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BewHi 2/2011 133 Bewährungshilfe – Soziales • Strafrecht • Kriminalpolitik Jg. 58, 2011, Heft 2, S. 133–146 © Forum Verlag Godesberg GmbH Gewalt und Suizid im Strafvollzug – Ein längsschnittliches DFG-Projekt im thüringischen und nordrhein-westfälischen Jugendstrafvollzug FRANK NEUBACHER •JENNY OELSNER •VERENA BOXBERG •HOLGER SCHMIDT Der Beitrag skizziert den derzeitigen Forschungsstand und stellt ein groß angelegtes Forschungsprojekt vor, das derzeit am Institut für Kriminologie der Universität zu Köln durchgeführt wird. U. a. werden erste Eindrücke vom Pretest in der JVA Siegburg ver- mittelt. 1. Einleitung Die grausame Ermordung eines jungen Mannes durch Mitgefangene in einem mit vier Personen belegten Haftraum der JVA Siegburg im November 2006 („Siegburger Foltermord“) hat die Öffentlichkeit aufge- rüttelt und teils gravierende Mängel in der Vollzugsgestaltung offenbart. Der Vorsit- zende der umgehend einberufenen Kom- mission zur Gewaltprävention im nord- rhein-westfälischen Strafvollzug kritisierte damals in seinem Zwischenbericht, die Einrichtung in Siegburg habe sich von der Aufsichtsbehörde unbemerkt zu einem „betreuungsarmen Verwahrvollzug ent- wickelt, der für die meisten der Jugend- strafgefangenen an Wochenenden und für bis zu 40% der jungen Inhaftierten wegen ihrer Beschäftigungslosigkeit oder fehlen- den Ausbildungsstelle auch an Werktagen zum 23-Stunden-Tag im verschlossenen Haftraum führt“ (WERTHEBACH 2007, 59). Unmittelbar nach dem Tötungsdelikt ord- nete das zuständige Ministerium an, die Belegung von Zellen mit drei oder vier Ge- fangenen aufzuheben und Kontrollgänge an den Wochenenden, besonders in der Nacht, zu verstärken (zum Ganzen WALTER 2007 u. 2009; WALKENHORST 2007). In Thü- ringen waren die Reaktionen ähnlich, als im Oktober 2001 in der Anstalt Ichters- hausen Gefangene einen 16-jährigen er- mordeten (NEUBACHER 2008a). Zwischen- zeitlich sind weitere organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen worden. Selbst wenn die Akteure nicht zuletzt infolge neu gewählter Landesregierungen nur noch zum geringen Teil perso- nenidentisch sind mit den seinerzeit Ver- antwortlichen, sind die Landesjustiz- verwaltungen durch die schrecklichen Ereignisse heute in stärkerem Maße für die Probleme von Gewalt und Suizid in Haft sensibilisiert als noch vor Jahren. Die Erforschung dieser Phänomene durch die Kriminologischen Dienste der einzelnen Bundesländer hat eingesetzt, besonders in Nordrhein-Westfalen und

Ein längsschnittliches DFG-Projekt im thüringischen und nordrhein

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Bewährungshilfe – Soziales • Strafrecht • KriminalpolitikJg. 58, 2011, Heft 2, S. 133–146

© Forum Verlag Godesberg GmbH

Gewalt und Suizid im Strafvollzug –Ein längsschnittliches DFG-Projekt im thüringischen

und nordrhein-westfälischen Jugendstrafvollzug

FRANK NEUBACHER • JENNY OELSNER • VERENA BOXBERG • HOLGER SCHMIDT

Der Beitrag skizziert den derzeitigen Forschungsstand und stellt ein groß angelegtesForschungsprojekt vor, das derzeit am Institut für Kriminologie der Universität zu Kölndurchgeführt wird. U. a. werden erste Eindrücke vom Pretest in der JVA Siegburg ver-mittelt.

1. Einleitung

Die grausame Ermordung eines jungenMannes durch Mitgefangene in einem mitvier Personen belegten Haftraum der JVASiegburg im November 2006 („SiegburgerFoltermord“) hat die Öffentlichkeit aufge-rüttelt und teils gravierende Mängel in derVollzugsgestaltung offenbart. Der Vorsit-zende der umgehend einberufenen Kom-mission zur Gewaltprävention im nord-rhein-westfälischen Strafvollzug kritisiertedamals in seinem Zwischenbericht, dieEinrichtung in Siegburg habe sich von derAufsichtsbehörde unbemerkt zu einem„betreuungsarmen Verwahrvollzug ent-wickelt, der für die meisten der Jugend-strafgefangenen an Wochenenden und fürbis zu 40% der jungen Inhaftierten wegenihrer Beschäftigungslosigkeit oder fehlen-den Ausbildungsstelle auch an Werktagenzum 23-Stunden-Tag im verschlossenenHaftraum führt“ (WERTHEBACH 2007, 59).Unmittelbar nach dem Tötungsdelikt ord-nete das zuständige Ministerium an, die

Belegung von Zellen mit drei oder vier Ge-fangenen aufzuheben und Kontrollgängean den Wochenenden, besonders in derNacht, zu verstärken (zum Ganzen WALTER

2007 u. 2009; WALKENHORST 2007). In Thü-ringen waren die Reaktionen ähnlich, alsim Oktober 2001 in der Anstalt Ichters-hausen Gefangene einen 16-jährigen er-mordeten (NEUBACHER 2008a). Zwischen-zeitlich sind weitere organisatorische undpersonelle Maßnahmen ergriffen worden.

Selbst wenn die Akteure nicht zuletztinfolge neu gewählter Landesregierungennur noch zum geringen Teil perso-nenidentisch sind mit den seinerzeit Ver-antwortlichen, sind die Landesjustiz-verwaltungen durch die schrecklichenEreignisse heute in stärkerem Maße fürdie Probleme von Gewalt und Suizid inHaft sensibilisiert als noch vor Jahren.Die Erforschung dieser Phänomenedurch die Kriminologischen Dienste dereinzelnen Bundesländer hat eingesetzt,besonders in Nordrhein-Westfalen und

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Niedersachsen (WIRTH 2006; 2007; BENNE-FELD-KERSTEN 2006; 2009b; ferner HINZ/HARTENSTEIN 2010). Außerdem wurde dasProjekt einer nächtlichen Telefonseel-sorge für Untersuchungsgefangene inAngriff genommen (BENNEFELD-KERSTEN

2010, 404). Dennoch bestehen nach wievor erhebliche Forschungslücken. Einigedieser Lücken zu schließen, ist das Zieleines auf drei Jahre angelegten For-schungsprojektes, das seit Mai 2010 vonder Deutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) gefördert und durch das Institutfür Kriminologie der Universität zu Kölndurchgeführt wird (s. http://www.gewaltundsuizid.uni-koeln.de/). Das Forschungs-team arbeitet eng mit den Justizministe-rien der beiden Länder sowie mit denJugendstrafanstalten in Nordrhein-West-falen und Thüringen zusammen. AlsKooperationspartner fungieren der Krimi-nologische Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen (Leiter: Wolfgang Wirth) sowiedas Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena (Abteilung For-schungssynthese, Intervention und Eva-luation, Prof. Dr. Andreas Beelmann). ImFolgenden wird das umfangreiche Projektvorgestellt, dessen Hauptuntersuchungim zweiten Quartal 2011 startet. An die-ser Stelle sollen erste Eindrücke vomPretest und den methodischen Heraus-forderungen vermittelt werden.

2. Forschungsstand und theoretischeAusrichtung

2.1. Jüngere empirische Arbeiten

Das interdisziplinär angelegte Projekt„Gewalt und Suizid im Jugendstrafvoll-zug“ (GEWUSST) beschäftigt sich mit derEntstehung zweier Probleme, die empi-

risch nach wie vor wenig erforscht sind(CLIQUENNOIS 2010; NEUBACHER 2008a). Ge-walt ist im Justizvollzug in allen Facettenanzutreffen, doch ist das Risiko, Opfervon Gewalt durch Mithäftlinge zu wer-den, in großen, überfüllten Anstalten undim Jugendstrafvollzug besonders hoch(KURY/BRANDENSTEIN 2002; WIRTH 2007; NEU-BACHER 2008b). Zur Erklärung gibt es ver-schiedene Ansätze (z. B. MCCORKLE 1992);jedoch ist die Relevanz der einzelnen Fak-toren nicht abschließend geklärt. Mög-licherweise spielen das Alter, das mit er-höhter delinquenter Aktivität einhergeht,und eine schwache Impulskontrolle derjungen Gefangenen eine Rolle. Womöglichwird Gewalt auch weniger verheimlicht;die subkulturellen Regeln (einschl. der„Verbote“, andere zu „verpfeifen“ bzw.sich an Bedienstete zu wenden) sind unterhafterfahrenen Erwachsenen wahrschein-lich stärker verinnerlicht.

Nach bisherigem Kenntnisstand sindbesonders junge, schwache und unerfah-rene Häftlinge gefährdet bzw. solche, diein eine Außenseiterrolle geraten sind. Be-richtet wird vor allem von verbalen An-griffen und Diebstählen, von denen etwajeder zweite Gefangene betroffen ist. Sel-tener sind Erpressungen, körperliche odersexuelle Attacken. In Deutschland befrag-ten KURY/BRANDENSTEIN (2002, 30f.) männ-liche deutsche Gefangene der Jugend-anstalt Hameln. Demzufolge wurden 42%mindestens einmal Opfer eines Dieb-stahls, 8% einer körperlichen Bedrohung,jeweils 7% einer Erpressung bzw. einerkörperlichen Misshandlung und 1% einessexuellen Missbrauchs. Der Kriminolo-gische Dienst des Landes NRW wertete ineiner Hellfeld-Untersuchung Gewaltde-likte von Gefangenen aus dem Jahr 2005aus, die als sog. besondere Vorkomm-

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nisse der Aufsichtsbehörde gemeldet, an-gezeigt oder disziplinarisch geahndetwurden. Nach der Häufigkeit standen Kör-perverletzungen an erster Stelle. Etwa dieHälfte aller Delikte zog keine erkennbarenoder behandlungsbedürftigen Verletzun-gen nach sich. Erst mit einigem Abstandnahmen Bedrohungen, Nötigungen undErpressungen unter den gemeldeten Ta-ten den zweiten Rang ein, während sichdie Häufigkeit sexueller Nötigung bzw.Vergewaltigung mit fünf Fällen auf relativniedrigem Niveau bewegte (WIRTH 2006).Obwohl der Anteil der Jugendstrafgefan-genen im Strafvollzug nur 10% betrug,wurden 43% der Gewaltdelikte im Ju-gendvollzug registriert. Die Taten gescha-hen weitgehend zeit- und ortsunabhängig.Ein Drittel von ihnen wurde in einem Haft-raum begangen, immerhin 22% an Wo-chenenden oder arbeitsfreien Tagen. DieStudie des Kriminologischen Dienstes fürden Justizvollzug in Hessen bezog zusätz-lich Taten ein, die sich gegen Vollzugs-bedienstete richteten und die praktischimmer gemeldet wurden. Von den Gewalt-handlungen unter Gefangenen entfiel dergrößte Teil auch hier auf Körperverletzun-gen (86%). Dabei ereignete sich mehr alsdie Hälfte der Fälle innerhalb der erstensechs Monate nach Inhaftierung des Tä-ters. 37% der Taten wurden als instru-mentelle Gewalt eingestuft und auf diesubkulturellen Strukturen im Vollzug zu-rückgeführt (HEINRICH 2002, 379). Eine wei-tere quantitative Erhebung führte Ernst2005/06 an männlichen Gefangenen in33 deutschen Gefängnissen durch; alszentrales Ergebnis hielt sie fest, dass 65%der Inhaftierten nach eigenen Angaben inden vorangegangenen sechs Monatenweder als Täter noch als Opfer in Gewalt-vorkommnisse verwickelt waren. Wenn eszu Gewalt kam, trat sie meist in der Form

von Bedrohungen oder Körperverletzun-gen auf. Von sexueller Gewalt wurde sehrselten berichtet (ERNST 2008, 358, 360).Diese Befunde decken sich weitgehendmit den Analysen von WIRTH und HEINRICH.Eine andere Herangehensweise wählteder Kriminologische Dienst in Sachsen. Erwertete in Anlehnung an die Studie vonWIRTH rückblickend Daten zu solchen Ju-gendstrafgefangenen aus, die seit derEröffnung der Jugendstrafanstalt in Regis-Breitingen (männl. Gefangene) bzw. in derJVA Chemnitz (weibl. Gefangene) zwi-schen Oktober 2007 und Juli 2009 wegeneiner im Vollzug begangenen Gewalttataufgefallen waren. Von den 118 in denGefangenenpersonalakten registriertenTaten entfielen über 90% auf Körperver-letzungen. Ein Zusammenhang mit derBeschäftigungsquote konnte nicht nach-gewiesen werden. Allerdings war dieHälfte der Täter zum Zeitpunkt der Tat ineinem Gemeinschaftshaftraum unterge-bracht, obwohl insgesamt weniger als einDrittel aller Inhaftierten in Gemeinschafts-unterbringung war (HINZ/HARTENSTEIN 2010,178). In den qualitativen Arbeiten von NEU-BER (2009) und BERESWILL (2002, 2001) wirddie subjektive Bedeutung von Gewalt in-sofern deutlich, als sich gewaltsamesHandeln als Mittel zur Wiedergewinnungvon Handlungsoptionen darstellt, die inder von Autonomieverlust geprägten Insti-tution „Gefängnis“ eingeschränkt wordensind.

Gewalt wird im Justizvollzug auch ge-gen sich selbst gerichtet. Hierzu zählenselbstverstümmelnde Handlungen (dazuallg. HAWTON/RODHAM/EVANS 2008, z. B. dasSchlucken scharfkantiger Gegenstände)und vor allem aber der Suizid, der, ver-glichen mit der in Freiheit lebenden Bevöl-kerung, im Vollzug überdurchschnittlich

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Frank Neubacher et al.: Gewalt und Suizid im Strafvollzug

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häufig vorkommt (STUART 2003). In denJahren 2000 bis 2008 nahmen sich indeutschen Justizvollzugsanstalten insge-samt 784 Gefangene das Leben (BENNE-FELD-KERSTEN 2009b, 397). Meistens han-delte es sich um Männer, die sich in Un-tersuchungshaft oder am Beginn einerlängeren Strafhaft befanden. Unter denGetöteten waren im Zeitraum 2000–2005auch 30 Häftlinge aus dem Jugendvollzug(BENNEFELD-KERSTEN 2006, 9, 17, 30; 2009b;s. ferner SCHMITT 2006). Studien zum Sui-zid unter Gefangenen sind rar (s. aberBENNEFELD-KERSTEN 2009a), obwohl die ent-sprechende Suizidrate in den letzten Jahr-zehnten angestiegen ist (KONRAD et al.2007; MATSCHNIG/FRÜHWALD/FROTTIER 2006).Junge Gefangene sind auch hiervon häu-fig betroffen; die Weltgesundheitsorgani-sation (WHO) stuft Jugendliche als Hoch-risikogruppe ein (KONRAD et al. 2007; LIEB-LING 1993).

Bei den bisherigen Arbeiten zur Gewaltunter Gefangenen handelt es sich mehr-heitlich um quantitativ ausgerichtete Un-tersuchungen des Hellfeldes, die aufDaten der Strafvollzugsbehörden zurück-greifen. Diese spiegeln naturgemäß dasMeldeverhalten wider und lassen Verzer-rungen zulasten von bestimmten Delikten(z. B. Sexualstraftaten) vermuten. Wün-schenswert ist aber nicht nur die Einbezie-hung des Dunkelfeldes. Die Forschungs-lage bedarf insbesondere einer Ergänzungum längsschnittliche Daten, um den Pro-zess der Inhaftierung und Anpassung andie Subkultur zu erfassen und hinter dieEntstehungsbedingungen und Verlaufs-formen von Gewalt und Suizidalität zukommen. Vorhandene Studien zum The-menkomplex fokussieren in einem quer-schnittlichen Zugriff auf Zusammenhängemit einzelnen Faktoren, vernachlässigen

jedoch den Entstehungsprozess, dasheißt das komplexe Zusammenspiel ganzunterschiedlicher Faktoren über die Zeit.Das Forschungsprojekt soll diese Lückendurch eine längsschnittliche Anlageschließen, die quantitative mit qualitativenMethoden kombiniert. Weil die Anzahlweiblicher Gefangener im Jugendstraf-vollzug gering und ihre Suizidrate deutlichniedriger ist als bei männlichen Gefan-genen (Verhältnis fast 1:7, s. BENNEFELD-KERSTEN 2005, 3), wird die Untersuchungnur in Anstalten des Jugendstrafvollzugsdurchgeführt, in denen männliche Gefan-gene einsitzen.

2.2. Theoretische Annahmen

Es existieren einige Theorien zur Entste-hung von Gewalt im Gefängnis (ausführ-lich bei NEUBACHER 2008a; WERTHEBACH

2007). Die Gründe sind danach sowohl inder Gefangenensubkultur (SYKES 1958) alsauch in der Konzentration ohnehin gewalt-geneigter Personen mit diversen Proble-men zu suchen, die sich überdies in ver-schiedenen Gruppen zusammenschließen(z. B. nach ethnischen Merkmalen oderrechtsextremer Weltanschauung). DerImportationstheorie zufolge bringen dieJugendlichen1 „von draußen“ bestimmtePersönlichkeitsdispositionen, Verhaltens-muster sowie potenzielle soziale Identi-täten in die Haft mit. Diese Bedingungenmachen vulnerabel und begünstigen be-stimmte Coping- und Anpassungsstrate-

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1 Der Begriff des „Jugendlichen“ wird in einem entwicklungs-psychologischen Sinne verwendet. Er erstreckt sich auch aufPersonen bis 24 Jahre, die im Rechtssinne als Heranwach-sende bzw. als junge Erwachsene zu bezeichnen wären.Gemäß § 114 JGG dürfen in Anstalten des Jugendstrafvoll-zugs an Verurteilten, die das 24. Lebensjahr noch nicht voll-endet haben und sich für den Jugendstrafvollzug eignen,auch Freiheitsstrafen vollzogen werden, die nach allgemei-nem Strafrecht verhängt worden sind.

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gien. Gewalt und Suizid werden dahervielfach mit Defiziten der Jugendlichen inVerbindung gebracht. Diese finden sichu.a. in den Bereichen des Problemlösens,der sozialen Kompetenz, des Selbstwer-tes und der Identitätsentwicklung (GREVE/ENZMANN 2003), aber auch im sozialen undfamiliären Umfeld sowie im schulischenBereich. Viele Inhaftierte sind durch mul-tiple Risikofaktoren belastet und leben ineinem sozial defizitären Umfeld (ENZ-MANN/GREVE 2001; TRIPODI/BENDER 2007;WIRTH 2006). Daneben „importieren“ dieJugendlichen auch Suchtprobleme undpsychische Störungen (KÖHLER 2004), be-stimmte Einstellungen und subkulturelleErfahrungen, einschließlich Erfahrungenmit Gewalt und suizidalem Verhalten.

Neben individuellen Belastungen ist aufdie Situation der Inhaftierung hinzuwei-sen, die in deutlichem Maße das Selbst-wertempfinden herabsetzt. Erklärt wirddas mit dem bei der Inhaftierung stattfin-denden Übergang und dem Statuswech-sel vom Bürger zum Gefangenen (WERTHE-BACH 2007). Die Inhaftierung – besondersdie erstmalige – muss als ein kritischesLebensereignis („critical life-event“) gese-hen werden, das mit einem Verlust anIdentität, an Autonomie sowie mit einemschockartigen Erleben der Inhaftierungs-situation einhergeht (LAUBENTHAL 2008;NEUBACHER 2008a). Faktoren, die unter an-deren Umständen protektiv gegen Belas-tungen und Stress wirken, werden denJugendlichen durch die Inhaftierung ge-nommen. Das Selbstwertgefühl leidet; so-ziale Kontakte brechen häufig ab. Ohnehinschon belastete Jugendliche werdendurch die Inhaftierung weiterem Stressausgesetzt. Als besonders relevant sindschon früh die allgemeinen Haftbedingun-gen identifiziert worden (SYKES 1958).

Nach der Deprivationstheorie sind es dieUmgebungsbedingungen der Haft, diedurch den Verlust an Sicherheit und diesubkulturellen Regeln bzw. Einstellungen(z. B. „Hackordnung“, „Recht des Stärke-ren“, keine Kooperation mit den Bediens-teten) die Entstehung von Gewalt begüns-tigen. Auf den Inhaftierten lastet demnachein zusätzlicher Anpassungsdruck, der dienegativen Effekte der Inhaftierung ver-stärkt. Neben den subkulturellen Einflüs-sen wirken auch strukturelle Merkmale wieÜberbelegung, Personalauslastung, vor-handene Beschäftigungs- bzw. Freizeit-angebote sowie das Anstaltsklima auf dieJugendlichen ein.

Dem Forschungsprojekt liegt ein theo-retisches Modell zugrunde, das für dieEntstehung von Gewalt und Suizid in Haftalle vorgenannten Faktoren berücksich-tigt: Biographische Vorbedingungen derJugendlichen, Lebensereignis „Inhaftie-rung“ und Haftbedingungen. Die drei Be-reiche wirken unseren Annahmen zufolgezusammen: Durch die Inhaftierung ent-stehen Stress und Anpassungsdruck. DasAusmaß dieser Reaktion ist abhängig vonpersönlichen Voraussetzungen der Ju-gendlichen und den Bedingungen in derHaftanstalt. Den Belastungen wird durchspezifische Strategien und Mechanismender Anpassung entgegengewirkt. Diesekönnen je nach den Vorbedingungen derInhaftierten und der Situation in der Haft-anstalt unterschiedlich ausfallen – vonResignation oder Absonderung bis hin zugewalttätigen Übergriffen oder internali-sierendem Verhalten. Für unser Projektsind insbesondere die beiden letzten Re-aktionen von Interesse und durch welchekonkreten Bedingungen sie ausgelöstwerden. Eine ausgeprägte Subkultur kannz. B. die Anpassungsstrategie „Gewalt“

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ebenso wie Abhängigkeiten unter Gefan-genen und Gruppenbildung fördern. EinePartnerschaft kann hingegen protektivwirken, während eine fehlgeschlageneAnpassung an die Belastungen des Straf-vollzugs Bullying durch Mitgefangene(BLAAUW/WINKEL/KERKHOF 2001) oder Einzel-unterbringung dem Suizid Vorschub leis-ten können.

3. Methodisches Vorgehen

3.1. Standardisierte Fragebogen-erhebung

Das Forschungsprojekt greift auf eineKombination von längs- und querschnitt-lichen Forschungsdesigns zurück. Zu je-dem der vier geplanten Messzeitpunktewerden alle Jugendlichen der betreffen-

den Anstalten Herford, Heinsberg undIchtershausen gebeten, an einer Frage-bogenuntersuchung teilzunehmen (Stich-tagsvollerhebung). Bereits nach der erstenErhebung erfolgt eine nachträgliche Ein-teilung der Jugendlichen – die zu individu-ellen Zeitpunkten inhaftiert und entlassenwerden – nach Aufenthaltsdauer im Voll-zug (s. Abb. 1). Durch eine solche Eintei-lung werden Gruppen (oder Kohorten) vonPersonen gebildet, die 1) gerade erst in-haftiert wurden, 2) bereits seit einiger Zeitin Haft (und damit in ihrem Anpassungs-prozess fortgeschrittener) sind und 3) kurzvor der Entlassung stehen. Zum zweitenMesszeitpunkt, nach ca. drei bis vier Mo-naten, sollen dieselben Gruppen erneutbefragt werden. Zu diesem Zeitpunkt wirdein Teil der Gefangenen bereits entlassensein und nicht mehr befragt werden. Zu-dem wird eine weitere Gruppe von Gefan-

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SCHWERPUNKT GEWALT IN STATIONÄREN EINRICHTUNGEN

Abb. 1: Forschungsdesign der Standardisierten Fragebogenerhebung

Voll-erhebung 4

Zeitpunkt

12

3

Voll-erhebung 3

Voll-erhebung 2

Voll-erhebung 1

t1 t2 t3 t4

Haftdauer(Monate)

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genen neu inhaftiert sein, die ebenfalls fürdie Studie rekrutiert werden soll. Zu denweiteren Messzeitpunkten, die erneut imAbstand von drei bis vier Monaten folgen,wird das Vorgehen entsprechend fortge-führt. Durch diese Strategie wird einequerschnittliche Vollerhebung mit einerlängsschnittlichen Erhebung derselbenGruppen oder Kohorten über die Zeitkombiniert (sog. Kohorten-Sequenz-De-sign). Die erste Gruppe, die zum Erhe-bungsbeginn gerade erst inhaftiert wurde,wird dadurch über den Zeitraum von ei-nem Jahr befragt. Für einige der zu befra-genden Jugendlichen ermöglicht dies eineAnalyse des Anpassungsprozesses anden Strafvollzug über den komplettenZeitraum ihrer Inhaftierung, da Jugend-liche durchschnittlich ein Jahr im Strafvoll-zug verbringen.

Das Forschungsdesign ermöglicht nichtnur eine Untersuchung der Unterschiedevon Personen zu jedem Messzeitpunkt(between-person variation). Auch die Ana-lyse von Entwicklungsprozessen der Ju-gendlichen (within-person variation), vonstabilen Unterschieden in den Haftbe-dingungen verschiedener Strafanstalten(synchrone Variation) sowie von Effektenaufgrund einer aktuellen kurzen Zeit-periode (Episodeneffekte) werden mög-lich. Zudem erlaubt das Design, soge-nannte Mess- oder Paneleffekte, die beijeder längsschnittlichen Befragung auftre-ten können, nachträglich zu kontrollieren.Als Paneleffekt wird die Beeinflussungvon Untersuchungsteilnehmern durcheine wiederholte Befragung bezeichnet.Durch das Ausscheiden und Hinzukom-men neuer Gefangener ergeben sichGruppen, die zu einem ähnlichen Zeit-punkt jeweils unterschiedlich oft befragtwurden. Durch den Vergleich dieser Grup-

pen wird eine Post-hoc-Analyse von Pa-neleffekten möglich.

3.2. Kontrollgruppen

Es ist denkbar, dass die beobachtetenVeränderungen bei den Inhaftierten Teil ei-ner normalen Entwicklung im Jugendaltersein könnten. Daher ist die Erhebung einerKontrollgruppe unverzichtbar. Ein echtesexperimentelles Design mit Zufallszuwei-sung im strengen Sinne ist aus rechtlichenund ethischen Gründen ausgeschlossen.Es bietet sich jedoch eine Annäherung anein solches Design an. Als eine erste Kon-trollgruppe werden Jugendliche rekrutiert,die zu ähnlichen Strafen verurteilt wurdenwie die Inhaftierten, deren Strafen aber zurBewährung ausgesetzt wurden. Der Ver-gleich mit der Entwicklung dieser Gruppekann Aufschluss geben über normativeVeränderungen und darüber, inwieweithaftspezifische Faktoren zur Gewalt- undSuizidentstehung beitragen. Dies legtgleichfalls eine längsschnittliche Befra-gung der Kontrollgruppe nahe. Durch einnachträgliches Matching der Bewäh-rungsstichprobe hinsichtlich Vorstrafenund soziodemografischen Merkmalenkönnen Personenmerkmale und Vulnera-bilitäten der Jugendlichen kontrolliert wer-den. Eine zweite Kontrollgruppe, beste-hend aus einer repräsentativen Stichprobeder „Normalbevölkerung“ gleichen Alters,wird einmalig zur Kontrolle der zu erwar-tenden Selektivität der beiden anderenStichproben erhoben.

3.3. Qualitative Interviews

Während im quantitativen Projektteil Ein-schätzungen von und Einstellungen zuGewalt und Suizidalität im Verlauf unter-sucht werden, liegt der Fokus des qualita-

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tiven Forschungsteils auf den subjektivenBedeutungszuschreibungen der Gefange-nen. Welche Wahrnehmungs- und Hand-lungsmuster liegen bei den Jugendlichenvor und wie sind sie in die lebens-geschichtlichen Zusammenhänge derAkteure eingebettet? Diese komplexenDynamiken und Entwicklungen nachzu-zeichnen, stellt das primäre Interesse desqualitativen Forschungsteils dar. Der Un-tersuchungsgegenstand wird hierbei imalltäglichen Kontext untersucht (vgl. FLICK

2005). Dies ermöglicht, auch Aspekte undZusammenhänge zu eruieren, die in derstandardisierten Erhebung nicht erfasstwerden (können). Aus der Vielzahl qualita-tiver Interviewformen (vgl. FLICK 2005; FRIE-BERTSHÄUSER 2009; HOPF 2005) wurde auf-grund des dargestellten Forschungsvor-habens eine Interviewform gewählt, diesowohl in strukturierter Form die For-schungsinteressen abdeckt als auch einhohes Maß an Offenheit bietet, in der dieGefangenen ihre erfahrungsgesättigtenErzählungen entfalten können. Das pro-blemzentrierte Interview2 bietet sich auf-grund seiner Fokussierung auf relevantegesellschaftliche Problemstellungen undder zugleich gegenstandsorientierten Ge-sprächsgestaltung an.

Der Leitfaden gliedert sich in dreigrößere Themenbereiche, die sich aus dendargestellten theoretischen Vorannahmenableiten. Jedem Teilbereich ist eine erzähl-generierende Frage bzw. eine Erzählauf-forderung vorangestellt, die zu Beispiel-erzählungen anregen soll, deren Motivedurch anschließende Nachfragen aufge-

schlüsselt werden. Eine „Leitfadenbüro-kratie“ (HOPF 1978) wird durch die flexibleHandhabung der Fragen des Leitfadensund einer Anpassung an dem Gesprächs-verlauf zu vermeiden versucht. Gleichwohlsind im Leitfaden Fragen vorhanden, diezur Erhöhung der Vergleichbarkeit in je-dem Interview gestellt werden sollen. Indiesem Sinne ist das Interview zwar aufzentrale Fragen fokussiert, bleibt in derGrundstruktur jedoch halbstandardisiert.Die Interviews werden vollständig mittelseines digitalen Aufnahmegeräts aufge-zeichnet, anschließend transkribiert undausgewertet.

3.4. Gefangenenpersonalakten

Wie in jeder Untersuchung ist auch beidieser Studie mit Schwierigkeiten metho-discher Art zu rechnen. Ein Problem derlängsschnittlichen Forschung ist bei-spielsweise der selektive drop-out (Panel-selektion): Personen, die über den Zeit-raum des gesamten Projektes an derBefragung teilnehmen, unterscheiden sichwomöglich systematisch von denjenigen,die sich lediglich für einen Erhebungszeit-punkt zur Verfügung stellen. Diesem Pro-blem wird durch eine umfangreiche Auf-klärung aller Beteiligten entgegen gewirkt.Die Bedeutung einer kontinuierlichen Teil-nahme wird den Probanden nicht nurmündlich vor den Erhebungen, sondernauch schriftlich über Projekthefte vorAugen geführt, die den organisatorischenRahmen und den Stand des Projekts wie-dergeben. Es stellt sich jedoch auch dieFrage, ob die Gefangenen tatsächlich ehr-lich antworten und die Erhebungen relia-ble und realitätsgetreue Ergebnisse her-vorbringen. Die Befragung erfolgt freiwilligund pseudonym, wodurch Hemmungenund Verzerrungstendenzen reduziert wer-

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SCHWERPUNKT GEWALT IN STATIONÄREN EINRICHTUNGEN

2 In Anlehnung an Bereswill (1999) kann man die gewählteInterviewform auch als themenzentriertes Interview bezeich-nen, da beispielsweise das Ausüben von Gewalt in den Nar-rationen der Gefangenen nicht durchweg problematisch kon-notiert ist.

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den sollen. Dennoch ist die Zuverlässig-keit bei auf Selbstberichten basierendenDaten zu delinquentem Verhalten einge-schränkt, besonders im Bereich gravie-render krimineller Handlungen (DÜNKEL

1996) – noch dazu im Strafvollzug. Daherwird zusätzlich eine Auswertung der Ge-fangenenpersonalakten durchgeführt, indenen offiziell registrierte Vorfälle in derjeweiligen Anstalt dokumentiert sind. DerVergleich des Ausmaßes gemeldeter Fällemit den im Fragebogen und Interviewerhobenen Vorfällen erlaubt eine Abschät-zung möglicher Verzerrungseffekte undgleichzeitig eine Abschätzung der Rela-tion von Hell- und Dunkelfeld. Die Analyseder Gefangenenpersonalakten erfolgtnach Einwilligung der Jugendlichen für allean der Erhebung teilnehmenden Inhaftier-ten. Bei der Auswertung der Akten wird einstandardisierter Kodierbogen für die ein-zelnen Vorfälle hinsichtlich Gewalt undSuizidgefährdung verwendet.

4. Erste Eindrücke

4.1. Vorgehensweise

Anfang November 2010 wurde der Pretestin der JVA Siegburg durchgeführt. Ziel warneben der Überprüfung von Fragebogenund Leitfaden auch die Einschätzung derMotivation und Kooperationsbereitschaftder Gefangenen. Hinsichtlich der Voll-zugspopulation war dies von besondererWichtigkeit, da viele etablierte Erhebungs-instrumente aus inhaltlichen und/odersprachlichen Gründen für die Verwendungim Strafvollzug nicht ohne weiteres geeig-net sind. Die von Beginn an enge Koope-ration mit den Jugendstrafanstalten bei-der Bundesländer erwies sich als vorteil-haft, da dies den reibungslosen Ablauf der

Erhebung begünstigte. Von Vorteil erwieses sich ebenfalls, dem Rat der beteiligtenAnstalten zu folgen und die Gefangenenzwei Wochen vor der Erhebung zu einerInformationsveranstaltung einzuladen, umsie persönlich zu der Teilnahme an derStudie zu motivieren. Hierbei konnte denInhaftierten deutlich gemacht werden,dass dem Projektteam die Meinung jedeseinzelnen Gefangenen wichtig ist. DieResonanz der Gefangenen war entspre-chend hoch. Von ca. 500 Inhaftierten (dieZahlen schwankten an den verschiede-nen Erhebungstagen) meldeten sich 318als interessiert. Da abteilungsweise erho-ben wurde, konnten einige Gefangeneaufgrund terminlicher Schwierigkeiten(gleichzeitige Besuchstermine, Sportver-anstaltungen, Arbeit o. ä.) nicht an der Er-hebung teilnehmen und auch einen späte-ren Termin nicht wahrnehmen. Insgesamtfüllten 276 Gefangene den Fragebogenaus, das entspricht rund 55% der dama-ligen Gefangenenpopulation. Mehrheitlichmeldeten sich diese Gefangenen ebenfallszur Teilnahme an einem qualitativen Face-to-Face-Interview. Per Losverfahren wur-den sechs Gefangene ausgewählt, mitdenen ein Interview verwirklicht wurde.

Die Fragebogenerhebungen fanden inparallelen Gruppensettings von 13–21Gefangenen in Anwesenheit zweier Pro-jektmitarbeiter und in Abwesenheit desVollzugspersonals statt. Diese Vorgehens-weise wurde auch deshalb gewählt, umdie Beeinflussung durch andere Gefan-gene in einem kontrollierten Setting verrin-gern zu können. Das Ausfüllen der Frage-bögen dauerte zwischen 30 und 90 Minu-ten, wobei die Mehrheit etwa 60 Minutenbenötigte. Während der Erhebung wurdenVerständnisprobleme deutlich: Die Gefan-genen hatten Probleme mit doppelten Ver-

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neinungen, Fremd- und nicht alltäglichenWörtern (behaglich, überbehütet, wohl-wollend). Eine Modifikation des Frage-bogens und damit auch etablierter Skalenist daher in einem stärkeren Maße not-wendig als zuvor angenommen. EinzelneGefangene waren aufgrund ihrer Lese-schwäche nicht in der Lage, den Frage-bogen auszufüllen. In diesen drei Fällenwurden die Fragen von einem Mitarbeitervorgelesen und die Antworten notiert. Eswurden drei verschiedene Übersetzungendes Fragebogens angeboten (Türkisch,Russisch, Englisch), allerdings wurde nurein Exemplar dieser Fragebögen tatsäch-lich verlangt und ausgefüllt. Daneben kris-tallisierte sich ansonsten keine andereSprache heraus, deren Übersetzung sinn-voller gewesen wäre. Mit Ausnahme einesweiteren Teilnehmers3, der des Deutschenkaum mächtig war, füllten die übrigen Ge-fangenen mit mehr oder weniger großerUnterstützung der Projektmitarbeiter dendeutschsprachigen Fragebogen aus. ImGegensatz zu einem idealen Fragebogen-setting war die Erhebung aufgrund derVerständnisprobleme als äußerst inter-aktiv zu bezeichnen. Dies kann zu Verzer-rungseffekten führen, da eine Ablenkungund Beeinflussung durch andere Teilneh-mer nicht auszuschließen ist. Doch zeig-ten die Fragen und Anmerkungen derGefangenen, dass sie ernsthaft mit demVerständnis des Fragebogens beschäftigtwaren und keine Ablenkung im Sinn hat-ten. Zudem konnten durch dieses Settingproblematische Stellen schon währendder Erhebung gut erkannt werden, fernerkonnte – auch das erwies sich als Vorteil –durch den persönlichen Kontakt die Wich-tigkeit der sorgfältigen und ehrlichen Be-

arbeitung des Fragebogens unterstrichenwerden. Dies zeigte sich gleichfalls in dempersönlichen Feedback. So schrieb bspw.ein Gefangener: „Ich finde es gut das un-sere sicht auch ander sehn“. Ein weitererschrieb: „ich möchte ihnen danken dafürdas sie ihre Zeit für uns opfern da es mirdas gefühl gibt ein normaler Mensch zusein und nicht in vergessenheit geraten zusein!“ Dennoch ist die Rolle der Vergütungin Form von Kaffee, Schokolade oderTabak im Wert von fünf Euro bei der Moti-vation der Gefangenen von großer Bedeu-tung.

4.2. Erste Daten

Im Folgenden werden erste Daten desPretests vorgestellt. Insgesamt waren dieGefangenen in 20 verschiedenen Abtei-lungen der JVA Siegburg untergebracht.Mit einer Altersspanne von 16 bis 24 Jah-ren (M: 19.8; SD: 1.62; 33 fehlende Werte)fehlen die 14- und 15-jährigen in der Stich-probe völlig. Allerdings waren zu diesemZeitpunkt auch nur drei Jugendliche die-ser Altersgruppe in Siegburg inhaftiert.166 (66%) der Teilnehmer besaßen diedeutsche Staatsangehörigkeit, die zweit-größte Gruppe bildeten mit 27 (10%) Teil-nehmern die Inhaftierten mit türkischemPass. Das formale Bildungsniveau der Be-fragten war wie zu erwarten niedrig: 56%(N = 150) hatten keinen Schulabschluss,fast ein Drittel einen Hauptschulabschluss(29%; N = 79). Die Übrigen verteilten sichauf Realschulabschluss (10%), Abitur(1%) und sonstiges (2%). Es zeigte sich,dass die Inhaftierten – trotz des teilweiserecht lebhaften Settings – bereit waren,sensible Fragen zu Suizidgedanken undauch -versuchen zu beantworten. So ga-ben 7% der Gefangenen (N = 18; 15 feh-lende Werte) an, gegenwärtig Suizidge-

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3 Da die Fragebogenübersetzungen von diesem Gefangenenebenfalls nicht verstanden wurden, wurde er aus der Studieausgeschlossen.

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danken zu hegen. Zu einem früheren Zeit-punkt ihres Lebens dachten 55 Insassen(20%, 42 fehlende Werte) über einen Sui-zid nach, wobei 51 davon in der aktuellenStrafhaft und 47 Insassen während dervorangegangenen U-Haft Suizidgedankenhatten (Doppelnennungen bedingen diehöheren Fallzahlen). Einen Suizidversuchgaben 24 Inhaftierte zu (9%; 35 fehlendeWerte), 11 davon während der derzeitigenUntersuchungs- bzw. Strafhaft. Auch zudem zweiten Fragekomplex, der die Ge-walterfahrung der Gefangenen betraf,äußerten sich die Gefangenen in erwarte-tem Maße. Bei den nachfolgenden Zahlenist jedoch zu beachten, dass um verschie-dene Fassungen der Erhebungsinstru-mente zu testen, zwei verschiedene Fra-gebogenversionen eingesetzt wurden.Das hatte zur Folge, dass viele Unterfra-gen nur jeweils von der Hälfte der Inhaf-tierten beantwortet wurden. Die Fragenzu Opfererfahrungen in Haft wurden 135Gefangenen und die Fragen zur eigenenTäterschaft 140 weiteren Gefangenenvorgelegt. Die abgefragten gewalttätigenHandlungen lassen sich den fünf Kate-gorien „verbale/psychische Gewalt“,„Sachbeschädigung“, „zwingen/erpres-sen“, „physische Gewalt“ und „sexuelleGewalt“ zuordnen. Wie zu erwarten, gabdie Mehrheit (88%, N = 114) der Gefange-nen an, einen anderen Gefangenen bereitsverbal attackiert zu haben. Physische An-griffe auf Mitgefangene wurden von 67%(N = 100) eingeräumt. Etwas mehr als dieHälfte der Befragten (57%, N = 77) gab an,mindestens einmal willentlich Dinge vonanderen Gefangenen beschädigt zu ha-ben. Genau die Hälfte (N = 65) gab zu, Mit-gefangene erpresst oder sie zu bestimm-ten Handlungen gezwungen zu haben. Mitneun Befragten (7%) gaben die Gefange-nen weitaus seltener sexuelle Übergriffe

zu als Übergriffe der anderen Kategorien.Die Ergebnisse zur Opfererfahrung in Haftsind den vorangegangenen nicht unähn-lich. Auch hier wurden verbale Übergriffeam häufigsten berichtet, so gaben 84%(N = 99) an, einen solchen bereits erlebt zuhaben. Gut die Hälfte der Befragten (52%,N = 63) berichtete, dass sie mindestenseinmal Opfer physischer Übergriffe ihrerMitgefangenen wurden. Anders als dieTäterbefragung vermuten ließ, gaben nur40% der Befragten (N = 49) an, dass ihrBesitz mutwillig von anderen Gefangenenbeschädigt wurde. Noch größer ist dieDiskrepanz zwischen der Anzahl jener, dieangaben, andere Gefangene zu Dienstenzu zwingen und jenen, die berichteten,solche Dienste zu verrichten. Lediglich22% der Befragen (N = 27) teilten mit, vonAnderen zu etwas gezwungen oder er-presst worden zu sein. Die Angaben zusexuellen Übergriffen sind vergleichbar, sogaben acht Gefangene (7%) zu, Opfer vonsexuellen Übergriffen geworden zu sein.Über die Gründe für die Unterschiede zwi-schen Täter- und Opferangaben bezüglichder Häufigkeit der einzelnen Taten kann zudiesem Zeitpunkt nur spekuliert werden.Denkbar sind drei Lesarten. Erstens könn-ten einige Gefangene Opfer verschiedenerTäter geworden sein. Darüber hinaus istdenkbar, dass es im Setting „Gefängnis“leichter fällt, Tätererfahrungen anzugebenals Opfererfahrungen. Dafür sprechen dieErgebnisse zur Abwehr von Opfererfah-rungen bei NEUBER (2009). Drittens handeltes sich bei den Befragten um zwei verschie-dene Samples von Gefangenen. Obwohldie Fragebögen abwechselnd ausgeteiltwurden und daher die Bearbeitung als zu-fällig angesehen werden kann, ist es den-noch möglich, dass die Verteilung der Tä-ter nicht ausgewogen war. Abschließendist zu berichten, dass die umfassenden

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Reliabilitätsanalysen des Fragebogens alszufriedenstellend bis gut anzusehen sind.

Die sechs Interviews, die von zwei Mit-arbeitern des Projektteams geführt wur-den, dienten in erster Linie der Einübungeines methodisch kontrollierten Umgangsmit dem Leitfaden und dem Klientel. DieWahl des problemzentrierten Interviewslässt sich anhand der gemachten Erfah-rungen als positiv bewerten, da die Ge-fangenen z. T. über stark voneinander ab-weichende Erzählkompetenzen verfügtenund somit einen unterschiedlichen Struk-turierungsbedarf aufwiesen (vgl. WITZEL,1982, 2000). So kam manchen Gefange-nen eine eher dialogische Ausrichtung desInterviews zugute, während andere sehrfrei detaillierte Erzählungen produzierten.Der den Interviews zugrundeliegende Leit-faden stellte vor allem im ersteren Fall eineOrientierungshilfe für den Interviewpart-ner, aber auch für den Forscher dar, weilso flexibel auf die jeweiligen Erfordernisseder Gesprächssituation eingegangen wer-den konnte. Ferner wurde durch sprach-liche Anpassung und flexibel eingesetzteGesprächstechniken versucht auf etwaigeSprach- und Verbalisierungsschwierig-keiten zu reagieren. Begünstigt durch dieersten Kontakte in den Informationsver-anstaltungen und den Fragebogenerhe-bungen gelang der Vertrauensaufbau zuden Gefangenen in den meisten Fällenrelativ schnell und umfassend. Gewalt-erfahrungen vor und in der Inhaftierungs-zeit nahmen in den kontrastreichen Erzäh-lungen der Gefangenen eine mehr oderminder wichtige Rolle ein und wurdenmehrheitlich berichtet. In den bis zu 155Minuten dauernden Interviews wurdenaber auch schmerzvolle und schambe-setzte Erfahrungen der Lebenswelt derGefangenen besprochen, die in der mas-

kulin geprägten Institution „Gefängnis“meist nur selten thematisiert werden. DieFrage nach der Motivation, am Interviewteilzunehmen, beantworteten die meistenGefangenen mit dem Bedürfnis, ihrer Ge-schichte Gehör zu verschaffen und diepersönliche Sicht der Dinge mitzuteilen.

5. Schluss

Die ersten Eindrücke aus dem For-schungsprojekt bestätigen die Ergebnissevorheriger Untersuchungen und zeigen,dass Gewalt und Suizidalität im Jugend-strafvollzug eine keineswegs unerheblicheRolle spielen. Verbale und physischeAttacken sowie Nötigungen durch andereInhaftierte sind offenbar normale Erfah-rungen, die junge Gefangene in Haft ma-chen. Die Befragten zeigten im Pretest einhohes Maß an Motivation zur Teilnahme ander Studie. Der Fragebogen und die Artder Erhebung werden mit wenigen Verän-derungen der Itemformulierung und desFragebogenlayouts der Fragestellung undder speziellen Population gerecht. Die ge-führten Interviews und die daraus gewon-nenen Erkenntnisse können dazu genutztwerden, den Leitfaden zu testen und dieeigene methodische Vorgehensweise fürdie kommende Hauptuntersuchung zureflektieren und zu verbessern. All dies er-mutigt uns in unserem Anliegen, durch dasForschungsprojekt einen essentiellen Bei-trag zum grundsätzlichen Verständnis vonGewalt und Suizid im Strafvollzug zu leis-ten Die Kombination einer längsschnitt-lichen mit einer qualitativen Vorgehens-weise verspricht aufschlussreiche und dif-ferenzierte Ergebnisse zum Zusammen-spiel der drei Bereiche (biographischeVorgeschichte der Jugendlichen, kriti-sches Lebensereignis „Inhaftierung“ und

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Prof. Dr. iur. FRANK NEUBACHER M.A.Dipl.-Psych. JENNY OELSNER

Dipl.-Päd. VERENA BOXBERG

HOLGER SCHMIDT M.A.

Adresse:Institut für Kriminologie der Universität zu Köln

Albertus-Magnus-Platz50923 Köln

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