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Dr. Christoph Schuler Facharzt für Allgemeinmedizin/ Infektiologe DGI Praxisgemeinschaft Turmstraße Berlin

Dr. Christoph Schuler Facharzt für Allgemeinmedizin ...hiv-im-dialog.de/fileadmin/template/archiv/2007/vortraege/070831_1… · Eisen Wichtig für Sauerstofftransport, Muskelaktivität,

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Dr. Christoph Schuler

Facharzt für Allgemeinmedizin/ Infektiologe DGI

Praxisgemeinschaft Turmstraße Berlin

Jenseits der ART� US-Studie von 2002, mit 682 HIV-Infizierten unter ART

Dhalla S et. al.: Complement Ther Clin Pract 2006 Nov; 12/4: 242-8

� 47% zusätzlich komplementäre /alternative Medizin

� Vitamine / Mineralien 81%

� Meditation / Yoga 36%

� Massage 31%

� Marijuana 30%

� Nahrungsergänzungsmittel 24%

� Heilkräuter 19%

Ansatz der Komplementärmedizin

� ungünstige Lebensumstände können das Immunsystem schwächen u die Krankheitsentwicklung beschleunigen

� schlechte oder falsche Ernährung

� häufige oder andauernde Stressbelastungen

� schwache Konstitution

� langanhaltendes gestörtes Lebensumfeld

� Ziele: - Stärkung des Immunsystems- Vermeidung negativer Einflüsse- Verbesserung der Lebensqualität- Stärkung der Selbstheilungskräfte

Themen des Vortrags

� Ernährung und Mikronährstoffe

� Traditionelle Chinesische Medizin

� Psychoneuroimmunologie

Diäten und Ernährung…� Diät gegen HIV gibt es nicht - Mangelernährung kann das

Immunsystem schwächen

� Empfohlen: ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung, die körperlich wie seelisch bei Laune hält

� Naturbelassene oder wenig bearbeitete Lebensmittel

� 5 mal täglich Salat, Gemüse, Obst oder Saft

� Viel Getreide, Milch und Käse (Fleisch, wer will – sonst Eiweiß durch Milchprodukte und Eier )

� Keine Fastenkuren, besser gut und viel essen

Vorsicht

� Rohes Fleisch: Toxoplasmose

� Milch immer pasteurisiert

� Alkohol und Hepatitis

� Zuviel Zucker, zuviel Fett

Ernährung in Zeiten von HAART

� Offene Fragen:

� Hängen Langzeitnebenwirkungen der HAART (Lipodystrophie) mit oxidativem Stress zusammen?

� Braucht der Körper mehr Antioxidantien?

� Ist die Zufuhr von Mikronährstoffen ratsam?

Was sind Antioxidantien?

� Aus Sauerstoff wird in der Zelle Energie erzeugt

� Schädliche Einflüsse von außen (Rauchen, UV-Licht) führen zur Bildung freier Radikale

� Diese greifen wichtige Zellbestandteile an und zerstören diese: Zellwände, Erbsubstanz, Enzyme (erwünscht für intrazelluläre Abtötung von Mikroorganismen )

� Antioxidantien fangen diese freien Radikale ab: Zellschutz

� Vitamin E , Vitamin C, Beta-Carotin (=Provitamin A), Selen, Zink

Antioxidantien und HIV� Bei HIV+ oxidativer Stress vermehrt (verursacht durch

HIV selbst, vielleicht auch durch HAART)

� Bei HIV+ Bedarf an Vitaminen und Spurenelementen mäßig erhöht

� Unterversorgung kann schädlich sein und den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen

� Daher: Oxidativen Stress vermeiden (Verzicht auf Rauchen und zu viel Sonne)

� Ausgeglichene Zufuhr verschiedener Antioxidantiendurch gesunde Ernährung

Was sagen Studien?

Vitamin A

� Wichtig für Augen und Infektabwehr

� In Butter, Eier, Milch, Milcherzeugnisse, Thunfisch

� Vorstufe: Beta-Carotin

� Überdosierung möglich (Kopfschmerzen, Schwindel)

� Bei HIV+ Kindern: Positive Effekte (verstärkte T-Zell-

bildung)

� Bei Erwachsenen: Kaum Untersuchungen zu Vitamin A Substitution, aufgrund Datenlage positive Effekte nicht durchgängig belegt Villamor 2005 Clin Micorbiol Rev

Beta-Carotin

� Biologisch aktivstes Carotinoid

� Starkes Antioxidans

� Vitamin A Vorstufe

� In gelbroten Früchten/Gemüse und grünem Blattgemüse

� Hohe Dosierung erhöht bei Rauchern Rate an Lungenkrebs

Beta-Carotin bei HIV+

� Randomisierte kontrollierte Studie an 21 HIV+ : signifikanter Anstieg der Leukozyten nach 4 Wo 180 mg/d B-C Coodley 1993 J Acquir Immune Defic Syndr

� Nicht-kontrollierte Studie an 7 HIV+ : keine Veränderung der Leukozyten nach 4 Wo 60 mg/d B-C Fryburg 1995 Yale J Biol Med

� 72 HIV+ : 3 Mo 180 mg/d B-C oder Placebo: kein Unterschied Coodley 1996 AIDS

Beta-Carotin bei HIV+ /2

� Aids-Pat: nach 4 Wo B-C leichter Anstieg der Lmyphozyten Fryburg 1995 Yale J BiolMed

� 21 HIV+ nach 4 Wo 180mg/d B-C gegen Placebo: signifikanter CD4-AnstiegCoodley 1993 J Acquir Immu Defic Syndr

� 72 HIV+: Selbe Studiengruppe: keine Unterschiede

� Aids-Pat: 2 Gruppen (mit Placebo)1. Vit A + Spurenelemente 2. Vit A + Spurenelemente + Carotinoide:

in Carotinoid-Gruppe CD4-Zellen signifikant höher Austin 2006 Eur J Clin Nutr

Beta-Carotin bei HIV /3

� einige Studien zeigen, dass bei HIV+ niedrige Carotenoidspiegel mit einem Fortschreiten der Erkrankung zusammenhängen

� erhöhte Aufnahme vermindert Erkrankungsrate Abrams 1993 J Acquir Immune Defic Syndr; Tang 1996 Am J Epidemiol

Leitartikel von 2007; Nutrition Reviews 65: 181-217 : Web AL u Villamor E: Update: Effects of antioxidant and non-antioxidantvitamin supplementation on immune function

� Beta-Carotin Zufuhr scheint die Zahl der Leukozyten bei HIV+ zu erhöhen, klinische Bedeutung ist unklar

� Zufuhr verbessert die CD4-Zahl bei HIV+

� Carotinoid-reiche Nahrung beeinflusst sowohl das angeborene als auch erworbene Immunsystem (aufgrund anderer Stoffe in Nahrung? welche Rolle hat Vit A?)

� Die meisten Studien bei HIV+ lassen eine klare Aussage über die Rolle von Beta-Carotin nicht zu

Vitamine B 1 B6 B12� B1: Kohlehydrat-und Fettstoffwechsel, Nerven

va in Hefe, Vollkornprodukten Mangel oder hohe Dosen: Polyneuropathie

� B6:Eiweiß-/Nukleinsäuresynthese und Nerven va Linsen, Kohl, Bananen Mangel: eingeschränkte Lymphozytenbildung

Sehr hohe Dosen: Nervenschäden

� B12:Blutbildung, Teil der DNA und Nerven va tierische Nahrung Unterversorgung bei Veganern möglich

B – Vitamine und HIV

� Zugabe von Vitamin B haltigen Multivitaminpräparaten lassen in kontrollierten Studien günstige Effekte auf Immunparameter und klinischen Verlauf bei HIV+ vermuten Webb 2007 Nutr Rev

Vitamin C

� Starkes Antioxidans

� Fördert Eisenaufnahme

� Beeinflusst eine Reihe von Immunfunktionen: verstärkte Antikörperbildung , Neutrophilenfunktion, zelluläre Immunantwort

� In-vitro Hemmung von HIV beschriebenHarakeh et al. Proc Natl Acad Sci 1990, Nutrition 1995

� Vitamin C verbessert die durch körperliche Belastung ausgelöste Immunsuppression bei Sportlern

Ashton 1999 J Appl Physiol

Vitamin C /2

� Patienten mit akuter Pankreatitis: Anstieg von CD4 Zellen und CD4/CD8-Ratio nach 5 d 10 g/d iv gegenüber 1 g/d Du 2003 World J Gastroenterol

� Marathonläufern bis 1,5 g/d: keine Veränderungen von T- u B-Lymphozyten

Nieman 2002 J Appl Physiol, 1997 Int J Sport Nutr

� Vit C 0,5 - 3 g/d iv erhöhte Lymphozytenneubildung Anderson 1980 Am J Clin Nutr; Kennes 1983 Gerontology

Hilft Vitamin C bei Erkältung? Douglas 2004 Cochrane Database

� 32 Prophylaxestudien: kein Effekt von Vitamin C hinsichtlich Erkältungsvorbeugung (außer starker Stress)

� 30 Therapiestudien: Vitamin C (-1g/d) prophylaktisch: 8%ige Verkürzung der Krankheitsdauer, auch Schwere der Erkrankung etwas gemildert

� Hohe Dosen(>1 g): kurzfristig: unschädlich langfristig: Nierensteine,

Durchfall, uUWechselwirkungen mit ART? Jedoch kein Nachweis, dass hohe Dosis wirksamer

Leitartikel von 2007; Nutrition Reviews 65: 181-217 : Web AL u Villamor E: Update: Effects of antioxidant and non-antioxidantvitamin supplementation on immune function

� Keine kontrollierten Studien, die belegen, dass Zufuhr von Vitamin C die antibakterielle Aktivität verbessert

� Keine Beeinflussung der Lymphozytenzahlen durch Vitamin C � wobei kleine Studien zeigen, dass Vitamin C bei Sportlern und

Älteren die Neubildung von Lymphozyten steigert � In kleinen Studien: Vitamin C (1–8 g/d) eher günstig:

verhindert nicht das Auftreten von Atemwegsinfektionen, mindert aber deren Dauer und Schwere

� Vitamin C kann in vitro virale Vermehrung hemmen, keine Bestätigung in vivo

� Mögliche Risiken bei Dosen über 8 g/d nicht untersucht� Aussagen zur Rolle von Vitamin C bei HIV-Infektion nicht

möglich

Vitamin D

� Reguliert Calcium- und Phosphathaushalt des Körpers, härtet Zähne und Knochen, beugt Osteoporose vor

� In fettreichem Fleisch, Milchprodukten, Eiern

� Durch Sonnenlicht in der Haut gebildet

� Überdosierungen: Nierensteine, Erbrechen

Vitamin E

� Antioxidans

� Pflanzenöle, Getreide, Nüsse, Sojabohnen

� Mangel hat Beeinträchtigung zellulärer und humoralerImmunität zur Folge Meydani Immunol Rev 2005

� Bei Gesunden unter tgl. Vit E Zufuhr (28 d): Zunahme der T-Zellen, CD4-Anteil und CD4/8 Ratio Lee J Nutr 2000

� Bei HIV+ unter ART (180 d): keine Veränderungen der Lymphozyten, in Nachbeobachtungszeit jedoch deutliche verbesserte Lymphozytenlebenszeit

de Souza Clin Chem Lab Med 2005

Leitartikel von 2007; Nutrition Reviews 65: 181-217 : Web AL u Villamor E: Update: Effects of antioxidant and non-antioxidantvitamin supplementation on immune function

� Vitamin E hat keinen Einfluss auf die Zahl der Immunzellen

� Nicht kontrollierte Studien: Abnahme an entzündungsfördern-den Stoffen unter Vit E möglich(jedoch keine kontrollierten Studien)

� Bei Älteren verbesserte Vitamin E die Immunantwort

� Bei Älteren in 2 von 3 Studien: Abnahme an Erkältungskrank-heiten Meydani JAMA 2004, jedoch auch Tendenz zu schwereren Verläufen von Infektionen unter Vit E beobachtet Graat JAMA 2002

� bei 21 700 Rauchern: ob mit oder ohne Vitamin E: Erkältungshäufigkeit war gleich N Engl J Med 1994

� Sehr vieles noch unklar

Vitaminkombinationen

� 49 HIV+ Canda: Vit C 1g + Vit E 360 g über 12 Wo oder Placebo: etwas geringere VL und weniger oxidativer Stress unter Vitaminen Allard 1998 AIDS

� HIV+ Frauen in Tanzania: Mulivitamin-zufuhrreduzierte signifikant Viruslast, verzögerter Krank-heitsverlauf und reduzierte AIDS-Komplikationen

Fawzi 2004 New Engl J Med

� Vit E u C u Carotenoide allein oder in Kombination in bestimmten Aspekten für das Immunsystem von Vorteil Webb 2007 NutrRev

Was sind Mineralstoffe und Spurenelemente?

� Anorganische Nahrungsbestandteile, die Körper nicht selbst bilden kann (Spurenelemente < 50 mg /kg Kg)

� Magnesium, Eisen, Calcium, Zink, Selen

Magnesium

� An vielen Stoffwechselprozessen und Nervenleitung beteiligt, verhindert Muskelerregung

� Reichlich in Sonnenblumenkernen und Weizen-keimen, wenig in gängigen Grundnahrungsmitteln

� Vermindert durch Schwitzen, Durchfall, Stress

� Zusätzliche Zufuhr bei Wadenkrämpfen möglich, zu viel macht Durchfall

Eisen� Wichtig für Sauerstofftransport, Muskelaktivität,

Funktionen des Immunsystems

� Verhinderte Aufnahme durch Gerbsäure in Tee oder Kaffee oder Darmentzündungen

� Erstes Zeichen: Einrisse der Mundwinkel

� Zufuhr bei nachgewiesenem Eisenmangel

� Kein zusätzliches Eisen, wenn Speichereisen normal

Calcium� Wichtig für Mineralisation von Knochen und Zähnen

sowie für Muskeltätigkeit

� Reichlich in Milch- und Milchprodukten, Nüsse

� Mangel führt zu Osteoporose

� Tagesbedarf 1000 mg, meist wird weniger aufgenommen

� Kann durch Proteasehemmer bedingte

Durchfälle stoppen (2 x 500 mg)

� Überdosierung: Gefahr von Nieren- und Harnsteinen

Zink

� Wichtig u.a. auch für Immunsystem (Aktivität der T-Helferzellen und Killerzellen)

� Längerer Mangel führt zu Infektanfälligkeit, Wundheilungsstörungen, Appetitverlust

� Überdosierung kann schädliche Wirkung aufs Immun-system haben und eventuell Virusvermehrung fördern

Selen� Bestandteil eines Enzymsystems, das die Zelle vor

Schädigung durch Sauerstoffwirkung schützt; auch wichtig für Funktion des Immunsystems

� Selenbedarf bei Stress erhöht, auch bei HIV/Aids

� 200 HIV+ Drogenkonsumenten in Florida nach 2 Jahren Selen: weniger CD4-Abfall als Placebogruppe

� Keine klaren Empfehlungen, ob Substitution bei HIV/Aids nötig

� Höhere Dosierungen > 800 yg/d: Vergiftung

Zusammenfassung: Spurenelemente und Immunsystem

� Spurenelemente: Selen, Zink, Eisen wichtig bei Erkrankungen des Immunsystems, Mangel ungünstig für Immunfunktionen

� Keine Supplemente nötig, solange gesunde Ernährung

� Überdosierungen sind gravierender als bei Vitaminen. Folge kann Schwächung des Immunsystems sein.

Zusätzliche Gabe von Mikronährstoffen in Kindern und Erwachsenen mit HIV-InfektionCochrane Database Systematische Durchsicht Oktober 2005

� 15 Studien ausgewertet:

� Vitamin A und Beta-Carotin in 6 Studien gegen Plazebo: kein Effekt auf Mortalität, Morbidität, CD4 und CD8, Viruslast (außer Kinder, profitieren v Vit A Gabe)

� Mikronährstoffe in 4 Studien: eher kein Effekt, wobei bei niedrigen CD4-Zellen geringere Sterberate

� Insgesamt kein Beweis, dass zusätzliche Zufuhr von Mikronährstoffen die Erkrankungs- und Sterberaten von HIV-Infizierten verringert

Nahrungsergänzung kann CD4-Zahl steigern Uni Californien 2006

� Studie (doppelblind): 40 HIV+ unter Zerit u. Videxmit Placeboarm Kaiser 2006 J Acquir Immune Defic Syndr

� 12 Wo, in Gruppe die Mikronährstoffe erhielt:� stiegen CD4-Zellen signifikant um 65

(gegenüber Abfall um 6 in Plazebogruppe), Zunahme um 24% gegenüber 0%

� Sank die Viruslast (nicht signifikant)

� Verbesserte sich die Neuropathie 42% gegenüber 33% (nicht signifikant)

� Vielversprechend als zusätzliche Therapie

Zusammenfassung: Zufuhr von

Vitaminen und Spurenelementen

� Täglicher Vitaminbedarf wird durch eine ausgewogene Ernährung abgedeckt (reich an Obst und Gemüse)

� Abwechslungsreiche Ernährung (viel Obst, Gemüse, wenig tierische Fette) in vielen Studien gesund und lebensverlängernd erwiesen

� Vielleicht höherer Vitaminbedarf bei HIV-Infektion u. ART

� Fraglich, ob Zufuhr von Vitamin und Mikronährstoffenden Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann (vielleicht

höhere CD4?)

Meine Empfehlung

� Ausgewogen ernähren

� Normal dosierte Substitution mit Vitaminen (A,E,C)undMikronährstoffen (Selen,Zink) eher nicht schädlich

� Überdosierungen bringen keinen Nutzen, zT sogar schädlich: Vitamin A, Vitamin D, Beta-Carotin

� Bei Mangelsituationen Nahrungsergänzungsmittel möglich und gesundheitsförderlich

Was sind Mangelsituationen?

� Bei ungünstigem Ernährungsverhalten (einseitig)

� Geringer Nährstoffzufuhr (Appetitlosigkeit)

� Erhöhtem Nährstoffverlust (Durchfall)

� Erhöhtem Nährstoffbedarf (Opportunistische Infektionen,

Fieber, hohe Viruslast)

� Leberzirrhose

Offene Fragen

� Wie kann Mikronährstoffstatus gemessen werden?

� Welche Dosierungen?

� Rolle bei HIV+ unter ART?

� Vergleichbare Studien?

Traditionelle Chinesische Medizin

� Über 2000 Jahre alte Heilmethode aus China

� Eingebettet in altchinesische Weltanschauung (Konfuzianismus, Buddhismus, Taoismus)

� Grundlagen: Yin und Yang (gegensätzliche Kategorien des Seins), hieraus entsteht die Lebensenergie Qi

� 5 Elemente: Metall, Holz, Wasser, Feuer und Erde

Lebensenergie Qi� Im Mittelpunkt steht die Vorstellung, dass alle

Lebensäußerungen auf einer Lebenskraft (= Lebensenergie, = Qi) beruhen

� Diese ist im Körper in ständigem Fluss und immer in Bewegung

� Verantwortlich für Funktionen innerer Organe wie Atmung, Verdauung, Muskelbewegung, Körperabwehr

Gesundheit und Krankheit nach TCM

� Gesundheit

� Lebensenergie fließt in Harmonie durch Meridiane

� Yin und Yang ist ausgeglichen

� Funktionen der Organe sind kräftig und ungestört

� Krankmachende Faktoren werden erfolgreich abgewehrt

� Krankheit

� Störung im Fließen der Lebensenergie Qi

� Blockaden führen zu Schmerzen, Gesundheitsstörungen, und zu einer Schwäche oder Fülle der Lebenskräfte

TCM und HIV/Aids

� HIV zählt zu den pathogenen Faktoren

� Schädigt das „Aufrechte-Zheng-Qi“ des Körpers (= Widerstandskraft des Körpers)

� Krankheitssymptome werden nach klinischen Beobachtungen in Fülle- und Mangel eingeteilt

Syndrome bei Aids� Fülle

� Leber-Qi-Stauung Depression, Gereiztheit� Feuchte-Hitze-Retention Fieber, Schweiß� Hitze-Toxine Fieber, Schleimhautblutungen� Schleim-Feuer trübt Geist Schwindel, Konzentrationsstg.� Schleimretention und Blut-Stase Tumore,

Lymphknotenschwell.

� Mangel� Lungen-Qi und –Yin-Mangel Atemnot, Trockener Husten� Herz-Qi und Blut-Mangel Atemnot, Angst, Erschöpfung� Milz- und Magen-Qi-Mangel Durchfall, Blähungen� Leber- und Nieren-Yin-Mangel Schwindel, Tinnitus� Lungen- und Nieren-Yin-Mangel Trockener Husten, Fieber

Methoden der TCM

� Akupunktur und Moxibustion

� Chinesische Arzneimittel

� Ernährungstherapie

� Qi Gong (Atmung, Haltung, Meditation)

� Tai Qi (Schattenboxen)

� Tuina-Massage

� Gemeinsames Ziel: Erhalt der Harmonie im Körper

Akupunktur

� Lebensenergie Qi fließt im Körper entlang von Leitbahnen (Meridiane)

� Diese stehen untereinander und mit den Organen in Verbindung

� 361 klassische Akupunkturpunkte werden durch Nadeln angeregt und Energieflüsse beeinflusst

� Dies normalisiert den gestauten Energiefluss, Blockaden werden gelöst, Fülle gedämpft, Schwäche angeregt und ein ungestörtes harmonisches Fließen gefördert

Wann Akupunktur?

� Schmerzen!!! (Lendenwirbelsäule, Knie zahlen Kassen)

� Kopfschmerzen / Migräne / Polyneuropathie

� Übelkeit / Durchfall

� Asthma / Allergien

� Steigerung der Immunabwehr

� Körperliche und psychische Erschöpfung

� uvm

Wirkung der Akupunktur nach naturwissenschaftlichem Verständnis

� Erwiesen sind:

� Anstieg des Interferonspiegels

� Steigerung der humoralen Immunität (=Antikörperbildung)

� Durch Reizung von Nervenfasern werden Signale ans Gehirn weitergeleitet, dies führt zur Freisetzung von Neurotransmittern

� Endorphinen

� Monoaminen

� Kortison

Studien, die die Wirkung belegen

� Effekte aufs Zentralnervensystem –Limbisches System, Hypothalamus, Mittelhirn (Hsieh et al. 2001, Okumura et al. 1999,

Wu et al. 1999)

� Effekte aufs Hormonsystem (Akimoto et al. 2003)

� Effekte auf humorale und zelluläre Abwehrfunktionenbei Tieren (Lundeberg et al. 1991, Okumura et al. 1999, Yu et al. 1998)

und bei Menschen (Joos et al. 2000, Kho et al. 1990)

� Effekte aufs Neuroendokrine und Immunsystem bei Tieren (Lundeberg et al. 1991, Okumura et al. 1999, Yu et al. 1998, Choi

et al. 2002, Ham et al. 2004) und bei Menschen (Akimoto et al. 2003)

Immunmodulierender Effekt von Akupunktur

� Uniklinik Essen: 10 gesunde Männer: Randomisierte einfach

verblindete zwei-zyklische crossover Studie mit PlazeboarmKou et al.: Brain, Behaviour and Immunity 2005 (19): 318-324

� Nach 1. Sitzung: kein Effekt

� Nach 3. Sitzung: signifikante Verminderung von Leukozyten und Lymphozyten im Blut (kontinuierliche Zirkulation von Immun-

zellen aus dem Blut in die verschiedenen Immunkompartimente ist wesentlich für ein funktionierendes Abwehrsystem)

� Beweis, dass Akupunktur Immunfunktionen beeinflussen kann

� Frage offen, ob klinisch relevant

Zu bedenken:

� Akupunktur ist eine Behandlung, um die Balance gestörter Körperfunktionen wiederherzustellen

� Akupunktur kann aber auch das Gleichgewicht des Körpers durcheinanderbringen (wenn falsch durchgeführt)

Chinesische Kräuterarzneien

� Folge von HIV ist eine Erschöpfung der Lebenskraft Qi

� Chin. Kräuter können Symptome bei HIV beeinflussen

� Stärkung schwacher Lebensenergie und Ausleitung ungünstiger Einflüsse (Hitze, Feuchtigkeit, Blutstagnation)

� Einzelfallberichte: deutliche Verbesserung der Lebens-qualität, Gewichtszunahme, verbesserte CD4-Zahl

� 7 von 50 häufig eingesetzten Kräutern zeigten Inter-aktionen mit dem CYP 450 3A4-Enzymsystem der Leber Achtung: Wechselwirkungen mit ART Lee2007PhytotherRes

Pflanzliche Arzneien zur Behandlung von HIV und AIDS Cochrane Database Syst. Rev. 2005, Liu al (Norwegen)

� 9 randomisierte Studien + Placebo (500 HIV+)

� Chinesische Kräutermischung signifikant bessere Lebensqualität als Placebo bei 30 HIV+ (kein Effekt auf CD4)

� Mischung aus 35 chinesischen Kräutern: kein Effekt auf CD4 u. VL, aber höhere Magen-Darm-NW-Rate 79 vs 38%

Weber, Cohen 1999 J Acquir Immune Defic Syndr

� Kombination von chinesischen Kräuter + ART:bessere Virusabsenkung als ART allein Sangkitporn 2004

� Insgesamt Vorteil von pflanzlichen Mitteln in der Behandlung von HIV und Aids nicht belegt (kontrollierte Studien nötig)

Psychoneuroimmunologie

Psychoneuroimmunologie

� Lange bekannt: Seelische Verfassung kann Ausbruch und Verlauf von Krankheiten beeinflussen

� Forschung der letzten 30 Jahre beweist: Verhaltensänderungen und Gefühlslagen haben Auswirk-ungen auf Immunsystem, Abwehrzellen und Botenstoffe

Beginn der Psychoneuroimmunologie

� Ader und Cohen 1975:

Immunabwehr ist konditionierbar

1.Ratten + rote Blutkörperchen von Schafen iv; Antikörperbildung gemessen 2.Zyklophosphamid (Immunsuppressivum) dazu (reduziert Immunantwort)3.Dann Zuckerlösung trinken vor Blutkörperchen- und Zyklophosphamid-Gabe4.Später schwächte Zuckerlösung alleine die ImmunantwortZusammenhang von Zentralnervensystems und Immun-system bewiesen!

Wie geht das?

� Wege der Beeinflussung des Immunsystems durch das Zentralnervensystem

� Sympathikus (Elenkov et al. 2000)

� Achse Hypothalamus-Hypophyse-Nebennierenrinde: CRH-ACTH-Cortisol (Demetrikopoulos et al 1996)

Immunschwäche bei Stress

� Unter Stress vermehrte Ausschüttung von Kortisol

� Kortisol hemmt das Immunsystem,

� indem es die Produktion von Botenstoffen (Interleukine) in den weißen Blutkörperchen hemmt Schedlowski

+Tewes1996

Bewältigung von Stress

� Wer glaubt, die Stress-Situation bewältigen bzw. kontrollieren zu können, dem kann Stress weniger anhaben

� Vor allem unbewältigter Stress macht krank

� Wie stark jemand auf Stress reagiert und wie gut er Stress bewältigt, hängt ab von

� Grad der Belastung

� Psychische Belastbarkeit

� Frühere Lebenserfahrungen

Stress und Immunsystem – was ist gesichert

� Ungünstige Umweltbedingungen und belastende psychosoziale Faktoren verschlechtern den Verlauf von Infektionskrankheiten Madden/Felten 1995

� Chronischer Stress schwächt das Immunsystem, akuter Stress wirkt meist aktivierend Benschopp 1994

� Unter Stress schlechtere Impfantwort Moynihan2004

� Tai Chi erhöht bei Älteren die Immunität gegenüber Varizella-Zoster-Virus Irwin 2003

Daraus folgt:

� Suggestion und Stressabbau kann das Immunsystem nachhaltig beeinflussen

� Also:

� psychisches Wohlbefinden steigern

� emotionales Gleichgewicht herstellen

� Coping-Strategien (psychologisches Bewältigungsverhalten) finden

Wie effektiv sind komplementäre Therapie für HIV/Aids? Ein systematischer Überblick.

Ozsoy M, Ernst E: Int J STD AIDS; 1999 (10): 629-35

� Alle randomisierten klinischen Studien zu komplementären Therapien: 2 zu Kräutertherapie, 5 zu Vitaminen und Supplementen, 5 zu Stressmanagement, 1 zu Massage, 1 zu Akupunktur

� Insgesamt keine überzeugenden Ergebnisse

� Vor allem Stress-Management effektiv: deutliche Steigerung der Lebensqualität nachgewiesen

Effektives Stress-Management:

� Positives Denken und „Prinzip Hoffnung“

� Gebet, Mediation, Imagination

� Psychotherapie

� Körperbezogene Therapien (Autogenes Training, Funktionelle Entspannung, Progressive Muskelent-spannung, Atemtherapie, Tanztherapie, Yoga, …)

� Viele individuelle Wege, um zu sich selbst, dem inneren Gleichgewicht, Energie und Freude zu finden. Ausprobieren!

Vielen Dank.