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Dritte Expertenrunde: „Kompetente Hilfe beim Absetzen von Antidepressiva und Neuroleptika“ 13. April 2018 | 10 - 17.30 Uhr In den Räumen des Pinellodrom, Berlin-Schöneberg Tagung und Druck gefördert durch: Berliner Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Betroffener (BOP&P) e.V. © Reinhard Wojke Dokumentation

Dokumentation Dritte Expertenrunde: „Kompetente Hilfe beim ... · 2 Wochen. - Für den Fall, dass Clozapin sofort abgesetzt werden müsse, fordern Hersteller Ärzte auf, ihre Patienten

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Dritte Expertenrunde:

„Kompetente Hilfe beim Absetzen von Antidepressiva und Neuroleptika“

13. April 2018 | 10 - 17.30 Uhr

In den Räumen des Pinellodrom, Berlin-Schöneberg

Tagung und Druck gefördert durch:

Berliner Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Betroffener (BOP&P) e.V.

© Reinhard Wojke

Dokumentation

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BOP&P e.V. : Psychexit Expertenrunde 3 - 2018

Impressum

Herausgegeben von der Berliner Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Betroffener (BOP&P) e.V.1. Auflage 2018

BOP&P e.V. | Belziger Str. 1 | 10823 Berlin

Unser besonderer Dank gebührt dem Paritätischen Wohlfahrtsverband – Landesverband Berlin e.V., insbe-sondere Herrn Christian Reumschüssel-Wienert und Uwe Brohl-Zubert, für die finanzielle Unterstützung und dem Team vom Pinellodrom für die Räumlichkeiten und das Catering.

InhaltsverzeichnisSeite

Programm 3

Nachruf auf Helga Wullweber 4

Schadensersatzansprüche gegenüber pharmazeutischen Unternehmen aus der Gefährdungshaftung gemäß § 84 des Arzneimittelgesetzes im Zusammenhang mit dem Absetzen von Antidepressiva und NeuroleptikaDr. jur. Marina Langfeldt, Karlsruhe

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Zur Toleranzentwicklung bei langfristiger Psychopharmaka-Einnahme aus klinischer SichtProf. Dr. Uwe Gonther

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Patienten Aufklärung MedikamenteAmeos

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Zur Technik der MedikamentenreduktionJann E. Schlimme, Uwe Gonther

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Pflegerische Begleitung beim Reduzieren und Absetzen von PsychopharmakaHilde Schädle-Deininger

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Solidaritätsaufruf

Beteiligte an der Planung der Expertenrunde 32

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Programm 9.30 Uhr Empfang10.00 Uhr Begrüßung und Eröffnung10.30-11.30 Uhr Impulsreferat 1 und Diskussion | Dr. jur. Marina Langfeldt: „Schadensersatzansprüche gegenüber

pharmazeutischen Unternehmen aus der Gefährdungshaftungshaftung gemäß § 84 des Arzneimittelgesetzes im Zusammenhang mit dem Absetzen von Psychopharmaka“

11.30-12.30 Uhr Impulsreferat 2 und Diskussion | Prof. Dr. med. Uwe Gonther: „Toleranzbildung und Behandlungsresistenz bei Antidepressiva und Neuroleptika“

12.30-13.30 Uhr Mittagspause13.30-14.30 Uhr Impulsreferat 3 und Diskussion | Dr. med. Sonja Bülau: „Absetzen von langjährig verabreichten Kombinationen

von psychiatrischen Psychopharmaka, insbesondere Antidepressiva und Neuroleptika“14.30-15.00 Uhr Kaffeepause15.00-16.00 Uhr Impulsreferat 4 und Diskussion | Hilde Schädle-Deininger: „Pflegerische Begleitung beim Reduzieren und

Absetzen von Psychopharmaka“16.00-17.00 Uhr Homepage: www.absetzen.info

Die Konfliktfelder und möglichen Lösungsstrategien sind vielfältig und komplex - deshalb freuen wir uns auf die intensive und konstruktive Diskussion mit erfahrenen Fachleuten aus allen Richtungen. Hierfür haben wir nach den 15-minütigen Impulsreferaten insbesondere das Diskussionsformat des Open Space vorgesehen, um in ungezwungener Atmosphäre, „ressortübergreifend“ und lösungsorientiert weiter die vier Schwerpunkte zu kommunizieren. Hierfür sind jeweils ca. 30 Minuten vorgesehen, anschließend werden die Ergebnisse besprochen und zusammengetragen.

Teilnehmer*innen:o Mediziner: Sonja Bülau, Uwe Gonther, Frank Puchert, Jann Schlimme, Henrik Walter.o Betreuer, Diensteanbieter, Pfleger, Psychotherapeuten & Sozialarbeiter: Judith Becker, Christian Burr,

Anna Emmanouelidou, Thomas Floeth, Hilde Schädle-Deininger, Gaby Sohl, Björn Trenker, Martin Urban, Susi-Ulrike Winkler.

o Juristen: Marina Langfeldt.o Experten aus Erfahrung: Regina Bellion, Ludger Bruckmann, Martina Gauder, Iris Heffmann, Peter

Lehmann, Andreas Liebke, Stephanie Scholz, Reinhard Wojke.o Angehörige: Renate Seroka, Gudrun Weißenborn.

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Schadensersatzansprüche gegenüber pharmazeutischen Unternehmen aus der Gefährdungshaftung gemäß § 84 des Arzneimittelgesetzes im Zusammenhang mit dem

Absetzen von Antidepressiva und Neuroleptika

Handout

Dr. jur. Marina Langfeldt, Karlsruhe

2017 ist ein Buch von Peter Lehmann, Volkmar Aderhold, Marc Rufer und Josef Zehentbauer erschienen mit dem Titel »Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika – Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen. Mit einem Exkurs zur Wiederkehr des Elektroschocks«. Der heutige Vortrag geht zurück den Aufsatz von Peter Lehmann in dem genannten Buch über »Risiken und Schäden neuer Antidepressiva und atypischer Neuroleptika« und die dort genannten Substanzen, d.h. die neuen Antidepressiva und Neuroleptika sowie die beiden Referenzpräparate Imipramin und Haloperidol.

Peter Lehmann hat in seinem Aufsatz die Fachinformationen für diese Medikamente aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgewertet und in alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt. Dieses Handout enthält zunächst eine Synopse der Passagen in den Fachinformationen, die sich auf das Absetzen dieser Medikamente und dessen mögliche Folgen beziehen, sortiert nach dem sehr unterschiedlichen Umfang dieser Informationen1.

Die Uneinheitlichkeit der Fachinformationen führt zu der Frage, ob die Praxis der pharmazeutischen Unternehmen, Ärzte hinsichtlich des Absetzens dieser Medikamente mit vagen und sehr unterschiedlichen Informationen zu versorgen, rechtliche Konsequenzen haben könnte. In Betracht kommt hier eine Gefährdungshaftung aus § 84 des Arzneimittelgesetzes (AMG) für Schadensersatzansprüche gegenüber pharmazeutischen Unternehmen für die Fälle, in denen ein Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Fachinformation eingetreten ist.

In der Synopse werden die juristischen Begriffe „Nebenwirkungen“ und „schädliche Wirkungen“ verwendet, da diese Terminologie dem im Anschluss daran im Auszug wiedergegeben Text des Arzneimittelgesetzes (AMG) entspricht. Damit soll nicht verkannt werden, dass in der Medizin stattdessen der Begriff „unerwünschte Wirkungen“ gebräuchlich ist.

I. Synopse der Hinweise auf die Nebenwirkungen und schädlichen Wirkungen sowie die Art des Absetzens

Medikament Hinweise auf Nebenwirkungen / schädliche Wirkungen des Absetzens

Hinweise auf die Art des Absetzens

1. Keine Entzugsprobleme, abruptes Absetzen möglich

Agomelatin (Thymanax, Valdoxan)

Laut Herstellerfirma kann Agomelatin abrupt abgesetzt werden, Entzugsprobleme würden nicht auftreten.

2. Keine Hinweise auf Nebenwirkungen / schädliche Wirkungen, abruptes Absetzen möglich

Vortioxetin (Brintellix)

Keine Hinweise Falls Vortioxetin abgesetzt werden soll oder will, könne laut Herstellern die Einnahme abrupt beendet werden.

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3. Keine Hinweise auf Nebenwirkungen / schädliche Wirkungen des Absetzens und die Art des Absetzens

Asenapin (Sycrest)

Keine Keine

Loxapin (Adasuve)

Keine Keine

Lurasidon (Latuda)

Keine Keine

Sulpirid (Dogmatil, Meresa, Meresasul, Sulpivert, Vertigo-Meresa, Vertigo-neogama)

Keine Keine

Ziprasidon (Zeldox)

Keine Keine

4. Ein oder mehrere Hinweise auf Folgen des Absetzens, keine Hinweise zum Absetzen

Aripiprazol (Abilify, Alcartis, Arileto, AripiHexal, Aripipan, Arpoya)

Hersteller fordern Ärzte auf, Aripiprazol abzusetzen, wenn ein malignes neuroleptisches Syndrom (Symptomenkomplex aus Fieber, Muskelsteifheit und Bewusstseinstrübung2) oder Zeichen einer tardiven Dyskinesie (Symptomenkomplex aus chronischen Muskelstörungen) auftreten. Diese Störung könne allerdings auch erst nach Absetzen des Neuroleptikums sichtbar werden.

Keine

Paliperidon (Invega, Trevicta, Xeplion)

Hersteller fordern Ärzte auf, das Absetzen von Paliperi-don in Betracht zu ziehen, wenn Anzeichen einer tardiven Dyskinesie auftreten oder es Paliperidon-bedingt zur Zu- oder Abnahme weißer Blutkörperchen kommt. Bei Anzei-chen eines malignen neuroleptischen Syndroms müsse Paliperidon abgesetzt werden, wobei bei dem Depot- Präparat Trevicta die lange Wirkdauer zu berücksichtigen sei. Paliperidon wurde nach einer einzelnen Trevicta-Dosis bis zu 18 Monaten im Blut nachgewiesen.

Keine

Reboxetin (Edronax, Solvex)

Die Herstellerfirma Pfizer informiert, nach Markteinführung von Reboxetin sei es zu Spontanberichten über Absetz-symptome einschließlich Kopfschmerzen, Benommenheit, Nervosität und Übelkeit gekommen. Jedoch habe sich in diesen Berichten »kein einheitliches Bild der Ereignisse« bei Beendigung der Behandlung mit Reboxetin ergeben (Pfizer Pharma PFE, 2016, S. 3), offenbar Grund genug, auf eine Empfehlung zum schrittweisen Absetzen von Re-boxetin zu verzichten.

Keine

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Dapoxetin (Priligy)

»Ein abruptes Absetzen chronisch verabreichter SSRI, die zur Behandlung chronischer depressiver Erkrankungen angewendet wurden, kann zu einem Entzugssyndrom mit Symptomen wie Dysphorie (Übellaunigkeit), Reizbarkeit, Agitation, Schwindel, sensorischen Störungen (z. B. Parästhesien wie etwa elektrisierende Empfindungen), Angstzuständen, Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Lethargie, emotionaler Labilität, Insomnie (Einschlaf- und Durchschlafstörungen) und Hypomanie (leichte Form der Manie) führen.« (A. Menarini AG, 2013)

Keine

Imipramin (Tofranil)

Falls Imipramin abgesetzt werden soll oder will, empfehlen Hersteller, die Substanz nicht abrupt wegzulassen. Nähere Informationen, wie Imipramin abzusetzen ist, gibt der Hersteller nicht. Bei der Verringerung der Dosis oder beim abrupten Absetzen sei mit diversen Entzugsproblemen zu rechnen, beispielsweise Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Nervosität, Angstgefühlen, Schweißausbrüchen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall.

Keine

5. Hinweise auf Folgen des Absetzens bei allmählichem, schrittweisen oder ausschleichendem Absetzen

Haloperidol (Haldol)

Keine Allmählich, keine näheren Informationen

Risperidon (Aleptan, Risperdal, Risperinorm)

Keine Ausschleichend, keine näheren Informationen

Sertindol (Serdolect)

Um das Risiko von Absetz-Symptomen wie Schlaflosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Akathisie (zwanghafter Bewegungsdrang), Dystonien gering zu halten

Schrittweise, keine näheren Informationen

Milnacipran (Ixel, Milnaneurax)

Abrupte Beendigung könnte in schwachen und von selbst wieder verschwindenden Entzugserscheinungen (Schwindel, Agitation, Angstgefühle, Kopfschmerzen und Übelkeit) resultieren könne, manchmal gar stärker und länger anhaltend.

Ausschleichend, insbesondere bei Langzeit-Verabreichung, keine näheren Informationen

Mirtazapin (Mirtabene, Mirtagamma, Mirtaron, Mirtazap, Mirtazelon, Mirtel, Remergil, Remeron)

Das Antidepressivum führt nicht zur Abhängigkeit, die meisten Absetzsymptome sind selbstlimitierend und man muss beachten, dass diese Symptome auch »im Zusam-menhang mit der Grunderkrankung« stehen könnten.

Schrittweise, keine näheren Informationen

Bupropion (Carmubine, Elontril, Wellbutrin, Zyban)

Wegen nicht auszuschließender Rebound- und Absetz-symptome

Ausschleichend, keine näheren Informationen

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Olanzapin (Aedon, Olanpax, Olazax, Zalasta, Zypadhera, Zyprexa)

Nur selten sind bei plötzlichem Absetzen akute Sympto-me wie Schwitzen, Schlaflosigkeit, Zittern, Angstzustände, Übelkeit oder Erbrechen berichtet worden.

Schrittweise, keine näheren Informationen

Amisulprid (Amisulpride, Solian)

»Absetzsymptome wie Übelkeit, Erbrechen und Schlaflo-sigkeit wurden nach abruptem Absetzen hoher therapeuti-scher Dosen von Antipsychotika beschrieben. (...) Ebenso wurde bei Amisulprid über das Auftreten von unwillkürlichen Bewegungsstörungen (wie z. B. Akathisie, Dystonie (krank-haft gestörte Muskelspannung) und Dyskinesie (Störung physiologischer Bewegungsabläufe) berichtet. Daher wird ein schrittweises Absetzen von Amisulprid empfohlen.« #(ratiopharm GmbH, 2013, S. 2)

Schrittweise, keine näheren Informationen

6. Hinweise auf Folgen des Absetzens bei Absetzen über mindestens 1 Woche bis mehrere Monate

Tianeptin (Stablon, Tianeurax)

Keine Hinweise Schrittweise über einen Zeitraum von mindestens 1-2 Wochen

Quetiapin (Quetheorie, Quetialan, Quentiax, Sequase, Seroquel)

Keine Hinweise Ausschleichen über einen Zeitraum von mindestens 1-2 Wochen

Sertralin (Adjuvin, Seralin, Sertragen, Tresleen, Zoloft)

Wegen möglicher Absetzsymptome wie Schlafstörungen, Parästhesien, Angst- und Verwirrtheit oder Übelkeit

Schrittweise über einen Zeitraum von mindestens 1-2 Wochen

Escitalopram (Cipralex, Pramulex, Serosyn)

Verschiedene Absetzsymptome:

»Die am häufigsten berichteten Reaktionen sind Schwin-delgefühl, sensorische Störungen (einschließlich Parästhe-sien und Stromschlag-ähnlicher Empfindungen), Schlafstö-rungen (einschließlich Schlaflosigkeit und intensiver Träu-me), Agitiertheit oder Angst, Übelkeit und / oder Erbrechen, Tremor (Muskelzittern), Verwirrtheit, Schwitzen, Kopf-schmerz, Diarrhoe (Durchfall), Palpitationen (Herzstolpern), emotionale Instabilität, Reizbarkeit und Sehstörungen.« (Sandoz Pharmaceuticals AG, 2014a)

Im Allgemeinen seien diese »Ereignisse« leicht bis mittelschwer und vorübergehend, manchmal könnten sie aber stark und länger auftreten.

Schrittweise über einen Zeitraum von mindestens 1-2 Wochen

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Citalopram (Cipramil, Citalon, Citalostad, Claropram, Pram, Seropram)

Wegen Absetzreaktionen, wie die Herstellerinformation in der Schweiz belegt:

»Das Risiko von Absetzreaktionen kann von mehreren Faktoren abhängen, einschließlich Dauer der Behandlung, Dosis und Geschwindigkeit der Dosisreduktion. Schwindel-gefühl, Empfindungsstörungen (einschließlich Parästhe-sien), Schlafstörungen (einschließlich Schlaflosigkeit und intensiver Träume), Erregtheit oder Angst, Übelkeit und / oder Erbrechen, Zittern, Verwirrtheit, Schwitzen, Kopf-schmerzen, Durchfall, Herzklopfen, emotionale Instabilität, Reizbarkeit und Sehstörungen sind die am häufigsten be-richteten Reaktionen. Im Allgemeinen sind diese Sympto-me leicht bis mäßig schwer, bei einigen Patienten können sie jedoch schwerwiegend sein. Sie treten normalerweise innerhalb der ersten Tage nach Absetzen der Behandlung auf, aber in sehr seltenen Fällen wurde von solchen Sym-ptomen bei Patienten nach unbeabsichtigtem Auslassen einer Dosis berichtet. Im Allgemeinen bilden sich diese Symptome von selbst zurück und klingen innerhalb von 2 Wochen ab. Bei einigen Personen können sie länger an-halten (2-3 Monate oder länger).« (Sandoz Pharmaceuti-cals AG, 2015a)

Stufenweise über eine Zeitspanne von 1-2 Wochen

Fluvoxamin (Fevarin Floxyfral)

Um die SRI-typischen Absetzsymptome zu verhindern oder vermindern. Fluvoxamin-Hersteller erwähnen Sensibilitäts-störungen einschließlich Parästhesien, visuelle Störungen und Stromschlaggefühl), Schlaflosigkeit. Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Verwirrtheit, emotionale Instabilität, Kopf-schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Herzklopfen, Muskelzittern und Angstzustände.

Schrittweises Verringern der Dosis über einen Zeitraum von mindestens 1 – 2 Wochen

Clozapin (Clopin, Lanolept, Leponex)

Keine speziellen Hinweise für Patienten In Schritten von 12.5 mg über mindes-tens einen Zeitraum von 1-2, besser 2 Wochen. - Für den Fall, dass Clozapin sofort abgesetzt werden müsse, fordern Hersteller Ärzte auf, ihre Patienten un-ter anderem hinsichtlich der Symptome eines cholinergen Rebounds wie zum Beispiel vermehrtes Schwitzen, Kopf-schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall zu überwachen.

Duloxetin (Ariclaim, Cymbalta, Duloxalta, DuloxeHexal, Dutilox, Xeristar, Yentreve)

Um das Risiko von Absetzsymptomen zu verringern: »Nach Beenden der Einnahme von Duloxetin wurde über Absetz-symptome berichtet. Zu den häufigen Symptomen, be-sonders nach abruptem Absetzen, zählen Schwindel, Hy-perhidrose (starke Schweißbildung), Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe (Durchfall), Schlafstörungen (einschließlich Schlaf-losigkeit, Albträume und intensive Träume), Müdigkeit, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Myalgie (Muskelschmerz), sensorische Störungen (einschließlich Parästhesien oder Elektroschock-ähnliche Empfindungen), Reizbarkeit und Angst.« (Sandoz Pharmaceuticals AG, 2015b)

Schrittweise über mehrere Wochen

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Paroxetin (Deroxat, Dropax, Ennos, Parocetan, Paronex, Paroxat, Seroxat, Stiliden)

Wegen teilweise häufiger, schwerer und länger anhal-tender und gewöhnlich innerhalb weniger Tage nach Absetzen auftretender Absetzsymptome: Angstzu-stände, Reizbarkeit, Ruhelosigkeit, Verwirrtheit, emo-tionale Instabilität, Sehstörungen, Sinnesstörungen (einschließlich Parästhesien), Elektroschockemp-findungen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen (ein-schließlich intensiver Träume, Tinnitus, Herzklopfen, Übelkeit, Durchfall, Schwindel, Schwitzen, Muskelzit-tern und andere Muskelstörungen. Da die Symptome zeitnah mit dem Absetzen auftreten würden, könnte man sie von anderen Krankheitssymptomen unter-scheiden.

Schrittweises Vorgehen mit kleinen Dosisreduktionen

Venlafaxin (Efectin, Efexor, Trevilor, Velostad, Venla, Venlafab, Venlagamma, Venlax)

Häufige Absetzreaktionen Schrittweises Verringern über ei-nen Zeitraum von 7-14 Tagen. Tre-ten nach Dosisverringerung oder Absetzen stark beeinträchtigende Absetzerscheinungen auf, erneute Einnahme des Antidepressivums, um dann in kleineren Schritten zu reduzieren.

Fluoxetin (Felicium, Fluctine, Fluoxibene, Flux, FluxoMed, Mutan, Positivum)

Entzugssymptome in großer Häufigkeit, wobei die Mehrzahl dieser Reaktionen (Schwindel, Schlafstö-rungen, Parästhesien, Kopfschmerzen, Angst und Übelkeit) leicht sind und sich von selbst zurückbilden

Stufenweise eventuell über Monate

II. Auszug aus dem AMGDie maßgebenden Bestimmungen des AMG lauten wie folgt:

§ 11a Fachinformation(1) Der pharmazeutische Unternehmer ist verpflichtet, Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und, soweit es sich nicht um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt, anderen Personen, die die Heilkunde oder Zahnheilkunde berufsmäßig ausüben, für Fertigarzneimittel, die der Zulassungspflicht unterliegen oder von der Zulassung freigestellt sind, Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 und für den Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegeben sind, auf Anforderung eine Gebrauchsinformation für Fachkreise (Fachinformation) zur Verfügung zu stellen. Diese muss die Überschrift »Fachinformation« tragen und folgende Angaben in gut lesbarer Schrift in Übereinstimmung mit der im Rahmen der Zulassung genehmigten Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und in der nachstehenden Reihenfolge enthalten:

1. die Bezeichnung des Arzneimittels, gefolgt von der Stärke und der Darreichungsform…..

2. ….c) Gegenanzeigen,

d) besondere Warn- und Vorsichtshinweise für die Anwendung und bei immunologischen Arzneimitteln alle besonderen Vorsichtsmaßnahmen, die von Personen, die mit immunologischen Arzneimitteln in Berührung kommen und von Personen, die diese Arzneimittel Patienten verabreichen, zu treffen sind, sowie von dem Patienten zu treffenden Vorsichtsmaßnahmen, soweit dies durch Auflagen der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a angeordnet oder auf Grund von § 7 des Anti-Doping-Gesetzes oder durch Rechtsverordnung vorgeschrieben ist,

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h) Nebenwirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch;

i) Überdosierung: Symptome, Notfallmaßnahmen, Gegenmittel;..

7. Inhaber der Zulassung;

8. Zulassungsnummer;

9. Datum der Erteilung der Zulassung oder der Verlängerung der Zulassung;

10. Datum der Überarbeitung der Fachinformation.

Bei allen Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, ist ein Standardtext aufzunehmen, durch den die Angehörigen von Gesundheitsberufen ausdrücklich aufgefordert werden, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an die zuständige Bundesoberbehörde zu melden, wobei die Meldung in jeder Form, insbesondere auch elektronisch, erfolgen kann. Für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind und sich auf der Liste gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 befinden, muss ferner folgende Erklärung aufgenommen werden: »Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung.« Dieser Erklärung muss ein schwarzes Symbol vorangehen und ein geeigneter standardisierter erläuternder Text nach Artikel 23 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 folgen. Weitere Angaben, die nicht durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorgeschrieben oder bereits nach dieser Verordnung zulässig sind, sind zulässig, wenn sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen und den Angaben nach Satz 2 nicht widersprechen; sie müssen von den Angaben nach Satz 2 deutlich abgesetzt und abgegrenzt sein. Satz 1 gilt nicht für Arzneimittel, die nach § 21 Abs. 2 einer Zulassung nicht bedürfen oder nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die Fachinformation auf dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu halten, zu dem auch die Schlussfolgerungen aus Bewertungen und die Empfehlungen gehören, die auf dem nach Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 eingerichteten europäischen Internetportal für Arzneimittel veröffentlicht werden. Die nach den Sätzen 3 und 5 erforderlichen Standardtexte werden von der zuständigen Bundesoberbehörde im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

(2) Der pharmazeutische Unternehmer ist verpflichtet, die Änderungen der Fachinformation, die für die Therapie relevant sind, den Fachkreisen in geeigneter Form zugänglich zu machen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann, soweit erforderlich, durch Auflage bestimmen, in welcher Form die Änderungen allen oder bestimmten Fachkreisen zugänglich zu machen sind.

(3) Ein Muster der Fachinformation und geänderter Fassungen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich zu übersenden, soweit nicht das Arzneimittel von der Zulassung freigestellt ist.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 kann bei Arzneimitteln, die ausschließlich von Angehörigen der Heilberufe verabreicht werden, auch durch Aufnahme der Angaben nach Absatz 1 Satz 2 in der Packungsbeilage erfüllt werden. Die Packungsbeilage muss mit der Überschrift »Gebrauchsinformation und Fachinformation« versehen werden.

§ 84 Gefährdungshaftung1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn

1. das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, oder

2. der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.

(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung

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weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.

(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.

§ 84a Auskunftsanspruch(1) Liegen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel den Schaden verursacht hat, so kann der Geschädigte von dem pharmazeutischen Unternehmer Auskunft verlangen, es sei denn, dies ist zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 besteht, nicht erforderlich. Der Anspruch richtet sich auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können. Die §§ 259 bis 261 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. Ein Auskunftsanspruch besteht insoweit nicht, als die Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht.

(2) Ein Auskunftsanspruch besteht unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch gegenüber den Behörden, die für die Zulassung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig sind. Die Behörde ist zur Erteilung der Auskunft nicht verpflichtet, soweit Angaben auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheim zu halten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Dritten entspricht. Ansprüche nach dem Informationsfreiheitsgesetz bleiben unberührt.

Fußnoten_____________________1 Die vollständigen Quellenangaben können in dem oben genannten Buch nachgelesen werden. Erwähnt werden in der Synopse auch die in der Schweiz, in Österreich und Deutschland gebräuchlichen Markennamen (Stand: Juli 2017). Sofern die Psychopharmaka auch als Generika auf dem Markt sind, wurde aus Platzgründen darauf verzichtet, die mit den Wirkstoffen identischen Markennamen wiederzugeben.2 Die in den Zitaten kursiv gesetzten Erläuterungen in Klammern der medizinischen Fachausdrücke stammen sämtlich von Peter Lehmann.

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Marina Langfeldt mit der Moderatorin Gaby Sohl in der Diskussion mit den Teilnehmer*innen

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Die aktuelle Debatte um Neuroleptika- und Antidepressi-va-Verordnungen bei psychischen Störungen ist einerseits geprägt durch eine Zunahme von kritischen Stimmen sowohl aus wissenschaftlicher Perspektive als auch aus Betroffenen-sicht. Besonders zu erwähnen sind hier Peter Gøtzsche und Laura Delano mit ihren Veröffentlichungen und ihrem Auf-tritt beim Weltkongress für Psychiatrie in Berlin im vergange-nen Oktober. Andererseits gibt es zum Teil vehemente Kritik an der Kritik.

Auch in der Öffentlichkeit werden insbesondere Antidepres-siva neuerdings sehr kritisch beleuchtet, nachdem sie zuvor über viele Jahre mit unrealistischen Heilserwartungen auch in populärwissenschaftlichen Journalen und Fernsehsendun-gen beworben wurden. Beispiele für die neue kritische Hal-tung sind die Titelstory der New York Times vom 07.04.2018 „Many people taking antidepressants discover they cannot quit“ oder das Buch von Johann Hari „Lost Connections“, erschienen Anfang 2018, oder der Artikel des französischen Psychoanalytikers Gérard Pommier in Le Monde diploma-tique vom 13.04.2018: „Für alles eine Pille. Der Fluch der Psychopharmaka“. Auf der anderen Seite bemerken wir ge-rade in Zusammenhängen, wo ein kritischer Umgang mit Neuroleptika und Antidepressiva aktiv thematisiert wird, dass Nutzerinnen und Nutzer dadurch verunsichert werden und unter eine Art Absetzdruck geraten sowie die Tendenz bei Verschreibenden, dass diese stark verunsichert reagieren und sich angegriffen fühlen, was nicht hilfreich ist für eine Weiterentwicklung zum Wohle der Betroffenen.

In Bremen haben wir die Erfahrung gemacht, dass Netz-werkarbeit mit Betroffenen, Mitarbeitenden aus psycho-sozialen Diensten und ärztlichen und psychologischen Psychotherapeut*innen zu einer vermehrten fachlichen und öffentlichen Diskussion beiträgt. Auch gab es mit der Unter-stützung von EX-IN-ausgebildeten Genesungsbegleiter*innen Reduktions- und Absetzgruppen in einer Tagesstätte. Es wurde deutlich, dass der Weg heraus aus einer langfristigen Medikation mit Neuroleptika und Antidepressiva gut geplant sein will und in den meisten Fällen nur in kleinen Schritten passieren kann. Eine Darstellung der Zusammenhänge fin-det sich im bald erscheinenden Buch von Thelke Scholz, Renate Seroka und Jann Schlimme (Titel: Medikamentenre-duktion und Genesung von Psychosen, Erscheinungstermin: September 2018 im Psychiatrie Verlag). In dem Buch findet sich auch ein Beitrag von mir zur klinischen Unterstützung bei Reduktions- und Absetzprozessen, den ich hier für die

Tagung bereits zusammengefasst zur Diskussion stelle. Die Studienlage wird immer wieder Gegenstand von eifrigen Diskussionen und Debatten sein. Aus meiner Sicht ist es klinisch klar erwiesen, dass es Menschen gibt, bei denen Antidepressiva und Neuroleptika nicht so wirken, wie alle Beteiligten es sich wünschen würden. Neben den bekannten Nebenwirkungen im motorischen und metabolischen Bereich gibt es zahlreiche Gefährdungen und Komplikationen insbe-sondere durch Medikamentenkombinationen, zu denen die Datenlage ohnehin schwach ist.

Wir kommen in der Psychiatrie an dem Grundproblem nicht vorbei, dass es beim Wechsel vom psychopathologisch be-stimmten Diagnostizieren zum somatisch ausgerichteten Medizieren einen Kategoriensprung gibt, denn die Patho-physiologie der großen Krankheitsbilder in der Psychiatrie wie Depression, Schizophrenie, Borderline, Posttraumati-sche Belastungsstörung und andere mehr ist nicht geklärt. Die Wirkweise der eingesetzten Substanzen passt zu den seit Jahrzehnten tradierten Hypothesen und natürlich gibt es Fälle, in denen wunschgemäß eine Verbesserung der Situa-

Zur Toleranzentwicklung bei langfristiger Psychopharmaka-Einnahme aus klinischer SichtProf. Dr. Uwe Gonther

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tion unter Einnahme der entsprechenden Substanzen für die Betroffenen eintritt. Eine passgenaue Heilung durch Medi-kation bei den schweren und chronischen psychischen Stö-rungen gibt es jedoch nicht. Dies führt dazu, dass die zur Medikation Anlass gebenden psychischen Symptome und die dahinterliegenden lebensgeschichtlichen Probleme oft-mals offen oder verdeckt fortbestehen. Wenn nicht an einer konkreten Bewältigung zum Beispiel durch Psychotherapie aber auch durch Sport, kreative Verfahren, Arbeit und vor al-lem soziale Unterstützung gearbeitet wird, treten zu den wei-terbestehenden ursächlichen Problemen die nicht selten erst langfristig sichtbar werdenden somatischen Probleme durch die Medikation hinzu. Als weiteres Problemfeld eröffnet sich dann bei Versuchen des Reduzierens oder gar Absetzens der langfristig eingenommenen Medikamente eine entsprechen-de Absetz- und Rebound-Symptomatik. Nicht selten führt deshalb ein Reduktions- oder gar rabiater Absetzversuch zu einer mehrfach bedingten Verschlechterung der vorherigen Situation unter Medikation. Dennoch gibt es gesundheitliche Situationen, die zum Reduzieren und Absetzen zwingen und es gibt motivierte Betroffene, die nach anderen Wegen der Bewältigung suchen und diesen Wunsch klar äußern und da-bei Unterstützung brauchen.

Insofern ist die Auseinandersetzung eines klinisch tätigen Psychiaters mit der Frage der Nichtwirksamkeit, der Gewöh-nung und der Reduktion beziehungsweise dem Absetzen von Medikamenten keine ideologische Grundsatzfrage, sondern ein pragmatisches Alltagsproblem. Wenn es eine gemeinsame Grundhaltung der Heilberufe zur Behandlung von Krankhei-ten gibt, dann besteht sie ja wohl darin, durch die Behandlung den Betroffenen keinen Schaden zuzufügen. Darüber hinaus suchen wir nach Wegen, ihnen Linderung oder gar Heilung zu ermöglichen. Da von vielen wirksamen Medikamenten auch Risiken und Nebenwirkungen zu befürchten sind, sollte der zu erwartende Nutzen besonders gut belegt sein. Im Zusammen-hang mit psychischen Krankheiten geht es immer auch um Kommunikation, sowohl mit den Betroffenen als auch ihren Bezugspersonen. Insofern reden wir, wenn wir über Medika-mente in der Psychiatrie, auch über Gewöhnung daran, reden, nie nur über Medikamente, sondern über Kommunikations-weisen in sozialen Systemen. Davon geprägt sind Redukti-ons- und Absetzvorgänge individuell extrem unterschiedlich.

Was sie miteinander verbindet, ist aus klinischer Erfahrung, dass Menschen eine Motivation entwickeln müssen, um eine langjährig bestehende Medikation reduzieren oder gar ab-setzen zu können. Sie müssen sich mit der Situation kritisch auseinandersetzen können, was oftmals durch die dauerhafte Einnahme von Neuroleptika und Antidepressiva ebenso wie durch die Einnahme von Tranquilizern und Rauschdrogen bi-ologisch erschwert wird. Dennoch stellen sich viele Betroffe-ne die Frage, ob sie tatsächlich ihr Leben lang Medikamente einnehmen müssen und sie stellen uns die Frage, mit welchen Symptomen sie bei Reduktions- und Absetzversuchen zu rechnen haben. Nach meiner Erfahrung führt eine kritische Auseinandersetzung, die bereits bei der Aufklärung über die Medikation vor Ersteinnahme beginnt, in der Realität sogar zu einer verbesserten Compliance beziehungsweise Adherence, das heißt dass die Betroffenen sich an der Gestaltung der Behandlung, auch der medikamentösen Therapie, selbst bewusst beteiligen können und dies auch wollen. Zur Aufklä-rung über die Medikamente im Sinne des Patientenrechtege-setzes von 2013 gehört nicht nur die ausführliche und schrift-lich dokumentierte und vom Patienten gegengezeichnete Aufklärung über die zu erwartenden Risiken und Störwirkun-gen, kurz-, mittel- und langfristig, sondern auch die Thema-tisierung der Indikation überhaupt, denn – siehe oben – die Pathophysiologie vieler Krankheiten, die wir in der Psychi-atrie mit Medikamenten behandeln, ist schlicht nicht geklärt. Diejenigen, die hier empört entgegnen, dass dies alles eine Überforderung sei, erinnere ich daran, dass niemand uns dazu zwingt, solche Aufklärungsprozesse in wenigen Minuten zu vollführen. Bei fast allen langfristigen Medikationen geht es ja eben nicht um unmittelbare Notfallsituationen – für diese gibt es eigene Rechtskonstrukte –, sondern um ein gemeinsa-mes Entwickeln eines auf Einsicht beruhenden, langfristigen Behandlungsplans, in dem die Medikation eine Rolle spielen kann, aber nicht dauerhaft spielen muss. In der Praxis haben wir für unsere Klinik ein entsprechendes Aufklärungsblatt entworfen. Dies wird schon bald überarbeitet und erfreu- licherweise haben sich niedergelassene Fachkolleg*innen gemeldet, die an der Überarbeitung teilnehmen wollen. Denn es zeigt sich, dass ein Austausch zwischen ambulant und sta-tionär Tätigen, insbesondere in der ärztlichen Berufsgruppe, aber auch darüber hinaus, die Erfolgsaussichten solcher Pro-zesse enorm verbessert.

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1. AllgemeinesDie Medikamentenreduktion von Neuroleptika und/oder Antidepressiva stellt eine gemeinsame Suchbewegung aller Beteiligten dar (die betreffende Person PLUS privates UND professionelles soziales Netz). Zentrale Grundhaltung im Re-duktionsprozess ist das Vermeiden von nachteiligen oder gar schädigenden zu hohen Dosierungen (u.a. Nebenwirkungen wie kognitive Einschränkungen, Antriebsstörungen, soma-tische Nebenwirkungen). Die Reduktion kann hiermit eine tiefergreifender Genesung ermöglichen, fordert aber auch Disziplin und Geduld. Sie ist ein oft jahrelanger Prozess, der oft auch Krisen und Rückschläge in Kauf nehmen muss. Es erfordert also eine vorbereitende Krisenplanung, damit diese Krisen gut begleitet und bewältig werden können. Generell gilt, dass eine sorgfältige Information über die Herausforde-rungen und Risiken des Reduktionsprozesses zu erfolgen hat (vgl. Gonther 2018).

o medikamentenspezifische Entzugs-/Absetz- und Re-bound-Symptome

o Erwachende Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse (Verlust der künstlichen, medikamenteninduzierten emotionalen Distanz)

o Veränderungen der interpersonalen Motive und Ver- haltens

Die drei Herausforderungen bei der Medikamentenreduktion (mod. n. Schlimme, Scholz und Seroka 2018)

Wir empfehlen eine vorsichtige Methode des Reduzierens in Übereinstimmung mit den Erfahrungen vieler Personen, denen es auf diese Weise gelungen ist, die Dosis der ZNS-wirksamen Substanzen erheblich zu verringern oder diese sogar auszuschleichen. Es gibt auch Beispiele von sehr viel schnelleren Reduktions - und Absetzprozessen, die ebenfalls erfolgreich sein können. Dabei ist das Risiko beim schnellen Reduzieren anscheinend deutlich größer, dass es zu Absetz-phänomenen, Rebound-Erscheinungen und Rückfällen in die vorherige Problematik kommt. Die individuell sehr un-terschiedlichen Symptome lassen sich nicht immer eindeutig den genannten Hintergründen zuordnen. Auch können neue psychische Belastungen hinzu kommen.

Um den Weg des Reduzierens und Absetzens bewusst gehen zu können, brauchen die Betroffenen ein starkes Motiv. Ein solches starkes Motiv kann beispielsweise ein Kinderwunsch, der Wunsch nach Gewichtsreduktion oder darstellen. Die Suche nach der persönlichen Motivation ist bereits Teil der pflegerischen und/ oder therapeutischen Begleitung.

2. Voraussetzungen der MedikamentenreduktionMedikamentenreduktionen sollten in möglichst stabilen Phasen der psychischen Störungen erfolgen. Nur in Ausnahmefällen

(z.B. bei einem zentralen Serotonin-Syndrom, schweren EPMS oder einem malignen neuroleptischen Syndrom) kann es sinnvoll oder sogar geboten sein, die Medikation auch im Krisenfall zu reduzieren.

Antidepressiva sind zwar – im Unterschied zu Neuroleptika – zur Rezidivprophylaxe nicht primär geeignet, dennoch ist es sowohl bei Antidepressiva als auch Neuroleptika bisher im individuellen Fall nicht möglich, vorherzusagen, bis zu wel-cher Dosis eine begleitete Medikamentenreduktion erfolgen kann (vgl. Gupta & Cahill 2016). Im individuellen Fall kann eine Reduktion für den Betreffenden zu belastend sein – auch wenn sie in kleinsten Schritten erfolgt. Außerdem bestehen in-dividuell sehr unterschiedliche (genetisch bzw. psychosozial bedingte) Anfälligkeiten für erneute Psychosen oder Depres-sionen. Beispielsweise profitieren manche psychoseerfahrene Personen auch langfristig von einer individuellen Niedrigst-dosis (Tijonen et al. 2017), wohingegen nur sehr selten de-pressionserfahrene Personen von einer langfristigen Nutzung von Antidepressiva profitieren (El-Mallakh et al. 2011).

o Lebensziele jenseits des Reduktionswunsches von Psychopharmaka

o Unterstützendes privates soziales Netzo Etabliertes professionelles soziales Netz (Selbsthilfe und

Erfahrungsexperten, Psychotherapie, musische und kör-perzentrierte Therapieformen) da eine zunehmende Er-innerung an belastenden, schmerzhaften oder traumati-schen Erfahrungen durch die Reduktion erwartet werden kann

o Netzwerkgespräche mit allen wichtigen Akteuren des sozialen Netzes

o gute Vorbereitung vor dem Reduktionsprozess und den einzelnen Reduktionsschritten (u.a. Krisenplan)

o Abschalt- und Bewältigungstechniken (möglichst im „Normalen“ angesiedelte Varianten aus den Bereichen Bewegung und musische Betätigung, eventuell aus dem therapeutischen Rahmen übernommen)

o Behandlungsvereinbarung mit der zuständigen Kliniko Vorausverfügung

Günstige Prädiktoren für eine erfolgreiche Medikamenten-reduktion bis zu einer individuellen Niedrigstdosis (mod. n. Aderhold 2015; Gupta & Cahill 2016)

3. Das konkrete Vorgehen der MedikamentenreduktionBisher existieren keine randomisierten Studien zu unter-schiedlichen Formen der Reduktion (z.B. hinsichtlich adju-vanter Medikationen, psychotherapeutischer und psycho- sozialer Behandlung/Begleitung). Verschiedene Studien sind dazu in Planung. Uneinheitliche Hinweise hinsichtlich der Ge-schwindigkeit der Reduktion ergeben sich indirekt aus anderen Studien (z.B. Tiihonen et al. 2017; Wunderink et al. 2013).

Zur Technik der Medikamentenreduktion (Jann E. Schlimme, Uwe Gonther)

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Das aktuelle Wissen zum Vorgehen bei Medikamentenre-duktionen kommt vor allem aus der Gruppe der Betroffenen (Hall 2012, Lehmann et al 2013; Müller & Miltenberg 2016) bzw. dem Austausch von Betroffenen und professionellen Praktikern auf Internetplattformen (www.beyondmeds.com, www.madinamerica.com, www.survivingantidepressants.com, www.adfd.org), Internetbefragungen (u.a. Lincoln in process) und publizierten Erfahrungen von professionellen Praktikern (Breggin 2013; Schlimme 2016; Schlimme, Sc-holz & Seroka 2018). Wie bereits dargestellt, ist die Entwick-lung alternativer Umgangsformen mit den Beschwerden und Herausforderungen sinnvoll. Hierzu kann eine Vielzahl von eher alltäglichen Maßnahmen (z.B. Bewegung, Sport, Yoga, Meditation, Musizieren, expressives Schreiben), strukturier-ten Selbsthilfemaßnahmen (z.B. in Gruppen) und verschie-denste Therapieformen (Psychotherapie, Körperpsychothe-rapie, Ergotherapie, Kunsttherapie, Musiktherapie) hilfreich sein.

Das konkrete Vorgehen der Dosisreduktion ist zwar individu-ell, kann aber mit Hilfe der nachfolgenden Leitideen relativ sicher erfolgen.

o Bei jedem Reduktionsschritt sollten Entzugserscheinun-gen in den ersten 2-4 Wochen erwartet werden.

o Reduktionsschritte sollten zwischen 5-10% der aktuellen Dosis betragen, wobei eine Anpassung der reduzierten Milligramm-Menge nach einigen Reduktionsschritten, bei Neuroleptika aber zumindest ab Dosierungen von 1-2 mg Haloperidol-Äquivalent, erfolgen sollte.

o Reduktionsabstände sollten zwischen 6-12 Wochen betragen, wobei für die Auswahl des nächsten Redukti-onszeitpunkts die Erfahrungen des letzten Reduktions-schritts und die Gesamtbehandlungsdauer einbezogen werden sollte (Faustformel: Je langsamer, desto erfolg-reicher)

o Es sollte ein Zeitraum von vier „stabilen“ Wochen vor dem nächsten Reduktionsschritt bestehen (d.h. es besteht [wieder] eine verlässliche Alltagsroutine).

o Schlaf ab 23.00 Uhr (kurzfristige Medikation mit Benzo-diazepinen kann v. a. bei reduktionsbedingten Schlafstö-rungen hilfreich sein).

o Bei einer aufkommenden Krise (mit Gefahr einer erneu-ten Psychose/Depression) sollte frühzeitig auf die zuvor genutzte Dosis zurückgekehrt werden, ggf. auch 10% über der vorigen Dosis, sowie weitere Maßnahmen zur Krisenbewältigung genutzt werden.

o Längere (mehrmonatige bis jahrelange) Pausen des Reduzierens sollten erfolgen, wenn belastende, schmerz-hafte oder traumatische Erinnerungen zu belastend wer-den, Sehnsuchtsspannungen zu stark werden oder salu-togenetische Routinen nicht mehr verlässlich aufrechter-halten werden können.

Grundideen der Reduktionsschritte (mod. n. Schlimme, Scholz & Seroka 2018)

PRAKTIKERHINWEIS:Individuelle Dosisanfertigungen sind in Deutschland für die meisten Medikamente durch die Apotheken auf Kosten der GKV möglich. Dies ist hilfreich, wenn keine ausreichend kleinen Dosierungen über Tabletten oder Tropfen möglich sind. Dabei gilt der folgende Rezepttext:

Rezeptur: 30 Kps Olanzapin à 6,5 mg, 1 x tgl.

Die Kapselmenge kann in 30er Schritten auch in größeren Mengen verordnet werden.Der Wirkstoff ist austauschbar, wobei Retardformulierungen nicht in kleineren Dosen angefertigt werden können.Die Wirkstoffmenge ist frei wählbar, wobei üblicherweise auf eine Stelle nach dem Komma im Milligramm-Bereich gearbeitet werden kann.

4. Nach der MedikamentenreduktionDie Genesung ist NICHT mit dem Erreichen der individuellen Niedrigstdosis oder dem Ausschleichen/Absetzen des Medikaments abgeschlossen. Oftmals beginnt sie dann erst oder setzt sich jedenfalls in unverändertem Umfang fort.

Der Reduktionsprozess erfordert ebenso wie der Genesungsprozess eine große Ausdauer, viel Disziplin und das sorgsame Entwickeln einer unterstützenden Alltagsroutine mit Phasen sinnvoller Betätigung, sozialen Austauschs und Ruheoasen/Rückzugsräumen. Diese im Verlauf der Reduktion entwickelte und verfeinerte, genesungsförderliche Routine gilt es auch nach dem Absetzen bzw. dem Erreichen der individuellen Niedrigstdosis – letzteres gilt insbesondere bei Neuroleptika – zu bewahren.

MERKE:Der Reduktionsprozess ist immer Bestandteil, niemals das Ende, oft aber die Voraussetzung des (weiteren) Genesungsprozesses.

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Literatur:

Aderhold, V (2014) Neuroleptika minimal – warum und wie (www.dgsp-ev.de/fileadmin/dgsp/pdfs/Wissenschaftliche_Artikel/Aderhold_Neuroleptika_minimal_12- 2014.-Januar.pdf)

Breggin, P R (2013). Psychiatric drug withdrawal. A guide for prescribers, therapists, patients, and their families. New York: Springer.

El-Mallakh, R S; Yonglin, G; Roberts, R J (2011). Tardive dysphoria: The role of long term antidepressant use in-inducing chronic depression. Medical Hypotheses 76: 769–773

Gonther, U (2018). Ausflug zur Station. In: Schlimme, J E; Scholz, T; Seroka, R (2018) Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen. Köln: Psychiatrie-Verlag.

Gupta, S; Cahill, J D (2016). A Prescription for “Deprescribing” in Psychiatry. Psychiatric services 67 (8): 904–907.

Hall, W (2012). Harm Reduction Guide to Coming Off Psychiatric Drugs. 2nd Edition. The Icarus Project and Freedom Center.

Lehmann, P (2013, Hg.). Psychopharmaka absetzen. Erfolgreiches Absetzen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern. Berlin: Antipsychiatrieverlag.

Lincoln, T (in process). Absetzen von Psychopharmaka. https://ww3.unipark.de/uc/psychopharmaka/

Müller, M; Miltenberg, M (2016). Antidepressiva absetzen. CreateSpace Independent Publishing Platform.

Schlimme, J E (2016). Begleitetes Absetzen von Neuroleptika aus der Sicht des ambulant tätigen Facharztes. Soziale Psychiatrie 40 (2): 31-34.

Schlimme, J E; Scholz, T; Seroka, R (2018) Medikamentenreduktion und Genesung von Psychosen. Köln: Psychiatrie-Verlag.

Tiihonen, J; Mittendorfer-Rutz, E; Majak, M; Mehtälä, J; Hoti, F; Jedenius, E; Enkusson, D; Leval, A; Sermon, J; Tanskanen, A; Taipale, H (2017). Real-World Effectiveness of Antipsychotic Treatments in a Nationwide Cohort of 29 823 Patients With Schizophrenia. JAMA Psychiatry 74(7): 686–693.

Wunderink, L; Nieboer, R M; Wiersma, D; Sytema, S; Nienhuis, F J (2013). Recovery in remitted first-episode psychosis at 7 years of follow-up of an early dose reduction/discontinuation or maintenance treatment strategy: long-term follow-up of a 2-year randomized clinical trial. JAMA Psychiatry 70(9): 913–920.

Berlin & Bremen, 2. Juli 2018

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Ein paar Aspekte zum psychiatrisch-pflegerischen Kontext

Ethisches Handeln in der Pflege orientiert sich u. a. daran, dass pflegerisches Tun dem Betroffenen nutzt und die Selbstbestimmung und Würde des Einzelnen respektiert.

Zu den Kernaufgaben der Pflege gehören neben anderen

… dass sich die Psychiatrische Pflege um die Folgeerschei-nungen einer Erkrankung, Krise oder Störung kümmert

… das zeigt sich dann im „Da-sein“; „Dabei-sein“ und im „Aushalten“ gemeinsam mit dem Gegenüber, aber auch im gemeinsamen Suchen nach Erleichterung und Ablenkung

Unter den Gesichtspunkten von Hilfe, Fürsorge und Ethik im Zusammenhang von Medikamenten bedeutet dies beispielsweise… dass die pflegerische Aufgabe auch darin besteht, Betroffene dabei zu begleiten, ihren Weg und ihre Einstellung zu Psychopharmaka zu finden und abzuwägen… dass die Auseinandersetzung mit dem Einzelnen über und mit seinen Medikamenten und seiner Zwiespältigkeit im Alltag Raum einnimmt… dass von professionell Pflegenden die Gabe von Medikamenten auch abgelehnt werden muss, wenn dies mit dem eigenen Wissensstand nicht übereinstimmt und die Verantwortung nicht übernommen werden kann… dass wenn Medikamente, ohne den Patienten richtig aufzuklären angeordnet werden, pflegerischen Mitarbeitenden die Aufgabe zukommt, mit dem Betroffenen dies gemeinsam einzufordern … dass professionell Pflegende vom Grundsatz her so handeln, dass im Vordergrund psycho- und soziotherapeutische sowie begleitende Verfahren stehen und Psychopharmaka-Behandlung eher als stützend je nach Befinden betrachtet wird… dass professionell Pflegende sich ihrer Durchführungsverantwortung bei der Medikamentengabe bewusst und auf dem neusten Erkenntnisstand sind und ihr Tun kritisch hinterfragen… dass pflegerische Alternativen, auch bei Nebenwirkungen,

ganz selbstverständlich angeboten werden wie beispielsweise Aromapflege, Basale- und Atem-Stimulation, Kinästhetik, Wickel und Auflagen, Tees, Einreibungen, Bäder, Klang-, Hand- und Fußmassagen u.v.m.

Für alle komplementären Pflege-Methoden werden entsprechende Fortbildungen benötigt!Sie bedürfen einer kontinuierlichen Aktualisierung

Anwendung komplementärer Pflegemethoden

Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass es sich um begleitende Arbeitsweisen und Wege handelt, die sicher Schnittstellen zu anderen Berufsgruppen aufweisen, jedoch beispielsweise die gezielte Behandlung durch Massagen o. ä. nicht ersetzen wollen oder können.

o Durch Berührung, Zuwendung und die entsprechenden Hilfsmittel werden körperliche und seelische Funktionen beeinflusst und Selbstheilungskräfte aktiviert

o Durch unterschiedliche Formen der Berührung und dem individuellen Erfassen, was dem/der Einzelnen gut tut, wendet sich der/die Pflegende dem/der Betroffenen intensiv zu, Aufmerksamkeit, Beziehung und eine umfassende Sichtweise kommen zum Tragen.

o Für alle Anwendungen gilt, dass sich die Pflegekraft auf den/die einzelne(n) Patienten/-in einstellt, sich ihm/ihr und seinen/ihren Bedürfnissen anpasst, sich genügend Zeit lässt, eine ruhige und entspannte Atmosphäre schafft und dem/der Patienten/-in das Vorgehen erklärt

Beispiele für komplementäre Pflegemethoden(oft auch kreativ oder alternativ genannt)

Bäder und WaschungenBäder und Waschungen dienen grundsätzlich allen Menschen zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, sind jedoch bei Menschen mit die psychische Störungen oder seelische Einschränkungen haben, besonders gut geeignet um Alltagsbeschwerden zu lindern und zu entspannenDazu gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, beispielsweiseo Bäder und Waschungen mit beruhigenden Zusätzen,

Expertenrunde Kompetente Hilfe beim Absetzen von Antidepressiva und Neuroleptika

„Pflegerische Begleitung beim Reduzieren und Absetzen von Psychopharmaka“13. April 2018 Berlin

Von Hilde Schädle-Deininger, Offenbach

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o Bäder und Waschungen mit anregenden Zusätzen,o Bäder und Waschungen zur Stärkung des

Immunsystems

Waschungen

Die nachfolgenden Beispiele sind aus „pflegen. psychosozial, Heft 3/2010mit dem Schwerpunkt „Neuroleptika“Beilage: „Kreativ-alternative Pflegemethoden – Anregungen und Hinweise für die Praxis“ (Hilde Schädle-Deininger und Philomina Seidenstricker)

Aromapflegeo Die pflegerelevante Verwendung und der damit

verbundene, erwartete Effekt von Aromapflegeprodukten orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen und Duftvorlieben der zu betreuenden Menschen.

o Die zielgerichtete Anwendung erfolgt einerseits über den Geruchssinn (Raumbeduftung, Duftfleckerl, …) und andererseits über die intakte Haut (Waschungen, Hautpflege, Streichungen und Einreibungen sowie Wickel und Kompressen)

Aromapflege hat eine präventive und entängstigende Wirkung

Menschen erfahren durch gesteigertes Wohlbefinden eine Linderung und Verbesserung der bestehenden Beschwerden, zugleich werden die gesunden Anteile von Körper, Geist und Seele unterstützt und gestärkt

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Basale Stimulation

… ist eine pflegerische Möglichkeit Menschen mit Aktivitäts- und Wahrnehmungsstörungen Angebote für Ihre persönliche Wahrnehmungs- und Entwicklungsfähigkeit zu machen. Hauptschwerpunkte sind die Bedeutung von Wahrnehmung, Bewegung und Kommunikation

In der bewussteren Körperwahrnehmung werden die elementaren Sinne angesprochen. Das gibt Sicherheit und Halt. Es hilft dem Menschen sich im Raum zu orientieren.

Wirkung: Durch die visuelle Umgestaltung der Umgebung bekommt der Mensch positive Anreize, kann einen Sinnzusammenhang herstellen, durch auditive Reize werden Erinnerungen mobilisiert, der Kontaktaufbau ermöglicht, der Hörsinn wird stimuliert Durch Vibrationen wird das eigene Körpergefühl gefördert. Knochen und Gelenke wahrgenommen, Verspannungen/Verkrampfungen werden gelöst, Entspannung tritt ein. Über die Berührung kann nonverbal kommuniziert werden

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Basale Stimulation: ASE

Beispiele für komplementäre Pflegemethoden(oft auch kreative oder alternativ genannt)

Wickel und Auflageno Ein Wickel kann sowohl Kälte als auch Wärme abgeben. Er

kann feucht/heiß sein oder als Öl- oder Salbenkompresse aufgelegt werden. Wickel wirken wohltuend bei einer Vielzahl von Beschwerden.

o Sie unterstützen auf sanfte Art die Selbstheilungskräfte und stärken das Immunsystem

Wärme- und Kältereize werden gezielt eingesetzt, schenken Wohlbefinden und verschaffen Linderung auch bei chronischen Erkrankungen

Klangschalenmassage

o Die Schwingungen der Klangschalen übertragen sich auf den Körper. Diese werden als „Sanfte Massage“ empfunden.

o Eine positive Wirkung wird erzielt bei körperlichen und seelischen Verspannungen, Stress, Schmerzen, u.v.m.

Wirkung: fördert die Entspannung und aktiviert die Selbstheilungskräfte, bewirkt Veränderungen auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene

Arbeit mit Klangschalen

o ermöglichen Tiefenentspannung und Wohlbefindeno fördern Regeneration und Vitalitäto können Verspannungen und Blockaden nachhaltig löseno vermitteln ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheito berühren auf einer tiefen emotionalen Ebeneo lassen Raum für das Entstehen von inneren Bilderno regen Kreativität und Schaffenskraft und Fantasie ano wirken entspannend und Stress reduzierendo fördern die Konzentration und erleichtern das lerneno fördern die Selbst- und Körperwahrnehmungo stärken das Urvertrauen und das Vertrauen in sich selbsto wirken harmonisierend, erdend und schützendo aktivieren die Selbstheilungskräfteo stabilisieren die Gesundheito schenken Lebensfreude

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Kinästhetik

o Kinästhetik ist das Studium der Bewegung und der Wahrnehmung, die wiederum aus der Bewegung entsteht und somit die Lehre von der Bewegungsempfindung

o Das bedeutet die Fähigkeit, Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern, Bewegung fördert Gesundheitsprozesse und unterstützt die täglichen Aktivitäten

Ziel ist es durch die geschärfte Wahrnehmung von Bewegungen zu vermitteln, dass das Leben ein ständiger Veränderungs- und Anpassungsprozess ist; dass die Art und Weise der Bewegungen unsere Aktivitäten beeinflusst; dass vitale unbewusste Prozesse wie Atmung und Verdauung an Bewegungen gebunden und von ihnen reguliert werden

Um den Rahmen nicht zu sprengen werden Aspekte und Methoden vernachlässigt wie

Akupunktur, Körperwahrnehmung, Bewegung, therapeutische Berührungen, Entspannungsverfahren und Übungen, Therapeutisches Bogenschießen, aber auch Ernährung und ausreichendes Trinken usw.

Auch andere Aspekte kommen in dem begrenzten Rahmen zu kurz, die im Zusammenhang mit den komplementären Pflegemethoden wichtig sind wie z. B. o Beziehungsgestaltungo Milieu als Wirkfaktor in seinen zentralen Elementen

wie Partizipation, offene Kommunikation, Information, gemeinsames Tun usw.z. B. beim Gemeinsamen Tun – singen in Morgen- oder

Abendrunden oder in einer ambulanten Gruppe

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Hilde Schädle-Deininger

Ergänzungen zur Powerpoint-Präsentation aufgrund der anschließenden DiskussionIn Großbritannien gehört „complementary nursing care“ weit mehr zum alltäglichen Standard professionelle Pflege als in Deutschland.

Sogenannte alternative Pflegemethoden eher ein Trend oder eine Modeerscheinung? Aus meiner Sicht eher eine Wiederentdeckung oder Rückbesinnung auf lang erprobtes altes Wissen, auch der Kräuterheilkunde und Klostergärten. Viele alltägliche Beschwerden oder Verstärkung von bestimmten Einschränkungen, auch bei chronischen Leiden mit körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen wurden und werden mit diesen Methoden, wenn individuelle angewandt, auf sanfte Art und Weise unterstützt, um die Lebensqualität spürbar zu verbessern.

Komplementäre, also begleitende, ergänzende Pflegemethoden leiten sich ab von einem ganzheitlichen oder umfassenden Menschenbild und ermöglichen einen individuellen Zugang, der mit dem einzelnen Menschen kreativ gestaltet werden kann. In diesem pflegerischen Kontext kommt den psychischen, physischen sozialen, emotionalen Faktoren und Zusammenhänge eine besondere Bedeutung zu, um Selbstheilungskräfte, Selbstpflege und Stabilität zu fördern und Selbstwirksamkeit zu unterstützen.

In der Anwendung von komplementären Pflegemethoden ist große Sorgfalt und fachliches Wissen von zentraler Bedeutung. Das heißt aktuelle Forschungsergebnisse und Erkenntnisse sowie entsprechende Leitlinien im beruflich-pflegerischen Handeln sind Grundlage der Anwendung. Voraussetzung ist also eine entsprechend anerkannte Fort- oder Weiterbildung.

In der anthroposophischen Pflege1 sind Anwendungen jeglicher Art ein selbstverständliches pflegerisches Handwerkszeug. Die anthroposophische Pflege ist eine Erweiterung der auf Erfahrung, Tradition und Wissenschaft begründeten professionellen Pflege der Gegenwart und versucht zu einer Integration komplementärer Pflegemethoden in allen Bereichen beizutragen.

Die Frage, die in der Diskussion aufgeworfen wurde, dass Formen der komplementären Pflegemethoden allenfalls in der stationären psychiatrischen Versorgung anzutreffen sind, kann nur weitgehend bestätigt werden. Es dürfte jedoch bei entsprechend engagierten und fortgebildeten pflegerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kein Problem sein, dies auch im komplementären Bereich anzubieten.

In der ambulanten Versorgung wäre zu überdenken inwieweit die derzeitigen Strukturen durch Einzelabrechnungen dem nicht entgegenwirken. Gerade durch die derzeitigen „Medikamenten-Diskussionen“ wäre jedoch ein Angebot in den Psychiatrischen Institutsambulanzen am ehesten zu verwirklichen.

Diese Ausführungen und die Powerpoint-Präsentation sind nicht vollständige und berücksichtigen nicht alle Aspekte psychiatrisch-pflegerischen professionellen Handelns. Sie sollen vielmehr Anstoß zu weiteren Überlegungen geben und dazu anregen, gemeinsam weiter zu diskutieren.Der Plan ist in naher Zukunft ein Büchlein über komplementäre Pflegemethoden im psychosozialen Kontext zusammenzustellen und zu veröffentlichen.

____________________________1 Heine, Rolf (Hrsg.): Anthroposophische Pflegepraxis – Grundlagen und Anregungen für alltägliches handeln (2015), dritte überarbeitete Auflage, salumed Verlag Berlin

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Beteiligte an der Planung der Expertenrunde

BOP&P e.V., als Zusammenschluss von Psychiatrie-Erfahrenen auf Bezirks- und Landesebene hat der Verein unter anderem den Zweck, die Interessen von Psychiatrie-PatientInnen und ehemaligen PatientInnen zu vertreten mit dem Ziel, nicht-psychiatrische Hilfsangebote entstehen zu lassen. Wo dies nicht möglich ist, ist das Ziel eine andere, gewaltfreie Psychiatrie. Mehr unter www.bopp-ev.de

Vorstandsmitglied Martina Gauder übernahm die Koordination der Expertenrunde

Peter Lehmann, Dipl.-Sozialpädagoge. Autor und Verleger in Berlin. Bis 2010 langjähriges Vorstandsmitglied des Europäischen Netzwerks von Psychiatriebetroffenen. Seit November 2013 Schirmherr der Berliner Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Betroffener (BOP&P) e.V. . Buchveröffentlichungen u.a.: „Psychopharmaka absetzen – Erfolgreiches Abset-zen von Neuroleptika, Antidepressiva, Phasenprophylaktika, Ritalin und Tranquilizern“ (Hg.). »Neue Antidepressiva, atypische Neuroleptika – Risiken, Placebo-Effekte, Niedrigdosierung und Alternativen« (2017, gemeinsam mit Volkmar Aderhold, Marc Rufer & Josef Zehentbauer). Mehr unter Peter-Lehmann.de

Andreas Liebke, Vorstandsmitglied und Kassenwart von BOP&P e.V.

Gaby Sohl, Leserbriefredakteurin und Referentin für internationale Angelegenheiten taz. die tageszeitung und freie Autorin, lebt in Berlin. Studium der Philosophie und Sozialarbeit. Mehrere Jahre lang Krisenberaterin für selbstmordgefährdete Menschen. Autorin von „Professionelle Logik, Psychopharmaka und das hoh(l)e Lied der Sachzwänge“. Mehr unter: http://www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/alte/sohl_alte.htm

Reinhard Wojke, Vater von zwei Söhnen. Seit 1992 Erwerbsunfähigkeitsrentner. Aktiv in der Selbsthilfe, seit 2004 Redakteur des Rundbriefs des Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener (BPE) e.V. und Vorstandsmitglied der Berliner Organisation Psychiatrie-Erfahrener und Psychiatrie-Be-troffener (BOP&P) e.V.. Mitglied im Landesbehindertenbeirat und -psychiatriebeirat Berlin sowie im Beirat der Krisenpension Berlin. Mehr unter http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/gefaehrdete-kinder-wenn-eltern-psychisch-krank-sind-a-579695.html

Stephanie Scholz, Expert*in aus Erfahrung

Eva Buchholz. Expert*in aus Erfahrung

Iris Heffmann, (Pseudonym), Team-Mitglied Online-Forum ADFD (www.adfd.org), Berlin

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