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RADIODOKTOR MEDIZIN UND GESUNDHEIT 1 DIE RADIODOKTOR-INFOMAPPE Ein Service von: ORF A-1040 Wien, Argentinierstraße 30a Tel.: (01) 50101/18381 Fax: (01) 50101/18806 Homepage: http://oe1.ORF.at Österreichische Apothekerkammer A-1091 Wien, Spitalgasse 31 Tel.: (01) 404 14-600 Fax: (01) 408 84 40 Homepage: www.apotheker.or.at Österreichisches Bundesministerium für Gesundheit A-1030 Wien, Radetzkystr. 2 Tel.: (01) 71100-4505 Fax: (01) 71100-14304 Homepage: www.bmg.gv.at/

Drogen-2013-Ö1-i-final

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Drogen

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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 1

DIE RADIODOKTOR-INFOMAPPE

Ein Service von:

ORF

A-1040 Wien, Argentinierstraße 30a

Tel.: (01) 50101/18381

Fax: (01) 50101/18806

Homepage: http://oe1.ORF.at

Österreichische Apothekerkammer

A-1091 Wien, Spitalgasse 31

Tel.: (01) 404 14-600

Fax: (01) 408 84 40

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Österreichisches Bundesministerium für Gesundheit

A-1030 Wien, Radetzkystr. 2

Tel.: (01) 71100-4505

Fax: (01) 71100-14304

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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 2

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT

Die Sendung

Die Sendereihe „Der Radiodoktor“ ist seit 1990 das Flaggschiff der

Gesundheitsberichterstattung von Ö1. Jeden Montag von 14.05 bis 14.40 Uhr

werden interessante medizinische Themen in klarer informativer Form

aufgearbeitet und Ö1- Hörerinnen und -Hörer haben die Möglichkeit, telefonisch

Fragen an das hochrangige Expertenteam im Studio zu stellen.

Wir über uns

Seit September 2004 moderieren Univ.-Prof. Dr. Karin Gutiérrez-Lobos,

Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz, Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger und

Dr. Christoph Leprich die Sendung.

Das Redaktionsteam besteht aus Mag. Nora Kirchschlager, Martin Rümmele, Dr.

Doris Simhofer, Dr. Michaela Steiner, Mag. Dominique Stiefsohn, Dr. Ronny Tekal

und Dr. Christoph Leprich.

Das Service

Seit dem 3. Oktober 1994 gibt es das, die Sendereihe flankierende, Hörerservice,

das auf größtes Interesse gestoßen ist.

Die zu jeder Sendung gestaltete Infomappe mit ausführlichen

Hintergrundinformationen, Buchtipps und Anlaufstellen wird kostenlos zur

Verfügung gestellt und ist bereits am Sendungstag auf der Ö1-Homepage zu

finden. Diese Unterlagen stellen in der Fülle der behandelten Themen ein Medizin-

Lexikon für den Laien dar.

Die Partner

Ermöglicht wird die Radiodoktor-Serviceleiste durch unsere Partner: die

Österreichische Apothekerkammer und das Österreichische Bundesministerium für

Gesundheit.

An dieser Stelle wollen wir uns ganz herzlich bei unseren Partnern für die gute

Zusammenarbeit bedanken!

Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der besseren Lesbarkeit in dieser Infomappe

zumeist auf die weiblichen Endungen, wie z.B. PatientInnen, ÄrztInnen etc. verzichtet haben.

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RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 3

DROGEN – ZWISCHEN PARTYLAUNE UND

SCHWERER KRANKHEIT

Mit Univ.-Prof.in Dr.in Karin Gutiérrez-Lobos

18. November 2013, 14.05 Uhr, Ö1

Sendungs- und Infomappengestaltung: Dr. Michaela Steiner

Redaktion: Dr. Christoph Leprich und Mag. Nora Kirchschlager

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INHALTSVERZEICHNIS

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 4

INHALTSVERZEICHNIS

DROGEN – ZWISCHEN PARTYLAUNE UND SCHWERER KRANKHEIT 6

Geschichtliche Anmerkungen 6

Drogenkonsum in der Bevölkerung 7

Was ist Sucht? 7

Entstehung von Sucht 8

Missbräuchlicher Konsum 9

Risikofaktoren für die Entwicklung einer Sucht 10

Was sind Drogen? 10

Gesetzliche Situation 10

„Weiche“ und „harte“ Drogen 11

Wirkweise 11

Herstellungsweise 12

Drogen im Detail 12

Kokain 12

Amphetamin, Metamphetamin 12

Ecstasy 13

Opiate 13

Cannabis & LSD 14

Neue psychoaktive Substanzen 14

Badesalze & Blumensamen 15

checkit! 16

Prävention & Therapie 17

Substitutionstherapie 17

Suchthilfe Wien 18

Hilfe für Angehörige und Freunde 19

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INHALTSVERZEICHNIS

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 5

Als Krankheit akzeptieren 19

ANLAUFSTELLEN UND INFOLINKS 21

BUCHTIPPS 24

SENDUNGSGÄSTE 25

Page 6: Drogen-2013-Ö1-i-final

DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 6

DROGEN – ZWISCHEN PARTYLAUNE UND SCHWERER KRANKHEIT

Umgangssprachlich wird das Wort „süchtig“ relativ locker gehandhabt. Da ist von

der „Sucht nach Schokolade“ oder etwa „Sucht nach Liebe“ die Rede. In der

Medizin sind Suchterkrankungen jedoch genau definiert und unterliegen

verschiedenen Einteilungskriterien. Süchte sind nicht ausschließlich an

Substanzen gebunden, wir kennen heute etwa auch Internet-, Spiel- oder

Kaufsucht.

Wir wollen uns in dieser Infomappe mit psychoaktiven Substanzen beschäftigen –

also mit solchen, die zu Veränderungen von Psyche und Bewusstsein führen –

konkreter mit „illegalen Drogen“. Genau genommen ist auch dieser Ausdruck

ungenau, denn wir werden auch die neuen psychoaktiven Substanzen – auch

Designerdrogen genannt –, die an sich nicht alle illegal sind, behandeln. Doch

dieser Sachverhalt ist etwas kompliziert und mehr darüber erfahren Sie später.

Die Kernbotschaft lautet: Bei Drogensucht – besser Drogenabhängigkeit – handelt

es sich um eine chronische Erkrankung. Wie bei anderen chronischen

Erkrankungen auch besteht das Ziel der Behandlung in den meisten Fällen in der

Kontrolle der Symptome und in der Verhinderung einer Verschlechterung.

GESCHICHTLICHE ANMERKUNGEN

Das Wort „Sucht“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „siechen“ her, was so viel

wie krankheitsbedingtes Dahinleiden bzw. Kranksein bedeutet. Lange Zeit wurde

der Begriff Sucht ausschließlich auf physische, substanzgebundene Abhängigkeit

bezogen.

Der Begriff „Drogen“ wurde ursprünglich für haltbar gemachte pflanzliche oder

tierische Stoffe verwendet. Diese wurden in erster Linie als Heil- und Gewürzmittel

genutzt.

In weiterer Folge wurden alle Heilmittel pflanzlicher Natur unter dem Begriff

Drogen subsummiert.

Bereits in der Jungsteinzeit ist der Gebrauch von psychoaktiven Substanzen

nachweisbar. Natürlich vorkommende Drogen wie etwa Cannabis werden seit

jeher sowohl im Zusammenhang mit Kulten und Religionen verwendet, aber auch

von vielen Völkern als Genuss- und Rauschmittel eingesetzt.

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 7

Drogen wurden und werden aber auch wegen ihrer leistungssteigernden Wirkung

verwendet. So wurden beispielsweise in Südamerika bereits zur Zeit der Inka

Cocablätter (aus denen Kokain gewonnen wird) gekaut, um in höheren Berglagen

besser überleben zu können.

Quelle: Vorgespräch Dr. Hans Haltmayer

DROGENKONSUM IN DER BEVÖLKERUNG

Der „Bericht zur Drogensituation in Österreich" wird jährlich im Auftrag der

Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und des

Bundesministeriums für Gesundheit erstellt und befasst sich mit den sogenannten

illegalen Drogen. Der Drogenbericht 2013 erfasst die epidemiologische Situation

im Jahr 2012.

Nach den aktuellen Ergebnissen des Wiener Suchtmittelmonitorings hat sich der

Drogenkonsum im letzten Jahr nicht wesentlich verändert. Cannabis ist nach wie

vor die einzige illegale Droge mit einer nennenswerten Konsumprävalenz in der

Allgemeinbevölkerung. In der Gruppe der Studierenden scheint laut einer

Befragung der problematische Alkoholgebrauch eine wesentlich größere

Bedeutung zu haben als der Konsum illegaler Drogen. Der Konsum neuer

psychoaktiver Substanzen (siehe S. 14ff.) spielt entgegen mancher Medienberichte

kaum eine Rolle.

Den Hauptteil des problematischen Drogenkonsums in Österreich macht der

Opiatkonsum aus. Diese Droge ist bei etwa 90 Prozent aller Personen, die sich in

drogenspezifischer Betreuung befinden, die Leitdroge. Aktuell gelten zwischen

30.000 und 34.000 Menschen Österreich als opiatabhängig. Ein Viertel der

Betroffenen ist weiblich, und etwa ein Fünftel ist unter 25 Jahre alt.

Während es zwischen 2002 und 2005 eine steigende Zahl von Menschen mit

problematischem Drogenkonsum gab, ist diese mittlerweile wieder rückläufig. Die

Zahl der Drogenabhängigen stagniert in Wien, während jene in den anderen

Bundesländern im Steigen begriffen sind.

Quelle:

Bundesministerium für Gesundheit: „Bericht zu Drogensituation 2013 “

http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Drogen_Sucht/Drogen/Berichte_zur_Drogensit

uation

http://drogenhilfe.at/downloads/Sucht_Monitoring-2013.pdf

WAS IST SUCHT?

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 8

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Sucht wie folgt:

Es handelt sich bei Sucht um ein Stadium chronischer oder periodischer

Berauschung durch die wiederholte Einnahme einer natürlichen oder

synthetischen Droge. Kennzeichen sind:

Der überwältigende Wunsch oder das Bedürfnis, den Drogengebrauch

fortzusetzen

und sich diese Droge unter allen Umständen zu verschaffen.

eine Tendenz, die Dosis zu erhöhen.

eine psychische und/oder physische Abhängigkeit von den Wirkungen der

Droge.

eine zerstörerische Wirkung auf den Einzelnen und auf die Gesellschaft.

Heute spricht man von substanzgebundenen Süchten (z.B. Alkohol, Drogen) und

substanzungebundenen Süchten (z.B. Kaufsucht, Internetsucht).

Sucht ist eine chronische Erkrankung und keine Willensschwäche oder moralische

Verfehlung eines Menschen. Den suchtkranken Menschen trifft keine „Schuld“ an

seiner Erkrankung.

Denn die Betroffenen haben nicht mehr die freie Wahl oder Kontrolle darüber, ob

sie die betreffende Substanz einnehmen oder nicht.

Bei Drogen kann sich zusätzlich zur psychischen Abhängigkeit eine körperliche

Abhängigkeit ausbilden. Dies ist jedoch nur bei sehr wenigen Substanzen der Fall,

zum Beispiel bei den Opiaten (siehe Seite 12f.). Die körperliche Abhängigkeit

äußert sich dadurch, dass (körperliche) Entzugserscheinungen auftreten, wenn die

Substanz nicht mehr zugeführt wird. Bei Cannabis etwa kommt es zu einer reinen

psychischen Abhängigkeit.

Einen wichtigen Begriff im Zusammenhang mit Sucht stellt die Toleranz dar.

Darunter versteht man die Abnahme der Wirkung einer Droge nach wiederholter

Anwendung. Eine Erhöhung der Dosis wird erforderlich, um dieselbe Wirkung zu

erzielen.

Quellen:

Vorgespräch Dr. Hans Haltmayer

Wiener Sucht- und Drogenstrategie 2013

http://drogenhilfe.at/5950/wiener-sucht-und-drogenstrategie-2013/

ENTSTEHUNG VON SUCHT

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 9

Jede Form der Sucht entsteht grundsätzlich nicht aus einem einzelnen spontanen

Erlebnis heraus, sondern stellt vielmehr einen Prozess dar, an dessen Anfang der

erstmalige Konsum einer Substanz steht. Wird dieser als genussvoller und/oder

befriedigender erlebt als das Leben ohne die Einnahme dieser Substanzen, steigt

die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Konsums. Daraus kann sich eine Spirale

entwickeln, die letztendlich in Sucht enden kann.

Genuss bedeutet ein Gefühl des Wohlfühlens, in einer angenehmen Umgebung,

die konsumierte Dosis ist angemessen und der Konsum in ein Ritual

eingebunden. Diese Art des Konsums kann zu einem beliebigen Zeitpunkt in

ähnlicher Art und Weise wiederholt werden.

Missbräuchlicher Konsum Quasi eine nächste Stufe stellt der Wunsch dar, durch den Konsum einer Substanz

einen Ausgleich zu einer momentan unbefriedigenden Situation zu schaffen. Man

trinkt Kaffee, um die Müdigkeit zu vertreiben, oder ein Glas Wein, um besser

einschlafen zu können. In diesen Fällen liegt bereits ein so genannter

missbräuchlicher Konsum vor.

An sich stellt letzterer kein Problem dar, solange er nicht zu einer ständigen

Lösung wird. Problematisch wird dieser Konsum dann, wenn er zur falschen Zeit,

am falschen Ort oder in einer falschen Dosierung passiert. Als Beispiel sei das

Trinken von Alkohol am Arbeitsplatz oder beim Autofahren genannt. Mittlerweile

verwenden Fachleute hier den Begriff „schädlicher Gebrauch“.

Wenn die Wirkung einer Substanz als sehr positiv erlebt wird, kann sich ein

Gewöhnungseffekt einstellen. Dies passiert besonders dann, wenn alternative

Entspannungsmöglichkeiten als weniger effizient erlebt werden. Als Beispiel sei

Entspannung durch Fernsehen kombiniert mit Biertrinken genannt. Dieser

Gewöhnungseffekt entwickelt sich im Allgemeinen über den Verlauf von Jahren.

Dabei glauben die Betroffenen häufig immer noch, die Kontrolle über ihren

Konsum behalten zu haben, obwohl dies bereits nicht mehr der Fall ist.

Verfestigt sich dieses Konsummuster und konzentrieren sich die Interessen

weitgehend nur noch auf eine bestimmte Substanz oder ein bestimmtes

Verhaltensmuster, dann spricht man von Sucht.

Die Wahrscheinlichkeit, von einer bestimmten Substanz abhängig zu werden, ist

unterschiedlich hoch – man spricht vom Suchtpotenzial einer Substanz. Eine

Droge mit hohem Suchtpotenzial ist beispielsweise Heroin.

Dennoch ist in der Regel nicht die jeweilige Substanz an sich „schuld“ an der

Entstehung einer Sucht.

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 10

Risikofaktoren für die Entwicklung einer Sucht Man weiß heute, dass schwer suchtkranke Menschen in der großen Mehrheit aus

schwierigen oder gestörten Familienverhältnissen stammen, und häufig unter

psychischen Problemen oder Erkrankungen leiden. Wenn diese Menschen

schließlich durch das Probieren von Drogen zunächst ein positives Erlebnis

erfahren, dann ist die Chance größer, dass sie drogenabhängig werden.

Hier spielt auch das Alter eine Rolle. Je jünger (und vorbelasteter) ein Mensch

zum Zeitpunkt des ersten Probierens von Drogen ist und sich damit in einer noch

instabilen emotionalen Phase befindet, desto eher läuft er Gefahr, später davon

abhängig zu werden. Das kann besonders bei schwer drogenabhängigen Personen

beobachtet werden, die häufig bereits in ihrem frühen Jugendalter – mit

beispielsweise zehn Jahren – mit dem Rauchen und dem Trinken von Alkohol

begonnen haben.

Umgekehrt ist das Risiko bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, die aus

einer sehr stabilen Familiensituation kommen, extrem niedrig, in ein schweres

Abhängigkeitsverhalten zu gelangen.

Andere bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung einer Sucht sind

Arbeitslosigkeit oder geringer Zugang zum medizinischen System. Auch eine

genetische Prädisposition scheint eine Rolle zu spielen.

Quellen:

Dr. Hans Haltmayer. Seminarskriptum „Drogen und Sucht.“ 2012

Vorgespräch Dr. Hans Haltmayer

Vorgespräch Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid

WAS SIND DROGEN?

Im Allgemeinen versteht man unter Drogen Substanzen, die eine psychoaktive

Wirkung haben, aber nicht medizinisch eingenommen werden. Ein Großteil davon

ist nicht verkehrsfähig, das bedeutet, ihre Produktion, Handel und Weitergabe

sind in entsprechenden Gesetzen verboten – sowohl national wie auch

international.

Drogen können nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden:

Gesetzliche Situation

Als „illegal“ werden psychoaktive Substanzen bezeichnet, die einem

Suchtmittelgesetz unterliegen, beispielsweise Heroin, Kokain oder Haschisch. Für

diese Substanzen sind Handel, Produktion, Besitz und auch der Konsum in

Österreich verboten. Allerdings wird beispielsweise Cannabis zur

Schmerzbehandlung in der Medizin verwendet. Daher wird bei diesen Substanzen

nach Verwendungszweck und Anlass unterschieden.

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 11

Einen Sonderfall nach dem Gesetz stellen die so genannten neuen psychoaktiven

Substanzen dar (siehe Seite 14 ff.). Für diese Substanzen wurde ein neues Gesetz

formuliert, das so genannte „Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz“ (NPSG).

Dieses trat in Österreich mit 1. Jänner 2012 in Kraft. Mit diesem Gesetz soll der

Verbreitung dieser Substanzen Einhalt geboten werden, während der Konsum

selbst nicht strafbar ist. „Damit ist man einen Schritt weiter gegangen, weg

davon, den Konsumenten zu bestrafen, sondern auf diese Weise den Markt zu

kontrollieren und einzuschränken“, sagt unser Sendungsgast Univ.-Prof. Dr. Rainer

Schmid, wissenschaftlicher Leiter des „Pill-testing Projekts“ checkit!. Denn

Konsum könne nur über Aufklärung und Prävention oder auch medizinische

Behandlung, nicht aber über Strafe effizient beeinflusst werden.

Zu den „legalen“ psychoaktiven Substanzen gehören etwa Alkohol oder Nikotin.

„Weiche“ und „harte“ Drogen

Die Unterteilung in „weiche“ und „harte“ Drogen ist eher verwirrend. Denn die

Gefährlichkeit einer Substanz hängt nicht von der Substanz alleine, sondern

besonders auch von der Konsumform ab. Daher kann ein und dieselbe Substanz

auch unterschiedlich gefährliche Folgewirkungen haben.

Im Allgemeinen meint man mit weichen Drogen jene, die zwar zu einer

psychischen, weniger aber zu einer physischen Abhängigkeit führen können. Dazu

zählen beispielsweise Cannabis oder LSD.

So genannte harte Drogen machen psychisch, aber zum Teil auch sehr rasch

physisch abhängig. Hierzu zählen etwa Heroin oder Kokain.

Wirkweise Im Allgemeinen wirken die Substanzen über komplexe Wirkmechanismen durch

eine starke kurzzeitige Aktivierung des Belohnungssystems - eines bestimmten

Teils des Gehirns.

Vereinfacht gesagt lösen beim Belohnungssystem bestimmte Reize die Freisetzung

von Dopamin und in weiterer Folge von Endorphinen im Gehirn aus und erzeugen

ein Glücksgefühl. Diese Aktivierung geht mit einer Reihe anderer subjektiver

Erlebnisse einher.

Drogen wirken beispielsweise beruhigend (sog. „Downer“), angstlösend,

stimmungsverbessernd, schlaffördernd, anregend (sog. „Upper“), schmerzlindernd

oder erzeugen Halluzinationen. Verschiedene dieser Wirkungen können auch

gleichzeitig auftreten. Bei Nachlassen der positiven Wirkung treten bei vielen

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 12

Drogen allerdings negative Effekte, wie beispielsweise Niedergeschlagenheit oder

Depression, auf.

Die Wirkung kann auch von der Dosis abhängen bzw. davon, ob jemand

gelegentlich oder regelmäßig eine Droge konsumiert. Jeder Mensch kann auch

individuell unterschiedlich auf eine bestimmte Substanz reagieren.

Herstellungsweise Nach der Herstellung und/oder der Gewinnung unterscheidet man pflanzliche

Drogen und Pilzdrogen, bearbeitete (teilsynthetische) pflanzliche Drogen und

chemisch hergestellte (synthetische) und bearbeitete (teilsynthetische) Drogen.

Quellen:

https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/152/Seite.1520230.html

Vorgespräch Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid

DROGEN IM DETAIL

Im Folgenden werden einige psychoaktive Substanzen näher vorgestellt.

Kokain

Kokain gehört zu den Aufputschmitteln. Es wird auch Koks, Schnee, Charlie usw.

genannt und ist ein weißes, kristallines, bitter schmeckendes Pulver, das auf dem

Schwarzmarkt oft mit Milchpulver oder anderen Substanzen gestreckt wird. Kokain

wird in der Regel geschnupft, wird aber auch intravenös gespritzt oder geraucht

(nach chemischer Umwandlung in Crack oder Freebase).

Kokain unterdrückt das Hungergefühl und wirkt (subjektiv) leistungssteigernd.

Während bei seltenem Konsum Lust- und Potenzsteigerungen möglich sind,

kommt es bei fortgesetztem Konsum eher zu sexuellem Desinteresse sowie

Impotenz.

Nach dem Kokainrausch folgen depressive Verstimmungen, Müdigkeit und

Apathie. Kokain hat ein hohes psychisches Abhängigkeitspotenzial.

Bei lange andauerndem Konsum kommt es zur Schädigung verschiedener Organe

wie Blutgefäße, Leber und Herz.

Amphetamin, Metamphetamin

Auch Amphetamine gehören zu den Aufputschmitteln. Amphetamin, auch Speed

genannt, ist ein künstlich hergestelltes kristallines Pulver, welches in Tabletten-

oder häufig in Kapselform angeboten wird. Amphetamine werden in der Regel auf

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 13

dem Schwarzmarkt gestreckt verkauft. Die Substanzen werden geschnupft,

geschluckt, seltener geraucht oder injiziert.

Amphetamine führen zu gesteigerter Wachheit, Stärkung des Selbstbewusstseins

und zum Gefühl erhöhter Leistungsfähigkeit und Konzentration. Schmerzen,

Hunger und Müdigkeit sind reduziert.

Metamphetamin wirkt ähnlich wie Amphetamin, nur wesentlich länger und stärker.

Es wird ähnlich wie Amphetamin künstlich hergestellt und unter anderem als Meth

oder Crystal bezeichnet. Es wird als Pulver, teilweise auch in Tablettenform oder

Kapseln verkauft.

Die rauchbare Form von Metamphetamin (Crystal meth, Ice, Crystal) hat ein noch

höheres Suchtpotenzial als die Pulver- oder Tablettenform.

Ecstasy Ecstasy ist die Bezeichnung für eine Reihe von Amphetaminabkömmlingen, welche

ebenso synthetisch hergestellt werden. Es führt unter anderem zu einer

vermehrten Freisetzung von Serotonin, einem Botenstoff des Gehirns. Die Wirkung

besteht in einer Reduktion von Hunger- und Durstgefühl, in erhöhter Wachheit

und Aufmerksamkeit, sowie Glücks- und Euphoriezuständen. Es kommt jedoch

auch zu einer Steigerung von Körpertemperatur und Blutdruck. Als

Nebenwirkungen kann es allerdings auch zu Schlafstörungen, Kopfschmerzen,

erhöhter Reizbarkeit, Depressionen und Vergesslichkeit kommen.

Häufig werden andere der vielen amphetamin-ähnlichen Substanzen (siehe Seite

14ff.) als Ecstasy gehandelt.

Opiate Opiate kommen in natürlicher Weise im Opium-Harz der Schlafmohnpflanze vor.

Zu den Opiaten zählen Heroin, Morphin, Codein und Opium. Das Opiat Codein

kommt in der Medizin zur Stillung von Hustenreiz zur Anwendung. Zu den Opiaten

wird auch das synthetisch hergestellte Opioid Methadon gezählt, welches in der

Substitutionstherapie (siehe Seite 16ff.) zur Anwendung kommt.

Das halbsynthetisch hergestellte Heroin wird auch H, Braunes oder Gift genannt.

Für den Verkauf wird es sehr oft mit Substanzen wie Zucker oder Kalk gestreckt.

Heroin flutet im Gehirn rasch an und führt daher zu einem intensiven

Rauschzustand (in der Szene auch „Kick“ genannt). Dieses Wirkmuster ist einer

der Gründe für sein höheres Suchtpotenzial.

Heroin ist ein starkes Schmerzmittel, und kann quälende Angstzustände und

verzweifelte Sinnlosigkeitsgefühle reduzieren. Negative Wirkungen nach

wiederholtem Konsum können u.a. Verwirrung, Desorientiertheit,

Erinnerungslücken und Koordinationsstörungen sein.

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 14

Bereits nach wenigen Wochen Konsum kommt es zur Entwicklung einer Toleranz.

Bei gesteigerter Dosierung besteht die Gefahr von Bewusstlosigkeit, Atemlähmung

oder Herzschwäche, die zum Tod führen kann.

Das Opiat Morphin wird in der Medizin als Schmerzmittel verwendet. In der

Retardform (verzögerte Freisetzung im Körper) wird es auch zur

Substitutionsbehandlung bei Opiatabhängigen eingesetzt.

Morphin kommt nicht nur in der Medizin zur Anwendung, sondern kann auch zum

Suchtmittel werden und bei Missbrauch zu Abhängigkeit führen. Illegales Morphin

wird auch als M, Morph oder Miss Emma bezeichnet. Neben Schmerzstillung

erzeugt Morphin ein Gefühl von Zufriedenheit und entspannter Euphorie. Ähnlich

wie bei Heroin können aber auch negative Wirkungen wie

Konzentrationsschwierigkeiten, Apathie und Interesselosigkeit auftreten. Wie bei

Heroin führt der wiederholte Konsum von Morphin – speziell bei Injektion –

innerhalb einiger Wochen zu einer Toleranzentwicklung.

Cannabis & LSD

Cannabis und LSD (Lysersäurediethylamid) sind so genannte

bewusstseinserweiternde Drogen. Durch eine Reizüberflutung im Gehirn kommt es

zu optischen, akustischen oder emotionalen Halluzinationen, die in manchen

Fällen in „Horrortrips“ münden können. Diese äußern sich in Angstzuständen oder

Panikattacken.

Cannabis stellt den Übergriff für die Hanfprodukte Haschisch und Marihuana dar.

Tetrahydrocannabinol (THC) ist die wichtigste der psychoaktiv wirkenden

Substanzen der Hanfpflanze. THC verstärkt Gefühlszustände und Sinneseindrücke,

führt leicht zu euphorischen Zuständen, zudem zu leichten Halluzinationen. Seine

negativen Wirkungen – meist nach längerem Konsum – bestehen in einer

Einschränkung der Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung.

Der gelegentliche und nicht gewohnheitsmäßige Konsum von Cannabis bleibt

jedoch in vielen Fällen unproblematisch.

LSD wird oral konsumiert. Mit LSD können unbewusste oder vergessene Zustände

unvermutet wieder auftauchen und verändert neuerlich erlebt werden.

Sinneseindrücke können verfremdet wahrgenommen werden.

Quellen:

Vorgespräch Dr. Hans Haltmayer

Vorgespräch Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid

Artikel „Substanzgebundene Sucht – Neues und Wichtiges“. ärztemagazin 6/2013

NEUE PSYCHOAKTIVE SUBSTANZEN

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 15

Obwohl die sogenannten neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) ebenso in den

Bereich der Drogen fallen, wird ihnen hier ein eigenes Kapitel gewidmet, da sie

sich in einigen Punkten von den „klassischen“ Drogen unterscheiden.

Badesalze & Blumensamen

Seit einigen Jahren sind zunehmend chemisch hergestellte Drogen im Umlauf, die

unter den Namen Research Chemicals, Legal Highs oder Designerdrogen

zusammengefasst werden können. Viele NPS fallen in die Gruppe der

amphetaminartigen Substanzen, der Halluzinogene, oder der synthetischen

cannabisähnlichen Substanzen.

Bei vielen dieser Drogen handelt es sich aber auch um Folgeprodukte der

industriellen oder Arzneimittelforschung, die keine andere Verwendung gefunden

haben. Von den Herstellern wird versucht, durch häufige Veränderung der

chemischen Strukturen immer neue Substanzen zu erzeugen, um damit eine

gesetzliche Kontrolle zu umgehen.

Häufig werden diese Substanzen in großem Umfang im asiatischen Raum

hergestellt und im Internet unter Überbegriffen wie Badesalze,

Räuchermischungen oder Blumensamen angeboten. Sie sind in der Regel legal,

das heißt, sie sind nicht durch das Suchtmittelgesetz abgedeckt. Der Verkauf

erfolgt in einschlägigen Geschäften, im Internet oder im Straßenhandel.

Obwohl durch die harmlos klingenden Bezeichnungen bei den Konsumentinnen

und Konsumenten ein eben solcher Eindruck erweckt werden soll, liegt die Gefahr

dieser Substanzen darin, dass über gesundheitliche Risiken häufig sowohl bei

einer Einmal- als auch bei einer Langzeitanwendung nichts oder nur sehr wenig

bekannt ist. Doch gerade Jugendliche mit Experimentierfreude können sich durch

die vermeintliche Harmlosigkeit einem nicht einschätzbarem Risiko aussetzen.

Wie bereits erwähnt wurde für diese Substanzen das „Neue-Psychoaktive-

Substanzen-Gesetz“ geschaffen, um der Verbreitung dieser Substanzen gezielt

Einhalt gebieten zu können.

In der Regel werden die NPS als Freizeitdrogen nur kurzzeitig konsumiert und die

Jugendlichen (die die Hauptkonsumgruppe darstellen) laufen damit wenig Gefahr,

in eine Abhängigkeit zu geraten. Denn die betreffenden Substanzen werden

üblicherweise im Umfeld von Clubbings, Musikevents oder Technoveranstaltungen

konsumiert, um das positive Erleben der Situation zu verstärken. Das bedeutet,

dass für die meisten Konsumentinnen und Konsumenten mit dem Eintreten in

einen neuen Lebensabschnitt die Clubbingphase und damit auch der Konsum der

psychoaktiven Substanzen beendet sind.

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 16

Quellen:

Vorgespräch Dr. Hans Haltmayer

Vorgespräch Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid

H. Haltmayer: „Jeff aus dem Chemiebaukasten“. ärztemagazin 12/2012

CHECKIT!

Vor etwa 15 Jahren hat die Stadt Wien unter Beteiligung des Chemikers und

Toxikologen Rainer Schmid ein Projekt ins Leben gerufen, das Prävention zum

Ziel hat: „checkit!“. checkit! ist eine Beratungsinstitution zum Thema

Freizeitdrogen sowie deren Wirkungsweisen und Gefahren. Damit soll die

Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen erreicht werden, die

fallweise NPS als Freizeitdrogen konsumieren – etwa bei Musikveranstaltungen –

aber eigentlich noch keine akuten Probleme mit Drogen haben und in der

überwiegenden Zahl auch keine bekommen.

Etwa einmal pro Monat begibt sich das Team von checkit! auf Partys, Festivals

oder ähnliche Veranstaltungen (nicht nur in Wien), um vor Ort Substanzen zu

testen, die ihnen von Konsumentinnen und Konsumenten gebracht werden. Dies

geschieht in einem Zelt am Rand der Veranstaltung, in dem sich auch eine

Laboreinheit befindet. Die Analyse erfolgt anonym, und die Ergebnisse werden in

der Beratungszone – mit entsprechenden Hinweisen oder Warnungen versehen –

ausgehängt.

Ein wichtiger Teil dabei ist die Mitwirkung von Sozialarbeiterinnen und

Sozialarbeitern, Drogenberaterinnen und Drogenberatern sowie Psychologinnen

und Psychologen. Sie informieren die Jugendlichen – auch über die Alternative,

keine Drogen zu nehmen – und beraten sie im Hinblick auf eine bestmögliche

Risikominimierung bei Drogenkonsum. „Die Akzeptanz ist gut, weil das Angebot

niederschwellig und akzeptierend ist, nicht moralisierend“, so Rainer Schmid.

checkit! ist bis dato die einzige solche Einrichtung in Österreich.

So werden bei Veranstaltungen bis zu 600 Informations- und Beratungsgespräche

vor Ort durchgeführt und gleichzeitig bis zu 100 psychoaktive Substanzen

analysiert. In der checkit!-Homebase im 6. Wiener Gemeindebezirk können sich

Interessierte darüber hinaus kostenlos und anonym umfassend zu diesem Thema

beraten lassen.

checkit! nimmt zudem laufend an EU-Projekten und Studien zum Thema

Drogenkonsum teil.

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 17

Quellen:

http://www.checkyourdrugs.at/

Vorgespräch Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid

PRÄVENTION & THERAPIE

Prävention muss darauf abzielen, dass möglichst wenige Menschen überhaupt

jemals Drogen nehmen bzw. wenn sie Drogen konsumieren, davon keine

Abhängigkeit entwickeln und es daher möglichst wenige suchtkranke Menschen

gibt. In diesem Bereich müssen Familien, Kindergärten, Schulen,

Spezialeinrichtungen im präventiven Bereich, Ärzte und andere Gesundheitsberufe

tätig sein.

Wenn es doch so weit gekommen ist, dass sich eine riskanter Gebrauch von

Substanzen oder eine Suchterkrankung entwickelt hat, dann ist es wichtig,

möglichst früh Behandlungsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Ausprägungen

dieser Suchterkrankung anzubieten.

So ist es beispielsweise wichtig, schwerst Opiatabhängigen, die sich die Drogen

injizieren, steriles Spritzenbesteck zur Verfügung zu stellen, um

Infektionserkrankungen wie HIV und Hepatitis möglichst zu vermeiden.

Obdachlosen werden Tageszentren und Notschlafstellen zur Verfügung gestellt.

Einen essenziellen Therapieansatz stellt die Substitutionsbehandlung dar, mit der

Drogenabhängigen eine gesellschaftliche Reintegration ermöglicht werden kann.

Daneben existieren auch abstinenzorientierte Angebote, die als Ziel die

vollständige Heilung – also die Überwindung der Suchterkrankung – haben.

Allerdings können Studien zufolge dieses Ziel nur ungefähr zehn bis 20 Prozent

der Drogenabhängigen im Laufe ihres Lebens erreichen. Das heißt also, dass 80

Prozent der Suchtkranken niemals dauerhaft gesund werden. Das Therapieziel bei

diesen Betroffenen ist wie bei anderen chronischen Erkrankungen auch, die

Symptome der Erkrankung möglichst im Hintergrund zu halten, weitere Schäden

zu vermeiden und den Betroffenen zu ermöglichen, an gesellschaftlichen

Prozessen, Arbeit, Familie und Freizeit teilzuhaben und so trotz ihrer Erkrankung

ein normales Leben führen zu können.

Substitutionstherapie

Substitutionstherapie ist im Falle einer Opiatabhängigkeit das Ersetzen von illegal

erworbenen und illegal eingenommenen Opiaten durch Medikamente. In

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 18

Österreich werden Morphin in Retardform, Methadon und Buprenorphin als

Substitutionsmedikamente verwendet.

Die Betroffenen erhalten diese Opiate vom Arzt als Medikamente verschrieben,

nehmen diese täglich ein, und sind auch von diesen Medikamenten abhängig.

Allerdings stellt sich ein gleichmäßiger Blutspiegel des Medikaments ein, durch

den die Betroffenen – anders als bei der unregelmäßigen Injektion oftmals

unkontrollierter Dosen – nicht beeinträchtigt sind.

Die Substitutionstherapie ermöglicht vielen Betroffenen, einem geregelten Alltag

nachzugehen, einen Beruf auszuüben, ein Kfz zu lenken etc. Sie werden ärztlich

behandelt und sind nicht darauf angewiesen, sich Drogen illegal zu beschaffen.

Die Hälfte der 30.000 und 34.000 Menschen, die in Österreich als opiatabhängig

gelten, befindet sich in Substitutionsbehandlung. Deren Anteil steigt

kontinuierlich.

Etwa 90 Prozent der in Behandlung befindlichen Personen sind stabil substituiert.

„Diese sind völlig unauffällig in die Gesellschaft integriert und haben natürlich

auch kein Interesse daran, ihre Erkrankung an die Öffentlichkeit zu bringen“, sagt

unser Sendungsgast Dr. Hans Haltmayer, ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien.

Denn dann hätten sie möglicherweise mit negativen Konsequenzen zu rechnen,

beginnend vom Arbeitgeber, der sie eventuell kündigen würde, bis hin zu

Nachbarn oder auch Angehörigen, die den Betreffenden letztendlich eine

Willensschwäche zuschreiben würden. Haltmayer weiter: „Diese gut Behandelten,

die quer durch alle Berufe zu finden sind, haben Angst, durch eine

Veröffentlichung Nachteile zu erleiden, und diese Angst ist nicht unberechtigt.“

Dieser Umstand führt letztendlich dazu, dass von der Öffentlichkeit nur die

schwerkranken und sehr auffälligen Patienten, die verwahrlost sind und

psychische Begleiterkrankungen haben, und vielleicht ihre Medikamente auch

missbräuchlich verwenden, wahrgenommen werden. Damit entsteht ein völlig

verzerrtes Abbild der Realität.

In Österreich herrscht im Expertenbereich Einigkeit darüber, dass die

Substitutionsbehandlung ein unverzichtbares Therapieangebot darstellt und die

Therapie der ersten Wahl ist, dass sie zu einer deutlichen Verlängerung der

Lebenszeit der Drogenabhängigen und letztendlich auch zu einer

gesellschaftlichen Stabilisierung führt.

Suchthilfe Wien Etwa die Hälfte der Drogenabhängigen in Österreich befindet sich im Raum Wien.

Hier betreibt die Suchthilfe gGmbH Wien ein breites Angebot für die Beratung und

Betreuung von Drogenabhängigen. Zentrale Einrichtungen sind der „Jedmayer“

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 19

und das „Ambulatorium Suchthilfe Wien“, das von Dr. Hans Haltmayer geleitet

wird. Dabei handelt es sich um eine sozialmedizinische Einrichtung im 6. Wiener

Gemeindebezirk, das mehrere Angebote unter einem Dach vereint.

Zum einen gibt es dort ein Tageszentrum mit sozialarbeiterischer Beratung und

Betreuung. Die Betroffenen können sich dort aufhalten, soziale Kontakte knüpfen

sowie eine kleine Mahlzeit einnehmen. Des Weiteren steht eine Notschlafstelle mit

26 Betten für akut von Obdachlosigkeit Betroffene zur Verfügung.

Im ebenfalls dort befindlichen Ambulatorium wird sowohl allgemein medizinische,

als auch eine speziell suchtmedizinische Versorgung, wie Substitutionstherapie,

Behandlung von Virushepatitis oder von HIV/Aids angeboten. Zudem verfügt die

Einrichtung über eine Gynäkologin, eine Psychiaterin sowie Internisten. Eine

Spritzentauschstelle, bei der gebrauchte Injektionsspritzen gegen Einmalspritzen

getauscht werden können, hat 24 Stunden geöffnet. Damit sollen Infektionen

vermieden werden bzw. verhindert werden, dass gebrauchte Spritzen im

öffentlichen Raum verbleiben.

Zahlreiche Drogenberatungs- und Therapieeinrichtungen gibt es auch in allen

anderen österreichischen Bundesländern. Sie sind im Österreichischen

Suchthilfekompass - http://suchthilfekompass.oebig.at/ - aufgelistet.

Hilfe für Angehörige und Freunde

Eltern oder andere Angehörige von Drogenabhängigen fühlen sich oft sehr

schuldig und haben das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Für sie geht es

darum, einen guten Umgang mit der häufig schwierigen Situation sowie auch eine

Strategie für die Zukunft zu finden.

Grundsätzlich haben Angehörige von Betroffenen die Möglichkeit, sich an eine

niedergelassene Ärztin oder einen niedergelassenen Arzt zu wenden und sich dort

Beratung zu holen. Zudem gibt es Elternvereine, die sich zusammengeschlossen

haben, sowie Selbsthilfeeinrichtungen. Betroffene Angehörige können sich aber

auch in Drogen- und Beratungseinrichtungen in ganz Österreich anonym und auch

kostenlos informieren und beraten lassen.

Quelle:

Vorgespräch Dr. Hans Haltmayer

ALS KRANKHEIT AKZEPTIEREN

Trotz des medizinisch klaren Sachverhalts wird Drogenabhängigkeit in der

Öffentlichkeit oftmals noch immer nicht als Krankheit angesehen und anerkannt.

Der Toxikologe Rainer Schmid meint dazu, dass dies noch aus einer

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DROGEN

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 20

überkommenen gesellschaftlichen Sichtweise der 1950er-Jahre herrühre. Damals

gab es wenig naturwissenschaftlich und medizinisch gesichertes Wissen über die

Wirkung von Drogen, epidemiologische Daten hätten gefehlt und so sei der

Glaube entstanden, dass es sich bei Drogenabhängigkeit um eine

Persönlichkeitsschwäche, also eine reine Charakterangelegenheit handle.

Vor allem die Suchtkranken selbst würden unter diese Sichtweise sehr leiden,

betont der Wiener Sucht- und Drogenbeauftragte Hans Haltmayer. Die Gründe

dafür, dass Drogenabhängigkeit häufig als Willensschwäche oder asoziale

Lebensweise gesehen wird, liegt seiner Meinung nach zum einen an der

rechtlichen Situation, da eine Reihe der verwendeten Substanzen illegal ist und

damit dem Strafgesetz unterliegt. Es könne seiner Meinung nach aber auch damit

zu tun haben, dass die Gesellschaft die Fähigkeiten eines Menschen zur Kontrolle

der eigenen Möglichkeiten als sehr hoch bewerte, und daher ein fehlendes Maß

an Kontrolle als Fehlverhalten verurteile.

Für die Zukunft wünscht sich Dr. Haltmayer, dass Drogenabhängigkeit nicht als

Fehlverhalten gesehen wird, bei dem jemand sozial unerwünschtes Verhalten an

den Tag legt, sondern die Betroffenen als Menschen mit einer gut behandelbar

Erkrankung akzeptiert werden.

Quellen:

Vorgespräch Dr. Hans Haltmayer

Vorgespräch Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid

Wir danken Herrn Dr. Hans Haltmayer und Herrn Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid für

ihre Unterstützung bei der Erstellung der Informationsmappe!

Page 21: Drogen-2013-Ö1-i-final

ANLAUFSTELLEN UND INFOLINKS

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 21

ANLAUFSTELLEN UND INFOLINKS

Ambulatorium Suchthilfe Wien

Suchthilfe Wien GmbH

Gumpendorfer Gürtel 8

A-1060 Wien

Tel.: +43/1/4000/53 760

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://www.suchthilfe.at/beratung-betreuung-wohnen/ambulatorium-

shw/

Jedmayer

Suchthilfe Wien GmbH

Gumpendorfer Gürtel 8

A-1060 Wien

Tel.: +43/1/4000/53 800

24h-Hotline: +43/1/4000/ 53799

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://www.jedmayer.at

checkit! – Kompetenzzentrum für Freizeitdrogen

Gumpendorferstraße 8

A-1060 Wien

Tel.: +43/1/4000/ 53650

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://www.checkyourdrugs.at/

Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie – Drogenambulanz

MedUni/AKH Wien

Währinger Gürtel 18–20

A-1090 Wien

Tel.: +43/1/40400/2117

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://drogenhilfe.at/einrichtungen/illegale-suchtmittel-und-

alkohol/drogenambulanz-im-akh/

Page 22: Drogen-2013-Ö1-i-final

ANLAUFSTELLEN UND INFOLINKS

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 22

Anton-Proksch-Institut - Treffpunkt Drogenberatung und Vorbetreuung,

Spezialambulanz für Substitution

Radetzkystraße 31/6

A-1030 Wien

Tel.: +43/1/880 10/3200

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://www.api.or.at/typo3/index.php?id=388

Dialog - IS3

Ambulanz mit umfangreichen Angeboten im Bereich der Behandlung und

Betreuung von suchtmittelabhängigen Menschen und deren Angehörigen

Döblerhofstr. 10A

A-1030 Wien

Tel.: +43/1/796 25 93

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://drogenhilfe.at/einrichtungen/illegale-suchtmittel-und-

alkohol/dialog-is3/

Österreichischer Suchthilfekompass (Adressen in ganz Österreich)

http://suchthilfekompass.oebig.at/Einrichtungen/Suchen?Einrichtungsart=Ambulant

Suchtberatungsstellen Oberösterreich

http://www.land-

oberoesterreich.gv.at/cps/rde/xchg/ooe/hs.xsl/32184_DEU_HTML.htm

Suchtberatungsstellen Niederösterreich

http://www.suchtpraevention-noe.at/index.php?nav=1612

Suchtberatungsstellen Salzburg

http://www.salzburg.gv.at/themen/gs/soziales/psychosoziale_beratung_und_betreu

ung/abhaengigkeit_drogen_einrichtungen.htm

Vorarlberger Drogenhilfe

http://www.vorarlberg.at/vorarlberg/gesellschaft_soziales/gesellschaft/suchtkoordin

ation/weitereinformationen/graphiknetzderdrogenpolit/dasnetzdervorarlbergerdro.h

tm

Suchtberatungsstellen Burgenland

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ANLAUFSTELLEN UND INFOLINKS

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 23

http://www.beratungsstellen.at/regionalsuche/beratungsstellen-in-burgenland-mit-

zusatzbezeichnung-drogenberatungsstellenbsp/ges2/1529/1151/B/0

Suchtberatungsstellen Kärnten

http://www.suchthilfe.ktn.gv.at/Default.aspx?SIid=86

Tiroler Drogeneinrichtungen

http://www.z6online.com/drogenfachstellen.php

Suchtberatungsstellen Steiermark

http://www.drogenberatung.steiermark.at/cms/beitrag/10912308/29028443#tb7

Epidemiologiebericht Drogen 2012/2013

http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Drogen_Sucht/Drogen/Epidemiologiebericht_

Drogen_2012_2013

Wiener Sucht- und Drogenstrategie 2013

http://drogenhilfe.at/5950/wiener-sucht-und-drogenstrategie-2013/

HELP.gv.at: Sucht - Abhängigkeitserkrankung

https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/152/Seite.1520000.html

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Deutschland)

http://www.drugcom.de/aktuelles-aus-drogenforschung-und-drogenpolitik/

Informationen zu neuen psychoaktiven Substanzen und Drogen (BMG)

http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Drogen_Sucht/Drogen/Informationen_zu_neue

n_psychoaktiven_Substanzen_und_Drogen

Berichte zur Drogensituation (BMG)

http://bmg.gv.at/home/Schwerpunkte/Drogen_Sucht/Drogen/Berichte_zur_Drogensit

uation

Infos über Drogen und Drogenkonsum

http://www.drogen.net/

Page 24: Drogen-2013-Ö1-i-final

BUCHTIPPS

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 24

BUCHTIPPS

Helmut Kuntz

Drogen & Sucht: Ein Handbuch über alles, was Sie wissen müssen

Beltz Verlag 2013

ISBN-13: 978- 3407859259

Ralf Schneider

Die Suchtfibel: Wie Abhängigkeit entsteht und wie man sich daraus befreit.

Informationen für Betroffene, Angehörige und Interessierte

Schneider Verlag Gmbh 2013

ISBN-13: 978- 3834012500

Mike Jay, Michael Haupt

High Society: Eine Kulturgeschichte der Drogen

Primus Verlag 2011

ISBN-13: 978- 3896788580

Trevor Grice, Tom Scott und Fritz Helmschrott

Die schönen Blödmacher - Was man über Drogen wissen muss: Ein Lese- und

Arbeitsbuch für Jugendliche und Erwachsene

Verlag An der Ruhr 2007

ISBN-13: 978- 3834602305

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SENDUNGSGÄSTE

RADIODOKTOR – MEDIZIN UND GESUNDHEIT 25

SENDUNGSGÄSTE

In der Sendung Radiodoktor – Medizin und Gesundheit vom 18. November 2013

waren zu Gast:

Dr. Hans Haltmayer

Allgemeinmediziner und Psychotherapeut

Ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien

Beauftragter für Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien

Gumpendorfer Gürtel 8

A-1060 Wien

Tel.: +43/1/4000/53800

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://www.suchthilfe.at/

Univ.-Prof. Dr. Rainer Schmid

Chemiker und Toxikologe

Klinische Abteilung für Medizinische und Chemische Labordiagnostik, Klinisches

Institut für Labormedizin

Wissenschaftlicher Leiter des Drogenprojekts checkit! der Stadt

Medizinische Universität/AKH Wien

Währinger Gürtel 18-20

A-1090 Wien

Tel.: +43/1/40400/5356

E-Mail: [email protected]

Homepage: http://www.akhwien.at/default.aspx?pid=113