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2"2. Band. ] t. September 1911.j v. Liebermann u. Andriska, Feinheit der Weizenmehle. 291 Ein neues Verfahren zur Bestimmung des Feinheitsgrades der Weizenmehle. Von L. v. Liebermann und V. Andriska. Mit~eilung aus dem Hygienischen Instit;ut der Universi~t~ Budapest. (Direktor: Prof. L. v. Liebermann.) [Eingegangen am 29. April 1911._7 Einleitung. Von L. v. Liebermann. Die Bestimmung des Kleiegehaltes der Weizenmehle, mithin die ihres Fein- heitsgrades, geschieht bisher nach ihrer Farbe und zwar nach vereinbarten, in ver- schiedenen Jahren sogar nieht unerheblich weehselnden, an gewissen Zentralstellen deponierten Typen, mit denen die zu untersuchenden Mehle verglichen werden. Ohne soiche Typen ist es unmSglich, den Feinheitsgrad -- die Hummer -- eines Mehles zu bestimmen. Fiir die Bestimmung des wirkliehen Kleiegehaltes abet fehlt bisher ]ede exakte Grundlage, sodal~ man dariiber auch dann kaum etwas Sicheres aussagen kann, wenn man im Besitz der erwi~hnten Typen, ffir ein zu untersuehendes Mehl die augen- blieklich, d. h. fiir ein bestimmtes Jahr geltende :Nummer angegeben hat. Es hat bekanntlich an Vorschl£gen, diesem Ubelstand abzuhelfen, nicht gefehlt {Bestimmung des Aschengehalts, tier Rohfaser, des Stickstoffs, des Fettes), doch ist man immer wieder zur Farbe zuriickgekehrt und so ist in Ermangelung yon etwas Besserem immer noch das ,,Pekarisieren" das gebrgmchlichste Veffahren. Eiaer freundlichen Aufforderung des Herrn Professors Lind e t, Pr~sidenten tier Internationalen Analysen-Kommission, in Paris folgend, babe auch ich reich mit dieser Fmge befa~t. Wenn man Weizenmehl in einem Reagensglase mit Chloroform schiittelt, wie bei der bekannten Probe auf mineralische Verunreinigungen, so bemerkt man, dal~ sieh die ChloroformlSsung je nach dem Fettgehalt des Mehles mehr oder weniger stark ~rbt, das Mehl selbst abet mit der darin enthaltenden Kleie nach einigem Stehen in die HShe steigt und auf der Oberfl~iehe der ChloroformlSsung eine je naeh dem Kleiegehalt mehr oder weniger br£unliche, bei den feinsten Mehlen fast wei~e Scheibe bildet. Man kann auf diese Weise aus den versehiedenen Mehlsorten eine gauze Skala yon weil~ bis fast dunkdbraun herstellen und hat den Vorteil, das bei solehen Farbenverglelehen sonst h~iufig stSrende Fett entfernt zu haben und die MSg- lichkeit, schon mit freiem Auge, jedenfalls aher mit der Lupe, die Gegenwart sowohl mineraliseher Verunreinigungen (am Boden des Reagensglases), Ms aueh Verunreini- gangen mit Unkrautsamen, deren feingemahlene Partikelchen mit dem Mehl und der Kleie in die ttShe steigen, in der Scheibe zu erkennen. ~¢[aeht man sich nun Gemische aus feinstem, fast kleiefreiem Weizenmehle und feingemahlener, stiirkefreier Weizenkleie nach bestimmten Gewichtsverh£1tnissen, so kann dureh colorimetrischen Vergleieh mit diesen Typea yon bekanntem Kleiege- halt der Feinheitsgrad, d. i. der Kleiegehalt jeden Weizenmehles bestimmt werden.

Ein neues Verfahren zur Bestimmung des Feinheitsgrades der Weizenmehle

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2"2. Band. ] t. September 1911.j v. L iebermann u. Andriska, Feinheit der Weizenmehle. 291

Ein neues Verfahren zur Best immung des Feinheitsgrades der Weizenmehle .

Von

L. v. L iebermann und V. Andr i ska .

Mi t~e i l u ng aus dem H y g i e n i s c h e n Ins t i t ;u t der Un ive r s i~ t~ Budapes t . (Direktor: Prof. L. v. Liebermann.)

[Eingegangen am 29. April 1911._7

Einleitung. Von L. v. Liebermann.

Die Bestimmung des Kleiegehaltes der Weizenmehle, mithin die ihres Fein- heitsgrades, geschieht bisher nach ihrer Farbe und zwar nach vereinbarten, in ver- schiedenen Jahren sogar nieht unerheblich weehselnden, an gewissen Zentralstellen deponierten Typen, mit denen die zu untersuchenden Mehle verglichen werden. Ohne soiche Typen ist es unmSglich, den Feinheitsgrad - - die Hummer - - eines Mehles zu bestimmen. Fiir die Bestimmung des w i r k l i e h e n Kleiegehaltes abet fehlt bisher ]ede exakte Grundlage, sodal~ man dariiber auch dann kaum etwas Sicheres aussagen kann, wenn man im Besitz der erwi~hnten Typen, ffir ein zu untersuehendes Mehl die augen- blieklich, d. h. fiir ein bestimmtes Jahr geltende :Nummer angegeben hat.

Es hat bekanntlich an Vorschl£gen, diesem Ubelstand abzuhelfen, nicht gefehlt {Bestimmung des Aschengehalts, tier Rohfaser, des Stickstoffs, des Fettes), doch ist man immer wieder zur Farbe zuriickgekehrt und so ist in Ermangelung yon etwas Besserem immer noch das ,,Pekarisieren" das gebrgmchlichste Veffahren.

Eiaer freundlichen Aufforderung des Herrn Professors L i n d e t, Pr~sidenten tier Internationalen Analysen-Kommission, in Paris folgend, babe auch ich reich mit dieser Fmge befa~t.

Wenn man Weizenmehl in einem Reagensglase mit Chloroform schiittelt, wie bei der bekannten Probe auf mineralische Verunreinigungen, so bemerkt man, dal~ sieh die ChloroformlSsung je nach dem Fettgehalt des Mehles mehr oder weniger stark ~rbt, das Mehl selbst abet mit der darin enthaltenden Kleie nach einigem Stehen in die HShe steigt und auf der Oberfl~iehe der ChloroformlSsung eine je naeh dem Kleiegehalt mehr oder weniger br£unliche, bei den feinsten Mehlen fast wei~e Scheibe bildet. Man kann auf diese Weise aus den versehiedenen Mehlsorten eine gauze Skala yon weil~ bis fast dunkdbraun herstellen und hat den Vorteil, das bei solehen Farbenverglelehen sonst h~iufig stSrende Fett entfernt zu haben und die MSg- lichkeit, schon mit freiem Auge, jedenfalls aher mit der Lupe, die Gegenwart sowohl mineraliseher Verunreinigungen (am Boden des Reagensglases), Ms aueh Verunreini- gangen mit Unkrautsamen, deren feingemahlene Partikelchen mit dem Mehl und der Kleie in die ttShe steigen, in der Scheibe zu erkennen.

~¢[aeht man sich nun Gemische aus feinstem, fast kleiefreiem Weizenmehle und feingemahlener, stiirkefreier Weizenkleie nach bestimmten Gewichtsverh£1tnissen, so kann dureh colorimetrischen Vergleieh mit diesen Typea yon bekanntem Kleiege- halt der Feinheitsgrad, d. i. der Kleiegehalt jeden Weizenmehles bestimmt werden.

[Zeitschr. f. Untersuzhung 292 v. Li ebermann u. An dr iska , Feinheit~ der Weizenmehle. [d. l~a;~r.- u. Genul~miti~el.

Dieses ist das Prinzip eines Verfahrens, das ich mit Herrn Dr. A n d r i s k a ausge- arbeitet babe. Der naheliegende Gedanke, zur tterstellung der Mischungen reines St~rkemehl zu verwenden, ist nicht durchfiihrbar, da in die Bildung der obener- w~hnten geffirbten Scheiben auch andere Bestaudteile der Mehle elngehen, die einer- seits auf die Farbe, andererseits auf die gleichm~iBige Verteilung der Kle]e yon Ein- flug sind.

Das neue Ver fah ren .

Von L. v. Liebermann und V. Andriska.

1. Man bereitet sich zun~ichst einen Vorrat feinsten, st~rkefrelen Kleiemehle~ auf fo]gende Weise: Feinste Weizenkleie wird mit Wasser so lange ausgekoeht, bis die dekantierte Fltissigkeit klar ist. Hierauf wird der Rfickstand auf dem Wasserbade getrocknet und die getroeknete Kleie in kleinen Portionen in einem PorzellanmSrser mSglichst ~ein zerrieben. Die Masse wird abermals mit immer neuen Portionen Wasser ausgekocht bis zum Versehwinden tier St~rkereaktion mit JodlSsung oder doch so. lange, bis die Jodreaktion nur mehr sehr schwaeh geworden ist.

Die nun nahezu st~rkefreie Klele wird abermals auf dem Wasserbade ge- trocknet, nochmals rein zerrieben und durch Mfillergaze ( D u f o u r & Co. :No. 18, Fadenzahl 66 auf 1 ram) gesiebt.

2. Feinster Weizengrie~, der fast kleie~ei istl), wlrd in einer Porzellanschale aufs feinste zerrieben.

3. Aus 1 und 2 werden nun Mischungsn nach bestimmten GewichtsverhMmissel~ hergestellt und i n n i g v e r r i e b e n . Mit diesen Mischungen yon bekanntem Kleie- gehalt werden die zu prffenden Mehle verglichen.

Bei der Herstellung unserer Ska]a haben wlr uns aus praktisehen Grfinden an die Mehltypen der Budapester BSrse gehalten, die einen Kleiegehalt voa 0 bis 2 °/o aufwiesen.

4. Hat man sich nun elnen Vor- rat solcher Mischungen hergeste]lt, so. nimmt man aus jeder Probe 1 g mi~ Hilfe e~nes LSffelchens, das, glatt ge- striehen, gerade 1 g Mehl fat~t, bringt diese Proben in kurze, 10112~11 cm

]ange, gleieh weite, entsprechend bezeichnete RShrchen, schiittelt jede mlt 10 cem Chloroform tfiehtig durch und stellt sie dann in ein weiI~ angestrichenes Gestell vo~ nebenstehender Form.

:Nach einstfindigem Stehen haben sich fiber den mehr oder wenlger geffirbten, ChloroformlSsungen 4 ~ 5 mm dieke Scheiben gebildet, deren F~rbung ]e nach dem Klelengehalt der Mehlprobe versehleden ist. Man kann seit]ich beobachten, a b e t

1) Ob ein ~ehl als kleiefrei gelten kann, kann auch nach der Phloroglucin-Reaktio~ beurteilt werden. Schiittelt man 1 g 1VIehl mit 5 czm Chloroform, gibt dann 5 Tropfen einer mit 37 % -iger Salzs~ure bereiteten PhlorogluclnlSsung zu und schfittelt abermals dutch, so er- scheint fast kleiefreies Mehl nach ~/4~s~ndigem Stehen hell und rosafarben, wi~hrend andere~ minder reine Mehle, dunkler gef~rbt sind und zwar mit einem Stich ins Gelbe oder Br~unliche.

22. Band. ] 1. September 191L} V. L i e b e r m a n n u. A n d r is k a ~ Feinheit der Weizenmehle. 293

n o c h b e s s e r i s t e s , w e n n m a n v o n o b e n h e r i n d i e R S h r c h e n b l i c k t . Es ist zweckm/if~ig, die Scheiben mit 1 ccm reinen Glycerins (spez. Gewieht 1 ,225--1 ,235) vorsichtig zu fiberschichten, indem man es an der RShrchenwand hinabrinnen l/igt. Eine solche Skala kann eine Woche lang oder noch li~nger stehen.

5. Nun nimmt man aus dem zu priifenden Mehl ebenfa~s 1 g, verf/ihrt genau auf die oben beschriebene Weise und vergleicht die Ff i rbung der Mehlscheibe mit der naeh 4. hergestellten Skala, indem man das RShrehen in die versehiedenen LSeher der zweiten Reihe des Stativs steckt und zusieht, mit weleher ~ u m m e r der Skala die Probe am besten iibereinstimmt.

H a t m a n s o g e n a n n t e , g r i f f i g e " o d e r g r i e l ~ i g e M e h l e zu u n t e r - ~ u c h e n , so m f i s s e n d i e s e v o r h e r m S g l i e h s t r e i n v e r r i e b e n w e r d e n .

W i t lessen nun einige Bestimmungen folgen, die auch einen Anhal tspunkt daffir geben, in welchen Gewichtsverh/iltnissen die Vergleichsmischungen von bekanntem Kleiengehalt herzustellen sind.

KIe iegeha l t der Typen der Budapes te r Biirse.

I. G l a t t g e m a h l e n e Mehle.

NO. des Mehles Kleiegehufi;

0 0 I o,I Olo 2 0,2 ,, 3 0,4 ,, 4 0,6 ,, 5 0~9 , ,

6 t,25 ,, 7 1,5 ,, 7I/2 2,0 ,,

II. G r i f f i g e Mehle.

No. des Mehles Kleiegehatt

0 0,1 °/3 1 0,2 ,, 2 0,5 , ,

III. D o p p e l g r i f f i g e Mehle .

NO° des Mehles Kleiegehalt

o o,1 o/o 1 0,2 ,, 2 0,5 ,, 3 0,8 ,, 4 1,25 ,,

Die Untersuchung von Weizenmehl-Typen (1911) der Versuehsanstalt ffir Ge- treideverarbeimng in Berlin, Abtei lung ffir Versuchsmiillerei, hat folgendes ergeben:

Weizenmehl-Type Ausbeute-Klasse Kleiegehalt 0 bis 30 °/o I 0

fiber 30 ,, 70 ,, I[ 0,6 °/o ,, 70 ,, 75 ,, I l I 2,0 ,,

0 ,, 70 ,, IV 0,3 ,, 0 ,, 75 ,, ¥ 0,5 ,,

Man kann sieh natiirlich die Vergleichsmischungen naeh beliebigen Verhiilt- nissen herstellen, doch dfirften die obigen den gegebenen Verh/~ltnissen entsprechen.

Die kusbeuteklassen der Berliner Versuchsanstalt verhalten sich zu den Buda- pester ~Iehltypen, wenn man noch elne Mehlnummer 73/~, die auch hergestellt wird, dazu nimmt, wie folgt:

Budapester Nummern Ausbeute Berliner Ausbeute-Klassea Ausbeute 0 40 o/o I 30 °/o

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 80 ,, II 40 ,, 7I/~, 73# 5 ,, I II 5 ,,

0, 1, 2. 3, 4, 5, 6, 7 70 ,, IV 70 ,, 0--73fi 75 ,, V 75 ,,

FZeitschr. f. Untersuchun~ 294 v. Lie b e r m a n n, Schmelzpunktbestimmung yon Fetten. Ld. Nahr.- u. Genuf3mitteL

Wir verdanken diese Aufstellung der Freundlichkeit des technischen Leiters der Pester Walzmiihlengesellschaft, Herrn Dr. E m i l V a r s ~ n y i , der die Gfite hatte~ uns auch sonst (lurch Beschaffung einwandfreien Untersuchungsmaterials zu unter* stiiizen.

~Vir glauben, dal~ man, im Besitze dieser einfachen, yon uns vielfach geprfiften, hinreichend genauen Methode, nun reeht wohl imstande ist, den Kleiegehalt der Weizenmehle zu bestimmen, mithin aber auch den Verkehr mit Weizenmehl auf die exakte Basis eines quantitativ bestimmten Kleiegehaltes zu stellen.

Apparat zur Bestimmung des Sehmelzpunktes yon Fetten. Von.

L. v. Liebermann.

M i t t e i l u n g aus dem H y g i e n i s c h e n I n s t i t u t der Universi t~t~ Budapes t .

[Eingegangen am 29. April 1911.]

In die U-fSrmig gebogene RShre (s. Abbildung) ffillt man etwas Quecksilber und darfiber in den einen Schenkel der RShre das vorher geschmolzene und ]~lar

filtrierte Fett. Dann wird ein dreifach durchbohrter StSpsel auf- gesetzt; durch die eine Bohrung w~rd das Thermometer eingefiihrt~ dm'ch die andere ganz enge eirr genfigend dicker Platindraht. Die Kugel des Thermometers und das Ende des Platlndrahts sollen his in die Mitre der geschmolzene~ Fettschichte reichen. Hierauf 1/it~t man das Fett vollstiimdig erstarren~ Dies erfordert bekannttich liingere Zeit; nStigenfalls ist Kfihlung mit Eis anzuwenden.

Ist dies geschehen, so stellt man die RShre senkreeht in eirr mit Wasser gefiilltes Becherglas und befestigt sie mit einer Klemme des Stativs.

:Nun 1/il~t man durch einer~ kleinen Trlchter, den man durek das dritte Bohrloch ffihrt~ etwas Quecksilber fiber die erstarrte

Fettschicht flief~en, etwa halb so hoeh wie die Fettschieht selbst, steckt auch in den anderen Schenkel tier RShre einen Platindraht, verbindet beide Dr~ihte mit einem L/iutewerk und erw~rmt das Wasserbad. Sobald das Fett zu sehmelzen beginnt, fi~llt die obere Queeksilber* schicht herunter, der Kontakt wird hergestellt und das L/iutewerk tritt in T/itigkeit. Mar~