8
Foto: Petra Senn Neckarsulm/Neuss. Nicht erst seit der Grün- dung der nationalen Plattform „Elektromobilität“ durch die Bundesregierung dürfte jedem in un- serem Lande klar sein, dass das Thema batterie- getriebene Fahrzeuge und die damit verbundene „Elektromobilität“ aus unserer zukünftigen auto- mobilen Welt nicht mehr wegzudenken sind. Zu diskutieren bleiben zurzeit nur der Umfang und der Zeitrahmen, in dem sich Elektrofahrzeuge durchsetzen werden. Schon die letzte Pkw-IAA in Frankfurt (2009) hat deutlich gemacht, wie stark sich die Automobilhersteller weltweit mit diesem Thema beschäftigen. Ganze Forschungsbudgets wurden von anderen innovativen Antriebstech- niken abgezogen und Entwicklungsabteilungen im Bereich Elektrofahrzeuge verstärkt und aus- gebaut. Die IAA 2011 (15. – 25. September 2011) wird diese Entwicklung unterstreichen und auch mit neuen Fahrzeugen dokumentieren. Auch angesichts dieser vielfältigen Aktivitäten auf allen Ebenen sind wir uns heute bewusst, dass es noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird, bis wir uns vollelektrisch in dem heute bekannten Maße fortbewegen werden können. Dies liegt zum einen an den noch erheblichen Entwicklungsanstrengungen, die die Elektromo- bilität derzeit an die Forschungsinstitute und die Entwicklungsabteilungen der Automobilunter- nehmen und der Zulieferer stellt. Dabei wird die Zukunft der Elektromobilität sehr stark abhängig sein von der Weiterentwicklung der Batterietech- nologie im Hinblick auf Kapazität, Gewicht, Volu- men, Aufladezeit und Lebensdauer. Zum anderen hat auch der Verbrennungsmotor noch ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung und Optimierung, das vergleichsweise kosten- günstig gehoben werden kann. Dieses Potenzial – ich denke beispielsweise an den Themenbereich Ladungswechsel, aber auch an weitere Möglich- keiten zur Verbrauchseinsparung und Schadstoff- reduzierung – wird die Zulieferer in den nächsten zehn bis 20 Jahren weiter intensiv beschäftigen, zumal der Weg zum Elektrofahrzeug über ver- schiedene Stufen der „Hybridisierung“ erfolgen wird, und dabei ist immer auch ein Verbrennungs- motor im Spiel. Aber dennoch: Wir gehen davon aus, dass der Elektroantrieb zumindest bei kleineren Stadt- fahrzeugen kommen wird, und Kolbenschmidt Pierburg (KSPG) seine System-Kompetenz in glei- chem Maße in die Entwicklung von Komponenten für Elektrofahrzeuge einbringen wird. Wir sehen dies als einen kontinuierlich und langfristig wachsenden Markt für uns an. Dabei kommt bat- teriebetriebenen Fahrzeugen aus heutiger Sicht eine Zwischenstellung zu. Ihre Nutzung wird sich nach unserer Marktein- schätzung auf den Einsatz für Pendler im städti- schen Umfeld oder als Liefer- oder Servicefahr- zeuge konzentrieren. Wer auf lange Strecken angewiesen ist, wird zunächst wohl weiter zum optimierten Verbrennungsmotor – vielleicht auch in Form eines Hybrids – und später zur Brenn- stoffzelle greifen, obwohl auch hier noch einige Entwicklungsaufgaben vor uns liegen. Die Kompetenzen von KSPG im Bereich der er- weiterten Elektromobilität liegen insbesondere in der Elektrifizierung von Nebenaggregaten des Antriebs sowie im Bereich der Lagerung, darüber hinaus bei Pumpen oder im Sektor Leichtbau und bei der Herstellung von Strukturbauteilen aus Aluminium. Hinzu kommt das weite Feld der Systemintegration des Thermomanagements von Elektrofahrzeugen, wozu die Bereiche Antrieb, Batterie und Leistungselektronik gehören, aber beispielsweise auch die damit verbundenen Ver- braucher wie Heizung, Lüftung und Klima. Last not least sind wir seit vielen Jahren in Ver- suchsfahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb vertreten und haben aktuell einen Auftrag von ei- nem namhaften deutschen Automobilhersteller für eine Kleinserie von Wasserstoffkomponenten in der Brennstoffzellentechnik erhalten. Damit sehen wir uns in der Lage, auch in Zukunft einen wesentlichen technischen Beitrag zur individuel- len Mobilität zu leisten. Dr. Gerd Kleinert Foto: Thomas Frank Auch Elektroautos machen Spaß: Dr. Gerd Kleinert beim Test eines Tesla Elektro-Roadsters, der in weniger als vier Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigt und eine Reichweite von über 200 Kilome- tern erzielt. Das Fahrzeug ging Ende 2010 wegen einer spektakulären Weltumrundung durch die Medien. Ausgabe 1/2011 „E-Traktion für uns attraktiv“ KSPG-VORSTANDSCHEF DR. GERD KLEINERT ÜBER NEUE ANTRIEBSTECHNIK Die Zeitung des Rheinmetall-Konzerns

„E-Traktion für uns attraktiv“ - Rheinmetall Automotive · Pierburg (KSPG) seine System ... Foto: Thomas Frank ... Es gibt ja eine Studie von McKinsey, die sagt, wenn man dem

  • Upload
    doanbao

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Foto

: Pet

ra S

enn

Neckarsulm/Neuss. Nicht erst seit der Grün-dung der nationalen Plattform „Elektromobilität“ durch die Bundesregierung dürfte jedem in un-serem Lande klar sein, dass das Thema batterie-getriebene Fahrzeuge und die damit verbundene „Elektromobilität“ aus unserer zukünftigen auto-mobilen Welt nicht mehr wegzudenken sind. Zu diskutieren bleiben zurzeit nur der Umfang und der Zeitrahmen, in dem sich Elektrofahrzeuge durchsetzen werden. Schon die letzte Pkw-IAA in Frankfurt (2009) hat deutlich gemacht, wie stark sich die Automobilhersteller weltweit mit diesem Thema beschäfti gen. Ganze Forschungsbudgets

wurden von anderen innovativen Antriebstech-niken abgezogen und Entwicklungsabteilungen im Bereich Elektrofahrzeuge verstärkt und aus-gebaut. Die IAA 2011 (15. – 25. September 2011) wird diese Entwicklung unterstreichen und auch mit neuen Fahrzeugen dokumentieren.

Auch angesichts dieser vielfältigen Aktivitäten auf allen Ebenen sind wir uns heute bewusst, dass es noch einige Jahre in Anspruch nehmen wird, bis wir uns vollelektrisch in dem heute bekannten Maße fortbewegen werden können. Dies liegt zum einen an den noch erheblichen Entwicklungsanstrengungen, die die Elektromo-bilität derzeit an die Forschungsinstitute und die Ent wicklungs abteilungen der Automobilunter-nehmen und der Zulieferer stellt. Dabei wird die Zukunft der Elektromobilität sehr stark abhängig sein von der Weiterentwicklung der Batterietech-nologie im Hinblick auf Kapazität, Gewicht, Volu-men, Aufl adezeit und Lebensdauer.

Zum anderen hat auch der Verbrennungsmotor noch ein erhebliches Potenzial zur Verbesserung und Optimierung, das vergleichsweise kosten-günstig gehoben werden kann. Dieses Potenzial – ich denke beispielsweise an den Themenbereich Ladungswechsel, aber auch an weitere Möglich-keiten zur Verbrauchseinsparung und Schadstoff-reduzierung – wird die Zulieferer in den nächsten zehn bis 20 Jahren weiter intensiv beschäftigen, zumal der Weg zum Elektrofahrzeug über ver-

schiedene Stufen der „Hybridisierung“ erfolgen wird, und dabei ist immer auch ein Verbrennungs-motor im Spiel.

Aber dennoch: Wir gehen davon aus, dass der Elektroantrieb zumindest bei kleineren Stadt-fahrzeugen kommen wird, und Kolbenschmidt Pierburg (KSPG) seine System-Kompetenz in glei-chem Maße in die Entwicklung von Komponenten für Elektrofahrzeuge einbringen wird. Wir sehen dies als einen kontinuierlich und langfristig wachsenden Markt für uns an. Dabei kommt bat-teriebetriebenen Fahrzeugen aus heutiger Sicht eine Zwischenstellung zu.

Ihre Nutzung wird sich nach unserer Marktein-schätzung auf den Einsatz für Pendler im städti-schen Umfeld oder als Liefer- oder Servicefahr-zeuge konzentrieren. Wer auf lange Strecken angewiesen ist, wird zunächst wohl weiter zum optimierten Verbrennungsmotor – vielleicht auch in Form eines Hybrids – und später zur Brenn-stoffzelle greifen, obwohl auch hier noch einige Entwicklungsaufgaben vor uns liegen.

Die Kompetenzen von KSPG im Bereich der er-weiterten Elektromobilität liegen insbesondere in der Elektrifi zierung von Nebenaggregaten des Antriebs sowie im Bereich der Lagerung, dar über hinaus bei Pumpen oder im Sektor Leichtbau und bei der Herstellung von Strukturbauteilen aus Aluminium. Hinzu kommt das weite Feld der Systemintegration des Thermomanagements von Elektrofahr zeugen, wozu die Bereiche Antrieb, Batterie und Leistungselektronik gehören, aber beispielsweise auch die damit verbundenen Ver-braucher wie Heizung, Lüftung und Klima.

Last not least sind wir seit vielen Jahren in Ver-suchsfahrzeugen mit Brennstoffzellen antrieb vertreten und haben aktuell einen Auftrag von ei-nem namhaften deutschen Automobilhersteller für eine Kleinserie von Wasserstoff komponen ten in der Brenn stoffzellentechnik erhalten. Damit sehen wir uns in der Lage, auch in Zukunft einen wesentlichen technischen Beitrag zur individuel-len Mobilität zu leisten. Dr. Gerd Kleinert

Foto

: Th

omas

Fra

nk

Auch Elektroautos machen Spaß: Dr. Gerd Kleinert beim Test eines Tesla Elektro-Roadsters, der in weniger als vier Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigt und eine Reichweite von über 200 Kilome-tern erzielt. Das Fahrzeug ging Ende 2010 wegen einer spektakulären Weltumrundung durch die Medien.

Ausgabe 1/2011

„E-Traktion für uns attraktiv“KSPG-VORSTANDSCHEF DR. GERD KLEINERT ÜBER NEUE ANTRIEBSTECHNIK

Die

Zei

tung

des

Rhe

inm

etal

l-Ko

nzer

ns

Neckarsulm/Neuss. Mit der Zusam-menführung der Vorentwicklungsbe-reiche innerhalb der Kolbenschmidt Pierburg-Gruppe (KSPG) unter der Leitung von Dr. Hans-Joachim Esch hat das Unternehmen weitere Maßnah-men eingeleitet, um gerade in diesem zukunftsrelevanten Unternehmensteil ein größtmögliches Maß an Synergi-en sicherzustellen. „KSPG in motion“ sprach mit dem Generalbevollmäch-tigten Forschung und Technologie über die Ausrichtung der Entwicklungsakti-vitäten im Hinblick auf Neuerungen in der Motorentechnik und mögliche Beiträge zu alternativen Antriebskon-zepten.

KSPG in motion: Herr Dr. Esch, es mehren sich die kritischen Stimmen, die vor allzu optimistischen Vorstel-lungen in Bezug auf eine baldige Um-stellung auf Elektroantriebe warnen. Wie sehen Sie die Entwicklung der vollelektrischen Antriebstechnologie in den noch verbleibenden neun Jah-ren bis 2020?

Esch: Die rein batteriebetriebenen Fahrzeuge werden sich sicherlich nicht in den verbleibenden neun Jahren bis 2020 marktdeckend durchsetzen kön-nen. Da sprechen zu viele Faktoren dagegen: Zunächst einmal sind dies die Kosten, dann die Verfügbarkeit der notwendigen Infrastruktur, und last but not least wären sicherlich auch die ganzen Rohstoffe, die man für die vie-len Batterien brauchen würde, gar nicht in der Kürze der Zeit verfügbar. Aber, um es etwas plakativ zu sagen: Der Blumenstrauß der unterschiedlichen Antriebssysteme wird immer größer.

KSPG in motion: Wenn wir jetzt ein-mal über das Stichdatum 2020 hinaus-denken: Wie werden unsere Autos in 20, 30 oder 40 Jahren angetrieben?

Esch: Das ist eine Frage, die sich so losgelöst nicht beantworten lässt. Das hängt in starkem Maße davon ab, welche CO2-Reduktionsziele künftig wirklich angestrebt werden. Es gibt ja eine Studie von McKinsey, die sagt, wenn man dem Ziel einer um zwei Grad reduzierten globalen Erwärmung näher kommen will, dann müssen die Automobile beim CO2 in der Größen-ordnung 20-30 Gramm pro Kilometer runter. Das wäre dann noch einmal 1/3 des Grenzwertes, den wir im Mo-ment für 2020 anpeilen. Und das wäre zwangsläufi g mit einer Revolution ver-bunden. Denn das wird man dann mit der jetzt praktizierten Optimierung der bestehenden Antriebssysteme nicht mehr erreichen können. Man müsste völlig umdenken. In diesem Falle wä-ren wir wahrscheinlich auf dem Weg

zur Brennstoffzelle oder zur rein elekt-rischen Mobilität. Ob sich das in die Tat umsetzen lässt, kann man heute wirklich noch nicht sagen.

KSPG in motion: Aber zunächst fun-gieren ja die verschiedenen Formen des Hybridantriebs als Zwischen-schritt. Wie ist KSPG da aufgestellt?

Esch: Wenn man an Hybrid denkt, denkt man im ersten Schritt immer an den elektrischen Antriebsmotor. Für Kolbenschmidt Pierburg tun sich dennoch große Potenziale in der Hy-bridisierung auf, weil das Zusammen-spiel von Elektromaschine und Ver-brennungskraftmaschine ein äußerst komplexer Vorgang ist. Da muss vieles geregelt und gesteuert werden. Wir müssen beispielsweise über Heizun-gen nachdenken, und dort bieten sich gerade auf dem Gebiet, das von den Geschäftsbereichen Pierburg und Pierburg Pump Technology (PPT) ab-gedeckt wird, hervorragende Entwick-lungspotenziale.

KSPG in motion: Wenn wir jetzt mal das Elektrofahrzeug und auch den Hy-brid beiseitelassen und an die Weiter-entwicklung konventioneller Motoren denken, stellt sich ja zunächst einmal die Frage nach den verfügbaren Brenn-stoffen. Wie sieht es denn da aus?

Esch: Auch da gilt das Bild vom Blu-menstrauß: Er wird größer und bun-ter. Die heutigen Brennstoffe Benzin und Dieselöl werden sicherlich nicht grundsätzlich vom Markt verschwin-den. Was eine zunehmende Bedeu-tung einnehmen wird, sind entweder Beimischungen oder vielleicht in fer-nerer Zukunft auch 100-prozentige regenerative Kraftstoffe, beispiels-weise Biofuel der 2. Generation. Hin-zu kommt die Nutzungsmöglichkeit der vorhandenen Gase, die ja heute noch großteils abgefackelt werden. Und wie ich eingangs schon sagte, wird es damit immer schwieriger, eine Zwei-Tanksäulen-Strategie, wie wir sie früher einmal hatten, durchzuführen. Wir müssen davon ausgehen, dass es z.B. kommunale Flotten bei öffentli-chen Verkehrsmitteln, Fahrzeuge von Stadtverwaltungen oder einen inner-städtischen Lieferverkehr geben wird, die mit ganz anderen Kraftstoffen be-trieben werden als die Fahrzeugfl otte, die sowohl in der Stadt als auch über Land eingesetzt wird. Und ich denke, das macht auch viel Sinn.

KSPG in motion: Wie sieht es denn in der weiteren Kette aus? Wird sich beim Motor selber noch etwas tun oder an-ders gefragt: Ist der Verbrennungs-motor technisch am Rande seiner Ent-wicklungsmöglichkeiten?

Esch: Gott sei Dank ist die Entwick-lung nie zu Ende. Auch nach 125 Jahren Automobil tut sich ja noch etwas, und ich denke, der Wettbewerbsdruck durch die Elektromobilität hat dazu geführt, dass auf der so genannten konventio-nellen Seite deutlich größere Anstren-gungen zur Optimierung der Antriebe gemacht werden. Aus meiner Sicht gibt es im Grundsatz zwei Hauptrichtungen: Bei Dieselmotoren wird die Entwick-lung primär weitergetrieben durch das Bestreben, NOx und Feststoffe/Partikel zu reduzieren. Dieser Motor hat ja tra-ditionell schon immer ein recht gutes Verbrauchsverhalten gehabt.

Hingegen ist es beim Ottomotor ge-nau umgekehrt: Von der Sauberkeit in puncto konventioneller Schadstoffe – also NOx, HC, CO – ist er sehr gut, muss aber beim Verbrauch noch besser werden. Beide Entwicklungsrichtun-gen haben hervorragende Potenziale insbesondere für die Zulieferindustrie, denn wir sind hier gefordert, unseren

Dipl.-Ing. Andreas Rehl, Projektleiter Triebwerk und Tribologie im F&T-Be-reich von KSPG, am Reibleistungs-prüfstand in Neckarsulm.

Dr. Hans-Joachim Esch prognostiziert, dass der Blumenstrauß der unterschiedlichen Antriebssysteme immer größer wird.

Foto

s (2

): T

hom

as K

link

Beitrag zu leisten. Und die Gesetzge-bung in Hinblick auf CO2-Reduzierung verschafft jetzt auch einen Anreiz, dafür Geld auszugeben, denn wir kön-nen damit vermeiden, dass die OEMs Strafzahlungen zu leisten haben.

KSPG in motion: Wie könnten denn konkret Entwicklungsrichtungen aus-sehen, um diese Ziele zu erreichen?

Esch: Wir haben ja vor einigen Jahren begonnen, uns mit dem Thema variab-le Ventilsteuerung zu beschäftigen. Das ist genau aus diesem Grund er-folgt, weil wir sagen, variable Ventil-steuerung ist eines der wirkungsvolls-ten und kosteneffi zientesten Mittel, um weitere Verbrauchsreduzierung in die Tat umzusetzen. 2010 haben wir die Rechte an dem vollvariablen Ventil-steuerungssystem „UniValve“ von der enTec CONSULTING GmbH erworben; gemeinsam mit enTec und der Univer-sität Kaiserslautern entwickeln wir zurzeit dieses System zur Serienreife weiter. Und wir versprechen uns auch bei aufgeladenen Motoren Verbrauchs- und CO2-Reduzierungspotenziale um bis zu zehn Prozent.

KSPG in motion: Wie sehen Sie das Marktpotenzial, und wo liegen die Vor-teile von UniValve gegenüber anderen variablen Ventilsteuerungssystemen?

Esch: Mit UniValve haben wir ein me-chanisch robustes System, das auch von der Einbausituation sehr güns-tig ist. Im Vergleich zum Wettbewerb bietet es aus unserer Sicht den großen Vorteil, dass wir durch die rein mecha-nische Auslegung einen zuverlässigen Betrieb über die gesamte Lebensdauer des Motors wesentlich leichter darstel-len können, als das bei hydraulischen Systemen der Fall ist.

KSPG in motion: Sehen Sie andere motorische Bereiche, in denen KSPG mit neuen Produkten in den kommen-den zehn bis 15 Jahren in den Markt gehen kann?

Esch: Einer der wesentlichen Techno-logietreiber oder -trends in den nächs-ten Jahren ist die Abgasturboaufl adung bei Ottomotoren. Während sie in der Vergangenheit eigentlich ein Nischen-markt für Hochleistungsmotoren war, wird sie aus unserer Sicht in den nächs-ten fünf bis zehn Jahren zum Standard bei allen Ottomotoren werden, um mit dem so genannten Downsizing große Verbrauchspotenziale zu heben. Die Aufl adung bei Ottomotoren bietet KSPG eine große Chance, denn wir haben an der Peripherie der Aufl adung, also z.B. bei der Betätigung des so genannten Waste-Gates oder auch bei Schubum-luftventilen ein bedeutendes Wachs-tumspotenzial. Außerdem ist da das Triebwerk, sprich Kurbelgehäuse und Kolben. Hier kommen große Herausfor-derungen auf uns zu, weil natürlich die Belastung dieser Bauteile bei der Auf-ladung stark zunimmt. Und auch das bietet uns Chancen, weil wir schon seit einigen Jahren sehr wettbewerbsfähige

Lösungen für aufgeladene Ottomotoren im Markt haben.

KSPG in motion: Gehört zu diesen He-rausforderungen auch die Reduzierung der Reibleistung innerhalb des Motors?

Esch: Es liegt ja nahe, dass man die Leistung, die man im Motor durch den thermodynamischen Prozess erzeugt hat, auch möglichst vollständig nut-zen will. Reibungsverluste sind für nie-manden nützlich, und es muss unser oberstes Ziel sein, sie zu minimieren. KSPG hat seit vielen Jahren hier auch sehr grundlegende Entwicklungsarbeit betrieben. Und wir sehen auf allen Ge-bieten bei Gleitlagern, bei Kolben, bei Zylinderkurbelgehäusen und bei Pum-pen noch ein Entwicklungspotenzial, durch Feinarbeit die Reibungsverluste weiter zu minimieren. Und da arbeiten wir unter anderem dran.

KSPG in motion: Wie geht diese Ar-beit im Detail vor sich?

Esch: Es gibt ja einen neuen Prüfstand in Neckarsulm. Dort können wir die Rei-bungsverluste zwischen Kolben und Zy-linder direkt messen und ermitteln so

die grundsätzlichen Zusammenhänge. Aufgabe der Zukunft wird es jetzt sein, diese Erkenntnisse auf den Vollmotor zu übertragen und die Vorteile auch am Vollmotor nachzuweisen. Das haben wir uns für dieses Jahr vorgenommen.

KSPG in motion: Und der Bereich Ge-wichtsreduzierung? Wir stellen ja im Augenblick fest, dass die OEMs Allian-zen zum Einsatz faserverstärkter Ma-terialien schmieden, wie beispielswei-se jüngst Audi mit Voith. Ist das auch für KSPG ein Zukunftsfeld im Rahmen des Leichtbaus?

Esch: Leichtbau wird natürlich durch das Zusatzgewicht, das Hybridsyste-me und insbesondere batterie-elekt-rische Fahrzeuge mit sich bringen, immer dringlicher. Und deswegen ist man offensichtlich heute auch bereit, in Lösungswege einzusteigen, die bisher aus Kostengründen nicht in Betracht kamen, dazu zählen auch fa-serverstärkte Werkstoffe. Gerade die KS Aluminium-Technologie hat schon seit Längerem Erfahrung mit Faserver-stärkungen von Aluminiumwerkstof-fen, und es ist nicht auszuschließen, dass wir in Zukunft dieses Themenfeld wieder aufgreifen, um zu noch günsti-geren Gewichten zu kommen.

KSPG in motion: Sehen Sie demge-genüber in der Abgasnachbehandlung noch Potenzial, oder wird sich das Spiel in Zukunft auf den Motor selber konzentrieren?

Esch: Primär versucht man natürlich, alles innermotorisch zu erledigen. Da dürfen wir uns nichts vormachen; außermotorisch kann man keine Ver-brauchsverbesserungen realisieren. Außerdem haben natürlich der Fahrer und das Fahrzeug selbst einen erheb-lichen Einfl uß auf den realen Kraft-stoffverbrauch. Folke Heyer

in motionin motionSatz: Strack + Storch KGGladbacher Straße 15D-40219 DüsseldorfDruck: Druck & Medienservice SchürfeldStolper Straße 8a, D-47269 Duisburg

Herausgeber: Kolbenschmidt Pierburg AGKarl-Schmidt-Str., D-74172 Neckarsulmwww.kspg.comVerantwortlich: Peter Rücker, Folke Heyer, Rolf-D. Schneider

Kolbenschmidt Pierburg

Der Blumenstrauß zukünftiger Antriebe wird stetig größer

Interview mit Dr. Hans-Joachim Esch KSPG-Generalbevollmächtigterfür Forschung und Technologie

Foto

: fo

tolia

Deutschland im Sommer 2011: Elektrischer Strom ist in aller Munde. Politisch wird ein beschleunigter Ausstieg aus der Kern-energie vorangetrieben. Fahrräder mit Hilfsmotor sind wieder „in“. Anders als der Klassiker, das Velo-Solex, nicht laut knat-ternd, sondern dank Elektromotor fast unhörbar summend. Auch das Auto soll künftig elektrisch angetrieben werden. Was vor wenigen Jahren als wenig ernst zu nehmende Nischentechnik belächelt wurde, gilt plötzlich einer ganzen Industriebranche als Entwicklungsleitbild.

So schnell sich das Thema Elektromobilität auf den Agenden nach vorne drängte, so unübersehbar sind die damit verbundenen

Aufgabenstellungen. Dabei ist die Beschäftigung mit Alternativen zum Ottomotor für die Automobilindustrie alles andere als neu. Bereits die Portierung der Dieseltechnik von Großmotoren und Lkw auf den Pkw war eine Pionierleistung, der anfangs wenig Potenzi-al beigemessen wurde. Flottenversuche mit Erdgas, Wasserstoff oder Brennstoffzellen in den 90er-Jahren des vergangenen Jahr-hunderts und erste Auseinandersetzungen mit Hybridantrieben in der zurückliegenden Dekade füllen viele Archivmeter.

Und dennoch hat die Elektrifi zierung des Antriebsstrangs eine neue Dimension. Die Herausforderungen lauten, Elektromotoren

in für Autos geeigneten Leistungsbereichen für die Großserienfer-tigung zu ertüchtigen, Speichertechnologien zu entwickeln, die eine gewisse Mindestreichweite ermöglichen sowie eine Infra-struktur aufzubauen, die ein engmaschiges Nachladen gestattet. Der damit verbundene Aufwand ist enorm. Deshalb lohnt es sich, die Vor- und Nachteile der einzelnen Antriebstechnologien ideolo-giefrei gegenüberzustellen:

Der klassische Verbrennungsmotor darf nach 125 Jahren Auto-mobilgeschichte als durchaus ausgereifte Technik betrachtet wer-den. Kontinuierliche Weiterentwicklungen am Motorblock sowie seinen Nebenaggregaten haben über die Jahrzehnte zu einer ho-

hen Zuverlässigkeit geführt und gleichzeitig den Verbrauch sowie die Abgasemissionen deutlich gesenkt. Vorleistungen von Auto-mobilherstellern und Zulieferern lassen erwarten, dass es damit weitergehen wird.

Bei den Nachteilen des Verbrennungsmotors muss zunächst ein-mal der Wirkungsgrad genannt werden. Nur ein vergleichsweise geringer Anteil der eingesetzten Energie wird tatsächlich für den Vortrieb genutzt. Dazu kommt, dass sich bei weiteren Maßnah-men zur Effi zienzsteigerung und Emissionsreduzierung zwar die Kosten kumulieren, die Effekte jedoch nicht.

Anders sieht es beim Elektroantrieb aus. Die Produktion künfti-ger Elektrofahrzeuge wirft zahlreiche Fragestellungen auf, die eine intensive interdisziplinäre Kooperation erfordern. Dabei stehen die vier Themenkomplexe Fahrzeugkonzepte, Batterien, Wertschöp-fungsstrukturen und Produktionstechnik im Vordergrund. Damit verbunden ist die Aufgabe, bereits frühzeitig die Achsen so zu ver-knüpfen, dass die Spezifi kationen der Systeme sowie der späteren Produktionsprozesse bestmöglich aufeinander abgestimmt sind.

Die Kardinalsfrage, wann und mit welchen Stückzahlen sich der Markt für die Elektromobilität entwickeln wird, ist weiterhin offen. Nicht zuletzt deshalb, weil Elektrofahrzeuge wegen der teuren Batterien mit einem hohen Preisaufschlag gegenüber Autos mit Verbrennungsmotoren angeboten werden müssen. Denn mit der Batterietechnologie selbst steckt auch deren Produktionstechnik noch in den Kinderschuhen.

Eng mit der Batterietechnik ist die Frage der Reichweite von Elekt rofahrzeugen verbunden. Als Brückentechnologie ist der Hy-bridantrieb in seinen verschiedenen Ausprägungen zu sehen. Eine Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor kann in der Tat die Stärken beider Technologien verbinden. Leider addieren sich jedoch auch die Kosten und schmälern so die Akzeptanz auf den Märkten.

Für die Automobilhersteller und ihre Zulieferer ist das Nebenein-ander an Technologien, die es zumindest vorübergehend parallel gibt, mit einer hohen Komplexität verbunden. Die Aufgabe lautet nicht weniger, als die Grundsatzentwicklungen zur Elektromobili-tät weiter voranzutreiben, gleichzeitig weitere Optimierungen an Verbrennungsmotoren vorzunehmen und überdies Zwischentech-nologien wie das HCCI-Brennverfahren oder alternative Kraftstoffe nicht aus den Augen zu verlieren.

Auch wenn dies mit einem Kraftakt verbunden ist, lohnt es sich, am Ball zu bleiben. Gilt es doch, im Mutterland des Automobilbaus auch für die Zukunft die Nase technologisch vorne zu halten.

Stefan Schlott

Das erstmals zur IAA 2011 vorgestellte Konzept besteht aus einem Zweizylinder-Ottomotor in V-Bauweise mit einer vertikal stehenden Kurbelwel-le und zwei Generatoren mit Zahnradantrieb. Alle Komponenten bis auf den Kraftstofftank und den Kühler sind auf einem Tragrahmen montiert. Die stehende Kurbelwelle erfordert nur eine geringe Bauhöhe, so dass das Modul im Unterfl urbereich eines Kleinwagens integriert werden kann und dabei beispielsweise in einer Reserveradmulde Platz fi ndet. Diese Einbaumöglichkeit geht mit geringem Modifi kationsaufwand gegenüber dem herkömmlichen Fahrzeugaufbau einher und be-lässt interessante Optionen für das Fahrzeug-Packaging sowie das Styling.

Das weitgehend universell verbaubare Modul ermöglicht eine Begrenzung des Entwicklungs- und Applikationsaufwands für den Aggregate- und Fahrzeughersteller. Es ist so konzipiert, dass

die Schnittstellen im Fahrzeug auf ein Minimum reduziert sind und die Integration einschließlich Montage sich vergleichsweise unproblematisch gestaltet. Das Automobil kann deshalb mit oder ohne Range Extender produziert werden. Dies trägt dem Gedanken eines Baukastensystems Rechnung und ermöglicht es den Herstellern, den Range Extender beispielsweise als zusätzliche Ausstattungsoption anzubieten.

Insgesamt erreicht der Range Extender mit den Generatoren und Anbauteilen ein Gewicht von gut 60 Kilogramm. Aufgrund seiner speziellen Kons-truktion mit aktiver Schwingungskompensation und günstiger Aggregate-Lagerung weist er opti-male Werte bei NVH (Noise-Vibration-Harshness) auf, so dass der Eindruck geräuscharmen elektri-schen Fahrens durch das Anspringen des Range Extenders kaum beeinträchtigt wird.

Der batterieelektrische Antrieb beschränkt sich derzeit noch auf das Kleinwagensegment. Ein nicht mit der Antriebsachse gekoppelter Range Extender, der sich auf die Stromerzeu-gung beschränkt, ist hier die adäquate Lösung. Für Fahrzeuge ab der Kompaktklasse, die nicht

nur auf urbanen Kurzstrecken im Einsatz sind, sondern auch längere Überlandfahrten meistern sollen, sind andere hybride Antriebskonzepte besser geeignet. Der Einsatz des Range Exten-ders könnte aber den Einstieg in eine Generation batteriebetriebener Kleinwagen beschleunigen und den Gesetzgeber bei seinen Bemühungen um die CO2-Emissionsreduzierung unterstützen, denn die Vorteile derartiger Aggregate liegen unter anderem in Kosten- und Gewichtseinspa-rungen für verringerte Batteriegrößen. Mit ih-rer Hilfe kann zudem die gewohnte Reichweite auch ohne lange Zwischen-Ladezeiten erzielt werden, wobei das zeitweilige Zuschalten des Range Extenders in Abhängigkeit von der ge-wählten Betriebsstrategie erfolgt. Dazu Prof. Dr. Eduard Köhler, in der Vorentwicklung der Kolbenschmidt Pierburg Gruppe zuständig für den

Themenbereich Elektro-mobilität: „Angesichts der vor uns liegenden anspruchs-vollen CO2-Gesetzgebung ist der Range Extender aus unserer Sicht die Lösung der Zeit, denn er ermöglicht eine gegenüber der vorhandenen Batterie-technik erweiterte Mobilität und stellt den-noch im NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyk-lus) den geforderten geringen CO2-Ausstoß sicher.“ Dabei ist allerdings zu berücksich-tigen, dass die derzeitige Gesetzgebung den Range Extender begünstigt. Damit könnte er als „Brückentechnologie“ zum Wegbereiter für eine breitere Ak-zeptanz von Elektrofahrzeugen werden.

Große Aufmerksamkeit hat Kolbenschmidt Pierburg bei seinem Konzept der Leistungs-fähigkeit des Aggregats ge-schenkt. Eduard Köhler: „Wir sind mit der Leistung von 30 Kilowatt bewusst an die obere

msc/fhe Neckarsulm. Aufgrund ihrer geringen Akkukapazitäten sind die Reichweiten der derzei-tigen ausschließlich batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge begrenzt. Und wenn der Akku erst ein-mal leer ist, sind sie im Gegensatz zum schnellen Tanken konventioneller Antriebe erst nach län-gerer Aufl adezeit wieder einsatzbereit. Um stressfrei das Ziel erreichen zu können, bietet sich daher der Einsatz von Range Extendern an, die – wie ihr englischer Name schon sagt – die Reich-weite elektrisch betriebener Fahrzeuge im Bedarfsfall verlängern. Technisch gesehen handelt es sich dabei um zusätzliche Aggregate, in den meisten Fällen kleine Verbrennungsmotoren, die ei-nen Generator antreiben. Dieser versorgt wiederum Akkumulator und Elektromotor mit elektrischer Energie. Kolbenschmidt Pierburg (KSPG) hat jetzt gemeinsam mit der FEV Motorentechnik GmbH ein Konzept für einen kompakten Range Extender mit einer Leistung von 30 Kilowatt entwickelt.

Foto

s: K

SP

G/s

hu

tter

stoc

k

Foto

: Th

omas

Klin

k

Top aktuell: Gemeinsam mit der FEV Motorentechnik GmbH (Aachen) hat KSPG ein Konzept für einen kompakten Range Extender mit einer Leistung von 30 Kilowatt entwickelt.

Grenze gegangen, um sicherzustellen, dass im

Betrieb die im heutigen Überlandverkehr und auf

Autobahnen geforderte not-wendige Agilität – insbesondere

auch ausreichende Fahrleistungen an Steigungen – erreicht werden können.“

Die für Range Extender geforderte geringe Mo-torengröße befi ndet sich heute bei vielen Fahr-zeugherstellern noch nicht im Portfolio. Hier bieten sich daher Chancen für Modulanbieter mit einbaufertigen Komplettlösungen. In Bezug auf die Verbreitung von Range Extendern geht die Unternehmensberatung McKinsey indes in ihrer Anfang 2011 veröffentlichten Studie „Boost!“ davon aus, dass bei einem mäßig verschärften CO2-Grenzwert unter 100 Gramm CO2 pro Kilo-meter für das Jahr 2050 (Übergang auf „Well-to-Wheel“, also von der Energieerzeugung bis zum Auspuff gemessen) Elektrofahrzeuge mit Range

Extender (REEVs) bis 2035 einen Anteil in der Größenordnung von 15% der Neuzulassungen errei-chen können. Bei entsprechend

verschärftem Szenario mit einem Grenzwert unter 40 Gramm CO2 pro Kilometer geht die McKinsey-Studie

sogar davon aus, dass dieser Anteil bereits im Jahr 2030 über-schritten wird und sich bis 2035 fast verdoppelt.

Grenze gegangen, um Grenze gegangen, um sicherzustellen, dass im sicherzustellen, dass im

Betrieb die im heutigen Betrieb die im heutigen Überlandverkehr und auf Überlandverkehr und auf

Autobahnen geforderte not-Autobahnen geforderte not-wendige Agilität – insbesondere wendige Agilität – insbesondere

auch ausreichende Fahrleistungen auch ausreichende Fahrleistungen an Steigungen – erreicht werden können.“

Bewusst an der ObergrenzeKonzept für kompakten Range Extender

Kommentar

Ein Spagatmit Anspruch

Eine weitere Innovation, die schon bald auf den Markt kommen soll, ist die variable Ventilhubsteuerung „Uni-Valve“, mit der sich der Kraftstoff-verbrauch von Otto-Saugmotoren in Verbindung mit Nockenwellenphasen-stellern um bis zu 10 Prozent reduzie-ren lässt. Darüber hinaus leistet das Unternehmen auch Pionierarbeit bei alternativen Antriebskonzepten. So soll demnächst ein Rezirkulationsge-bläse, mit dem Wasserstoff durch den sogenannten Stack von Brennstoff-zellen gefördert wird, in Serie gehen – wenn auch zunächst nur mit kleinen Stückzahlen (siehe Kasten).

Je weniger Kraftstoff ein Fahrzeug verbraucht, desto weniger Abgase und mithin Schadstoffe werden in die Luft geblasen. Diese Faustformel gilt seit jeher. Allerdings ist der Begriff „Schadstoff“ mittlerweile neu defi -niert worden. Denn im Zeichen der globalen Klimaerwärmung rangiert Kohlendioxid (CO2) inzwischen auf Platz 1 der gesetzlichen Vorschriften, obwohl dieses Gas anders als etwa die giftigen Stickoxide wie NO oder NO2 ein natürlicher Bestandteil der Luft ist. „Die Einhaltung der Emissi-onsgrenzwerte ist für die Automobil-hersteller sozusagen die Eintrittskarte in den Markt. Denn ansonsten können sie ihre Fahrzeuge gar nicht erst ver-kaufen“, erklärt Dipl.-Ing. Heinrich Dismon, Leiter der Vorentwicklung bei Kolbenschmidt Pierburg (KSPG).

Mit der Entwicklung der externen gekühlten Abgasrückführung konnte

der Schadstoffausstoß von Dieselmo-toren schon deutlich gesenkt werden. Aber mit der Euro-6-Norm werden die Hürden nochmals höhergelegt. „Deshalb arbeiten wir momentan an Komponenten für Niederdruck-AGR-Systeme, die u.a. aufgrund besserer Kühlraten nochmals effi zien-ter sind als die bisherigen Hochdrucksysteme“, so Dismon. Zudem könne mit diesem System auch der Kraftstoffverbrauch um bis zu 2 Prozent re-duziert werden. „Denn die Abgase werden erst hinter dem Abgasturbola-der entnommen, wodurch sich Wirkungsgradvorteile am Lader erschließen lassen.“

Aber auch beim Ottomotor sind aus Sicht des Abgas-experten die Spielräume für Verbesserungen längst noch nicht ausgereizt. Denn dort geht der Trend ebenso wie bei den Die-selantrieben hin zu kleineren und da-mit leichteren M o -toren, die j e d o c h nach wie vor ein üp-piges Drehmoment

bieten – Stich-wort „Downsizing“.

Dabei werden Abgasturbolader eine wichtige Rolle spielen. Damit die so aufgeladenen Motoren jederzeit so-fort auf das Gaspedal ansprechen,

sind schnelle und präzise Regelein-griffe am Abgasturbolader notwen-dig. „Hierzu entwickeln wir neue Produkte wie beispielsweise Waste-gate-Aktuatoren (Foto unten), die rein elektrisch betrieben werden. Diese regeln betriebspunktunabhängig den Bypasspfad der Abgasturbine“, be-richtet Dismon. Überhaupt würden künftig viele elektropneumatische und elektrohydraulische Systeme auf rein elektrische Lösungen umgestellt, wodurch ein weites Betätigungsfeld für die Gruppe entstehe.

Quantensprünge in Sachen Ver-brauchsreduzierung seien bei Otto-motoren indessen nur durch Entdros-selung und somit mit Systemen für den Ladungswechsel zu realisieren, ist der Vorentwicklungsleiter überzeugt. Des-halb stelle sich KSPG auf diesem Ge-biet neu auf. So hat das Unternehmen 2011 alle Rechte an dem „UniValve“-System der enTec CONSULTING GmbH (Hemer) übernommen. Dazu Dismon: „Dabei handelt es sich um eine vari-able rein mechanische Ventilhubsteu-erung“. Automobilbauer, die eigene Ventilsteuersysteme entwickelt ha-ben, stellen diese natürlich ungern dem Wettbewerb zur Verfügung. Da-rin liegt die Chance für KSPG: „Wir ent-wickeln gerade gemeinsam mit einem großen Fahrzeughersteller Prototypen eines re-lativ

kleinen Ottomotors. Außerdem haben be-reits weitere Hersteller Interesse an unserer Ventilsteuerung bekundet“, sagt der Vorentwicklungsleiter. Das erscheint auch nicht weiter verwun-derlich. Denn mit „UniValve“ lässt sich der Durst der Motoren um bis zu 10 Prozent verringern.

Dr. Thomas Oelschlägel

Die Kolbenschmidt Pierburg AG (KSPG) steht traditionell für Kompo-nenten rund um den Verbrennungs-motor. Zugleich leistet der Automo-bilzulieferer jedoch seit nunmehr zehn Jahren ebenso Pionierarbeit für elektrische Antriebe, will heißen bei Nebenaggregaten für Brennstoffzel-lenmodule. Zu Beginn reichte dieses Engagement von der Sensorik, über elektrische Kühlmittelpumpen bis hin zu mechatronischen Regelventilen. Heute liegt der Fokus auf Peripherie-systemen für den so genannten Stack der Brennstoffzelle, also dem Ort, an dem aus der „kalten Verbrennung“ von Wasser- und Sauerstoff elektri-sche Energie erzeugt wird.

Da die Spannung einer einzelnen Brennstoffzelle nur für den Betrieb einer Glühbirne ausreicht, müssen im Fahrzeug viele Zellen aneinander gestapelt, sozusagen in Reihe ge-

schaltet werden. Ein solcher Stapel (auf Englisch: „stack“) funktioniert mittels einer speziellen Membrane, die gleichmäßig mit Brennstoff und einem Elektrolyt versorgt wird. Dazu hat KSPG für einen großen Automobil-hersteller ein so genanntes Rezirku-

lationsgebläse entwickelt, das dem-nächst in einer Kleinserie produziert wird. Zwar handelt es sich zunächst nur um sehr geringe Stückzahlen, aber es laufen bereits Gespräche über eine Beteiligung an weiteren Brennstoffzellen-Programmen dieses Herstellers.

Da bei Fahrzeugen mit einem sol-chen Antrieb Emissionen lediglich in Form von Wasserdampf aus dem „Auspuff“ kommen, scheint die-se Technologie auf den ersten Blick sehr umweltfreundlich. Jedoch hängt die Energiebilanz letztlich von der gesamten Emissionskette ab, oder anders ausgedrückt: Erst wenn der für die Herstellung des Wasserstoffs erforderliche elektrische Strom aus-schließlich aus regenerativen Ener-gien wie Wind, Wasser und Sonne erzeugt wird, ist das schadstofffreie Fahrzeug Realität. tho

Bei Brenn-stoffzelle

mit von der Partie

Neuss. Die gesetzlichen Vorschriften zur Schadstoffreduzierung werden ste-tig verschärft. Die heute beispielsweise im Pkw-Sektor gültige Euro-5-Norm wird 2014 durch Euro 6 abgelöst, und auch die nächste Version der Abgasnorm aus Brüssel ist zu erwarten. Unterdessen versuchen die Hersteller durch in-ner- und außermotorische Maßnahmen den Schadstoffausstoß moderner Mo-toren weiter zu senken. Wesentliche Fortschritte bei der Stickoxidminderung von Dieselmotoren etwa wurden im Hinblick auf Euro 5 unter anderem mit der externen gekühlten Abgasrückführung erzielt. Systeme und Komponenten für dieses Verfahren werden seit einigen Jahren unter anderem von Pierburg entwi-ckelt und hergestellt. Aber die Entwicklung geht schon weiter: Die derzeitigen Hochdruck-AGR-Systeme sollen schon bald durch Niederdruck-AGR-Systeme ergänzt werden, mit denen sich die Vorgaben der Euro-6-Norm einfacher er-reichen lassen. Auch bei Ottomotoren gibt es noch Luft nach oben, etwa durch den Einsatz von Sekundärluftsystemen oder durch Abgasturbolader, die – wie heute schon bei Dieselantrieben Gang und Gäbe – sparsamere Motoren mit hoher Leistung ermöglichen. Dazu erforderliche Komponenten wie etwa elekt-rische Wastgate-Aktuatoren werden bei Pierburg mit Hochdruck entwickelt.

Nachhaltige Reduktion: Dipl.-Ing. Heinrich Dis-mon, Leiter der Vorent-wicklung bei KSPG, prä-sentiert das mechanisch vollvariable Ventiltrieb-system UniValve, mit dem der Kraftstoffverbrauch um bis zu zehn Prozent verringert werden kann.

Foto

: KS

PG

Für die Abgasnormenvon heute und morgenSpezialist bei Verbrauchs- und Schadstoffreduzierung

Foto

: Th

omas

Klin

k

Foto

: Mic

hae

l Ren

nert

zFo

to: C

hris

toph

Sch

uhkn

ech

t

msc Neckarsulm. Hydraulische Bremsanlagen haben sich vor Jahrzehnten fl ächendeckend im Automobilbau durchgesetzt. Die Systeme sind einfach aufgebaut, dauerhaltbar und erreichen durch den Einsatz pneumatischer Bremskraftver-stärker ein bis dahin unerreichtes Maß an kom-fortablem Pedalgefühl und Bediensicherheit. In modernen Fahrzeugen entfällt aus Gründen der höheren Effi zienz immer häufi ger der Unter-druckaufbau des Ottomotors, der bis dato die Pneumatik speiste. Seither ist es dank moderner Vakuumpumpen möglich, dass dieses kostenef-fi ziente, robuste und komfortable Bremssystem beibehalten werden kann. Nicht zuletzt im Hin-blick auf alternative Antriebssysteme wird die Pierburg Pump Technology GmbH künftig eine elektrisch betriebene Vakuumpumpe anbieten, die als trocken laufende Flügelzellenpumpe kon-zipiert ist. Sie dient als alleinige Unterdruckquelle und bleibt ein Fahrzeugleben lang wartungsfrei. Damit setzt Pierburg Pump Technology ihren eingeschlagenen Weg der Elektrifi zierung von Neben aggregaten des Motors konsequent fort.

Das Bremsen ist beim Autofahren lebenswich-tig – infolgedessen wird hersteller- und kunden-

seitig größter Wert auf einen sicheren Betrieb der pneumatischen Bremsanlage gelegt. Der Unterdruckaufbau der elektrischen Pum-penvariante entspricht deshalb auch dem der millionenfach bewährten mecha-nischen Unterdruck-pumpen und ge-währleistet, dass die Pumpe den Bremskraft-verstärker beispielsweise auch bei sehr häufi gen Bremsma-növern oder beim Betrieb in schweren Gelän-dewagen optimal versorgt.

Auch in Fällen, in denen gänzlich auf eine mecha-nische Pumpe verzichtet wird – also bei einer Aus-legung als Stand-alone Lösung – ist die neue Va-kuumpumpe in der Lage, die durch ein modernes, leistungsfähiges Bremssystem gestellten Anfor-derungen zu erfüllen. Bei Hybridfahrzeugen macht sie außerdem das rein elektrische Fahren bei abge-

schal-tetem Ver-brennungsmotor möglich, wobei stets die volle Bremskraftunterstützung erhalten bleibt. Dazu Achim Brömmel, Leiter Entwicklung bei Pierburg Pump Technology: „Die neue Vaku-umpumpe gestattet darüber hinaus den Betriebs-modus des so genannten ‚Segelns‘, wie er bei Hybridfahrzeugen vorkommt. Dabei handelt es sich um einen Modus, in dem der Antrieb wäh-rend der Fahrt abgeschaltet und entkoppelt ist und aufgrund des fehlenden Widerstandes durch den Antriebsstrang eine zusätzliche Energieein-sparung erfolgt.“

Aber auch bei konventionellen Antrieben bie-tet die elektrische Pumpenvariante zusätzliche Vorteile. Herkömmliche mechanische Vakuum-pumpen, die direkt an den Verbrennungsmotor gekoppelt sind, sind zwar kostengünstig, haben jedoch den Nachteil, dass sie im Fahrzeugbetrieb auch ohne Bedarf stetig mitlaufen – betriebs-punktabhängig auch mit hohen Drehzahlen. Die elektrische Vakuumpumpe wird dagegen abge-schaltet, wenn kein Bremsdruck abgerufen wird. Sie spart dadurch Kraftstoff und reduziert Emis-sionen. Achim Brömmel erläutert weitere Vor-züge: „Durch den Entfall der ständig laufenden mechanischen Pumpe wird darüber hinaus das Motoröl-Schmiersystem entlastet. Daher kann die entsprechende Ölpumpe kleiner dimensio-niert werden, was wiederum die Effi zienz des An-triebs steigert.“

Außerdem kann die Pumpe unabhängig von an-deren Aggregaten installiert werden. Als schnelle und unkomplizierte Applikation bietet sie erheb-liche Vorteile und kann im Rahmen einer Gleich-teilestrategie eingesetzt werden. Das minimiert Applikationszeiten und -kosten.

Bremskraft-verstärkung beherrscht das „Segeln“

seitig größter Wert auf einen sicheren Betrieb

verstärker beispielsweise auch bei sehr häufi gen Bremsma-növern oder beim Betrieb in schweren Gelän-dewagen optimal versorgt.

Auch in Fällen, in denen gänzlich auf eine mecha-nische Pumpe verzichtet wird – also bei einer Aus-legung als Stand-alone Lösung – ist die neue Va-

schal-tetem Ver-brennungsmotor möglich, wobei stets die volle Bremskraftunterstützung erhalten

Verbrennungsmotoren können grundsätzlich sowohl mit mechanischen, also riemengetriebe-nen Pumpen als auch mit elektrischen gekühlt werden. Sitzen die Motoren jedoch in Hybrid-Fahrzeugen, wo zusätzlich noch ein Elektro-antrieb unter der Haube steckt, führt kein Weg an elektrischen Kühlmittelpumpen vorbei. „Sonst würden in dem Moment, wo der Verbrennungsmotor nicht mehr läuft, sämtliche Kühlkreisläu-fe zusammenbrechen“, er-läutert Dipl.-Ing Thomas Wienecke, der im Entwick-lungsressort der PPT die Produktentwicklung für elektrische K ü h l m i t t e l -pumpen leitet. Das hätte auch fatale Auswir-kungen für den Elektroantrieb. Denn sowohl die Batterien als auch die Leistungs-elektronik, mit der die Energie für die Einspeisung in den Antrieb umgeformt wird, und die Ladeelektronik würden schnell zu heiß werden und irgendwann versagen.

Elektrische Kühlmittelpumpen von PPT sind in zahlreichen Hybrid-Modellen, die heute angebo-

ten werden, vertreten. Außerdem werden sie seit mehreren Jahren in Versuchsfahrzeugen mit elekt-

rischem Brennstoffzellen-Antrieb erprobt. Dabei werden heute 12V

Pumpen verwendet – anders als in der Vergangenheit,

wo noch Hochvoltpumpen zum Einsatz kamen.

Dazu Wienecke: „Die Batterien haben eine Spannung zwischen 250 und 400 Volt. Deshalb liegt es nahe, Pum-pen direkt über das HV Bordnetz

zu versorgen. Die Pumpen müssen aber

hinsichtlich der Isolation ganz andere Anforderungen erfül-

len als bei einem herkömmlichen 12-Volt-Bordnetz.“ Über kurz oder lang kann

er sich für Brennstoffzellen-Antriebe und Hybrid-Fahrzeuge eine höhere Betriebsspannung vorstellen. Denn dadurch lasse sich der Wirkungsgrad

der Pumpen deutlich erhöhen. Aller-dings gelte dies auch für den Preis, so der

Pumpen-Experte. Deshalb müssten hinter spezi-

ellen Lösungen in der Regel auch entsprechende Stückzahlen stehen.

Bei Fahrzeugen, die ausschließlich elektrisch angetrieben werden, müssen Kühlmittelpum-pen zudem besonders hohe Anforderungen in puncto Betriebsdauer erfüllen. Diese beträgt bei Modellen mit Verbrennungsmotor durchschnitt-lich 7.000 Stunden, was einer Fahrleistung von circa 250.000 Kilometern entspricht. „In einem Entwicklungsauftrag für eine Kühlmittelpumpe eines Elektrofahrzeugs lautete die Anforderung des Herstellers sogar 40.000 Stunden“, berichtet Wienecke. Der Grund für diese sehr hohen Para-meter liegt in dem besonderen Fahrzyklus der Elektromobile. Denn jede Stunde Weges erfor-dert ein Vielfaches an Ladezeit, in der die Pum-pen nach wie vor gefordert sind. Diese haben bis-her 20.000 Stunden auf den Prüfständen der PPT zuverlässig absolviert. Von dieser Basis aus wer-den die Experten des Unternehmens die zweite Hälfte mit ausgeklügelten Methoden hochrech-nen. „Sonst kämen gut und gerne fünf Jahre zu-sammen. So viel Zeit hat man in der Entwicklung schlichtweg nicht“, konstatiert Wienecke.

PPT hat jedoch auch ein umfassen-des Produktportfolio „von der Stange“. Die Leistung dieser Kühlmittelpumpen reicht von 15 bis 400 Watt, oder anders ausgedrückt: Die größte Pumpe hat ein Fördervo-lumen von 9.000 Litern pro Stunde und die kleinste Ausführung bringt es auf 1.000 Li-ter. Insgesamt werden zurzeit sieben unter-

schiedliche Größen angeboten. Künftig sollen noch weitere Ausführungen hinzukommen, um für jede Anforderung eine Pumpe mit optimalem Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten zu können – denn elektrische Power kostet nun mal Geld. So werden zurzeit eine 20- und eine 35-Watt-Pumpe

entwickelt. Da die elektrischen Kühl-mittelpumpen sowohl in Fahrzeu-

gen mit Verbrennungsmotor als auch in Hybrid-Modellen oder

reinen Elektromobilen einge-setzt werden können, blickt Wienecke optimistisch in

die Zukunft: „Wohin die Rei-se bei den Antrieben auch

immer geht, wir können jederzeit fl exibel auf

die Anforderungen des Marktes re-

agieren“, ist er sicher. tho

PPT hat jedoch auch ein umfassen-des Produktportfolio

Watt, oder anders ausgedrückt: Die größte Pumpe hat ein Fördervo-lumen von 9.000 Litern pro Stunde und die kleinste Ausführung bringt es auf 1.000 Li-ter. Insgesamt werden zurzeit sieben unter-

entwickelt. Da die elektrischen Kühl-mittelpumpen sowohl in Fahrzeu-

gen mit Verbrennungsmotor als auch in Hybrid-Modellen oder

reinen Elektromobilen einge-setzt werden können, blickt Wienecke optimistisch in

die Zukunft: „Wohin die Rei-se bei den Antrieben auch

immer geht, wir können jederzeit fl exibel auf

die Anforderungen des Marktes re-

agieren“, ist er sicher.

Neuss. Elektrische Kühlmittelpumpen der Pierburg Pump Technology GmbH (PPT) werden heu-te sowohl bei Fahrzeugen mit konventionellen als auch alternativen Antrieben eingesetzt. Bei Ver-brennungsmotoren können mit ihnen Verbrauch und CO2-Emission um bis zu 3 Prozent reduziert werden. Denn im Unterschied zu ihren mechanischen Pendants ermöglichen sie eine optimale An-passung der Kühlung an die jeweilige Motorleistung und andere Einfl ußfaktoren wie zum Beispiel die Umgebungstemperatur, also ein Thermomanagement. Und bei Fahrzeugen, die zeitweise – wie Hybrid-Modelle – oder ständig von Elektromotoren angetrieben werden, geht ohne elektrische Kühl-mittelpumpen gar nichts mehr. Denn die teuren Batterien müssen aktiv gekühlt werden, um nicht zu heiß zu werden, ansonsten könnten sie Schaden nehmen. Und auch die Leistungs- und die Lade-elektronik müssen entsprechend temperiert werden. Die ständigen Ladezyklen stellen zudem be-sondere Anforderungen an das Stehvermögen der Pumpen. Denn unterm Strich kommen so min-destens fünfmal mehr Betriebsstunden als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zusammen.

werden. Sitzen die Motoren jedoch in Hybrid-Fahrzeugen, wo zusätzlich noch ein Elektro-antrieb unter der Haube steckt, führt kein Weg an elektrischen Kühlmittelpumpen vorbei. „Sonst würden in dem Moment, wo der Verbrennungsmotor nicht mehr läuft, sämtliche Kühlkreisläu-fe zusammenbrechen“, er-läutert Dipl.-Ing Thomas Wienecke, der im Entwick-lungsressort der PPT die Produktentwicklung

kungen für den Elektroantrieb. Denn sowohl die Batterien als auch die Leistungs-elektronik, mit der die Energie für die Einspeisung in den Antrieb umgeformt wird, und die Ladeelektronik würden schnell zu heiß werden und irgendwann versagen.

Elektrische Kühlmittelpumpen von PPT sind in

erprobt. Dabei werden heute 12V Pumpen verwendet – anders

als in der Vergangenheit, wo noch Hochvoltpumpen

zum Einsatz kamen. Dazu Wienecke: „Die

Batterien haben eine Spannung zwischen 250 und 400 Volt. Deshalb liegt es nahe, Pum-pen direkt über das HV Bordnetz

zu versorgen. Die Pumpen müssen aber

hinsichtlich der Isolation ganz andere Anforderungen erfül-

len als bei einem herkömmlichen 12-Volt-Bordnetz.“ Über kurz oder lang kann

er sich für Brennstoffzellen-Antriebe und Hybrid-Fahrzeuge eine höhere Betriebsspannung vorstellen. Denn dadurch lasse sich der Wirkungsgrad

der Pumpen deutlich erhöhen. Aller-dings gelte dies auch für den Preis, so der

Foto

s (2

): T

hom

as K

link

Foto

: KS

PG

Vakuumpumpe für Elektrofahrzeuge

Auch bei Elektroantrieben zu HauseElektrische Kühlmittelpumpen sorgen für eine effi ziente Temperaturregelung

Bei Hybrid-Fahrzeugen führt kein Weg an elektrischen Kühlmittelpum-pen vorbei. „In dem Moment, in dem der Verbrennungsmotor nicht mehr läuft, würden sämtliche Kühlkreis-läufe zusammenbrechen“, erläutert Dipl.-Ing Thomas Wienecke, der bei PPT die Produktentwicklung für elektrische Kühlmittelpumpen leitet.

Foto

: KS

PG

Bild

: Ch

rist

oph

Sch

uhkn

ech

t

Achim Brömmel, Leiter Entwicklung bei Pierburg Pump Technology: „Bei Hybrid-fahrzeugen kann die elektrische Vaku-umpumpe das rein elektrische Fahren bei abgeschaltetem Verbrennungsmotor möglich machen, wobei stets die volle Bremskraftunterstützung erhalten bleibt.“

Neuss. Um die immer anspruchsvolleren internationalen Abgasnormen zu erfüllen, müssen die Automobilhersteller und deren Zulieferer an zahlreichen Stellschrauben drehen. Zusätzlich wird das vorhandene Potenzial zur Verbrauchs-minderung in allen Bereichen gehoben. So stellt die Pier-burg GmbH beispielsweise Magnetventile her, die zur CO2-Reduktion von Motoren an den unterschiedlichsten Stellen zum Einsatz kommen. Dies immer mit dem Ziel, den Schadstoffausstoß weiter zu reduzie-ren, nicht zuletzt durch einen minimierten Strom- und damit Kraftstoffverbrauch.

Mit Magnetventilen wer-den bei Pierburg heute beispielsweise Abgas- und Bypassklappen von Systemen zur gekühlten Abgasrückführung bei Die-selmotoren gesteuert. Um den CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren, rücken Ventile für das Thermomanagement der Antriebe immer stärker in den Vordergrund. Denn mit ihrer Hilfe ließen sich zum Beispiel Ölkreisläufe gezielter steuern. Ein Beispiel dafür sei das Öl in Getrieben, sagt Dr. Karsten Son-nenschein (Foto oben), Leiter der Pierburg Business Unit „Magnetven-tile“. Denn wenn es nach dem Start des Motors zunächst über Komponenten, die schnell warm werden, wie etwa einen integrier-ten Abgaskrümmer, die Abgasrückführung oder den Turbo-lader geleitet würde, könne die Reibung im Getriebe in der Startphase deutlich reduziert werden, was wiederum CO2 einspare.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Ölfl uss exakt ge-steuert werden, was nur mit elektrisch geschalteten Venti-len möglich ist. Gleiches gilt für die zunehmend im Markt verbreiteten variablen Ölpumpen für den Motorölkreis-lauf. Aber Strom kommt bekanntlich nicht einfach aus der Steckdose, sondern – im Falle eines Fahrzeuges – von der Lichtmaschine, die wiederum Kraftstoff verbraucht und so für den CO2-Ausstoß mitverantwortlich ist. Ziel ist es also, eine möglichst geringe Schaltleistung auch bei den Venti-

len zu erreichen. Dazu Dr. Sonnenschein: „Wenn ein kleines Standardventil mit nur halb so viel elektrischer Energie ge-schaltet würde, kann das schon 0,2 Gramm CO2 pro Kilome-ter einsparen.“ Unter dem Strich kann so einiges zusammen-kommen. Und angesichts drohender EU-Pönalen ist jedes eingesparte Gramm Klimagas wichtig.

Deshalb hat Pierburg ein Magnetventil entwickelt, das auf einem – vom Unternehmen patentierten – Druck-

ausgleichsverfahren beruht. „Dadurch hat die-ses Ventil einen geringeren

S c h a l t w i d e r -stand und benö-tigt damit auch

weniger Kupfer, d.h. es zieht nicht

viel Strom und ist leichter und preis-

wert“, erläutert Dr. Sonnenschein. Da-her sei es für An-wendungen des Motorölkreislaufs

bestens geeignet, etwa für eine variab-

le Steuerung des Öl-drucks. Denn mit elekt-

rischen Pumpen lässt sich dieser Druck optimal an die je-

weilige Lastsituation des Motors anpassen – ein weiterer Schritt auf

dem Weg der stetigen Reduzierung des Verbrauchs und damit des Schadstoffaussto-

ßes von Verbrennungsmotoren.

Und wie sieht es für die Zukunft aus? Auch da zeichnen sich für Dr. Karsten Sonnenschein im Bereich Magnetven-tile weitere Betätigungsfelder beispielsweise im Thermo-management von Elektrofahrzeugen oder in Bezug auf die weitere CO2-Reduktion ab, denn um die vorgeschriebenen Grenzwerte zu unterschreiten, werden von den Automo-bilherstellern derzeit alle Register gezogen: „Wir verfügen über eine jahrzehntelange Erfahrung bei Steuerungs- und Regelaufgaben, die mit Hilfe von Magnetventilen bewerk-stelligt werden können, und werden unsere Kompetenz in diesem Bereich auch im Zuge der Weiterentwicklung der An-triebstechnik einbringen.“ Dr. Thomas Oelschlägel

Obwohl in den vergangenen Jahren bereits viel erreicht wurde, bietet der Verbrennungsmotor nach wie vor Poten-zial für weitere Verbesserungen. Denn die Verringerung des Hubraums bei gleicher Motorleistung und mittels Aufl adung – Stichwort „Downsizing“ – ist ein ungebrems-ter Trend. Das ist auch nicht verwunderlich, denn kleine, mittels Abgasturbolader aufgeladene Motoren haben einen geringeren Kraftstoffverbrauch, ohne auf Leistung verzichten zu müssen. Und weniger Verbrauch an fossilen Brennstoffen bedeutet gleichzeitig eine Reduzierung der CO2-Emissionen.

Komponenten für die Aufl adung von Verbrennungsmo-toren machen einen Großteil der Geschäftsaktivitäten des Bereiches Magnetventile der Pierburg GmbH (Neuss) aus. Bei den dazu eingesetzten elektropneumatischen Ventilen

ist das Unternehmen heute weltweit Marktführer. Zu den jüngsten Innovationen zählen etwa elektrische Schub-umluftventile, die in nahezu jedem neueren aufgelade-nen Benzin-Motor vorhanden sind. Momentan wird ein ent sprechendes Ventil mit nochmals reduziertem Gewicht entwickelt. Dadurch verringert sich außerdem der dafür benötigte Bauraum.

Ein weiteres Beispiel für neue technologische Lösungen von Pierburg ist ein elektrischer „Wastegate“-Aktuator, mit dem sich – kurz gesagt – der Ladedruck noch exakter als mit den bisher dafür verwendeten Druckdosen steu-ern lässt. Außerdem kann dieser Aktuator in On-Board-Diagnose-Systeme von Fahrzeugen eingebunden werden. Diese Neuentwicklung befi ndet sich aktuell im B-Muster-Status. tho

Unterstützung für’sThermomanagementMagnetventile: Kleine Bauteile mit großer Wirkung für die Umwelt

Innovationen für turbogeladene Motoren

Jüngste Innovation: elektrische

Schubumluftventile, die in nahezu jedem

neueren aufgelade-nen Benzin-Motor

vorhanden sind.

Stellen zum Einsatz kommen. Dies immer mit dem Ziel, den Schadstoffausstoß weiter zu reduzie-ren, nicht zuletzt durch einen minimierten Strom- und damit Kraftstoffverbrauch.

Hilfe ließen sich zum Beispiel Ölkreisläufe gezielter steuern. Ein Beispiel dafür sei das Öl in Getrieben, sagt Dr. Karsten Son-nenschein (Foto oben), Leiter der Pierburg Business Unit „Magnetven-tile“. Denn wenn es nach dem Start des Motors zunächst über Komponenten, die

auf einem – vom Unternehmen patentierten – Druck-ausgleichsverfahren beruht. „Dadurch hat die-

ses Ventil einen geringeren S c h a l t w i d e r -stand und benö-tigt damit auch

weniger Kupfer, d.h. es zieht nicht

viel Strom und ist leichter und preis-

wert“, erläutert Dr. Sonnenschein. Da-her sei es für An-wendungen des Motorölkreislaufs

bestens geeignet, etwa für eine variab-

le Steuerung des Öl-drucks. Denn mit elekt-

rischen Pumpen lässt sich dieser Druck optimal an die je-

weilige Lastsituation des Motors anpassen – ein weiterer Schritt auf

dem Weg der stetigen Reduzierung

Jüngste Innovation: elektrische

Schubumluftventile, die in nahezu jedem

neueren aufgelade-nen Benzin-Motor

vorhanden sind.

Foto

: Ch

rist

oph

Sch

uhkn

ech

tIll

ust

rati

on: K

SP

G

Kaufering. Die Forderung nach Hybrid- und Elektroantrieben ist mit großer Wucht über die Automobilhersteller und ihre Zuliefe-rer hereingebrochen. Zu behaupten, dies sei plötzlich und un-erwartet geschehen, wäre indes falsch. Bereits seit Jahren sind Vorboten des Paradigmenwechsels zu beobachten.

Die ingenieurtechnische Auseinandersetzung mit der effi zien-testen und am besten geeignetsten Motorisierung von Automo-bilen ist so alt wie das Auto selbst. Bereits in der Frühzeit des Automobilbaus standen Elektro- und Verbrennungsantriebe in Konkurrenz zueinander. Dass sich im zurückliegenden 20. Jahr-hundert schließlich Otto- und Dieselmotoren durchsetzen konn-ten, lag an der Verfügbarkeit billiger und energiereicher petroche-mischer Kraftstoffe.

Dass diese – bei allen Unwägbarkeiten der Prognosen zu ihrer Reichweite – endlich sind, wurde erstmals während der Ölkrise in den 70er-Jahren deutlich. Auswirkungen hatte dies zunächst nicht. Die Autofahrer schimpften über hohe Benzinpreise und tankten weiter. Auch die Stimmen „grüner“ Interessengruppen, die Ressourcenverbrauch und Emissionen beklagten, wurden lan-ge Zeit allenfalls zur Kenntnis genommen.

Ein Stimmungswechsel zeichnete sich Ende der 90er-Jahre im Umfeld des Klimagipfels von Kyoto ab. Vor dem Hintergrund von Ozonloch und Klimawandel schienen die erforderlichen Gegen-maßnahmen plötzlich dringlicher zu werden. Obwohl der Stra-ßenverkehr nur zu einem geringen Prozentsatz an den Emissio-nen von CO2 und anderen Schadstoffen beteiligt ist, geriet die individuelle Mobilität ins Visier.

Nur folgerichtig waren nicht nur Politiker und Klimaforscher nach Kyoto gereist. Auch die Automobilindustrie nahm indirekt am Klimagipfel teil. So nutzte BMW eine Begleitausstellung zu der Veranstaltung, um intensiv für Wasserstoffantriebe zu werben. Andere OEMs präsentierten Brennstoffzellenkonzepte. Elektro-fahrzeuge, wie sie heute in aller Munde sind, spielten noch keine Rolle. Höchstens in Form selbstgebastelter Solarfahrzeuge.

Als direkte Folge von Kyoto verschärften die Regierungen in allen wichtigen Automobilmärkten zunächst einmal die Emis-sionsgrenzwerte. Gleichzeitig verstärkten Automobilhersteller und Zulieferer ihre Bemühungen um weitere Optimierungen des verbrennungsmotorischen Antriebs. Mit durchaus respektablen Erfolgen. „Über die Optimierung von Diesel und Benziner haben wir in den vergangenen Jahren bereits den Kraftstoffverbrauch um 15 Prozent reduziert“, heißt es beispielsweise in einem „Po-litikbrief“ des Verbands der Automobilindustrie (VDA) aus dem vergangenen Jahr. Weitere 25 Prozent Einsparvolumen stellt die Veröffentlichung für die nächsten Jahre durch Downsizing und ein optimales Energiemanagement in Aussicht.

Langsam entwickelte sich nebenbei die Beschäftigung mit Hy-brid- und Elektroantrieben. Die geringe Marktresonanz von Fahr-zeugen wie dem EV-1 von General Motors oder der ersten Gene-ration des Toyota Prius ließen das Engagement zunächst jedoch überschaubar bleiben.

Ganz anders der allgemeine Fahrzeugabsatz. Nach Zahlen des Branchendienstes Polk wurde 2010 weltweit erstmals die Zahl einer Milliarde zugelassener Fahrzeuge erreicht. Durch die zuneh-mende Motorisierung auf den Emerging Markets und allen Um-weltdiskussionen zum Trotz mit weiter steigender Tendenz. Krux dabei: Die erhöhten Umweltstandards der Fahrzeuge können die Umweltbelastungen durch die hohe Zahl an Neuzulassungen nicht ausgleichen.

Diese Erkenntnis, eine gestiegene Sensibilität gegenüber öko-logischen Fragestellungen in weiten Teilen der Gesellschaft und nicht zuletzt die Fortschritte bei den verfügbaren Technologien haben zwischenzeitlich zu einem Umdenken geführt. Elektroan-triebe gelten nicht mehr als Nischentechnik, sondern als wichti-ges Innovationsfeld.

In der Branche gilt es als ausgemacht, dass die Zukunft des Au-tomobils elektrisch sein wird. Offen ist nur die Frage, wann diese Zukunft beginnen wird. Die politischen Vorgaben in Deutschland sind durch die Ausrufung der „Nationalen Plattform Elektromo-bilität“ im Mai 2010 ambitioniert. Gleichzeitig hat international ein Rennen um die besten Startpositionen für den Zukunftsmarkt begonnen.

Für Dr.-Ing. Joachim Schneider, Präsident des Verbands der Elektrotechnik (VDE), ist die Elektromobilität „ein Paradigmen-wechsel, der dem Automobilbau ganz neue Potenziale eröffnet“. Auch eine Trendumfrage unter 1.300 VDE-Mitgliedsunternehmen ergab eine hohe Affi nität gegenüber dem Thema.

Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale der Elek-tromobilität sehen die Studienteilnehmer vor allem in der ange-strebten Technologieführerschaft, in einer Stärkung des Wirt-schaftsstandorts Deutschland, im Umweltschutz sowie in der Nutzung knapper Energieressourcen. Zudem sind etwa zwei Drit-tel der Befragten der Meinung, dass Elektrofahrzeuge in der Be-völkerung auf hohe Akzeptanz treffen und ihr Ausbau einen wich-tigen ökologischen Beitrag zum Erreichen der EU-Emissionsziele leistet.

Ob dem wirklich so ist, wird letztlich auch eine Frage der Preis-gestaltung sein. Bereits bei der Einführung von Fahrzeugen mit Erdgasantrieb mussten die OEMs die Erfahrung machen, dass ein Preisaufschlag von rund 1.500 Euro gegenüber Benzinern sehr bremsend sein kann. Nach aktuellen Prognosen wird es auch mit-telfristig bei Elektrofahrzeugen mit 1.500 Euro Mehrkosten nicht getan sein. Insofern bleibt abzuwarten, ob bei den Verbrauchern das grüne Gewissen über rein kaufmännische Überlegungen sie-gen wird. Oder aber, wann der Ölpreis so gestiegen sein wird, dass er die aktuellen Kostennachteile der Elektromobilität neutralisiert.

Stefan Schlott

Antriebstechnik ist im Wandel

Foto

: Th

omas

Klin

k

Foto

s (4

): T

hom

as K

link

Aluminium ist mit einem Dichteindex von 2,7 fast um den Faktor 3 leichter als Stahl. „Das bedeutet aber nicht, dass ein Motorblock aus diesem Ma-terial zwangsläufi g um zwei Drittel leichter ist als ein Pendant aus Grauguss“, betont Dr. Christian Klimesch (Foto rechts), Leiter Produktentwicklung bei KS Aluminium-Technologie. Denn bei Stahl könnten die Wände dünner gegossen werden. Deshalb müssten bei Aluminium-Motorblöcken Versteifungsrippen eingebracht werden, was sich wiederum in zusätzlichem Gewicht nieder-schlägt. Unter dem Strich geht der Guss-Experte jedoch von einem Einsparpotenzial bei Ottomoto-ren von bis zu 40 Prozent und bei Dieselmotoren von bis zu 35 Prozent aus, jeweils bezogen auf einen vergleichbaren Grauguss-Motorblock.

Darüber hinaus sieht Dr. Klimesch auch noch Möglichkeiten bei den Wandstärken der Alumini-um-Motorblöcke, die heute in der Regel im Nie-derdruckkokillenguss bei 4,5 Millimetern liegen: „Die Tendenz geht in Richtung 4 Millimeter. Aber das ist schon die hohe Kunst.“ Im Druckgussver-

fahren können heute bereits Wandstärken um 3,5 Millimeter dargestellt werden. Dass das Unter-nehmen diese Kunst beherrscht, belegen Motor-blöcke für verschiedene OEMs. Jedoch lässt sich diese Wandstärke bisher noch nicht durchgängig realisieren. Dazu der Guss-Experte: „Um den kom-pletten Motorblock so dünnwandig zu gießen, sind an mehreren Stellen Fließwege erforderlich. Und oft bekommt man das Aluminium dann nicht mehr durch vier Millimeter hindurch.“ Er ist je-doch zuversichtlich, dieses Problem in absehba-rer Zeit zu lösen. Denn je nachdem, wie optimal die Automobilhersteller in Kooperation mit den Gusslieferanten ihre Motorblöcke konstruieren, lassen sich in heutigen Aluminium-Motorblöcken bis zu zehn Prozent Gewicht einsparen.

Damit ist das Ende der sprichwörtlichen Fah-nenstange jedoch noch nicht erreicht. Denn auch die Lauffl äche der Zylinder bietet mittels Beschichtung ebenfalls noch Möglichkeiten zur Gewichtsreduzierung, die es künftig zu heben gilt. Einige OEMs setzen bereits entsprechende Be-

schichtungen ein. „Wenn die Zylinderlauffl ächen nicht wie oft aus Grauguss (sog. Buchsenlösun-gen) bestehen, sondern komplett aus Aluminium plus einer circa 150 Mikrometer dünnen Eisenbe-schichtung, lässt sich nochmals rund fünf Prozent Gewicht einsparen“, ist Dr. Klimesch überzeugt.

Was zunächst nicht nach viel aussieht, erweist sich bei genauerem Hinsehen doch als signifi -kant. Denn bei einem Vierzylinder-Motorblock, der 20 Kilogramm wiegt, schlägt dies immerhin mit einem Kilogramm zu Buche. Zudem wird auch der Verzug der Zylinder reduziert und eine verbesserte Wärmeabführung erzielt. Aber die Experten versprechen sich noch weitere Effek-te: „Zurzeit untersuchen wir, inwieweit sich Rei-bungsverluste durch eine Beschichtung der Zy-linderlauffl ächen minimieren lassen, oder was dieses Verfahren in puncto Resistenz gegenüber alternativen Kraftstoffen ausrichten kann“, er-läutert der Guss-Experte.

Bisher konzentrierten sich die Aktivitäten von KS Aluminium-Technologie vor allem auf den Mo-torblock. Aber das Unternehmen ist dabei, weite-re Betätigungsfelder zu erschließen. Dabei liegt das Augenmerk vor allem auf Fahrwerks- und Strukturbauteilen. Denn diese Teile werden noch vorwiegend aus Eisenguss oder Stahlstrukturen hergestellt. Aluminium biete hier jedoch eben-falls Einsparpotential in Sachen Gewicht, steht für Dr. Klimesch fest. Das könnten beispielsweise große Integralträger oder Federbeindome sein. Die dazu erforderlichen Gießverfahren beherr-schen die Aluminium-Experten von KSPG ohne-hin aus dem Effeff.

St. Leon-Rot. Die Automobilhersteller entwi-ckeln immer kleinere Verbrennungsmotoren, die weniger Kraftstoff benötigen und weniger Schadstoff ausstoßen. In puncto Performance brauchen sich diese Motoren gegenüber größe-ren Aggregaten indessen nicht zu verstecken. Denn was früher Sechs- oder gar Achtzylinder leisteten, schaffen heute oft vier. Und in nicht allzu ferner Zukunft wer-den drei oder sogar nur zwei Zylinder „State of the Art“ sein. Diese Ent-wicklung ist ohne inno-vative Gleitlager nicht denkbar. So schrump-fen die Produkte der KS Gleitlager GmbH im Gleichtakt mit den Mo-toren. Neue Werkstoffe und Beschichtungs-verfahren sorgen für eine zusätzliche Reduzierung der Reibungsverluste. Dies ist vor allem mit Blick auf die kompakten und hochgezüchteten Motoren von Hybrid-Fahrzeugen ein Muss – so kommen etwa die Hauptlager des Chevro-let Volt von KS Gleitlager. Aber auch die Lagerung des Getriebes stellt bei diesen Fahrzeugen be-sondere Ansprüche. Um auch für künftige Anfor-derungen gewappnet zu sein, experimentiert der Gleitlager-Spezialist aus St. Leon-Rot mit neuarti-gen Gleitsystemen und Materialoberfl ächen.

Dass ein Antrieb mit rund zwei Litern Hubraum heute etwa 160 kW (220 PS) und ein Drehmo-ment von 500 Nm bietet – mit deutlich weniger Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß als vergleichbare Motoren früher –, wäre ohne inno-vative Gleitlager unmöglich. „Denn diese Werte gehen mit sehr hohen mechanischen und ther-mischen Belastungen einher, die nur von extrem leistungsfähigen Lagern aufgenommen werden können, die zudem immer kleiner werden“, er-klärt Dr. Klaus Damm (Foto oben), Leiter des Be-

reichs Anwendungstechnik und Produktdesign des Unternehmens aus St. Leon-Rot.

Und das so genannte Downsizing der Motoren geht unaufhörlich weiter. Denn die Fahrzeugher-steller arbeiten bereits mit Hochdruck an 3-Zylin-der-Antrieben, die ein Maximum an Performance bei nochmals reduziertem Kraftstoffverbrauch bieten. Dadurch sieht Dr. Damm neue Heraus-

forderungen auf die Hersteller von Gleitlagern zukommen, beispielsweise durch noch kleinere Bauformen mit unverändert hoher mechanischer Tragfähigkeit. Außerdem müssten die Lager mit noch dünnfl üssigeren Ölen und Biokraftstoffen fertig werden. Das geht nach seiner Überzeugung nur mit neuen korrosions- und reaktionsresisten-ten Gleitwerkstoffen, an denen das KS Gleitlager-team zurzeit arbeitet.

Hightech-Gleitlager sind auch in Hybrid-Fahrzeu-gen gefragt. Denn diese haben neben einem Elekt-

roantrieb nach wie vor einen Verbrennungsmotor an Bord. So liefert KS Gleitlager etwa die Haupt-lager für die Kurbelwelle im Motor des Chevrolet Volt, der seit Mitte 2010 auf dem Markt ist. Dieser Benziner, dessen vier Zylinder mit zusammen 1,4 Litern Hubraum 63 kW (84 PS) liefern, wird zudem auch im Opel Ampera eingesetzt, der voraussicht-lich im November 2011 an den Verkaufsstart geht.

Aber der Lagerspezi-alist setzt nicht nur auf motorische Gleitlager, sondern widmet sich verstärkt auch der La-gerung von Getrieben für Hybrid-Fahrzeuge. Dazu Dr. Damm: „Das ist eine besondere He-rausforderung, da die in diesen Fahrzeugen verwendeten Getrie-be extrem klein sind, um so viel wie möglich an Gewicht einzuspa-ren. Außerdem laufen Wellen und Rädersätze zum Teil mit sehr hohen Drehzahlen.“ Deshalb sind dort Gleitlager ge-fordert, deren Design und Werkstoffe den da-

raus resultierenden Beanspruchungen standhal-ten. Zugleich ermöglichen Gleitlager – anders als die bisher überwiegend eingesetzten Wälzlager – über dünnere Wandstärken eine Miniaturisierung des Getriebes selbst.

Darüber hinaus beschäftigt sich das Unterneh-men mit neuartigen Gleitwerkstoffsystemen, die bisher unerreichbare Eigenschaften in Sachen Tribologie, das heißt Reibung, Verschleiß und Schmierung, bieten. Dazu wird beispielsweise ein Lack als Lauf-/ Einlaufschicht auf ein metalli-sches Lager aufgebracht, was vor einigen Jahren noch nicht vorstellbar war. Ein anderer Ansatz zielt auf die Mikrogeometrie des Materials der Oberfl ächen. „So lassen sich vielleicht mit spe-ziellen Strukturen Haifi schhaut-Effekte bewir-ken, mit denen die Reibung nochmals verringert werden kann. Aber da bewegen wir uns in der Grundlagenforschung“, betont Dr. Damm. Daraus entstehen jedoch bekanntlich die innovativen Produkte für die Automobile von morgen und übermorgen, wie die Vergangenheit schon oft ge-zeigt hat. Dr. Thomas Oehlschlägel

tho Neckarsulm. Nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) lassen sich pro 100 Kilogramm weniger Gewicht rund 0,35 Liter Kraftstoff einsparen. Dadurch kann der CO2-Ausstoß bei Ottomotoren um 8 und bei Dieselmotoren um bis zu 9 Gramm reduziert werden. Damit Fahrzeuge beim Gewicht wei-ter „abspecken“, ist jedoch ein Bündel von Maßnahmen erforderlich. Als Spezialist für Gießverfahren stellt die KS Aluminium-Technologie GmbH Motorblöcke aus Aluminium her, die deutlich leichter sind als Motorblöcke aus Grauguss. Eine spezielle Beschichtung der Zylinder, an der die Experten des Unter-nehmens gerade arbeiten, wird in absehbarer Zeit zusätzliches Einsparpotenzial bieten und zugleich den Wirkungsgrad der Motoren erhöhen. Außerdem laufen Entwicklungsprojekte, mit denen Fahrwerks- und Strukturbauteile aus Eisenguss oder Stahlstrukturen durch entsprechende Bauteile aus Alumi-nium ersetzt werden sollen – ein zusätzliches Betätigungsfeld für das Neckarsulmer Unternehmen.

Stetig kompakter und immer leistungsfähigerInnovative Lager für den Hybrid-Antriebsstrang

Aluminium verleiht Fahrzeugen „Flügel“Motorblöcke und Fahrwerksteile in Leichtbauweise

he Neckarsulm. Kaum getrübt durch die Einbußen der Wirtschaftskrise, ist im Bereich Elektromobilität in der Automobilindustrie in den vergange-nen Jahren sehr viel in Bewegung ge-raten. „KSPG in motion“ sprach mit Prof. Dr. Eduard Köhler, zuständig für den Themenkreis Elektromobilität im Ressort Forschung und Technologie der Kolbenschmidt Pierburg Gruppe, über die Einschätzungen der künftigen Entwicklung in diesem Bereich und die Konsequenzen, die das Unternehmen aus der gegenwärtigen Aufbruchstim-mung in Bezug auf Elektroantriebe zieht.

KSPG in motion: Herr Professor Köh-ler, wird es schnell vorangehen mit der Entwicklung der Elektromobilität, oder kühlt die Begeisterung ab?

Köhler: Es gibt auf der einen Seite si-cherlich augenblicklich einen Hype. Es gibt auf der anderen Seite aber auch eine technisch geprägte realistische Einschätzung seitens derer, die an der Realisierung der Elektromobilität betei-ligt sind, und es ist im Prinzip vernünf-tig, dass man sich jetzt auf dem Boden der Tatsachen wiederfindet. Das heißt nicht, dass man langfristige ehrgeizige Ziele völlig korrigieren muss, sondern es ist ein normaler Prozess, dem man sich gedanklich stellen muss. Wer ein bisschen Sportsgeist hat, erkennt auch neue Chancen, nicht zuletzt für die ei-gene Tätigkeit.

KSPG in motion: Es gibt wahrschein-lich verschiedene Übergangsphasen auf dem Weg zur Elektromobilität?

Köhler: Ich denke, man muss die Si-tuation von zwei diagonalen, diametral entgegengesetzten Punkten aus be-trachten. Wir haben auf der einen Seite die Teilelektrifizierung oder die zuneh-mende Elektrifizierung des Antriebs. Dabei bekommt der Verbrennungsmo-tor einen elektrischen Assistenten, und das ist eigentlich völlig undramatisch, es hilft ihm, antriebsseitig eine insge-samt bessere Performance zu bewei-sen. Ich denke, dieser Weg wird sich fortsetzen, und wir werden mit der Zeit eine Vergrößerung der Leistung der elektrischen Antriebe sehen. Und auf der anderen Seite, also am diametral entgegengesetzten Ende, gibt es tat-sächlich den Einstieg in die Elektromo-bilität in Form des batterieelektrischen Antriebs.

KSPG in motion: Gilt das für unseren heutigen Fahrzeugbestand in Gänze?

Köhler: Es ist heute so, dass reine batterieelektrische Fahrzeuge eigent-lich nur im A-Segment, also im Klein-wagensegment, realisierbar sind. Deshalb wird die Elektromobilität im Großstadtbereich eingeführt werden. Man überfordert dort reichweitenmä-ßig nicht die derzeitigen Möglichkei-ten und hat größere Vorteile dadurch, dass man eine eventuelle Citymaut unterlaufen kann oder die sicherlich zunehmenden Null-Emissions-Zonen befahren darf.

KSPG in motion: Wird dann der Ein-satzzweck in Zukunft noch stärker über die Art des Antriebs entscheiden?

Köhler: Ja, man muss sich in Zukunft lösen von der herkömmlichen Denk-weise, dass es ein einziges Antriebs-konzept gibt. Wir werden im A-Segment sicherlich eine Chance für die rein bat-terieelektrischen Kleinwagen haben, möglicherweise dann auch für eine größere Reichweite, also für Stadt- und Überlandfahrt, beispielsweise in der Kompaktklasse mit Range Extender. In den größeren Pkw wird es dann den Vollhybrid Plug-in geben, und für die Langstrecke sehe ich den Diesel nach wie vor als das Maß aller Dinge.

KSPG in motion: Das wird dann eine ziemlich heterogene Fahrzeugwelt?

Köhler: Ich sehe das Ganze völlig un-problematisch, denn aus Verbraucher-sicht ist es so, dass jeder sein eigenes Nutzerprofil hinterfragen und das für ihn maßgeschneiderte Antriebskon-zept wählen kann.

KSPG in motion: Ist aus Ihrer Sicht denkbar, dass sich durch das Thema Elektromobilität das Prinzip „My car is my castle“ verändern wird zugunsten flexibler Nutzungskonzepte?

Köhler: Es gibt zumindest Erkenntnis-se, dass sich die Automobilhersteller und auch gewisse Provider auf eine Veränderung des Nutzerverhaltens einstellen. Hinzu kommt, dass sich die

Gewohnheiten beispielsweise jugend-licher Käufer schon deutlich verändert haben. Wertigkeiten verschieben sich, und die individuelle Mobilität ist nicht mehr ganz so wichtig. Dafür erhalten andere Dinge wie Kommunikation – also der Computer oder das Smart-phone – als Statussymbole eine wach-sende Bedeutung. Man kann davon ausgehen, dass in Zukunft Car-Sha-ring-Modelle oder Modelle, bei denen Provider im Prinzip Kilometer verkau-fen, wie sie heute Handy-Minuten ver-kaufen, größere Bedeutung gewinnen werden. Wobei es hier sicher eine stär-kere Differenzierung geben wird zwi-schen urbanen Regionen, wo so etwas viel einfacher machbar ist, und dem flachen Land, wo auch die öffent-lichen Verkehrsmittel sich im-mer weiter ausdünnen.

KSPG in motion: Wo gibt es in der Ent-wicklung von Elekt-rofahrzeugen noch offene Flanken?

Köhler: Die Achil lesferse der Elektromo-bilität betrifft na-türlich die Batterie mit der vergleichs-weise geringen Energiedichte und dem hohen Ge-wicht sowie den noch sehr hohen Batteriekosten. Wo-bei die Welt der Batte-rie wiederum eine zweige-teilte Welt ist. Die Zellen kommen aus Fernost, aber die Batteriesysteme werden zunehmend hier gebaut, weil die Fahrzeughersteller sich im Klaren sind, dass sie letztlich für die Funktion des Batteriesystems die Verantwor-tung übernehmen müssen. Dazu zäh-len z.B. das Thermomanagement bzw. das Batteriemanagement insgesamt, Temperatur, Spannung, Strom oder Ladezustand jeder einzelnen Zelle. Die Automobilhersteller übernehmen letzt-endlich die Funktionsgarantie.

KSPG in motion: Jetzt haben Sie ge-rade den Begriff ‚Thermomanagement‘ genannt. Das ist ja ein Bereich, in dem Kolbenschmidt Pierburg Erfahrung hat

und Kompetenz besitzt. Könnte dies ein Sektor sein, in dem sich das Unter-nehmen zukünftig stärker engagiert?

Köhler: Grundsätzlich ja! KSPG fer-tigt ja schon heute Produkte, die für das Thermomanagement direkt oder mit gewisser Adaption genutzt wer-den können. So ist zum Beispiel der Geschäftsbereich PPT (Pierburg Pump Technology) im Hy-bridantriebsgeschäft tätig. Allerdings liegt der Leis-tungsum-fang,

auf den sich das Thermomanagement erstreckt – also der gesamte Bereich Elektro-traktion mit dem Traktionsmotor, der Batterie, der Leistungselektronik und dem Ladegerät – letztlich in der Hand unserer Kunden. Wenn wir hier eine Systemkompetenz darstellen wollen, erfordert das eine neue Denkweise und neue Kooperationsmodelle.

KSPG in motion: Was schließt der Be-griff „Thermomanagement“ alles ein?

Köhler: Ich denke, dass wir nicht nur vom Kühlen sprechen, sondern dass wir vom Heizen, Kühlen und vom Tem-

perieren sprechen müssen. Die un-terschiedlichen Systemkomponenten der Elektrotraktion haben sehr unter-schiedliche Wohlfühltemperaturen. Die Batterie fühlt sich wohl im Temperatur-bereich 20 bis 35 Grad Celsius, bei der Leistungselektronik kann das Tempe-raturlimit im Prinzip je nach Auswahl – sprich Kosten – der Bausteine schon im Bereich von 60 bis 70 Grad Celsius liegen. Und im Bereich des Elektromo-tors liegen wir bei noch höheren Tem-peraturen. Insofern wird das Ganze aufwändiger mit der Notwendigkeit, möglicherweise einen Hoch- und Nied-rigtemperatur- sowie einen Kältekreis-lauf zu betreiben.

KSPG in motion: Hier zählen also auch Komfortthemen hinein?

Köhler: Absolut, es geht nicht nur um den reinen Fahrzeugbetrieb bzw. das thermische Überleben der Bauteile und Komponenten. Es geht sicherlich auch um das, was unsere Kunden unter dem Begriff HVAC zusammengefasst ha-ben, also Heating, Ventilation and Air Conditioning, also darum, dem Fahrer ein gewohntes Komfortumfeld bereit-zustellen. Bei Flottenerprobungen hat sich gezeigt, dass die Erwartungen, was HVAC angeht, bisher nicht befrie-digend erfüllt werden konnten. Somit ist Letzteres der Hauptkritikpunkt. Man muss sich darüber klar sein, dass wir unter bestimmten Umgebungsbedin-gungen HVAC dann auch rein elektrisch bedienen müssen, und wenn wir somit für diese Anwendung elektrische Ener-gie abzweigen, dann geht das zu Lasten der ohnehin bescheidenen Reichweite. Bei HVAC sind daher größere Fort-schritte erforderlich, um das Gesamt-paket „batterieelektrisches Fahrzeug“ so zu trimmen, dass die Kunden in den nächsten Jahren voll zufrieden gestellt werden können. Da wir hier an physi-kalische Grenzen stoßen, muss intensiv auch über unkonventionelle Maßnah-men nachgedacht werden. Es ist noch offen, wo im Rahmen unserer Kompe-tenzen die Möglichkeiten und Grenzen eines erweiterten Engagements liegen. Der Themenkomplex „Thermomanage-ment“ greift bei Elektrotraktion jeden-falls deutlich weiter als beim herkömm-lichen Antrieb.

KSPG in motion: Kann man über den Pumpenbereich hinaus schon einzel-ne konkretere Bereiche benennen, um die sich die KSPG-Vorentwicklung bei dieser Thematik Thermomanagement kümmert?

Köhler: Wir ha-ben für 2011 ein Pro-

jekt geplant, bei dem wir zunächst das Systemverständnis

dieses erweiterten Komplexes „Ther-momanagement“ erarbeiten wollen. Auf dieser Basis werden wir dann auch Möglichkeiten für eine weitere Betä-tigung in diesem Feld identifizieren. Daraus sollen konkrete Vorschläge für Vorentwicklungsprojekte resultieren. Letztlich werden wir nicht umhin kön-nen, konkret aufzuzeigen, wie sich der Konzern längerfristig auch in Richtung Elektromobilität entwickeln könnte.

KSPG in motion: Die Karten werden jetzt im Prinzip neu gemischt in der Beziehung zwischen Zulieferer und OEM?

Köhler: Absolut, ich denke alle Zu-lieferer müssen sich neu sortieren. So

werden viele feststellen, dass sie sich nicht auf ihrem herkömmlichen Pro-duktportfolio ausruhen können. Und auch wir müssen in diesen Bereich hi-nein, müssen sichtbar werden, müssen Ideen generieren und müssen Kompe-tenz zeigen. Das ist die Herausforde-rung, vor der wir in den nächsten Jah-ren stehen.

KSPG in motion: Was ist Ihre Empfeh-lung, wie sich Kolbenschmidt Pierburg beim Thema Elektromobilität aufstel-len sollte?

Köhler: Ich sehe auf jeden Fall eine Notwendigkeit, sich dem Thema sehr aufgeschlossen zu stellen. Denn die Elektrotraktion wird sich längerfris-tig zu einer auf unseren Straßen auch zählbaren Realität entwickeln. Die jüngste Katastrophe in Japan ruft uns allerdings die Problematik CO2-neut-raler Stromerzeugung in Erinnerung. Nicht vergessen werden dürfen zudem die eingeschränkten Voraussetzungen und Kapazitäten vieler Länder, auch von Deutschland, hinsichtlich regene-rativer Stromerzeugung. Politik und Energieversorger stehen hier vor einer großen Herausforderung.

KSPG in motion: Die Autobauer ha-ben sich bereits positioniert?

Köhler: Wir sehen ganz eindeutig, dass sich die Automobilhersteller of-fiziell klar und deutlich auf die Seite der Elektromobilität gestellt haben. Ihr Ziel ist es, auch in ferner Zukunft Fahr-zeuge zu verkaufen, aber nicht unbe-dingt Verbrennungsmotoren. So sehr der eine oder andere Hersteller auch für seine Motoren gerühmt wird, so wenig werden diese Unternehmen ihre Existenz gefährden, indem sie irgend-wann zu den ewig Gestrigen zählen. Nein, sie werden versuchen, mit dem Stand der Technik mitzuhalten, besser noch, diesen weiterhin maßgeblich zu bestimmen. Sie werden versuchen, alsbald für den Nutzer durchaus zu-frieden stellende Fahrzeugangebote in den Markt zu bringen. Und sie erwar-ten natürlich von den aufge-schlossenen Zulieferern, dass sie diesen Weg eindeutig mitgehen. Insofern kann ich nur empfehlen, genau hinzuhören, wo unsere Kun-den hin wollen,

und zu prüfen, welchen Weg wir mitge-hen können.

KSPG in motion: Wobei es Grenzen gibt.

Köhler: Richtig! Wir können natürlich nicht beliebige Sprünge machen, und wir können nicht sinnlos investieren in unsichere Zukunftskonzepte. Aber ich denke, wir sollten uns weiterhin als starker Partner der Automobilindu-strie anbieten, um dort stark zu blei-ben, wo wir stark sind, und dort stark zu werden, wo es neue Chancen einer sinnvollen Betätigung gibt. Und wir werden sicher, wenn wir uns darauf einlassen, auch strategische Produk-te identifizieren, von denen wir in Zu-kunft profitieren können. Wir müssen jetzt in die Zukunft investieren, nicht nur finanziell, sondern vor allem ge-danklich.

„Kilometer verkaufenwie Handy-Minuten“ Prof. Dr. Eduard Köhler zum Thema Elektromobilität

Skizziert Perspektiven: Professor Dr. Eduard Köhler verantwortet bei Kolben-schmidt Pierburg im Rahmen der Vorentwicklung das Thema „Elektrotraktion“.

Foto

: Th

omas

Klin

k

Foto

: sh

utte

rsto

ck

Antriebe, die auf das jeweilige

individuelle Nutzer-profil passgenau zuge-

schnitten sind – auch hier ist der Weg das Ziel, selbst wenn

Letzteres aus heutiger Sicht noch nicht in jedweder Hinsicht und Band-

breite eindeutig verifiziert und definiert ist.