 70. Jahrestag des Gedenkens an den 20. Juli 1944, das misslungene Attentat auf Hitler. Zum anderen die Erinnerung an 25 Jahre der sogenannten Versöh-nungsmesse in Kreisau. Jener Messe, in der 1989 Bundeskanzler Helmut Kohl und der polnische Staatspräsident Tade-usz Mazowiecki ein sichtbares und emo-tional stark nach außen wirkendes Zei-chen einer neuen Epoche der deutsch-polnischen Beziehungen setzten. Und dies war auch der Ursprung der Ent-wicklung von Kreisau zu einer internati-onalen Jugendbegegnungsstätte mit ver-ständigungspolitischer Ausrichtung.“ Berücksichtigt wurden natürlich auch die schlesischen Bezüge der „Hauptak-teure“ der Bewegung. Vor dem Eichen-dorff-Saal sind Skulpturen von Susanne Pikullik-Bastian aus Bremen zu sehen, die in freier künstlerischer Interpretation die Köpfe von Helmuth James von Molt-ke und Peter Yorck von Wartenburg dar-stellen.

Menschen und Ideen

Die Präsentation beruht auf der Wan-derausstellung „In der Wahrheit leben“ der Kreisau Initiative Berlin. Neben zweisprachig gestalteten Tafeln ergänzte Haus Schlesien die Schau mit Zeitdoku-menten, Hintergrundinformationen, Archivbildern und Büchern sowie Hin-weisen zum heutigen Kreisau/ Krzyżowa als Ort internationaler Jugend-begegnungen.

Am Beispiel der Überlegungen und Aktivitäten einiger Mitglieder des Krei-

sauer Kreises werden verschiedene Facetten des Widerstandes in der natio-nalsozialistischen Diktatur aufgezeigt.

Wer sich allerdings intensiv mit der Thematik beschäftigen möchte, sollte ausreichend Zeit mitbringen, um alle drei Teile des Themenschwerpunktes – Kernausstellung, Malereischau und Schülerprojekt – zu erkunden.

Bei einem Rundgang durch den gro-ßen Ausstellungsraum wird deutlich, dass es trotz der massenhaften Gefolg-schaft für Hitler in der Bevölkerung ein-zelne Gruppierungen gab, die das Unrechts- und Verfolgungsregime der Nazis nicht unterstützten. Näher vorge-stellt wird die Widerstandsgruppe rund um die Schlesier Helmuth James von Moltke und Peter Yorck von Warten-burg. Als Ort der verschwörerischen Zusammenkünfte diente das Gut der Moltkes in Kreisau.

„Leben unterm Hakenkreuz“ ist der Titel des ergänzenden Schülerprojektes, das der Abiturient des Amos-Comenius-Gymnasiums in Bonn-Bad Godesberg, Jannick Tapken, erarbeitet hat. Anhand von Objekten und Zeitzeugenberichten bietet der Schüler Einblicke in den Alltag der Erwachsenen und Jugendlichen zur Zeit des Nationalsozialismus.

Der dritte Ausstellungsbereich ist im Eichendorff-Saal eingerichtet. Unter dem Motto „Verbotene Kunst“ sind Bilder zu sehen, die der Maler Karl Schmidt-Rott-luff (1884-1976) im Auftrag von Hel-muth James von Moltke geschaffen hat. Eigentlich hätte es weder die großforma-tigen Landschaftsaquarelle noch die klei-nen Pastelle geben dürfen, weil Schmidt-Rottluff in jener Zeit auf Geheiß der „Reichskammer der bildenden Künste“ dem Malverbot unterlag.

Das Haus-Schlesien-Team hat ein breit-gefächertes Begleitprogramm zu den Ausstellungen zusammengestellt. So etwa erfreute sich Mitte Dezember 2014 der Vortrag „Zu Gast bei Freya von Molt-ke (1911-2010)“ von Annemarie Fran-ke, Kulturreferentin für Schlesien, Gör-litz, einer besonders guten Besucherreso-nanz.

Für Januar und Februar 2015 sind weitere thematische Führungen und Lesungen anberaumt.

Dieter Göllner

Köpfe von Helmuth James von Moltke und Peter Yorck von Wartenburg vor Haus Schlesien.

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Auch „zwischen den Jahren“ viel zu erlebenVeranstaltungshinweise aus den Museen und Institutionen

Weihnachtliches Brauchtum

Wer weihnachtliches Brauch-tum in Schlesien kennenler-nen möchte, hat bis zum 18. Januar 2015 Gelegenheit, im HAUS SCHLESIEN in Königswinter-Heisterbacher-rott eine traditionelle Krip-penausstellung zu besichti-gen. Der „Krippenweg“ führt

durch das gesamte Haus. Bei einem Rundgang ist u.a. zu erfahren, dass die Kunsthand-werker in den einzelnen Regionen Schlesiens Krippen aus verschiedenen Materiali-en fertigten. Weit verbreitet waren Exponate aus Holz sowie Kastenkrippen.Bis zum 8. März 2015 sind im HAUS SCHLESIEN die Ausstellungen „Der Kreisauer Kreis – Neuordnung im Widerstand gegen den Natio-nalsozialismus“ und „Verbo-tene Kunst“ mit Malereien, die Karl Schmidt-Rottluff für Helmuth James von Moltke geschaffen hat, geöffnet. Neben Führungen sind wei-tere Begleitprogramme anbe-raumt. So ist für den 22. Feb-ruar 2015 die Lesung „Außer dem Leben können sie Dir ja nichts nehmen...“ geplant. Die Schauspieler Jovita Der-mota und Jochen Striebeck lesen aus den Abschiedsbrie-fen von Helmuth James und

Freya von Moltke, die vor 70 Jahren geschrieben wurden. Am 23. Februar wird die Lesung speziell für Schulklas-sen angeboten.

Hotzenplotz in Ratingen

Besucher des Oberschlesi-schen Landesmuseums in Ratingen-Hösel können bis zum 18. Januar 2015 die Geschichten rund um die kleine Hexe und den Räuber Hotzenplotz erkunden. Otfried Preußler (1923- 2013), Autor dieser Erzäh-lungen, wäre im Jahr 2013 90 Jahre alt geworden. Preußler fühlte sich seiner böhmischen Heimat stets ver-bunden. In seinen Kinderbü-chern verarbeitete er Geschichten von Zaubermän-nern, Hexen, Gespenstern,

Wassermännern und Raub-schützen, die ihm seine Großmutter erzählte.Derzeit ist im OSLM auch die Ausstellungstrilogie „Heimat-Weh“ der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen als Bei-trag zur historisch-politischen Bildung zu besichtigen. Der Besuch der Ausstellung ist übrigens auch für Schüler aller Altersstufen geeignet.Erstmals präsentiert sich der Bergische Künstlerbund (BKB) vom 31. Januar bis zum 1. März 2015 mit einer

Ausstellung im Oberschlesi-schen Landesmuseum Ratin-gen.

Thema „Erster Weltkrieg“

„Der Weltkrieg – ein Toten-tanz“ heißt die aktuelle Aus-stellung, die im Siebenbürgi-schen Museum Gundelsheim bis zum 15. Februar 2015 zu sehen ist. Anlässlich des Gedenkjahres 2014, in dem sich der Ausbruch des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal jährt, präsentiert das Sieben-bürgische Museum den bis-lang in der Öffentlichkeit nur

wenig bekannten Grafikzyk-lus des aus Kronstadt stam-menden Künstlers und k. u. k. Kriegsberichterstatters Ludwig Hesshaimer (1872-1956). In visionären Bildern verarbeitete der Künstler sei-

ne albtraumhaften Erinne-rungen an den Kriegseinsatz und seine Hoffnung auf Frie-den und Versöhnung. Neben der inhaltlichen Bedeutung der Werke sind die Arbeiten auch in ihrer technischen Ausführung herausragend. Eingesetzt werden eine Viel-zahl grafischer Techniken – von der Kaltnadelradierung bis zum Mezzotinto – um möglichst viele unterschiedli-che Stimmungen der einzel-nen Blätter einzufangen. In der Ausstellung werden auch Zeichnungen Hesshaimers aus dem Krieg gezeigt, die ein realistisches Bild des Solda-tenalltags und der Grausam-

keit der Geschehnisse vermit-teln.Das Siebenbürgische Muse-um Gundelsheim hat auch eine groß angelegte Retros-pektivausstellung angekün-digt, die sich der Wiederent-

Krippe in der Weihnachtsausstellung in Haus Schlesien, zu sehen noch bis zum 18. Januar 2015.

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deckung des aus Agnetheln/Agnita in Siebenbürgen stam-menden Malers, Musikers und Autors Michael Barner, widmen wird. Die Schau wird in Zusammenarbeit mit dem Harbachtalmuseum Agnetheln und der Heimat-ortsgemeinschaft Agnetheln realisiert.

Lesung mit Freya Klier in Lüneburg

Die Dauerausstellung im Ost-preußischen Landesmuseum von Lüneburg kann trotz einiger Baumaßnahmen bis zum 15. Februar 2015 zu großen Teilen besichtigt wer-den. Bis dahin sind noch Vor-träge und Lesungen geplant. In der Rei-he „Muse-um erle-b e n “ berichtet B o d o Richter aus Reetze am 6. Januar 2015 über seine unge-wöhnliche Reise mit einem Traktor in die Heimat der Eltern. Bodo Richter wurde im Spätwinter 1945 während der Flucht aus Ostpreußen geboren. Als Fluchtfahrzeug diente ein damals moderner Lanz Bulldog-Traktor. Die Familie Richter verlor den Traktor trotz vieler Umsied-lung nie ganz aus den Augen und konnte ihn 1979 zurück-kaufen. Im Sommer 2014 fuhr Bodo Richter mit dem inzwischen 75 Jahre alten Traktor in die Heimat seiner Eltern.Am 14. Januar 2015 findet im Ostpreußischen Landes-museum eine Lesung mit Freya Klier unter dem Motto „Wir letzten Kinder Ostpreu-ßens. Zeugen einer vergesse-nen Generation“ statt. Die Autorin zeichnet in ihrem Buch dramatische Schicksale von sieben Kindern aus Ost-preußen nach. „Zwischen Wanderdünen. Nidden – Die

Künstlerkolonie auf der Kuri-schen Nehrung“ ist der Titel eines neuen Streifens, den der litauische Filmemacher Arvydas Barysas im Ostpreu-ßischen Landesmuseum am 20. Januar selbst vorführt. Der Film zeigt die Landschaft der Kurischen Nehrung, das Dorf Nidden und in angedeu-teten Spielszenen die dort arbeitenden Maler. Die Auf-nahmen zu dem Film ent-standen 2013/14 teilweise auch im Ostpreußischen Lan-desmuseum.

Kindheit und Jugend bei den Donauschwaben

Im Donauschwäbischen Zen-tralmuseum Ulm ist auch im ersten Quartal des nächsten Jahres die Sonderausstellung „Gyula das Tauschkind - Kindheit und Jugend bei den Donauschwaben“ zu sehen. Die Präsentation gibt Antwor-ten auf Fragen wie „Wie ent-wickeln sich Kinder und Jugendliche in einer multikul-turellen Gesellschaft? Was prägt sie? Welche Werte, Regeln und Mechanismen bestimmen ihr Heranwach-sen?“Das vom DZM und der

Ulmer Adalbert-Stifter-Gemeinschaftsschule durch-geführte Schülerprojekt „Wir zeigen uns!“ ist in die Aus-stellung eingebunden. Im Rahmen des Programms „Kultur macht stark“ des Bundesministeriums für Bil-dung und Forschung, das bil-dungsbenachteiligte Jugendli-che unterstützt, setzten sich Schüler künstlerisch mit ihrer Identität und Multikulturali-tät auseinander. Parallel dazu, aber auf ganz andere Weise beschäftigten sich auch unga-rische Jugendliche mit ihrer

Identität. Die Schüler der Margit-Kovács-Fachschule für Kunsthandwerk (Kovács Margit Iparmuvészeti Szak-középiskola és Szakiskola) in Raab/Györ folgten während eines Jahres der Aufgabe, das Eigene in sich zu finden und kreativ zu verarbeiten. Die so entstandenen Kunstwerke werden ebenfalls im DZM ausgestellt.

„Abstimmung in Oberschlesien“

In der Martin-Opitz-Biblio-thek Herne bietet Josef Drob-ny am 22. Januar 2015 einen Vortrag zur „Abstimmung in Oberschlesien“. Der chrono-logisch strukturierte Vortrag deckt ein breites Spektrum ab: Beginnend mit der Zeit vor dem und nach dem Ers-ter Weltkrieg über die politi-sche und kulturell-gesell-schaftliche Lage in Oberschle-sien, die territorialen Bestim-mungen um Oberschlesien durch den Vertrag von Ver-sailles bis hin zur Präsentati-on des Abstimmungsgebietes, der Propaganda, der polni-schen Aufstände und der Trennung Oberschlesiens und deren Konsequenzen.

Der am 1. März 1957 in Kreuzenort geborene Refe-rent ist gelernter Maschinen-bautechniker. 1982 übersie-delte er in die Bundesrepub-lik Deutschland.

In Kooperation mit der VHS Herne ist am 19. Febru-ar der Bildervortrag „Masu-ren 1914-45 – Land der Träu-me und Albträume“ vorgese-hen. Die Historikerin Angeli-ka Müller berichtet über eine romantische Region, die zugleich blühendes Feld und Schlachtfeld in Zeiten der Weltkriege war. 100 Jahre

Beginn Erster Weltkrieg und 70 Jahre Ende Zweiter Welt-krieg setzen Erinnerungsmar-ken für die Grenzregion im ehemaligen Ostpreußen.

Ernst Kolbe wird präsentiert

In dem seit Kurzem wieder geöffneten Westpreußischen Landesmuseum Warendorf ist neben der neu k o n z i -p ierten D a u e r-ausstel-lung auch die Sonderschau „Ernst Kolbe. Ein Impressio-nist aus Westpreußen“ zu sehen. Ausgestellt sind 33 Arbeiten des 1876 in Marien-werder/Westpreußen gebo-renen und 1945 in Rathenow verstorbenen Malers aus der hauseigenen Gemäldesamm-lung.

„Deutsch-tschechi-sches Fotoalbum“

Die Sudetendeutsche Lands-mannschaft Bundesverband e.V. mit Sitz in München ver-meldet, dass Ministerpräsi-dent Horst Seehofer, Schirm-herr der Sudetendeutschen Volksgruppe, im Dezember 2014 die Repräsentanz des Freistaates Bayern in Prag eröffnet hat. In seiner Anspra-che dankte der Ministerpräsi-dent den Sudetendeutschen und ihrem Sprecher Bernd Posselt für die konstruktive Begleitung dieses Projektes. Der Volksgruppensprecher Posselt wiederum betonte, dass es dank der mutigen Politik Seehofers gelungen sei, die Annäherung soweit voranzutreiben, dass nun ganz Bayern an der Moldau vertreten sei.Eine neue Ausstellung der Heimatpflegerin der Sudeten-deutschen, Dr. Zuzana Finger,

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ist dem „Deutsch-Tschechi-schen Fotoalbum“ gewidmet. Die Vernissage fand im Sude-tendeutschen Haus in Mün-chen im Beisein von Dr. Ondřej Černý, Direktor des Tschechischen Zentrums München, und Bernd Pos-selt, Schirmherr der Ausstel-lung, im Sudetendeutschen Haus in München statt. Im Rahmen der Schau präsen-tiert Dr. Dieter Klein Schätze aus privaten Familienalben von der Donaumonarchie bis etwa 1950. Die Ausstellung ist bis zum 13. Februar geöff-net.

„Zeitkante“ im GHH

Bis zum 7. Januar 2015 kön-nen Kunstfreunde im Düssel-dorfer Gerhart-Hauptmann- Haus (GHH) an der Bismarck-straße die Ausstellung „Zeit-kante“ besichtigen. Der Ver-ein Düsseldorfer Künstlerin-nen bereichert übrigens schon seit s e i n e m G r ü n -dungsjahr 1911 mit Ausstellun-gen und Aktionen die Düssel-dorfer Kunstszene. Der Ver-ein bildet ein Forum für Künstlerinnen und Künstler, die in allen Bereichen der bil-denden Kunst tätig und durch Ausbildung, Beruf oder Wohnsitz mit der Stadt Düs-seldorf verbunden sind. Die Künstlerwerkstatt im Gerhart-Hauptmann-Haus sieht in der Ausstellung „Zeit-kante“ eine willkommene und spannungsreiche Ergän-zung in der Wahrnehmung zeitgeschichtlicher Ausstel-lungen.Für den 18. Januar 2015 ist im Gerhart-Hauptmann-Haus eine Veranstaltung zur Tragi-komödie von Gerhart Haupt-mann „Die Ratten“ geplant.

Expressionisten kom-men nach Greifswald

Wer in der Weihnachtszeit und während des Jahres-wechsels ein paar Stunden der Muße in einem Museum verbringen möchte, kann das beispielsweise im Pommer-schen Landesmuseum von Greifswald tun. Im Literatur-zentrum Vorpommern ist bis zum 10. Januar 2015 die Ausstellung im Rahmen des Festivals polnischer Kultur „polenmARkT Warschau“

unter dem Motto „Ich bin klein, aber wichtig“ zu sehen. Ausgestellt sind Originalillus-trationen aus den im Gimpel-Verlag erschienenen Büchern „Blumkas Tagebuch“ von Iwona Chmielewska und „Fräulein Esthers letzte Vor-stellung“ von Adam Jaromir und Gabriela Cichowska sowie historische Aufnah-men von Janusz Korczak. Die Ausstellung der Internati-onalen Jugendbibliothek München wird vom Litera-turzentrum Vorpommern im Koeppenhaus in Kooperation mit der Kulturreferentin für Pommern präsentiert.

Im Frühjahr 2015 kommen Expressionisten nach Greifs-wald. Die Ostsee war für Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff, die beide der Künstlergruppe „Brücke“ angehörten, die Landschaft ihres Lebens. Erstmals zeigen über 100 Gemälde, Grafiken und Künstlerpostkarten aus Museen und Sammlungen in Europa und Übersee die leuchtenden Visionen der zwei Maler und Fischer in ihrer Entstehungsregion. Die Ausstellung wird unter dem Motto „Zwei Männer – ein Meer“ laufen.

Dieter Göllner

Herne (dod). „Eine Biblio-thek, die sich ausschließlich und sehr erfolgreich mit der Bewahrung des schriftlichen Erbes aus und der Sammlung der alten wie der aktuellen Forschung zur deutschen Geschichte und Kultur in den Regionen des östlichen Euro-pas befasst – eine solche Bib-liothek ist es in besonderem Maße wert, öffentlich gewür-digt zu werden“, betonte Prof. Dr. Detlef Haberland vom Bundesinstitut für Kul-tur und Geschichte der Deut-schen im östlichen Europa bei der Jubiläumsveranstal-tung in Herne.

Die Martin-Opitz-Biblio-thek (MOB) wurde 1989 vom Land Nordrhein-Westfa-len und der Stadt Herne unter finanzieller Beteiligung der Bundesrepublik Deutsch-land als Stiftung errichtet. Bei ihrer Gründung übernahm sie die Bestände der „Büche-rei des deutschen Ostens“. Die Bibliothek wird heute von der Stadt Herne und zu 70 Prozent von der Beauf-tragten der Bundesregierung für Kultur und Medien auf-grund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Landschafts-verband Westfalen-Lippe (LWL) unterstützt die MOB.

Im November 2014 fand eine vom Salonensemble Cantabile musikalisch beglei-tete Feierstunde zum 25-jäh-rigen Bestehen der Bibliothek und des gleichzeitigen 65-jäh-rigen Jubiläums der „Büche-rei des deutschen Ostens“ in Herne statt. Oberbürgermeis-ter Horst Schiereck, der auch Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Martin-Opitz-Biblio-thek ist, verwies in seinem

Grußwort auf die wichtigsten Leistungen und Aufgaben der Bibliothek im vergangenen Vierteljahrhundert. Der Ober-bürgermeister hob auch die Bedeutung der Existenz der MOB gerade in der heutigen Zeit hervor: „Erschreckender-weise werden wir im Jahr 2014 durch den Krieg in der Ukraine und durch schwieri-ge politische wie auch kriege-rische Auseinandersetzungen in vielen weiteren Staaten mit einer gänzlich gegensätz-lichen Politik konfrontiert. Die MOB arbeitet friedlich dagegen an.“

Prof. Dr. Detlef Haberland ging in seinem Festvortrag bis auf den 16. Juli 1948 zurück. Damals wurde die „Bücherei des deutschen Ostens“ in Herne durch einen Beschluss des Kulturausschusses ins Leben gerufen wurde. Die Einrichtung startete mit einem Bücherbestand von weniger als 100 Büchern, bereits 1950 waren es 1.500 Titel. Heute verfügt das Haus über rund 300.000 Bände, 10.000 Periodika und 7.200 Landkarten.

Prof. Dr. Haberland: „Die Bewahrung von schriftlichem Kulturgut ist also kein politi-scher Selbstzweck, sondern sie dient der nachhaltigen Information einer breiten Öffentlichkeit und der Unter-stützung von Forschungen im individuellen und instituti-onellen Rahmen. In diesem Sinne ist eine Bibliothek in keiner Weise als eine rück-wärtsgewandte Institution zu verstehen, sondern als ein Unternehmen, das Zukunfts-perspektiven überhaupt erst ermöglicht.“ D.G.

Rück- und AusblickMartin-Opitz-Bibliothek beging 25-jähriges Jubiläum

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38 DOD 06/2014Nachrichten

Baden-Württemberg undSindelfingen feiern Jubiläen

BdV-Archiv (1)

Innenminister Reinhold Gall: „Die Donauschwaben haben die Kulturlandschaft bereichert“

Sindelfingen (dod). Mit einem gemeinsamen Festakt haben das Land Baden-Würt-temberg und die Stadt Sindel-fingen am Samstag, 11. Okto-ber 2014, in Sindelfingen die Jubiläen ihrer Patenschaften über die Donauschwaben gefeiert. Innenminister Rein-hold Gall hieß die vielen Gäs-te willkom-men und sagte: „Wir sind heute hier zusam-mengekom-men, um zwei beson-dere Jubilä-en, zwei besondere „Obhuts-verhältnisse“ zu feiern: 60 Jahre Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die Donauschwaben und 50 Jah-re Patenschaft der Stadt Sin-delfingen über die Donau-schwaben aus Jugoslawien.“Gall erinnerte an die Geschichte der Donauschwa-ben, die nach den Schrecken der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg vielfach zurück in die Heimat ihrer Väter gekommen seien und sich hier im Südwesten eine neue Heimat geschaffen sowie eine neue Existenz auf-gebaut hätten. Der Minister sagte: „Nur wer selbst den Verlust der Heimat erlebt hat, mag ermessen, welches Leid über die Menschen gekom-men war, mag ermessen, wie viel Kraft und wie viel Willen es gekostet hat, aus dem Nichts von vorne zu begin-nen.“ Die Donauschwaben hätten diese Kraft und diesen Willen aufgebracht und

gemeinsam mit der einheimi-schen Bevölkerung das vom Krieg zerstörte Land wieder aufgebaut. Als die schlimmste Zeit und die schlimmste Not überwunden gewesen seien, hätten die donauschwäbische Herkunft und der Erhalt der donauschwäbischen Kultur eine immer größere Rolle gespielt. Und so sei in Esslin-gen ein „Tag der Donauschwaben“ organisiert worden. Am Abend des 11. September 1954 habe der damalige Ministerpräsident Gebhard Müller erklärt, dass Baden-Württemberg die Patenschaft über die Volks-gruppe der Donauschwaben übernehme.„Wenn ich heute Bilanz von 60 Jahren gelebter Paten-schaft ziehe, dann ist es eine positive Bilanz“, resümierte Gall. Baden-Württemberg habe die Patenschaft in den vergangenen 60 Jahren gut ausgefüllt. Das Land habe vor allem verschiedene Einrich-tungen geschaffen, die dafür sorgten, dass die Kultur der Donauschwaben gepflegt, bewahrt, dokumentiert und präsentiert werde. Im Lauf der Zeit hätten die Einrich-tungen vieles für den Erhalt, aber auch für die Erforschung und die Präsentation der donauschwäbischen Kultur getan. „Ich denke, kein ande-res Bundesland hat sich so für den Erhalt und die Pflege der donauschwäbischen Kultur eingesetzt wie Baden-Würt-temberg“, so der Minister. Die Patenkinder hätten dem Land viel zurückgegeben, indem sie die Kulturland-

schaft unseres Landes in vie-lerlei Hinsicht bereicherten. Ohne ihre Kultur wäre Baden-Württemberg ein gan-zes Stück ärmer. Aus dem gesellschaftlichen und kultu-rellen Leben der Stadt Sindel-fingen seien die Donauschwa-

ben ebenfalls nicht mehr wegzudenken. Und auch die Stadt tue vieles für ihre donauschwäbischen Paten-kinder. So sei beispielsweise das Haus der Donauschwa-ben ohne die Unterstützung der Patenstadt nicht denkbar.

AUSSCHREIBUNG

Kardinal-Bertram-StipendiumAusschreibung 2015

Die Kardinal-Bertram-Stiftung fördert in Verbindung mit dem Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kultur-geschichte e.V. die Erforschung der schlesischen Kirchen-geschichte. Das Institut gewährt jährlich zwei Kardinal-Bertram-Stipendien in Höhe von je 2.000,- €, um For-schungsreisen in Archive innerhalb und außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.

Zur Bearbeitung werden 2015 folgende Themen ausge-schrieben:

1) Pfarrer Johannes Melz (1884-1957). Ein oberschlesi-scher Priester im aktiven Widerstand gegen die braune Diktatur und im Leiden unter der roten Diktatur. Auf der Grundlage der Tagebücher (1933, 1938-1947).

Beratung: Msgr. Dr. Paul Mai, Bischöfl. Zentralbibliothek, St. Petersweg 11-13, 93047 Regensburg, Tel. 0941 /5972522, E-Mail: [email protected]; Dr. Werner Chrobak, Bischöfl. Zentralbibliothek, St. Peters-weg 11-13, 93047 Regensburg, Tel. 0941/5972523, E-Mail: [email protected]

2) Die Not war groß. Dr. Herbert Czaja und seine Bemü-hungen um die Linderung der Not 1946-1953.

Beratung: Prof. Dr. Rainer Bendel, Bangertweg 7, 72070 Tübingen, Tel. 07071/640890, E-Mail: [email protected], Frau Christine Czaja (Stuttgart)

Um ein Kardinal-Bertram-Stipendium können sich Stu-dierende und Absolventen von Hochschulen, insbesondere Theologen und Historiker, bewerben. Bevorzugt werden jüngere katholische Antragsteller. Bewerbungen mit genauer Angabe der Personalien und des Studienganges sind bis spätestens 28. Februar 2015 zu richten an das: Institut für ostdeutsche Kirchen- und Kulturgeschichte e.V., St. Petersweg 11-13, 93047 Regensburg.

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DOD 06/2014 39Nachrichten

Empfang für den BdV-Landesvorsitzenden Arnold TölgÜberraschungsgast zum 80. Geburtstag Innenminister Reinhold Gall MdL

Stuttgart (dod). Der Landes-vorsitzende des BdV-Landes-verbandes Baden-Württem-berg Arnold Tölg vollendete am 30.09. sein 80. Lebens-jahr. Zu diesem Zeitpunkt weilte er mit seinen Kindern in seiner schlesischen Heimat und seinem Geburtsort Königswalde.Der BdV- Landeseh-renvorsit-z e n d e Staa t s se -kretär a.D. Dr. h.c. G u s t a v Wabro hatte namens des BdV-Landesvorstands für den 14. Oktober zu einem Geburtstagsempfang in das Haus der Heimat in Stuttgart eingeladen. Als besondere Ehrengäste konnte Gustav Wabro den früheren Innen-minister und Vorsitzenden des Hauses der Donauschwa-ben Heribert Rech MdL sowie den Beauftragten der CDU-Fraktion für Heimatver-triebene und Flüchtlinge Paul Nemeth MdL, Ministerialdiri-gent Herbert Hellstern sowie die Leitende Ministerialrätin Dr. Christine Meis und weite-re Ehrengäste begrüßen.Überraschungsgast war Innenminister Reinhold Gall MdL, von den Anwesenden mit viel Beifall begrüßt, von Gustav Wabro gleich ein-gangs um ein Grußwort gebe-ten. Der Minister gratulierte Arnold Tölg mit herzlichen Worten und zollte ihm höchs-ten Respekt für seinen Ein-satz im Vertriebenenverband, aber auch für seine langjähri-

ge kommunalpolitische Tätig-keit, darunter als langjähriges Mitglied des Kreistages Calw, und sein Wirken als Vorsit-zender des Turngaus Nord-schwarzwald.Er bedankte sich für die drei-jährige gute Zusammenarbeit und betonte, dass die gemein-same Reise nach Schlesien – mit der beeindruckenden Begegnung mit Erzbischof Nossol – ihm eine bleibende Erinnerung sein werde.Mit dem Dank und allen guten Wünschen für den weiteren Lebensweg schloss der Innenminister seine mit großem Beifall aufgenomme-nen Ausführungen.Weiterer Gratulant war der CDU-Abgeordnete Paul Nemeth. Er überbrachte die Glückwünsche der CDU-Fraktion und des Vorsitzen-den Peter Hauk. Paul Nemeth würdigte im Besonderen das Wirken Arnold Tölgs wäh-rend seiner 24-jährigen Tätig-keit als Abgeordneter in der CDU-Landtagsfraktion. Er bezeichnete ihn als ein Vor-bild für kommende Generati-onen, er nannte ihn einen überzeugten Europäer, der alles habe, was wir brauchen, das Fundament, den Fels unserer Demokratie.Es blieb dem Landesehren-vorsitzenden Gustav Wabro vorbehalten, in seiner anschließenden Laudatio den Jubilar und dessen Wirken als sein Nachfolger im Amt als BdV-Landesvorsitzender seit dem Jahr 1999 zu würdigen. Damit habe Arnold Tölg, so Gustav Wabro, in all den Jah-ren sehr aktiv vieles für die

Heimatvertriebenen, Flücht-linge und Spätaussiedler bewegt und immer wieder über den Landesverband hin-ausgeschaut und in diesem Sinne gewirkt. Seine Wahl in das Präsidium des Bundes der Vertriebenen auf Bundesebe-ne zeige, dass er sich hohes Ansehen weit über Baden-Württemberg hinaus erwor-ben habe. Dabei hob er als besondere Ereignisse die Ver-anstaltung des BdV-Bundes-verbandes in Anwesenheit des Ministerpräsidenten Erwin Teufel und den 50. Tag der Heimat in Stuttgart mit dem estnischen Staatspräsi-denten Meri sowie den 60. BdV-Landesverbandstag her-vor. Gustav Wabro führte weitere Leistungen von Arnold Tölg an, vor allem sein Bekenntnis zur Charta der deutschen Heimatvertrie-benen und sein Wirken als Zeitzeuge, indem er sich die-ser Geschichtsvermittlung in den Lehrplänen und damit der jüngeren Generation ver-

pflichtet sieht. Gern erinnere er sich der gemeinsamen und belebenden Zusammenarbeit auch mit Geschäftsführer Ulrich Klein.Namens des BdV dankte er Arnold Tölg für dessen vielfäl-tigen Einsatz und überreichte eine gebundene Ausgabe der BdV-Nachrichten aus der Zeit seines Beginns als Landesvor-sitzender als Spiegelbild des Verbandsgeschehens. Für sei-ne Verdienste wurde Arnold Tölg mit hohen Auszeich-nungen geehrt, darunter der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, der Heimatmedaille, der Ernst-Moritz-Arndt-Medaille und anderen Verbandsehrungen.

Es folgten weitere Glück-wünsche anwesender Vor-standsvorsitzender, an deren Schluss Arnold Tölg seiner-seits herzlich dankte, und den vorangegangenen Gratu-lationsreigen humorig mit den Worten quittierte, man habe maßlos übertrieben, aber er verzeihe allen.

Landesvorsitzender von Baden-Württemberg und BdV-Präsidial-mitglied: Arnold Tölg.

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Heimat berührt auchden Gaumen

Unter Leitung der Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rates und Haundorfer SPD-Politikerin Christa Naaß tagte das

Präsidium des Sudetendeutschen Rates erstmals in der Bundes-hauptstadt Berlin. Einer der Hauptpunkte war die Vorbereitung der „Marienbader Gespräche“ vom 10. - 12. Oktober, die erstmals von Christa Naaß geleitet wurden. Unter dem Titel „Die gemeinsame Geschichte – trennt oder verbindet sie?“, hatte die SPD-Politikerin interessante Gesprächspartner zu Gast wie z.B. den Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderhei-ten Hartmut Koschyk MdB und den tschechischen Vizewissen-schaftsminister Arnošt Marks. Der Autor Ralf Pasch stellte sein Buch „Die Erben der Vertreibung“ mit verschiedenen Interview-partnern vor, der Journalist Tomáš Lindner zog Bilanz aus „25 Jahre samtener Revolution“ und Jakub Štědroň, der Direktor des Prager Hauses nationaler Minderheiten beleuchtete neben weiteren Refe-renten das Thema.In Berlin führten die Vertreter der Sudetendeutschen außerdem wichtige Informationsgespräche im Auswärtigen Amt. Das Präsidi-um des Sudetendeutschen Rates, der aus je 15 Repräsentanten der Sudetendeutschen Landsmannschaft sowie der im Bundestag ver-tretenen Fraktionen besteht, vereinbarte, in Zukunft häufiger mit den politisch Verantwortlichen in Berlin zusammenzutreffen. Das Foto entstand im Foyer des Außenministeriums und zeigt von links nach rechts Albrecht Schläger und Ko-Vorsitzender der Seliger- Gemeinde, Generalsekretärin Christa Naaß und Stellvertreterin des mittelfränkischen Bezirkstagspräsidenten.

Naaß (1); Remig (1)

Karlsruhe (dod). Sudeten-deutsche Spezialitäten waren besonders begehrt bei den Besuchern am Stand auf der offerta. Karlsbader Oblaten, Waffeln, Becherbitter und Altvaterlikör fanden großen Anklang. Die musikalischen Darbietun-gen luden zum Mitsin-gen ein und da Musik keine Gren-zen kennt, s t immten auch Besucher des Nachbar-standes von Krasnodar in die Melodien ein. Klaus Hoff-mann, Landesobmann der Sudetendeutschen Lands-mannschaft in Baden-Würt-temberg, freute sich, „dass wir mit unseren heimatlichen Spezialitäten den Geschmack der Besucher getroffen haben.“

Deutsch-Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien, allge-mein als das Sudetenland bekannt, präsentierten sich auch in diesem Jahr auf der großen Verbrauchermesse offerta in Karlsruhe. Das Standkonzept ging auf, denn viele Besucher fanden sich an den Messetagen ein und es gab viele vertiefende Gesprä-che.

Ihre Heimat Sudetenland tragen sie bis heute im Her-zen. Dabei sind sie längst fest verankert in der Gesellschaft. So verwunderte auch man-che Diskussion am Stand über die aktuelle Flüchtlings-situation nicht. Schließlich sind Ähnlichkeiten zwischen dem eigenen Schicksal und

Sudetendeutsche Vielfalt auf der offerta in Karlsruhe präsentiert

dem der Vertriebenen und Flüchtlinge von heute durch-aus vorhanden. Klaus Hoff-mann zog auch Parallelen: „Vor sieben Jahrzehnten kamen die deutschen Hei-matvertriebenen aus Mittel- und Osteuropa in ein zerstör-tes Nachkriegsdeutschland; sie packten an, wurden aner-kannt in der Gesellschaft und Teil des Wiederaufbaus. Geben wir den heutigen Hei-matvertriebenen aus der gan-zen Welt die Chance sich bei uns anzusiedeln und auch Teil unserer Gesellschaft zu werden.“

Vor wichtigen Ereignissen sudetendeutscher Geschich-te, die wieder auf der Rück-wand des Messestandes auf-gezeigt wurden, pflegten Vertreter der Egerländer Gmoin, der Böhmerwäldler, der Altvaterrunde, der Kreis-gruppe aus Stuttgart, der Klöppelgruppe aus Heilbronn und der DJO-Deutsche Jugend in Europa den Aus-tausch mit den Besuchern. Unterstützung fanden die Vertreter der sudetendeut-schen Landsmannschaft auch durch das Haus der Heimat Karlsruhe.

„Es ist uns gelungen mit unserem Stand Aufmerksam-keit zu erzeugen. Wir schät-zen, dass uns mehr als 50.000 Besucher zur Kennt-nis genommen haben“, mein-te Bruno Klemsche, Organisa-tionsleiter der Landsmann-schaft. Und weiter führte er aus: „Dies zeigt, dass unsere Idee, sich hier zu präsentie-ren, richtig ist.“ Kern dieser Idee ist, dass neben der Sude-

tendeutschen Landsmann-schaft gerade die sudeten-deutschen Vereinigungen aus Baden-Württemberg eine Möglichkeit bekommen, sich in einem anderen Umfeld präsentieren zu können, als

dies normalerweise der Fall ist. Hier kommen Trachten, Spezialitäten und Mundart anders zur Geltung und wer-den wahrgenommen. Die ganze Vielfalt der Sudetendeut-schen war präsent.

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tionsprojekt mit dem Doku-mentationszentrum von HAUS SCHLESIEN einen Bericht verfasst, den wir gekürzt wiedergeben:

Die traditionsreiche Geschichte Schlesiens steht nach wie vor im Mittelpunkt des didaktischen Programms der Germanistikstudenten der Universität Breslau. Der Erforschung der Region wid-meten sich zwei Seminare mit dem Ziel, das in den Quellen reichlich dokumen-tierte und literarisch fixierte Schlesienbild an ausgewähl-ten Beispielen darzustellen und darüber hinaus den Reichtum des Territoriums im Kontext seiner histori-schen Relevanz für das euro-päische Kulturerbe geltend zu machen.

2014 fand ein deutsch-pol-nisches Kooperationsseminar des „Lehrstuhls für Kultur der deutschsprachigen Länder und Schlesiens“ der Universi-tät Breslau mit HAUS SCHLE-SIEN in der Universität Bres-lau statt, das sich mit dem Thema „Das schlesische Kul-turerbe – zwischen Vergan-genheit und Gegenwart” beschäftigte. Hauptziel des Seminars war die Darstellung der kleinen schlesischen Hei-maten mit ihren Sehenswür-digkeiten und die Beschäfti-gung mit bekannten Persön-lichkeiten, die diesen Orten verbunden waren.

Kennzeichnend für eine Legende ist, dass sie teils wahr, teils erfunden ist. Was es mit Rübezahl, dem Berg-geist des schlesischen Riesen-gebirges, einer legendären

Gestalt, die magische Kräfte besitzt, auf sich hat, zeigten Aleksandra Kurzyńska und Natalia Liszka. Rübezahl ist der bekannteste Bewohner des Riesengebirges. Seine Gestalt wurde in verschiede-nen Sagen, Mythen und Mär-chen überliefert, was dazu führte, dass er bis heute in der deutschen, polnischen und tschechischen Kultur bekannt ist. Die nächsten Referate behandelten gleich-falls interessante Themen. Über Hexenprozesse und Hexenverfolgungen sprachen Joanna Deredas und Joanna Jadłowska. Die ersten Hexen-prozesse wurden bereits im Mittelalter geführt, aber die Hexenverfolgungen dauerten auch in Schlesien hunderte von Jahren. Die Zeit der gro-ßen Hexenverfolgungen deckt sich mit den Prozessen in den übrigen Teilen des Rei-ches und wird auf die Jahre 1580-1680 datiert.

Vom Leben und den Aktivi-täten der Prinzessin Marian-ne von Oranien-Nassau berichteten Dorota Kosińska und Aleksandra Krauzy. Die-se höchst fortschrittlich den-kende Frau war sehr emanzi-piert; sie scheute auch schwe-re Arbeit nicht und kümmer-te sich aufopfernd um ihre Mitmenschen.

Im zweiten Teil des Semi-nars lernten die Teilnehmer die Geschichte Kreisaus ken-nen, das heute als deutsch-polnischer Begegnungsort bekannt ist (Referat von Alek-sandra Borowska). Anschlie-ßend folgte ein Vortrag von Iwona Wochnik, die das The-

ma „Reichenbach im Spiegel der Erinnerungskultur“ behandelte. Hauptziel der Studie ist, die Vielfältigkeit der lokalen Kulturen vor dem Hintergrund der stets aktuel-len Debatte über Gedächtnis-kulturen zu präsentieren. Kinga Oworuszko schließlich brachte den Zuhörenden ihr Dissertationsvorhaben näher: Die Doktorandin untersucht das von den „Schlesischen Provinzialblättern“ vermittel-te Bild Preußens und seiner Bewohner.

Den jungen Teilnehmern bot das Seminar eine einzigar-tige Gelegenheit, die Geschichte der schlesischen Region, vor allem ihren Kul-turreichtum in Begegnungssi-tuationen zu erleben, an denen Menschen und Grup-pen aus verschiedenen Kultu-ren in diversen zeitlichen Zusammenhängen mitge-wirkt haben und weiterhin mitwirken.

Iwona Wochnik,Agnieszka Nawrat

Nachrichten

Königswinter/Agneten-dorf (dod). Die Universität Breslau verfügt weltweit über das größte Institut für Germa-nistik im Ausland. Besonders aktiv in den Kontakten zu deutschen Hochschulen und Institutionen zur Förderung des wissenschaftlichen Dia-logs und des studentischen Nachwuchses ist hierbei der „Lehrstuhl für Kultur der deutschsprachigen Länder und Schlesiens/Zakład Kultu-ry Krajów Niemiecko- języcznych i Śląska“ unter der langjährigen Leitung von Prof. Dr. habil. Marek Hałub. Durch ihre nachhaltigen Initi-ativen haben Prof. Hałub und die Dozenten seines Lehr-stuhls einen bedeutenden Anteil an der positiven Ent-wicklung der Beschäftigung mit Schlesien und den frucht-baren Beziehungen zwischen polnischen und deutschen Wissenschaftlern. Seit dem Jahr 1999 arbeitet der Lehr-stuhl u.a. eng mit dem HAUS SCHLESIEN zusammen, indem mit Unterstützung des Bundesministeriums des Innern jährlich eine 30-köpfi-ge Studentengruppe zu einem einwöchigen Seminar nach Königswinter eingela-den wird. In diesem Jahr führte der Lehrstuhl zudem unter der Federführung von Frau Dr. Anna Mańko-Matysiak zwei Kompaktsemi-nare in Schlesien durch, eines in Kooperation mit HAUS SCHLESIEN sowie eines mit dem Gerhart-Hauptmann- Haus in Agnetendorf. Zwei Teilnehmerinnen des Semi-nars haben zu dem Koopera-

Auf den Spuren der schlesischen Kulturgeschichte

Prof. Dr. Anna Mańko-Matysiak.

Studenten der Breslauer Germanistik erkunden ihre Region

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in München schon unver-gleichlich kleiner geworden sei als in den frühen Jahren in Darmstadt oder Augsburg, wo die Idee der Gründung des Bukowina-Instituts gebo-ren wurde, so wisse man, dass über sechs Jahrzehnte viel geschaffen worden sei, viel geblieben sei, eine Berei-cherung für unser Land. L o b e n d ä u ß e r t e sich der Präs ident und Vorsit-zende des Hilfswerks Schwaben-Bukowina auch über die gute Zusammenarbeit in vielen Bereichen mit den beiden Regionen der historischen Bukowina. Zuversichtlich klangen auch die Worte in Verbindung mit der Zukunft des Augsburger Instituts an der Universität und der Schaf-fung einer Junior-Professur an dieser Universität.Als Referenten zum Jubiläum der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen hatte der Bundesvorstand Dr. Ort-fried Kotzian eingeladen, einen „Wahl-Bukowiner“, der mit am Anfang der Grün-dung des Augsburger Buko-wina-Instituts stand und über ein Jahrzehnt den Auf- und Ausbau der Forschungs- und Dokumentationsstelle als Geschäftsführer leitete. Dr. Kotzian erinnerte an weniger öffentlich bekannte Ereignis-se aus der Gründungszeit, vor allem aber zeigte er anhand des Einsatzes ver-dienter Persönlichkeiten um

das Institut, um die Bezie-hungen zur Bukowina und den Buchenlanddeutschen, nämlich des früheren langjäh-rigen Bezirkstagspräsidenten Dr. Georg Simnacher sowie des stellvertretenden Insti-tutsvorsitzenden seit der Gründung Prof. Dr. Pankraz Fried auf, wo Chancen für die Zukunft einer zahlenmä-ßig schrumpfenden lands-mannschaftlichen Gruppe lägen: in einer offenen Inter-essengemeinschaft für diese Region und die Menschen hier und dort. Zum Vergleich ging er auf die Bukowiner Gemeinschaften in Amerika, Kanada und Brasilien ein, kei-ne großen Gemeinschaften, aber gut vernetzte und mit Präsenz in den modernen Medien. Als wesentlichen Erfolgsgarant nannte der Red-ner aber das aktive Mitwir-ken der Glieder dieser Gemeinschaft, in der nicht mehr die Quantität so wich-tig sei, sondern Aktivität die Qualität ergebe. Die Rolle des Bukowina-Instituts und der Zeitung als wichtigste Aus-kunfts- und Vermittlerstellen sowie als Informationsbörsen sollten dabei jedoch gestärkt und gefördert werden.Was frühere Bundestreffen wesentlich kennzeichnete und vordergründig er-wünscht war, belegt folgen-des Zitat nach einem Treffen Mitte der 80er Jahre: „Das Glücksgefühl, Freunde und Bekannte nach so langer Zeit wiederzusehen, kann man nicht beschreiben.“Was sagt uns Jungen die Bukowina und kann man

sich als Jugendliche/r in einer Landsmannschaft wohl oder gar gut aufgehoben fühlen. Das waren Fragen, die an das jüngste Mitglied des Treffens gerichtet wurden. Manuela Heinrich – ihr Vater und ihr Freund waren auch beim Treffen – zeigt Interesse sowohl an der Region, die sie schon besucht hat, und ihren Menschen. Sie hat sich infor-miert, hat zuhören und so die Menschen in ihrem Verein verstehen gelernt. Sie fühlt sich gut aufgehoben.Ganz anders als frühere Bun-destreffen war der Sonntag in München geplant, der Bahn-streik, der auch die meisten öffentlichen Verkehrsmittel in München erfasste, ließ auf einige Punkte verzichten. Nur die kleine Gruppe aus Augsburg besuchte wie bei der Gründung den katholi-schen Frühgottesdienst in der Sankt Benno-Kirche, die damalige evangelische Mat-thäus-Notkirche gibt es nicht mehr.Der Abschluss fand am Sonn-tag wie geplant im Augusti-nerkeller ab 10 Uhr statt. Eine Gruppe war abgereist, andere neu hinzugekommen. Sie begegneten sich am Grün-dungsort zu Gesprächen, Kaf-fee und Kuchen, gutem Bier und einem Mittagessen. Zum Abschied hieß es allgemein: Es war eine gute Veranstal-tung, die sich wesentlich von den früheren darin unter-schied, dass es keine Feier war! Zum ersten Mal gab es keinen Tanz zum Abschluss. Auch das sind Zeichen!

Luzian Geier

Buchenländer Jubiläum in München 2014Es war ein andersartiges Bundestreffen

Privat (2); BdV-Archiv (1); CDU-Niedersachsen (1)

Das wichtigste Ereignis für den Verband der Buchen-landdeutschen war in diesem Jahr das Jubiläumstreffen anlässlich des 65. Jahrestages der Gründung der „Lands-mannschaft der deutschen Umsiedler aus der Bukowina in Deutschland e. V.“ am 9. Oktober 1949 in München.Der Begrüßung der Ehrengäs-te schloss der Bundesvorsit-zende Worte des Dankes an und bot eine kurze Einschät-zung der Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, die über 65 Jahre lang weit mehr war als nur eine Anlauf-stelle für Landsleute mit ihren Sorgen und Anliegen, die einen hohen gesellschaftli-chen Beitrag geleistet hat bei der allgemeinen Integration der Buchenlanddeutschen und ihrer Nachkommen.Nach dem Mittagessen sprach der Schirmherr des Jubiläumstreffens, Jürgen Rei-chert, Bezirkstagspräsident von Schwaben und somit „Pate“ der Buchenlanddeut-schen seit elf Jahren. Präsi-dent Reichert ist eine guter Kenner der Bukowina und äußerte sich sehr zufrieden über den vollzogenen Wan-del von der Patenschaft für eine Gemeinschaft von vor einem halben Jahrhundert zu einer internationalen regiona-len, einzigartigen Partner-schaft im Europa der Regio-nen. Dem Auftrag der damali-gen Patenschaftsurkunde sei-en beide Seiten nachgekom-men, auch heute sei der Bezirk Schwaben die wich-tigste Stütze dieser Lands-mannschaft. Wenn der Kreis

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PERSONALIEN

Peter Michael Braun mit dem Stamitz-PreisausgezeichnetMit dem Johann-Wenzel-Stamitz-Preis 2014 wurde der in Falkenstein lebende Komponist Peter Michael Braun ausgezeichnet. Der Große Musikpreis der Künstler-Gilde e.V. Ess-lingen wurde 1960 begründet mit Otto Besch als erstem Preisträger. Die seit-dem Ausgezeichneten repräsentieren ein halbes Jahrhundert deutscher Musikkultur. Zu den Preisträgern gehören u.a. Günter Bialas, Heinz Tiessen, Karl Michael Komma, Peter Eben und Josef Ehrlich. Zuletzt wurde der Stamitz-Preis an Viola Dinescu (2012) und Gerhard Deutschmann (2013) verge-ben. Die Preisverkündung erfolgte am 29. Oktober 2014 in der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Mann-heim durch den Bundesvorsitzenden der Künstler-Gilde, Prof. Wolfgang Schulz, im Rahmen eines Konzerts des Kur-pfälzischen Kammerorchesters Mannheim vorgenommen.Peter Michael Braun war nach dem Musikstudium früh als Komponist auf Festivals für Neue Musik erfolgreich. Von 1978-2001 lehrte er als Professor für Komposition und Musiktheorie an der Staatlichen Hochschule für Musik Mannheim. Seit den achtziger Jahren kam der bisherige Avantgarde-Vertreter zu einer „Neuen Schönheit“ in der Musik und wurde zum Klangmagier. 2011 fand die Urauf-führung des Oratoriums „Das Feuer Gottes“ statt, 2014 der Oper „Neue Menschen“ um die Dichterin Else Lasker-Schü-ler.

Ehrenbürgerschaft von Oppeln an Hans-Gert Pöttering verliehenDie Stadt Oppeln hat die Ehrenbürger-schaft an den Vorsitzenden der Konrad-Adenauer-Stiftung und Präsidenten des Europäischen Parlamentes a.D., Dr. Hans-Gert Pöttering, verliehen. Der lang-jährige Europaabgeordnete erhielt diese Auszeichnung für seine Verdienste bei der Erweiterung der Europäischen Union um die Staaten des ehemaligen Ostblocks und der damit erfolgten Versöhnung und Einigung in Euro-pa.„Als Deutscher die Ehrenbürgerwürde der Stadt Oppeln verliehen zu bekommen, ist Ausdruck des Weges, den unsere beiden Völker in den vergangenen Jahrzehnten aufeinander zugegangen sind“, sagte Hans-Gert Pöttering in seiner Dan-kesrede. Es sei auch Ausdruck des gemeinsamen Weges im vereinten Europa. Die Versöhnung und Freundschaft mit Polen habe sein ganzes politisches Leben begleitet. Die Ehrenbürgerschaft von Oppeln erhielt zugleich Prof. Jerzy Buzek MdEP, ehemaliger polnischer Ministerpräsident und ebenso Präsident des Europäischen Parlamentes a.D. Die Auszeichnungen im Rathaus von Oppeln erfolgten im Rah-

men des „Colloqium Opole – 10 Jahre gemeinsam in Euro-pa“ statt. Die Ehrenreden für Hans-Gert Pöttering und Jerzy Buzek hielten der polnische Außenminister Grzegorz Schetyna und die Europaabgeordnete Danuta Jazlowiecka.

Dr. von Sydow Bundessprecher derLandsmannschaft Berlin-Mark BrandenburgDie Bundesversammlung der Lands-mannschaft Berlin-Mark Brandenburg hat am 14. Oktober 2014 in Fürsten-walde Dr. Bernd von Sydow zu ihrem neuen Bundessprecher gewählt; von Sydow übte dieses Amt schon zuvor kommissarisch aus. Als Stellvertreter wurde Karl-Heinz Cohrs bestätigt, zum Schatzmeister Jochen Ullrich gewählt. Die Beisitzer Hans Büttner und Dr. Klaus Klinke wurden in ihren Ämtern bestätigt.Beschlossen wurde, den Rat der Landsmannschaften zu stärkerem Engagement in Richtung Polen zu ermutigen und ihn hierbei zu unterstützen. Gedenkstätten in den ehemals deutschen Gebieten müssten stärker geschützt, noch vor-handene deutsche Friedhöfe in eine würdige Form gebracht werden. Zur Erinnerung an den östlichen Teil der Provinz Brandenburg seien Gedenksteine an den Oderbrücken wün-schenswert, insbesondere in Frankfurt (Oder).Abschließend würdigte Dr. von Sydow wichtige Erfolge, die maßgeblich dem Bund der Vertrieben zu danken seien: die Bestimmung eines „Gedenktages für die Vertreibung“ und der Aufbau des „Zentrums für Flucht, Vertreibung und Ver-söhnung“ in Berlin. Die Landsmannschaft werde ihre Zusammenarbeit mit dem BdV intensivieren.

Schlesiersprecher Sauer bestätigtBei der Landesversammlung der Lands-mannschaft Schlesien in Niedersachsen wurde der langjährige Bundestagsabge-ordnete Helmut Sauer (Salzgitter), Mit-glied des CDU-Bundes- und Landesvor-standes sowie ehemaliger Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen, einstimmig in Duderstadt in seinem Amt als Landes-vorsitzender bestätigt. Sauer führt die Schlesier im Patenland Niedersachsen seit 1982. Sauer lobte die Niedersächsische Landesregie-rung dafür, dass sie ihre Patenrolle den Schlesiern gegen-über ernst nehme. Dafür sei auch die würdige Verleihung des Schlesischen Kulturpreises in der Leopoldina der Uni-versität Breslau mit einer bemerkenswerten Rede des nie-dersächsischen Innenministers Pistorius (SPD) ein gutes Zeichen gewesen. Sauer bedauerte und kritisierte, dass Polen im Bereich „muttersprachlicher Deutschunterricht“ noch immer seine Obhutspflicht der deutschen Volksgruppe gegenüber verletze. So fehlten nach wie vor deutschsprachi-ge Schulen und Kindergärten.

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SJD (1)

Wels (dod). Am 25. Okto-ber 2014 fand in der Stadthal-le Wels unter dem Motto „Aus Tradition und Liebe zum Tanz“ eine Premiere statt: Die 1. Internationale Volkstanzveranstaltung, orga-nisiert von der Siebenbür-gisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) und dem Bundesju-gendver-band der Siebenbür-ger Sach-sen in Österreich. Eingeladen waren Tanzgruppen aus den Föderationsländern der Sie-benbürger Sachsen, also Österreich, Deutschland, den USA, Kanada und Siebenbür-gen. Insgesamt 24 siebenbür-gische Tanzgruppen folgten dieser Einladung und reisten aus Österreich, Siebenbürgen und Deutschland mit insge-samt über 520 Tänzerinnen und Tänzern an.

Am Vormittag um 10 Uhr eröffneten die Festreden das Tanzfest: Manfred Schuller, Stellvertretender Bundesob-mann und Referent für Jugendarbeit des Bundesver-bandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich, Edwin-Andreas Drotleff, kommissarischer Bundesju-

gendleiter der SJD, Volker Petri, Bundesobmann des Bundesverbandes der Sieben-bürger Sachsen in Österreich, Rainer Lehni, Stellvertreten-der Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen e.V. und Vorsitzen-der der Landesgruppe Nord-rhein-Westfalen sowie Johann R e i n d l - S c h w a i g h o f e r, Gemeinderat der Stadt Wels richteten das Augenmerk auf die Wichtigkeit der Jugendar-beit und zeigten sich begeis-tert von der Art dieser Veran-staltung. In zwei Tanzrunden führte jede der Gruppen jeweils einen selbst gewähl-ten Volkstanz vor und begeis-terte mit ihrer Freude am Tanzen und ihren aufwändi-gen und reich verzierten Trachten das Publikum.

Unterschiedliche Interpretationen

Die Besonderheit des Gen-res „Volkstanz“ wurde durch die unterschiedlichen Inter-pretationen gleicher Tänze und ihrer Tanzbeschreibun-gen deutlich. Die Tanzgruppe Wels schließlich entzückte das Publikum mit ihren klei-nen Tänzerinnen, die – nur 2½-jährig – mit großem Enthusiasmus und erstaunli-chem Taktgefühl mit den

1. Internationale Volkstanz-veranstaltung der SJDSiebenbürgischer Volkstanz begeistert

Leitwort 2015Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute

Schwungvoll präsentierte sich die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland bei der 1. Internationalen Volkstanzveran-staltung unter dem Motto „Aus Tradition und Liebe zum Tanz“.

Großen mittanzten. Ein gemeinsames Tanzen schloss das Programm des Tages ab – sozusagen eine große Tanz-probe, in der einige Tänze zusammen gelernt wurden. Begeistert sprach sich auch Dr. Fritz Frank, Bundeseh-renobmann des Bundesver-bandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich über den Geist dieser Veranstal-tung aus. Der über 90-Jährige zeigte sich stolz, an diesem Tag teilhaben zu können.

Neue Ideen erfolg-reich umsetzen

Gefördert wurde die 1. Internationale Volkstanzver-

anstaltung der SJD von den deutschen und österreichi-schen Dachverbänden, von der Stadt Wels sowie vom Donauschwäbischen Zentral-museum Ulm. Das Gelingen der Veranstaltung ist den zahlreichen Tanzgruppen zu verdanken, die den Tag zu einem Highlight gemacht haben und ebenso den vielen ehrenamtlichen Helfern, die im Vorfeld und an diesem Tag vollen Einsatz gezeigt haben. Der Erfolg gibt den Organisa-toren recht: Neue Ideen umzusetzen, um Gemein-schaft zu stiften und zu för-dern, ist gerade in der Jugend-arbeit der Vertriebenenver-bände zentral.

Ingrid Hermann

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DOD 06/2014 45Aus den Verbänden

Januar

17.01. Sa. LM der Banater Schwaben/Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland Zentrale Gedenkfeier „70 Jahre Deportation zur Zwangsarbeit in der Sowjetunion“ Gemeinsame Veranstaltungen mit allen südostdeutschen LM und dem Donauschwäbischen Zentralmuseum, Ulm26.-29.01. Mo.-Do. LV Hessen, Kulturelle Wintertage, Weilburg

Februar

13.-15. 02. Fr.-So. LM Weichsel-Warthe 18. Geschichtsseminar des Deutschen Geschichtsvereins (DGV) des Posener Landes Gustav-Stresemann-Institut/Bad Bevensen

März

06.-08. 03. Fr.-So. Frauenverband im BdV, Frühjahrstagung, Heiligenhof/Bad Kissingen07.-08. 03. Sa.-So. LM der Banater Schwaben Bundesweite Verbandstagung mit den Vorsitzenden der Kreisverbände und der Heimatortsgemeinschaften der Landsmannschaft, Frankenthal13.-15. 03. Fr.-So. LM der Banater Schwaben, Bundesweites Brauchtumsseminar für Kinder, Allgäu14. 03. Sa. LV Baden-Württemberg, Ostdeutscher Ostermarkt, Haus der Heimat/Stuttgart20. 03. Fr. LM Berlin-Mark Brandenburg, Bundesversammlung, Fürstenwalde/Spree28. 03. Sa. LV Baden-Württemberg, 63. Landesverbandstag des BdV mit Neuwahlen Haus der Heimat/Stuttgart28.03. Sa. LM Westpreußen, Deutsche Minderheit: Frühjahrskonferenz, Danzig28.03.-02.04. Sa.-Do. Pommersche LM, Jahrestagung des Pommerschen Kreis- und Städtetages, Misdroy

April

15.04. Mi. Pommersche LM, Bundesdelgiertentagung, Travemünde24.04. Fr. Bund der Heimatvertriebenen LV Thüringen, Tagung des Frauenverbandes, Greiz25.04. Sa. Karpatendeutsche LM Slowakei, Bundestreffen, Karlsruhe28.04. Di. Bund der Vertriebenen, Jahresempfang, Katholische Akademie/Berlin

Termine derMitgliedsverbändeAlle dem Bundesverband gemeldeten Termine für die kommenden Monate

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46 DOD 06/2014Nachrichten

Tschechischen Republik Bohuslav Sobotka und weite-rer hochrangiger Gäste aus Politik und Verwaltung bei-der Länder die Repräsentanz des Freistaates Bayern in der Tschechischen Republik feier-lich eröffnet.In seiner Rede würdigte Ministerpräsident Seehofer die Einrichtung einer bayeri-schen Repräsentanz in Tsche-chien als Symbol für die gewachsene Freundschaft zwischen Bayern und Tsche-chien und für ein gemeinsa-mes Europa.Die Bayerische Repräsentanz hat ihren Sitz in der ersten Etage eines historischen Gebäudes im Zentrum der Prager Altstadt und ist nur wenige Schritte vom Altstäd-ter Ring entfernt. Diskussi-onsforen, Lesungen, Ausstel-lungen und Konzerte sind vorgesehen. Die Repräsen-tanz will „Schaufenster Bay-erns“ und Ort des gegenseiti-gen Austauschs für bayeri-sche und tschechische Bürge-rinnen und Bürger, Unterneh-men und Organisationen sein.

Vereinfachung für AuslandsdeutscheBerlin (dod). Der Verband der sozialkulturellen deut-sche Gesellschaften in Polen (VdG) und die Landsmann-schaft der Oberschlesier (LdO) haben gemeinsam für eine Vereinfachung des Wahl-rechts für Auslandsdeutsche geworben. In einem Ge-spräch mit dem Parlamentari-schen Staatssekretär, Prof. Dr. Günter Krings, im Bundesmi-nisterium des Innern in Ber-lin betonten die Verbände, die jetzige Regelung sei wenig praktikabel. Vor allem der große Spiel-raum der Wahlleiter vor Ort habe zu krassen Fehlentschei-dungen bei der Erteilung von Wahlscheinen geführt, erklär-ten die Vorsitzenden Bernard

Herausgeber und Verlag: Bund der Vertriebenen - Vereinigte Landsmannschaften und Landesverbände e.V.

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IMPRESSUMKulturpreise wer-den vergebenStuttgart (dod). Die Jury zur Vergabe des Russland-deutschen Kulturpreises des Landes Baden-Württemberg hat die Preisträger des Jahres 2014 im Bereich Kulturver-mittlung ermittelt.Der mit 5.000 Euro dotierte Hauptpreis geht an das Muse-um für russlanddeutsche Kul-turgeschichte in Detmold. Die Jury war sich einig, dass das 1996 aus einer privaten Initiative hervorgegangene Museum am besten dem ent-spricht, was der diesjährige russlanddeutsche Kulturpreis auszeichnen soll: Engage-ment bei der Vermittlung, Verbreitung und Förderung russlanddeutscher Kultur und Identität. Unter der Lei-tung von Dr. Katharina Neu-feld hat das Museum eine sehenswerte Sammlung auf-gebaut und eine beeindru-ckende Aktivität entfaltet, die umso höher einzuschätzen ist, als Dr. Neufeld und ihre Mitstreiter ehrenamtlich tätig sind.Einen mit 2.500 Euro dotier-ten Förderpreis erhält der Literaturkreis der Deutschen aus Russland e.V. Der Litera-turkreis, zurzeit geleitet von Artur Böpple in Herford, engagiert sich seit seiner Gründung 1995 für die För-derung russlanddeutscher Literatur.Eine Ehrengabe in Höhe von 2.500 Euro wird an Rose Steinmark für ihr langjähriges und kontinuierliches Eintre-ten für russlanddeutsche Kul-tur und die Bewahrung russ-landdeutscher Identität ver-liehen.

Bayerische Reprä-sentanz in PragPrag (dod). Bayerns Minis-terpräsident Horst Seehofer hat in Prag im Beisein des Ministerpräsidenten der

Gaida (VdG) und Klaus Plasz-czek (LdO). Ebenfalls sei es in nahezu gleichen Fällen zu unterschiedlichen Entschei-dungen gekommen. „Die Anforderungen der Vertraut-heit mit den politischen Ver-hältnissen und der Betroffen-heit sind so unkonkret, dass sowohl die potenziellen Wäh-ler als auch die Wahlleiter arge Schwierigkeiten damit hatten, sie zu interpretieren“, erläutert Plaszczek die Mise-re. Deshalb habe die LdO direkt nach der Bundestags-wahl eine Petition einge-reicht, um eine Änderung zu erreichen. Immerhin habe der Petitionsausschuss in sei-ner Beschlussempfehlung durchaus zugegeben, dass ein gewisser Konkretisierungsbe-darf bestehe, so Plaszczek weiter. „Insofern war Gesprächsbedarf vorhanden und wir haben die Initiative ergriffen, mit dem Bundesin-nenministerium erste Konsul-tationen aufzunehmen“.

Zusätzliche Mittel von einer Mio. EuroMünchen (dod). Auf Initia-tive der CSU-Fraktion im Bay-erischen Landtag sollen die Zuschüsse für die Sanierung und Modernisierung an Ein-richtungen der Vertriebenen und Flüchtlinge erhöht wer-den. „Wir wollen die Erinne-rung an Flucht und Vertrei-bung bewahren“, verdeut-lichte Josef Zellmeier, Parla-mentarischer Geschäftsführer der CSU-Fraktion im Bayeri-schen Landtag, nach der Ent-scheidung im Haushaltsaus-schuss. „Daher ist es uns wichtig, dass die Einrichtun-gen, die dieses Gedenken lebendig halten, durch den Freistaat Bayern so gut wie möglich unterstützt werden.“

Eine der Einrichtungen, die von den zusätzlichen Mitteln in Höhe von einer Million Euro profitiert, ist die Ost-deutsche Galerie in Regens-burg.

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Kataloge zu Ausstellungen der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen

12,95 € Einzelkatalog30,00 € Katalogsammlung35,00 € Katalogsammlung im Schuber05,00 € Schuber

Die Kataloge zur Ausstellung können online unter [email protected] oder beimZentrum gegen Vertreibungen Organisationsbüro Godesberger Allee 72–74, 53175 Bonn Tel.: 0228 / 81 007 30, Fax: 0228 / 81 007 52bestellt werden.

Deutsches Leben in Mittel- und Osteuropa

Zentrum gegen Vertreibungen

Die Integration der Vertriebenen in Deutschland

Zentrum gegen Vertreibungen

Angekommen

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1 .12.2013 bis 12.02.2014

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Ausstellung der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen

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Diese Ausstellung umfasst im ersten Teil „Die Gerufenen“ die weitgehend unbekannte Heimat der deutschen Volksgruppen außerhalb des Deutschen Reiches mit ihrer Siedlungsge-schichte, im zweiten Teil „Erzwungene Wege“ Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahr-hunderts und im dritten Teil „Angekommen“ die Integration der Vertriebenen und Aussied-ler seit 1945 in Deutschland.

Eintritt frei!

SAALBAU Bornheim60385 Frankfurt am MainArnsburgerstr. 24

18.12.2013 bis 12.02.2014geöffnet täglich8.00 bis 22.00 Uhr(außer 24.12.2013)U-Bahn 4, Haltestelle Höhenstraße

Oberschlesisches LandesmuseumBahnhofstr. 6240883 Ratingen

9.11.2014 bis 6.4.2015Dienstag bis Sonntag11 bis 17 UhrEintritt Erwachsene: 5,00 €Mit Ermäßigung: 3,00 €