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[e 'li:z\] ELiS _ e < Essener Linguistische Skripte – elektronisch > Ch. Chlosta, T. Ostermann, Ch. Schroeder Die Durchschnittsschuleund ihre Sprachen: Ergebnisse des Projekts Sprachenerhebung Essener Grundschulen (SPREEG) [email protected] http://www.elise.uni-essen.de

"Durchschnittsschule" und ihre Sprachen

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    Ch. Chlosta, T. Ostermann, Ch. Schroeder

    Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen:Ergebnisse des Projekts

    SprachenerhebungEssener Grundschulen (SPREEG)

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  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph SchroederDie Durchschnittsschule und ihre Sprachen:

    Ergebnisse des Projekts SprachenerhebungEssener Grundschulen (SPREEG)

    ELiSe:Essener Linguistische Skripte elektronisch

    Jahrgang 3, Heft 1, 2003. Seite 43-139

    Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen:Ergebnisse des Projekts Sprachenerhebung

    Essener Grundschulen (SPREEG)

    0. Vorbemerkung

    Bei dem Projekt Sprachenerhebung Essener Grundschulen (SPREEG) handelt es sichum ein vom ehemaligen Ministerium fr Schule, Wissenschaft und Forschung des Lan-des Nordrhein-Westfalen gefrdertes Projekt (Frderkennzeichen: 700 006 01), das vonden Arbeitsbereichen Deutsch als Zweit- und Fremdsprache und Trkisch der Univer-sitt Essen in Kooperation mit dem Landesinstitut fr Schule, der RAA/Bro fr inter-kulturelle Arbeit Essen und dem Schulamt der Stadt Essen durchgefhrt wurde (Projekt-leitung: Prof. Dr. R. S. Baur).1

    Mit der Studie wurde erstmals in einer nordrhein-westflischen Grostadt (Essen)die gesamte Population von Grundschlerinnen und Grundschlern nach ihren Familien-sprachen und Schulsprachen sowie dem Grad der Vitalitt und der Verwendung derSprachen befragt.

    Das Projekt SPREEG orientierte sich dabei an den Ergebnissen und Verfahren des inden Niederlanden von der Forschungsgruppe Babylon an der Universitt Tilburg unterder Leitung von Prof. Dr. Guus Extra entwickelten home language surveys (im Fol-genden HLS)2, modifizierte jedoch den Fragebogen, um ihn an die Gegebenheiten derdeutschen Grundschule anzupassen.

    1 Zur Darstellung der Ideen und Ziele im Projekt SPREEG siehe: Projektgruppe SPREEG

    (2001): Was Kinder sprechen! berlegungen zu einer Sprachenerhebung an Essener Grund-schulen in: ELiS_e 2, 2001, 75-89. (http://www.elise.uni-essen.de/elise02_2001.html)

    2 Siehe: Broeder, Peter, Guus Extra. 1999. Language, ethnicity & education. Case studies ofimmigrant minority groups and immigrant minority languages. Clevedon: MultilangualMatters, 1-21.

    http://www.elise.uni-essen.de/elise02_2001.html

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    Die HLS sind quantitative Untersuchungen, die in allen Schulen gleichen Schultypseines bestimmten Gebiets durchgefhrt werden. Ziel ist es dabei, Sprachenprofile vonSchlerpopulationen einzelner Schulen und Schulbezirke unabhngig von Staatsangeh-rigkeit bzw. Herkunft zu beschreiben.

    Der Begriff Sprachenprofil umfasst dabei statistische Daten ber die Haussprachen(home languages) von Schlerpopulationen, d.h. konkret

    das Sprachenrepertoire: Welche Sprachen werden gesprochen? die Fertigkeiten, die in diesen Sprachen beherrscht werden: Verstehen/Spre-

    chen/Lesen/ Schreiben die Sprachenwahl: Welche Sprache wird mit wem gesprochen? die Sprachendominanz/Selbstklassifikation: Welche Sprache wird am besten

    gesprochen? die Sprachenprferenz: Welche Sprache wird am liebsten gesprochen?

    Darber hinaus wird nach den Schul(fremd)sprachen gefragt (welche Sprachen Fremd- oder Muttersprache(n) werden in der Schule und anderswo gelernt?).

    Zustzlich werden biographische Daten der Schlerin/des Schlers erhoben (Alter,Geschlecht, Schultyp, Klassenstufe, besuchte Schule, Herkunftsland der Schlerin/desSchlers und seiner Eltern).

    In den Niederlanden liegen bereits Ergebnisse aus den Stdten Den Haag, Leeuwar-den, Utrecht u. a. vor, eine Studie europischer Grostdte wird in Krze verffentlicht.3

    Wesentliches Ziel dieser Sprachenerhebungen ist es, schulrelevante Daten fr dieBildungspolitik und die einzelnen Schulen bereitzustellen. Aus dieser berlegung her-aus wurden im Projekt SPREEG Schulberichte angefertigt, die den Schulen Auskunftber die Sprachen ihrer Schlerinnen und Schler geben sollen. Die Beschreibung frdie einzelnen Schulen Essens, wie auch die Ergebnisse fr die Stadt, sind aber nicht nurfr Essener interessant, sondern knnen als Beispiel dienen, Sprachprofile in anderenUmgebungen zu erheben. Aus diesem Grund haben wurde hier ein Teil der Arbeits-mittel zusammengefasst und als Publikation vorbereitet. Die Publikation stellt im We-sentlichen die Schulberichte nach, die aus drei Teilen bestehen:

    Im ersten Teil werden einige Ergebnisse fr die Stadt Essen und die Gesamterhebungdargestellt. Dabei wird nur Bezug auf jene Ergebnisse genommen, die zum Verstndnisder Schulberichte, hier also des Schulberichts der Durchschnittsschule relevant sind.

    Im zweiten Teil erfolgt dann die Auswertung der eigentlichen Schuldaten, also jener An-gaben, die sich auf eine einzelne Schule beziehen und in ihrem Rahmen ausgewertet wurden.Damit die einzelnen Schulen ihre spezifischen Schulprofile besser einordnen knnen, wurde 3 Extra, Guus, Kutlay Yagmur. 2002. Language diversity in multicultural Europe. Comparative

    perspectives on immigrant minority languages at home and at school (Discussion Paper 63).Management of Social Transformations (MOST). UNESCOFrstenau, Sara; Gogolin, Ingrid und Yagmur, Kutlay (Hrsg. 2003): Mehrsprachigkeit inHamburg. Ergebnisse einer Sprachenerhebung an den Grundschulen in Hamburg. Mnster,New York: Waxmann.

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    als Bezugsgre die Durchschnittsschule berechnet. Keine konkrete Essener Schule repr-sentiert diese Durchschnittsschule, alle weichen an verschiedenen Punkten ab.

    Bei der Grndung der Durchschnittsschule wurde folgendermaen vorgegangen:

    Die Durchschnittsschule wurde konstruiert. Die Antworten fr ganz Essen wurden auf eine Schulgre heruntergerechnet. Alle Daten sind Durchschnitte, so hat die Durchschnittsschule ca. 28 %

    mehrsprachiger Kinder. Auch die Anzahl der Antworten reprsentiert den Durchschnitt der Grund-

    schulen der Stadt Essen. So wurden die 28 % mehrsprachiger Kinder aufdurchschnittlich 15 verschiedene Sprachen neben dem Deutschen aufgeteilt,weil eben 15 verschiedene Sprachen im Durchschnitt an einer EssenerGrundschule gesprochen werden zustzlich zum Deutschen.

    Manche Zahlen wurden zum Zweck der Anschaulichkeit gerundet. Bei un-zulssiger Verzerrung (gerade bei kleinen absoluten Zahlen) wurde eineNachkommastelle bercksichtigt.

    Um mglichst nah an den tatschlichen Schulberichten zu liegen, wurden dieWerte in einen standardisierten Schulbericht eingefgt.

    Den dritten Teil der Schulberichte stellen die Sprachenbeschreibungen dar. Diesem liegtdie Idee zugrunde, dass die Schulen nicht nur wissen sollten, welche Sprache die Sch-lerinnen und Schler sprechen, sondern auch, was diese Sprachen auszeichnet.

    1. Rahmendaten fr die Schulberichte

    Idee der Schulberichte ist, dass die Schulen als Ort der Befragung auch schulbezogeneInformationen ber ihre Schlerschaft und verwertbare Daten zurckerhalten sollten.

    Um die Angaben in den konkreten Schuldaten (Kapitel 2) besser einschtzen zu kn-nen, sollen zunchst einige wesentliche Daten und Befunde der SPREEG-Untersuchungfr das gesamte Stadtgebiet kurz vorgestellt werden. Dabei werden folgende Aspektebehandelt:

    Beteiligung

    ber 99 % aller Grundschulen beteiligten sich an der Erhebung. Es wurden 87 % aller Essener Grundschlerinnen und Grundschler befragt.

    Mehrsprachige Schler

    Die Essener Grundschlerinnen und Grundschler sprechen insgesamt ca.100 Sprachen.

    Die einzelnen Sprachen weisen unterschiedlich viele Sprecherinnen undSprecher auf.

    Mehrsprachigkeit und Schule

    Alle Schulen haben mehrsprachige Schlerinnen und Schler.

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    Die mehrsprachigen Schlerinnen und Schler verteilen sich nicht gleichm-ig auf die einzelnen Schulen.

    Neben diesen Aspekten wird in den Schulberichten an einzelnen Stellen auf die Gesamt-erhebung verwiesen. Die dort behandelten Aspekte stehen in einem engen Zusammen-hang zu den jeweils analysierten Schuldaten und wurden deshalb nicht vor den Schulbe-richt gezogen.

    An dieser Stelle mchten wir allen beteiligten Schulen, den Lehrerinnen und Lehrernaber besonders auch den Schlerinnen und Schlern danken, die uns bei der Durchfh-rung der Untersuchung untersttzt haben und bereitwillig den Fragebogen ausfllten.

    Beteiligung an der Sprachenerhebung Essener Grundschulen (SPREEG)

    Es wurden alle Essener Grundschulen in die Befragung einbezogen. Von den insgesamt106 Essener Schulen nahmen 105 an der Befragung teil. Dabei handelt es sich um 73 Ge-meinschaftsgrundschulen und 32 konfessionelle Grundschulen. Privatschulen und Sonder-schulen wurden schon in der Beantragung und Bewilligung des Projekts ausgeschlossen.

    Zum Zeitpunkt der Untersuchung befanden sich 21.677 Schlerinnen und Schler anden Essener Grundschulen. Von diesen bearbeiteten 18.871 Schlerinnen und Schlerden SPREEG-Fragebogen, was einem Rcklauf von 87 % entspricht. 1.315 wollten bzw.durften an der Befragung nicht teilnehmen (darunter eine Schule mit ca. 400 Schlern,die auf Grund eines Rektoratsbeschlusses vollstndig ausfiel). 1.491 Schlerinnen undSchler nahmen an den Untersuchungstagen nicht am Unterricht teil.

    Von den 18.871 Schlerinnen und Schlern, die an der SPREEG-Befragung teilnah-men, sprachen 13.658 Schlerinnen und Schler nur Deutsch. Demgegenber waren 5.213Schlerinnen und Schler mehrsprachig. Dies macht ca. 28 % der Schlerschaft aus.

    Mehrsprachige Grundschlerinnen und Grundschler

    Von den 5.213 Schlerinnen und Schlern, die neben dem Deutschen mindestens eineweitere Sprache sprechen, wurden insgesamt 122 Sprachbenennungen angegeben. Dabeimuss man bedenken, dass nicht jede Sprachbenennung mit einer Sprache gleichgesetztwerden darf, da z. B. einige Bennennungen aus geographischen Namen abgeleitet wur-den, die wiederum auf eine konkrete Sprache zurckgefhrt werden mssten, wie etwaim Fall von Afghanisch oder Afrikanisch. Nach einer solche Bearbeitung, die immer ei-nige Unschrfen aufweisen muss, kann man feststellen, dass die Essener Grundschler-innen und Grundschler sicherlich 100 oder mehr verschiedene Sprachen sprechen, dieim anhngenden Sprachenbeschreibungsteil anhand von ca. 80 Sprachenbeschreibungenerlutert werden. Einige Sprachen wurden in diesen Beschreibungen zusammengefasst,wie etwa das Deutsche, sterreichische und Schweizerdeutsche. Je nach Gewichtungder Varietten knnten diese unter bestimmten Perspektiven auch getrennt dargestelltwerden (vgl. Kapitel 3).

    Dabei stellen sich die Gren der Sprechergruppen sehr unterschiedlich dar. Von5.653 Sprachnennungen (diese Zahl liegt ber der Anzahl der Sprecher, weil einige

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    Sprecher mehr als eine Sprache neben Deutsch sprechen), stellt das Trkische mit ca.27 % die grte Gruppe dar. In Tabelle 1 finden sich die Angaben zu den Sprachen, zudenen es im Essener Stadtgebiet mehr als 15 Grndschlerinnen und Grundschler gibt,die sie sprechen:

    Sprache4 Anzahl derNennung

    Anteil bezogen auf mehrsprachigeSchler in Prozent

    Trkisch 1.539 27,22Arabisch 788 13,94Polnisch 679 12,01Russisch 274 4,85Englisch 191 3,38Kurdisch/Kurmanci 157 2,78Italienisch 150 2,65Griechisch 132 2,34Spanisch 131 2,32Jugoslawisch 129 2,28Tamil 123 2,18Albanisch 113 2,00Franzsisch 101 1,79Kroatisch 78 1,38Marokkanisch 77 1,36Farsi 68 1,20Dari 59 1,04Afghanisch 51 0,90Iranisch 49 0,87Bosnisch 48 0,85Libanesisch 46 0,81Romanes 38 0,67Vietnamesisch 38 0,67Serbisch 34 0,60Niederlndisch 30 0,53Portugiesisch 30 0,53Chinesisch 27 0,48Aramisch 26 0,46

    4 Bei den Angaben handelt es sich um die Nennungen der Schlerinnen und Schler, wobei

    bercksichtigt werden muss, dass einige Sprachbenennungen nicht eindeutig zuzuordnen sind.So werden die Angaben ber die Sprache z. B. von der Herkunft abgeleitet (Marokkanisch,Afrikanisch). Diese Angaben sind kursiv gedruckt. Weitere Informationen zu den einzelnenSprachen mit Verbreitung, Sprechergruppen, Schrift etc. finden sich in den Sprachenbeschrei-bungen in Kapitel 3.

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    Hindi 26 0,46Thai 22 0,39Afrikanisch 21 0,37Paschto 20 0,35Rumnisch 18 0,32Koreanisch 17 0,30Ungarisch 17 0,30Irakisch 16 0,28Tunesisch 16 0,28Makedonisch 15 0,27

    weitere Sprachen 259 4,58

    Summe 5.653 100 %

    Insgesamt weisen diese 38 meist genannten Sprachen 5.394 Nennungen auf. Die mit 15Sprechern je Sprache angesetzte Grenze mag willkrlich erscheinen, doch stellt sie dieNormgre fr die Einrichtung des Muttersprachlichen Unterrichts dar. Dabei ist jedochfestzustellen, dass in NRW nur in 19 Sprachen Muttersprachlicher Unterricht angebotenwird, in Essen nur in 10 Sprachen (Stand: Frhjahr 2002).

    Mehrsprachigkeit und Schule

    Zunchst ist festzuhalten, dass es im Essener Stadtgebiet keine Schule gibt, die keinemehrsprachigen Kinder hat. Wie bei den Sprachen, so ist auch bei den Schulen eine un-gleichmige Verteilung zu beobachten.

    28 % der Essener Schlerschaft ist mehrsprachig. Die Schule mit dem geringstenAnteil an mehrsprachigen Kinder weist 4 % auf, die Schule mit dem grten Anteilweist demgegenber 97 % mehrsprachige Kinder auf.

    Die Verteilung der Schulen auf die einzelnen Fallgruppen sieht dabei folgenderma-en aus:

    Anteil mehrsprachiger Schler Anzahl der Schulen weniger als 10 % 13

    zwischen 10 % und 28 % 49zwischen 28 % und 50 % 24

    ber 50 % 19Gesamt 105

    Whrend also 62 Schulen unter dem Durchschnitt von 28 % mehrsprachiger Kinder liegen,befinden sich 43 Schulen ber diesem Durchschnitt. An 19 Schulen liegt der Anteil an mehr-sprachigen Kindern ber dem Anteil an einsprachig Deutsch sprechenden Kindern.

    Die Mehrsprachigkeit stellt sich in den Schule aber unterschiedlich dar. So sind imSchnitt 15 unterschiedliche Sprachen an einer Schule versammelt, wobei mindestens 5

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    und hchstens 34 verschiedene Sprachen an den Schulen gesprochen werden. Bei dieserZhlung ist Deutsch nicht bercksichtigt.

    Man kann dabei nicht von der Summe der verschiedenen Sprachen auf die Anzahlmehrsprachiger Kinder schlieen. So gibt es beispielsweise eine Schule mit siebenmehrsprachigen Kindern, die fnf verschiedene Sprachen sprechen. Bei allen mehrspra-chigen Kindern dieser Schule lassen sich Familienangehrige finden, die nicht inDeutschland geboren wurden, eine berlagerung mit Schulfremdsprachen ist deshalbunwahrscheinlich. Auf der anderen Seite werden an der Schule mit dem hchsten Anteilmehrsprachiger Kinder acht verschiedene Sprachen und somit unwesentlich mehr ver-schiedene Sprachen gesprochen.

    Bei der knappen Darstellung der Ergebnisse fr die gesamte Stadt Essen knnen nureinzelne Fragen ausgewertet werden. Dabei wurde auf jene Fragen fokussiert, die frdas Lesen der Schuldaten relevant sind. Die Auswertung der brigen Fragen geschiehtan anderem Ort. Angaben hierzu werden auf der Internetseite des Projekts SPREEGaktualisiert: http://www.uni-essen.de/daz-daf/ (Projekte)

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    2. Schulbericht fr die Durchschnittsschule5

    Am Dienstag, den 18. Februar 20026, wurde an der Durchschnittsschule im Rahmen desProjekts SPREEG eine Befragung der Schlerinnen und Schler durchgefhrt. Die 9Klassen der Durchschnittsschule wurden von 3 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern desProjekts jeweils im Klassenverband mit Hilfe eines Fragebogens befragt.

    Fr die nette Aufnahme des Befragerteams an der Schule und die freundliche Unter-sttzung des Projekt schon in der Vorbereitung bedanken wir uns nochmals herzlichbeim gesamten Kollegium und besonders bei den Kolleginnen und Kollegen, die dieKoordination der Befragung vor Ort bernommen haben.

    Insgesamt wurden Angaben von 180 Schlerinnen und Schlern erhoben. 12 Schle-rinnen und Schler wollten nicht teilnehmen. Die Schule hatte zum Zeitpunkt der Befra-gung eine Gesamtschlerzahl von 209 Schlerinnen und Schlern, wovon 17 am Tagder Befragung nicht in der Schule waren.

    2.1. SozialdatenJahrgangsstufe und Alter

    Frage 1: Wie alt bist du?

    Die Schlerinnen und Schler der Durchschnittsschule verteilen sich zum Zeitpunkt derBefragung folgendermaen auf die 4 Jahrgnge:

    Jahrgangsstufe Anzahl der Schler1 452 453 454 45

    Bei der Betrachtung der individuellen Schulentwicklung wird auch die Korrelation Le-bensalter vs. Schulstufe untersucht. Bezogen auf die einzelnen Jahrgnge werden als kriti-sches Alter die Schwellenwerte fr die 1. Klasse 8 Jahre, fr die 2. Klasse 9 Jahre, fr die3. Klasse 10 Jahre und fr die 4. Klasse 11 Jahre angesetzt.

    Das Verhltnis der Jahrgangsstufen zum Alter der Schlerinnen und Schler stelltsich in der Durchschnittsschule folgendermaen dar7:

    5 Der nachfolgende Teil stellt die Zahlen der konstruierten Durchschnittsschule dar und folgt in

    der Form einem standardisierten Schulbericht, der an alle beteiligten Schulen mit den jeweili-gen Schuldaten ausgehndigt wurde.

    6 Beginn der Befragung. Die Untersuchung an den 105 beteiligten Grundschulen wurde im Zeit-raum von fnf Wochen (18.2.21.3.2002) durchgefhrt.

    7 Da die Zahlen in der Tabelle gerundet sind, enthalten einige Felder die Angabe 0, auch wennin Essen einige Schler diese Kategorien besetzen. So gibt es in Essen insgesamt 5 Schler derKlasse 3, die 12 Jahre alt sind.

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    Jahrgangstufe 1 2 3 4 gesamtAlter

    5 0 0 0 0 06 14 0 0 0 147 28 13 0 0 418 3 27 12 0 429 0 4 27 12 43

    10 0 1 5 28 3411 0 0 1 4 512 0 0 0 1 113 0 0 0 0 0

    gesamt 45 45 45 45 180

    Insgesamt kann man bei 19 (10,6 %) Schlerinnen und Schlern das oben genannte Ph-nomen der beralterung beobachten. In einem zweiten Schritt gehen wir der Fragenach, ob es einen Zusammenhang zwischen diesem Phnomen und der Mehrsprachig-keit der Kinder gibt. Wenn wir diese Gruppe nun auf ihre Mehrsprachigkeit hin be-trachten (vgl. 2.4.), so stellen wir fest, dass in der Gruppe des kritischen Alters 35,4 %mehrsprachige Kinder sind. Damit ist der Anteil der mehrsprachigen Kinder in derGruppe der beralterten Schlerinnen und Schler hher als in der Gesamtschler-schaft (27,6 %, vgl. 2.4.).

    Geschlecht

    Frage 2: Bist du ein Mdchen oder ein Junge?

    Von den befragten Kindern der Durchschnittsschule sind 89 Mdchen und 89 Jungen.Zwei Kinder machen keine Angabe. Zum Zeitpunkt der Befragung waren an den Esse-ner Grundschulen genauso viele Mdchen wie Jungen.

    Herkunft und Staatsbrgerschaft

    Frage 3: In welchem Land bist du geboren?Frage 4: In welchem Land ist dein Vater geboren?Frage 5: In welchem Land ist deine Mutter geboren?Frage 6: Welche Staatsbrgerschaft hast du?

    Der berwiegende Anteil aller Kinder der Durchschnittsschule, nmlich 167 (92,8 %),ist in Deutschland geboren. Als weitere Geburtslnder nennen die Kinder8:

    8 Bei den Geburtslndern werden durchschnittlich sieben unterschiedliche Lnder neben

    Deutschland angefhrt. Die sieben hier aufgefhrten Lnder wurden in der Gesamterhebungam hufigsten genannt. Insgesamt wurden von den Essener Grundschlern als Antworten indem Fragenkomplex Herkunft und Staatsbrgerschaft 133 Lnder angegeben.

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    Geburtslnder der Kinder Hufigkeit derNennung9

    Trkei 2,0Russische Fderation 1,6Polen 0,9Irak 0,7Kasachstan 0,6Libanon 0,5Jugoslawien (Serbien/Montenegro) 0,4weitere Lnder 5,2wei ich nicht/keine Angabe 1,1Gesamt 13,0

    Bei 54 Kindern ist mindestens eines der Elternteile nicht in Deutschland geboren.Die Staatsbrgerschaft der Schlerinnen und Schler ist zum berwiegenden Teil

    Deutsch (142 Kinder / 79 %). 19 Kinder geben an, dass sie ihre Staatsbrgerschaft nichtkennen, 2 Kinder machen keine Angaben, was zusammen 11,7 % ausmacht. Als weitereStaatsbrgerschaften werden genannt:

    Staatsbrgerschaften der Kinder10 Hufigkeit derNennung

    Trkei 8,8Libanon 2,8Polen 1,3Jugoslawien (Serbien/Montenegro) 1,0Griechenland 0,9Marokko 0,8Sri Lanka 0,7Russische Fderation 0,6Afghanistan 0,6Italien 0,6weitere Staatsbrgerschaften 7,1Gesamt 24

    9 Die Angaben fr die Durchschnittsschule ergeben sich aus den Mittelwerten der Daten aller

    Essener Grundschulen. In dieser und anderen folgenden Tabellen wrde ein Auf- und Abrun-den auf ganze Zahlen eine zu starke Abweichung von den tatschlichen Ergebnissen bedeuten,so dass wir eine Nachkommastelle ausweisen, obwohl sich die Angaben auf die Anzahl vonSchlerinnen und Schlern bezieht.

    10 In der Tabelle sind nur die 10 neben der deutschen Staatsbrgerschaft am hufigsten genann-ten Staatsbrgerschaften aufgefhrt. Die Anzahl unterschiedlicher Staatsbrgerschaften (10pro Schule) stellt selbst einen Durchschnittswert bezogen auf alle Essener Grundschulen dar.

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    7 aller Schlerinnen und Schler haben nach eigenen Angaben eine doppelte Staatsbr-gerschaft. Die Nennungen sind in den obigen Zahlen bercksichtigt. Auf eine Darstel-lung der verschiedenen Kombinationen von Staatsbrgerschaften wird hier verzichtet.

    2.2. Schule und SchlerNachhilfe

    Frage 10: Bekommst du Nachhilfeunterricht nach der Schule?

    Die mehrsprachigen Kinder wurden auf einem 2. Fragebogen nach zustzlichen Frder-manahmen in Deutsch und in ihren Muttersprachen gefragt. Als Vergleich hierzu ha-ben wir fr die gesamte Schlerschaft erhoben, wie viele Kinder bereits eine zustzlicheauerschulische Frderung im Sinne eines Nachhilfeunterrichts erhalten.

    11 Kinder, das heit 6,2 % der Befragten geben an, dass sie nach der Schule Nach-hilfeunterricht erhalten.

    Schulklima

    Frage 12: Wie gut bist du in der Schule?Frage 13: Wie gerne gehst du in die Schule?

    Die Frage 12 Wie gut bist du in der Schule? und die Frage 13 Wie gerne gehst du in dieSchule? stellen Faktoren einer Einschtzung des Schulklimas dar. Das Schulklima wirdvor allem bei der Betrachtung der Einschtzung des Muttersprachlichen Unterrichts undder Differenzierung unterschiedlicher Gruppen innerhalb der mehrsprachigen Schle-rinnen und Schlern zum Tragen kommen. Ob es zu unterschiedlichen Bewertungen undAntwortmustern bei den verschiedenen Sprechergruppen kommt, wird im Gesamtberichtdes Projekts SPREEG dargestellt. Hier verzichten wir fr die einzelne Schule auf eineweitere Differenzierung innerhalb der Schlerschaft und stellen lediglich die Antworten,bezogen auf die Gesamtgruppe, dar.

    In der Durchschnittsschule gehen die Schlerinnen und Schler mit berwltigenderMehrheit gerne oder sehr gerne zur Schule und schtzen sich selber als gute Schlerin-nen und Schler ein.

    Auf die Frage 12 Wie gut bist du in der Schule? antwortet der weitaus berwiegendeTeil der Kinder (98,6 %) mit gut oder mittel. Nur 2,5 Kinder schtzen ihre schuli-sche Leistung als schlecht ein.

    Bei der Frage 13 Wie gerne gehst du in die Schule? zeigt sich, dass der weitaus ber-wiegende Teil der Kinder (92,9 %) gerne oder sehr gerne zur Schule geht. 12,6 Kinderuern sich negativer (gern bis nicht gern bzw. nicht gern).

    2.3. Schulfremdsprachen

    Frage 11: Welche Sprachen lernst Du in der Schule?

    Die Angaben zu den in der Schule gelernten Fremdsprachen sind in den Essener Grund-schulen sehr unterschiedlich. Durchschnittlich werden pro Schule 1,6 Sprachen als

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    Fremdsprache angeboten. Nicht gezhlt sind dabei die Angebote im MuttersprachlichenUnterricht. Um eine komplette bersicht ber das Fremdsprachenangebot zu geben,werden die folgenden Angaben nicht auf die Bezugsgre der Durchschnittsschule ab-gebildet.

    Von allen befragten Essener Grundschlerinnen und -schlern geben 54,2 % an, dasssie keine Schulfremdsprachen lernen. Die brigen 45,8 % lernen mindestens eine Spra-che: 39,9 % lernen eine Sprache, 4 % lernen zwei Sprachen und 1,9 % der Befragten ge-ben an, in der Schule sogar drei Sprachen zu lernen.

    Diagramm: Wie viele Essener Grundschler lernen in der Schule Fremdsprachen?

    Insgesamt werden 11 verschiedene Sprachen an Essener Grundschulen als Fremdspra-chen gelernt. Von einigen Kindern sind darber hinaus weitere Sprachen angegebenworden, bei denen man davon ausgehen kann, dass sie im Rahmen des Muttersprachli-chen Unterrichts (vgl. 2.4) gelernt werden und somit hier nicht als Schulfremdsprachenaufgefhrt werden knnen. Um diese Fehlerquelle auszuschlieen, basieren die hier an-gegebenen Zahlen ber die Verteilung auf die verschiedenen gelernten Sprachen auf denAngaben der einsprachig deutschen Kinder.

    Die Fremdsprache, die mit Abstand am hufigsten gelernt wird, ist Englisch mit82,8 % aller Nennungen. Es folgen Franzsisch (8,7 %), Trkisch (2,8 %), Italienisch(1,9 %) und Spanisch (1,6 %). Die Sprachen Arabisch, Niederlndisch, Griechisch, Pol-nisch, Russisch und die Gebrdensprache werden in Essen von jeweils ein bis zweiKlassen gelernt; sie nehmen insgesamt einen Anteil von 2,3 % ein.

    In welcher Form dieser Sprachunterricht angeboten wird, ist nicht sicher. Mglicher-weise schlagen sich in den Antworten auch Angebote nieder, die z. B. im Rahmen desBegegnungssprachenkonzepts gemacht werden. In diesem Fall werden sie aber auf jedenFall von den Schlerinnen und Schlern als Sprachunterricht wahrgenommen.

    le rne n ke in e S p rachen

    54 ,2%

    le rnen 1 S p rache3 9 ,9 %

    le rnen 3 S p ra che n1 ,9%

    le rn en 2 S p rachen4 ,0%

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 55

    Diagramm: Welche Fremdsprachen werden an Essener Grundschulen gelernt?

    2.4. Mehrsprachige Kinder

    Bei der Auswertung der folgenden Fragen werden nur noch die mehrsprachigen Kinderbercksichtigt, da nur sie einen Anschlussfragebogen mit Fragen zur Verwendung undEinschtzung ihrer Sprachen erhalten haben.

    Sprachen

    Frage 15: Sprecht ihr zu Hause auch noch eine andere Sprache als Deutsch?Frage 16: Welche Sprache sprecht ihr zu Hause auer Deutsch?

    50 Kinder, also 27,6 % aller Schlerinnen und Schler der Durchschnittsschule gebenan, dass sie zu Hause neben Deutsch noch eine weitere Sprache sprechen.

    Dabei geben die Kinder folgende Sprachen an11:

    Sprache, die zu Hausegesprochen wird

    Hufigkeit derNennung

    Trkisch 14,7Arabisch 7,5Polnisch 6,5Russisch 2,6Englisch 1,8Kurdisch 1,5Italienisch 1,4Spanisch 1,3Griechisch 1,3Jugoslawisch 1,2Tamil 1,2

    11 Bei den Angaben handelt es sich um die Nennungen der Schlerinnen und Schler, wobei be-

    rcksichtigt werden muss, dass Sprachen nicht eindeutig zuzuordnen sind. So werden die An-gaben ber die Sprache z. B. von der Herkunft abgeleitet (Jugoslawisch, Marokkanisch).Diese Angaben sind kursiv gedruckt. Weitere Informationen zu den einzelnen Sprachen mitVerbreitung, Sprechergruppen, Schrift etc. finden sich in Kapitel 3.

    E nglisch82,8% Franzsisch

    8,7%

    andere S prachen

    2,3%

    Italienisch1,9% T rkisch

    2,8%

    S panisch1,6%

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200356

    Albanisch 1,1Franzsisch 1,0Kroatisch 0,7Marokkanisch 0,7weitere Sprachen 9,5

    Gesamt 54

    Wie der Tabelle zu entnehmen ist, ist die Anzahl der Sprachen hher als die Anzahl dermehrsprachigen Kinder. Dies ist dadurch zu erklren, dass einige Kinder neben demDeutschen noch zwei oder mehr Sprachen zu Hause sprechen. 4 der mehrsprachigenKinder geben an, zu Hause noch eine oder mehrere weitere Sprachen zu sprechen. Aufeine Darstellung der Sprachkombinationen wird an dieser Stelle verzichtet.

    Sprachen in der Familie

    Frage 17: Sprecht ihr zu Hause auch Deutsch?Frage 18 bis 20: Welche Sprache sprichst du zu Hause meistens mit deiner Mutter/ dei-

    nem Vater/ mit deinen Geschwistern?

    Von den 50 mehrsprachigen Kindern der Durchschnittsschule geben 44 (88 %) Kinderan, dass sie in ihren Familien auch Deutsch sprechen. 5,5 (11 %) Kinder sagen, dass inihren Familien nicht Deutsch gesprochen wird. 0,5 (1 %) Kinder machen keine Angaben.

    In den weiteren Fragen wird erhoben, welche Sprache in der Kommunikation miteinzelnen Bezugspersonen (Mutter, Vater, Geschwister) jeweils dominiert. Bezogen aufdie Familienmitglieder sieht die Sprachwahl folgendermaen aus:

    Sprache, die mit der Mutter meistgesprochen wird

    Hufigkeit derNennung

    meist Deutsch 13beide Sprachen gleich 5meist eine andere Sprache als Deutsch 32keine Angabe 0

    Sprache, die mit dem Vater meistgesprochen wird

    Hufigkeit derNennung

    meist Deutsch 16beide Sprachen gleich 5meist eine andere Sprache als Deutsch 28keine Angaben 1

    Sprache, die mit den Geschwisternmeist gesprochen wird

    Hufigkeit derNennung

    meist Deutsch 26beide Sprachen gleich 6meist eine andere Sprache als Deutsch 12keine Angabe 6

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 57

    Wie die Familienkommunikation insgesamt mehrere Sprachen einbeziehen kann, kannauch die Kommunikation mit einzelnen Familienmitgliedern bereits eine mehrsprachigesein. So kann ein Kind z. B. mit seinem Vater meist Kroatisch und selten Deutschsprechen, whrend es mit seiner Mutter meist Deutsch und selten Griechischspricht. Das Sprachverhalten in den Familien kann somit sehr heterogen sein.

    Mit den folgenden Angaben wollen wir dieses Sprachverhalten darstellen. Von denmehrsprachigen Schlerinnen und Schlern der Durchschnittsschule sprechen 22 Kindermit beiden Elternteilen vorwiegend eine andere Sprache als Deutsch. Das Deutscheberwiegt in der Kommunikation mit beiden Eltern bei 7,5 Kindern. 1,5 Kinder machenbei mindestens einem Elternteil keine Angabe und knnen deshalb bei dieser Fragestel-lung nicht zugeordnet werden.

    Bei den restlichen 19 mehrsprachigen Kindern ist das Sprachverhalten gegenberVater und Mutter unterschiedlich. 12 Kinder sprechen mit nur einem Elternteil meistDeutsch, whrend sie mit dem anderen Elternteil vorwiegend eine andere Sprache spre-chen. Bei 7 Kindern kann keine Sprachprferenz ausgewiesen werden, da sie in derKommunikation mit mindestens einem Elternteil beide Sprachen gleichrangig verwenden.

    Es zeigt sich, dass die Schlerinnen und Schler mit ihren Geschwistern berwie-gend Deutsch sprechen. Dieses auch in anderen Schulen und Untersuchungen zu beo-bachtende Phnomen verdeutlicht, dass die Schlerinnen und Schler Deutsch nicht nurals Sprache der Institution Schule begreifen, sondern dem Deutschen auch in der Pri-vatheit eine wichtige Funktion zuweisen. Die Verwendung des Deutschen in der Kom-munikation mit Geschwistern macht deutlich, dass die Kinder Deutsch auch in infor-meller, emphatischer Kommunikation benutzen. Die Geschwister stellen neben denFreunden oft die Peergroup dar.

    Sprachen mit Freunden

    Frage 21: Welche Sprache sprichst du meistens mit deinen Schulfreunden?Frage 22: Welche Sprache sprichst du meistens mit deinen besten Freunden nach der

    Schule?

    Der grte Teil der mehrsprachigen Kinder, nmlich 45 (89,1 %), spricht mit den Schul-freunden meistens Deutsch. Bei insgesamt 2,5 (5,5 %) der mehrsprachigen Kindernberwiegen andere Sprachen12. 2 (4,5 %) Kinder geben an, dass sie mit ihren Schul-freunden beide Sprachen gleichviel sprechen. 0,5 (0,9 %) machen keine Angaben.

    Auch nach der Schule spricht die Mehrheit der mehrsprachigen Kinder, nmlich 39(78,7 %), mit ihren Freunden meistens Deutsch. Bei 7 (14,5 %) Kindern berwiegen an-dere Sprachen.13 3 (5,5 %) sprechen beide Sprachen gleichviel mit ihren Freunden. Ein(1,3 %) Kind macht keine Angaben. 12 Hierbei kumulieren Trkisch mit 3 %, Arabisch mit 1 %, Polnisch und Russisch mit je 0,4 %

    und weitere Sprachen mit 0,7 % zur Summe von 5,5 %.13 Hierbei kumulieren Trkisch mit 7,2 %, Arabisch mit 2,9 %, Russisch mit 0,9 %, Polnisch mit

    0,8 % und weitere Sprachen mit 3,7 % zur Summe von 14,5 %.

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200358

    Sprachprferenz

    Frage 24: Welche Sprache sprichst du am liebsten?

    22 (44 %) der mehrsprachigen Kinder geben an, dass sie alle ihre Sprachen gleich gernesprechen. 13 (26 %) Kinder sprechen am liebsten Deutsch. 1,5 (2 %) Kinder machen keineAngaben. Die weiteren Lieblingssprachen (insgesamt 28 %) sind in der nachfolgenden Ta-belle aufgefhrt:

    Lieblingssprache Hufigkeit derNennung

    alle gleich gerne 22Deutsch 13Trkisch 3,3Arabisch 2,5Polnisch 1,6Russisch 0,7Englisch 0,6Griechisch 0,5weitere Sprachen 4,3wei nicht/keine Angabe 1,5

    Gesamt 50

    Muttersprachlicher Unterricht und Deutsch als Zweitsprache

    Frage 25: Gehst du in der Schule in den Muttersprachlichen Unterricht? Wenn ja, inwelcher Sprache?

    Frage 27: Hast du in der Schule zustzlichen Deutschunterricht?Frage 28: Hast du noch woanders Sprachunterricht? Wenn ja, in welcher Sprache?

    13 (26 %) der mehrsprachigen Kinder geben an, dass sie am Muttersprachlichen Un-terricht teilnehmen. Von diesen gehen 87 % gerne in den Muttersprachlichen Unter-richt.14

    27 (54 %) der mehrsprachigen Kinder geben an, dass sie in der Schule Deutsch-Fr-derunterricht bekommen. Auf Grund der Angaben aller Essener Schulen zu Frderma-nahmen in Deutsch als Zweitsprache gehen wir davon aus, dass es sich zum Teil umklassenbezogene, leistungsdifferenzierende Frdergruppen handelt, die sich nicht spe-ziell an mehrsprachige Kinder richten.

    9 (18,8 %) der mehrsprachigen Kinder geben an, dass sie noch Sprachunterricht au-erhalb der Schule erhalten.

    Die Auswertungen in dem Komplex Muttersprachlicher Unterricht und Deutsch alsZweitsprache sind hier sehr knapp dargestellt, da nur die einfache Auszhlung der 14 Auf Grund der genannten Sprachen und dem Abgleich mit dem in Essen angebotenen Mutter-

    sprachlichen Unterricht muss man davon ausgehen, dass sich ein Teil der Angaben auf auer-schulischen Sprachunterricht bezieht.

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 59

    Antworten ohne Binnendifferenzierung z. B. nach Sprechergruppen erfolgt. In den ein-zelnen Schulberichten fr die beteiligten Schulen ergeben sich differenziertere Darstel-lungen durch die Zuordnung zu einzelnen Sprachen. Die Schulen knnen somit das vonihnen gemachte oder vermittelte Angebot in Bezug auf die Wahrnehmung durch ihreSchlerinnen und Schler bewerten.

    Eine ausfhrliche Auswertung dieses Fragenkomplexes wird in spteren Verffentli-chungen des Projekts SPREEG folgen. Insgesamt kann allerdings jetzt schon festgehal-ten werden, dass das Angebot schulischer Frdermanahmen fr das Deutsche alsZweitsprache und verschiedene Muttersprachen bei weitem nicht ausreichend ist, daviele mehrsprachige Kinder solche Frdermanahmen nicht erhalten, wie die obigenZahlen belegen. Hierfr sind verschiedene Grnde zu nennen. Muttersprachlicher Unter-richt etwa wurde zum Erhebungszeitraum an Essener Grundschulen nur fr 10 Sprachenangeboten. Mit diesem Sprachangebot knnten jedoch maximal nur 2/3 der mehrspra-chigen Schlerinnen und Schler erreicht werden. Auch wenn bestimmte Gruppengr-en notwendig erschienen, um ein schulisches Angebot einzurichten, stehen diesen 10Sprachen wie in Kapitel 1 dargestellt immerhin 38 Sprachen bzw. Sprachnennungengegenber mit Sprechergruppen von 15 oder mehr Kindern, in denen z. Zt. in Essen keinMuttersprachlicher Unterricht angeboten wird.

    Auerdem sind die Sprachen, fr die es entsprechende Angebote gibt, nicht auch diemit den grten Sprechergruppen. So gibt es z. B. in Essen keinen MuttersprachlichenUnterricht Kurdisch, whrend fr die relativ kleine Gruppe der Portugiesisch-SprecherUnterricht erteilt wird.

    Eine weitere Einschrnkung ergibt sich dadurch, dass auch ein bestehendes Angebotfr einzelne Sprachen keinesfalls flchendeckend ist, also nicht von allen Schulen bzw.in allen Stadtbezirken realisiert wird. Fr die verschiedenen Sprachen ist der Anteil derSchlerinnen und Schler, die nach eigenen Angaben den Muttersprachlichen Unterrichtbesuchen, ebenfalls sehr unterschiedlich. Etwa 60 % der trkischsprachigen Kinder ge-ben an, Muttersprachlichen Unterricht Trkisch zu erhalten. Bei den polnischsprachigenSchlerinnen und Schlern gilt dies hingegen fr nur 3 %.

    Bewertung der Mehrsprachigkeit

    Frage 29: Du kannst ein andere Sprache als Deutsch. Hilft dir das in der Schule?

    21 (42,6 %) der mehrsprachigen Kinder sind der Meinung, dass ihnen Mehrsprachigkeitin der Schule hilft, whrend 23 (45,3 %) die Frage verneinen. 5 (10,4 %) antworten mitwei ich nicht, ein Kind (1,6 %) macht keine Angabe.

    2.5. Tendenzen, auffllige Phnomene und Empfehlungen

    An dieser Stelle werden in den einzelnen Berichten fr die beteiligten Schulen die spezi-fischen Schuldaten im Vergleich zu den hier vorgestellten Durchschnittsdaten der StadtEssen bewertet und ggf. Empfehlungen zum Schulprofil ausgesprochen, wie etwa der

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200360

    Hinweis auf Mglichkeiten zur Einrichtung von Muttersprachlichem Unterricht bei ent-sprechend groen Sprechergruppen. Bei der Durchschnittsschule entfllt dieses.

    3. Sprachenbeschreibungen3.1. Einleitung

    Die vorliegenden Sprachenbeschreibungen sind im Rahmen des Projekts SPREEG ent-standen und beziehen sich auf die von Essener Grundschlerinnen und -schlern gespro-chenen Sprachen. Die primre Absicht der Beschreibungen ist es, den beteiligten Schu-len Informationen zu den in der Untersuchung erhobenen Sprachen zu geben, um da-durch eine Einsicht in die Komplexitt des sprachlichen Wissens zu vermitteln, das mehr-

    sprachige Schlerinnen und Schler mit in die Schule bringen, einige Hinweise auf Lernschwierigkeiten zu geben, die sich aus sprachlichen Kon-

    trasten zwischen der Schulsprache Deutsch und den Sprachen der Schlerinnen undSchler ergeben knnen,

    Wege zur Identifikation der Sprachen zu vermitteln, die die Schlerinnen und Sch-ler sprechen, und

    Zugang zu Informationen und Material zu vermitteln, die sowohl eine mutter-sprachliche Frderung der Kinder erlauben als auch die Thematisierung von sprach-licher Verschiedenheit und Reflexion ber Sprache(n) in der mehrsprachigenKlasse.

    Im Folgenden werden zunchst die Sprachen beschrieben, die uns im Projekt SPREEGals Antwort auf die Frage 16 Welche Sprache sprecht ihr zu Hause auer Deutsch?genannt wurden. Anschlieend werden die Schriften beschrieben, in denen diese Spra-chen vorwiegend geschrieben werden. Einige sprachwissenschaftliche Termini, die inden Sprach- und Schriftbeschreibungen verwendet werden, sind im dann folgenden Ab-schnitt erlutert. Abschlieend folgt eine Liste mit Literaturhinweisen und Internetadres-sen.

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 61

    Sprachen und Sprachenbeschreibungen

    Insgesamt haben die Schlerinnen und Schler 122 verschiedene Sprachenangaben ge-macht. Aufgabe war es dann, diese Angaben Sprachenbeschreibungen zuzuordnen. DerProzess der Zuordnungen der Benennungen zu den einzelnen Sprachenbeschreibungenund die letztendliche Entscheidung fr 80 Sprachenbeschreibungen ist erklrungsbe-drftig.

    Zunchst einmal ist der Begriff Sprache selbst vielschichtig und die Entscheidungfr 80 Sprachenbeschreibungen bedeutet nicht, dass die Essener Grundschler 80 Spra-chen sprechen: Was als Sprache bezeichnet wird oder werden kann, ist letztendlichvom Betrachter abhngig: Wenn man von dem Grad der gegenseitigen Verstndlichkeitin informellen Gesprchssituationen ausgeht, so ist es vllig berechtigt, Schwyzer-dtsch und Hochdeutsch (Deutsch) als unterschiedliche Sprachen ansehen, ebensowie das marokkanische Arabisch und Hocharabisch (Arabisch) oder die unterschiedli-chen Varietten des Aramischen. Wenn man andererseits jedoch von einem schrift-sprachlichen Verstndnis von Sprache(n) ausgeht, dann ist Schwyzerdtsch eine Va-riett des Deutschen, das marokkanische Arabisch eine Variett des Arabischenund die Varietten des Aramischen lassen sich unter Aramisch oder Neuaram-isch bndeln.

    Es ist anzunehmen, dass die Angaben der Schulkinder in Bezug auf die Sprache(n),die sie auer Deutsch noch zu Hause sprechen, sich nicht auf den schriftsprachlichenBegriff von Sprache beziehen, sondern darauf, ob sie das, was sie sprechen, als anderserleben als das, was jemand anderes spricht, oder eben als hnlich. Dies verstrkt sichwahrscheinlich noch im Migrationskontext, wo die jeweiligen Sprachen mit weniger Be-zug zu ihrem schriftsprachlichen Standard gesprochen werden als im Herkunftsland.

    Wird die Zahl der unterschiedlichen Varietten addiert, die im Sinne des Erlebensvon Unterschiedlichkeit gesprochen werden, dann kommt man auf ber hundert Spra-chen, die von Essener Grundschlern gesprochen werden.

    Bei den Sprachenbeschreibungen wird dagegen primr von einem schriftsprachli-chen Sprachbegriff ausgegangen, und dadurch reduziert sich die Zahl der Beschreibun-gen gegenber einer mglichen Zahl von Sprachen. In den Sprachenbeschreibungenwird jedoch ein besonderes Gewicht darauf gelegt, auf die Unterschiedlichkeiten derVarietten und/oder Sprachen hinzuweisen, die in der jeweiligen Beschreibung zusam-mengefasst sind.

    Zuordnung von Sprachenbenennungen zu Sprachenbeschreibungen

    Abgesehen von dem Problem des Sprachenbegriffs, ergaben sich bei den Zuordnungender Angaben der Kinder zu den Sprachenbeschreibungen eine Reihe von Schwierigkei-ten dadurch, dass viele Angaben nicht eindeutig zuzuordnen waren:

    Zunchst gab es einige wenige Benennungen, die wir in keiner Weise einer Sprachezuordnen konnten, auch nicht dadurch, dass wir sie auf eine ethnische Gruppe oder ein

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200362

    Land zurckfhrten und dadurch einer oder mehreren bestimmten Sprachen zuordneten.Hierbei handelt es sich um die Benennungen Jermanisch und Fisaia.

    In einigen wenigen Fllen wurde uns Namen von ethnischen Gruppen anstelle vonSprachennamen genannt. In diesem Fall kann man vermuten, dass die Sprache der ethni-schen Gruppe gemeint ist jedenfalls dann, wenn der ethnischen Gruppe eine Sprachezuzuordnen ist. So gehen wir davon aus, dass mit Sinti oder Sintisch eine Spracheoder Variett der Sinti und Roma gemeint ist, nmlich Romanes bzw. eine Variett desRomanes.

    Nicht selten bezeichnen unterschiedliche Sprachennamen Varietten oder Sprachen,die der gleichen Schriftsprache zuzuordnen sind (siehe die Diskussion oben) oder ver-schiedene Namen werden synonym verwendet oder Kinder verwenden die Eigenbe-zeichnungen der Sprecher der betreffenden Sprache fr ihre Sprache. In diesem Fall wares unsere Aufgabe, mit Hilfe von Enzyklopdien, Wrterbchern und Sprachenbe-schreibungen (siehe die Literaturangaben) die unterschiedlichen Bezeichnungen fr diebetreffenden Sprachen zusammen zu stellen. In den Sprachenbeschreibungen liegt ent-sprechend auch ein Schwerpunkt auf den unterschiedlichen Benennungen, die die je-weiligen Sprachen haben knnen. Als Haupteintrag wurde jeweils die Sprachenbezeich-nung gewhlt, die uns im Deutschen am gelufigsten erschien. Der Sprachenindex imAnhang macht den Zugang zu Sprachenbeschreibungen auch ber andere Benennungender Sprachen mglich.

    Als wichtigstes Zuordnungsproblem ergab sich jedoch, dass die Schulkinder hufigstatt eines gelufigen Sprachennamens die Ableitung eines Lnder- oder sogar Konti-nentnamens (z. B. Indisch, Tunesisch, Ghanaisch, Afrikanisch) als Sprachenannten und zwar dort, wo dies keine eindeutige Zuordnung zu einer Sprache erlaubte.Einerseits gibt es ja nicht wenige Sprachennamen, die den gleichen Wortstamm habenwie die Region, die ihr Hauptverbreitungsgebiet ist, z. B. Deutsch/Deutschland, D-nisch/Dnemark, Russisch/Russland usw. Andererseits ist aber die eindeutige Zuord-nungsmglichkeit einer bestimmten Sprachenbenennung zu einer bestimmten, hnlichlautenden Lnderbenennung im Weltmastab gesehen keinesfalls eine Selbstverstnd-lichkeit: Sprachen knnen ganz andere Namen haben als die Lnder, in denen sie ge-sprochen werden (z. B. Arabisch, das nicht in Arabien, sondern im Libanon, imIrak, in Kuwait etc. gesprochen wird), und in einem Land knnen mehrere Sprachen ge-sprochen werden, die anders lauten als das Land selbst (z. B. Pakistan, wo u. a. Dari,Paschto, Urdu, Sindhi und Panjabi gesprochen werden).

    Man kann eine Reihe von Grnden vermuten, warum ein Kind die Ableitung einesLnder- oder sogar Kontinentnamens als seine Sprache nennt und nicht den erwartetenrichtigen Sprachennamen: Mglicherweise geht das Kind davon aus, dass sowieso niemand seine Sprache

    bzw. ihren Namen kennt (Afrikanisch, Indisch, Ghanaisch).

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 63

    Mglicherweise kennt das Kind die deutsche Bezeichnung nicht und leitet die Spra-che nach dem Vorbild Deutschland-Deutsch aus seinem Herkunftsland bzw. demHerkunftsland seiner Eltern ab.

    Mglicherweise haben die schulischen Autorittspersonen in Deutschland die Ab-leitung der Sprachenbenennung aus dem Lndernamen vorgemacht, und das Kindfolgt nur dem, was der Lehrer/die Lehrerin ihm gesagt hat.

    Mglicherweise hat sich die betreffende Bezeichnung in der Sprechergemeinschaft inder Migration bzw. in der Familie des Kindes eingebrgert (z. B. Jugoslawisch).

    Mglicherweise erscheint die Ableitung der Sprachenbenennung aus dem Lnder-namen dem Kind passender, da die Familiensprache eine Variett ist, die so ver-schieden von dem schriftsprachlichen Standard der gleichen Sprache ist, dassdem Kind eine neue Bezeichnung passender erscheint. Z. B. ist es gut mglich,dass die verschiedenen aus Lndernamen abgeleiteten Bezeichnungen Kuwai-tisch, Marokkanisch, Irakisch, Libanesisch sich auf die in den Lndern ge-sprochenen Varietten des Arabischen beziehen und nicht auf Hocharabisch, dasdie offizielle Sprache ist und dem Schler in Deutschland u. a. im Muttersprachli-chen Unterricht, aber auch in den Medien begegnet.

    Alle entsprechend uneindeutigen Sprachenbenennungen sind in der folgenden Spra-chenliste mit aufgefhrt, und die Eintrge enthalten jeweils Verweise zu den Sprachen,denen sie mit Vorbehalt zuzuordnen sind. Auch im Sprachenindex im Anhang sindsie mit den entsprechenden Verweisen aufgefhrt.

    3.2. Sprachen Essener Grundschlerinnen und Grundschler

    In den folgenden 80 Sprachenbeschreibungen ist die Betonung darauf gelegt, ber dieunterschiedlichen Benennungen, die Hauptverbreitungsgebiete und Sprecherzahlen so-wie die unterschiedlichen Varietten der von Essener Grundschulkinder gesprochenenSprachen zu informieren.

    Im Abschnitt Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen ist jeweils auch dieAnzahl der Nennungen (N) im Rahmen des Projekts SPREEG mit angegeben. Unein-deutige Benennungen, die wir mit Vorbehalt den jeweiligen Spracheneintrgen zuord-nen, tragen ein vorangestelltes Fragezeichen.

    Die genetischen Informationen ber die Sprachen (Klassifikation) geben dieSprachfamilie und die erste Subgruppe an.

    Bei den strukturellen Kurzbeschreibungen wurde versucht, eine weitgehende Ein-heitlichkeit herzustellen. Es finden sich Informationen ber den morphologischen Typder jeweiligen Sprache, die Wortstellung, den Einsatz eines bestimmten Artikels, denEinsatz von Prpositionen bzw. Postpositionen und einige weitere spezifische typolo-gische Eigenschaften.

    Ein Abschnitt Schulrelevantes ist immer dann eingefgt, wenn die jeweilige Spra-che muttersprachliches Unterrichtsfach in Essen bzw. Nordrhein-Westfalen ist oder auch soweit wir dies in Erfahrung bringen konnten in einem anderen Bundesland. Zu ei-

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200364

    nigen Sprachen (z. B. Dnisch, Japanisch, Tamil) sind weitere Zugangsmglich-keiten zu Unterrichtsmaterialien und Muttersprachlichem Unterricht angegeben.

    Hinweise auf Sprachen, die mit einem Pfeil () versehen sind, verweisen auf an-dere Sprachenbeschreibungen. Hinweise auf sprachwissenschaftliche Begriffe, die mitdem Pfeil versehen sind, verweisen auf das Glossar in Abschnitt 3.4. Alle in den Spra-chenbeschreibungen angegebenen Schriften werden in Abschnitt 3.3. kurz beschrieben.

    Die uneindeutigen oder nicht zuzuordnenden Sprachenbenennungen, die uns im Pro-jekt SPREEG von den mehrsprachigen Kindern genannt wurden, sind ebenfalls als Ein-trge aufgefhrt, zusammen mit den Verweisen auf die Sprachen, denen wir sie unterVorbehalt zuordnen.

    ?Afghanisch (N = 51)Diese Sprachenbenennung ist nicht eindeutig zuzuordnen. Wahrscheinlich ist Paschto ge-meint, mglicherweise aber auch Dari oder auch eine kleinere Sprache Afghanistans.

    ?Afrikanisch (N = 21)Diese Sprachenbenennung ist nicht zuzuordnen. Sie kann jede in Afrika gesprochene Sprachemeinen.

    AkanAlternative Bezeichnungen und Eigenbezeichnungen: Akan, Fante, Fanti, Asante, Ashanti, Twi

    Englisch: Akan

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Fanti (N = 1), Twi (N = 7), Tschi (N = 3), Ashanti(N = 1), ?Ghanaisch (N = 2)

    Verbreitung: Akan wird von rd. 7 Mio. Menschen in Ghana gesprochen, etwa einem Drittel derBevlkerung des Landes.

    Klassifikation: Niger-Kongo-Sprache, Kwa-Gruppe

    Schrift: lateinische Schrift

    Kurzbeschreibung: Akan ist eine von ber 10 Sprachen, die in der schulischen und universitrenAusbildung Ghanas offiziellen Status haben. 1961 hat das staatliche Bro der Sprachen Gha-nas eine standardisierte schriftsprachliche Norm fr verschiedene wechselseitig verstndlicheDialekte im sdlichen Ghana unter dem Namen Akan zusammengefasst. Die BezeichnungTwi bezog sich ursprnglich auf den Dialekt einer ethnischen Gruppe, der Akuapem, frden im 19. Jahrh. eine Schriftsprache geschaffen wurde. Das Akan berdacht zwei Hauptdia-lekte, das Asante (rd. 1,17 Mio. Sprecher) und das Fante (rd. 4,3 Mio. Sprecher).15

    Akan ist wie alle Kwa-Sprachen (Ewe, Ga) eine isolierende Tonsprache und hat einkomplexes Lautsystem. Es werden elf Vokalqualitten und drei Tonhhen unterschieden. Ne-ben den Tonhhen dient auch eine vokalharmonische Angleichung zur Unterscheidung be-stimmter grammatischer Kategorien. Die Wortstellung ist relativ frei und die Beziehungen

    15 Aus Platzgrnden muss in diesem Teil auf die Nennung der weiblichen Form verzichtet werden.

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 65

    zwischen den Satzgliedern werden durch ein System von Postpositionen und Partikeln ausge-drckt. Das Attribut folgt dem Substantiv; Adjektive werden nicht dekliniert. Es gibt keingrammatisches Genus.

    AlbanischAlternative Bezeichnung: Gegisch, Toskisch

    Eigenbezeichnung: gjuha shqipe

    Englisch: Albanian

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Albanisch (N = 113)

    Verbreitung: Albanisch wird von rd. 3 Mio. Menschen im Staatsgebiet Albaniens gesprochen.Auerhalb Albaniens wird es im Kosovo gesprochen (rd. 1,5 Mio. Sprecher) sowie in Make-donien (rd. 250.000 Sprecher 1992). Auch in Griechenland, in Italien und in der Trkei lebenautochthone albanische Minderheitengruppen. Albanisch gehrt zu den greren Migran-tensprachen in Deutschland.

    Klassifikation: Albanisch stellt einen eigenen Zweig innerhalb der indoeuropischen Sprachen dar.

    Schrift: lateinische Schrift

    Kurzbeschreibung: Das Albanische ist die offizielle Sprache Albaniens, die Verwaltungsspra-che des Kosovo und offizielle Minderheitensprache in der Republik Makedonien. Es gibt zweiwichtige Varietten des Albanischen: Grundlage der albanischen Standardsprache ist dertoskische Dialekt. Er wird im Sden des albanischen Sprachgebiets, also in Albanien selbstgesprochen. Ihm steht der gegische Dialekt gegenber, der im Norden, also im Kosovo und inMakedonien gesprochen wird.Albanisch ist eine flektierende Sprache mit einer SVO-Wortstellung. Das Attribut folgtdem Substantiv und beim Substantiv sowie in der Adjektivdeklination wird zwischen masku-linem und femininem Genus unterschieden. Der bestimmte Artikel in Form einer Endung isteine der Eigenschaften, die das Albanische mit den Balkansprachen Bulgarisch, Makedo-nisch und Rumnisch verbindet.

    Schulrelevantes: Albanisch ist in Nordrhein-Westfalen muttersprachliches Unterrichtsfach, aller-dings nicht in Essen.

    ?Algerisch (N = 1)Diese Sprachenbenennung ist nicht eindeutig zuzuordnen. Gemeint sein kann sowohl Ara-bisch, d. h. dessen in Algerien gesprochene Variett, als auch eine in Nordalgerien gespro-chene Berbersprache.

    AmharischAlternative Bezeichnung: Abessinisch, thiopisch

    Eigenbezeichnung: Amarinya

    Englisch: Amharic

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Amharisch (N = 2), thiopisch (N = 1)

    Verbreitung: Amharisch wird von rund 22,5 Mio. Menschen vor allem in thiopien und Eritreagesprochen. Davon sprechen 17,5 Mio. Amharisch als Erstsprache und 5 Mio. als Zweitspra-che. Amharisch ist somit die zahlenmig drittstrkste Sprachgemeinschaft des subsahari-

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200366

    schen Afrikas und die zweitstrkste semitische Sprachgemeinschaft nach Arabisch. Amha-risch wird darber hinaus von rd. 40.000 jdischen Amharen in Israel gesprochen sowie vonkleineren Gruppen im Sdosten des Sudan und im Sden gyptens.

    Klassifikation: afroasiatische Sprache, thiosemitische Gruppe

    Schrift: thiopische Schrift

    Kurzbeschreibung: Amharisch ist zusammen mit Englisch und Tigrinya, ebenfalls eine thio-semitische Sprache, offizielle Sprache thiopiens und die wichtigste Verkehrsprache desLandes. Sprecher des Amharischen in thiopien sind oft zwei- oder mehrsprachig und beherr-schen auch Tigrinya, Oromo, Englisch oder/und Arabisch.Wie bei anderen semitischen Sprachen, so werden auch im Amharischen viele grammatischeKategorien durch Vernderungen und Erweiterungen der nur aus Konsonanten bestehendenWortwurzel ausgedrckt. Die Sprache hat einen bestimmten Artikel und unterscheidet zwi-schen femininem und maskulinem Genus. Die Wortstellung ist SOV. Das Attribut stehtdem Substantiv voran; attributive Adjektive werden nicht dekliniert. Die Sprache verfgt berPrpositionen und Postpositionen.

    ?Angolisch (N = 3)Diese Sprachenbenennung ist nicht eindeutig zuzuordnen. Gemeint sein kann die in Angolagesprochene Variett des Portugiesischen, das offizielle Sprache Angolas ist, oder aberauch eine andere in Angola gesprochene Sprache.

    ArabischEigenbezeichnungen: al-'arabija, 'arabi

    Englisch: Arabic

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Arabisch (N = 788), ?Algerisch (N = 1), ?Irakisch(N = 16), ?Kuwaitisch (N = 1), ?Libanesisch (N = 46), ?Marokkanisch (N = 77), ?Tunesisch(N = 16), ?Syrisch (N = 1); mglicherweise bezieht sich auch Somalisch (N = 1) auf Ara-bisch

    Verbreitung: Arabisch wird von rd. 150 Mio. Menschen in den arabischen Staaten, in weiterennordafrikanischen Staaten sowie von Minderheiten in Afghanistan, Iran und der Sdosttrkeigesprochen. Arabisch (im Sinne der umgangssprachlichen Varietten, s. u.) gehrt zu den gr-eren Migrantensprachen in Deutschland.

    Klassifikation: afroasiatische Sprache, semitische Gruppe

    Schrift: arabische Schrift

    Kurzbeschreibung: Die Bezeichnung Arabisch kann sich auf drei unterschiedliche Konzeptebeziehen. Zum einen kann mit Arabisch das archaische Klassische Arabisch, die Sprache desKorans und der religisen Verkndung im Islam gemeint sein. Zum zweiten kann sich Ara-bisch auf das moderne Hoch- oder Standardarabisch beziehen, das die erste offizielle Sprachein Algerien, gypten, Bahrain, dem Irak, Jordanien, Jemen, den Komoren, Kuwait, dem Liba-non, Libyen, Marokko, Oman, Palstina, Quatar, dem Senegal, dem Sudan, Syrien, Tunesien undden Vereinigten Emiraten ist und eine der offiziellen Sprachen im Tschad (neben Franzsisch),in Israel (neben der ersten offiziellen Sprache Hebrisch) und in Somalia (neben Somali undEnglisch). Hocharabisch ist die in der Schule vermittelte schriftsprachliche arabische Variett, esist die Sprache der Diplomatie und der offiziellen Kommunikation zwischen den arabischen

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 67

    Staaten. Als gesprochene Sprache wird es allenfalls von der Bildungsschicht beherrscht. VomKlassischen Arabisch unterscheidet sich das Hocharabische in lexikalischen und stilistischen Ei-genheiten; der grammatische Bau und die Syntax sind aber weitgehend identisch.Arabisch bezeichnet zum dritten die arabischen Dialekte und umgangssprachlichen Varie-tten. Nur sie werden als Erstsprache erworben. Sie unterscheiden sich zum Teil erheblichsowohl untereinander als auch vom Hocharabischen, sodass nicht von einer gegenseitigenVerstndlichkeit ausgegangen werden sollte. Am meisten Prestige besitzt die arabische Um-gangssprache von Kairo, die vor allem durch gyptische Filme verbreitet ist.Bei den Dialekten wird in der Regel zwischen folgenden Gruppen unterschieden: Zentralara-bische Dialekte, Mesopotamisches Arabisch (Irak und Sdosttrkei), Syrisch-LibanesischesArabisch (Libanon, Syrien und Palstina), gyptisch-Arabisch, Maghrebinisches Arabisch(Marokko, Algerien, Libyen, Tunesien und z. T. in Mauretanien und Niger), die Dialekte inMauretanien, Mali und im Senegal und Sudanesisches Arabisch. Das Arabisch auf Malta ent-wickelte sich zum heutigen Maltesisch.Wie bei anderen semitischen Sprachen, so werden auch im Arabischen viele grammatischeKategorien durch Vernderungen und Erweiterungen der nur aus Konsonanten bestehendenWortwurzel ausgedrckt. Die Sprache hat einen bestimmten Artikel und unterscheidet zwi-schen femininem und maskulinem Genus. Die Wortstellung ist VSO. Das Attribut folgtdem Substantiv; attributive Adjektive werden nicht dekliniert. Die Sprache verwendet Prpo-sitionen.

    Schulrelevantes: Hocharabisch ist in Nordrhein-Westfalen und auch in Essen muttersprachlichesUnterrichtsfach. Darber hinaus bietet der Deutsch-Tunesische Verein fr Familie und Kul-tur in Eigeninitiative arabischen Muttersprachlichen Unterricht fr Schulkinder in Essen an.

    AramischAlternative Bezeichnung: Neuaramisch, Assyrisch, Chaldisch

    Englisch: (Neo-)Aramaic

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Aramisch (N = 26), Assyrisch (N = 2), ?Syrisch(N = 1), ?Irakisch (N = 16); mglicherweise bezieht sich auch die nicht anderweitig zuzuord-nende Bezeichnung Kyldanisch (N = 3) auf Aramisch bzw. Chaldisch.

    Verbreitung: Die Zahl der Sprecher neuaramischer Varietten beluft sich auf etwa 0,45 Mio. InSyrien, nahe Damaskus, in der sdstlichen Trkei, im westlichen Iran und im nrdlichen Irakgibt es heute noch ca. 200.000 Sprecher neuaramischer Varietten. Viele christliche Sprecherdes Neuaramischen leben in den Grostdten des Nahen Ostens oder sind nach Europa oder indie USA ausgewandert; fast alle jdischen Aramischsprecher wanderten nach Israel aus. In derBundesrepublik Deutschland gehrt Aramisch zu den greren Migrantensprachen.

    Klassifikation: afroasiatische Sprache, nordwestsemitische Gruppe

    Schrift: aramische Schrift

    Kurzbeschreibung: Aramisch oder klassisches Aramisch ist die Bezeichnung fr eine Spra-che, die im Zeitraum zwischen 700 und 200 v. Chr. ein hohes Prestige als Kultursprache, alsStaatssprache und als Sprache der internationalen Diplomatie im Nahen Osten hatte. Aram-isch bzw. Neuaramisch ist gleichzeitig die Bezeichnung fr die heute gebruchliche ara-mische Schriftsprache. Sie wurde im 19. Jahrhundert auf der Grundlage des am Urmia-See(heutiger Iran) gesprochenen Dialektes geschaffen. Aramisch ist darber hinaus die Be-zeichnung fr ein Gruppe von teilweise stark unterschiedlichen Varietten. So unterscheidet

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200368

    man u. a. zwischen dem syrischen Aramisch oder Syrisch in Syrien, dem Turoyo oderTuroyo-Aramisch im Sdosten der Trkei, dem nordstlichen Aramisch in einer Zonevon der Osttrkei ber den nrdlichen Irak bis in den Nordwesten Irans, dem Irakisch-Chal-dischen, Kaldischen oder Ostsyrischen im Irak und dem Mandischen in Khuistan(Iran). Zum nordstlichen Aramisch gehrt auch das Assyrische bzw. Neuassyrische.Wie bei anderen semitischen Sprachen, so werden auch im Aramischen viele grammatischeKategorien durch Vernderungen und Erweiterungen der nur aus Konsonanten bestehendenWortwurzel ausgedrckt. Es gibt eine Genusunterscheidung zwischen Feminin und Maskulinbeim Substantiv; Attribute folgen dem Substantiv und attributive Adjektive werden nachdem Genus des Bezugs-Substantivs dekliniert. Die Sprache hat keinen bestimmten Artikel undverfgt ber Prpositionen. Die Wortstellung ist SVO, sie ist aber relativ frei.

    Schulrelevantes: Aramisch ist in einigen Bundeslndern (Hamburg, Niedersachsen) mutter-sprachliches Unterrichtsfach, nicht jedoch in Nordrhein-Westfalen.

    ArmenischAlternative Bezeichnungen: Westarmenisch, Ostarmenisch

    Eigenbezeichnung: Hayeren

    Englisch: Armenian

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Armenisch (N = 9)

    Verbreitung: Der grte Teil der rund 6 Mio. Sprecher des Armenischen lebt in dem seit 1991 un-abhngigen Staat Armenien. Etwa 1,4 Mio. Armenischsprecher leben in anderen Nachfolge-staaten der ehemaligen Sowjetunion wie Kasachstan, Kirgisien, Aserbeidschan und Georgien.Zahlenmig bedeutende armenische Minderheiten finden sich zudem in den Staaten des Na-hen Ostens, auf Zypern und in gypten. In Sdosteuropa leben armenische Gruppen in Bulga-rien, Rumnien und Griechenland. Von den in westeuropischen und nordamerikanischenStaaten lebenden armenischen Einwanderern sind die meisten in Frankreich (71.000) und inden USA (1,6 Mio.) beheimatet. 1980 wurde geschtzt, dass in der Trkei noch rund 40.000armenische Muttersprachler leben.

    Klassifikation: Das Armenische stellt einen eigenen Zweig innerhalb der indoeuropischen Spra-chen dar.

    Schrift: armenische Schrift

    Kurzbeschreibung: Das Armenische hat zwei wichtige Varietten, Ostarmenisch und Westarme-nisch. Beide sind Schriftsprachen. Sie sind gegenseitig verstndlich. Ostarmenisch ist dieoffizielle Sprache des Staates Armenien. Die armenischen Einwanderer in Westeuropa undin Amerika stammen zum grten Teil aus der Trkei und sprechen das Westarmenische.Westarmenische Muttersprachler sind in der Regel mehrsprachig und sprechen neben demArmenischen die Sprache des Landes, in dem sie eine Minderheit darstellen. In Armenien istRussisch neben Ostarmenisch die wichtigste Sprache; Armenier, die aus der Trkei stam-men, sprechen oft auch Trkisch. Das Armenische ist zwar eine indoeuropische Sprache,es hat jedoch ber den Kontakt mit nicht-indoeuropischen Sprachen Transkaukasiens (kauka-sische Sprachen, Turksprachen) sehr spezifische Charakteristika entwickelt. So hat es Eigen-schaften von flektierenden und von agglutinierenden Sprachen. Substantive haben keingrammatisches Genus; der bestimmte Artikel ist ein Suffix. Die Wortstellung ist SVO;Attribute stehen vor ihren Substantiv; die Sprache hat sowohl Prpositionen als auchPostpositionen.

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 69

    Aserbaidschanisch/AserbajdschanischAlternative Bezeichnung: Azeri

    Eigenbezeichnung: Azrbaycan dili, Azrice

    Englisch: Azeri

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Aserbaidschanisch (N = 6)

    Verbreitung: In der Republik Aserbaidschan wird Aserbaidschanisch von ca. 6 Mio. Menschen alsErstsprache gesprochen. Aserbaidschanisch ist darber hinaus eine wichtige Sprache imNordwesten des Iran, wo es von rd. 10 Mio. Menschen gesprochen wird. Weitere groe Spre-chergruppen leben im Irak (rd. 350.000) sowie in den Nachbarstaaten Aserbaidschans Geor-gien, Armenien und Daghestan sowie in der Trkei.

    Klassifikation: Altaiische Sprache, Gruppe der Turksprachen

    Schrift: Aserbaidschan: lateinische Schrift, kyrillische Schrift, Iran: arabische Schrift

    Kurzbeschreibung: Aserbaidschanisch ist seit der Unabhngigkeit 1991 einzige offizielle Spra-che der Republik Aserbaidschan. Da vorher das Russische in den staatlichen Institutionendominierte, sind Aserbaidschaner aus der Republik Aserbaidschan in der Regel zweisprachig.Aseris aus dem Iran sind zweisprachig Farsi-Aserbaidschanisch. Da sich die im Iran undAserbaidschan gesprochenen und geschrieben Varietten unterscheiden, wird hufig vonNord-Aserbaidschanisch (Aserbaidschan) und Sd-Aserbaidschanisch (Iran) gesprochen. Mankann von einem Dialektkontinuum zwischen den nahe verwandten Sprachen Trkisch undAserbaidschanisch sprechen. So knnen die ostanatolischen Dialekte der Trkei strukturell alsAserbaidschanisch gelten.Als Turksprache ist Aserbaidschanisch agglutinierend und die Endungen werdenvokalharmonisch an die Lautung des Wortstamms angepasst. Es gibt kein grammatischesGenus und keinen bestimmten Artikel. Die Wortstellung ist SOV; das Attribut steht demSubstantiv voran; Adjektive werden nicht dekliniert. Die Sprache verfgt berPostpositionen und hat ein komplexes Kasussystem.

    ?Belgisch (N = 1)Diese Sprachenbenennung ist nicht eindeutig zuzuordnen. Gemeint sein kann eine der offi-ziellen Landessprachen Belgiens, Niederlndisch oder Franzsisch, mglicherweise auchDeutsch, das eine regionale offizielle Sprache Belgiens ist.

    BengaliAlternative Bezeichnung: Bengalisch

    Eigenbezeichnung: Bangali, Bangla, bangla bhasa

    Englisch: Bengali

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Bengali (N = 1), ?Indisch (N = 11), ?Indis (N = 1)

    Verbreitung: Bengali wird von insgesamt rund 211 Mio. Menschen im Osten des indischen Sub-kontinents gesprochen; davon sprechen 207 Mio. Bengali als Muttersprache. In Bangladeschleben rd. 100 Mio. Sprecher des Bengalischen, im benachbarten Indien, hauptschlich imBundesstaat Westbengalen, 76 Mio. Eine grere bengalische Minderheit lebt in Grobritan-nien (rd. 200.000).

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, indoarische Gruppe

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200370

    Schrift: Bengali-Schrift (indische Schriften)Kurzbeschreibung: Bengali ist nach Hindi die sprecherreichste indoarische Sprache. Es ist die

    offizielle Sprache von Bangladesch und regionale offizielle Sprache im indischen Bun-desstaat Westbengalen.Bengali ist eine flektierende Sprache mit einer SOV-Wortstellung. Der bestimmte Artikelist eine Endung. Substantive werden in der Deklination nicht nach Maskulin und Feminin un-terschieden, sondern danach, ob sie belebte oder unbelebte Dinge bezeichnen, also Tiere undMenschen oder Gegenstnde und Abstrakta. Das Attribut steht dem Substantiv voran, wirdaber nicht dekliniert. Es gibt keine Prpositionen, sondern nur Postpositionen.

    BerberAlternative Bezeichnungen: Berberisch, Tamazight, Kabylisch

    Eigenbezeichnungen: tamazight, SelHa, tarifit (fr Rif/Tarifit), taqbaylit (fr Kabylisch/Taqbaylit)

    Englisch: Berber

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Berber (N = 12), ?Marokkanisch (N = 77), ?Alge-risch (N = 1)

    Verbreitung: Berber-Sprachen werden von mehr als 10 Mio. Menschen gesprochen. Das Sprach-gebiet der Berber-Sprachen erstreckt sich von den Maghrebstaaten am Atlantik und am Mit-telmeer in zahlreichen Enklaven bis zur Oase Siwa (gypten) und im Sden bis zum Niger. InDeutschland sprechen viele Migranten aus Marokko eine Berber-Sprache.

    Klassifikation: afroasiatische Sprachen, Gruppe der Berbersprachen

    Schrift: arabische und lateinische Schrift (selten), z. T. auch Tifinagh-Schrift

    Kurzbeschreibung: Berber ist die Dachbezeichnung fr eine groe Gruppe von in der Regelnicht verschrifteten Varietten oder Dialekten je nach Klassifikation werden bis zu 100Varietten gezhlt. Zwischen den Dialektgruppen besteht ein Kontinuum von gegenseitigerVerstndlichkeit; man darf aber nicht davon ausgehen, dass Sprecher unterschiedlicherVarietten sich immer untereinander verstndigen knnen. Sprecher des Berber sind in derRegel mehrsprachig und sprechen auch Arabisch und/oder Franzsisch, im Niger auchHausa. In der Regel unterscheidet man zwischen den folgenden Hauptvarietten: Tamazightist eine Berbersprache in Zentralmarokko und angrenzendem algerischem Gebiet mit 2-3 Mio.Sprechern. Die Bezeichnung Tamazight wird von Sprechern des Berberischen hufig alsAlternative zu dem (arabischen) Oberbegriff Berber verwendet. Schilh, Shluh, SelHaoder Tashelhait ist eine Berbersprache in Sdmarokko und angrenzendem algerischem Ge-biet mit 2-3 Mio. Sprechern. Rif oder Tarifit ist eine Berbersprache in Nordmarokko mit1,5 Mio. Sprechern. Kabylisch oder Taqbaylit ist eine Berbersprache in Nordalgerien mit2-3 Mio. Sprechern. Schawiya oder Tashawit ist eine Berbersprache in Nordwest-Alge-rien. Tamaschek ist die Sprache der Tuareg (Niger, Mali, Mauretanien, Sdalgerien) mit ca.1 Mio. Sprechern.hnlich wie die semitischen Sprachen werden auch in den Berbersprachen viele grammati-sche Kategorien durch Erweiterung und Vernderung des aus Konsonanten bestehendenWortstamms ausgedrckt. Die Substantive unterscheiden nach femininem und maskulinemGenus. Es gibt keinen bestimmten Artikel. Attribute werden nachgestellt. Die Wortstellungist VSO. Die Sprache verfgt ber Prpositionen.

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 71

    BosnischAlternative Bezeichnung: Bosniakisch

    Eigenbezeichnungen: bosanski jezik, bosnjacki jezik

    Englisch: Bosnian

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Bosnisch (N = 48), mglicherweise auch ?Jugosla-wisch (N = 129) und Serbokroatisch (N = 1)

    Verbreitung: Bosnisch wird von rd. 4 Mio. Menschen in der Republik Bosnien-Herzegowina ge-sprochen. Es gehrt zu den greren Migrantensprachen in Deutschland.

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, slawische Gruppe

    Schrift: lateinische Schrift

    Kurzbeschreibung: Im Zuge der Nationsbildung der Bundesrepublik Jugoslawien nach dem2. Weltkrieg wurden die von den Bevlkerungsgruppen der Republik gesprochenen, nah ver-wandten sdslawischen Dialekte zu einer einzigen Sprache Serbokroatisch ausgerufen. Re-gionale offizielle Sprachen waren darber hinaus Mazedonisch und Slowenisch.In den Nachfolgestaaten Jugoslawiens ist Bosnisch die offizielle Sprache von Bosnien-Her-zegowina, Serbisch die offizielle Sprache Serbiens und Montenegros und Kroatisch dieoffizielle Sprache Kroatiens. Bosnisch unterscheidet sich von Kroatisch und Serbisch be-sonders durch eine groe Zahl von Entlehnungen aus dem Trkischen. Die Differenzenzwischen Bosnisch, Kroatisch und Serbisch gefhrden die gegenseitige Verstndlichkeit zwi-schen den drei Sprachen nicht. Allerdings ist im offiziellen Sprachgebrauch eine Tendenz zurVerselbstndigung der Schriftsprachen und eine Betonung der Unterschiede voneinander zubeobachten.Bosnisch, Kroatisch und Serbisch sind flektierende Sprachen mit komplexen nominalenDeklinationssystemen. Es gibt drei grammatische Genera, nmlich Feminin, Maskulin undNeutrum. Attribute sind ihren Bezugswrtern vorangestellt; attributive Adjektive werdennach Kasus, Numerus und Genus dekliniert. Die Sprachen haben keinen bestimmten Artikelund verfgen ber Prpositionen. Die Wortstellung im Satz ist relativ frei.

    Schulrelevantes: Bosnisch ist in Nordrhein-Westfalen und auch in Essen muttersprachliches Un-terrichtsfach.

    BulgarischEigenbezeichnung: balgarski

    Englisch: Bulgarian

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Bulgarisch (N = 10)

    Verbreitung: Das Bulgarische wird von rund 8 Mio. Menschen in der Republik Bulgarien gespro-chen sowie von den bulgarischen Minderheiten in den Balkanstaaten, in Griechenland, derTrkei und Ungarn.

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, slawische Gruppe

    Schrift: kyrillische Schrift

    Kurzbeschreibung: Das Bulgarische ist offizielle Sprache des Staates Bulgarien. Es ist sehr engmit dem Makedonischen verwandt. Zu den grammatischen Eigenschaften siehe die Erlute-rungen zum Makedonischen.

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200372

    ChinesischAlternative Bezeichnung: Sinitisch

    Eigenbezeichnungen: Putonghua (Mandarin, Volksrepublik China), Guoyu (Mandarin, Taiwan) u. a.

    Englisch: Chinese

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Chinesisch (N = 27), Kantonesisch (N = 1)

    Verbreitung: Die wichtigsten chinesischen Sprachen sind Mandarin (ca. 740 Mio. Sprecher inChina), Gan (auch Kan, ber 20 Mio. Sprecher), Nord- und Sd-Min (auch: Min Peiund Min Nan, zustzlich ca. 60 Mio. Sprecher), Hakka (auch Kejia, Kechia, mit ca.30 Mio. Sprecher auf dem chinesischen Festland, ca. 2 Mio. in Taiwan, 1 Mio. in Malaysia,640.000 in Indonesien, 6000 in Surinam), Wu (ca. 50 Mio. Sprecher), Xiang (Hsiang,Hunanes, ca. 36 Mio. Sprecher), Yue (auch: Yeh, Kantonesisch, ca. 55 Mio. Spre-cher auf dem chinesischen Festland, 5,2 Mio. in Hongkong, 750.000 in Malaysia, 180.000 inIndonesien).

    Klassifikation: sino-tibetische Sprache, sinitische Gruppe

    Schrift: chinesische Schrift

    Kurzbeschreibung: Chinesisch ist die Bezeichnung fr die chinesische Schriftsprache undgleichzeitig die Bezeichnung fr eine groe Anzahl von oft nicht gegenseitig verstndlichenVarietten oder Sprachen. Etwa 70 % der Bevlkerung Chinas beherrschen jedoch Mandarin-Chinesisch als Erst- oder Zweitsprache. Es ist die offizielle Sprache der VolksrepublikChina, die offizielle Sprache Taiwans und eine der offiziellen Sprachen Singapurs (nebenTamil, Englisch und Malaiisch).Die chinesischen Sprachen sind wie viele Sprachen in Sdostasien Tonsprachen. Die An-zahl der bedeutungsunterscheidenden Tonhhen (Toneme) variiert von Dialekt zu Dialekt. ImMandarin werden vier Toneme unterschieden. In den meisten anderen Sprachen ist das Ton-system komplizierter; im Yue beispielsweise gibt es neun Toneme. Im modernen Chinesi-schen besteht der Groteil der Wrter nur aus einer Silbe. Sprachtypologisch sind die chinesi-schen Sprachen isolierende Sprachen mit sehr wenig Formelementen. Die Beziehungenzwischen den Elementen im Satz werden durch die Wortstellung im Satz sowie durch einSystem von lexikalischen Hilfselementen (Partikeln, Prpositionen) ausgedrckt.

    Schulrelevantes: In Essen bietet die Asienstiftung in Eigeninitiative Muttersprachlichen Unter-richt fr chinesische Schulkinder an.

    DagbaniAlternative Bezeichnungen und Eigenbezeichnungen: Dagbani, Dagbane, Dagbamba, Dagbanli

    Englisch: Dagbani

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Dagbani (N = 1), ?Afrikanisch (N = 21), ?Togoa-nisch (N = 1), ?Ghanaisch (N = 2)

    Verbreitung: Dagbani wird von rd. 540.000 Menschen gesprochen. Sie leben vor allem in Ghana,zum Teil auch in Togo.

    Klassifikation: Niger-Kongo-Sprachen, Gurgruppe (auch voltaische Gruppe genannt)

    Schrift: lateinische Schrift

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 73

    Kurzbeschreibung: Dagbani ist eine der offiziell anerkannten Minderheitensprachen Ghanas.Sprecher des Dagbani sind in der Regel mehrsprachig und sprechen, soweit sie in Ghana zurSchule gegangen sind, auch Englisch, die erste offizielle Sprache Ghanas.Dagbani ist eine isolierende Tonsprache, die zwischen zwei Tonemen unterscheidet. DieWortstellung ist SVO und die Beziehung zwischen den Satzgliedern wird durch ein Systemvon Partikeln und Hilfsverben ausgedrckt. Es gibt kein grammatisches Geschlecht beim Sub-stantiv, doch die Substantive sind nach 6 verschiedenen Klassen eingeteilt und werden ent-sprechend unterschiedlich dekliniert. Attribute stehen zum Teil vor, zum Teil nach ihrem Be-zugswort. Attributive Adjektive sind nachgestellt und werden entsprechend der Klasse ihresBezugsworts dekliniert.

    DnischEigenbezeichnung: Dansk

    Englisch: Danish

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Dnisch (N = 3)

    Verbreitung: Rund 5 Mio. Menschen sprechen Dnisch. Der weitaus grte Teil von ihnen lebt inDnemark. In Sdschleswig (Schleswig-Holstein) leben rund 50.000 Sprecher des Dnischen.

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, germanische Gruppe

    Schrift: lateinische Schrift

    Kurzbeschreibung: Dnisch ist offizielle Sprache Dnemarks sowie verfassungsrechtlich ge-schtzte Minderheitensprache in Schleswig-Holstein. Es ist darber hinaus zweite offizielleSprache in den dnischen Auenbezirken mit Autonomiestatus, also den Frer-Inseln (mitFringisch als erster offizieller Sprache) und Grnland (mit Inuit als erster offizieller Spra-che).Dnisch ist eine flektierende Sprache. Die Wortstellung ist variabel, das Verb steht jedochin der Regel an zweiter Stelle im Satz. Es gibt zwei grammatische Genera beim Substantiv,nmlich das allgemeine Genus und Neutrum. Adjektive sind den Substantiven vorangestellt.Adjektivdeklination ist nur schwach ausgeprgt. Die Sprache hat einen bestimmten Artikel,der bei unerweiterten Substantiven eine Endung ist, und verfgt ber Prpositionen.Dnisch und das norwegische Bokml (Norwegisch) haben sehr groe hnlichkeiten undsind gegenseitig verstndlich.

    Schulrelevantes: Muttersprachliches und kontrastives Unterrichtsmaterial ist ber den Verbanddnischer Schulen beziehbar, siehe http://www.dsfs.dk/~skoleweb/

    DariAlternative Bezeichnung: Persisch, Neupersisch, Afghanisch-Persisch, Afghanisch-FarsiEigenbezeichnung: zaboni DariEnglisch: Dari, Eastern FarsiBezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Dari (N = 59), ?Afghanisch (N = 51)Verbreitung: Dari ist die Erstsprache von rd. 5,5 Mio. Menschen in Afghanistan (rd. 25 % der Be-

    vlkerung) und wird auch in Pakistan von rd. 1,4 Mio. Menschen gesprochen. Es gehrt zuden greren Migrantensprachen in Deutschland.

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, indoiranische Gruppe

    Schrift: arabische Schrift

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200374

    Kurzbeschreibung: Dari ist (mit Paschto) offizielle Sprache Afghanistans. Als Sprache derWirtschaft und der hheren Bildung erlernen auch Afghanen, deren Muttersprache nicht Dariist, in der Regel diese Sprache.Dari und Farsi, die offizielle Sprache des Nachbarlandes Iran, sind gegenseitig verstndli-che Varietten, deren Standard sich auf den gleichen historischen Vorlufer bezieht, nmlichdie Sprache der klassischen persischen Literatur. Auch Tadschikisch, die offizielle SpracheTadschikistans, wird z. T. unter der Bezeichnung (Neu-)Persisch mit aufgefhrt. Umgangs-sprachlich stehen die Varietten des Dari den tadschikischen Varietten sehr nah.Dari und Farsi sind flektierende Sprache mit einer SOV-Wortstellung. Es gibt keinen be-stimmten Artikel und keine Genusunterscheidung beim Substantiv. Das Attribut folgt demSubstantiv; attributive Adjektive werden nicht dekliniert. Anders als in anderen iranischenSprachen (z. B. Kurdisch) gibt es nur Prpositionen, aber keine Postpositionen. Dari undFarsi unterscheiden sich hauptschlich in der Phonetik (6 Vokale im Farsi gegenber 8 imDari) und im Lexikon. Der Anteil der arabischen Entlehnungen am persischen Gesamtwort-schatz macht ungefhr 50 % aus. Doch viele von ihnen haben unterschiedliche Bedeutungenin Farsi und Dari oder werden auf unterschiedlichen Stilebenen verwendet. Im Dari werdenarabische Lehnwrter eher in der Umgangssprache verwendet, im Farsi dagegen eher in dergehobenen Schriftsprache.

    DeutschEigenbezeichnung: Deutsch

    Englisch: German

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Deutsch, Schwyzerdtsch (N = 5), Letzebuer-gesch/Luxemburgisch (N = 1), sterreichisch (N = 1)

    Verbreitung: Deutsch wird von rund 100 Mio. Menschen in Deutschland, der Schweiz, sterreich,Luxemburg, Lichtenstein und Belgien gesprochen. Grere Sprechergruppen leben darberhinaus in der Russischen Fderation, in Kasachstan, Ungarn, Italien, den USA und in einigensdamerikanischen Staaten.

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, germanische Gruppe

    Schrift: lateinische Schrift

    Kurzbeschreibung: Deutsch ist einerseits als Hochdeutsch die Bezeichnung fr eine Sprache,die offizielle Sprache in Deutschland und sterreich sowie eine der offiziellen Sprachen inder Schweiz (neben Franzsisch, Italienisch und Rtoromanisch), in Luxemburg (nebenLuxemburgisch und Franzsisch) und Belgien (als regionale offizielle Sprache) ist.Deutsch ist gleichzeitig die Bezeichnung fr eine Umgangssprache, die man als eine Mi-schung aus den regionalen Varietten und der Standardsprache bezeichnen kann. Deutsch istdarber hinaus die Bezeichnung fr ein Bndel von regionalen Varietten, die zum Teil nichtgegenseitig verstndlich sind. Markante Unterschiede zeigen sich beispielsweise zumSchwyzerdtschen, den deutschen Dialekten der Schweiz, zum Letzebuergeschen/Luxembur-gischen, das in Luxemburg gesprochen wird, und zu Plautdietsch, dem Dialekt vieler Aus-siedler aus Kasachstan und dem Altaigebirge. Von den Varietten sind nur das Letzebuerge-sche und das Niederdeutsche verschriftet und haben den Status von offiziellen Sprachen Letzebuergisch als eine der offiziellen Sprachen Luxemburgs und Niederdeutsch als eineregionale Minderheitensprache in Norddeutschland.

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 75

    Deutsch ist eine flektierende Sprache. Im einfachen Aussagesatz steht das Verb an zweiterStelle im Satz, unter bestimmten Bedingungen (z. B. Nebensatz) auch an letzter Stelle. Es gibtdrei grammatische Genera beim Substantiv, nmlich Feminin, Maskulin und Neutrum. Adjek-tive sind den Substantiven vorangestellt und werden dekliniert; die nominale Deklination istvergleichsweise komplex. Die Sprache hat einen bestimmten Artikel, verfgt ber Prpositio-nen und wenige Postpositionen.

    EnglischEnglisch: English

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Englisch (N = 191), ?Kanadisch (N = 1), ?Inglisch(N = 1); mglicherweise beziehen sich Lnderbezeichnungen von afrikanischen Staaten, in de-nen Englisch einen offiziellen Status hat, auf Englisch (z. B. ?Ghanaisch).

    Verbreitung: Lnder mit groen Sprecherzahlen des Englischen als Erstsprache sind die USA (227Mio. Erst- und 30 Mio. Zweitsprachler), Grobritannien (57 Mio.) und Nigeria (43 Mio.Zweitsprachler), Australien (18,5 Mio.) und Neuseeland (4 Mio.). Zustzlich ist das Englischeweltweit als Verkehrs-, Unterrichts- und Fremdsprache verbreitet. Die Zahl der Menschen,die entweder passive oder auch aktive englische Sprachkenntnisse besitzen, wird auf 1 bis 1,5Milliarden geschtzt. Damit ist das Englische die sprecherreichste Sprache der Welt undzugleich die am weitesten verbreitete. Auch in Deutschland gehrt Englisch zu den grerenMigrantensprachen.

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, germanische Gruppe

    Schrift: lateinische Schrift

    Kurzbeschreibung: Das Englische besitzt amtlichen Status in 59 Staaten, als exklusive offizielleSprache (z. B. USA), als kodominante offizielle Sprache (z. B. in Kanada mit dem Franz-sischen), als externe offizielle Sprache (z. B. in Malta, wo Maltesisch als interne offi-zielle Sprache fungiert), als zustzliche Sprache (additional language) mit offiziellen Funktio-nen (z. B. Indien, Pakistan), als Schulsprache (z. B. Bhutan). In internationalen Organisatio-nen ist das Englische die mit Abstand am hufigsten verwendete Sprache. Zahlreiche Organi-sationen bedienen sich ausschlielich des Englischen (z. B. NATO, OECD), in anderen stehtEnglisch neben anderen Weltsprachen (z. B. Vereinte Nationen, Europarat). Seit Jahrzehntenist Englisch die weltweit wichtigste Wissenschaftssprache.Englisch ist eine flektierende Sprache, und die Wortstellung im Satz ist strikt SVO. DasSystem der grammatischen Genera, das andere germanische Sprachen (z. B. Deutsch,Norwegisch) haben, hat sich im Englischen beim Substantiv aufgelst. Adjektive sind denSubstantiven vorangestellt und werden nicht dekliniert. Die Sprache hat einen bestimmten Ar-tikel und verfgt ber Prpositionen.Im Verlauf der letzten zwei Jahrhunderte haben sich zahlreiche regionale Varietten des Eng-lischen auerhalb Europas herausgebildet (Englishes). Es gibt keine einheitliche englischeSchriftsprache; die Hauptvarianten des geschriebenen Englisch sind die britische und die ame-rikanische Variante. Zustzliche Besonderheiten treten beim Gebrauch des Englischen alsWissenschaftssprache auf.

    EweAlternative Bezeichnungen und Eigenbezeichnungen: Ewe, Gbe, Gen, Ebwe, Efe, Fon u. a.

    Englisch: Ewe, Gbe

  • Christoph Chlosta, Torsten Ostermann, Christoph Schroeder

    ELiSe, 3, 1, 200376

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Ewe (N = 1), ?Afrikanisch (N = 21), ?Togoanisch(N = 1), ?Ghanaisch (N = 2)

    Verbreitung: Es gibt rd. 3 Mio. Sprecher des Ewe. Sie leben in Sdost-Ghana, Sd-Togo, Sd-Benin sowie in Sdwest-Nigeria.

    Klassifikation: Niger-Kongo-Sprache, Kwa-Gruppe

    Kurzbeschreibung: In Ghana und in Togo, wo Ewe zu den offiziellen Sprachen gehrt, sprechenviele Menschen Ewe auch als Zweitsprache. Ewe hat viele Varietten, einige von ihnen,Gen (Togo) und Fon (Benin), werden oft auch als eigenstndige Sprachen angesehen.Auerhalb Ghanas wird eher die Bezeichnung Gbe fr Ewe verwendet.Ewe ist wie alle Kwa-Sprachen (Akan, Ga) eine isolierende Tonsprache. Es werdenfnf Toneme unterschieden. Die Wortstellung ist SVO und die Beziehungen zwischen denSatzgliedern werden durch ein System von Prpositionen und Partikeln ausgedrckt. DasAttribut folgt dem Substantiv; Adjektive werden nicht dekliniert. Es gibt kein grammati-sches Genus; die Sprache hat einen bestimmten Artikel.

    FarsiAlternative Bezeichnung: Persisch, Neupersisch, Iranisch-Persisch, Iranisch

    Eigenbezeichnung: zbane-e Farsi

    Englisch: Farsi, Western Farsi (fr Farsi)

    Bezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Farsi (N = 68), Iranisch (N = 49)

    Verbreitung: Farsi ist die Erstsprache von rd. 31 Mio. Menschen im Iran, das ist etwa die Hlfteder Bevlkerung des Landes. Es gehrt zu den greren Migrantensprachen in Deutschland.

    Klassifikation: indoeuropische Sprache, indoiranische Gruppe

    Schrift: arabische Schrift

    Kurzbeschreibung: Farsi ist die offizielle Sprache des Iran. Auch wenn nicht alle Iraner Farsi alsErstsprache sprechen, wird es doch von allen beherrscht.Man kann Farsi und Dari, eine der offiziellen Sprachen des Nachbarlandes Afghanistan, alsgegenseitig verstndliche Varietten bezeichnen, deren Standard sich auf den gleichen histori-schen Vorlufer, nmlich die Sprache der klassischen persischen Literatur bezieht und die Spra-che Teherans als Modell nimmt.Farsi und Dari sind flektierende Sprache mit einer SOV-Wortstellung. Es gibt keinen be-stimmten Artikel und keine Genusunterscheidung beim Substantiv. Das Attribut folgt demSubstantiv; attributive Adjektive werden nicht dekliniert. Anders als in anderen im Iran ge-sprochenen Sprachen (z. B. Kurdisch) gibt es nur Prpositionen, aber keine Postpositio-nen. Dari und Farsi unterscheiden sich hauptschlich in der Phonetik (6 Vokale im Farsi ge-genber 8 im Dari) und im Lexikon. Der Anteil der arabischen Entlehnungen am persischenGesamtwortschatz macht ungefhr 50 % aus. Doch viele der Entlehnungen haben unter-schiedliche Bedeutungen in Farsi und Dari oder werden auf unterschiedlichen Stilebenen ver-wendet. Im Dari sind mehr arabische Lehnwrter in der Umgangssprache gebruchlich, imFarsi dagegen eher in der gehobenen Schriftsprache.

    Schulrelevantes: Farsi ist in Nordrhein-Westfalen muttersprachliches Unterrichtsfach, allerdingsnicht in Essen.

  • Die Durchschnittsschule und ihre Sprachen

    ELiSe, 3, 1, 2003 77

    FilipinoAlternative Bezeichnungen: Tagalog, Pilipino, TagalischEnglisch: Filipino, TagalogBezeichnung von Grundschulkindern in Essen: Filip