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J. Omithol. 139, 121-129 (1998) © Deutsche Ornithologen-Gesellschaft/Blackwell Wissenschafts-Verlag,Berlin ISSN 0021-8375 Ein Archaeotrogon (Aves: Archaeotrogonidae) aus dem Mittel-Eoz~in der Grube Messel (Hessen, Deutschland)? Gerald Mayr Forschungsinstitut Senckenberg, Sektion ftir Ornithologie, Senckenberganlage25, D-60325 Frankfurt/Main Summary An Archaeotrogon (Aves: Archaeotrogonidae) from the Middle Eocene of the Grube Messel (Hessen, Germany)? A bird from the Middle Eocene of the Grebe Messel (Hessen, Deutschland) is described as a new genus and species of the Archaeotrogonidae Mourer-Chauvir6 1980 (incertae sedis). The specimens from Messel would be the first articulated skeletons of this family. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. is distinguished from the genus Archaeotrogon Milne-Edwards 1892 in the morphology of the coracoid. The excellent preservation of the wing feathers and those of the tail in several of the specimens is exceptional. Some tail feathers of the holotype are barred, which might be traced back to the original pigmentation of these feathers. The phylogenetic position of the Archaeotrogonidaeis discussed. At present no synapomorphiesare known, which could set up a closer relationship between this family and one of the existing orders. Key words: fossil birds, Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., Archaeotrogonidae Mourer-Chauvir6 1980, feather preservation, phylogeny. Zusammenfassung Ein Vogel ans dem Mittel-Eoz~ der Grube Messel (Hessen, Deutschland) wird als neue Gattung und Art der Archaeotrogonidae Mourer-Chauvir6 1980 beschrieben (incertae sedis). Die Exemplare ans Messel waren die ersten artikulierten Skelette dieser Familie. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. unterscheidet sich vor allem im Ban des Coracoids von der Gattung Archaeotrogon Milne-Edwards 1892. Besonders bemerkenswert ist die ausgezeichnete Erhaltung der Fliigel- und Schwanzbefiede- rung einiger Exemplare. Einige Schwanzfedem des Holotypus zeigen eine Querb~inderung, welche mrglicherweise anf die urspriJnglichePigmentierung dieser Federn zurtickzuftihren ist. Die phyloge- netische Stellung der Archaeotrogonidae wird diskutiert. Zur Zeit sind keine Synapomorphien be- kannt, welche diese Familie mit einer der bestehenden Ordnungen verbinden. Einleitung In den obereoz/inen bis oberoligoz/inen Spal- tenftillungen des Quercy (Frankreich) zahlen die Archaeotrogons zu den am h~iufigsten ge- fundenen Kleinvrgeln. Es sind vier Arten einer Gattung (Archaeotrogon Milne-Edwards 1892) bekannt, die jedoch nur in Form von isolierten Skelettelementen vorliegen, darunter das proxi- male Ende der Scapula, das Coracoid, sowie die wichtigsten Knochen der Vorder- und Hinter- extremit~it. Mourer-Chauvir6 (1980) fagte alle Arten in der Familie Archaeotrogonidae zu- sammen. Wie schon aus dem Namen hervor- geht, wurden diese Vrgel ursp~nglich ftir Ver- wandte der pantropischen Trogoniformes (Tro- gons, mit der einzigen rezenten Familie Trogo- nidae) gehalten (Milne-Edwards 1892, Mourer- Chauvir6 1980). Kiarzlich stellte Mourer-Chau- vir6 (1995) die Archaeotrogons jedoch zu den Caprimulgiformes (Schwalmvrgeln). Weder die eine, noch die andere Zuordnung wurde abet im Sinne einer phylogenetischen Systema- tik mit abgeleiteten Merkmalen begrtindet. U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0021-8375/98/13902-0121 $11.00/0

Ein Archaeotrogon (Aves: Archaeotrogonidae) aus … Extremitas stemalis und der Scapus clavi- culae sind schmal, letzterer verbreitert sich aber zur Extremitas omalis; eine Apophysis

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Page 1: Ein Archaeotrogon (Aves: Archaeotrogonidae) aus … Extremitas stemalis und der Scapus clavi- culae sind schmal, letzterer verbreitert sich aber zur Extremitas omalis; eine Apophysis

J. Omithol. 139, 121-129 (1998) © Deutsche Ornithologen-Gesellschaft/Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0021-8375

Ein Archaeotrogon (Aves: Archaeotrogonidae) aus dem Mittel-Eoz~in der Grube Messel (Hessen, Deutschland)?

Gerald Mayr

Forschungsinstitut Senckenberg, Sektion ftir Ornithologie, Senckenberganlage 25, D-60325 Frankfurt/Main

Summary

An Archaeotrogon (Aves: Archaeotrogonidae) from the Middle Eocene of the Grube Messel (Hessen, Germany)?

A bird from the Middle Eocene of the Grebe Messel (Hessen, Deutschland) is described as a new genus and species of the Archaeotrogonidae Mourer-Chauvir6 1980 (incertae sedis). The specimens from Messel would be the first articulated skeletons of this family. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. is distinguished from the genus Archaeotrogon Milne-Edwards 1892 in the morphology of the coracoid. The excellent preservation of the wing feathers and those of the tail in several of the specimens is exceptional. Some tail feathers of the holotype are barred, which might be traced back to the original pigmentation of these feathers. The phylogenetic position of the Archaeotrogonidae is discussed. At present no synapomorphies are known, which could set up a closer relationship between this family and one of the existing orders.

Key words: fossil birds, Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., Archaeotrogonidae Mourer-Chauvir6 1980, feather preservation, phylogeny.

Zusammenfassung

Ein Vogel ans dem Mittel-Eoz~ der Grube Messel (Hessen, Deutschland) wird als neue Gattung und Art der Archaeotrogonidae Mourer-Chauvir6 1980 beschrieben (incertae sedis). Die Exemplare ans Messel waren die ersten artikulierten Skelette dieser Familie. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. unterscheidet sich vor allem im Ban des Coracoids von der Gattung Archaeotrogon Milne-Edwards 1892. Besonders bemerkenswert ist die ausgezeichnete Erhaltung der Fliigel- und Schwanzbefiede- rung einiger Exemplare. Einige Schwanzfedem des Holotypus zeigen eine Querb~inderung, welche mrglicherweise anf die urspriJngliche Pigmentierung dieser Federn zurtickzuftihren ist. Die phyloge- netische Stellung der Archaeotrogonidae wird diskutiert. Zur Zeit sind keine Synapomorphien be- kannt, welche diese Familie mit einer der bestehenden Ordnungen verbinden.

Einleitung

In den obereoz/inen bis oberoligoz/inen Spal- tenftillungen des Quercy (Frankreich) zahlen die Archaeotrogons zu den am h~iufigsten ge- fundenen Kleinvrgeln. Es sind vier Arten einer Gattung (Archaeotrogon Milne-Edwards 1892) bekannt, die jedoch nur in Form von isolierten Skelettelementen vorliegen, darunter das proxi- male Ende der Scapula, das Coracoid, sowie die wichtigsten Knochen der Vorder- und Hinter- extremit~it. Mourer-Chauvir6 (1980) fagte alle

Arten in der Familie Archaeotrogonidae zu- sammen. Wie schon aus dem Namen hervor- geht, wurden diese Vrgel ursp~nglich ftir Ver- wandte der pantropischen Trogoniformes (Tro- gons, mit der einzigen rezenten Familie Trogo- nidae) gehalten (Milne-Edwards 1892, Mourer- Chauvir6 1980). Kiarzlich stellte Mourer-Chau- vir6 (1995) die Archaeotrogons jedoch zu den Caprimulgiformes (Schwalmvrgeln). Weder die eine, noch die andere Zuordnung wurde abet im Sinne einer phylogenetischen Systema- tik mit abgeleiteten Merkmalen begrtindet.

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0021-8375/98/13902-0121 $11.00/0

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122 Journal ftir Ornithologie 139, 1998

Erstaunlicherweise waren Archaeotrogons bisher in der reichhaltigen Kleinvogelfauna der mitteleoz~tnen Fundstelle Messel bei Darmstadt (Hessen) unbekannt. In der vorliegenden Arbeit wird nun erstmals eine Art aus Messel dieser Familie zugeordnet (betreffs Angaben zur Fundstelle siehe Schaal & Ziegler 1988).

Material und Methode

Die anatomische Nomenklatur sowie die Richtungs- angaben folgen Baumel & Witmer (1993). Die MafSe repr~isentieren die MaximallS.nge entlang der L~ings- achse, nur beziiglich der Lange der Krallen wurde die Entfernung vom Tuberculum extensorium zum Apex phalangis gemessen.

Die beschriebenen fossilen Vrgel stammen aus dem Hessischen Landesmuseum ftir Naturkunde, Darmstadt (HLMD), und aus dem Forschungsinstitut Senckenberg, Frankfurt a. M, (SMF).

Systematischer Teil

Ordnung inc. sed. (s, Diskussion)

Familie Archaeotrogonidae Mourer-Chauvir6 1980?

Im Vergleich mit den bisher bekannten rezen- ten und fossilen Taxa teilt Hassiavis laticaucla n. gen. n. sp. insgesamt die meisten Uberein- stimmungen mit den Archaeotrogonidae Mou- rer-Chauvir6 1980. Da die vier bekannten Exemplare jedoch mehr oder minder stark ver- drtickt sind, ist die Vergleichbarkeit einge- schr~inkt.

Folgende abgeleitete Merkmale (im Ver- gleich mit allgemein als ,,primitiv" angesehe- nen neognathen Vrgeln, z. B. den Galliformes) krnnten eine Monophylie des Taxons (Hassia- vis + Archaeotrogon) begrtinden:

(1) Humerus kurz und kr~iftig mit grofAem proximalen Ende;

(2) Tuberculum dorsale (Humerus) wohlent- wickelt und langgestreckt (Abb. 1A, 1; sichtbar bei SMF-ME 601);

(3) Caput humeri (Humerus) grof5 (Abb. 1A, 2; sichtbar bei HLMD Me 9047b, links);

(4) Ansatzstelle des Musculus scapulohume- falls caudalis (Humerus) weit nach ventral ge-

zogen (Abb. 1A, 3; sichtbar bei HLMD Me 9047b, links);

(5) Tibiotarsus mit medio-lateral breitem di- stalen Gelenkkopf und weiter Incisnra intercon- dylaris;

(6) Foramen vasculare distale (Tarsometatar- sus) grog und in einer Rinne liegend.

Insbesondere im Bau des Coracoids (s. u.) weicht H. laticauda zwar deutlich von den At- ten der Gattung Archaeotrogon ab. Die bloBe Feststellung yon morphologischen Unterschie- den kann allerdings gmnds~itzlich nicht zur Be- grtindung einer Nicht-Verwandtschaft herange- zogen werden.

Hassiavis n. gen.

Typusart: Hassiavis laticauda n. sp., einzige bekannte Art der Gattung. Diagnose: Hassiavis n. gen. unterscheidet sich von der Gattung Archaeotrogon dadurch, dab der Processus acrocoracoideus des Coracoids kr~iftig und in ventraler Sicht hakenfrrmig ist (HLMD Me 9047), w~rend er bei Archaeotro- gon weiter nach proximal verl~ingeIt und abge- rundet ist (Abb. 1B, 4).

Das (von Archaeotrogon nicht bekannte) Sternum von Hassiavis besitzt eine kurze gega- belte Spina externa. Die Phalanx distalis digiti majoris tr~igt einen ventral weisenden Fortsatz an ihrem proximalen Ende. Namensgebung: Von hassia (lat.): ,,Hessen" und avis (lat.): ,,Vogel".

Hassiavis laticauda n. sp.

Holotypus: HLMD Me 9047a+b (Abb. 2, 3: artikuliertes Skelett rnit Abdruck des caudalen Sch~idelbereichs) in der Sammlung des Hessi- schen Landesmuseums, Darmstadt. Typus-Lokalit~t: Grube Messel (Hessen, Deutschland). Typus-Horizont: unteres Mittel-Eoz~in (Gei- seltalium). Diagnose: Kleinste bekannte Art der Archaeo- trogonidae und einzige Art der Gattung, daher Diagnose wie Gattung (Mal3e siehe Tabellen 1 und 2). Zugeordnete Exemplare: SMF-ME 601 (cra- niale H~ilfte eines attikulierten Skelettes), SMF- ME 814a+b (Abb. 5: rechter Fltigel), SMF-ME 1772a+b (artikuliertes Skelett ohne Sch~idel);

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alle in der Sammlung des Forschungsinstitutes Senckenberg, Frankfurt a. M. Namensgebung: Von latus (lat.): ,,breit" und cauda (lat.): ,,Schwanz".

Beschreibung und Vergleich

Sch~idel: Der Sch~idel ist bei allen Exemplaren so schlecht erhalten, dab nicht einmal die Form des Schnabels zu erkennen ist. Letzterer wird bei SMF-ME 601 offensichtlich vom Cranium tiberdeckt und war daher wohl nicht sehr lang, da er sonst bei der Einbettung des Vogels zur Seite gedrtickt worden w~e.

Wirbel: Die Halswirbel sind kurz, ihre Pro- cessus costales etwa halb so lang wie der Cor- pus vertebrae. Der Arcus vertebrae des zweiten Halswirbels ist sehr schmal (SMF-ME 601). Der Processus transversus der Schwanzwirbel ist lang.

Coracoid: Wie schon oben erwNlnt, weicht das Coracoid von Hassiavis n. gen. durch den groBen und hakenffrmigen Processus acrocora- coideus und die stark ausgebildete Facies arti- cularis clavicularis von dem der Gattung Ar- chaeotrogon (Abb. 1B) ab. Leider sind sowohl der Processus procoracoideus (Abb. 1B, 5) als auch die Dorsalseite des Coracoids an keinem Exemplar sichtbar. Ob der Processus lateralis der Extremitas sternalis ebenso wie derjenige von Archaeot'rogon (Abb. 1B, 6) abgernndet ist, 1NSt sich ebenfalls nicht eindeutig feststel- len. Insgesamt wirkt das Coracoid gedrungener als das von Archaeotrogon.

Scapula (Abb. 4A): Die Scapula (SMF-ME 601) ist sehr gestreckt, das Acromion (HLMD Me 9047a, SMF-ME 814a) klein.

Furcula: Die Furcula (HLMD Me 9047a, SMF-ME 814a) ist ungewfhnlich breit U-ffr- mig (Abb. 2), wodurch sie derjenigen von Stea- tornis caripensis (Caprimulgiformes) 5.hnelt. Die Extremitas stemalis und der Scapus clavi- culae sind schmal, letzterer verbreitert sich aber zur Extremitas omalis; eine Apophysis furculae fehlt (die Trogonidae, und innerhalb der Capri- mulgiformes die Caprimulgidae und Nyctibii- dae besitzen dagegen eine Apophysis furculae).

Rippen: An SMF-ME 601 lassen sich neun Vertebralrippen zahlen.

Sternum (Abb. 4B): Das Sternum, das bisher von den Archaeotrogonidae unbekannt war, ist knapp so lang wie breit; es ~ihnelt beziiglich

A;_ I

4 ~ " N

6

Abb. 1. Archaeotrogon venustus Milne-Edwards 1892. A) rechter Humerus; B) rechtes Coracoid. Beide nach einer Abbildung in Mourer-Chauvir6 1980. Magstab = 5 ram. 1 - Tuberculum dorsale; 2 - Caput humeris; 3 - Ansatzstelle des Musculus scapulohumeralis cauda- lis; 4 - Processus acrocoracoideus; 5 - Processus procoracoideus; 6 - Processus lateralis. Fig. 1. Archaeotrogon venustus Milne-Edwards 1892. A) right humerus, B) right coracoid. Both after a figure in Mourer-Chauvir6 1980. Scale = 5 mm. 1 - tuberculum dorsale; 2 - caput humeris; 3 - at- tachment site of musculus scapulohurneralis cauda- lis; 4 - processus acrocoracoideus; 5 - processus procoracoideus; 6 - processus lateralis.

seiner Proportionen sowohl dem der Trogoni- dae, als anch dem der Nyctibiidae (Caprimulgi- formes). Bei SMF-ME 814a ist eine kurze, aber deuflich gegabelte Spina externa erhalten (Abb. 4B, 1). Die Processus craniolaterales (Abb. 4B, 2) sind klein, vier Processus articulares sterno- costales sind sichtbar (HLMD Me 9047b). Die Margo caudalis tr~igt zwei Paar nicht sehr tiefe Einschnitte (HLMD Me 9047a). Die Trabecu- lae laterales (Abb. 4B, 3) sind urn einiges brei- ter als die Trabeculae intermediae (Abb. 4B, 4), Querforts~itze fehlen an allen vier Trabeculae. Die Trabecula mediana (Abb. 4B, 5) ist weit und rechteckig. Die Carina sterni ist yon durch- schnittlicher H6he (Abb. 2).

Humerus: Der kurze und kr~iftige Humerus

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Abb. 2. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. (Holoty- pus, HLMD Me 9047a), Skelett yon ventral, zur Kontrasterh6hung mit Ammoniumchlorid bedampft. M~stab = 1 cm. Fig. 2. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. (holotype, HLMD Me 9047a), ventral side of skeleton, covered with ammoniumchloride to enhance contrast. Scale = lcm.

ahnelt dem der Gattung Archaeotrogon (Abb. 1A). Sein Schaft ist kaum gebogen. Die Crista deltopectoralis ist langgestreckt, dadurch wirkt das proximo-dorsale Ende des Humerus abge- schr~igt (SMF-ME 601, SMF-ME 814). Am Holotypus ist dies allerdings, meines Erachtens taphonomisch bedingt, nicht klar zu sehen. Das Tuberculum dorsale (Abb. 1A, 1) ist deutlich (SMF-ME 601), das Caput humeri (Abb. 1A, 2) groB (HLMD Me 9047b, links). Die Ansatzstel- le des Musculus scapulohumeralis caudalis (Abb. 1A, 3) reicht welter nach ventral als das Tuberculum ventrale (HLMD Me 9047b, links). Der Processus flexorius ist kurz.

Ulna: Die Ulna ist l~nger als der Humerus, Einzelheiten dieses Knochens sind jedoch nicht zu erkennen.

Abb. 3. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. (Holoty- pus, HLMD Me 9047b), Skelett yon dorsal mit Re- sten von Handschwingen und Schwanzfedern. Man beachte die Querb~nderung der Schwanzfeder unten im Bild (Foto: S. Tr'~inkner). MaBstab = 1 cm. Hg. 3. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. (holotype, HLMD Me 9047b), dorsal side of skeleton with re- mains of rectrices and remiges. Notice the barred rectrix in the lower part of the picture. (photo: S. Trankner). Scale = 1 cm.

Carpometacarpus: Der Carpometacarpus ist etwa halb so lang wie die Ulna und ~ n e l t dem der tibrigen Archaeotrogons. Das Os metacar- pale minus verl~iuft parallel zum Os metacarpa- le majus, beide sind gleich lang. Die Symphysis metacarpalis distalis ist schrnal, ein Processus interrnetacarpalis fehlt. Der Processus pisifor- mis sitzt zentral auf der Trochlea carpalis. Der Processus extensorius (HLMD Me 9047a) ist lang, abet deutlich ktirzer und nicht so spitz zulaufend wie derjenige von Archaeotrogon (vor allem A. zitteli und A. cayluxensis).

Sonstige Elemente des Fltigels: Die Hand ist etwas l~inger als der Humerus. Die Phalanx di- gift alulae ist lang und spitz, die Facies articula-

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G. Mayr- Ein Archaeotrogon aus der Grube Messel

Tab. 1. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., L~inge der Extremit~itenknochen (links/rechts, in mm). Table 1. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., length of limb bones (left/right, in ram).

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Humerus Ulna Carpometa- Tibiotarsus Tarsometa- carpus tarsus

HLMDMe9047 ~20,5 / 20,5 ~24,1/-23,9 -12,7/ 1 3 , 1 25,0/24,6 12,0/12,2 SMF-ME 601 ? / 20,5 -24,3 / ~24,3 N13,2 / ~13,2 SMF-ME 814 / ~20,6 / ~23,8 /~12,5 SMF-ME 1772 ~20,3 / ~20,3 -22,3 / 23,7 -12,7 / ~12,7 ~12,2 /

Tab. 2. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., Lange der Zehenglieder (von proximal nach distal numeriert, in mm) Table 2. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., length of pedal phalanges (numbered from proximal to distal, in ram).

I1 I2 II1 II2 II3 III1 III2 III3 III4 IV1 IV2 IV3 IV4 IV5

HLMD Me 9047 4,4 2,5 3,9 3,9 2,8 3,2 3,2 4,1 2,9 2,8 2,5 2,5 2,5 ~2,3

ris metacarpalis der ebenfalls langen Phalanx distalis digiti majofis tr~igt einen ventrad wei- senden Fortsatz (HLMD Me 9047b, links, SMF-ME 601, links; Abb. 4C, 6). Die Fossa ventralis der Phalanx proximalis digiti majoris ist in zwei Mulden geteilt (HLMD Me 9047b, links; Abb. 4C, 7).

Becken: Das Becken ist kurz und breit, l ~ t aber keine Details erkennen.

Tibiotarsus: Der Tibiotarsus ist lang und schlank. Die Cristae cnemiales sind nicht ver- gr6Bert, die Crista fibularis ist kurz und niedrig. Das distale Ende dieses Knochens ist medio-la- teral weit, ungef~ihr doppelt so breit wie der

2 1

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Abb. 4. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. A) rechte Scapula (schematische Rekonstruktion nach SMF-ME 601 und HLMD Me 9047a); B) Sternum (schematische Rekonstrnktion nach HLMD Me 9047, Spina externa nach SMF-ME 814a); C) distaler Tell des Fltigels (nach HLMD Me 9047b, links). Magstab = 5 mm. 1 - gegabelte Spina externa; 2 - Processus craniolateralis; 3 - Trabecula lateralis; 4 - Trabecula intermedia; 5 - Trabecula mediana; 6 - Fortsatz an der Phalanx distalis digiti majoris; 7 - Fossa ventralis der Phalanx proximalis digiti majoris. Fig. 4. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. A) right scapula (schematic reconstruction after SMF-ME 601 and HLMD Me 9047a); B) sternum (schematic reconstruction after HLMD Me 9047, spina externa after SMF-ME 814a); C) distal part of wing (after HLMD Me 9047b, left side). Scale = 5 mm. 1 - forked spina externa; 2 - processus craniolateralis; 3 - trabecula lateralis; 4 - trabecula intermedia; 5 - trabecula mediana; 6 - process on phalanx distalis digiti majoris; 7 - fossa ventralis of phalanx proximalis digiti majoris.

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Schaft. Condylus medialis und Condylus late- ralis sind klein, die Incisura intercondylaris ist breit.

Tarsometatarsus: Der Tarsometatarsus ist etwa halb so lang wie der Tibiotarsus. Sein Schaft ist schlank, verbreitert sich aber zum distalen und proximalen Ende. Die Impressio ligamenti collateralis ventralis ist ein deutlicher H6cker. Entlang der proximalen HS.lfte der Plantarseite verl~iuft eine Crista medianoplanta- ris. Wie bei den anderen Archaeotrogons ist das Foramen vasculare distale grog und liegt in einer Rinne. Details des distalen Endes sind nicht zu erkennen, die Trochleae metatarsi II und IV scheinen jedoch wie bei A rchaeotrogon ktirzer zu sein als die Trochlea metatarsi III. Beztiglich seiner Proportionen ~ n e l t dieser Knochen mehr dem Tarsometatarsus yon A. ve- nustus als dem von A. zitteli, der gedrungener ist.

Zehen: Der Fug ist anisodactyl, die Phalan- genformel und die Proportionen der Phalangen sind normal. Zweite und vierte Zehe haben etwa dieselbe L~inge und sind ktirzer als die dritte Zehe. Der weir distal ansetzende Hallux ist wohlentwickelt, wahrscheinlich im Zusam- menhang damit ist der Processus articularis tar- sometatarsalis des Os metatarsale I verl~ingert (HLMD Me 9047b). Die Krallen sind von durchschnittlicher L ~ g e und nur wenig ge- krfimmt. Am linken Fug von HLMD Me 9047 ist die dritte Zehe weit yon der vierten gespreizt. Bei den Trogonidae (und auch bei fast allen

coraciiformen V/Sgeln) sind die basalen Phalan- gender dritten und vierten Zehe dagegen bin- degewebig miteinander verbunden, was sich bei Vfgeln aus Messel, zumal wenn sogar noch die Federn an den Knochen befestigt sind, durch eng aneinandergelagerte Zehen bemerk- bar machen mtil3te.

Befiederung: Die Befiederung der meisten Exemplare (HLMD Me 9047, SMF-ME 601, SMF-ME 814) ist sehr gut erhalten. Der Fltigel ist weder lang noch kurz, weder spitz noch abgerundet; an den KOrper angelegt, diirfte er etwa bis zur H~ilfte des Schwanzes gereicht haben. Die distalen Remiges primarii (RP) un- terscheiden sich nut wenig in ihrer L ~ g e , bei SMF-ME 601 und HLMD Me 9047 migt die ~,iugerste Handschwinge ungef~ihr 56 ram. Bei den Caprimulgiformes sind dagegen die ~iuge- ren RP verl~ingert; der Fltigel der Trogonidae ist rundlicher, die ~iugeren RP sind deutlich ver- kiJrzt. Am Exemplar SMF-ME 814 (Abb. 5) lassen sich blog neun RP z ~ l e n - falls dies tats~ichlich der Anzahl der Handschwingen yon H. laticauda entspricht, w ~ e es sehr bemer- kenswert, da unter den rezenten V6geln nut einige Passeriformes neun Handschwingen be- sitzen (vielleicht handelt es bei diesem Sttick jedoch um ein mauserndes Tier, oder eine Handschwinge ist, ebenso wie die Armschwin- gen, verlorengegangen). An den anderen Exemplaren ist die Zahl der RP nicht zu z~ihlen. Bei SMF-ME 814 und SMF-ME 601 sind Tec- trices primariae majores erhalten, die etwa ein

Abb. 5. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. (SMF-ME 814a), rechter Fltigel mit Hand- schwingen (Foto: S. Tr~in- kner). Magstab = 1 cm. Fig. 5. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. (SMF-ME 814a), right wing with rectrices (pho- to: S. Tr~inkner). Scale = 1 cm.

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Drittel der L~nge der liP erreichen (SMF-ME 601: etwa 13 mm, SMF-ME 814: etwa 15 ram). Remiges secundarii (RS) sind nur bei SMF-ME 601 sichtbar, abet so ineinander gefaltet, dab ihre Anzahl schlecht abzusch~itzen ist, sie dtirfte ungefmhr zwischen 10 und 15 gelegen haben. Die RS sind etwas kiirzer als die RP. Bei SMF- ME 814 ist ein 21 mm langer Alularemex tiber- liefert.

Der Schwanz (HLMD Me 9047) ist lang und breit, sein Ende leicht abgemndet. Er erinnert sehr an den der Caprimulgidae (z. B. Caprimul- gus europaeus). Die Rectrices sind von ann~i- hernd gleicher LS~nge (die mittleren messen un- gef~hr 54 mm) und etwa so lang wie die Hand- schwingen. Am Exemplar HLMD Me 9047 las- sen sich rechts 5-6 und links 4-5 Federsch~ifte zahlen. Bei den meisten Caprimulgidae (auger Nyctidromus albicollis), bei den Nyctibiidae und den Steatomithidae (alle Caprimulgifor- mes) sind die Handschwingen dagegen wesent- lich l~inger als die Schwanzfedern, bei den Tro- gonidae sind sie meistens ktirzer. Bei den Ae- gothelidae und Podargidae (ebenfalls Capri- mulgiformes) ist die L~inge der Rectrices eben- so wie bei den meisten Trogonidae von auBen nach innen abgestuft.

Einige Schwanzfedern des Holotypus zeigen Reste einer Querbanderung, wie sie bei vielen rezenten V6geln (u.a. den Caprimulgiformes und innerhalb der Trogonidae bei der Gattung Trogon) zu beobachten ist (Abb. 3). Da in Mes- sel Pigmentmuster auch an den Fltigeldecken yon K~ifern tiberliefert sind (z. B. Abb. 95 in Lutz 1988), ist es durchaus m6glich, dab diese B~ndemng auf die ursprtingliche Pigmentie- rung der Fedem zuriickzufiihren ist. Das ware besonders interessant, da Wuttke (1983) die Federreste bei V6geln ans Messel durch lithifi- zierte Bakterienrasen erklart. Es ist zu prtifen ob, und unter welchen Umst~inden, bei einer derartigen Erhaltung ein Farbmuster tiberliefert werden kann.

Diskus~on

Bisher sind die Archaeotrogonidae nur in eoz~i- nen und oligoz~inen Ablagerungen Europas ge-

funden worden. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp. ware zwar der ~ilteste beschriebene Vertreter

dieser Familie, in der Privatsammlung M. Da- niels (Clacton-on-Sea, England) befindet sich jedoch eine weitere Art aus dem Unter-Eoz~in des London Clay.

Da insbesondere der Schnabel der Archaeo- trogons noch unbekannt ist, kann nur wenig tiber die Lebensweise dieser V6gel gesagt wer- den. Der Ban des FuBes yon H. laticauda, vor allem die lange Hinterzehe und der kurze Lauf, zeigt, dab diese Art an das Sitzen auf Zweigen angepaBt war; die Befiederung (Abb. 6), in er- ster Linie der stark fl~ichenbelastete Schwartz, deutet auf die im dichteren Bewuchs ben6tigte F~ihigkeit zum wendigen Man6vfieren.

Wie eingangs erw~ihnt, wurden die Archaeo- trogonidae entweder zu den Trogoniformes oder zu den Caprimulgiformes gestellt. Eine Monophylie des Taxons (Archaeotrogonidae + Trogonidae) kann nicht iiberzeugend begriindet werden und die meisten Ahnlichkeiten zwi- schen den beiden Familien dtirften plesiomorph sein. Zwei isolierte Tarsometatarsi in der Sammlung Daniels legen nahe, dab es echte Trogons mit dem ftir die Trogonidae charakte- ristischen heterodactylen FuB (d. h. einer nach plantar gerichteten zweiten Zehe) schon im Un- ter-Eozan des London Clay gab. Es gibt aber auch nut wenige Gemeinsamkeiten, die fiir eine Zuordnung der Archaeotrogonidae zu den Ca- primulgiformes sprechen. Da nicht einmal die Monophylie aller rezenter Caprimulgiformes

Abb. 6. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., Rekon- struktion der Befiederung von Fliigel und Schwanz. MaSstab = 2 cm. Fig. 6. Hassiavis laticauda n. gen. n. sp., reconstruc- tion of the feathering of wing and tail, Scale = 2 cm.

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(Steatomithidae, Podargidae, Aegothelidae, Nyctibiidae und Caprimulgidae) gesichert ist (s. Cracraft 1988), ist es natiirlich noch weniger m6glich, diese unter Einschluf5 der Archaeotro- gonidae zu belegen. Mourer-Chauvir6 (1980: 20) hob die Ahnlichkeiten zwischen dem Hu- merus der Archaeotrogonidae und dem der Ca- primulgidae hervor, wobei besonders das groge proximale Ende einige abgeleitete Oberein- stimmungen zeigt (z. B. das sehr stark entwik- kelte Tuberculum ventrale). Die Archaeotro- gons k6nnten jedoch nur die Schwestergruppe des Taxons (Nyctibiidae + Caprimulgidae) sein, da die Monophylie dieser beiden rezenten Familien durch folgende Merkmale gut begrtin- det werden kann: (1) Os palatinum plattenf6r- mig vergr6gert; (2) Processus orbitalis des Quadratums stark verktirzt; (3) caudale H/ilfte der Mandibel dorso-ventral abgeplattet; (4) Processus acrocoracoideus (Coracoid) ver- gr6gert und rundlich; (5) Processus procoracoi- deus (Coracoid) reduziert; (6) ~iugere Hand- schwingen verl~ngert.

Davon findet sich bei den Archaeotrogonidae nur Merkmal (5), zumindest (4) und (6) fehlen (tiber die ersten drei lassen sich keine Aussagen treffen, weil die entsprechenden Skelettelemen- te nicht bekannt sind). Allerdings ist die Vor- derextremi~'t aller Caprimulgiformes relativ zum K6rper wesentlich langer als die der Ar- chaeotrogonidae, der Humerus nicht so kurz und gedrungen, der Hallux ktirzer und dem Sternum fehlt eine Spina exterua. Jeweils eine Art der Caprimulgidae und der Nyctibiidae ist aus den Spaltenftillungen des Quercy beschrie- ben worden (Mourer-Chauvir6 1988a, 1988b). Von beiden liegen zwar nur fragmentarische Reste vor, wenn aber auch nut eine der beiden Zuordnungen richtig ist, mtissen aufgrund des oben begrtindeten Schwestergruppenverh~ilt- hisses beide Familien schon seit dem Eoz~in bzw. Oligoz~in existieren.

Ebenso viele abgeleitete Merkmale wie mit einigen Caprimulgiformes teilen die Archaeo- trogonidae auch mit der Gattung Aegialornis Lydekker 1891, mit der sie bisher noch nicht in Verbindung gebracht wurden. Dieses aus dem Eoz~l bekannte Taxon wird heute allgemein an die Apodiformes (Segler) angegliedert (Peters 1985, Mourer-Chauvir61988c). Abgesehen da- von, dab der Humerus von Aegialornis noch

ktirzer ist und einen grogen Processus supra- condylaris dorsalis aufweist, ~hnelt er demjeni- gender Archaeotrogonidae in seinem Bauplan (Collins 1976 stellte die Gatmng sogar zu den Caprimulgidae). Dariaber hinaus ist die kurze Spina externa des Sternums von Aegialornis ebenfalls leicht gegabelt (Mourer-Chauvir6 1988c) und das distale Ende des Tibiotarsus medio-lateral breit (Mourer-Chauvir6 1995:36 hielt es for schwer unterscheidbar von dem der Archaeotrogonidae).

Da mir die grogsystematische Stellung der Archaeotrogonidae noch nicht ausreichend ge- klSxt scheint, wird die Familie hier als Taxon incertae sedis aufgefiahrt.

Abschliegend sei noch darauf hingewiesen, dab Hassiavis Iaticauda auch einige Gemein- samkeiten mit Neanis schucherti aus dem Un- ter-Eozan der Green River Formation (Wyo- ming, USA) teilt. Dieser Vogel wurde zuerst von Shufeldt (1913) als Vertreter der Passeri- formes (Sperlingsv6gel) beschrieben, sp~iter yon Feduccia (1976) zu den Piciformes (Spechtv6geln) gestellt. Houde & Olson (1989) konnten schlieglich durch eine Neupr~iparation nachweisen, dag wahrscheinlich keine der bei- den Zuordnungen zutrifft und es sich bei N. schucherti um einen ,,aerial specialist, such as goatsuckers and swifts" handelt. Bei beiden Arten ist der Humerus kurz und kr~iftig, die Furcula breit U-f6rmig und der caudale Teil des Sternums stimmt tiberein. Das einzige bekannte Exemplar yon N. schucherti ist allerdings zu fragmentarisch erhalten, um einen genaueren Vergleich zu erm6glichen.

D a n k M. Daniels (Clacton-on-Sea, Essex), C. Mourer-Chauvir6 (Universit6 Claude-Bernard, Lyon), S. Schaal (Forschungs- institut Senckenberg, Frankfurt a. M.), sowie N. Micklich (Hessisches Landesmuseum ftir Naturkunde, Darmstadt) danke ich daftir, dab sie es mir erm6glichten, Exemplare aus den yon ihnen betreuten Sammlungen zu untersuchen.

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Angenommen: 12. Dezember 1997