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Ihr Experte: Michael Kugel Michael Kugel, Gastronomie-, Wein- und Knigge- Experte, lernte sein Handwerk als Koch und Rest- aurantfachmann von der Pike auf. Er gehört mitt- lerweile zu den Top-Referenten Deutschlands und ist Mitglied des Deutschen Knigge-Rates. A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z Suchwortverzeichnis Tipps & Trends Gourmet-Restaurant G 45/1 www.stil.de Ausgabe 5/2011 15 top-thema Ein Besuch im Gourmet-Tempel: So sind Sie fit für den gehobenen Restaurantbesuch In der Top-Gastronomie gibt es besondere Standards, Regeln und Gepflogenheiten. Doch Hand aufs Herz: Wissen Sie, wie die gehobene Gastfreundschaft definiert wird und wie sie sich im Hinblick auf Service, Ausstattung, Auswahl und Angebot vom Durchschnitt abhebt? Nach der Lektüre dieses Beitrags haben Sie Klarheit darüber, was Sie für Ihr Geld in der Top-Gastro- nomie erwarten dürfen und welche aktuellen Spielregeln für Sie als Gast gelten. Die Themen: Erkennen Sie die kleinen, aber feinen Unterschiede? . . . . . . . . . 2 Von der Tischreservierung bis zur Verabschiedung . . . . . . . . . . 2 1. Die Tischreservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2. Die Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Beim Betreten des Restaurants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4. Vor der Menüwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 5. Bei der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 6. Während des Essens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 7. Der Ausklang des Abends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 8. Beim Bezahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 9. Beim Verlassen des Lokals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 DARUM GEHT ES:

Ein Besuch im Gourmet-Tempel: So sind Sie fit für den ... · Gourmet-Restaurant G 45/3 Ausgabe 5/2011 † 17 kontakt am Telefon auf. Rufen Sie außerhalb der Betriebs-zeit an, fordert

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Ihr Experte: Michael KugelMichael Kugel, Gastronomie-, Wein- und Knigge- Experte, lernte sein Handwerk als Koch und Rest- aurantfachmann von der Pike auf. Er gehört mitt- lerweile zu den Top-Referenten Deutschlands und ist Mitglied des Deutschen Knigge-Rates.

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Gourmet-Restaurant G

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top-thema

Ein Besuch im Gourmet-Tempel:So sind Sie fit für den gehobenenRestaurantbesuch

In der Top-Gastronomie gibt es besondere Standards, Regeln und Gepflogenheiten. Doch Hand aufs Herz: Wissen Sie, wie die

gehobene Gastfreundschaft definiert wird und wie sie sich im Hinblick auf Service, Ausstattung, Auswahl und Angebot vom Durchschnitt abhebt? Nach der Lektüre dieses Beitrags haben Sie Klarheit darüber, was Sie für Ihr Geld in der Top-Gastro-nomie erwarten dürfen und welche aktuellen Spielregeln für Sie als Gast gelten.

Die Themen: Erkennen Sie die kleinen, aber feinen Unterschiede? . . . . . . . . . 2 Von der Tischreservierung bis zur Verabschiedung . . . . . . . . . . 2 1. Die Tischreservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2. Die Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Beim Betreten des Restaurants . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4. Vor der Menüwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 5. Bei der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 6. Während des Essens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 7. Der Ausklang des Abends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 8. Beim Bezahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 9. Beim Verlassen des Lokals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

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G 45/2 Gourmet-Restaurant

Erkennen Sie die kleinen, aber feinen Unterschiede?Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie die Preisge-staltung gehobener Restaurants zustande kommt? Wiekann es sein, dass ein Menü im Sterne-Restaurant inklusi-ve der korrespondierenden Weine einen dreistelligen Euro-Betrag kostet, während man im bodenständigen, gutbür-gerlichen Lokal für einen Bruchteil der Summe satt wird?

Es kommt auf die Qualität der Speisen an, aber nicht nur.Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie sich die gehobene Restau-rantkunst vom Standard unterscheidet und wie die Spiel-regeln der gehobenen Restaurantkultur für Sie als Gastaussehen.

Nicht alle Details sind für den Gast sofort auf den erstenBlick ersichtlich. Thomas Nähler, Gastronom (16 PunkteGault Millau) und Inhaber des Restaurants „Zum Steiner-nen Schweinchen“ in Kassel, sagt: „Besonders viel Wertlege ich auf gut ausgebildetes Fachpersonal, in der geho-benen Gastronomie kommt auf sechs Gäste eine Service-kraft. Selbstverständlich sind auch die Lebensmittel hoch-wertig. Wir verarbeiten zum Beispiel keine Zucht-,sondern nur geangelte Fische. Nicht alle Gäste wissen,dass die den dreifachen Preis haben.“

Nach der Lektüre dieses Beitrags wissen Sie, worauf es inder Top-Gastronomie ankommt und wie Sie als Gast Qua-litätsunterschiede erkennen.

Von der Tischreservierungbis zur Verabschiedung

1. Die Tischreservierung

Der erste Eindruck zählt! Deswegen fällt ein erstklassigesRestaurant durch einen positiven und angenehmen Erst-

Eine Service-Kraftauf sechs Gäste

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Gourmet-Restaurant G 45/3

www.stil.de Ausgabe 5/2011

kontakt am Telefon auf. Rufen Sie außerhalb der Betriebs-zeit an, fordert sie ein freundlich besprochener Anrufbe-antworter dazu auf, ihren Reservierungswunsch samtNamen und Telefonnummer zu hinterlassen.

Innerhalb der Betriebszeiten wird Ihr Anruf persönlichund freundlich beantwortet. Um Missverständnisse zuvermeiden, werden Ihre Reservierungswünsche noch ein-mal wiederholt sowie Ihr Name und Ihre Telefonnummerfür Rückfragen notiert.

Wiederholungaller Angaben

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„Fair Play“: Sagen Sie ab, falls Sie verhindert sind

Erstklassige Restaurants haben in der Regel mehr Re-servierungsanfragen als Tische. Häufig kann jederTisch nur einmal am Abend vergeben werden. FallsGäste trotz Reservierung nicht erscheinen, ist das ge-genüber dem Restaurantbesitzer und den abgewiesenenGästen, die keinen Tisch mehr bekommen haben, sehrunfair.

Deswegen gilt Fair Play! Geben Sie Bescheid, sobaldSie wissen, dass Sie …

… die Reservierung nicht wahrnehmen können

… sich mehr als 15 Minuten verspäten

… mit einer geringeren Personenanzahl kommen alsgeplant.

Bedenken Sie, dass auch bei einer telefonischen Reser-vierung ein Vertrag zustande kommt.

In der Londoner Top-Gastronomie ist es zum Beispielüblich, bei der Reservierung die Kreditkartennummermit abzufragen. Bleiben Gäste ohne Absage fern, wirdeine Gebühr zur Deckung des entgangenen Umsatzesabgebucht.

„König Kundedarf

eine königlicheBehandlungerwarten.

Aber nur, wenner sich selbst

königlichbenimmt.“

Michael Kugel

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G 45/4 Gourmet-Restaurant

2. Die Vorbereitung

Noch bevor Sie das Restaurant betreten, wurde Ihr Tischbereits für Sie vorbereitet. Saubere Tischwäsche, frischeBlumen und eine neue Kerze sind kein Zufall.

Auch Sie werden sich auf den Restaurantbesuch vorberei-ten, zum Beispiel indem Sie die passende Kleidung aus-wählen. Der berühmte Gastro-Kritiker Wolfram Siebeckschrieb treffend: „Auch ein Violinkonzert klingt nicht bes-ser, wenn die Zuhörer nicht im Jogging-Anzug im Kon-zertsaal sitzen. Den Smoking tragen Wagnerianer in Bay-reuth ja nicht wegen obsoleter Bekleidungsvorschriften,sondern aus Respekt vor der Leistung der Sänger, desKomponisten und, manchmal, des Regisseurs. Ein Ereig-nis, das ein kulturelles oder zivilisatorisches Glanzlicht inunsere vulgäre Gegenwart setzt, feiert man nicht inShorts. Nicht anders ist es dort, wo Meisterköche, von de-nen es ja auch nicht mehr gibt als gute Sopranistinnenund Tenöre, staunenswerte Höchstleistungen erbringen.“

Recht hat er. Trotzdem gibt es in den meisten Top-Restau-rants keine Bekleidungsvorschriften mehr, denn „KönigKunde“ maßregeln oder bevormunden zu wollen, ist„out“!

Ob sie in seriöser Geschäfts- oder in gepflegter Freizeit-kleidung erscheinen, entscheidet in den meisten Restau-rants nicht mehr darüber, ob Sie willkommen sind und gutbedient werden. Bedenken Sie bei der Kleiderwahl den-noch den Anlass (privat oder beruflich, förmlich oder un-gezwungen) und die Wünsche des Gastgebers, sofern Sieeingeladen sind.

3. Beim Betreten des Restaurants

Wenn Sie das Restaurant betreten, fühlen Sie sich als Gastsofort willkommen. Die Ausstattung ist gehoben, abernicht übertrieben. Sie merken sofort: Die zahlreichen Ser-vice-Kräfte kennen die Etikette und praktizieren sie si-cher, aber ohne Arroganz.

Kein Dresscode

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Gourmet-Restaurant G 45/5

www.stil.de Ausgabe 5/2011

Die geschulte Service-Kraft weiß zum Beispiel: Bei priva-ten Anlässen kümmert sich jeder Herr um seine Dame undist ihr beim An- und Ablegen des Mantels behilflich – so-fern die Dame das wünscht. Die Service-Kraft darf ihreHilfe anbieten, aus den Mänteln helfen und sie zur Garde-robe bringen. Allerdings würde sie sich niemals „vordrän-geln“, um schneller zu sein als der Herr.

„Für Garderobe keine Haftung“: Was tun?

Auch in gehobenen Restaurants hängt häufig ein Schild ander Garderobe. Dort ist zu lesen: „Für Garderobe keineHaftung“. Es stellt sich die Frage: Sollten Sie Ihren wert-vollen Mantel deshalb besser mit an den Tisch nehmen?

Die Antwort lautet: Nein.

Der Mantel besetzt einen ganzen Platz und kann die Ser-vicekraft beim Bedienen behindern. Außerdem kann espraktische Probleme geben: Wer ist etwa schuld, wenn einGlas Wein umkippt und der Mantel dabei verunreinigtwird? Oder wenn der Kellner über den Mantel stolpert,der störend über der Stuhllehne hängt und bis zum Bodenreicht?

Die beste Lösung: Fragen Sie nach, ob man Ihren wertvol-len Mantel für Sie aufbewahren kann, wenn Sie ihn nichtan die unbewachte Garderobe hängen möchten. Oder: Bit-ten Sie gegebenenfalls um einen Tisch, der es Ihnen er-laubt, die Garderobe im Blick zu behalten.

Thomas Nähler ergänzt: „In 17 Jahren ist bei uns noch nieein Mantel abhanden gekommen. Die Gäste sind im Hausbekannt, oft wird die Rechnung verschickt. Im Falle desFalles wäre es leicht zu recherchieren, wenn jemand dieMäntel verwechselt haben sollte.“

Geleit zum Tisch

Nachdem das Garderoben-Problem gelöst ist, geleitet Sieder Ober zum Tisch. Traditionell folgt zuerst die Dame,dann der Herr: Ober – Dame – Herr.

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G 45/6 Gourmet-Restaurant

Die Service-Kraft und der Herr bilden eine Eskorte, umdie Dame zum Tisch zu geleiten. Diese Etikette-Regelstammt noch aus der Zeit, als Damen in Wirtshäusern vorunliebsamen Blicken und vorlauten Burschen geschütztwerden mussten.

Am Tisch angekommen, darf der Ober der Dame denStuhl zurechtrücken und ihr beim Platz nehmen behilflichsein, sofern der Herr diese Aufgabe nicht übernimmt.

Wenn Sie Ihren Blick schweifen lassen, merken Sie: DieRaumaufteilung ist so großzügig, dass Sie die Zweierun-terhaltung am Nebentisch nicht zwangsläufig mithörenmüssen. Ob die Einrichtung modern oder klassisch, puris-tisch oder opulent ist: Sie haben genügend Platz am Tisch,und die Stühle sind bequem.

Organisiert wie die Profis

Des Weiteren fällt Ihnen auf, dass die Fachkräfte gut orga-nisiert sind. Jeder kennt seine Aufgaben und Zuständig-keiten. Je nach Größe des Restaurants sind unterschiedli-che Fachkräfte für Sie im Einsatz.

GroßzügigeRaumaufteilung

So sieht das traditionelle Geleit an den Tisch aus:Zuerst geht der Ober, dann die Dame, dann der Herr.

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Gourmet-Restaurant G 45/7

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Selbstverständlich sind alle Restaurant-Mitarbeiter geschultund keine ungelernten Aushilfskräfte.

Die Fachkräftein der gehobenen Gastronomie

Maître d’hôtel(Oberkellner)

Repräsentant des Hauses, verantwort-lich für Personalplanung, Aus- und Weiterbildung

Gäste begrüßen, an den Tisch gelei-ten, Speisekarten reichen, Bestellung aufnehmen, Überwachung des Ser-vice-Ablaufs

häufig zu erkennen am dunklen An-zug

Sommelier(Wein-Butler)

verantwortlich für den gesamten Wein-Service: Wein vorschlagen, passende Gläser aufstellen, Präsentie-ren undErläutern der Weine, Entkorken undVerkosten vor dem Gast

Sie erkennen ihn an der Traube amRevers

Chef de rang zuständig für mehrere Tische, unter-stützt den Maître d’hôtel

achtet auf die Wartezeiten zwischen den Gängen, füllt Wein und Wasser nach, tranchiert Enten und Braten

hat ein bis zwei Commis unter sich

Demi-Chef(Stellvertreter desChef de rang)

Zwischenstufe zwischen Commis und Chef de rang

Aufdecken der Tische assistiert dem Chef de rang

Commis(Jungkellner)

trägt die Speisen an den Tisch, räumt Geschirr und Gläser ab

tipp: Wünsche oder Reklamationen äußern Sie am bes-ten direkt beim Chef de rang, der für Ihren Tisch zustän-dig ist.

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G 45/8 Gourmet-Restaurant

4. Vor der Menüwahl

Wenn Sie die Menükarten gereicht bekommen, werdenSie bereits gefragt, ob Sie einen Aperitif und Mineralwas-ser wünschen. Schließlich sollen Sie beim Auswählen derSpeisen und der weiteren Getränke nicht auf dem Trocke-nen sitzen.

Bei den Wassersorten haben Sie die Qual der Wahl: mit,ohne oder mit wenig Kohlensäure, aus der Region oderaus der Ferne, mit viel oder wenig Mineralien, Heil-, Mi-neral- oder Tafelwasser, in Raumtemperatur oder gekühlt.Einige wenige exquisite Restaurants haben sogar Wasser-Sommeliers, die bei der Auswahl des korrespondierendenWassers zum Essen beraten.

Klassische Aperitifs

Den spritzigen Auftakt bilden Champagner, Sekt oder an-dere hochwertige Schaumweine wie Cava oder Spumante.Wenn Sie eine ganze Flasche bestellen, wird sie im Sekt-kühler serviert. Das Ein- und Nachschenken übernimmtselbstverständlich der Kellner für Sie.

Kir und Kir royal

Kir, ein Aperitif aus Burgund, besteht klassisch aus Crè-me de Cassis plus Aligoté, einem Weißwein aus Burgund.Es können jedoch auch andere trockene Weißweine ver-wendet werden.

Der klassische Kir royal besteht aus Crème de Cassis plusCrémant de Bourgogne; es geht auch mit trockenem Sektoder Champagner.

geheim-wissen: Bitte ohne Zitrone!

In gehobenen Restaurants wird das Mineralwasser im-mer ohne Zitronenscheibe serviert. Das hat einen gutenGrund: Die Zitrone würde den Geschmack der Weineverfälschen, die zu den Gängen serviert werden.

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Gourmet-Restaurant G 45/9

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Bitter & Co.

Wenn Sie es herb mögen, wählen Sie Aperol, Camparioder den aus Enzian hergestellten Bitter-Aperitif Suze,pur auf Eis oder mit Orangensaft beziehungsweise Tonicgemischt und mit Eiswürfel.

Eine weitere Alternative ist Wermut (Cinzano, NoillyPrat, Vermouth), nicht zu warm oder gar auf Eis. Er wirdim kurzen Shortdrink-Glas (kleiner Tumbler) gereicht.

Pastis ist ein französischer Anisschnaps, der, mit Wasserverdünnt, auf Eis in einem Longdrink-Glas serviert undals Aperitif getrunken wird. Tipp zur Aussprache: DieFranzosen sprechen das „s“ am Wortende mit aus, andersals bei „Paris“.

Klassische Aperitif-Cocktails

Martini (trockener Wermut und Gin, garniert mit grünerOlive), ob gerührt oder geschüttelt, ist Ansichtssache. Dieklassische Servierart ist im „Cocktailspitz“ mit V-förmi-gem Kelch. Für Gin Fizz (Eis, Zuckersirup, Zitronensaft,Dry Gin, Sodawasser) eignet sich ein großer Tumbler.Daiquiri (Eis, weißer Rum, Zitronensaft, Zuckersirup)wird in einer Cocktailschale serviert, Caipirinha (zersto-ßenes Eis, Limettenviertel, Cachaca-Zuckerrohrschnaps)im großer Tumbler.

Sherry

Sherry, ein Wein mit meist 15,5 bis 17,5 VolumenprozentAlkohol, stammt aus Andalusien und wird in einem be-sonderen Verfahren hergestellt. Der klassische Aperitif istder trockene Fino-Sherry, zum Beispiel Manzanilla (ausder Gegend um die Stadt Sanlúcar de Barrameda).

Port

Einige Port-Sorten (White oder Ruby Port) sind für denAuftakt des gehobenen Restaurantbesuchs geeignet. Fra-

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G 45/10 Gourmet-Restaurant

gen Sie die Fachkraft nach der Auswahl und ihren Empfeh-lungen. Häufig gibt es spezielle Angebote und Aperitif-Cocktails, die je nach Saison und Speisekarte variieren.

So schmeckt Gutes noch besser

Wenn Ihnen der Aperitif besonders gut schmeckt, liegtdas wahrscheinlich nicht nur an der Qualität des Getränks,sondern auch an der Qualität des Glases.

Tafelgeschirr, -besteck und die auf das Getränk abge-stimmten, speziellen Gläser sind nicht nur poliert, staub-frei und blitzsauber, sondern auch von erstklassiger Quali-tät. Dabei geht es nicht nur um die Optik. Der Einflussvon Gläsern auf den Geschmack der Getränke ist eineWissenschaft für sich. Diese Erkenntnisse werden in derTop-Gastronomie berücksichtigt und umgesetzt.

Wohin mit Handy und Handtasche?

Auf gar keinen Fall auf den Tisch! Zum einen aus hygieni-schen Gründen und zum anderen, um den Anblick einerschön gedeckten Tafel nicht zu stören. Große Handta-schen können Sie auf dem Boden abstellen. Kleinere Ex-emplare können auf dem leeren Nachbarstuhl platziert, inden Stuhlrücken gestellt und (in sicherer Umgebung) überdie Armlehne gehängt werden.

Handtaschen-Halter lösen das Handtaschen-Problem aufeine ebenso elegante wie pfiffige Weise. Sie werden zumBeispiel an der Tischkante befestigt und sind übers Inter-net zu beziehen.

Herren sollten möglichst alle Gegenstände, die sie nichtbrauchen, zu Hause lassen und die wenigen benötigtenWertsachen am Körper verstauen. Wer sich nicht auf dasMindeste beschränken kann, macht mit ausgebeulten Sak-ko- und Brusttaschen keinen guten Eindruck!

Lassen Sie Ihre Wertsachen auf gar keinen Fall im Mantel,den Sie an der Garderobe abgeben. Das Risiko, dass etwasverschwinden könnte, ist zu groß.

Erstklassige Gläser

Handtaschenhalter

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Gourmet-Restaurant G 45/11

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Dezenter Umgang mit dem Handy

In Bistros, Cafés und Schnellrestaurants gehört das Tele-fonieren mit dem Handy mittlerweile zum alltäglichenBild. Der Besuch eines Gourmetrestaurants ist jedoch fürdie meisten Menschen etwas Besonderes. Sie haben mehrvon Ihrem Restaurantbesuch, wenn Sie sich ohne Kom-promisse mit all Ihren Sinnen auf die kulinarische Darbie-tung konzentrieren und das Handy ausschalten.

Wenn Sie einen dringenden Anruf erwarten, stellen Siedas Mobiltelefon aus Rücksicht auf Ihre Mitmenschen aufVibration oder Stummschaltung. Am besten ist es, wennSie das Telefonat kurz halten oder den Tisch verlassen.

5. Bei der Bestellung

Wenn Sie die Menükarte studieren, wird Ihnen auffallen,dass es in Gourmetrestaurants „nur“ eine relativ kleine,aber feine Auswahl an Speisen gibt. Im Gegensatz dazuist die Weinkarte umfassend und die Auswahl an Geträn-ken groß.

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Für den Herrn: Lassen Sie Extra-Taschenins Jackett nähenvon Horst Arnold

Ehemaliger Protokollchef der Bundespräsidenten1974 bis 2001, Gutachter von „Der großen Knigge“

Für den Herrn gibt es zwei praxistaugliche Möglich-keiten, seine Wertsachen während eines Restaurant-Besuchs zu verstauen:

1. Bitten Sie Ihre Frau/Partnerin, sie in ihrer Handtasche zu verwahren.

2. Bei maßgeschneiderten Anzügen können Sie zusätzliche Innentaschen einnähen lassen. So können Sie Ihre Wertsachen verstauen, ohne dass das Jackett ausbeult. Bringen Sie Anzüge von der Stange zum Schnei-der, um zusätzliche Innentaschen einnähen zu lassen.

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G 45/12 Gourmet-Restaurant

Kleine Speisekarte

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Bester Geschmackund richtige Frische können nur bei einer kleinen Speise-karte gewährleistet werden. Restaurants, die eine sehr gro-ße Speisekarte haben, müssen zwangsläufig auch mit vor-bereiten Saucen und Speisen, Tiefkühlkost, Friteusen undMikrowellen arbeiten.

Große Weinauswahl

Eine große Auswahl an Weinen erfordert einen geeignetenLagerraum und bindet erhebliche Mengen an Kapital.Deshalb finden Sie in der einfachen Gastronomie nur einebeschränkte Auswahl an Weinen, die den gängigen Ge-schmack treffen.

Selbstverständlich können Sie auch in vielen einfachenLokalen gut speisen. Restaurants, die zum Beispiel auffrische Pasta und Salate setzen, können auch für den klei-nen Geldbeutel eine gute, frische Qualität anbieten.

Außergewöhnliche Leistung

Die Leistung der Meisterköche in Sterne-Restaurants istaber eine andere Liga. Parallelen zum Sport sind erkenn-bar: Wie in der Fußball-Bundesliga finden Sie auch in derRestaurant-Top-Liga Top-Gehälter, aber auch Ausnahme-Leistungen. Sie basieren auf jahrelangem Training, harterArbeit, Disziplin, stringenter Führung, funktionierenderTeamarbeit, erstklassigen Talenten, hoch motivierten Pro-fis sowie dem nötigen Gespür für Marketing, Trends undEntwicklungen.

Im Gegensatz zur soliden Leistung im Standardlokal umdie Ecke erwarten Sie in der Topliga neue und nicht all-tägliche Geschmackserlebnisse. Exklusive Speisen wieJakobsmuscheln, Trüffel oder Koberind stehen auf derSpeisekarte und bedürfen besonderer Kochkunst. VieleMeisterköche wählen für besten Geschmack mittlerweileauch sehr gerne hochwertige Lebensmittel regionaler undökologischer Herkunft.

Erlesene Weine

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Gourmet-Restaurant G 45/13

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Die Getränkebestellung

Häufig werden in der Speisekarte zum Menü gleich diekorrespondierenden Weine empfohlen. Sie können sichjedoch auch individuell vom Sommelier beraten lassen.

Sie müssen auch nicht zu jedem Gang einen anderen Weintrinken. Sie dürfen bei einer, gegebenenfalls bei zwei Sor-ten bleiben, wenn Sie das besser vertragen.

Nur bei Mineralwasser zu bleiben, ist mittlerweile eben-falls vollkommen akzeptiert. Allerdings sollten Sie in ge-hobenen Restaurants auf die Bestellung von Cola und an-deren Soft-Getränken verzichten. Sie sind so süß, dass siedie Geschmacksnerven betäuben und Sie die delikate Zu-bereitung der exquisiten Speisen weder richtig würdigennoch beurteilen können.

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Müssen Sie ein Menü bestellen?

Früher wurden Sie kritisch beäugt, wenn Sie in einemSterne-Restaurant nicht mindestens drei Gänge bestellthaben. Das ist heute nicht mehr so. In Feinschmecker-Restaurants sind die Portionen zwar bewusst klein ge-wählt: zum einen, weil Qualität zählt und nicht Quanti-tät, und zum anderen, damit Sie problemlos mehrereGänge bestellen können.

Wenn Sie jedoch – etwa spätabends – keinen Nachtischmehr essen und auch keinen Espresso mehr trinkenmöchten, dürfen Sie darauf verzichten. Zum erstklassi-gen Service des Restaurants gehört es, das Gästewohlim Auge zu behalten und nicht nur an den Umsatz zudenken.

Der geschulte Kellner versteht sich als Berater und ist inder Lage, Sie bei der Auswahl der Speisen zu unterstüt-zen. Ihre individuellen Wünsche, zum Beispiel bei Nah-rungsmittel-Unverträglichkeiten, werden ernst genom-men und berücksichtigt.

Keine süßen„Soft-Getränke“

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G 45/14 Gourmet-Restaurant

Bier ist nicht generell tabu

Bierfreunde können vor dem Menü statt des Aperitifs ein„kühles Blondes“ bestellen. Zu den meisten delikaten Ge-richten passt Wein allerdings besser als Bier. Trotzdemwird heutzutage alles getan, um den individuellen Wün-schen des Gastes im Restaurant gerecht zu werden. In derGetränkekarte finden Sie dementsprechend eine Auswahlan angebotenen Edelbieren.

Wenn Sie zum Beispiel keinen Wein mögen, à la carte be-stellen und gern ein Bier zum Essen trinken wollen, lassenSie sich bei der Auswahl des Menüs beraten. Auf IhrenWunsch hin wird der Küchenchef die Speisen so zuberei-ten und würzen, dass der Biergenuss kein Widerspruchzur anspruchsvollen Küche ist.

Kein Bier zum Bankettessen

Aber Achtung! Bei einem Bankettessen sollten Sie sichden Extrawunsch nach Bier während der einzelnen Gängeverkneifen. Die edle Tafel ist mit Weingläsern eingedeckt,Biergläser stören die optische Harmonie. Akzeptieren undwahren Sie den festlichen Rahmen, den der Gastgebervorgibt. Es gilt: Je offizieller und förmlicher der Anlass,desto weniger kommt ein Bier als Alternative zum Weininfrage.

6. Während des Essens

Um die Wartezeit auf den ersten Gang zu verkürzen, wirdIhnen ein „Amuse-Gueule“ serviert. Amuse-Gueule istein französischer Begriff: „amuser“ bedeutet „erheitern/amüsieren“, „gueule“ ist der „Rachen“. Gemeint ist der„Gruß aus der Küche“, ein kleines Appetithäppchen, dasungeordert serviert wird, bevor das Menü beginnt.

Häufig spricht man auch von „Amuse-Bouche“ (bouche =Mund). Der Koch möchte Sie mit diesem raffiniertenHäppchen auf die bevorstehenden Geschmackserlebnisseeinstimmen.

„Amuse- Gueule“

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Gourmet-Restaurant G 45/15

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Das Amuse-Gueule kann sehr vielfältig sein: ein kleinesPastetchen in Blätterteig oder auf Pumpernickel, Fischsalatauf einem kleinen Chicorée-Blättchen oder ein Basilikum-Tomaten-Süppchen aus einer Espressotasse. Die Tassedürfen Sie übrigens austrinken, das ist kein Fauxpas.

Falls Sie das Amuse-Gueule nicht mögen, müssen Sie esnicht essen. Wer beispielsweise keinen Fisch isst, hat auchwenig „Amuse“ an einer Tarte mit Makrelenmousse. Ambesten sagen Sie dem Kellner direkt beim Servieren, dassSie das Appetithäppchen auslassen möchten.

Alles läuft reibungslos

Der Service funktioniert in erstklassigen Restaurants rei-bungslos. Mineralwasser wird großzügig nachgeschenkt.Bei halbvollen Weingläsern hingegen hält der Kellner sichzurück. Er schenkt nicht vorschnell nach, da er Sie nichtzum Trinken nötigen möchte. Alle Speisen pro Gangkommen gleichzeitig auf den Tisch, sodass Sie gemein-sam beginnen können. Sollten Sie einen Grund zur Rekla-mation haben, wird dieser ernst genommen und sofort be-arbeitet. Nach dem Service rufen müssen Sie nicht. DerKellner ist wachsam und reagiert auf Sie, wenn Sie Blick-kontakt aufnehmen. Das ist der kleine, aber feine Unter-schied, der auf die Menschenkenntnis und die gute Schu-lung des Fachpersonals zurückzuführen ist.

Selbstverständlich ist das erforderliche Spezialbesteckzum Verzehr von Delikatessen, zum Beispiel Hummernund Krebsen, vorrätig. Falls es Ihnen passieren sollte, dassSie das eingedeckte Besteck falsch benutzen, wird es ohneKommentar und Aufforderung ersetzt.

Ist Tellertauschen möglich?

In Feinschmecker-Restaurants zahlen Sie eine Menge Geldfür die gehobene Tischkultur. Dazu gehört beispielsweise, dass Sie den Fisch nicht mit dem Fleischmesser essen

müssen, dass Sie für die Sauce einen Gourmetlöffel bekommen,

Keine Nötigung zum Trinken

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dass das Brot selbstverständlich mit Brotteller, Brot-messer und Extrateller mit Butter oder Ähnlichem ser-viert wird und

dass das edle Besteck, das hochwertige Geschirr und diefiligranen Gläser fast millimetergenau eingedeckt sind.

Da man sich in der gehobenen Gastronomie so viel Mühemit der Form macht, verstehen es einige Küchenmeisterund Restaurantbesitzer als Affront, wenn Gäste nach Be-lieben die Teller tauschen.

Wenn Sie unbedingt vom Gericht Ihrer Partnerin oder Ih-res Partners probieren wollen, wenden Sie sich am bestenan den Kellner. Vielleicht sieht er es entspannt, wenn Sieeinen Probierhappen vom anderen Teller nehmen wollen.Falls nicht, hat er die Möglichkeit, einen Probierhappenvom Gericht Ihres Gegenübers auf einem kleinen Extra-teller für Sie vorzubereiten. Diese Vorgehensweise hat denpraktischen Vorteil, dass Sie selbst jegliches Klecker- undPannenrisiko meiden, das beim Tellertausch besteht.

Ist ein Doggy-Bag absurd oder möglich?

In heutigen Zeiten ist eine Etiketteregel, die gebietet, dassEssen weggeworfen werden muss, nicht mehr haltbar.

Dennoch: Ein sogenanntes Doggy-Bag, ein Behälter, inden man sich Essensreste einpacken lässt, passt nicht indie gehobene Gastronomie. Da die Portionen meistensüberschaubar sind, bleibt wahrscheinlich auch eher seltenetwas übrig.

Ist Anstoßen im Restaurant anstößig?

Das hängt von der Größe der Tafelrunde ab. Bei Banket-tessen erhebt der Gastgeber das Glas, blickt in die Rundeund prostet den Gästen zu. Anstoßen dürfen Sie, wenn das

es gilt die regel: Eingedecktes Geschirr wird vom Gastnicht verrückt.

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(in kleiner) Runde möglich ist, ohne dass Sie sich übermä-ßig strecken oder vom Platz erheben müssen. SchließenSie dabei niemanden aus. Heutzutage dürfen Sie auch mitnichtalkoholischen Getränken anstoßen.

7. Der Ausklang des Abends

Nach dem Essen wird man Sie nicht nötigen, den Tischschnell freizugeben. Sie können in aller Ruhe Ihre Gläserleeren und das Menü mit einem Espresso oder einem Di-gestif abschließen oder auch noch ein Dessert oder etwasKäse bestellen, sofern Sie wünschen.

Zuerst das Dessert oder der Käse?

Ob zuerst der Käse oder das Dessert serviert werden soll-te, darüber streiten sich die Experten.

mein tipp: Richten Sie sich nach Ihrem Geschmack.Wenn der Ober mit dem Käse-Wagen vorgefahren kommt,suchen Sie fünf, maximal sechs Sorten aus. Die Service-Fachkraft ist geschult und kann Sie bei der Auswahl kom-petent beraten. Die einzelnen Käsesorten werden auf Ih-rem Teller im Uhrzeigersinn angerichtet. Auf „1:00 Uhr“liegt der leichteste und frischeste Käse, mit dem Sie star-ten. Schließen Sie mit der letzten, der schwersten und in-tensivsten Käsesorte ab, die auf „10:00 Uhr“ platziert ist.

Der Digestif-Wagen

Der Digestif soll der Verdauung dienen und das Menü ab-runden. Besonders dekorativ ist es, wenn die Fachkraftmit dem Digestif-Wagen vorgefahren kommt und Sie diehochprozentigen Getränke selbst begutachten können. Inder Regel haben Sie die Wahl zwischen diversen hochpro-zentigen Getränken: Cognac, Armagnac, Calvados und andere Premium-

Weinbrände Grappa/Trester Obstbrände, -wässer und -geister

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Scotch (Single Malt) Dessertweine wie Sherry und Portwein diverse Whiskey-Sorten Liköre

Viele Top-Restaurants haben eine besondere Vielfalt anDigestif-Spezialitäten. Am besten, Sie lassen sich bei derAuswahl beraten.

8. Beim BezahlenIm Umgang mit Geld ist der Service diskret. In der Regel be-kommen Sie eine Mappe, in der sich die Rechnung befindet.Sie legen den Betrag entweder bar in die Mappe oder zahlenmit Kreditkarte, was ebenfalls problemlos möglich ist.

Dürfen Sie die Rechnung splitten?

Prinzipiell ist das möglich. Wenn zum Beispiel zwei Paaremiteinander essen gehen, sollten sie die getrennte Bezah-lung am besten schon bei der Bestellung angeben, damitder Kellner die Bestellungen separat buchen kann.

„Bei Geld hört die Freundschaft auf“, heißt es. Dennochist es natürlich schöner, wenn einer bezahlt oder Sie dieSumme zusammenlegen können, ohne genau auf den Centzu achten. Wenn Mineralwasser- und Weinflaschen ge-meinsam konsumiert werden, ist es im Nachhinein sowie-so zu schwierig, die Kosten ganz genau zu teilen.

extra-tipp: „Fräulein! Zahlen, bitte …“Wie spricht man die Servicekräfte im Restaurant kor-rekt an? Am besten ist die Ansprache mit dem Namen.Falls Sie das Namensschild aus der Entfernung nicht le-sen können, sind die Ansprachen „Herr Ober“ und„Frau Ober“ akzeptabel, bitte nicht „Fräulein“ oder„Frau Oberin“. Ansonsten bleibt Ihnen nur eine Mög-lichkeit: Blickkontakt aufnehmen und ein dezentesHandzeichen geben.

Anrede mit Namenoder „Frau Ober“

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Gourmet-Restaurant G 45/19

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Trinkgeld per Kreditkarte ist möglich

Legen Sie das Trinkgeld in bar dazu, das ist den meistenServicekräften am liebsten. Lange Zeit hieß es, dass dasTrinkgeld nicht per Kreditkarte gezahlt werden sollte. Dasist in gehobenen Restaurants mittlerweile nicht mehr tabu.Der Restaurantbesitzer zahlt das Trinkgeld abzüglich derKreditkartengebühr an die Servicekräfte aus.

9. Beim Verlassen des Lokals

Wenn Sie das Restaurant verlassen, werden Sie zur Tür ge-leitet, und man reicht Ihnen die Garderobe. Traditionellzieht der Herr zuerst seinen eigenen Mantel an, bevor er sichum die Dame kümmert. Der Kellner darf – genau wie beimAblegen der Garderobe – behilflich sein. Sie werden freund-lich verabschiedet und verlassen zufrieden das Lokal.

Schnell-Check: Daran erkennen Sieein erstklassiges Restaurant

Beim Betreten Der erste Eindruck ist positiv: Die Restaurantmitarbei-

ter haben ein tadelloses Erscheinungsbild und kennendie zeitgemäßen Umgangsformen

Sie werden aufmerksam begrüßt Ihre Garderobe wird abgenommen Sie werden an den (reservierten) Tisch geleitet Die Tischreservierung ist korrekt

experten-tipp: So geben Sie per Kreditkarte TrinkgeldWollen Sie das Trinkgeld per Kreditkarte zahlen, schrei-ben Sie „Trinkgeld“ bzw. „Tip“ unter den Rechnungsbe-trag (z. B. 25 € bei einer Gesamtrechnung von 300 €).Die Faustregel, dass das Trinkgeld fünf bis zehn Prozentdes Rechnungsbetrags ausmachen sollte, hat auch inFeinschmeckerlokalen Bestand.

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Am Tisch/bei der Bestellung Die Tischwäsche ist sauber Die Blumen sind frisch Eine neue Kerze brennt bereits am Platz Sie werden nach Aperitif und Wasser gefragt, bevor Ih-

nen die Speisekarte gereicht wird

Bei der Speisen- und Getränkewahl Der Kellner versteht sich auch als Berater und ist auf

Ihren Wunsch hin in der Lage, Speisen und Getränke zuempfehlen

Auf individuelle Wünsche (z. B. Nahrungsmittel-Un-verträglichkeiten) wird Rücksicht genommen

Sie haben eine große Auswahl an erlesenen Weinenund eine relativ kleine Auswahl an frischen, qualitativsehr hochwertigen Speisen

Bei Menüs werden Wiederholungen von Zutaten undGewürzen vermieden (Abwechslung)

Während des Essens Wasser wird regelmäßig nachgeschenkt Der Service ist aufmerksam, nötigt Sie jedoch nicht,

viel Alkohol zu trinken (halbvolle Gläser werden nichtständig aufgefüllt) oder viel zu essen (mehrere Gängezu bestellen)

Alle Speisen pro Gang kommen gleichzeitig auf den Tisch Bitten und berechtigte Reklamationen werden ernst ge-

nommen und prompt bearbeitet Sie müssen niemals nach dem Service rufen. Es ist im-

mer jemand in der Nähe, sodass die Aufnahme vonBlickkontakt genügt

Beim Bezahlen Beim Bezahlen ist der Service äußerst diskret und be-

dankt sich; selbst für ein bescheidenes Trinkgeld Es ist ohne Aufhebens möglich, Ihnen eine Rechnung

schicken zu lassen

Beim Verlassen des Lokals Man geleitet Sie zur Tür und reicht Ihnen Ihre Garderobe Sie werden freundlich verabschiedet

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