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LANDESWOHLFAHRTSVERBAND HESSEN Erfahrungen im Betreuten Wohnen für Menschen mit Behinderung in Hessen Ein Schlüssel zu mehr Selbstständigkeit

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LANDESWOHLFAHRTSVERBAND HESSEN

Erfahrungen im Betreuten Wohnen für Menschen mit Behinderung in Hessen

Ein Schlüssel zu mehr Selbstständigkeit

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so möchten wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, herz-lich einladen! Schauen Sie in dieser Broschüre in die vier Wände von Menschen, die ihre Türen geöffnet haben, um Ihnen einen Einblick ins Betreute Wohnen für Men-schen mit Behinderung in Hessen zu geben. Beim Blick in die unterschiedlichen Räume werden Sie feststellen, wie verschieden deren Bewohner1, ihr Weg ins Betreute Wohnen und deren Lebenssituationen sind. Die Beiträge zeigen Ihnen offen und ehrlich, dass der Weg ins Betreute Wohnen nicht immer einfach ist. Ängste und Unsicherheit gehören auch dazu. Sie sehen aber auch, dass die Men-schen im Betreuten Wohnen nicht alleine sind. Wir zeigen Ihnen am Beispiel der einzelnen Klienten, wie die Hilfe und Unterstützung aussehen kann.

Vor allem aber möchten wir Ihnen zeigen, wie lohnens-wert für jeden einzelnen der Weg in die eigene Wohnung sein kann. Denn hier bietet sich die Möglichkeit, selbst-ständig und selbstbestimmt zu leben, eigene Stärken zu erkennen und auszubauen und damit die Lebensqualität zu erhöhen. Und wenn es dann nicht gleich so klappt wie erhofft, wird die Hilfe im Alltag an den Hilfebedarf an-gepasst und es besteht auch jederzeit die Möglichkeit, in andere Wohnformen zu wechseln. Das Betreute Wohnen ist keine Einbahnstraße, sondern ist eingebunden in ein durchlässiges System verschiedener Angebote mit unter-schiedlichen Betreuungsintensitäten.

Der Landeswohlfahrtsverband als Planer, Organisator und Kostenträger des Betreuten Wohnens in Hessen, unter-stützt seit langem Menschen, die möglichst selbstständig leben wollen. 1986 eingeführt, standen vor 20 Jahren (April 1988) 373 Plätze im Betreuten Wohnen zur Verfü-gung. Seither wurde diese Betreuungsform stetig ausge-baut. Heute gibt es über 9.400 Plätze, um allein, zu zweit oder in einer Gruppe im Betreuten Wohnen zu leben.

Und die Qualität der verschiedenen Träger des Betreuten Wohnens in Hessen hat der LWV ebenfalls im Blick. So gibt es in ganz Hessen, von Nord bis Süd, einen gleich hohen Qualitätsstandard.

Im Rahmen des sogenannten Paradigmenwechsels in der Behindertenhilfe, das heißt weg von der Fürsorge und der Rundum-Versorgung hin zum selbstbestimmten Leben, wollen wir beim Landeswohlfahrtsverband das Betreute Wohnen noch weiter ausbauen.

Lassen Sie sich beim Lesen der Broschüre anstecken vom Mut und der Freude der Menschen, die uns ihre Türen ge-öffnet haben! Könnte das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung auch für Sie selbst, Angehörige oder Freunde von Ihnen eine mögliche Wohnform sein? Dann informieren Sie sich und rufen uns einfach an. Oder sind Sie in einer Beratungsstelle tätig und kennen jemanden, der fi t fürs Leben im Betreuten Wohnen ist? Empfehlen Sie ihm ein persönliches Informationsgespräch bei uns. Die Adressen fi nden Sie im hinteren Teil des Heftes.

Ihre Ihr

Evelin Schönhut-Keil Uwe BrückmannErste Beigeordnete Landesdirektor

„Treten Sie ein“,

1 Zur besseren Lesbarkeit wird überwiegend die männliche Form verwendet. Sie soll grundsätzlich für die weibliche und männliche Form zugleich gelten.

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Vorwort

Herausgeber: Landeswohlfahrtsverband Hessen Öffentlichkeitsarbeit Ständeplatz 6–10, 34117 Kassel Tel.: 0561/1004-2536 Fax: 0561/1004-2640 [email protected] www.lwv-hessen.de

Redaktion: Jörg Daniel (verantwortl.) Rose-Marie von Krauss Walter Horstmann-Cholibois Heike Meßmer-Villain Christiane Müller Ruth Reis

Texte: Stella Dammbach Rose-Marie von Krauss Gundula Zeitz

Fotos: Sabine Kobler Uwe Zucchi

Gestaltung: Grunewald GmbH Digital- und Printmedien www.grunewaldkassel.de

Druck: Druckerei Plag gGmbH www.plagdruck.de

1. Aufl age November 2008

Wir danken allen beteiligten Anbietern des Betreuten Wohnens, den Betreuern und vor allem den porträtierten Klienten für die nette und unkomplizierte Zusammenarbeit. Ohne sie hätte diese Broschüre nicht entstehen können.

Impressum

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„Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt“ 6–7

Einleitung zum Betreuten Wohnen für Menschen mit Behinderung in Hessen

Betreutes Wohnen – was bedeutet das genau?Betreutes Wohnen – an wen wende ich mich?Betreutes Wohnen – wie fi nde ich meinen Hilfebedarf heraus?Betreutes Wohnen – wer bezahlt denn das alles?

„Du kannst alles machen, egal wann“ 8–9

Sevim Amidi sammelte Erfahrungen im Betreuten Wohnen für Menschen mit geistiger Behinderung

Kindheitstraum: Wohngemeinschaft 10–12

Harald Wick blickt zufrieden auf seine Männer-WG des Betreuten Wohnens für Menschen mit seelischer Behinderung

„Mitleid – Das kann ich gar nicht gebrauchen“ 13–15

Stephan Lohr hat eine körperliche Behinderung und lebt selbstständig im Betreuten Wohnen

Seite

45

Raus aus der Sucht, hin zum selbstbestimmten Leben 16–18

Katrin Schmidt freut sich an ihrer neuen Wohnung im Rahmen des Betreuten Wohnens

Ein eingespieltes Paar 19–21

Heidi Lummel und Bernd Dreher – ein Paar mit geistiger Behinderung, das im Betreuten Wohnen den Alltag gemeinsam bewältigt

„In meiner Wohnung fühle ich mich sauwohl“ 22–23

Marianne Vukovic kommt mit ihrer körperlichen Behinderung gut im Betreuten Wohnen klar

Kontakte 24–26

Hier fi nden Sie die Ansprechpartner des LWV für das Betreute Wohnen

Impressum 2Nachweis aller, die am Entstehen der Broschüre beteiligt waren

SeiteInhalt Inhalt

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Diese Broschüre soll Ihnen einen Einblick in das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung in Hessen ver-schaffen. So können Sie prüfen, ob das Betreute Wohnen auch für Sie, einen Ihrer Angehörigen oder einen von Ihnen betreuten Menschen in Frage kommen könnte. Im Folgenden beantworten wir Ihnen die rechtlichen und organisatorischen Fragen, die auf Ihrem Weg ins Betreute

Wohnen wichtig sind. Danach machen wir Sie mit Men-schen bekannt, die im Betreuten Wohnen leben und die ganz unterschiedliche Hilfe und Unterstützung im Alltag erhalten. Am Ende der Broschüre nennen wir Ihnen die wichtigen Adressen der Ansprechpartner für das Betreute Wohnen in Hessen.

„Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt“Laotse

Als Mensch mit einer Behinderung haben Sie auch in Hessen einen Anspruch auf Hilfe beim Wohnen. Je nachdem, wie viel Hilfe Sie benö-tigen, können Sie in eine eigene Woh-nung ziehen – allein, als Paar oder als Gruppe in einer Wohngemeinschaft. Das ist ein ambulantes Hilfeangebot, das Betreute Wohnen. Angeboten wird das Betreute Wohnen in Hessen zum Beispiel von der Diakonie, der Le-benshilfe oder auch anderen Trägern. Eine eigene Wohnung, deren Mieter

Betreutes Wohnen – was bedeutet das genau?

Sie selbst sind, hat für Sie den Vorteil, dass Sie viele Dinge Ihres Tagesablau-fes selbst bestimmen können. Trotz-dem müssen Sie nicht auf Unterstüt-zung im Alltag verzichten. Wann und wie wird gewaschen, geputzt und eingekauft? Diese Entscheidungen liegen nun in Ihrer Hand. Je nachdem, wie viel Hilfe Sie bei welchen Auf-gaben benötigen, kommen ein oder mehrmals wöchentlich Fachkräfte zu Ihnen und unterstützen Sie. Die Fach-kräfte stehen Ihnen zur Seite, damit

Betreutes Wohnen – an wen wende ich mich?

Sie leben in einem Wohnheim und möchten ins Betreute Wohnen umzie-hen? Dann sprechen Sie Ihren Wohn-heimleiter an und fragen ihn, ob die Einrichtung selbst Betreutes Wohnen anbietet oder er einen Anbieter des Betreuten Wohnens kennt. Sie leben allein in einer Wohnung und fühlen sich wegen Ihrer Behinderung

überfordert, täglich Ihren Alltag allein zu meistern? Sie brauchen Hilfe und denken, dass das Betreute Wohnen für Sie das Richtige ist? Dann rufen Sie einen Anbieter des Betreuten Wohnens in Ihrer Nähe an. Wenn Sie keinen kennen, rufen Sie bei einer Be-ratungsstelle oder beim Landeswohl-fahrtsverband in Kassel, Darmstadt

Sie Ihren Alltag meistern können. Sie greifen Ihnen unter die Arme, wenn Sie sich Hilfe im Haushalt, für den Arztbesuch oder beim Umgang mit Behörden organisieren wollen. Wenn Sie etwa ergänzende Hilfen wie eine Haushaltshilfe oder eine Pfl egekraft benötigen, hilft Ihre Fachkraft bei der Suche und Auswahl. Sie ist aber auch da, wenn etwa Konfl ikte in der Wohngemeinschaft, mit Nachbarn oder Probleme im Arbeitsumfeld auftreten.

Betreutes Wohnen – wie fi nde ich meinen Hilfebedarf heraus?Wenn Sie einen Anbieter des Betreu-ten Wohnens gefunden haben, ma-chen Sie einen Termin aus, bei dem Sie zusammen mit einer Fachkraft einen Individuellen Hilfeplan erar-beiten. Gleichzeitig stellen Sie einen Antrag auf Sozialleistungen. Diese Unterlagen werden dann dem Sozial-amt Ihrer Stadt oder Ihres Landkreises und dem Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV) übersandt. Dann werden Sie entweder zum Amtsarzt des Gesundheitsamtes eingeladen

oder Sie legen ein fachärztliches Gutachten vor. Wenn alle Unterla-gen vorliegen, fi ndet eine Beratung in der Hilfeplankonferenz statt. Hier besprechen Sie mit den Fachleuten Einzelheiten, beispielsweise wie viel Stunden Unterstützungsbedarf Sie in welchen Bereichen haben. Oder wie barrierefrei Ihr Wohnraum sein muss. Natürlich kann Sie bei allen Schritten ins Betreute Wohnen ein Familien-angehöriger oder ein gesetzlicher Betreuer begleiten.

Betreutes Wohnen – wer bezahlt denn das alles?

Wenn Ihr Antrag auf Leistungen im Betreuten Wohnen bewilligt und Wohnraum für Sie gefunden ist, wird der LWV und - wenn nötig - das örtliche Sozialamt die Kosten über-nehmen. Der LWV zahlt die Kosten für die Betreuung in Ihrer Wohnung, wird also die Kosten für die Fachkräf-te in der Zeit bezahlen, die für Ihre Betreuung vereinbart worden ist. Beim Sozialamt beantragen Sie zum Beispiel fi nanzielle Unterstützung für den Lebensunterhalt wie Essen, Kleidung oder Wohngeld. Wenn Sie selbst oder ein Angehöri-

ger, der für Ihren Unterhalt zuständig ist, Geld verdienen oder über Ver-mögen verfügen, müssen Sie dies angeben und sich vielleicht an den Kosten im Betreuten Wohnen betei-ligen. Dafür gibt es gesetzlich vorge-gebene Grenzen. Diese prüfen die Sachbearbeiter beim LWV und beim örtlichen Sozialamt genau in jedem Einzelfall und besprechen eventuelle Zahlungen mit Ihnen. Dabei brau-chen Sie keine Angst zu haben, dass Ihnen oder Ihren Angehörigen zuviel zugemutet würde. Sprechen Sie das Thema einfach an.

oder Wiesbaden an. Die Telefon-nummern fi nden Sie am Ende dieser Broschüre. Dort nennt man Ihnen einen Anbieter des Betreuten Woh-nens in Ihrer Region. Sie können aber auch in Ihrem Rathaus nachfragen. In vielen hessischen Gemeinden gibt es beim Gesundheitsamt oder Sozialamt Stellen, die Ihnen weiterhelfen.

Weitergehende Informationen für Angehörige und Betreuer

Ziele des Betreuten Wohnens:Die Hauptziele des Betreuten Wohnens für Menschen mit Behinderung sind: Selbstbestimmung, Eigenverantwortlich-keit, Partizipation und Integration.

BetreuungsangeboteEine Soziale Landkarte, die Sie auf der Homepage des LWV fi nden – www.lwv-hessen.de – gibt Auskunft über die regionalen vollstationären, teilsta-tionären und ambulanten Angebote insbesondere für Menschen mit Behin-derung - gegliedert nach Kreisen und Leistungsarten.

FinanzierungsgrundlagenDie Finanzierung beruht auf verschiede-nen (gesetzlichen) Grundlagen. Vorrangig ist es das SGB XII (Eingliede rungshilfe), das SGB XI (Leistungen der Pfl egever-sicherung) und im Einzelfall das SGB V (Krankenversicherung). Die Details dazu können Sie bei den Sachbearbeitern der Sozialämter und des LWV erfragen.

HilfepläneEs gibt in Hessen unterschiedliche Hilfepläne, die aufgrund der Art der Behinderung differieren. Gemeinsam ist allen, dass sie mittels der Hilfepläne die vorliegende Wohn- und Betreuungsform thematisieren, aktuelle Problemlagen beleuchten, Fähigkeiten abfragen, Ziele benennen und die notwendigen Maß-nahmen klären. Neben der persönlichen Situation wird zum Beispiel auch die Frage nach einem gesetzlichen Betreuer behandelt.

HilfeplankonferenzenAn den Hilfeplankonferenzen nehmen grundsätzlich ein Vertreter des örtlichen Sozial- oder/und Gesundheitsamtes, des LWV, der Anbieter von betreuten Wohn-möglichkeiten sowie der Klient und evtl. sein Betreuer teil.

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„Du kannst alles machen, egal wann“

Ins Kino gehen, Freunde besuchen oder zu sich nach Hause einladen, gemeinsam kochen, Karten spielen, fernsehen. Ins Schwimmbad gehen oder zum Minigolf, shoppen, spazie-ren gehen, durch die Stadt bummeln: „Du kannst das alles machen, wenn du willst, egal wann. Du musst nie-manden fragen, das ist toll“, sagt Se-vim Amidi. Lebensfreude pur strahlt die 28-Jährige aus, ein Energiebündel voller Selbstbewusstsein. „Ich bin glücklich, seit ich hier wohne“, sagt die junge Frau, die ursprünglich aus Mazedonien stammt, aber seit eini-gen Jahren die deutsche Staatsange-hörigkeit hat.

Gerade 23 Jahre war sie, als sie in ihre jetzige Wohnung in der Geibelstraße in Kassel eingezogen ist. Sie teilt sich eine gemütliche Zweizimmerwoh-nung mit Balkon, Bad und großer Wohnküche mit einer Freundin. In dem Jugendstilhaus der Diakonie Wohnstätten gGmbH gibt es – ne-ben zwei Krankengymnastikpraxen und Wohnungen für nichtbehinderte Menschen – auch mehrere Woh-nungen für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung. „Es sind Menschen, die nicht die Betreu-ungsstrukturen eines Wohnheimes benötigen, aber dennoch Unterstüt-zung brauchen, um ein möglichst eigenständiges Leben führen zu kön-nen“, erklärt Bernd Sprenger, der das

Haus leitet. Dieses Haus ist Teil eines Konzeptes „Wohnen im Verbund“, welches die Diakonie Wohnstätten mit dem Fachbereich für Menschen mit geistiger Behinderung im Landes-wohlfahrtsverband Hessen umgesetzt haben.

Wer hier wohnt, kann je nach Bedarf auf verschiedene Hilfen und Angebo-te zurückgreifen. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter unterstützen die Bewohnerinnen und Bewohner zum Beispiel dabei, den Alltag zu planen und zu strukturieren, sie helfen dabei, den Haushalt zu führen, sie bera-ten bei Problemen am Arbeitsplatz, beim Umgang mit Geld oder auch bei Behördengängen und Arztbesu-chen – je nachdem, was die Klienten gerade brauchen. Freizeitangebote gibt es übrigens auch: Die Bewoh-nerinnen und Bewohner der Geibel-straße gehen gemeinsam Kegeln, zum „Stammtisch“ oder Tanzen, sie unternehmen Ausfl üge, besuchen das Theater oder andere kulturelle Ver-anstaltungen – und sie unternehmen gemeinsam die von den Diakonie Wohnstätten angebotenen Reisen.

„Wir waren schon in Tunesien und in der Türkei, das war cool“, erzählt Sevim Amidi, während sie in der Küche einen großen Topf mit Nudeln aufsetzt: „Das wird Nudelaufl auf mit Thunfi sch“, erklärt sie, „mein Freund

ist zu Besuch und nachher kommt meine Schwester“. Sie erzählt, dass sie viel Besuch bekomme, regelmäßig von ihrem Freund zum Beispiel, der wie sie im Betreuten Wohnen lebt, al-lerdings in einer anderen Stadt. „Wir hoffen, dass wir irgendwann mal zusammenziehen können“, sagt sie und rührt die Nudeln um. „Übrigens, ich koche gerne“, meint sie dann.

„Salat, Milchshakes, Frikadellen“

Kochen, das kann Sevim Amidi gut. Schließlich arbeitet sie in der Kasseler Werkstatt der Sozialgruppe Kassel e. V. in der Küche. Die Kasseler Werk-statt bietet Menschen, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Be-hinderung dem allgemeinen Arbeits-markt nicht oder noch nicht wieder zur Verfügung stehen, berufl iche Bil-dung und eine ihren Fähigkeiten und ihrem Leistungsvermögen entspre-chende Beschäftigung an. „Denn zur Würde des Menschen gehört auch das Gefühl, gebraucht zu werden und eine sinnvolle Arbeit verrichten zu können“, heißt es auf der Internetsei-te der Kasseler Werkstatt.

„Ich gehe total gerne arbeiten“, sagt Sevim Amidi. Mit leuchtenden Augen erzählt sie, was in der Küche der Werkstatt zu ihren Aufgaben gehört: Schnippeln, Salat vorbereiten, Milch-shakes machen, Frikadellen braten,

die Automaten auffüllen. „Um halb acht stehe ich auf der Matte, um 15.20 Uhr ist Feierabend“. Und dann? „Dann freue ich mich auf meine Wohnung“, sagt sie. „Und ich freue mich, wenn Ellen kommt.“ Ellen, das ist Ellen Koch, die Betreuerin. Zwei mal in der Woche kommt die Sozi-alpädagogin zu Sevim Amidi, immer dienstags und donnerstags. Zusätzlich hat die 28-Jährige, die Anspruch auf 120 Fachleistungsstunden hat, noch eine amtliche Betreuerin, die sich um ihre fi nanziellen Angelegenheiten kümmert. Einmal pro Woche holt sie sich dort das Geld, das sie für diese Woche benötigt. Ellen Koch hilft ihr dann, wenn etwas mit Behörden zu regeln ist, sie kümmert sich um Arzt-termine und geht auch mal mit, wenn es sein muss. „Wir besprechen ein-fach alles – und wir gehen zusammen einkaufen, Klamotten zum Beispiel, oder Möbel“, erklärt Sevim Amidi.

Ein Schrank mit blauen Türen, blaue Bettwäsche, blaue Kissen: Ihr Zimmer hat die 28-Jährige ganz in ihrer Lieblingsfarbe einge-richtet.

An den Wänden hängen neben Postern von Jeanette Biedermann und anderen Stars auch viele Fotos. „Selbst geknipst“, sagt die junge Frau. „Ich habe mir mit Ellen zusam-men eine Digitalkamera gekauft, ich fotografi ere gerne“.

Und sie malt gerne: In der Begeg-nungsstätte für behinderte und nicht behinderte Menschen „amos“ der Diakonie Wohnstätten sind etliche ihrer Bilder entstanden, sie hat sogar schon einige verkauft und an Ausstel-lungen teilgenommen. „Kreativ sein, das zählt“, meint sie und lacht. „Aber jetzt Schluss: ich muss kochen, sonst ist der Aufl auf nicht fertig, wenn mein Besuch kommt!“

Sevim Amidi mit ihrer Betreuerin Ellen Koch

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Unterstützung für ein möglichst eigenständiges Leben

Sevim Amidi (28)

im Betreuten Wohnen der

Diakonie Wohnstätten gGmbH

Kassel

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Kindheitstraum: Wohngemeinschaft

Harald Wicks Blick wandert zum Fenster hinaus und hinüber zur Kup-pel des Hundertwasserhauses. Der 57-Jährige lebt seit drei Jahren hier in dieser Wohngemeinschaft mitten in Darmstadt und freut sich, wenn Besucher fasziniert und staunend auf diese Kuppel schauen. Mit drei Männern, die wie er vom Sozialpsy-chiatrischen Verein Darmstadt betreut werden, teilt er sich die Wohnung. Je-der hat sein eigenes Zimmer. Küche, Wohn-Esszimmer, Loggia und Bad teilen sie sich. „Mit dieser Wohn-gemeinschaft habe ich mir einen Kindheitstraum erfüllt“, lächelt Wick. Andere Träume, wie zum Beispiel der, eine eigene Familie zu gründen, sind an seiner Krankheit gescheitert. Er leidet seit seiner Jugend an einer chronischen Psychose.

Immer wieder plagen ihn Depressi-onen, dann wieder manische Pha-sen. Irgendwann kommt er deshalb erstmals zur Behandlung ins Elisa-bethenstift. „Danach hätte ich zu meinem Vater ziehen können, aber wir haben uns nicht gut verstanden“, erzählt Wick. Alleine in eine eigene Wohnung ziehen? Das habe er sich nicht zugetraut. Denn besonders in Krisenzeiten braucht er jemanden, mit dem er sich austauschen kann und der notfalls Hilfe holt. Und so haben ihn andere Patienten auf das damalige Modellprojekt des Sozial-

psychiatrischen Vereins hingewiesen und gefragt, ob er nicht mit ihnen gemeinsam in eine betreute Wohn-gemeinschaft ziehen wolle. Wie er damals den Platz bekommen hat, weiß er gar nicht mehr. Auch Diplom-Sozialarbeiterin Elke Altwein vom Sozialpsychiatrischen Verein kann nur Vermutungen anstellen. 25 Jahre sind seither vergangen. Wer heute in eine betreute WG einziehen möchte, muss zunächst einen Antrag beim Sozialpsychiatrischen Verein stellen und ein Attest seines behandelnden Psychiaters vorlegen. Dann wird die Situation des Antragsstellers geprüft und ermittelt, welches Maß an Hilfe und Unterstützung nötig ist. Erst wenn feststeht, dass diese Form des Betreuten Wohnens zur Situation des Antragstellers passt, wird seinem Wunsch entsprochen. Reicht das eigene Einkommen nicht aus, um die Kosten zu tragen, werden Leistungen der Eingliederungshilfe beim Landes-wohlfahrtsverband beantragt.

Seine Miete bezahlt Wick selbst, auch seinen Lebensunterhalt bestreitet er von seinem Gehalt. Der 57-Jährige ist gelernter Bürokaufmann. Doch seine Krankheit hat ihm auch zu Beginn seines Berufslebens immer wieder geschadet. „Ich habe Ausbildungen abgebrochen, Arbeitsstellen aufgege-ben“, erzählt er. Seine Eltern haben damals den evangelischen Pfarrer

um Hilfe gebeten, der ihre Kirchen-gemeinde betreute und selbst eine behinderte Tochter hatte. Der besorg-te Harald Wick einen Arbeitsplatz bei der evangelischen Kirchenverwaltung in Darmstadt. Angefangen hat er als Bürobote, heute arbeitet er dort im Archiv. „Ich habe gerade meine 30-jährige Betriebszugehörigkeit gefeiert“, sagt er stolz. „Das habe ich auch dem Betreuten Wohnen hier zu verdanken“, ist er sicher. Heutzutage, räumt Elke Altwein ein, ist es ungleich schwieriger, für seelisch kranke Men-schen einen Arbeitsplatz zu fi nden.

Die Wohngemeinschaft gibt Ge-borgenheit

„Die WG gibt mir Geborgenheit. Hier kann ich über meine Probleme und über meine Gefühle sprechen“, beschreibt er die Vorzüge dieser Wohnform. Die Mitbewohner, die Di-plom-Sozialarbeiterin, sein Chef – alle haben sie ein Auge auf ihn, sprechen ihn an, wenn sie das Gefühl haben,

dass seine Krankheit sich wieder be-merkbar macht oder er seine Medika-mente nicht regelmäßig nimmt. „Und dann muss ich eben wieder für einige Zeit in die Klinik“, sagt Wick schulter-zuckend. Der letzte Krankenhausauf-enthalt ist fünf Jahre her. Inzwischen bemerkt er häufi g selbst, wenn sich eine Krise anbahnt und holt sich rechtzeitig Unterstützung. „Auch dabei helfen mir die regelmäßigen Therapiegespräche“, unterstreicht er. Alle zwei Wochen führt er mit seiner Betreuerin ein Einzelgespräch, in der Woche dazwischen nimmt er am Gruppengespräch teil. Das zählt alles zu den Betreuungsstunden, die Harald Wick zustehen. Manchmal braucht Wick aber auch eine Pause. „Diese Gespräche sind sehr anstren-gend, das kostet viel Kraft. Schließlich sprechen wir da über meine Gefüh-le, meine Ängste“, schildert Wick. Zurzeit sucht er wieder das Gespräch. „Ich weiß im Moment nicht so recht, wie ich mir meine Zukunft vorstelle, wie es bei mir weitergehen soll“, sagt

Die WG gibt mir Geborgenheit

1011

Harald Wick (57)

im Betreuten Wohnen des

Sozialpsychiatrischen Vereins

Darmstadt

er mit einem Hilfe suchenden Blick zu Elke Altwein. Regelmäßig erstellen die beiden gemeinsam einen Hilfeplan. Darin werden neue Ziele festgelegt, Wicks Wünsche festgehalten und natürlich auch, welches Maß an Hilfe nötig ist. Wenn es doch einmal Pro-bleme gibt mit Behörden oder dem Arbeitgeber unterstützt Elke Altwein ihn, begleitet ihn im Zweifel auch. Die Kosten für diese Betreuung trägt der Landeswohlfahrtsverband.

Jeden Samstag gemeinsames Frühstück

„Ich bin viel allein, aber das ist selbst gewählt. Denn Gespräche strengen mich sehr an. Das liegt an meiner Krankheit“, schildert er seinen Alltag. Dann geht er spazieren, setzt sich auch mal in ein Café oder besucht ein Konzert. Jeden Samstag ist gemein-sames Frühstück der vier WG-Bewoh-ner, alle im Alter zwischen Anfang 40 und Ende 50. Jeder erzählt, was ihn beschäftigt, Witze werden gerissen – „Wir lachen viel“. Einkaufen, kochen oder sich sein Abendbrot zubereiten – das macht jeder auf eigene Faust.

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„Aber wenn jemand beim Essen sitzt, kann sich jeder dazu setzen, der Lust hat“, fügt Wick hinzu. Das passiert auch öfter. Wer hingegen seine Ruhe haben möchte, zieht sich in sein Zim-mer zurück. Den Putzdienst – immer samstags – haben die Männer selbst organisiert. Immer zwei übernehmen diesen Job, wechseln sich mit den an-deren beiden ab. „Anfangs hatte ich ja die Befürchtung, dass das nur eine Chaoten-WG werden kann, wenn hier nur Männer leben“, schmunzelt Wick. Doch von Chaos ist nichts zu spüren und das Zusammenleben sei wesentlich entspannter als in seiner vorhergehenden WG, in der auch Frauen lebten. „Hier ist es richtig stressfrei, weil es zwischen uns keine Eifersüchteleien gibt und jeder den anderen so lässt, wie er ist“, ergänzt der 57-Jährige.

Das Zusammensein mit anderen, die selbst seelisch erkrankt sind, hilft ihm, weil sie ähnliche Erfahrungen gemacht haben und ihm deshalb mit mehr Verständnis begegnen. „Das Leben mit einer solchen Erkrankung ist kein Zuckerschlecken, und es fällt unglaublich schwer, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die keine Erfahrung mit psychischen Krank-heiten haben. Noch schwerer ist es, solche Kontakte zu halten“, zieht er Bilanz. Trotzdem ist ihm das geglückt: Er pfl egt seine Freundschaften mit

„Mitleid –

Ein Interview mit Stephan Lohr

Schulkameraden. Gerade erst hat ihm einer aus den USA eine Postkarte ge-schickt – und schon mal angekündigt, dass er nach seiner Rückkehr Harald Wick ausführlich von seinen Erleb-nissen jenseits des Atlantiks erzählen wird. Dennoch fühlt er sich in dieser Hinsicht unsicher, braucht die Bestä-tigung Altweins, dass sein Verhalten richtig ist, er sich niemandem auf-drängt. „Auch dass dies funktioniert, 12

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habe ich Ihrer Hilfe zu verdanken“, wendet er sich an Elke Altwein. Sie schaut ihn ernst an und sagt: „Es stimmt, wir unterstützen Sie, wo es nötig ist. Aber das und vieles andere in Ihrem Leben haben Sie ganz alleine geschafft. Darauf können Sie stolz sein.“

Stephan Lohr (39)

im Betreuten Wohnen des EVIM

Wiesbaden

Stephan Lohr hat kürzlich seinen 39. Geburtstag gefeiert. „Ich bin ein ganz schön alter Knacker“, sagt er mit einem leichten Anfl ug von Ironie und einem direkten Blick in die Augen seines Gesprächspartners. Was er von den Menschen in seiner Umgebung erwartet, macht er schnell klar: Aufmerksamkeit, Ernsthaftigkeit und – soweit möglich – Normalität. Was er auf gar keinen Fall möchte: „Mitleid. Das kann ich gar nicht ge-brauchen. Das hilft mir nicht weiter.“ Stephan Lohr leidet an einer angebo-renen Muskelerkrankung, einer Mus-keldystrophie nach Duchenne, die mit zunehmendem Alter fortschreitet. Bei den meisten Betroffenen macht sich diese Krankheit schon im Kindesalter bemerkbar, die Lebenserwartung liegt bei einem Alter von etwa Ende 30. Betroffen sind alle Muskeln, auch die Atemmuskulatur. Daher ist Ste-phan Lohr einige Stunden am Tag auf Beatmung angewiesen. Lohr, der nur noch seine Hände bewegen kann, sitzt in einem elektrischen Rollstuhl, den er geschickt durch seine Woh-nung in einem Gebäude manövriert, in dem der Evangelische Verein für Innere Mission in Nassau (EVIM) nahe Wiesbaden alle Wohnungen angemietet hat. Seit April 2007 lebt er hier. Derzeit sucht er Arbeit. Dabei und bei vielen anderen Dingen, die für einen Menschen mit dieser Be-hinderung nur schwer zu bewältigen

sind, unterstützt ihn Diplom-Sozialar-beiterin Christine Schmidt von EVIM.

Herr Lohr, wie sieht Ihr Alltag aus?

Stephan Lohr: Morgens um sieben kommt der Pfl egedienst zu mir und erledigt die Grundpfl ege. Das dauert bis kurz nach acht. Inzwischen bleibe ich morgens meist im Bett, sehe fern oder höre Musik. Denn ich kann nicht mehr so lange sitzen, weil die Rückenmuskeln nicht mehr richtig mitmachen wegen meiner Erkran-kung. In dieser Zeit lasse ich mich auch an das Beatmungsgerät anhän-gen. Ansonsten sitze ich viel am PC, eine wichtige Verbindung zur Außen-welt. Ich kann E-Mails schreiben, im Internet surfen... Ich hoffe, ich muss hier nie wieder weg.

Was gefällt Ihnen denn hier so gut?

Stephan Lohr: Die Ruhe fi nde ich schön. Ich kann tun und lassen, was ich will. Und gleichzeitig – das ist für mich ganz besonders wichtig – bekomme ich hier die notwendige Unterstützung, wenn ich etwas un-ternehmen möchte oder neue Ideen habe.

Das kann ich gar nicht gebrauchen“

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Wie sieht diese Unterstützung konkret aus?

Stephan Lohr: Na, zum Beispiel wurde meine Wohnung umgebaut, damit ich sie alleine verlassen kann und auch alleine wieder hier rein-komme. Dafür haben sich die Verant-wortlichen hier stark gemacht. Die Kosten hat zum Teil die Pfl egekasse getragen. Den Rest hat das Sozialamt übernommen. Dafür bin ich sehr dankbar. Denn das sichert mir das Höchstmaß an Selbstständigkeit, das jemandem mit meiner Behinderung möglich ist.

Christine Schmidt: Dabei muss sich Herr Lohr so oft in Geduld üben...Wenn ihm niemand das Licht ein-schaltet, muss er eben im Dunkeln sitzen, weil er die Hand nicht zum Schalter ausstrecken kann. Sein Alltag stellt ihn dauernd vor solche Gedulds-proben. Das fi nde ich sehr bewun-dernswert.

Und was strapaziert derzeit Ihre Geduld?

Stephan Lohr (seufzt): Die Ar-beitssuche. Seit drei Jahren bin ich ohne Arbeit. Und seit sechs Monaten suchen wir wieder richtig intensiv. Jetzt sind die ersten Schritte ge-macht. Fahrdienst, Praktikum, das

gestaltet sich alles schwierig. Das sind Dinge, die Frau Schmidt für mich organisieren muss. Dabei habe ich in München schon über eine Werkstatt für behinderte Menschen Aufträge für eine Bank abgewickelt. Und auch hier im Rhein-Main-Gebiet hatte ich eine Zeitlang über die Werkstatt für Behinderte einen Außenarbeitsplatz bei einem Kreditinstitut. Aber ich bin nicht mehr der Jüngste, da zählt jede Woche, jeder Tag...

Christine Schmidt: Die Arbeit muss auch zu Herrn Lohr passen. Er braucht viel Unterstützung. Es ist eine enorme Spanne – einerseits die starke körperliche Behinderung, die seine Möglichkeiten ganz entscheidend begrenzt, andererseits seine großen intellektuellen Fähigkeiten. Da etwas Passendes zu fi nden, ist schwierig.

Warum ist Ihnen die Arbeit so wichtig?

Stephan Lohr: Ich muss mehr unter Menschen und brauche einen strukturierten Tagesablauf. Es ist zermürbend, wenn man nur herum gammelt. Klar, ich versuche schon, meinen Alltag sinnvoll zu gestalten. Ich berate beispielsweise in Zusam-menarbeit mit einem Sanitätshaus behinderte Kinder und Jugendliche im Hinblick auf Hilfsmittel – ehren-

amtlich. Aber so viele Aufträge fallen da nicht an. Und ich bin ein sehr kommunikativer Mensch.

Wie sind Sie an diese Wohnung gekommen?

Stephan Lohr: Ich habe in der Zeitung davon gelesen. Außerdem hat mir der Leiter des Wohnpfl ege-hauses in Wiesbaden, der auch im Arbeitskreis der Behindertenverbände sitzt, davon erzählt. Und der für mich zuständige Sachbearbeiter beim Sozi-alamt. Dann ging alles seinen Gang. Ich habe einen Antrag gestellt, wurde zum Erstgespräch eingeladen. Dann haben wir einen Hilfeplan erstellt, über den bei der Hilfeplankonferenz beraten wurde. Da geht es zur Sache, da wird die Person vorgestellt, über den benötigten Umfang der Betreu-ung gesprochen und darüber, welche Kosten anfallen und wer sie trägt. Und wenn alles passt, bekommt man das Okay.

Wie hoch ist Ihr Bedarf an Hilfe und wer trägt die Kosten?

Stephan Lohr: Derzeit sieht der Hilfeplan 147 Stunden pro Jahr vor, das entspricht etwa drei Stunden pro Woche, die vom LWV fi nanziert wer-den. Das sind die Aufgaben, die Frau

Schmidt erledigt. Der Pfl egedienst und die Hilfe im Haushalt zählen da nicht dazu. Ich beziehe Erwerbsun-fähigkeitsrente. Nur für die Pfl ege bekomme ich zusätzliche Hilfe vom Sozialamt.

Was macht Sie hier zufrieden?

Stephan Lohr (lacht): Oh, mit Frau Schmidt habe ich schon sehr schöne Ausfl üge unternommen, zum Beispiel nach Frankfurt. Ohne ihre Hilfe wäre das undenkbar. Dort habe ich ihr mei-nen ehemaligen Arbeitsplatz gezeigt. Natürlich haben wir auch die eine oder andere Auseinandersetzung, da reden wir durchaus auch mal Klar-text miteinander. Aber das schätze ich an Frau Schmidt. Dass sie sich mit mir auch mal streitet, zeigt mir, dass ich ihr nicht gleichgültig bin. Ich fühle mich ernst genommen. Außer-dem bin ich mit einigen „Normalos“ befreundet, die mich regelmäßig be-suchen. Wenn es das Wetter zulässt, bin ich oft auf dem Golfplatz neben-an, schließe dort Bekanntschaften...

Und was bereitet Ihnen Kopfzer-brechen?

Stephan Lohr: Die Frage, wie lange ich hier bleiben kann. Noch bin ich nicht den ganzen Tag auf Beatmung

angewiesen. Wenn es mehr als 16 Stunden pro Tag werden, wird es kritisch. Aber schon jetzt wird mir Kälte beim Atmen gefährlich. Außer-dem sind hier die Stromkosten sehr hoch, weil auch für die Warmwasser-bereitung Strom benötigt wird. Ich bekomme zwar einen Zuschuss, weil einige Geräte, die für meine Behand-lung nötig sind, richtig Strom fressen, aber was ich selbst bezahlen muss, ist nicht wenig.

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Christine Schmidt: Uns beiden ist bewusst, dass Herr Lohr irgendwann in die stationäre Betreuung muss, aber wir schauen natürlich, dass er möglichst lange hier bleiben kann. Und jetzt kümmern wir uns erst einmal wieder um eine Arbeitsstelle für Herrn Lohr. Da gibt es heute noch einiges zu besprechen...

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Raus aus der Sucht,

Katrin Schmidt kann ihr Glück kaum fassen. „Ich habe die Zusage für einen Ausbildungsplatz“, platzt sie heraus, als Jessica Daum vom Wild-hof in Offenbach bei ihr zur Tür herein kommt. Es hat sich viel getan in Katrin Schmidts jungem Leben: Die 24-Jährige, die seit 2005 wegen ihrer Suchterkrankung vom Wildhof betreut wird, hat vor drei Monaten ihre eigene Wohnung bezogen. Hier lebt sie nun mit Katze „Chico“ in ei-nem hellen Ein-Zimmer-Appartement mit Balkon und einem kleinen Bad. Betreutes Einzelwohnen heißt das im Fachjargon. Es ist heiß an diesem Tag, ein großer Ventilator bringt wenigs-tens ein bisschen Bewegung in die warme Luft, alle Fenster stehen offen, die Gardinen bewegen sich sanft. „Das ist einer der wenigen Nachteile dieser Wohnung, sie heizt sich un-glaublich schnell auf“, sagt die junge Frau lächelnd. Trotzdem fühlt sie sich hier wohl. „Ich habe sie meinen Bedürfnissen entsprechend gemütlich eingerichtet“, fügt sie hinzu.

Erste Ziele: Wohnung und Ausbildungsplatz

Die Wohnung und der Ausbildungs-platz sind erste wichtige Schritte auf ihrem Weg zu ihrem großen Ziel: Ir-gendwann ihr Leben wieder alleine in den Griff zu bekommen. Das sind ihre Glücksmomente und sie weiß, dass

sie ohne Unterstützung vom Wildhof und dem Betreuten Wohnen kaum Chancen hätte, sich diesen Traum zu verwirklichen. „Wer süchtig war und eine Therapie gemacht hat, der weiß, dass man Hilfe braucht in dieser Situation“, betont sie.

Im Alter von knapp 16 Jahren ist sie das erste Mal bei einer Drogenbe-ratungsstelle. „Meine Eltern haben mich dorthin geschleppt, ich sollte in Therapie, aber ich kam gar nicht zurecht“, blickt die junge Frau zurück. 2005 ist schließlich der Punkt erreicht, an dem sie einsieht, dass sie Stück für Stück ihr Leben zerstört, wenn sich nicht radikal etwas ändert. Sie kommt zum Wildhof, absolviert eine stationäre Therapie. Danach fühlt sie sich stark genug, um ins Betreute Wohnen zu wechseln. „Meine alte Wohnung hatte ich noch, deshalb bin ich nach Mühlheim zurück“, erzählt sie. Ein Fehler, wie sie inzwischen einräumt. „Klar, sagen sie dir in der Therapie, dass du deine Freunde, dein soziales Umfeld aufgeben musst, nicht zurück sollst. Aber es gab da einen Mann...“ Es dauert einige Zeit, aber irgendwann ist ihre Kraft aufge-braucht. Durch ihren Freund kommt sie wieder mit dem alten Umfeld in Kontakt, jenem Freundeskreis, in dem es normal ist, zu Suchtmitteln zu greifen, in dem sie sich mit ihrem „Nein“ ausgrenzt. Statt zu illegalen

Drogen greift sie nun zu Alkohol, jeden Tag ein bisschen mehr. Katrin Schmidt wird unzuverlässig, hält ihre Termine mit ihrer Betreuerin nicht mehr ein, öffnet die Tür nicht, wenn Jessica Daum zum Hausbesuch vorbei kommt. Die merkt schnell, dass Katrin Schmidt wieder in den alten Teufels-kreis gerät. Sie bietet Hilfen an, die jedoch zunächst nicht angenommen werden.

Trotzdem kommt die junge Frau schließlich aus dem Schlamassel wieder heraus: „Jeder, der von sich aus eine Therapie gemacht hat, weiß, dass er an das glauben muss, was er gelernt hat. Du musst deine Wünsche und Ziele im Auge behalten und du weißt, wie du mit dir wieder ins Reine kommen kannst.“ Als sie merkt, dass sie sich immer mehr von ihren Träumen entfernt, zieht sie die Notbremse, kehrt zunächst auf

den Wildhof zurück und wechselt danach in eine Art betreute Wohnge-meinschaft, in der jeder sein eigenes Zimmer hat, aber in engem Kontakt mit seinem Betreuer langsam lernt, den streng regulierten Rahmen der Therapie zu verlassen und seinen Tag selbst zu strukturieren. Sie nimmt an einer Weiterbildungsmaßnahme des Arbeitsamtes teil, die speziell für Frauen unter 25 Jahren konzipiert ist. Irgendwann fühlt sie sich wieder stark genug für ein Leben in den eigenen vier Wänden, „aber ganz sicher weit weg von meinem alten Freundes-kreis“.

Unterstützung ist jederzeit möglich

Die kleine Wohnung hat sie sich selbst gesucht. Finanziell unterstützt wird sie dabei vom Arbeitsamt. „Ich versuche, meine Dinge so weit es geht, selbst zu regeln. Aber ich weiß auch, dass ich mir jederzeit Unter-stützung holen kann, wenn ich Hilfe brauche, zum Beispiel im Umgang mit Ämtern, der Schule oder meinen Eltern“, unterstreicht Schmidt. Inzwi-schen kann sie die Hilfe, die ihr das Betreute Wohnen bietet, auch anneh-men: „Ich weiß jetzt einfach, dass ich jederzeit anrufen kann, dass immer jemand für mich da ist.“ Das sehr offene Hilfekonzept kommt ihr sehr entgegen. Wenn es ihr gut geht, sind

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Eigene Wohnung und ein Ausbildungsplatz

Katrin Schmidt (24)

im Betreuten Wohnen des

Suchthilfezentrums Wildhof

Offenbach

hin zum selbstbestimmten Leben

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die Abstände zwischen den Terminen mit ihrer Betreuerin größer. Macht sich eine Krise bemerkbar oder spitzt sich gar zu, kann sie ganz kurzfristig Unterstützung bekommen. „Wir sind immer erreichbar, und wir kommen auch ganz schnell zum Hausbesuch vorbei, wenn akuter Handlungsbe-darf besteht“, betont Jessica Daum. Dennoch, das sagt Daum auch, Hilfe ist kein Selbstläufer: „Die Klienten müssen unsere Hilfe annehmen wollen und können. Sie müssen offen darüber reden, wenn es ihnen nicht gut geht.“

Katrin Schmidt und Jessica Daum beraten in regelmäßigen Abständen, welche Hilfe die 24-Jährige benö-tigt, ob eventuell eine Verringerung der Unterstützung möglich ist. In der Regel, so erklärt Daum, werde der Integrierte Behandlungs- und Rehabilitationsplan zunächst auf ein Jahr festgelegt. Darin wird deutlich formuliert, auf welchen Gebieten der jeweilige Klient Probleme hat, woran er arbeiten muss. In der regionalen Hilfeplankonferenz beraten dann in jedem einzelnen Fall Fachleute des betreuenden Dienstes, von weiteren Leistungsanbietern, vom örtlichen Gesundheitsamt und vom Landes-wohlfahrtsverband als zuständigem Kostenträger des Betreuten Woh-nens, ob die Hilfe sinnvoll ist.

Termine und Gespräche geben Sicherheit

Nach sechs Monaten wird über-prüft, was erreicht wurde, welche Unterstützung weiterhin notwendig ist oder ob das Hilfeangebot an eine veränderte Situation angepasst werden muss. „Manche Klienten machen sehr schnell Fortschritte, andere können sich gar nicht trennen und bekommen es mit der Angst, wenn man ihnen sagt, dass sie bald aus der Betreuung ausscheiden“, erläutert Daum. Denn die regelmä-ßigen Termine und die intensiven

Gespräche geben den Betroffenen Sicherheit. Schließlich wissen sie, dass ihre Veranlagung, sich in eine Abhän-gigkeit zu fl üchten, auch nach ihrer Rückkehr ins normale Leben bestehen bleibt. Wie real diese Gefahr ist, weiß Daum aus ihrem Berufsalltag: „Ich hatte bislang noch keinen Klienten, der ohne Brüche in ein suchtfreies Leben zurückgefunden hat. Manche bewältigen einen Rückfall leichter, andere brauchen intensivere Hilfe in dieser Zeit. Aber ich kenne keinen, der diesen Weg ohne Schwierigkeiten geschafft hat.“

Schmidt hofft nun, dass sie die dunk-len Zeiten hinter sich hat und stark und selbstbewusst in ihr drogenfreies Leben starten kann. „Ich habe mir fest vorgenommen, diesmal durchzu-halten, mich bei meinem Arbeitgeber zu entschuldigen, wenn es tatsächlich einmal gar nicht gehen sollte, und mich rechtzeitig bei Frau Daum zu melden, wenn sich eine Krise ankün-digt“, sagt sie entschlossen. Beide hoffen, dass auch für Katrin Schmidt irgendwann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem sie bei der Beratung des Hilfeplans feststellen, dass die junge Frau es geschafft hat und die Hilfe-stellung durch das Betreute Wohnen für sie nicht mehr notwendig ist.

Was alltäglich klingt, ist nicht selbstverständlich

Heidi Lummel (30) und

Bernd Dreher (32)

im Betreuten Wohnen des WfB

Rhein-Main e. V.

Heidi Lummel und ihr Lebensgefährte Bernd Dreher aus Rüsselsheim stehen am Fenster und warten auf ihren Be-such. Der Tisch in ihrem Wohnzimmer ist gedeckt, der Kaffee duftet, das Gebäck verlockt zum Zugreifen. Be-such bekommen, Gespräche führen, neue Menschen kennenlernen, das ist immer eine willkommene Abwechs-lung für das Paar. Ihr Alltag unter-scheidet sich kaum von dem ihrer Nachbarn: Sie gehen morgens in der Frühe zur Arbeit. Danach steht der Haushalt auf dem Programm. Wenn dann noch Zeit ist, gehen sie ihren Hobbys nach. Heidi Lummel liebt Handarbeiten aller Art, das macht sich im Wohnzimmer bemerkbar. Am Wochenende sind sie öfter mit dem Fahrrad unterwegs, besuchen häufi g Bernd Drehers Eltern, die ebenfalls in Rüsselsheim wohnen.

Was so alltäglich klingt, ist keines-falls selbstverständlich. Denn beide sind aufgrund einer frühkindlichen Geburtsschädigung geistig behindert. Sie haben sich nach und nach müh-sam all die Fähigkeiten erarbeitet, die sie beherrschen müssen, um in ihren eigenen vier Wänden gut leben zu können. „Ich war lange im Wohn-heim. Dort habe ich gelernt, wie man sich und seinen Haushalt versorgt“, erzählt Heidi Lummel. Noch immer haben die beiden zweimal pro Woche Betreuungszeit. „Da besprechen und

üben wir Dinge, die noch nicht so gut funktionieren. Und da lernen wir immer wieder etwas dazu“, berichtet die 30-Jährige weiter. Unterstützt werden sie dabei von Mitarbeitern eines Teams sozial- und heilpädagogi-scher Fachkräfte des Bereichs Be-treutes Wohnen der Werkstätten für Behinderte Rhein-Main. Die Kosten dafür trägt der Landeswohlfahrts-verband Hessen. „Wenn es nach mir ginge, könnten wir ruhig dreimal pro Woche Betreuungszeit haben, ich habe nämlich gerne Besuch“, lacht Heidi Lummel. „Hey, wir wollen nicht mit euch hier Kaffee trinken, wir wol-len euch bei dem unterstützen, was ihr nicht alleine schafft“, mahnt Vere-na Wedel, die Leiterin des Betreuten Wohnens, schmunzelnd.

Routine-Hausarbeit und Einkäufe selbstständig erledigen

Seit drei Jahren lebt das Paar in der eigenen Wohnung und kommt immer besser eigenständig zurecht. Im Wohnheim hat Heidi Lummel waschen und bügeln gelernt, ko-chen und putzen. Danach hat sie in einer Zweier-Wohngemeinschaft mit einer anderen Frau erprobt, ob sie diese Dinge auch meistert, wenn ihr nicht ständig jemand dabei hilft. Erst danach hat sie sich auf das Wagnis einer gemeinsamen Wohnung mit ihrem Lebensgefährten eingelassen.

Ein eingespieltes Paar

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Inzwischen erledigt sie außer der Routine-Hausarbeit auch die meisten Einkäufe selbstständig. „Inzwischen weiß ich, dass ich immer im Hinter-kopf haben muss, was ich brauche, wieviel Geld ich zur Verfügung habe und was ich dann tatsächlich kaufen kann“, berichtet sie. Anfangs war hier Begleitung notwendig, die sie dabei beraten hat. Mehr und mehr über-nimmt seit einiger Zeit ihr 32-jähriger Partner den Wocheneinkauf. „Er kann eben nicht so gut putzen, das hat er zu Hause nicht gelernt, also putzt er ein bisschen weniger und kauft statt dessen ein“, ergänzt Heidi Lummel. In diesem Sommer ist das Paar mit der Lebenshilfe zum ersten Mal in Urlaub gefahren. „Wir waren in der Lüneburger Heide, das war schön“, schwärmen sie.

Dass sie sich solche „Extratouren“ leisten können, ist ihr Verdienst. Dank ihres besonnenen Umgangs mit Geld können sie sich auch mal einen Sonderwunsch erfüllen. Dazu trägt ihre Arbeit bei. Heidi Lummel arbeitet in einer Schule für praktisch bildba-re Menschen, hält dort die Küche sauber, trocknet ab, übernimmt das Waschen, Mangeln und Bügeln der Wäsche. „Das macht Spaß und ist das große Los. Denn dadurch kann ich auch immer mal ein bisschen Geld zurücklegen“, berichtet sie. Bernd Dreher arbeitet in der Näherei der Werkstatt für Behinderte und fertigt Sicherungsgurte für die Luftfracht.

Ihre Wohnung haben sie selbst gemietet. Weil ihr Einkommen dafür nicht ausreichen würde, erhalten sie ergänzend Leistungen zur Grundsi-cherung, die in regelmäßigen Abstän-den von ihrem gesetzlichen Betreuer beantragt werden müssen. Ihr gesetzlicher Betreuer verwaltet auch das Geld, das den beiden zusteht. Sie erhalten jeweils eine festgelegte Summe, die für den Kauf von Dingen des täglichen Bedarfs gedacht ist, und zusätzlich ein fi xes Taschengeld.

Was davon übrig bleibt, können sie beiseite legen. „Auf diese Weise habe ich mir zum Beispiel das Geld für mein Fahrrad zusammengespart“, erklärt die 30-Jährige.

Platz für Gefühle

Bei der Wohnungssuche hat Verena Wedel, die das Betreute Wohnen leitet, das Paar unterstützt. „Das lag aber daran, dass Heidi schon vorher bei uns im Betreuten Wohnen war und es sich um einen Wohnungs-wechsel handelte“, ergänzt Verena Wedel. Den Umzug selbst und das Streichen der Wohnung hat Bernd Drehers Vater übernommen. Auch der gesetzliche Betreuer hat das Paar beim Umzug unterstützt. „Und er hilft mir auch manchmal, wenn ich mal nicht so ganz klar komme mit meinen Gefühlen“, sagt Heidi Lum-mel selbstkritisch. So zum Beispiel, als sie sich eine neue Küche für die neue Wohnung wünschte, die alte aber durchaus noch funktionsfähig war. „Da habe ich vor Enttäuschung geweint, weil das Geld nicht reichte, aber wir haben dann doch die alte Küche behalten und erst später aus einer Wohnungsaufl ösung einen schöneren Küchenschrank bekom-men“, erzählt sie.

Trauer und Wut - damit kommt Heidi Lummel nicht immer alleine zurecht. „Auch das gehört zu den Dingen, bei denen wir Hilfestellung leisten“, erklärt Verena Wedel. Und sie fügt hinzu: „Aber die beiden haben schwere Jahre hinter sich mit Trauerfällen in der Familie. Und in diesen Fällen haben die Angehörigen sich immer auf unsere Vermittlung verlassen.“ Da kann es schon vorkom-men, dass Heidi Lummel so sehr von ihren Gefühlen gepeinigt wird, dass sie davon läuft, durch die Stadt irrt, um über Schmerz und Trauer Herr zu werden. „Und da kann es dann auch passieren, dass ich hinterher sprinte und am Ende völlig außer Puste bin“, sagt Verena Wedel und schenkt Heidi ein tröstendes Lächeln.

Dennoch ist Heidi Lummel in den Augen Verena Wedels das Paradebei-spiel dafür, wie Betreutes Wohnen für geistig behinderte Menschen gelin-gen kann: „Heidi weiß ganz genau, was sie kann und was sie nicht kann. Und sie hat gelernt, uns deutlich zu sagen, wo sie unsere Hilfe braucht und wie wir ihr helfen können.“ Da-von profi tieren alle. Heidi Lummel und Bernd Dreher ergänzen sich ideal. Er ist ruhiger und besonnener und hat schon allein wegen der räumlichen Nähe eine engere Bindung an seine Familie. Die

gibt den beiden den notwendigen Halt. Seine Lebensgefährtin wiede-rum meistert die praktischen Dinge des Haushalts besser, ist sehr fröhlich und schafft es spielend, auf andere Menschen zuzugehen. Die beiden wissen durchaus, dass Bernds Eltern anfangs skeptisch waren angesichts der Pläne, eine eigene Wohnung zu beziehen. „Bernd hat sich gar nicht getraut, sie zu fragen. Das habe ich gemacht. Heute wissen sie, dass es funktioniert“, erzählt Heidi Lummel

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und beide strahlen sich an. „Dazu muss man vielleicht wissen, dass Bernd noch einen Zwillingsbruder hat, der ebenfalls geistig behindert ist“, ergänzt Verena Wedel. Bernd Dre-her und Heidi Lummel lernen immer mehr dazu, je länger sie gemeinsam hier leben. Sie genießen es, selbst etwas für ihre Wohnung zu tun und packen tatkräftig mit an. Und sie sind sicher: „Hier fühlen wir uns wohl und hier bringt uns keiner mehr weg.“

2021

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„In meiner Wohnung

Es traf sie völlig unerwartet. Marian-ne Vukovic war gerade 40 Jahre alt, Inhaberin einer Dorfkneipe in einem kleinen Ort bei Fritzlar und „Gast-wirtin mit Leib und Seele“, als sie im Mai 1998 einen Hirnschlag erlitt. Acht Monate lang lag die Mutter zweier inzwischen erwachsener Söhne im Wachkoma. „Da ist eine große Lücke: Meine Erinnerung setzt erst in der Zeit ein, als ich anfi ng, wieder ganz langsam sprechen zu lernen“, sagt die heute 50-Jährige, deren rechte Körperhälfte seit dem Hirnschlag gelähmt ist.

Eine mühsame Zeit mit vielen Operati-onen und Reha-Aufenthalten begann, nachdem sie aus dem Koma erwacht war. Immer wieder gab es bittere Rückschläge, Zeiten voller Trauer, Verzweifl ung, Wut – aber auch voller Hoffnung. Marianne Vukovic ließ sich nicht unterkriegen – heute strahlt sie trotz des schweren Schicksalsschlages Zufriedenheit, Kraft, Selbstbewusst-sein und viel Humor aus.

Nach dem Koma wohnte sie zunächst im Pfl egezentrum Fürstenhagen bei Hessisch Lichtenau, später in einer Wohngemeinschaft mit enger An-bindung an das Pfl egeheim. Dass sie jemals wieder in ihren eigenen vier Wänden würde leben können, hätte in den ersten schweren Jahren nach dem Hirnschlag niemand gedacht.

„Ich konnte mir das selbst nicht vor-stellen“, sagt sie, „als ich zum ersten Mal vom Betreuten Wohnen gehört habe, da dachte ich, das klappt doch nie“.

Es klappt. Sehr gut sogar: Kurz vor Weihnachten im Jahr 2007 zog Marianne Vukovic in eine geräumige Zwei-Zimmer-Wohnung im zweiten Stock eines barrierefreien Hauses der Altstadt von Hessisch Lichtenau bei Kassel. Seit kurzem hat sie einen Mitbewohner: Fips, den Wellensittich. Den hat sie zusammen mit Erni Klem-me in Kassel gekauft. Erni Klemme ist ihre Betreuerin und bei den Ambulan-ten Diensten Nordhessen von Lichte-nau e. V. beschäftigt. Die ambulanten Dienste bieten neben Persönlicher Assistenz auch einen Pfl egedienst, Schulassistenz, eine Beratungsstel-le für Eltern und Angehörige, die mit Kindern oder Jugendlichen mit Behinderungen zusammenleben, familienentlastende Hilfen, Ferien und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen – und Betreutes Wohnen.

„Hier ist jeden Tag was los“

Betreutes Wohnen, das bedeutet für Marianne Vukovic, dass sie vielfältige Unterstützung bekommt – damit sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen kann. Täglich morgens und

abends kommt der Pfl egedienst, hilft beim Waschen und An- beziehungs-weise Umziehen, was die 50-jährige wegen ihrer Lähmung nicht alleine kann. „Hier ist jeden Tag was los“, schmunzelt sie: Jeweils einmal pro Woche kommen eine Putzfrau, eine Ergotherapeutin – und Erni Klemme. Sie sei „Ansprechpartnerin für alle Lebensfragen“, erklärt die Pädagogin, die Marianne Vukovic zum Beispiel beim Schriftverkehr mit Behörden hilft – oder auch bei besonderen Anschaffungen, wie Fips einer ist: „Den hätte ich ja alleine hier gar nicht herbekommen“, sagt die 50-Jähri-ge, die Anspruch auf 147 Fachleis-tungsstunden im Jahr hat. Finanziert werden diese Stunden vom Landes-wohlfahrtsverband Hessen.

Allein unterwegs

Die meisten Lebensmittel und Dinge für den täglichen Bedarf kauft Marianne Vukovic selber ein: Gleich um die Ecke sind mehrere Geschäfte. Überhaupt ist sie gerne unterwegs, mit ihrem Elektrorollstuhl. „Ich fahre dreimal in der Woche zur Kranken-gymnastik, dann auch oft noch in den Park oder ich treffe mich mit Freunden und Bekannten“. Zu den Hausbewohnern habe sie guten Kon-takt, „wir trinken manchmal Kaffee zusammen – also Langeweile habe ich keine“, erzählt sie und lacht. Den-noch würde sie am liebsten wieder wenigstens stundenweise arbeiten. „Auf dem Arbeitsmarkt fi nde ich natürlich nichts und in einer Werk-statt für Behinderte bekomme ich auch keinen Platz – aber ich könnte mir vorstellen, ehrenamtlich etwas zu

tun, zum Beispiel im Pfl egezentrum Fürstenhagen, Bewohner besuchen, ihnen beim Essen helfen oder etwas vorlesen, mal sehen, ob sich da etwas organisieren lässt“, sagt die selbst schwerbehinderte Frau.

Besonders freut sie sich immer auf den Dienstag. Da fährt Marianne Vu-kovic – alleine – mit der Straßenbahn von Hessisch Lichtenau nach Kassel in die Geschäftsstelle von Lichtenau e. V. Dort ist, zwischen 9.00 Uhr und 16.30 Uhr die „Begegnungsstätte Eldorado“ geöffnet, die Erni Klemme leitet und ein weiteres Angebot von Lichtenau e. V. neben dem Betreuten Wohnen ist. Regelmäßig treffen sich hier Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zum Austausch. „Wir unterhalten uns, unternehmen etwas zusammen – bekommen aber auch ganz praktische Tipps“, erzählt Marianne Vukovic, „zum Beispiel den: Wenn man Bratkartoffeln machen will und die Kartoffeln mit einer Hand nicht in Scheiben schneiden kann, kann man sie erst kochen und dann einen Eierschneider benutzen“.

Fest steht: Marianne Vukovic bereut den Schritt ins Betreute Wohnen nicht. „Es gibt einem ein Stück Un-abhängigkeit zurück“, sagt sie, „Ich kann hier tun und lassen, was ich will. Ich fühle mich in meinen eigenen vier Wänden sauwohl!“

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Schritt ins Betreute Wohnen nie bereut

Marianne Vukovic (50)

im Betreuten Wohnen der

Ambulanten Dienste Nordhessen

von Lichtenau e. V.

mit Sitz in Kassel

fühle ich mich sauwohl“

mir vorstellen, ehrenamtlich etwas zu

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Landkreis oder Stadt Name Telefon E-Mail

Landkreis FuldaLandkreis Hersfeld-RotenburgLandkreis KasselLandkreis Marburg-BiedenkopfSchwalm-Eder-KreisLandkreis Waldeck-FrankenbergWerra-Meißner-KreisStadt Kassel

Ralf NollHaupt- und Regional-verwaltung Kassel

0561/1004-2305 [email protected]

Landkreis BergstraßeLandkreis Darmstadt-DieburgLandkreis Groß-GerauMain-Kinzig-KreisLandkreis OffenbachOdenwaldkreisVogelsbergkreisWetteraukreisStadt OffenbachStadt Darmstadt

Timo MausehundRegionalverwaltung Darmstadt

06151/801-246 [email protected]

Landkreis GießenHochtaunuskreisLahn-Dill-KreisLandkreis Limburg-WeilburgMain-Taunus-KreisRheingau-Taunus-KreisStadt Frankfurt am MainStadt Wiesbaden

Hubert HofmannRegionalverwaltung Wiesbaden

0611/156-386 [email protected]

Landkreis oder Stadt Name Telefon E-Mail

Landkreis KasselLandkreis Marburg-BiedenkopfLandkreis Waldeck-FrankenbergStadt Kassel

Jutta SiebertHaupt- und Regional-verwaltung Kassel

0561/1004-2295 [email protected]

Landkreis FuldaLandkreis Hersfeld-RotenburgSchwalm-Eder-KreisWerra-Meißner-Kreis

Peter KraushaarHaupt- und Regional-verwaltung Kassel

0561/1004-2624 [email protected]

Landkreis Darmstadt-DieburgLandkreis OffenbachVogelsbergkreisStadt OffenbachStadt Darmstadt

Günter FieberRegionalverwaltung Darmstadt

06151/801-149 guenter.fi [email protected]

Landkreis BergstraßeLandkreis Groß-GerauMain-Kinzig-KreisOdenwaldkreisWetteraukreis

Carmen NäderRegionalverwaltung Darmstadt

06151/801-206 [email protected]

Lahn-Dill-KreisLandkreis Limburg-WeilburgRheingau-Taunus-KreisStadt Wiesbaden

Horst LitvanRegionalverwaltung Wiesbaden

0611/156-338 [email protected]

Landkreis GießenHochtaunuskreisMain-Taunus-KreisStadt Frankfurt

Thomas KnierimRegionalverwaltung Wiesbaden

0611/156-328 [email protected]

KontakteAnsprechpartner des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen zum Betreuten Wohnen

Für Menschen mit geistiger BehinderungFür Menschen mit körperlicher oder Sinnesbehinderung

2425

KontakteAnsprechpartner des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen zum Betreuten Wohnen

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KontakteAnsprechpartner des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen zum Betreuten Wohnen

Landkreis oder Stadt Name Telefon E-Mail

Landkreis Marburg-BiedenkopfSchwalm-Eder-KreisLandkreis Waldeck-Frankenberg

N. N.Haupt- und Regional-verwaltung Kassel

0561/1004-2620

Landkreis KasselLandkreis FuldaLandkreis Hersfeld-RotenburgWerra-Meißner-KreisStadt Kassel

Ulrike JorzikHaupt- und Regional-verwaltung Kassel

0561/1004-2805 [email protected]

Landkreis Darmstadt-DieburgMain-Kinzig-KreisLandkreis OffenbachVogelsbergkreisStadt OffenbachStadt Darmstadt

Silke ManneschmidtRegionalverwaltung Darmstadt

06151/801-190 [email protected]

Landkreis BergstraßeLandkreis Groß-GerauOdenwaldkreisWetteraukreis

Clemens NäderRegionalverwaltung Darmstadt

06151/801-151 [email protected]

Landkreis GießenRheingau-Taunus-KreisLandkreis Limburg-WeilburgStadt Wiesbaden

Roland BremeRegionalverwaltung Wiesbaden

0611/156-335 [email protected]

HochtaunuskreisMain-Taunus-KreisStadt Frankfurt

Gabriele Steinba-cherRegionalverwaltung Wiesbaden

0611/156-266 [email protected]

Lahn-Dill-Kreis Michael WistofRegionalverwaltung Wiesbaden

0611/156-252 [email protected]

Für Menschen mit seelischer Behinderung

2627

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Landkreis Marburg-BiedenkopfSchwalm-Eder-KreisLandkreis Waldeck-Frankenberg

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Landkreis KasselLandkreis FuldaLandkreis Hersfeld-RotenburgWerra-Meißner-KreisStadt Kassel

Ulrike JorzikHaupt- und Regional-verwaltung Kassel

0561/1004-2805 [email protected]

Landkreis Darmstadt-DieburgMain-Kinzig-KreisLandkreis OffenbachVogelsbergkreisStadt OffenbachStadt Darmstadt

Silke ManneschmidtRegionalverwaltung Darmstadt

06151/801-190 [email protected]

Landkreis BergstraßeLandkreis Groß-GerauOdenwaldkreisWetteraukreis

Clemens NäderRegionalverwaltung Darmstadt

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Landkreis GießenRheingau-Taunus-KreisStadt Wiesbaden

Roland BremeRegionalverwaltung Wiesbaden

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Hochtaunuskreis Gabriele Steinba-cherRegionalverwaltung Wiesbaden

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Lahn-Dill-KreisMain-Taunus-KreisLandkreis Limburg-WeilburgStadt Frankfurt

Michael WistofRegionalverwaltung Wiesbaden

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Für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen

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LWV Hessen – sozialer Dienstleister für Hessen

Der Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV) wird als landesweiter Kommunalverband getragen von den Landkreisen und kreisfreien Städten. Er versteht sich als sozialer und bürgernaher Dienstleister für behinderte und kranke Menschen. Der LWV ist heute:

• überörtlicher Sozialhilfeträger• Integrationsamt für behinderte Menschen im Beruf• Träger der Kriegsopferfürsorge• Alleingesellschafter der LWV-Gesundheitsmanagement GmbH mit mehr

als 30 fachlich eigenständigen Kliniken, Wohn- und Pfl egeheimen sowie Heilpädagogischen Einrichtungen

• Träger von Schulen und weiteren Einrichtungen

Der LWV ist an drei Standorten in Hessen mit seinen Dienstleistungen präsent: in Kassel mit seiner Haupt- und Regionalverwaltung sowie mit Regionalverwaltun-gen in Darmstadt und Wiesbaden. In über 55.000 Fällen erhalten Menschen mit Behinderungen bedarfsgerechte Hilfen zur gesellschaftlichen Teilhabe.

LANDESWOHLFAHRTSVERBAND HESSEN

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AKTUALISIERUNG

Aufgrund gesetzlicher Änderungen haben wir in dieser Broschüre auf

Seite 7 folgende Aktualisierungen vorgenommen:

Betreutes Wohnen – wie finde ich meinen Hilfebedarf heraus?

Wenn Sie einen Anbieter des Betreuten Wohnens gefunden haben, machen Sie einen

Termin aus, bei dem Sie zusammen mit einer Fachkraft einen Individuellen Hilfeplan

erarbeiten. Gleichzeitig stellen Sie einen Antrag auf Sozialleistungen. Diese Unterlagen

werden dann dem Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV) übersandt. Dann werden Sie

entweder zum Amtsarzt des Gesundheitsamtes eingeladen oder Sie legen ein fachärzt-

liches Gutachten vor. Wenn alle Unterlagen vorliegen, findet eine Beratung in der

Hilfeplankonferenz statt. Hier besprechen Sie mit den Fachleuten Einzelheiten, beispiels-

weise wie viel Unterstützungsbedarf Sie in welchen Bereichen haben. Oder wie

barrierefrei Ihr Wohnraum sein muss. Natürlich kann Sie bei allen Schritten ins Betreute

Wohnen ein Familienangehöriger oder ein gesetzlicher Betreuer begleiten.

Hilfeplankonferenzen:

An den Hilfeplankonferenzen nehmen Vertreter des LWV, der Anbieter von betreuten

Wohnmöglichkeiten sowie des örtlichen Sozial- oder/und Gesundheitsamtes, der Klient

und auf Wunsch der Betreuer teil.