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DOSSIER SCHWEFEL VERSION MÄRZ 2007, SEITE 1 VON 4 Dossier Schwefel Allgemeines Obwohl die schweflige Säure bereits seit der Antike zur Anwendung kommt, die Ägypter und Griechen die Dämpfe des Schwefels zum Desinfizieren und Haltbarmachen verwendeten und die Römer bereits routinemässig den Schwefel zur Weinbereitung einsetzten, ist das Schwefeln von Wein ein aktuelles Thema, welches die Gemüter erhitzt. Nachstehend einige Entscheidungshilfen für die Praxis. Definitionen Freie SO 2 Ist der Anteil an schwefliger Säure, der nicht an Weinbestandteile gebunden ist. Sie setzt sich aus den Zustandsformen undissoziierte SO 2 (SO 2 ), Bisulfit (HSO 3 - ) und Sulfit (SO 3 2- ) zusammen. Undissoziierte SO 2 Ist die unionisierte Form der SO 2 und ist mikrobiologisch wirksam. Ihr Anteil ist pH- abhängig. Gebundene SO 2 Ist der Anteil der gesamten schwefligen Säure, der an Weinbestandteile fixiert ist. Diese Bindung ist mehr oder weniger fest und steht in einer Gleichgewichtsbeziehung zur freien schwefligen Säure. Nachfolgend die wichtigsten SO 2 - bindenden Substanzen: - Glucose - Ketofructose - Arabinose - Acetaldehyd - Galacturonsäure - Pyruvat Gesamte SO 2 Ist die Summe aus der freien und gebundenen schwefligen Säure. Diese ist gesetzlich reglementiert. Gesetzlich erlaubte Höchstmengen der gesamten schwefligen Säure: Natürliche Süssweine 400 mg/ l Weiss-, Rosé-, Schaum- und Perlweine mit mehr als 5 g/ l Restzucker 260 mg/ l Rotweine mit mehr als 5 g/ l Restzucker und Weiss-, Rosé-, Schaum- und Perlweine mit weniger als 5 g/ l Restzucker 210 mg/ l Rotweine mit weniger als 5 g/ l Restzucker 160 mg/ l Reduktone Sind diejenigen Stoffe, welche bei der jodometrischen Bestimmung der schwefligen Säure mitbestimmt werden und somit freie SO 2 vortäuschen. Dies sind unter anderem Gerbstoffe, Anthocyane und Ascorbinsäure.

Dossier Schwefel (4 s.)

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Dossier Schwefel Allgemeines Obwohl die schweflige Säure bereits seit der Antike zur Anwendung kommt, die Ägypter und Griechen die Dämpfe des Schwefels zum Desinfizieren und Haltbarmachen verwendeten und die Römer bereits routinemässig den Schwefel zur Weinbereitung einsetzten, ist das Schwefeln von Wein ein aktuelles Thema, welches die Gemüter erhitzt. Nachstehend einige Entscheidungshilfen für die Praxis. Definitionen Freie SO2 Ist der Anteil an schwefliger Säure, der nicht an Weinbestandteile gebunden ist. Sie setzt sich aus den Zustandsformen undissoziierte SO2 (SO2), Bisulfit (HSO3

-) und Sulfit (SO32-)

zusammen. Undissoziierte SO2 Ist die unionisierte Form der SO2 und ist mikrobiologisch wirksam. Ihr Anteil ist pH- abhängig. Gebundene SO2 Ist der Anteil der gesamten schwefligen Säure, der an Weinbestandteile fixiert ist. Diese Bindung ist mehr oder weniger fest und steht in einer Gleichgewichtsbeziehung zur freien schwefligen Säure. Nachfolgend die wichtigsten SO2- bindenden Substanzen:

- Glucose - Ketofructose - Arabinose - Acetaldehyd - Galacturonsäure - Pyruvat

Gesamte SO2 Ist die Summe aus der freien und gebundenen schwefligen Säure. Diese ist gesetzlich reglementiert. Gesetzlich erlaubte Höchstmengen der gesamten schwefligen Säure: Natürliche Süssweine 400 mg/ l Weiss-, Rosé-, Schaum- und Perlweine mit mehr als 5 g/ l Restzucker 260 mg/ l Rotweine mit mehr als 5 g/ l Restzucker und Weiss-, Rosé-, Schaum- und Perlweine mit weniger als 5 g/ l Restzucker 210 mg/ l Rotweine mit weniger als 5 g/ l Restzucker 160 mg/ l Reduktone Sind diejenigen Stoffe, welche bei der jodometrischen Bestimmung der schwefligen Säure mitbestimmt werden und somit freie SO2 vortäuschen. Dies sind unter anderem Gerbstoffe, Anthocyane und Ascorbinsäure.

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Zustands- und Bildungsformen in Most und Wein

Wirkung der schwefligen Säure im Wein ? Das Gleichgewicht zwischen der gebundenen und der freien schwefligen Säure verschiebt sich mit zunehmender Temperatur zu Gunsten der freien SO2. ? Mikroorganismen reagieren unterschiedlich empfindlich auf schweflige Säure. Dadurch kann es bei einer Schwefelung zu einer Selektion kommen.

0.5 mg/ l undissoziierte SO2 Abtötung von wilden Hefen (Candida, Kloeckera…) 4.0 mg/ l undissoziierte SO2 Hemmung von Hefen in Most 8.0 mg/ l undissoziierte SO2 Abtötung von Hefen in Most > 14 mg/ l undissoziierte SO2 Abtötung von SO2- resistenten Hefen in Most ? Mikrobiologisch wirksame schweflige Säure in Abhängigkeit des pH- Wertes bei 20°C

Beispiel: 50 mg/ l freie schweflige Säure

pH- Wert wirksame SO2 (mg/ l) pH- Wert wirksame SO2 (mg/ l) 2.8 4.8 3.6 0.8 2.9 3.9 3.7 0.7 3.0 3.2 3.8 0.5 3.1 2.5 3.9 0.6 3.2 2.0 4.0 0.3 3.3 1.6 4.1 0.3 3.4 1.3 4.2 0.2 3.5 1.1 ? Konservierende Wirkung beim Holzfass: 50 – 70 mg/ l SO2 + 1 g/ l Zitronensäure ? Flaschensterilisation mit 1.5 – 2 % iger Lösung ? Schweflige Säure wird durch Wasserstoffperoxid (H2O2), Kaliumpermanganat und Jod zu Schwefelsäure oxidiert (0.16 ml 30% ige H2O2- Lösung pro hl oxidieren 1 mg/ l SO2) ? 1 mg/ l Acetaldehyd bindet 1.45 mg/ l SO2 ? Entfärbung beruht auf der Verbindung des Bisulfitions mit dem Flavylium Kation ? Enzyminaktivierende Wirkung: Enzyme wie auch Coenzyme werden strukturell beeinflusst ? Schweflige Säure und ihre Salze sind Reduktionsmittel ? Geschmacksbeeinflussende Wirkung (Reaktion mit Carbonylverbindungen, Acetaldehyd)

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Die verschiedenen Möglichkeiten der Schwefelung Schwefelanhydrid Verflüssigtes Gas, 100%, kann direkt in den Wein eingeblasen werden. Nach der Applikation muss der Wein gut aufgerührt werden.

Kaliumdisulfit/ Kaliumpyrosulfit, K2S2O5 (KaMeBi) Pulverförmig, oder als Tablette erhältlich. Gibt rund 50% SO2 (stöchometrisch 57%) an den Most oder Wein ab. Restlicher Anteil ist Kali (K20). Zerfall läuft nur in saurer Lösung ab. Das Kali kann den Weinsteinausfall begünstigen, puffert aber eine spitzig wirkende Säure ab. Nach der Applikation muss der Wein gut aufgerührt werden. Wässrige Lösung, 5 % schweflige Säure 1 dl 5 % ige schweflige Säure auf 100 Liter Wein = 50 mg/ l SO2

Nach der Applikation muss der Wein gut aufgerührt werden. Konzentration der wässrigen SO2 bei 15°C: 5.5 % 30.0° Oechsle 5.0 % 27.5° Oechsle 4.5 % 25.0° Oechsle 4.0 % 22.0° Oechsle Bedarf von schwefliger Säure ? Durchgegorene Weine benötigen wenig schweflige Säure ? Süss- und restsüsse Weine haben einen erhöhten Anteil an gebundener SO2 à Zucker, Acetaldehyd ? Weine aus faulem und edelfaulem Lesegut haben einen erhöhten Anteil an gebundener SO2 à Oxidationsenzyme, Zucker, Acetaldehyd ? BSA- Weine haben einen geringeren Bedarf an SO2 à weniger Acetaldehyd und Pyruvat ? Inaktivierung der Polyphenoloxidasen im Wein bei niedrigem pH- Wert: 30 – 50 mg/ l ? Laccase ist unempfindlich gegenüber SO2 (80 mg/ l SO2 = 10 % inaktiviert) ? Bindung des freien Aldehyds: 60 – 100 mg/ l ? Bindung des Sauerstoffes in eisen- und kupferfreien Weinen: 1 mg/ l O2 bindet 4 mg/ l SO2 ? Schweflige Säure kann auch schon durch die Hefegärung natürlich vorhanden sein.

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Bestimmung der schwefligen Säure im Wein Freie schweflige Säure 50 ml Wein in 100 ml Becherglas (hohe Form) Zugabe von 5 ml Schwefelsäure (25%) Zugabe von Kaliumjodid (Messerspitze) Titrieren mit Jodid-Jodat-Lösung (1/64 N bzw. 1/128 mol/ l) und Doppelplatinelektrode bis zum Endpunkt Verbrauch der Jodid-Jodat-Lösung in ml = mg/ l freie SO2 Gesamte schweflige Säure 50 ml Wein in 150 ml Becherglas (hohe Form) Zugabe von 25 Natronlauge (1 N) 10 min. stehen lassen Zugabe von 10 ml Schwefelsäure (25%) Zugabe von Kaliumjodid (Messerspitze) Titrieren mit Jodid-Jodat-Lösung (1/64 N bzw. 1/128 mol/ l) und Doppelplatinelektrode bis zum Endpunkt Verbrauch der Jodid-Jodat-Lösung in ml = mg/ l gesamte SO2 Gebundene SO2 = Gesamte SO2 minus freie SO2 Reduktone 50 ml Wein in 100 ml Becherglas (hohe Form) Zugabe von 2 ml Glyoxal (40%, auf pH 7 eingestellt) à Bindung der freien SO2 5 min stehen lassen Zugabe von 5 ml Schwefelsäure (25%) Zugabe von Kaliumjodid (Messerspitze) Titrieren mit Jodid-Jodat-Lösung (1/64 N bzw. 1/128 mol/ l) und Doppelplatinelektrode bis zum Endpunkt Verbrauch der Jodid-Jodat-Lösung in ml = mg/ l Reduktone Tatsächliche freie SO2 = freie SO2 minus Reduktone Gehalt bei Weissweinen: < 10 mg/ l Gehalt bei Rotweinen: 10- 20 mg/ l, teilweise auch bis zu 30 mg/ l Quellenangabe: Schwefeln von Wein, Lehrveranstaltung, Prof. Dr. M.Christmann Technologie des Weines, Ulmer Verlag, 1988, G. Troost Chemie des Weines, Ulmer Verlag, 1989, Würdig & Woller Für weitere Fragen Oenoservice Hänzi GmbH Benkenstrasse 254 CH 4108 Witterswil Michael Hänzi +41 (0) 79 371 09 27 www.oenoservice.ch