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76 R. Rehhk Aus der Stomatologischen Universit~tsklinik Budapest (Direktor Prof. Dr. J. Szab6). Orthodontische Abteilung; Leiter Prof. Dr. H. Salamon Ein interessanter Fall yon beiderseitigem Hochstand der Eckz~thne -{-Un eas interessant d'ectopie vestibulaire bilat~rale des canines O An interesting case of bilateral high labial eruption of the canines Orthodontischer Teil yon Dr. Rudolf Reh~k Histologischer Teil yon Dr. Dczs5 Hattyasy 616. 314.4--007. 41 Ermuntert durch die Aufforderung der Redaktion, Modelle, Abbildungen und Daten fiber Probleme der orthodontischen Praxis zu bringen, erlauben wir uns folgenden Fall vorzulegen. 13j~hriger Knabe, dessen Anamnese ein famili~res Vorkommcn yon Zahn- stellungsanomalien ergibt. Die Eckz~hne stehen sowohl bei dem Vater wie auch bei einem ~lteren Bruder vor. Die Milchz~hne des Knaben zeigten keine Stel- lungsanomalie, sic wechselten nur sehr schwer. Die bleibenden Eckz~hne braehen schon vor drei Jahren hervor. Der Knabe schl~ft mit offenem Munde; die rhino- logische Untersuchung ergibt Adenoidwucherungen und eine Muschelhypertrophie. Die Sprache ist schon yon ganz kleiner Kindheit an niiselnd (Rhino]alia clausa). Die unteren zweiten Milchmotaren wurden erst vor kurzem yore iiberweisenden Zahnarzt extrahiert, da sic als persistierende Milchz~hne schon ]~ngst zu einer Extraktion reif schienen. R5ntgenaufnahmen zeigten ein Fehlen der beider- seitigen unteren zweiten Pr~molarenkeime. Anfangs-Gnathostatmodelle (Abb. 1--3). Oberkiefer / -{- Maxillaire sup~rieur / O Upper jaw: Bilateral sym- metrisehe Kontraktion. Nach dem Pontschen Index ist Sumnte der Incisivi: 6,5 d- 9 d- 9 ~ 6,5 ..... 31 mm. Abstand der 1. Pr~imolaren, Istwert = 28 ram, Soll- wert ~ 39 rum. Abstand der 1. Motaren, Istwert 40 mm, Solhvert 48,4 mm. Inzisale alveolare Retraktion. Kieferverkiirzung durch Vorwandern der beiderseitigen seitlichen Z~hne, wodureh der Platz fiir die ~.i'~ geraubt wtlrde. Keine Verschiebung der Mittellinie. Orbitalebene verlguft zwischen den seitliehen Schneideziihnen und ]. Pr~imolaren. Unterkiefer / d-Maxillaire infgrieur / O Lower jaw: Kompression ~hnlich wie im Oberkiefer, doch in der Pri~molarengegend asymmetrisch. Reehts starker ats links. Engstand im Gebiet der Frontz~thne. Rechter Eekzahn au~er- halb der Reihe. Die 2. Milchmolaren wurden kurz vorher extrahiert. 6'6 Okklusion / -I- Occlusion / O Occlusion 6- 6. Distalbift durch Vorwan- dern der 616 verursacht. Anfangs-Photostataufnahme (Abb. 4) / d-Photographies de ddbut / OPhotographs at beginning: Die Oberlippe ist etwas kiirzer, als da[t sie bei Mundsehlul3 die verdri~ngten 3:3 iiberdeeken k6nnte. Daher ein Vorspringen der Oberlippengegend und ein etwas unruhiger Gesichtsausdruek. Gnathion nach distal verlagert, durch Verk~rzung des aufsteigenden Astes. SchluI~-Photostataufnahme (Abb. 5) / -{-Photographies de ter- minaison / O Photographs at end: Die Oberlippengegend zeigt eine Ab- flachung, wodurch der Gesiehtsausdruek ruhiger, gleichmgl~iger geworden ist.

Ein interessanter Fall von beiderseitigem Hochstand der Eckzähne

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Page 1: Ein interessanter Fall von beiderseitigem Hochstand der Eckzähne

76 R. Rehhk

Aus der Stomatologischen Universit~tsklinik Budapest (Direktor Prof. Dr. J. Szab 6 ) . Orthodontische Abteilung; Leiter Prof. Dr. H. S a l a m o n

Ein interessanter Fall yon beiderseitigem Hochstand der Eckz~thne -{-Un eas interessant d'ectopie vestibulaire bilat~rale des canines O An interesting case of bilateral high labial eruption of the canines

Orthodontischer Teil yon Dr. R u d o l f R e h ~ k Histologischer Teil yon Dr. Dczs5 H a t t y a s y

616. 3 1 4 . 4 - - 0 0 7 . 41

Ermunter t durch die Aufforderung der Redaktion, Modelle, Abbildungen und Daten fiber Probleme der orthodontischen Praxis zu bringen, erlauben wir uns folgenden Fall vorzulegen.

13j~hriger Knabe, dessen Anamnese ein famili~res Vorkommcn yon Zahn- stellungsanomalien ergibt. Die Eckz~hne stehen sowohl bei dem Vater wie auch bei einem ~lteren Bruder vor. Die Milchz~hne des Knaben zeigten keine Stel- lungsanomalie, sic wechselten nur sehr schwer. Die bleibenden Eckz~hne braehen schon vor drei Jahren hervor. Der Knabe schl~ft mit offenem Munde; die rhino- logische Untersuchung ergibt Adenoidwucherungen und eine Muschelhypertrophie. Die Sprache ist schon yon ganz kleiner Kindheit an niiselnd (Rhino]alia clausa). Die unteren zweiten Milchmotaren wurden erst vor kurzem yore iiberweisenden Zahnarzt extrahiert, da sic als persistierende Milchz~hne schon ]~ngst zu einer Extrakt ion reif schienen. R5ntgenaufnahmen zeigten ein Fehlen der beider- seitigen unteren zweiten Pr~molarenkeime.

Anfangs-Gnathostatmodelle (Abb. 1--3).

O b e r k i e f e r / -{- M a x i l l a i r e s u p ~ r i e u r / O U p p e r j a w : Bilateral sym- metrisehe Kontraktion. Nach dem P o n t s c h e n Index ist Sumnte der Incisivi: 6,5 d- 9 d- 9 ~ 6,5 ..... 31 mm. Abstand der 1. Pr~imolaren, Istwert = 28 ram, Soll- wert ~ 39 rum. Abstand der 1. Motaren, Istwert 40 mm, Solhvert 48,4 mm.

Inzisale alveolare Retraktion. Kieferverkiirzung durch Vorwandern der beiderseitigen seitlichen Z~hne, wodureh der Platz fiir die ~.i'~ geraubt wtlrde. Keine Verschiebung der Mittellinie. Orbitalebene verlguft zwischen den seitliehen Schneideziihnen und ]. Pr~imolaren.

U n t e r k i e f e r / d - M a x i l l a i r e i n f g r i e u r / O L o w e r j a w : Kompression ~hnlich wie im Oberkiefer, doch in der Pri~molarengegend asymmetrisch. Reehts starker ats links. Engstand im Gebiet der Frontz~thne. Rechter Eekzahn au~er- halb der Reihe. Die 2. Milchmolaren wurden kurz vorher extrahiert .

6 '6 O k k l u s i o n / -I- O c c l u s i o n / O O c c l u s i o n 6- 6. Distalbift durch Vorwan- dern der 616 verursacht.

A n f a n g s - P h o t o s t a t a u f n a h m e (Abb. 4) / d - P h o t o g r a p h i e s de d d b u t / O P h o t o g r a p h s a t b e g i n n i n g : Die Oberlippe ist etwas kiirzer, als da[t sie bei Mundsehlul3 die verdri~ngten 3:3 iiberdeeken k6nnte. Daher ein Vorspringen der Oberlippengegend und ein etwas unruhiger Gesichtsausdruek. Gnathion nach distal verlagert, durch Verk~rzung des aufsteigenden Astes.

S c h l u I ~ - P h o t o s t a t a u f n a h m e (Abb. 5) / - { - P h o t o g r a p h i e s de t e r - m i n a i s o n / O P h o t o g r a p h s a t e n d : Die Oberlippengegend zeigt eine Ab- flachung, wodurch der Gesiehtsausdruek ruhiger, gleichmgl~iger geworden ist.

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E i n i n t e r c s s ~ n t e r .Fall y o n b e i d e r s e i t i g e m H o c h s t a n d d e r E c k z i ~ h n e 7 7

Abb. 1.

Abll. 2.

Abb. 3.

Abb. 1--3. Anfangs-Gnathostatmodell mi~ mittelmiigigem ~Engstand und voltst.gndiger Verdr~ingung beider oberen und des rechten unteren Eekzahnes infolge Yorwanderns der beitenziihne.

-t- Fig. 1 & 3. ~Iod~les gnathostatiques de d6but avec 6troitesse moyenne et ectopie complete des deux canines sup~rieures et de l'inf4rieure droite, par suite de migration ant6rieure des dents de e6t4.

O Figs. 1 to 3. Gnathostatic models at beginning, showing medium narrowness and complete displacement of boti~ upper and of the right lower canines through forward shifting ot the side teeth.

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7S R. Reh£k

R S n t g e n a u f n a h m e n / + R a d i o g r a p h i e s / O l ~ o e n t g e n o g r a m s : Die Abb. 6 zeigt die Frontz/ihne vor der Behandlung, die Abb. 7 zeigt den Zustand nach 8 Monate lang andauernder Ligaturenwirkung (ira Sinne der Streckung des Zahnbogens); Abb. 8 zeigt dieselben Z/ihne ein halbes Jahr nach dem AufhSren einer jeden Krafteinwirkung.

D i a g r a r a m e / + S c h d m a s / O D i a g r a m s : vor und nach der Behand- tung (Abb. 9).

Abb. 4. Abb. 5.

Abb. 4. A n f a n g s - P h o t o s t a t a u f n a h m e . Oberl ippe et, was zu kurz, LippensehluB fiber die hervorspr ingenden 3 3 u n v o l l k o m m e n . D a h e r das H e r v o r s p r i n g e n de r Ober l ippenpar t ie und der e twas unrubige Gesiehtsausdruek.

-{- Fig . 4. Pho tog raph ie du d~but . L~vre sup~rieure lm pen courte, f e rme tu re des 1Bytes ineoml>lSte pa r suite du dSplacement ant~r ieur de 3 3. P a r suite, d~plaeement en a v a n t de la z6ne de la l~vre sup6rieurc, et expression

- faeiale llli ]pell inqui~te. O F i g . 4, Photo a t beg inning . Uppe r lip s o m e w h a t short.; incomple te lip-closure f rom fl~rward displacement

of 3j]3 Thence, fo rward d i sp lacement of l ip -par t s a n d s o m e w h a t anxious express ion of the face.

Abb. 5. Sch lu f l -Pho tos t a t au fnahme . In der Ober l ippengegend eine Abf lachung, daher ein viel ruhigerer , aus- gegl iehener Ges ich tsausdruek .

-{- Fig. 5. Pho tog raph i e ~ la t e rmina i son . Ap la t i s s emen t dans la r6gion de la l~,vre sup~rieure d'ofl expression faciate beaucoup plus t ranqui l le , phls 6ql~ilibr~e.

O Fig . 5. Pho to a t end of t . reatment . Flat . tening nu t in t he uppe r l ip neighbourhood, whence much quieter and be t t e r ba lanced facial express ion.

Behandlungsplan ] + Plan de traitement ] # Plan of treatment

Infolge der Kombinat ion einer s tarken Kontrakt ion mit einem Vorwandern der Seitenz~hne, muB uns yon vornherein klar sein, dab wit es mit einem Extraktions- fall zu tun haben. Diese unsere Auffassung wird noch dadurch verst~rkt, dab im Unterkiefer eine Aplasie der 2. Pr~molaren vorliegt. Der Fall w~re also ohne Extrakt.ion nut so zu erledigen, dal3 wit im Unterkiefer den Platz fiir die fehlenden Pr/~molaren erhalten, gleichzeitig aber auch dehnen. I m Oberkiefer rniiSten wit neben einer Seitendehnung auch die nach vorn gewanderten Seitenzfihne nach riickw~rts bringen, was in Anbetracht dessen, da$ die 2. Molaren schon hervor- gebrochen waren, einen nicht zu untersch/itzenden Aufwand yon Zeit und Miihe in Anspruch genommen h/itte. Deshalb haben wit uns dazu entschlossen, lieber den Raum fiir die nichtangelegten unteren Pr~molaren in Verlust gehen zu lassen, dutch sp~ter zu beschreibender, entsprechender Einstellung der Apparatur . I m

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Ein interessanter Fall yon beiderseitigem Hochstand der Eckz~ihne 79

Abb. 6. Anfangs-RSntgenbi ld . Keine Ver. brc i te rung der Su tu ra pa la t ina .

"t- Fig . 6. Rad iograph ic du d~but. P a s d '61argissement de la s y m p h y s e

pa la t ine .

O Fig . 6. Roen tgenogram a t beginning . No widening of t he su tu ra pala-

t ina .

Abb. 7. t l6n tgenbi ld nach 11 Monate l angcm Einwirken der K r a f t . Ver- bre i ter te Butura pa la t ina . Wurze l -

resorpt ionen. -[- Fig . 7. Rad iograph ic apr~s 11 mois d ' appl ica t ion de force. Dis jonct ion de la s y m p h y s e pala t ine . R6sorpt ion

radiculaire . O Fig . 7. Roen tgenogra ln a f t e r 11 m o n t h s of appl ica t ion of force. En- l a rgemen t of t he su tu ra pa la t ina .

Roo t resorpt ion.

Abb. 8. :R6ntgenbild ein ha lbes J a h r nach d e m E n t f e r n e n der Appa ra tu r . Repa ra t i on du t ch

Z e m e n t a u f l a g e r u n g . 3r- Fig . 8. Rad iog raph ie six mois apr6s e n D v e m e n t de l 'apparei l - tage. t /6para t ion pa r d( 'p6t de

c6ment . O Fig . 8. R o e n t g e n o g r a m t a k e n a ha l f -year a f t e r r emova l of ap- pliances. Roo t repa i r by cemen-

t u m deposi t .

Oberkiefer aber wollen wir beiderseits einen Zahn opfern. Infolge des vollstiindigen Raummangels der 313 k6nnte man der Ansieht sein, es wiire am einfaehsten, die augerhalb der 1Reihe stehenden Eekziihne zu extrahieren, womit der Fall dann erledig~ w/ire.

F x x

I I I I I I I l I

L-

A"

Abb. 9. Transversa le mnl med ian - sag i t t a l e G a u m e n k u r v e . Zus tand vo r tier Behand lung . Zus t and nach der Behand lung .

-t- Fig. 9. Courbe pa la t ine t r ansver sa le et sag i t t a le m~diane. - - E t a t a v a n t le t r a i t emen t . . . . . . . . . . . E t a t apr~'s le t r a i t cmen t .

O Fig. 9. T r a n s v e r s a l and med ian sag i t f a l pa la t ine curve. - - Condit ion before t r e a tmen t . - . . . . . . . . . . Condit ion a f t e r t r e a tmen t .

Diesem Plane stellten sich aber schwere Bedenken entgegen. Wir wissen, dab die Eckzghne die Pfeiler des Gebisses und auch die widerstandsffihigsten Zfihne sind. Die meisten Autoren sind der Meinung, dab ihre unregelmfiBige Stellung

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80 R. Reh~k

durch die Ext rak t ion der ersten Bikuspidaten zu beseitigen ist. Nur ganz aus- nahmsweise wird die Ext rak t ion der Eckz~ihne gerechtfertigt sein, wie es B a u m e empfohlen hat. ~Vir wissen, dal~ gewShnlich nach der Extrakt ion des Eckzahnes eine Abflachung des Kieferbogens eintritt. Dies wirkt nicht nur ~sthetisch un- schSn, sondern bedeutet infolge der Schrumpfung des Kieferknochens an dieser Stelle noch eine erhShte Kariesdisposition der benachbarten Z~hne.

Wollten wir aber in unserem Falle die ersten Bikuspidaten entfernen und dann das Wandern der Eckz~ihne abwarten, so wiirde dies kaum zu einem Erfolg fiihren. Jeder Eckzahn ist n~mlich 3 m m breiter als der 1. Premolar, und da diese Z~ihne dicht an den kleinen Schneidez~hnen anschliel~en, wiirde eine Ext rak t ion Mlein nicht geniigen, um den Eckz£hnen das Einstetlen in die Zahnreihe zu er- m6glichen. Mit Recht betont auch S c h e i d t in einer jiingst erschienenen Arbeit, da~ ,,(lurch die Ext rak t ion einzelner Z~hne wir nicht Ptatz schaffen im engen Kiefer, sondern wir verringern lediglich die Zahnzahl. Da sich dcr Knochen nach dem Maximum-~Iinimum-Prinzip der veranderten Beanspruchung anpal3t, wird der Platz im Kiefer sogar noch beschr~nkter. Es ist demnach im altgcmeinen zu- n~chst ganz falsch, im unterentwickelten Kiefer zu extrahieren, eine Gefahr, welche durch das Schlagwort ,Platzschaffen' h~ufig zum unersetzlichen Schaden der Pat ienten verwirklicht wird!" Deshalb habe ich reich in diesem Falle zu- ni~chst zu einer Kieferdehnung entschlossen. Auch K 6 r b i t z meint ja, ,,dal~ ,nan in hochgradigen Fi~tlen t rotz Ext rak t ion nicht ohne Expansion auskommt. Es w~ire der grSl]te Fchler, in solchcn F~llen die Behandlung mit der Extrakt ion zu beginnen, well man sich dadurch wertvoller Angriffspunkte zur Erweiterung und Umformung des Kieferknochcns beraubte. In derartigen Fi l len leite ich die Kieferdehnung zuniichst unter Mitbenutzung der zur Extrakt ion verurteilten Zghne ein, bis ich den Kiefer so aus- und umgestMtet habe, dM~ ieh dieser. Zghne nicht mehr bedarf und nunmehr an die Einordnung der aui~erhalb oder innerhalb des Bogens stehenden Z~hne gehen kann ."

Angewandte Apparatur [ + Appareillage utilis6 [ O Appliances used

O b e r k i c f e r / + M a x i l l a i r e s u p 6 r i e u r / O U p p e r j a w : Kombinier ter S t a n t o n - D e h n e r . Vollb~inder auf 5 5, an denen labial ein senkrechtes RShrchen ffir 0,8 mm runden Wipla-Draht angelStet wurde. Labialbogen aus 0,8 mm Wipla- Draht (Abb. 10).

U n t e r k i e f e r / + M a x i l l a i r e i n f 4 r i e u r / O L o w e r j a w : BMkenapparat nach S i m o n . Vollbindcr auf 6 6. Innenbalken beiderseits bis zu den 4i4. Labial. bogen (Schraubenbogen) aus 1 m m starkem runden Draht der Spcz.-Leg. f. orth. Zweckc (Degussa) (Abb. 11).

Diese Appara turen wurden am 10. Januar 1930 eingesetzt. Inl Oberkiefer wurde einstweilen der LabiMbogcn noch nicht angelegt. Der Knabe wurde mit dfinnstcn Kofferdam-t~ingen versehen, danlit er sich des S t a n t o n - D e h n e r s selbst bediencn kann.

I m Unterkiefer wurde der Labialbogen um eine halbe Molarcnbreite aktiviert . Ein KotIege in der Provinz wurde beauftragt, den unteren Bogen alhnonatIich zu aktivieren, da der Knabe yon ausw~irts zur Behandlung kam.

Der Knabe kam am 22. M~rz 1930 wieder. Zun~ichst wurde alles entfernt, damit die Adenoidwucherungen und der Nasenpolyp entfernt werden konnten.

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Ein interessanter Fail yon beiderseitigem Hochstand der Eckz~ihne 81

Die Operation mul]te n~inllich aus famili~iren Griinden im Januar versehoben werden.

Anfangs April wurde alles wieder eingesetzt, und jetzt wurde auch der Labial- bogen im Oberkiefer a ngelegt. I m Oberkiefer wurden yon nun an keine Gummi- ringe mehr getragen. Der St a n t o n-Dehner ~mrde t rotzdem belassen und diente einerseits ats F/ihrung, damit die 5 5 eine mehr bodily-Bewegung vollffihren sotlen. Anderseits verst/irkte der Appara t den Widerstand der Seitenzahne, an- 1/iglieh des Vorbringens der 4 Frontziihne, welehe zu diesem Zweeke mit fort- laufenden Ligaturen an den Bogen angebunden wurden. Der Bogen wurde etwa

S ' 3 mm abstehend gemaeht, eine seitlieh angebogene Lour ie - ,_ehhnge erlaubte, den Bogen noeh welter zu aktivieren. I m Unterkiefer wurde der Innenbalken ent-

S fernt und der Labialbogen so angelegt, dab die ~ehraubenmutter des unteren

Abb. 10. Oberkieferapparatur. b t a n t o n Dehner nnd Labialbogen.

+ F i g . 10. Appareillage du maxillaire sup6rieur: Appareil d'expansion de Stanton et arc vestibulaire.

OFig- 10. Upper jaw appliance. 8tanton expansion appliance and labial arch.

Abb. 11. Ynterkieferapparatnr. Balkenapparat nach b i m o n .

+ Fi~. 11. Appareillage du maxillaire infdrieur. Appa- reil d'expansion du Simon.

0 Fig. 11. Lower jaw appliance. ,Simon expansion appliance.

Bogens beiderseits geloekert wurde, damit der Bogen einerseits den 3 3 mfliegt, anderseits aber die Molaren ungest6rt nach vorn wandern k6nnen, um den freien l~aum fiir die nicht angelegten 5 5 auszuffillen. Zur Dehnung ~a rde sowohl im Ober- wie im Unterkiefer um eine halbe Molarenbreite aktiviert .

Der Knabe verreiste nun auf 1/~ngere Zeit. Allmonat]ieh wurde yon dem Kolle- gen in der Provinz aktiviert . Frontzahnligatur wurde wSchentlieh gewechselt. Ieh sah den Knaben im Juni, dann im September wieder. Alles war in gr6Bter Ordnung und ging planm/iBig vor sich. Der Ober- und Unterkiefer dehnte sieh gleiehm/~Big. Die 3 3 zwfingten sieh, da sie infolge der Dehnung und des Streckens des oberen Bogens etwas Platz gewonnen haben, ill die Zahnreihe ein. I m Unterkiefer ging der Platz ffir die nieht angelegten ~)[5 dureh ein Vorwandern der 6 6 bzw. Rfiekwandern der 3!3 immer mehr verloren. Diese Wanderungen wurden dureh ein entsprechendes Einste]len des unteren Labial- bogens erzielt.

Kurz vor Weihnachten sah ieh endlich die Zeit gekomraen ftir die Ext rak t ion der 1. oberen Prfimolaren. Das Gebift zeigte den Zustand, weleher in den Gnatho- statmodellen (Abb. 12--14) festgelegt ist.

Fortschritte der Orthodontik. 1932. Heft I 6

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$2 R. Ileh£k

Ahb. 12.

Abb. 13,

Abb. 1-~.

Abb. 12--14. Gnathostatmodell naeh 11 Monate lan~er Behandlung. ])ehnung im Obcr- lind Unterkiefer. Streekung im Oberkiefer.

+ Fig. 12 h t4. 3Iod(?Ies gnathostatiques apr~s 11 Irlois de traitoment. Expansion des deux maxillaires, allonge- mont du maxillare aupOrieur.

O Fig. 12 to 14. Gnathoatatie models aft~'r 11 months treatment. Expansion -f both jaw~ and lengthening of upper jaw.

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Ein interessanter Fail yon beiderseitigem Hochstand der Eckzfihne 83

Die Expansion betrug sowohl im Ober- wie aueh im Unterkiefer w/ihrend dieser Zeit yon 11 Monaten im Durehsehni t t nur 6 - - 8 ram. wie dies aus folgender Tabelle ersiehtlieh ist :

Abstand clef am ]0. I. 1930 am 15, X I I . 1930 Dio 15r613e der Expans ion ill mm "b Distances entre of. Le i l l - I - 1 9 3 0 =4-l.e 1 5 - X I 1 - 1 9 3 0 -.1-Expan~lon en ii'!I11.

O D~stanee~ between O f in Jan . 10, 19:30 O On Dee. i5, 1930 O Expans ion in ram.

4 4 oJ t )

616 4 4 6 6

28 34 40

33 43

36 42 45

39 49

= s ...... 8 (5 5 bodily bewegt) ...... 5

== 6

Die , t reckung des Oberkiefers betrug naeh der median-sagit talen Gaumen- kurve in der Projekt ion nut 2 m m (Abb. 9). Das Prosthion zeigt in seiner Lage zur Orbitalebene eine Verschiebung yon 2 mm naeh vorn.

Vor der Ex t rak t ion lieg ieh R6ntgenbilder anfert igen (Abb. 7 und 15). Da stellte es sieh heraus, dab an den Wurzeln der mit Ligaturen gekippten oberen Front - zfihne, wie aueh an den dureh eine punktf6rmige Kraf t gekippten 4 4, wie aueh an den bodily bewegten 5 5 Wurzelresorptionen s ta t tgefunden haben. Deshalb wurden die extrhhierten oberen, mit Wurzelresorpt ionen behaf- te ten 1. Prfimolaren einer eingehenden histologisehen Untersuehung zugeftihrt, welehe folgendes ergab:

Makroskopiseh betraehtet zeigte der einwurzelige 4 niehts Auffallendes, hingegen war an der bukkalen a~>h. 15. RSntgenaufnahme

tier Seiteuzahne naeh 11 Mo- ktirzeren Wurzel des 4 aueh mit freiem Auge (tie rauhe n~m- tan/acre Zinwirken tier Flfiehe der Wurzelspitze gut zu erkennen. Die Z~hne Kralt.

-t- Fig, 55. Radiographies des wurden fixiert, en tka lk t und in Serien gesehnitten. ,1,-~,t~ de ~ot~',, a~r~'~s Jt moi~

t l 'ap~licat ion de force.

O Fig. 15. Roentgem`1gram of Itistologiseher Befund ~de teeth, af ter 11 mon ths

4" Constatations histologiques / O Histological Iindin.o's application of force.

An Sehnitten, die yore 41 ann/~henld durch die Mitte des Zahnes, d. i. des bukkalen WurzelkanMes. geftihrt sind, ist schon mit schwacher Vergr61~erung gut zu sehen, dab die Wurzelspitze soweit resorbiert ist, dal~ es zu einer Einsehmelzung dieser und zur Frei legung der Wurzelpulpa gekommen ist (Abb. 16). An dieser Stelle fehlt das Zement gfinzlich und das Dent in ist an der ganzen Flfiche yon Resorpt ionsbuchten angenagt (a), und die Resorpt ion ist noeh immer im For t - sehreiten befindlich, da an den Resorp t ionsbuchten Osteoklasten nachweisbar sind. An der Resorptionsfl/iehe liegt ein zellreiches dem Per iodont ium/ ihnl iches Granulationsgewebe, welches kugelf6rmig in die erSffnete Wurzelpulpa ein- gestiilpt ist. Die palatinale Wurzelspitze ist im allgemeinen gut erhalten, es sind zwar Resorpt ionsherde auch dor t zu finden, doeh diese weisen keine Osteoklasten auf, d. h. die Resorpt ion schreitet nieht welter, sondern es ist eher an einzelnen Stellen eine beginnende Repara t ion festzustellen. Ferner handel t es sieh hier nur um apikale Zementresorpt ionen und das Dent in ist nirgends freigelegt. An

6*

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84, R. tReh~.,k

der ~uBeren Wurzeloberfl/iehe der palatinalen Wurzel ist ebenfalls ein gfinzlich geheilter groBer ~esorptionsherd zu beobaehten, der tier in das Dentin vor- gedrungen war und jetzt gr6Btenteils mit Zement ausgeffillt ist (c).

Neben dem Resorptionsvorgang k6nnen wir abet aueh Apposition feststellen, und zwar an der Bifurkationsstelle b. Hier hat das Dentin und aueh die Zement- sehieht an Dieke auffallend zugenommen und beide sind yon/iuBerst homogenem Bau. Die Breite der Hartsubstanzen an dieser Stelle dfirfte annfihernd die doppelte des Normalen betragen, wobei haupts/iehlieh die Dentinsehiehtdieke gr6Ber ge- worden ist. Der Bau des Dentins ist am ganzen Zahn und aueh hier vo/Ikommen

Abb. 16. ~ehni t t durch die Wurzel de~ rechten Prl imolarem a Ausgedohnte Resorpt ion der bukkMen Wurzel. b Eingesehlossene Zellen im Zement. c ) l i t Zement ausgeffil l ter I les, , rpt ionsherd.

-1- Fig. 16. Coupe g t ravers les raeines de la t)rdmvlaire droite. a P.~sorption 6tenduc de la racine vestibulaire. b Celhdcs ineluses darts le e6ment. e Foyer de r0sorptkm eombl6 de e~nlent.

O Fig. 16. Section through the roots of the right premolar. a Extensive resorption of bllccal root, b Cells enclosed in cemelltltln. c Resorpt ion center filled wi th eelnelltllll}~

regelm/tBig, die Dentinkanfilchen sind normal, Knickungen sowie fiirberische Unregelmggigkeiten sind im Dentin nieht naehzuweisen. Das Zement verhfilt sieh an dieser Stelle nieht ganz so regelm/iBig. Die neueren Sehichten sind zellreich, und aueh die iiuBere Kontur des Zementes an der Bifurkation ist stellenweise un- regelm/igig. So k6nnen an einzelnen Stellen eingesehlossene Zellhaufen beobach- tet werden, ferner das Zurfiekbleiben der Zementbildung all anderen Stetlen, woraus keilartige Einsehnitte im Zement resultieren. Dem Zement sind die Zementoblasten und zellreiehes Bindegewebe angelagert.

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Ein interessanter Fall yon beiderseitigem ttochstand der Eckz/ihne 85

Die Pulpa des Z~thnes ist im allgemeinen gut erhalten (Abb. 17). Die Odont- oblastensehicht ist iiberall, ausgenommen am Boden der Pulpakammer , gut. ent- wickelt, da.runter k6nnen wir eine gut. ausgebildete Wei lsche Schieht beobachten. Die Pulpa ist m~il3ig zellreieh, pathologisehe Ver~tnderungen sind nicht vor- handen, ausgenommen an einzelnen Stellen, wo sich retikul~ir atrophische Felder bilden. Diese Verh~iltnisse k6nnen am besten oberhalb des Bodens der Pulpa- kammer beobaehtet werden. An dieser Stelle befindet sich die Odontoblasten- schieht in retikul~irer Atrophie, zwischen einzetnen oder kleineren Gruppen yon Odontoblasten fehlen ganze Gruppen yon Zellen. In der Abb. 17a ist gut die retikul~r atrophisehe Sehicht der Odontoblasten und anschliel~end die nahezu

Abb. 17. Bodpll der Y u l p a k a m m e r des revhten Pr i imolarcn . a l~etil<ulale Atrophie der Odontob las tensch ich t . b Lficke im Yulpagewebe.

-[-]'~i~. 17. Phmche r d(' la chambre l lulpaire de 1~ l~r~mola~re droite. ~g At~vphio r('ticuh;~, de la eouche des odoll toblastem b Vide dan~ le ti.-su pulpaire.

O Fig. 17. Flo*~r of the lmlP c h a m b e r of {he r ight p> 'mola r . a Ret icular a t rophy cff the layer of odontol)la.~t% b ]dnll)ty ~l,ace ill pull) tis>ue.

kreisf6rmige Liicke b in der Pulpt~ zu entnehmen, wo das Gewebe anscheinend in- fotge retikulhrer Atrophie ganz verschwunden ist.

Der einwurzetige linksseitige Zahn :4 zeigt ebenfalls merkw/h-dige Vergnderun- gen. Die Pulpa ist auch hier gut erhalten und lResorptionen spielen eine ganz untergeordnete Pmlle und sind bloB im oberen ])rittel des Wurzelkanals, im Dentin und an der Wurzelspitze als kleine Herde nachzuweisen. Die Ver~inderungen bestehen haupts~iehlich in d e r B i l d u n g y o n g r 6 B e r e n M a s s e n s e k u n d ~ i r e n Dent . ins an g e w i s s e n S t e l l e n des Z a h n e s . In der Pulp~ ist jedoch miil3ige Hyper~mie und stellenweise eine pathologische Zellvermehrung zu verzeichnen. Die Bildm~g yon sekund~irem Dentin findet besonders am I)ach der Pulpakammer und ungef~ihr dem Ligamentmn eirculare entsprechend an der Wand der Pulpa- kammer start. An der erstgenannten Stelle ist der in Spitze verlaufende Pulpa- kern dutch sekund:ares Dentin ausgefiillt, das sich yore primiiren Dentin scharf abhebt, weniger reguli~r gebaut ist und an einzelnen Stellen der EinschluB yon

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86 P~. Reh~k

Odontoblasten ins Dentin beobachtet werden kann (Abb, 18). An der zweit- genannten Stelle, d. i. im Bereieh des Zahnhalses, treffen wir sehon ein anderes Bild. Zentrale Sehnitte beobaehtend (Abb,Ig), zeigt sieh die sekund~ire l)emin- biMung als mfiehtige Dentinpolster an den gegenfiberliegenden Dentinwan(hmgen.

Abb. lb. Sekund~ire Dent inb iMung anl l inken l 'r:m~,htr. od O(lontohia-ten~chi~'ht. ~ Unverka lk tes Dent in . c Eingesehlos~ene ()d~int*~bla~tt'n. d SekundS~re, Dentin.

+ Fire l s . D6W'*t de dent ine sceondaire dans la l~r6m~laii't, gau¢.he. od ('ollehp tle- ,?tlolltl)blilstt.s. ~l Dentine non calcifi~e, e Odontoblastes inclns, d Df.lltine see~mdaire.

O Fig. 1~. Secondary dentht aleph,sit in left l~renl~}ar. od Od~mt~l)last layer. ~e Unealeified dentin, c Enclosed udontobla~t , , d .~c,*n(lal'y d,.ntin,

I

Abb. 19. Sekundi~re Dent inbi ldul tg am linken Priimolar. in der Gegend dos Zalmtml-es. 3[hchtige Dentin- 1)olster an den gegen(ibel'liegenden I )ent inwandungen.

-t- Fig. 19. ])6t~5t de delttine sec~mdaire dans la r6gion du eollet de la prdmotaire gau('h~.. Cal)it,.m~taff,. I,Uib,ant tie denti~e sur la imroi dent inaire opl~osde.

@ F i g , 19. $eeondarydent inde l ) (~Mtinne ighbnurhoodof theneek ,J f th* ' Ie f t l~r t 'molar . ~,trong(lentinutflt~Ji~tering on the r~pposite del l t in wait.

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E i n i n t e r e s s a n t e r F a l l y o n b e i d e r s e i t i g e m H o c h s t a n d d e r E e k z ~ i h n e 8 7

Abb. 20. 5eitlieher >ehnitt vom linken Pr~ilnolar. Der zirkuliire Dentinwntst tiiuseht eine , ,Dentin"briicke v,,r. + Fig. 20. ('~mpe latdrale de la prthnolaire gauche. Le bomTelet eireutaire de dentin donne l'illusion d'un l;,ont~

de dentine. O Fig. 20. Lateral seeti,m ¢~f the left prem,flar. The circular dentin roll ha.a the appoaranee of a dentin bridge.

Abb. 21. + Fig. 21.

O Fig. 21,

Dentinwu.herung in der Kronenpulpa des linken l~r~imolaren, ~*d Odontobla~ten~chicht. Production de dentin n~oform~e darts la lmlpe eoronaire de la pr~molaire gauche.

od Couchc des odontoblastes. Delltin growth ili tile pulp of tile crOWll o[ tim left prenmlar, ud Odontobla.-t layer.

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88 R. Ileh~k

An mehr seitliehen Sehnitten fliel3en die zwei Dentinbaeken zusammen trod geben ein Bild, als wfire die Pulpa dureh eine Dentinb~fieke in zwei Teile geteilt (Abb. 20). /lekonstruiert ergibt sieh dann, dab hier das sekundfire Dentin als ein Wulst

Abb. 2"2. ]3ild dcr Kronenpu lpa des l inken Pr / imolaren, 5 t a rke Vergr6L/erung. 3Ialti~ze t fypcr / imie . de Fig , 2"2. Pulpe eonmaire de la pr6nlolaire gauche. Fort, gro~sis~l 'ment. H?'] el'dill e m~lldl'6e.

O Fi~. 22, t ' u lp of crown of left l?rcmolar, 5 t rong etilargelm'ltt , 3Iod~.ratv hyt~eremia.

Abb, 2:~, ~Bitd tier Pulpa~ des l inken Pr i imoIaron oberhaib des Dent inwuiate~, Phl~mazellen, de Fig. 23. ][lllage de la 1)lllDe ite la l)r~illolaire gallche, fill desk-us do la llrodltctillll ile dvrl~illo. Plaglllazollt*n.

O Fig, 28. Pulp of the left prenliJlar above the dent in growth. Pla>maz*,llen.

zirkulfir verlfiuft und deshalb an dieser Stelle die Pulpakammer einengt. I)ie Bildung des l~eizdentins wird aueh hier noeh an den moisten Stellen yon Odont- oblasten besorgt, doeh treffen wir sehon Stellen, we (tie Bildung der Hartsubstanz yon indifferenten Zellen fibernonlmen wird und we der Dentincharakter des

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neugebildeten Hartgewebes fGhtt. An einzelnen Stetlen in der Pu lpakammer linden wir noch interessante lokale Dentinwueherungen, die dureh Odontoblasten erzeugt werden (Abb. 21).

Die Kronenpulpa, abgesehen yon einer mitt leren Hyper/imie und einigen herd- f6rmigen kleinen Blutungen in der Odontoblastenschieht, bietet niehts Besonderes. In der mittleren Pulparegion aber, insbesondere fiber dem zirkulfiren Pulpawulst, befindet sieh in der Pulpa eine mfichtige Zellanreieherung, die aus Gewebezellen und vor altem aus zahlreiehen Plasmazellen besteht und seitens der Gefiil3e yon einer Hyper~imie begleitet wird (Abb. 22 und 23). Die Wurzelpulpa bietet niehts ~ e l l llell s w e r t e s .

Die Wertung des histologischen Be~undes "4- Explication des constatations histologiques 10 Explanation of the histological findings

Were1 wir uns die besprochenen histologisehen Veriinderungen erkl/iren wollen, so mtissen wir diese als Folge der einwirkenden kfinstliehen Krfifte betraehten. A. M. S c h w a r z teilt bekanntlich die Intensit/it der orthodontischen Kr/ifte sehematiseh in vier biologisehe Wirkungsgrade ein. 1. Der erste biologisehe Wirkungsgrad ist so sehwaeh, dab es zu keinem reakt iven Umbau kommt. 2. Der zweite biologische Wirkungsgrad bzw. die Kraf t ist so bemessen, dab nur ein Um- bau im Knoehen erfolgt (diffGrente biolcgisehe Qualitfit der Zahngewebe, G o t t - lieb). 5tit dieser Kraf t sollten die orthodontisehen Zahnverlagerungen dureh- geffihrt werden. 3. Bei dem dri t ten biologischen Wirkungsgrad treten sehon l~e- sorptio~len nieht nur am Alveolarknoehen, sondern aueh an der Dm~ekseite an der Zahnoberfl~iche auf, eventuell bilden sieh teilweise herdf6rmige Nekrosen. 4. Bei dem vierten biologischen Wirkungsgrad bewirkt die Kraf t eine anhaltende I,;em- pression der Weiehgebilde, die ausgedehnte Nekrosen zur Folge hat.

Wie erwfihnt, sollten in der orthodontisehen Praxis strenge die Grenzen des zweiten biologisehen Wirkungsgrades eingehalten werden. Doeh aueh A. N. S e h w a r z betont die besonderen Sehwierigkeiten dieser grunds/itzlichen Forde- rung, da der l~'bergang yon einem Grad zum anderen ein fliegender ist, welter kann die Kraf t nieht nut je nach Individuum, Alter, Konsti tution, Gesundheits- zustand, sondern aueh am gleiehen Zahn an versehiedenen Stellen der Belastung und zu versehiedenen Zeiten ganz versehieden hoeh sein. Dies k6nnen wit aueh in unserem Falle beobaehten.

Wit haben zun/iehst eine mliehtige t lesorption an der Spitze der bukkalen Wurzel des 41zu verzeiehnen, so dal3 es zur Einschmelzung der Wurzelspitze und zur Freilegung der Wurzelpulpa gekommen ist. Hingegen zeigt die palatinale ~Vur- zelspitze desselben Zahnes keine nennenswerten 1Resorptionen. Wenn wir uns dies versehiedene Verhalten der Wurzelspitzen Gin und desselben Zahnes erktfiren wolten, so mfissen wir eine versehiedene ;Belastung der ~¥urzelspitzen annehmen. Die Kraf t wirkte punktf6rmig, und da die Zahnkronen sehr kurz waren, aueh ziemlieh nahe der Kaukante , t rotzdem der Innenbalken ganz am Zahnhalse lag. Die Kraft bewegte den Zahn im Sinne einer bukkaten Kippung der Zahnkrone, wodurch die bukkale Wurzel im Sinne einer Verkfirzung, die palatinale ira Sinne einer Verlfingerung belastet wurde. Dies ist wohl die Erkl/irung ffir die aus- gedehnten Einsehmelzungen an der bukkalen Wurzelspitze und die fast v611ige Resorptionsfreiheit der palatinalen Spitze.

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90 R. ReMk

Wenn wir uns die biotogisehen Wirkungsgrade zurechtlegen wollen, so m/issen wit annehmen, (tag an der bukkalen Wurzelspitze die Kraf t mit einem vierten biologisehen Wirkungsgrad einwirkte, all der palatinaten Wurzel desselben Zahnes aber nttr mit einem dritten, meist abet zweiten biologisehen Wirkungsgrad gewirkt hat. Bei dem einwurzeligen Zatm der entgegengesetzten Seite kam es trotz gleieher Kraf t nirgends zu einem biologiseh vierten Wirkungsgrad.

Was nun (tie histologisehen Befunde naeh diesen Gesiehtspunkten eingeteilt, S " anbelangt, so linden wir an der bukkalen ~ pltze mfichtige Resorptionen. Die

bukkale Wurzeloberfl~iehe ist leider in unseren Pr~paraten aus teehnisehen Grfinden nieht ~-611ig erhalten, der kleine Tell, weleher intakt geblieben ist, ganz nahe der bukkalen Spitze, lfil3t uns aber annehmen, (lag es an dieser Oberfl/iehe,

S welehe der Druckseite entsprieht, doeh nirgends zu einer .,~ eherung " der Weieh- gewebe gekommen ist. So da3 wir eher einen l~bergang yore dritten zum vierten biotogisehen Wirkungsgrad der Kraf t anzunehmen bereehtigt sind.

Auffallend ist noeh, dag wir in der apikalen Hiilfte der palatinalen Wurzei- oberfl~iehe, also an der Zugseite, einen Ilesorptionsherd im Zement vorfanden. Die andere interessante Erseheinung in uns:erem Falle ist die reaktive Hartsub- stanzbildung, (tie sowohl am 4 wie ant 4 festzustellen ist. An beiden Z~ihnen erfolgte die Apposition ungeffi}lr in gleiel~er H6he: am 4 hat die Dentin- und Zementdieke an der Bifurkationsstelle ungeffihr um das Doppelte zugenommen, an dem [~ hingegen linden wir durch den oben besehriebenen zirkul~iren sekun- d/iren Dentinwulst die Pulpa eingeengt. Die Hartsubstanzbildung erfolgte in einem rasehen. Tempo, daftir sprieht, dab die Odontoblasten des 41 an dieser

_ . _

Stelle retikulfir atrophiseh wurden und sogar in der Pulpa sieh solehe Herde bil- deten, was nur dureh irgendeinen Reiz, der auf diese Gegend insbesondere wirkte, zu erk|/iren ist. Die rege Zementbildung an der Zeraent-Dentingrenze dtirf.te auf die Endigungen der Odontoblastenfortsfitze als Waehstumsreiz gewirkt haben und so die Odontoblasten zu erh6hter Dentinbildung angeregt haben. I m Falle des 4 bedarf die sekundiire Dentinbildung einer analogen, jedoeh anderen Er- klfi.mmg. Die Lokalisation der erh6hten Dentinbildung entsprieht ungeffihr der Stelle, wo sieh das Ligamentum eireulare an dem Zahn anheftet.

Die Reizwirkung k6nnten wir in diesem Falle uns so vorstellen, dab die Zug- wirkung dureh das gespannte Ligamentum circulate und dessen Verankerung dem Zement tibermittelt, als Reiz die Endigungen der T o m e s s e h e n ]~orts/itze traf, die wieder eben an dieser Stelle die Odontoblasten zu erh6hter T/itigkeit anregten.

Der iibrige Pulpabefund an diesem Zahn ist mit dem sieherlich gest6rten Stoff- weehsel der Pulpa in Beziehung zu bringen, wie wir J~hnliehes ja sehr oft bei Paradentosenpulpen beobaehten kSnnen.

Zusammenfassend k6nnen wir also aus diesen Befunden ersehen, dag all jene biologisehen Wirkungsgrade, welehe das Optfinum der Belastung des Zahnes iiber- sehreiten (naeh A. M. S e h w a r z der zweite biologisehe Wirkungsgrad), neben Resorptionsvorgfingen am Zahn aueh ausgedehnte A p p o s i t i o n s v o r g ~ n g e her- vorrufen.

Wir konnten an Hand dieser Prfiparate aueh zeigen, wie sehwer es ist, in praxi die theoretiseh angenommenen biologisehen Wirkungsgrade auseinanderzuhalten. Die histologiseh nntersuehten Zfihne wurden yon einer punktf6rmigen Kraf t I I ~Ionate hindurch im Sinne einer bukkalen Kippung belastet. W~hrend dieser Zeit dehnte sieh der Kiefer in der Gegend der extrahierten Zfihne um 8 ram,

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sicherlieh ein Vorgehen. welehes als nieht allzu raseh bezeiehnet werden kann. Die meisten Autoren sind darin einig. (tab eine Dehnung yon t mm im Monat das zugelassene 3Iag sei ( K o r k h a u s , A. M. S e h w a r z , I z a r d usw.).

In unserem Falle erfolgte das Dehnen die ersten 3 3Ionate hindureh sogar mit den allerfeinsten Kofferdamringen. Der Knabe und seine Umgebung wurden aufmerksam gemaeht, bei den allergeringsten Sehmerzerseheinungen die gummi- tinge einstweilen ganz wegzulassen, spiiter seltener ztt weehseln. Der Knabe weehselte anfangs w6ehentlich zweimal, spkiter dreimal die Cummiringe.

Naeh dem Anlegen des Aul3enbogens (0,8 mm Wipla) wurde monatlieh einmal um 1/2 Molarenbreite aktiviert , sieherlieh aueh kein zu briiskes Vorgehen in Anbetraeht dessen, dab beiderseits s/imtliehe Seitenz/ihne als XViderstand benutzt wurden. (Beiderseits 4 5 6 6 5 4 mit Vollbfinder 5 5.) Naeh Angabe des Knaben

Abb. 24. Gnathostatmc*delh" ein halbes g a h r na( 'h erfolgter E x t r a k t i o n der 4 4. Die Eekz~ihne w u r d e n mi t e inem N e b e n a p p a r a t ulld G m m n i r i n g e in die Extrakt ion~hiet~, gebraeh t ,

-b Fig. 24. 3Ioulages gnatho~ta t iques , 6 mois apr~.s l ' ex t rae t ion de 4 4. Les eallilles ont ~t~ alnendes dans los espaees taisst% par los ex t rac t ions , au ll3oyell d'apl~areils aceesgoires et (t 'alll lPallx 6lastiques.

O Fig. 2{. Gnathos ta t ie ul(alels, olle hal f yea r a f t e r extraetioll of 4 4. ( 'al l ines lIlilved iltto ex t rae t ion spaces by accessory apl. l ianee and rubber r ings.

versptirte er in den ersten 3 Monaten iiberhaupt nichts, sp/iter versptirte er bei jeder Aktivierung, also allmonatlieh einmal, eine 1--2 Tage lang andauernde Kauempfindliehkeit . Von einem spontan auftretenden Sehmerz war wfihrend der ganzen Behandhmgszeit i iberhaupt keine Rede.

Trotzdem zeigte sieh, dab die bei aller Aehtsamkeit dennoeh tiberdosierte Kraft . obwohl sie gar keine klinisehen Erseheinungen hervorgerufen hat, w/ihrend dieser verhgltnismfil~ig kurzen Zeit yon 11 Monaten sehon soweit eingewirkt hat, dal3 es zu m/iehtigen Einsehmelzungen und t lesorptionen und ausgedehnten Appositionen kam.

Trotz der starken tlesorptionen an den lq'ront- und Seitenzfihnen, zeigten sieh diese Z~ihne als ganz feststehend nnd kauttiehtig. Aueh die Pulpa erwies sieh als lebend. Der Vergleieh der Photos ta taufnahmen beweist aueh, dab das Kno- ehenwaehstum der Kiefer reeht stark zugenommen hat, wie sieh der Knabe im ganzen aueh zu einem reeht kr/iftigen Jungen entwiekelte. Daraus k6nnen wir

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schlieBen, daft die wurzelresorbierten Zfihne wohl keine funktionelle Einbul~e er- litten haben.

Die Gnathostatmodelle (Abb. 24) zeigen unseren Fall 172 Jahr naeh erfolgter Extrakt ion der 4 4. Die Eckz/ihne wurden mit Hilfe yon Dreihakenbiindern und Gummiringen in die Extraktionslt icken der 414 gebracht (Abb. 25), mit einer ent- spreehenden Verankerung der Molaren.

Abb, 25. ,Eckzahnr[ivkzieh-AiJparatur 1inch S i m o n ,

- Fig. 25. AppareH pour t i rer les canines en arri#Iz ~, d'aInd's S i m o n ,

O Fig. 25. Appliance for pul l ing back canines, according to S i m o n .

Zusammenfassung [ Rdsumd [ Synopsis

1. A u c h b e i m s c h w i e r i g s t e n E c k z a h n h o c h s t a n d e so l l de r E c k z a h n i m m e r e r h a l t e n w e r d e n , u n d w e n n n o t w e n d i g , n a c h e r f o l g t e r D e h n u n g d e s Z a h n b o g e n s , je e in P r f i m o l a r e n t f e r n t w e r d e n . Die t t a r m o n i e des Z a h n b o g e n s u n d d e r G e s i c h t s a u s d r u e k l e i d e n so a m w e n i g s t e n .

2. E i n e l a n g a n d a u e r n d e , k u n s t g e r e c h t e i n w i r k e n d e , p u n k t f O r m i g a n d e n Z a h n k r o n e n a n g r e i f e n d e K r a f t i s t , o h n e i r g e n d w e l c h e M i n i - s c h e n E r s c h e i n u n g e n z u v e r u r s a c h e n , i m s t a n d e , a n e i n u n d d e m s e l b e n Z a h n s c h w e r e 1 R e s o r p t i o n e n , a u s g e h e i l t e H e r d r e s o r p t i o n e n u n d r e a k t i v e A p p o s i t i o n e n n e b e n e i n a n d e r h e r b e i z u f i i h r e n .

-4- 1. M~me dans les cas Ies plus prononc6s d'ectopie vestibulaire, la canine doit 6tre conservde, et lorsque cela sera indispensable, aprbs avoir obtenu l 'expansion, e'est toujours une pr6motaire que t 'on devra extraire. C'est ainsi que l 'harmonie de l 'arcarde dentaire et l 'expression du visage auront le moins g souffrir.

2. L'ne force de longue dur6e, agissant m6thodiquement, a t t aquant la dent sur sa couronne en un seul point, est capable sans causer aucune manifestation clinique, de produire cSte £ cSte sur une seute et m6me dent de fortes r6sorptions, des foyers de r6sorption compl6tement combI6s et des appositions de rdaction.

O 1. Even in the most severe cases of high labial eruption, the canine should always be preserved, and after expansion is completed, if necessary, the tooth to be extracted should always be a premolar. In this way the harmony of the dental arch and facial expression wilt suffer the least.

2. A force acting for a great length of time, methodically applied upon the crown of the tooth in a point, may, without causing any clinical evidence what- soever, produce upon one and the same tooth severe resorptions, radically healed focal resorptions and reactive appositions side by side.

Budapest IV, Kossuth Lajos-u. 8. - - Budapest IV, Szervita-tdr 4.