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17. Kranfachtagung, 27. März 2009, Technische Universität Dresden 33 Drahtseile in Seiltrieben–Betriebsdauer, Schädigung und Inspektion Dipl.- Ing. Gerhard Steinbach TSU e. V., Gotha (Taucha) Dipl.- Ing. Olivier Gronau DMT GmbH & Co. KG, Bochum; Fachstelle für Sicherheit – Seilprüfstelle - Dipl.- Ing. Dietmar Ryk DMT GmbH & Co. KG, Leipzig; Fachstelle für Sicherheit – Seilprüfstelle - 1 Einleitung Die Drahtseile in den Seiltrieben fördertechnischer Maschinen werden durch Ver- schleiß und Ermüdung, teilweise auch durch Korrosion oder Gewalteinwirkung, ge- schädigt. Mit der anwendungsspezifisch genormten Dimensionierung der Seiltriebe soll eine „ausreichende“ Aufliegezeit der Drahtseile bei Ermüdung und Verschleiß erreicht werden. Während der Betriebsdauer oder Aufliegezeit ist die systematische Inspektion des Seilzustandes erforderlich, um Gefährdungen durch nicht mehr aus- reichende Tragsicherheit und/oder Gebrauchstauglichkeit der Drahtseile auszu- schließen. Die Magnetinduktive Seilprüfung ist eine geeignete Methode, um bei der Inspektion die durch Verschleiß, Ermüdung und Korrosion geschädigten Seilab- schnitte rationell zu finden, die einer intensiven Sichtprüfung unterzogen werden müssen. 2 Dimensionierung der Seiltriebe und Biegewechselzahlberechnung In den Normen zur Dimensionierung der Seiltriebe sind die anwendungsspezifischen Sicherheitsfaktoren ν [1] für die Maximalseilkraft S 1 und die Mindestdurchmesser D der Seiltriebelemente als Wertepaare (ν; D/d) zugeordnet. In Verbindung mit dem „Ermüdungsfaktor“ ν* aus der in der Betriebsdauer wirkenden Seilkraft S* der Belas- tungskollektive BK oder Seilkraftspektren kann damit die "ausreichende Aufliegezeit" mit Schädigung bis zu den durch die Inspektion erkennbaren Kriterien der Ablegerei- fe bei den im Seiltrieb vorhandenen Interaktionen (ν, ν*; D/d) erreicht werden, Bild 1. Diesem Prinzip entsprechen die Dimensionierung der Seiltriebe für Hebezeuge nach DIN 15 020 mit den Teilen 1 und 2 [2] und ähnlichen Regeln [3; 4] seit vielen Jahr- zehnten [5; 6]. Mit der ab 1975 in Verbindung mit der TU Dresden entwickelten TGL 34 022 [7; 8] war es erstmals möglich, für jede beliebige Interaktion (ν, ν*; D/d) im Seiltrieb und für beliebige Seilkonstruktionen eine wahrscheinlich ertragbare Biege- wechselzahl N für die Seiltriebdimensionierung zu nutzen und damit die „ausreichen- de Aufliegezeit“ bis zu der durch sichtbare und innere Drahtbrüche erreichten Able- gereife rechnerisch abzuschätzen. Grundlage ist die Anstrengungswöhlerlinie [9] der

Drahtseile in Seiltrieben–Betriebsdauer, Schädigung und ... · fangreiche Inspektionshinweise mit Beispielen sind z. B. in ISO 4309 [20] enthalten. In einem weiteren Fall war auf

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17. Kranfachtagung, 27. März 2009, Technische Universität Dresden 33

Drahtseile in Seiltrieben–Betriebsdauer, Schädigung und Inspektion Dipl.- Ing. Gerhard Steinbach TSU e. V., Gotha (Taucha) Dipl.- Ing. Olivier Gronau DMT GmbH & Co. KG, Bochum; Fachstelle für Sicherheit – Seilprüfstelle - Dipl.- Ing. Dietmar Ryk DMT GmbH & Co. KG, Leipzig; Fachstelle für Sicherheit – Seilprüfstelle - 1 Einleitung Die Drahtseile in den Seiltrieben fördertechnischer Maschinen werden durch Ver-schleiß und Ermüdung, teilweise auch durch Korrosion oder Gewalteinwirkung, ge-schädigt. Mit der anwendungsspezifisch genormten Dimensionierung der Seiltriebe soll eine „ausreichende“ Aufliegezeit der Drahtseile bei Ermüdung und Verschleiß erreicht werden. Während der Betriebsdauer oder Aufliegezeit ist die systematische Inspektion des Seilzustandes erforderlich, um Gefährdungen durch nicht mehr aus-reichende Tragsicherheit und/oder Gebrauchstauglichkeit der Drahtseile auszu-schließen. Die Magnetinduktive Seilprüfung ist eine geeignete Methode, um bei der Inspektion die durch Verschleiß, Ermüdung und Korrosion geschädigten Seilab-schnitte rationell zu finden, die einer intensiven Sichtprüfung unterzogen werden müssen. 2 Dimensionierung der Seiltriebe und Biegewechselza hlberechnung In den Normen zur Dimensionierung der Seiltriebe sind die anwendungsspezifischen

Sicherheitsfaktoren ν [1] für die Maximalseilkraft S1 und die Mindestdurchmesser D

der Seiltriebelemente als Wertepaare (ν; D/d) zugeordnet. In Verbindung mit dem

„Ermüdungsfaktor“ ν* aus der in der Betriebsdauer wirkenden Seilkraft S* der Belas-tungskollektive BK oder Seilkraftspektren kann damit die "ausreichende Aufliegezeit" mit Schädigung bis zu den durch die Inspektion erkennbaren Kriterien der Ablegerei-

fe bei den im Seiltrieb vorhandenen Interaktionen (ν, ν*; D/d) erreicht werden, Bild 1 . Diesem Prinzip entsprechen die Dimensionierung der Seiltriebe für Hebezeuge nach DIN 15 020 mit den Teilen 1 und 2 [2] und ähnlichen Regeln [3; 4] seit vielen Jahr-zehnten [5; 6]. Mit der ab 1975 in Verbindung mit der TU Dresden entwickelten TGL

34 022 [7; 8] war es erstmals möglich, für jede beliebige Interaktion (ν, ν*; D/d) im Seiltrieb und für beliebige Seilkonstruktionen eine wahrscheinlich ertragbare Biege-wechselzahl N für die Seiltriebdimensionierung zu nutzen und damit die „ausreichen-de Aufliegezeit“ bis zu der durch sichtbare und innere Drahtbrüche erreichten Able-gereife rechnerisch abzuschätzen. Grundlage ist die Anstrengungswöhlerlinie [9] der

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Methode „Leipzig“ aus dem Berechnungsmodell für die Ermüdungsrissentstehung in den verseilten Drähten unter Zug-, Biege- und Druckspannung und Gleitbewegungen an den Druckstellen bei der Berührung der Seiltriebelemente und zwischen den Lit-zenlagen in den Seilkonstruktionen [10], Bild 2 . In dem Berechnungsmodell der Me-thode „Leipzig“ wurde die inzwischen darstellbare Entwicklung der Drahtdauerbrüche an Druckverschleißstellen der Seildrähte [11], [12] berücksichtigt, Bild 3 . Für Verglei-che zur Dimensionierung [13] und zur Berechnung der im Seiltrieb wahrscheinlich ertragbaren Biegewechselzahl N steht die von FEYRER entwickelte Methode „Stutt-gart" zur Verfügung [14]. Beide Methoden beruhen auf einer Vielzahl von Versuchs-ergebnissen, sind statistisch gesichert und bilden das werkstoffmechanische Ermü-dungsverhalten des unter Gleitreibung mehrachsig schwingend beanspruchten Seil-drahtes im Drahtseil weitgehend wirklichkeitsgetreu mit geringen Unterschieden ab, Bild 4 . 3 Betriebsdauer und Seilsicherheitsnachweis nach Gr enzzuständen Für die Bewertung der im Seiltrieb wahrscheinlich zu erwartenden Betriebsdauer können Biegewechselzahlen an den Elementen des Seiltriebes, z. B. nach [2] oder wc und w nach [15], weitgehend pauschal zugeordnet werden. Für die rechnerische Abschätzung der Biegewechselzahl n unter den Betriebsbedingungen im Seiltrieb zum Vergleich mit der wahrscheinlich ertragbaren Biegewechselzahl N einer Seilkon-struktion kann die Seiltriebanalyse in Form der „Seilharfe“ [16] angewendet werden, Bild 5 . Die „Seilharfe“ entsteht ausgehend vom Festpunkt durch die Abwicklung der Seiltriebelemente am Seil mit den Seillängen bei den Hubstellungen h0 und H. Nicht nur bei komplizierten Seiltrieben kann die „Seilharfe“ für die Berechnung der Seillän-ge und für die Abschätzung des meistbeanspruchten Seilabschnittes lm [7] oder der Seillänge mit der schwersten Beanspruchungsfolge [14] auch zur rationellen Inspek-tion des Seilzustandes hilfreich sein. Für die in der Betriebsdauer schädigende Bie-gewechselzahl n sind die Hubweghäufigkeit und der quadratische Lastmittelwert F* [7] der Belastungskollektive BK entscheidende Größen. Der allgemein angenomme-ne, vom Maschinenbau und vom Stahltragwerk abgeleitete, kubische Lastmittelwert k [2], [15] trifft für die Äquivalenzkraft S* in den Drahtseilen nicht zu [7], [14], [17]. Mit der neuen Vornorm DIN CEN/TS 13001-3-2 für Krane [15] wird das Prinzip der DIN 15020 Teil1 [2] mit dem Übergang auf die an das Stahltragwerk angepasste Me-thode der Nachweise mit Grenzzuständen weitergeführt. Mit der im Nachweis der Betriebsfestigkeit enthaltenen Methode können aber Gesamtzahlen wtot der Biege-wechsel während der Gebrauchsdauer des Seiles berechnet werden, die extrem weit über den nach den Methoden Leipzig und Stuttgart in den Seilkraftverlaufsklassen SR

für die Interaktionen (ν, ν*; D/d) berechneten Werten liegen. Mit den Formeln (26) und (29) zum Seilkraftverlaufsparameter sr [15] wurden aus der zusammengefassten

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Form (1) die Gesamtzahlen von Biegewechseln wtot in der Seilkraftverlaufsklasse SR9

D

totrrrr w

w*k*ks =ν= (1)

mit sr = 4,0 und dem „Sicherheitsfaktor“ ν = sr1/3.γrf / k2 = 14,25 zu dem Referenzver-

hältnis RDd = 31,5 ≡ D/d und dem „Ermüdungsfaktor“ ν* = ν / k = 26,88 mit k =0,53) im Vergleich der Linien e) zu den konstanten Biegewechselzahlen der Linien b) und c) rechnerisch abgeschätzt [18], Tabelle 1 im Bildanhang , siehe auch Bild 1 (Für

den Bezug auf die rechnerische Bruchkraft Fr [2], [7] ist k2 ≈ 0,78 der Verseilverlust-faktor zur Drahtseilkonstruktion 6 x 36 WS - 1770). Damit sind zu hohe Erwartungen oder Forderungen an die Gebrauchsdauer der Drahtseile möglich. Durch Fehleinschätzungen bei der Festlegung von periodischen Untersuchungen und Ablegekriterien können Gefährdungen bis zum Versagen eines Seiles durch nicht rechtzeitig erkannte Ermüdung der Seildrähte entstehen. Dabei sollte beachtet werden, dass im Teil 1 der neuen Drahtseilnormen [19] das Versagen durch Ermüdung bei Seilen nicht als Gefährdung angesehen wird, im informativen Anhang A zum Teil 3 [19] aber die Überprüfung und die gründliche Untersuchung (Inspektion) bezüglich der Ablegekriterien [20] entsprechend der Schädigungsmög-lichkeiten erfahrungsgemäß festgelegt ist. 4 Schädigung und Inspektion der Drahtseile In Seilkonstruktionen mit Fasereinlage und auf Stahlseilrollen konnte die Ablegereife noch recht gut mit den Ausfallkriterien „sichtbare Drahtbrüche“ oder „Durchmesser-minderung“ visuell beurteilt werden. Dieses Vorgehen ist bei mehrlagigen Seilkon-struktionen, teilweise mit kunststoffummantelter Stahleinlage, nicht mehr eindeutig. Nicht nur bei dem Einsatz auf Kunststoffrollen [21] kann die nicht erkannte oder er-kennbare Innenschädigung durch Drahtbrüche und / oder Verschleiß zum unerwarte-ten Bruch einer Litze und damit allgemein zum Seilbruch mit Folgeschäden führen [22], Bild 6 . Im vorliegenden Fall verklemmte sich die Hubbühne des Regalbedienge-rätes ohne Absturz oder Personenschaden im Regal. In den Wartungsunterlagen des Geräteherstellers war die Anzahl sichtbarer Drahtbrüche mit 18 formal richtig nach DIN 15020 Bl. 2 [2] angegeben. Das besondere Schädigungsverhalten der Seilkon-struktion, besonders in Verbindung mit dem Einsatz auf Kunststoffrollen [21], war nicht angegeben und dem Betreiber des Hochregallagers auch nicht bekannt. Um-fangreiche Inspektionshinweise mit Beispielen sind z. B. in ISO 4309 [20] enthalten. In einem weiteren Fall war auf dem Container - Portalkran eines Verladebahnhofes ein nicht erforderliches drehungsarmes Drahtseil auf Stahlscheiben eingesetzt [10]. Nach etwa 35 Monaten brach eine Litze, kurz vorher waren vereinzelt Drahtbrüche festgestellt worden, Bild 7 . Nach den damals geltenden Regeln [24], siehe auch [2], war die Ablegereife bei 15 (!) sichtbaren Drahtbrüchen erreicht, so dass vom Seilprü-

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fer kein Schaden erwartet werden konnte. Drahtseilkonstruktionen 6 x 37M – FC wa-ren etwa 6 bis 8 Monate und Drahtseilkonstruktionen 6 x 36 WS – FC waren etwa 12 bis 14 Monate mit sichtbarer Drahtbruchentwicklung bei sorgfältig registrierten, weit-gehend gleichbleibenden, Betriebsbedingungen im Einsatz. Die rechnerische Ab-schätzung mit der Methode „Leipzig“ bestätigte grundsätzlich die Betriebsdauerver-hältnisse und die Innenschädigung der drehungsarmen Drahtseilkonstruktion. 5 Magnetinduktive Seilprüfung Die Anwendung der magnetinduktiven Seilprüfung ist eine, bisher leider nur bei be-sonderen Anlagen angewendete Methode, um den Zustand der Seilkonstruktionen bei der Inspektion sicher zu beurteilen [23]. Moderne magnetinduktive Seilprüfgeräte sind mit Streufeldsensoren zum quantitativen Nachweis von äußeren und inneren Drahtbrüchen (Einzelfehlererkennung) und mit Magnetflusssensoren zum quantitati-ven Nachweis von Korrosion und Verschleiß (Restquerschnittsmessung) ausgerüs-tet, Bild 8 . Einfachere Installation, reduzierte Elektronik und erhöhtes Auflösungs-vermögen sind weitere wesentliche Merkmale dieser neuen Geräte. Die Auswertung der Messdiagramme erfordert aber genaue Kenntnis der geprüften Drahtseilkonstruktionen unter den jeweiligen Betriebs- und Umweltbedingungen, so dass diese Prüfungen bisher nur von speziellen Prüfeinrichtungen durchgeführt wer-den können. Die Notwendigkeit der magnetinduktiven Seilprüfung kann aus der rechnerischen Abschätzung des Schädigungsverhaltens der Seilkonstruktion mit den Methoden „Leipzig“ und/oder „Stuttgart“ abgeleitet werden. Die zu prüfenden Seilab-schnitte können aus der Seiltriebanalyse mit der Seilharfe oder nach betrieblichen Erfahrungen bestimmt werden. Bei der Prüfung der gesamten Seillänge können rela-tiv rationell die einer intensiveren Sichtprüfung zu unterziehenden Seilabschnitte fest-gestellt werden. Damit kann es möglich sein, den Litzen- oder Seilbruch durch nicht oder nicht rechtzeitig erkannte Innenschädigung zu vermeiden. Die in der Vornorm DIN CEN/TS 13001-3-2 [15] für die Seiltriebdimensionierung angegebene Methode zur Berechnung der Gesamtzahl wtot der Biegewechsel ist dafür nicht geeignet. 6 Zusammenfassung Die Dimensionierung der Drahtseile und Seiltriebe in Hebezeugen der unterschied-lichsten Art erfolgt nach jahrzehntelang bewährten technischen Regeln für die aus-reichende Sicherheit des Betriebes und die „ausreichende“ Aufliegezeit der Drahtsei-le in der Betriebsdauer mit der Interaktion von Sicherheitsfaktoren aus den Seilkräf-ten und Durchmessern der Seiltriebelemente. In der Dimensionierung sind die „Er-müdungsfaktoren“ aus den exponentiellen Mittelwerten der Belastungskollektive ent-halten. Mit den Methoden „Leipzig“ und „Stuttgart“ können die von einer Drahtseil-

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konstruktion bis zum Grenzzustand der Ablegereife durch Drahtbruchzahlen oder auch bis zum Litzenbruch wahrscheinlich ertragbaren Biegewechselzahlen mit ihren Streuspannen rechnerisch abgeschätzt werden, die im Interaktionsdiagramm als Hy-perbeln konstanter Biegewechselzahl zum Vergleich mit den Dimensionierungspunk-ten dargestellt sind. Die unter den Betriebsbedingungen im Seiltrieb wirkenden Bie-gewechselzahlen können mit der Seiltriebanalyse in Form der Seilharfe abgeschätzt werden, so dass aus dem Vergleich der Biegewechselzahlen das Schädigungsver-halten, Inspektionsabstände und die voraussichtliche Aufliegezeit des Seiles abge-schätzt werden können. Mit der neuen Vornorm für Krane wird das bewährte Prinzip der Dimensionierung mit dem Übergang auf die Nachweise mit Grenzzuständen weitergeführt. Mit der im Nachweis der Betriebsfestigkeit enthaltenen Methode können aber Gesamtzahlen der Biegewechsel während der Gebrauchsdauer des Seiles berechnet werden, die bei den Interaktionen in den Seilkraftverlaufsklassen extrem weit über den nach den Methoden „Leipzig“ und „Stuttgart“ bis zur Ablegereife berechneten Biegewechsel-zahlen liegen. Damit können zu hohe Erwartungen oder Forderungen an die Ge-brauchsdauer der Drahtseile und Fehleinschätzungen bei der Festlegung von In-spektionsabständen nicht ausgeschlossen werden. Die Schädigung der Drahtseile durch sichtbare Drahtbrüche wird bei Inspektionen allgemein vorrangig behandelt. Die Schädigung durch inneren Verschleiß mit Draht-bruchentwicklung ist aber bei allen Drahtseilkonstruktionen mit Stahleinlage mindes-tens gleichzeitig mit Außenverschleiß und sichtbarer Drahtbruchentwicklung zu er-warten, bei Kunststoffseilrillen auch ohne sichtbare Drahtbruchentwicklung. Mit der magnetinduktiven Seilprüfung steht ein Prüfverfahren zur Verfügung, das bis-her auf besonders sicherheitsrelevante Einsatzfälle begrenzt ist. Die Anwendung auch der inzwischen moderneren und leichter handhabbaren Geräte erfordert aber immer noch genaue Kenntnisse über die geprüften Drahtseilkonstruktionen und Ver-gleichsmöglichkeiten bei der Bewertung der Messdiagramme. Mit dem Einsatz be-steht aber besonders bei Drahtseilkonstruktionen mit Stahleinlage und großen Seil-längen die Möglichkeit, die meistbeanspruchten Seilabschnitte für eine intensivere Sichtprüfung rationell zu finden. 7 Literatur 1 VDI 2358:1968 und :1984-10 - Drahtseile für Fördermittel. 2 DIN 15 020:1974-02 - Hebezeuge; Grundsätze für Seiltriebe; Blätter 1 und 2. 3 FEM 9.661:1986-06 - Berechnungsgrundlagen für Serienhebezeuge; Baugrößen von Seiltrieben. 4 ISO 4308-1:2003-05 – Cranes and lifting appliances – Selektion of wire ropes Part 1: General 5 Ernst, H.: Die Hebezeuge Bd. I; Friedr. Vieweg & Sohn; 2. Aufl. 1952

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6 Feyrer, K. 75 Jahre Seilforschung in Stuttgart, Festschrift zum 75-jährigen Bestehen des Institutes für Fördertechnik und Logistik, IFT Universität Stutt- gart, Februar 2002; und Proceedings 1. Internationaler Stuttgarter Seiltag, 21. Februar 2002 7 TGL 34 022/01 bis /04:1980-02- Fördertechnik; Seiltriebe; . . .; 8 Thelen, G. Hinweise zur Anwendung der TGL 34022/03 (12/79) "Fördertech- nik, Seiltriebe, Berechnung", ausgehend von den Grundlagen, Hebezeuge und Fördermittel Berlin 21 (1981) 1, S. 31/32 9 Jehmlich, G. Anwendung und Überwachung von Drahtseilen. VEB Verlag Technik Berlin 1985. 10 Steinbach, G. Berechnung der Betriebsdauer von Drahtseilen in Seiltrieben. Technische Überwachung (TÜ) Bd. 45 (2004) Nr. 4 - April 11 Fuchs, D. Überlegungen zum Prüfrhythmus von Förderseilen auf Förderanla- gen mit Treibscheiben, Kali und Steinsalz, Band 11 Heft 8/9 Dezember 1994 12 - CASAR – Spezialdrahtseile. Drahtseile vor Gericht. 2005. Ingenieurbüro für Fördertechnik, Dipl.-Ing. R. Verreet; Aachen 13 Scheffler, M. Grundlagen der Fördertechnik. Elemente und Triebwerke, Friedr. Vieweg & Sohn Verl.- Ges. mbH Braunschweig/Wiesbaden 1994. 14 Feyrer, K.: Drahtseile. Bemessung, Betrieb, Sicherheit. Springer - Verlag Berlin Heidelberg, 1. Auflage 1994 und 2., überarb. und erw. Auflage 2000. 15 DIN CEN/TS 13001-3-2:2008-09 Vornorm – Krane – Konstruktion allgemein – Grenzzustände und Sicherheitsnachweis von Drahtseilen in Seiltrieben. 16 John, W.: Ermittlung von Biegewechselzahlen je Arbeitsspiel an Seiltrieben der Hebezeuge. Vorschrift für Berechnung und Konstruktion Nr. 85 des VEB SMK TAKRAF; Hebezeuge und Fördermittel 28 (1988) 4, S. 127/128. 17 Feyrer, K.: Einfache Berechnung der Seiltriebe von Hebezeugen, (I) und (II); Hebezeuge und Fördermittel, Berlin 36 (1996) 4, S 186-188 und 5, S. 242-243 18 Steinbach, G. Seiltriebberechnung – Bemerkungen zur Entwicklung der Nor- men, Hebezeuge Fördermittel Berlin 47 (2007) 11, S. 576 bis 578 19 DIN EN 12 385-1 bis -5 (10):2003 - Stahldrahtseile; Sicherheit; . . . 20 ISO/DIS 4309 – Cranes -Wire ropes – Code of practice for care and mainte- nance, inspection and discard – 2007-12-19 [Rev. of third edition 2004-08-01]. 21 Sicherheitsrichtlinie Seilrollen aus Kunststoff. Carl Heymanns-Verlag KG 1986 22 Steinbach, G. und O.Gronau Normen für Seiltriebe und die Betriebsdauer der Drahtseile. Begleitband 15. Internationale Kranfachtagung 2007 Bochum; Ruhr – Universität – Bochum 23 Gronau, O. Experiences during the magneto-inductive rope testing under application of LF and LMA sensors. OIPEEC Conference – Johannesburg – September 2007 – ODN 0811 24 TGL 20322:1964-02 – Hebezeuge; Seiltriebe; Berechnung, Ausführung, Ablegereife der Seile (Ersatz für TGL 0-15020 Bl. 1 bis Bl. 4 von 1963)

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8 Bildanhang

Bild 1 Interaktionsdiagramm der Wertepaare (ν; D/d) für die Seiltriebdimensionie-rung und für ertragbare Biegewechselzahlen bei Belastungskollektiven mit (ν*; D/d) für Drahtseile 6x36 WS–1770 - IWRC DIN 3064 oder Seilklasse 6x36 – 1770 [10] Legende: D/d Durchmesserverhältnis mit D oder auch D = D + d zum Seildurchmesser d. νννν Sicherheitsfaktor aus rechnerischer Seilbruchkraft zur maximalen Seilkraft S1 oder FSd,f [15] eines Belastungskollektivs BK mit dem „Mittelwert“ k = S* / S1 νννν* = νννν / k „Ermüdungsfaktor“ aus der in der Betriebsdauer wirkenden Seilkraft S* des Seilkraft- spektrums zu dem Belastungskollektiv BK. V3 ; V5 Laufzeitklasse V3 bei Lastkollektiv „schwer“ und Laufzeitklasse V5 bei Lastkollektiv „leicht“ in der Triebwerkgruppe 4m [2] k < 1,00 Kubischer [2] oder quadratischer [7] Mittelwert des beliebigen Belastungskollektivs BK. kr = k3 Faktor des Seilkraftspektrums [15] aus beliebigen Belastungskollektiven BK. NE(Z)10% Einfachbiegewechselzahl bis zur Ablegereife in etwa 10% der Seile, Methode „Leipzig“. NA10 Einfachbiegewechselzahl bis zur Ablegereife in 10% der Seile mit 95% Wahrscheinlich- keit, Methode „Stuttgart“ nach FEYRER. wtot Gesamtbiegewechselzahl während der Gebrauchsdauer eines Seiles [15] in Verbindung mit den Seilkraftverlaufsklassen SR0 bis SR9 und der relevanten Biegewechselzahl w. (II) Parallele Drahtberührung in den Litzenkonstruktionen (1-6), S, W, F, WS; auch verdich- tet oder zwischen den Litzenlagen bei PWRC mit dem Zeichen (II)L [7] (X) Kreuzende Drahtberührung in den Litzenkonstruktionen M und NW oder zwischen den Litzenlagen bei IWRC mit dem Zeichen (X)L [7]. Bei abgestimmten Verseildaten ist auch parallele Drahtberührung (II)L zwischen den Litzenlagen möglich. Linien der Interaktion von Sicherheitsfaktoren der Seile und Durchmesserverhältnis der Seilscheiben: a) DIN 15 020-1770 MPa - Wertepaarlinien (ν; D/d) für „ausreichende Aufliegezeit“. Die Wertepaar- linien (ν*; D/d) bis zum Belastungskollektiv DIN BK 1 (Lastkollektiv „leicht“) sind darin enthalten. b) TGL 34 022/03-1570 bis 2160 MPa – Wertepaarhyperbeln (ν, ν*; D/d) konstanter Einfach - Bie- gewechselzahlen NE(Z)10% für parallele (II) [FC] und für kreuzende Drahtberührung (X) [IWRC]. c) FEYRER SES - 1570 bis 1960 MPa; ∅∅∅∅ 30 - Wertepaarhyperbeln (ν, ν*; D/d) für NA10 d) FEYRER – DONANDT - Grenzwertpaare (νD; D/d) für Bruchkraft Fr bei R0 = 1770 MPa. e) DIN CEN/TS 13 001-3-2 – Untere Grenzseilkraftlinien (γrb; DMin / d) zur Seilbruchkraft und Werte- paarlinien (νFr; RDd) für Betriebsfestigkeit in Verbindung mit dem Seilkraftverlaufsparameter sr und dem Faktor kr des Seilkraftspektrums. Die Biegewechselzahlen wtot liegen im Vergleich mit b) und c) weit über den bei den Interaktionen (ν, ν*; D/d) ertragbaren Werten [15].

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Bild 2 Gemeinsame Wöhlerlinie für die Anstrengung y der Seildrähte im Drahtseil [9] aus den Versuchsergebnissen „Leipzig“ für Litzenbruch in unterschiedlichen Draht-seilkonstruktionen mit Horizonten gleicher Biegewechselzahl N aus [9] und [14] mit

Versuchswertepaaren (ν; D/d) und Lognormalverteilung über der Streuspanne ∆N.

Bild 3a Ermüdungsriß mit „Rastlinien“ In einem inneren Seildraht an der Druckleiste zu den Innendrähten mit Verschleiß [11]

Bild 3b Ermüdungsriß in einem äußeren Seildraht an der Druckleiste zur Seilrille mit Verschleiß [12]

Bild 3 Ermüdungsrißwachstum in Seildrähten ausgehend von Druckleisten bei kom-bi-niert schwingender Zug-, Biege- und Druckbeanspruchung als Bestätigung der Modell-grundlage für die Beanspruchungsrechnung der Methode „Leipzig“ mit Ein-bindung von Ergebnissen der WBK Bochum [11].

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Unterschiede zwischen "Leipzig" (TSU) und "Stuttgar t" (FEY) und Vergleich mit der Gesamtzahl der Biegewechsel w tot nach

DIN CEN/TS 13001-3-2 für Drahtseil 6 x 36 WS - IWR C - 1770 - RL

0

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

500.000

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30

Sicherheitsfaktor νννν oder "Ermüdungsfaktor" νννν*

Bie

gew

echs

elza

hlen

bis

zur

Abl

eger

eife

NA

10 (F

EY

) and

NE

(Z)1

0% (T

SU

)

D/d = 18 TSU D/d = 18 FEYD/d = 25 TSU D/d = 25 FEY

(RDd zu Klasse S R4)(RDd zu Klasse S R7)

w tot = 500.000 w tot = 3.358.477

Klasse SR7 kr = 0,15 Klasse SR7 kr = 1,00

w tot = 419.810

Klasse SR4 kr = 0,15

w tot = 62.500

Klasse SR4 kr = 1,00

Bild 4 Systematische Unterschiede der nach den Methoden „Leipzig“ und „Stuttgart“ berechneten Biegewechselzahlen im Vergleich mit den berechenbaren Gesamtzah-len wtot der Biegewechsel in der aus der Gebrauchsdauer des Kranes abgeleiteten Anzahl und Gebrauchsdauer der Drahtseile nach DIN CEN/TS 13 001–3-2.

Bild 5a Seiltriebmuster Bild 5b Seilharfe

Bild 5 Seiltriebmuster und Seilharfe für die Seiltriebanalyse unter Berücksichtigung der Hubweghäufigkeit, der meistgeschädigten Seilabschnitte (hier z. B. e und g) mit ihrem Abstand von der Endbefestigung, der seitlichen Ablenkung und Seilabschnitten ohne Biegewechsel mit der Möglichkeit von Drehwirkungsschäden.

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Bild 6a Seilquerschnitt mit Angabe der nach „Leipzig“ (TSU) und „Stuttgart“ (FEY) rechnerisch abge-schätzten Biegewechselzahlen für die „Grenzzustände“ Ablegereife und Litzenbruch mit der Zuord-nung der Biegewechsel in 6 bis 6,5 Jahren

Bild 6b Aus dem Seilverband gelöste Stahleinlage mit Res-ten der Polymerummantelung

Bild 6c In den Litzengassen „verzahnte“ Drahtbrüche sind erst bei Extrembiegung sicht-bar

Bild 6d Druckverschleiß mit Drahtbruchstellen zur Kernlitze in den Litzen der Stahleinlage

Bild 6 Seilbruch einer Drahtseilkonstruktion mit polymerummantelter Stahleinlage nach innerer Drahtbruchentwickung durch Seillauf auf Kunststoffrollen [22]

Bild 7a Verschleiß und Drahtbruch Bild 7 b Innendrahtbrüche Bild 7c Querschnitt

Bild 7 Litzenbruch in drehungsarmer Seilkonstruktion nach etwa 3,5 Jahren [10]

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Spulen-Sensoren für Streufeldmessung Hall-Sensoren für Magnetflußmessung

Physikalisches Prinzip der magnetinduktiven Seilprüfung

RTI – Gerät an Förderseil RTI-M mit PC

Meßeinrichtungen der DMT GmbH & Co. KG für Streufeld- und Flußmessung

Ergebnis der Querschnittsmessung Erfassung innerer Drahtbrüche

Beispiele für Meßdiagramme der magnetinduktiven Seilprüfung

Bild 8 Magnetinduktive Seilprüfung – Prinzip, Geräte und Meßergebnisse

Tabelle 1 Biegewechselzahlvergleich für RDd = 31,5, siehe auch Bild 1 Biegewechselzahlen bis zur Ablegereife

bei (ν = sr1/3.γrf / 0,78 = 14,25;) [15]

Volllast mit kr = 1,000

Belastungskollektiv mit

kr = 0,1489 ⇔⇔⇔⇔ (kDIN-BK 1 = 0,53)3

b) TGL 34 022/03 [7] NE(Z)10% 221.000 543.000 c) FEYRER SES [14] NA10 218.000 908.000

e) CEN/TS 13001-3-2 [15] w tot 2.000.000 13.400.000

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