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Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ULRICH HAARMANN Ein Damaszener Reisender des 13. Jahrhunderts an der Wolga Originalbeitrag erschienen in: Antonin Mestan (Hrsg.): Festschrift für Wilhelm Lettenbauer zum 75. Geburtstag. Freiburg: Weiher, 1982, S. [29]-38

Ein Damaszener Reisender des 13. Jahrhunderts an der Wolga

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Page 1: Ein Damaszener Reisender des 13. Jahrhunderts an der Wolga

Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

ULRICH HAARMANN Ein Damaszener Reisender des 13. Jahrhunderts an der Wolga Originalbeitrag erschienen in: Antonin Mestan (Hrsg.): Festschrift für Wilhelm Lettenbauer zum 75. Geburtstag. Freiburg: Weiher, 1982, S. [29]-38

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EIN DAMASZENER REISENDER DES 13. JAHRHUNDERTS

AN DER WOLGA

Wilhelm Lettenbauers ausgeprägte Neigung in Forschung und Lehre gilt dengeistigen und kulturellen Beziehungen zwischen Osteuropa und dem islamischenVorderen Orient, insbesondere dem Orientbild des russischen Schrifttums, einemGegenstand, der nach dem Erscheinen von Edward Saids Streitschrift wider den,traditionellen europäischen Orientalismus in Literatur und Wissenschaft' beson-ders aktuell geworden ist. Türkischer Wortschatz und orientalische Bilder im Igor-lied; Tatarentopos und Tatarenmythos als unveräußerliches, nur allzu oft apolo-getisches Merkmal der russischen Literatur — von der "Rede vom Untergang desrussischen Landes" bis hin zur modernen Sowjetliteratur; erlebter und erdacht-ter — Said würde sagen: erfundener — Orient in den von Byron inspirierten Poemen.Pugkins, vor allem in BacheisarajsIdj Fontan, der Apotheose der abend- und mor-genländische Kultur in besonders enger Symbiose beherbergenden Krim; derOrient der Mysterien bei den rassischen Symbolisten — in der begeisterten Behand-lung all dieser weitgestreuten Themen verrät der Jubilar seine Neugier für den Kul-turkreis, an dessen Nord- und West-, nicht aber Ostrand Rußland und das übrigeslawische Europa stehen.

Einer seiner orientalisierenden Lieblingsautoren ist der Tver'er KaufmannAfanasij Nikitin, der zwischen 1466 und 1472 im Gefolge eines gewissen Asanbeg,des Gesandten der Sirwän Sähe bei Ivan III. „über drei Meere" das turkmenischeIran und vor allem Indien besuchte und voller Erstaunen die ihm fremde Weltdes Islam kennen und ihre Anziehungskraft auf sich selbst fürchten lernte 2 . Nichtnur die Wunder des geheimnisvollen Indien schlugen ihn in seinen Bann, auch

Edward W. Said: Orientalism. London 1978; deutsche Übersetzung: Orientalismus. Frank-furt, Berlin, Wien 1981. Leider hat Said in seiner Skizze gelehrten, politischen und wirt-schaftlichen Zugriffs des Okzidents auf den von ihm nicht nur manipulierten, sondern— im Sinne Michel Foucaults — geradezu „geschaffenen" Orient nicht nur Deutschland,sondern vor allem auch Rußland vernachlässigt. Kaum eine europäische Literatur aberhat mit dem von Said aus der Gesamtheit Außereuropas exemplarisch herausgehobenenislamischen Vorderen Orient so intensiv kommuniziert wie die russische, und dies nichterst wie das von ihm angebetete England und Frankreich seit dem Ende der Aufklärung.Ich stütze mich auf die in N. K. Gudzijs Chrestomatija po drevnej russkoj literature xi-xvii-ich vekov. Siebte verbesserte Auflage. Moskau 1962 abgedruckten Exzerpte des Cho-ienije za tri morja, S. 212 - 18.

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die Religion der besermen', der Muslime. Das Choienije endet mit einem bewe-genden Gebet, in dem in rhythmischem Wechsel in allrussischer und osttürkischerSprache Gott, der Gütige (karim karim alläh) und Barmherzige (ragymob = reim alläh)3 , um Beistand und Befreiung aus der Fährnis im Heidenlandangefleht wird.

Den umgekehrten Weg vom Vorderen Orient nach Rußland haben seit derWarägerzeit sehr viel mehr Reisende beschritten. Vor allem waren es — wie Afa-nasij Nikitin — Kaufleute, aber auch diplomatische Emissäre, die über Chorezm,Derbent oder über das Schwarze Meer an die Mündungen der großen russischenStröme gelangen. Das Interesse der Muslime an Osteuropa war groß. Es lieferteder Levante und Ägypten wichtige Rohstoffe wie Holz und Felle, aber auch Honig,Wachs und Samlä'nder Bernstein. Mit der Einführung der mamlukischen Militär-sldaverei im 13. Jahrhundert wuchs das wirtschaftliche und politische Interessean dem Gebiet nördlich von Schwarzmeer und Kaukasus noch beträchtlich. Ausder türkischen, tscherkessischen und vereinzelt wohl auch slawischen Bevölkerungwurden die kampftüchtigen jungen Männer rekrutiert, die kraft ihrer Herkunftvon 1250 bis 1517 und sogar noch unter den Osmanen im 16., 17. und 18. Jahr-hundert in Ägypten die politische, militärische und wirtschaftliche Elite konsti-tuierten. Es war darum wesentlich, zu dem Herkunftsgebiet dieser Mainlukenungehinderten Zugang zu behalten und sich durch politische Vereinbarungen zu-sätzlich abzusichern. Nicht zuletzt aus diesen Gründen — ein wohl noch gewich-tigerer anderer war die gemeinsame erbitterte Gegnerschaft gegen die Ilchane vonIran — schlossen die Sultane von Ägypten und Syrien und der Chan der GoldenenHorde, Berke, nach dessen übertritt zum Islam eine Allianz, in der der Tataren-chan. dominierte. Der Text, den wir unten vorstellen wollen, stammt aus dem früh-mamlulcischen Syrien während eben dieser Jahrzehnte engster mamlukisch-tata-rischer Zusammenarbeit4 .

z.T. längst auch außerhalb der Fachorientalistik bekannt gewordeneItinerare solcher muslimischer Reisender nach Rußland sind uns seit dem 9. Jahr-hundert in arabischer Sprache erhalten, häufig — wie auch in unserem Text — inForm von Zitaten in anderen Quellen. Der älteste erhaltene Bericht, die Beschrei-bung der Fahrt Ibn Faclläns, des Abgesandten des Abbassidenkalffen al-Muqtadir,nach Bulgar' an der mittleren Wolga aus den Jahren 921 und 922 wird uns in

3 Die altrussische Umschrift ist für den Iranisten und Turkologen eine interessante Quelle:die Wiedergabe des langen ä in alläh „Gott" durch o dokumentiert den Vollzug der heuteabgeschlossenen Umlautung ä > o im iranisch-osttürkischen Bereich bereits im 15. Jahr-hundert.

4 Hierzu verfügen wir jetzt über die ausgezeichnete, frühere Arbeiten namentlich von A.N. Po-liak und B. Spuler verwertende Studie von Salich Zakirov: Diplomatieeskije otno§enijazolotoj ordy s Egiptom. Moskau 1966.

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einem kurzen Auszug in unserem Text wiederbegegnen s . Ein zweiter Text istdas Schlußkapitel aus dem Werk „Sammlung über die Wunder des Maghreb" desSpaniers Abü fjämid al-darnäti al-Qaisi aus dem 12. Jahrhundert 6 . Schließlichhat der auch im Abendland wohlbekannte Globetrotter Ibn Battüta nicht nurMali, Byzanz, Somalia und die Malediven besucht, sondern auch, wenn auch Zwei-fel an der Authentizität gerade dieser Passagen lautgeworden sind / , Bulgar', wei-terhfti das „Land der Finsternis" (arcl az-zulma), den Norden Rußlands, und dasReich der Goldenen Horde zur Zeit der Regierung des Chanes Özbek (1312 - .

Wie wir an all diesen Texten beobachten können, ist für den Reisenden desislamischen Mittelalters — und Reisen auf der Suche nach Wissen, und verschlügees einen bis ins ferne China, ist dem Muslim auferlegt —, aber auch für den pro-fessionellen Geographen Erdbeschreibung in erster Linie Beschreibung der wun-derbaren Erscheinungen entlang der gewählten Route. Die Provinzen und Fahr-tenstationen, mit denen der islamische Geograph die Erde überzieht, treten spä-testens seit dem 10. Jahrhundert an Bedeutung hinter die mit ihnen assoziiertenMirabilia zurück. Am Wunder läßt sich höchst verdienstvoll die göttliche Allmachtdemonstrieren, vermag doch der begrenzte menschliche Verstand der einem wun-dersamen Phänomen innewohnenden Kausalität nicht mehr zu folgen 9 . Und dieWunder sind vielgestalt: Von Menschen- und Geisterhand Geschaffenes stehtneben den Erscheinungen und Produkten der Natur. Die Pyramiden von Gisehund die eigentümliche Tierwelt des Nils, die mit überreichen Früchten gesegnetenPalmen des Irak und die grandiose Anlage der Kalifenhauptstadt Bagdad gebengemeinsam der ihnen zugehörigen Lokalität ihr Gepräge, repräsentieren sie, kon-stituieren sie, und werden dadurch selbst unverwechselbar. Die Lust am Besuchenferner Länder wird religiös gerechtfertigt; die Sehenswürdigkeit wird als Zeichengöttlicher Majestät zum Schrein und eine Reise dorthin zum verdienstvollen Akt.Und noch ein Faktor hat die Blüte der islamischen Wundergeographie begünstigt:Wundergeschichten — und das gilt für den Vorderen Orient nicht minder als fürdas mittelalterliche Ost- und Westeuropa — fesseln die Neugier all derer, die nichtreisen können; sie werden verschlungen und bringen ihrem Autor nicht zuletztauch materiellen Erfolg; „la curiosit6 va aux curiosies", wie Andrd Miquel tref-

Vgl. A. Zeki Validi Togan: Ibn Faclläns Reisebericht. Abhandlungen für die Kunde desMorgenlandes. XXIV,3. Leipzig 1939. Einen Forschungsbericht über Ibn Fadlän gibt Mau-rice Canard s.v. Ibn Fadlän in der Encyclopaedia of Islam. New Edition. III. Leiden, Lon-don 1971, S. 759a-b.

6 Cdsar E. Dubler: Abü Ijärnid ei Granadino y su relaciön de viaje por tierras eurasaticas.Madrid 1953.

7 St. Janicsek: Ibn Battüta's Journey to Bulgar: is it a:fabrication? In: Journal of the RoyalAsiatic Society 1929, S. 791. Dubler (s. Anm. 6), S. 182-3, weist diese Bedenken zurück.Ibn Beüta: Ribla. Hrsg. Karam al-Bustän Beirut 1400/1980, S. 331-39.

9 Zakariyä' ibn Muhammad ibn Mahmüd al-Qazwini: Kitäb cagä.'ib al-mahlüqät wa-garä'ibal-maugüdät. Hrsg. F. Wüstenfeld. I. Göttingen 1849, S. 5,13ff.

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fend formuliert 10 .Je weiter wir uns von den Herzgebieten des Islam in alle Himmelsrichtungen

entfernen, umso phantastischer werden die — z.T. bereits aus vorislamischen Tra-ditionen übernommenen — kosmographischen Vorstellungen und Erwartungen desPublikums. Wissenschaftliche Details verlieren, da sie ohnehin weniger denn je,wie es an sich das strenge traditionswissenschaftliche Ethos verlangt, durch mehr-fache, voneinander unabhängige Beobachtung verifiziert werden können, immermehr an Bedeutung. Das Mirabile überwuchert die Ränder der bewohnten Welt.Unser knapper Text unten ist Beweis genug dafür.

Ist Indien für den Muslim wie für Afanasij Nikitin die Welt einer vielfältigenund fremdartigen Gesellschaft, üppigen Reichtums und einer überfülle von Spe-zies der Tier- und Pflanzenwelt, so ist der Norden Eurasiens für den muslimischenBeobachter Inbegriff klimatischer Gegensätze, unendlicher Entfernungen, unbe-schreiblicher Kargheit und seltsamer Naturerscheinungen.

In diesem weiten Gebiet, das sich über die äußersten ptolemäischen Klimata,das sechste und siebte, erstreckt und an dessen Ende die biblischen Völker vonGog und Magog hausen, sind im Sommer die Tage so lang, de der Muezzin derdorthin vorgedrungenen muslimischen Diaspora sich den Schlaf versagt, um dierasch aufeinanderfolgenden obligatorischen drei Nachtgebete (Abend-, Nacht-und Morgendämmerungsgebet) nicht zu verpassen".

Die selbstbewußten Frauen verschleiern und verhüllen sich nicht12 und stehenim Mittelpunkt seltsamer, z.T. grausamer heidnischer Bräuche 13 . Unten wirduns eine Schamatün begegnen, deren Wirken die schon ganz verzweifelten Bewoh-ner des verdorrten Landes von Saraj, der Hauptstadt der Goldenen Horde, den er-sehnten Regen verdanken. Regenzauber ist im Islam von dem Makel des Paktierensmit dem Vermaledeiten befreit; das Bittgebet um Regen ist im religiösen Gesetzausdrücklich legalisiert. Spielen im zentral- und ostasiatischen SchamanentumKiesel"' bzw. der rätselhafte Regenstein' die Schlüsselrolle in den Regenbeschwö-

10 A. Miquel: La geographie humaine du monde musulman jusqu'au milieu du 1 leParis, den Haag 1967, S. 163.Togan (s. Anm. 5): S. 53-4.

12 Ibidem: S. 21, 66-7.13 Ibidem: S.84-5,89-96.14 Zu den Regensteinchen (haean ... yastamtixüna bihä mä gä'i.1) vgl. Tamina b. Bahr bzw.

Ibn al-Faqffi ediert, übersetzt und kommentiert bei V. Minorsky: Tamim b. Bahes Journeyto the Uyghurs. In: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 12 (1948),S. 275-305, bes. S.282.

15 Zum Stein gada, Yada oder Yat in islamischen Quellen s. Fuat Köprülü: Cada tagt. Darül-fiinun Edebiyat Fekültesi mecmuast 1925, Band IV/1; Abdülkadir man: Tarihte ve bugün§amanizm. Materyallar ve Arermalar. Türk Tarih Kurumu Yaytnlartndan VII/24. An-kara 1954, S. 160-65, bes. Anm. 167, 168 und 181; Bertold Spuler: Die Mongolen inIran. Politik, Verwaltung und Kultur der Ilchanzeit 1220-1350. Zweite Auflage. Ber-lin 1955, S. 171 (und Anm. 13); idem: Die Goldene Horde. Die Mongolen in Rußland1223-1502. Zweite erweiterte Auflage. Wiesbaden 1965, S. 211 und Anm. 16.

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rungen, so ist es bei den Tataren der Wolga offenbar das rituelle Tieropfer undder Stab (wir fühlen uns sogleich an den Stock als Werkzeug von Mosis Prophe-tenwunder erinnert) einer alten weisen Frau l6 . Nach meiner Kenntnis sind überdiese besondere Zauberpraxis aus dem Bereich der Horde keine weiteren Quellenbekannt.

Die Bewohner des Landes der Slaven (saqäliba 17 ) und Russen (rüs 18 ) sindvon gewaltigem Wuchs. Abü Ijämid sah voll ungläubigen Staunens in Bulgar' einemmächtigen Recken zu, der über sieben Ellen lang war und einem geschlachtetenPferd mit den bloßen Händen die Knochen zerbrach und die Haut abzog, und dasviel schneller, als er dies selbst mit einem Messer vermocht hätte" . Noch phan-tastischer ist die von Ibn Facllän überlieferte und von unserem Autor prototypischausgewählte Geschichte von dem sprachlosen Riesen, den es aus dem äußerstenNorden über ferne Gewässer an die mittlere Wolga verschlagen hatte 20 .

Die hyperboräische Fauna und Flora sind nicht minder exotisch. Saure Äpfelund Haselnüssen gedeihen in Hülle und Fülle, Besonderheiten zumindest für denBewohner des Niltales. Bemerkenswert sind die Überlieferungen über die rassi-schen Schlittenhunde. Für sie werden beachtliche Summen bezahlt, sie transpor-tieren schwere Lasten über das Eis der zugefrorenen Flüsse und wollen wie Men-schen in Nahrung und Zuwendung bedacht sein. Ibn Battüta spricht von ihnenals den Führern im Lande der Finsternis; zu Rudeln zusammengebunden ziehensie die Schlitten und überlassen ihren Herrn seinem Verderben, wenn sie ihmzürnen — dieses menschlichen Regungen vorbehaltene Verb wird verwendet —,da sie nicht von den mitreisenden Menschen (banü Ädam) das Essen gereichtbekamen' . Hier wird für den Leser, ob er sich nun in Ägypten, in Syrien oderin Nordafrika aufhält, die wohlgeordnete Hierarchie der Kreaturen auf den Kopfgestellt: Ausgerechnet der unreine Hund, Träger aller möglicher widerwärtigerAttribute im islamischen Kulturraum — allein der Hund der koranischen Sieben-

16 Spuler: Die Goldene Horde, a.a.O., hat diese notwendige Differenzierung nicht vorgenom-men.

17 ZU diesem Terminus, der die finnischen Völker Osteuropas zumindest miterfaßt, vgl. Togan(s. Anm. 5): S. 295-331.

18 Al-Qazwinf: Kitäb al-biläd wa-ahbär al-ibäd. Hrsg. F. Wüstenfeld. Göttingen 1848, S. 393,-5 spricht von den Rüs, unter denen unzweideutig in den arabischen und persischen Quel-len des Mittelalters üblicherweise die Russen oder Ostslawen verstanden werden, wie vonden Oghusen, Petschenegen und Chazaren als „einem gewaltigen Volk der Türken".

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21 Ibidem: S. 59.22 Ibn Banüta (wie Anm. 8): S. 338-9. Russische Obersetzung bei W. Freiherr von Tiesen-

hausen: Sbornik materialov otnosjaMichsja k istorii Zolotoj Ordy. 1. St. Petersburg 1884,S. 297. Vgl. auch Togan (wie Anm. 5): S. 56.

Dubler (wie Anm. 6): S. 37.20 Togan (wie Anm. 5): S. 69-73.

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schläferlegende (XVIII 18ff.) findet in den zoologischen und enzyklopädischenWerken des Islams Gnade — wird Menschensöhnen vorgezogen' .

Unser Reisender läßt es sich nicht entgehen, auch zu diesem besonders provo-zierenden und absurden Gegenstand sein Scherflein beizusteuern. Sein ganzerBericht erweist sich, so kurz und literarisch anspruchslos er ist, als eine wohlbe-dachte repräsentative Mischung der sensationellsten Mirabilia dieser unwirtlichen.und fernen Gefilde nördlich der Kiptschakensteppe. Die Genauigkeit der Bericht-erstattung tritt hinter dem Effekt, den Leser möglichst in atemloses Staunen zuversetzen, ganz zurück. Ist der große Fluß Itil/Ätil. 24 , die Wolga, das verbindendeElement in unserem Reisebericht, mit der alle wundersamen Beobachtungen inder einen oder anderen Weise verknüpft sind, so stört es den Autor überhauptnicht, in den einleitenden Sätzen, in denen von dem Verlauf und der winterlichenVereisung des Stromes25 die Rede ist, Wolga und Don durcheinanderzuwerfen:Er läßt den Itil im „Lande Südäq" münden. Südäq (Suädäq) aber ist in der unsinteressierenden Zeit mit der wichtigste, im übrigen bis 1475 genuesische Hafenan der Südküste der Krim, über den der größte Teil des Ägyptenhandels der Hordeabgewickelt wurde 26 . Metonymisch wird der Name dieser altrussisch unter demNamen Suroi' bekannten, heute in die Unbedeutendheit herabgesunkenen Stadtauf das Küstengebirge (gabal Südäq Krymsldje gory) und auf die Südküste derHalbinsel Krim insgesamt ausgedehnt" .

Der Kompilator dieses Kaleidoskops der Wunder der Wolga ist ein DamaszenerChronist des vierzehnten Jahrhunderts, der 1338 verstorbene Traditionsgelehrteund Berufszeuge gams ad-Din Mukkammad al-Cazari 28 . Sein noch unveröffentlich-

23 Die Existenz eines Schrifttums über die Vorzüge des Hundes darf uns nicht verwirren:Ibn al-Marzubäns (st. 309/921) Werk „über die Vorzüge des Hundes vor vielen derer, dieKleider tragen" (hrsg. Louis Cheikho in: al-MaKriq Jg. 1912, S. 515-31; Engl. Übersetzungvon Rex Smith: The superiority of Dogs over many of those who wear clothes. London1978; vgl. auch C. Brockelmann: Geschichte der arabischen Litteratur. I, Leiden 1943,S. 125 [130]; Supplementband I, Leiden 1937, S. 189-90) ist kein Hymnus auf die Vor-trefflichkeit des Hundes, sondern ein düsteres Gemälde der Niedertracht des Menschen,vor dessen Hintergrund sich selbst die Eigenschaften dieses gering geachteten Tieres strah-lend abheben.

24 Vgl. al-Qazwinf (wie Anm. 9): S. 175-76, s.v. Nahr Itil. Weitere Literaturhinweise zurWolga in den Werken islamischer Geographen bei B. Spuler s.v. Itil in: Encyclopaedia ofIslam. New Edition. IV. Leiden 1978, S. 280a-281b. Al-Qazwinf verwendet auch dieNebenform Ätil , s. sein Kitäb Äpx al-biläd (wie Anm. 18), S. 393,-2. — Zu streng solltenwir mit a1-Cazarf freilich auch nicht sein: Bereits Ptolemäus und Pomponius Mein hieltenWolga und Don für zwei Arme eines und desselben Flusses.

25 Vgl. hierzu auch Abü klämid bei Dubler (wie Anm. 6), S. 8,6.26 Zu Südäq siehe W. Irarthold s.v. Sughdäls in: Enzyklopädie des Islam. IV. Leiden 1913ff.

S. 543a-b und B. Spuler: Goldene Horde (wie Anm. 15), S. 407 und 576 (Nr. 2).21 Mulyi ad-Din ibn `Abd -Zähir: Ar-Raud az -zähir fi sfrat al -Malik az-Zähir. Hrsg. cAbd

al-Uuwaitir. Ar-RiyäljBeirut: 1396/1976, S. 215,5,7.

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tes Geschichtswerk Hawädit az-zamän ist eine der reichsten und verlässlichstenQuellen zur Geschichte Ägyptens, Syriens und Arabiens unter den frühen Mam-luken, insbesondere zur Kultur- und Sozialgeschichte der Stadt Damaskus und.ihrer Umgebung in dieser Zeit, und hat mehreren späteren, aber auch zeitgenös-sischen Historikern wegen der unanfechtbaren Verläßlichkeit seiner Gewährs-leute sogar für die Schilderung außersyrischer Begebenheiten als Vorlage gedient.Für Mirabilia hat al-Cazarl eine besondere Schwäche. In der bruchstückweiseerhaltenen ersten Fassung seines nach Jahren geordneten Werkes fügt er zwischenden Ereignisteil und die Nekrologe der in dem betreffenden Jahr verstorbenen.Notablen wie in einer Anthologie interessante, bislang noch nicht näher unter-suchte geographische und naturkundliche Exkurse ein.

Der uns interessierende Reisebericht mitsamt den vom Autor hinzugefügtenExzerpten aus älteren Quellen befmdet sich in dem Abschnitt über die Ereignissedes Jahres 680 d.H. (1281 n.Chr.). Der erste Passus über die Schlittenhunde kehrtin dem Jahresbericht 729 d.H. (1329 n.Chr.) in einem monographischen Einschubüber Hunde in leicht veränderter Form wieder. Die wesentlichen Varianten, diediese zweite Fassung bietet — sie betrifft nur Abschnitt 1 der Übersetzung —,sind in eckigen Klammern miterfaßt.

Der Reisebericht selbst (unten Abschnitt 1 und 3) stammt von Burhän ad-DinIbrähün ibn gams ad-Din Ibrähim' ibn Abi Bakr al-Cazari al-Kutubi, dem Sohneines der wichtigsten Informanten unseres Chronisten, des Buchhändlers (kutubi)gams ad-Din Ibrähim al-Cazari al-Kutubi, dessen berühmte Bibliothek im Jahre681/1282 — ein Jahr nach der Rückkehr des Sohnes aus dem Norden — ein Raubdes Großfeuers wurde, das die Damaszener Altstadt verheerte 29 . Der Zeitpunktdes Wiedereintreffens Burhän ad-Dins in Damaskus bestimmt die Einordnungseiner Erzählungen im Jahresbericht 680. Im übrigen können wir sicher davon aus-gehen, daß er sich geschäftlich in Byzanz und im Reich der Goldenen Horde auf-gehalten hatte.

Der Bericht al-Cazaris im Rahmen des Jahres 680 d.H. hat bereits WoldemarFreiherr von Tiesenhausen vorgelegen, und zwar in dem Autograph des Autors,das unter der Nummer 1560 in der Herzoglichen Bibliothek — jetzt Landesbib-liothek — zu Gotha aufbewahrt wird und von mir analysiert worden ist m . In denDopolnenija i popravki zu seiner umfangreichen Sammlung arabischer Berichteüber die Goldene Horde zitiert er die merkwürdigen Nachrichten Burhän ad-Dins

28 Zu seiner Biographie und wissenschaftlichen Bedeutung vgl. U. Haarmann: Quellenstudienzur frühen Mamlukenzeit. Islamkundli.che Untersuchungen 1. Freiburg 1970, S. 12-26,92-116.

29 - •Die Literatur über diesen Bibliophilen, der dem Chronisten eng verbunden war, ist beiHaarmann (wie Anm. 28), S. 19 (und Anm. 2) zusammengestellt.

3° Ibidem: S. 27-45.

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und übersetzt sie auch unkommentiert ins Russische' l , freilich vermochte erweder den Gewährsmann für die Abschnitte 1 und 3 noch den Verfasser der Ge-samtchronik zu identifizieren — noch Bertold Spuler spricht von einer anonymen

— noch das Geschichtswerk selbst zu benennen. Die einleitenden Vor-bemerkungen über die Wolga (bzw., siehe oben, den Don) und die in den Reise-bericht eingeschobenen Partien mit den Zitaten aus al-Qazwinis „Buch der Wunderder Schöpfung und der Seltsamkeiten der Welt" — und indirekt Ibn Faxilläns Reise-bericht — (Abschnitt 2) hat Tiesenhausen unberücksichtigt gelassen. Da aber geradeauch die dort geschilderten Absonderlichkeiten zum islamischen Rußlandbild desMittelalters gehören und überdies einige Fehllesungen (und entsprechend Fehl-übersetzungen) stehengeblieben sind, scheint es mir geboten, den ganzen Abschnittauf der Grundlage einer beide Fassungen al-Cazaris (680 und 729) kollationieren-den, hier allerdings nicht mitpublizierten arabischen Edition in einer deutschenÜbersetzung vorzulegen.

Übersetzung

al-Cazari: klawädit az-zamän wa-anbä'ihi wa-wafayät al-akäbir wal -a`yän minHs arab. Gotha 1560, fol. 20a,11 - 20b,14 (Jahr 680) und Hs Istan-

bul/Köprülü 1037, fol. 147a,1 - 13 (Jahr 729).1. [Ich sage: Wo wir schon von den Hunden sprechen, kann es nichts schaden,

etwas über ihr Verhalten zu berichten. In dieser unserer Chronik „Zeitläufte undneueste Nachrichten sowie Todesnotizen der großen und prominenten Söhneder Zeit" haben wir unter dem Jahr 680 bereits davon gesprochen:]33 In diesemJahr 680) kam mein hochgeschätzter teurer Bruder Burhän ad-Din Ibrähimibn gams ad-Din Ibrähir- n ibn Abi.Bakr al-Cazari, dessen Vater als der Buchhänd-ler bekannt ist, aus dem Land der Byzantiner zurück. Zehn Jahre hatte er aufReisen im Lande der Türken verbracht. Ich bat ihn um einen Bericht über dieWolga. Er sagte: Sie entspringt im Lande der Slaven, durchfließt das Land derRussen und Alanen34 [, passiert Bulgär] und mündet im Lande Südä,q in das Salz-meer. Im Winter friert sie sechs Monate lang zu und die Karawanen reisen aufihr[em Eis], solange sie zugefroren ist. Wenn die Sonne in das Sternbild Stierwandert und dort fünfzehn Grad erreicht, schmilzt und springt das Eis, wobeidie hierbei entstehenden Schollen die Ausmaße mächtiger Berge haben. Man reist

auf [dem Eis] der Wolga nur mit Hunden. Die Menschen dieser Gegend haben

31 Tiesenhausen (wie Anm. 22): S. 548-50.32 Die Goldene Horde (wie Anm. 15): S. 211 Anm. 16.33 In Abschnitt 1 bezeichnen eckige Klammern [ ] Zusätze bzw. Varianten aus der HS

Istanbul (Jahresbericht 729 H.).34 = Osseten.

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Hunde gezüchtet, deren jeder das Gewicht von vierzig Damaszener ratl ( 74 kes)zu ziehen verm. Sie sind [so schnell] wie Wölfe. Eine Besonderheit haben dieseHunde. Wenn derjenige, der sie seine Waren und sein Bündel transportieren läßt,ihnen zu fressen gibt, füllt er in den Napf eines jeden von ihnen genau die gleicheMenge und nimmt auch für sich selbst genau das gleiche [wie ein jeder von ihnen].Wenn ein [Hund] im Vergleich zu seinen Kameraden auch nur ein bißchen zukurz kommt, weigert er sich anderntags prompt, die ihm auferlegten Lasten zuziehen, und brächte man ihn darob um. [Hier endet die Rede Burhän ad-Dins überdie Hunde].

2a. Ich berichte weiter: Folgendes erzählt Zakariyä.' [ibn] Mub.arnrnad ibnmüd al-Qazwini in seinem Werk „Wunder der Schöpfung und Seltsamkeiten derWelt"36 : Der Fluß Wolga ist ein gewaltiger Strom, annähernd so [gewaltig] wieder Tigris, im Lande der Chazaren. Er entspringt im Gebiet der Russen und Bul-garen und mündet ins Kaspische Meer. Es heißt, er habe um die siebzig Neben-flüsse. Der Hauptstrom aber bleibt auf Grund seiner Wasserfülle unverändert;nach der Mündung ins Meer fließt er dort die Distanz zweier Tage weiter, wobeier sich gegen das Meerwasser behauptet, was man daran erkennen kann, daß sichsein Wasser vom Wasser des Meeres unterscheidet. Im Winter friert er wegen seinerSüße zu. In diesem Fluß gibt es seltsame Lebewesen.

2b. Es berichtet Alunad ibn Facllän 37 , der Gesandte des [Kalifen] al-Muqtadirbilläh nach Buläär. Er's sagte: Als ich nach Bulgär kam, hörte ich, es gebe bei ih-nen einen Mann von gewaltigem Wuchs. Ich fragte den König nach ihm und dersagte: Ja, den gab es, aber es war keiner von den Menschen unseres Landes. überihn gibt es folgendes zu erzählen: Eine Gruppe von Leuten zog hinaus zur Wolga,die zu der Zeit gerade sehr viel Wasser führte und über die Ufer getreten war. Sie

Vgl. W. Hinz: Islamische Maße und Gewichte. Handbuch der Orientalistik. L Abteilung,Ergänzungsband I, Heft L Leiden/Köln 1970, S. 30.

36 A1-4azari hat in den Abschnitten 2a und 2b den Text des eine Generation älteren al-

Qazwinf (st. 682/1283) ausgeschrieben. Einige Male ist al-Cazarfs Version gegenüber derVorlage ('Agä'ib al-mahlüqät, S. 175-76) geringfügig geändert. Ein Homoioteleuton (S. 176,15 und 20: bainanä wa-bainahum) in al-Qazwinis Text führt in al-Cazaffs Abschrift zumWegfall des Passus über die Speise- und Jagdgewohnheiten der russischen Gog und Magog,in denen Togan (s. Anm. 5): S. 196-200 (Exkurs § 72b) in diesem Fall die Norweger bzw.Skandinavier wiedererkennen will.Al-Qazwinf kürzt und glättet in Abschnitt 2b den Text seiner ohnehin nur indirekten Vor-lage Ibn Fac.11än, vgl. cAgä'ib al-mahlüqät (wie Anm. 9): S. 176,5ff. mit Rihlat Ibn Facllänbei Togan (wie Anm. 5): arab. S. 31,6-33,3. Diese Riesengeschichte aus dem Lande Bulgar'ist der Aufmerksamkeit früherer Osteuropahistoriker nicht entgangen. Vgl. die nach denNotizen des Geographen Yäqüt gefertigte russische Übersetzung Baron V. Rosens: Prole-gomena k novomu izdaniju Ibn Fadlana. In: Zapiski vostoenogo otdelenija imperators-kago russkago archeologieeskago ob§eestva 15 (1904), S. 54-6, sowie die deutsche Über-setzung J. Marquarts: Ein arabischer Bericht über die arktischen (uralischen) Länder ausdem 10. Jahrhundert. In: Ungarische Jahrbücher 4 (1924), S. 317-18.Ibn Faclläns Gewährsmann für diesen Bericht ist sein Gefährte Takfn „der Türke", der dieRegion von früheren Aufenthalten her kannte. Vgl. Togan (wie Anm. 5): S. 4 Anm. 1,und S. 69 mit Anm. 2.

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Page 11: Ein Damaszener Reisender des 13. Jahrhunderts an der Wolga

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berichteten mir: ‚König, ein Mann ist den Strom hinabgekommen. Wenn der zueinem Volk aus unserer Nähe gehört, dann ist unseres Bleibens hier nicht länger'. Daritt ich mit ihnen bis zum Fluß, und in der Tat war dort ein Mann, zwölf Ellenlang, mit einem Kopf, der größer war als [201)] ein Kochtopf, mit einer Nase, dielänger war als eine Spanne, mit gewaltigen Augen und Fingern, deren jeder eineSpanne maß. Wir sprachen ihn an, aber er schaute uns bloß an. Ich brachte ihnzu meinem Platz und schrieb [seinetwegen] an die Leute von W1sü 39 , die von unsdrei Monate entfernt sind. Sie informierten mich, daß dieser Mann zu den Gogund Magog gehöre, von denen sie das Meer trenne. [Der König] sagte weiter: DerMann blieb bei uns eine Weile, dann befiel ihn ein Leiden an der Brust, an demer starb. Ich aber zog hinaus und schaute mir [seine] ganz gewaltigen Knochenan.

3. Der obengenannte Burhän ad-Din Ibrähirn. erzählte weiter: Folgendes habeich in der Stadt as-Sarayy in der Kiptschakensteppe im Lande der Türken gesehen.Damals herrschte bei ihnen eine Dürre und kein Tropfen Regen fiel. Sie gerietenin völlige Verzweiflung über ihre Lage. Nun gab es eine Zauberin, die zu ihnenkam und ihnen sagte: ,Wenn ihr wollt, daß der Regen zu euch kommt, gebt mirGeld'. Sie und die Leute der Stadt kamen überein, daß man für sie aus jedemHaushalt zwei Dirham sammeln und dann das Geld beim Kadi hinterlegen werde.Wenn sie Regen bekämen, werde sie das Geld an sich nehmen. Andernfalls gehe esan seine Besitzer zurück. Als das Geld eingesammelt war, ließ man es beim Kadi,und sie verabredete sich mit ihnen für den kommenden Tag. Als der nächste Taggekommen war, zogen alle aus der Stadt hinaus auf einen dort gelegenen Berg-rücken, auf dem die Alte bereits für sich ein Zelt aufgeschlagen hatte. Als derMittag nahte, trat sie aus dem Zelt, vor sich den Kopf einer Ziege, die sie bis zumKopf gehäutet hatte; in der Hand hielt sie eine Rute, mit der sie nach Westenwies. Als sie das tat, ließ Gott der Erhabene eine Wolke erscheinen und es regnen.So regnete es also nach Gottes des Erhabenen Ratschluß, wobei die Sonne heftigbrannte. Die Leute versanken auf dem Weg [in die Stadt] in den Fluten. [Burhänad-Dill] sprach: Ich war einer von ihnen und einer von denen, von dessen Hauszwei Dirham eingehoben wurden. Die Zauberin nahm jenes Geld; mehr als fünf-zigtausend Dirham waren zusammengekommen40 .

Freiburg i. Br. Ulrich Haarmann

39 über die Wisü, altrussisch: Ves', siehe die weiterführende Literatur bei Togan: S. 55,Anm. 3. Zu der Frage, ob es sich bei dem Brief des Herrschers von Bulgar' an die Ves' umeine Mystifikation handelt, siehe ibidem S. 193-96 (Exkurs § 72a).Die Hauptstadt der Goldenen Horde — hier in ungewöhnlicher Orthographie und mit dembestimmtem Artikel al- wiedergegeben (as-Sarayy anstelle: Saräy) — zählte nach Burhänad-Dins Zensus also wenigstens 25.000 Familien (arab. bait, von v. Tiesenhausen [wieAnm. 31]; S. 549,-6 und 550,3 in ein sinnloses tagt, „drei" verlesen); Burhän ad-DinsZeugnis hat Gewicht, hatte er sich doch selbst in Saräy niedergelassen.