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Professur Künstliche Intelligenz Diplomarbeit Ein Simulator für das Immunsystem Christin Seifert [email protected] Betreuer: Prof. Dr. Werner Dilger Chemnitz, am 15. Februar 2004

Ein Simulator für das Immunsystem - qucosa.de · 3.4 Einfluss des Parameters MHC_REACTION_THRESHOLDauf die negative Selektion der T-Zellen ... die zur Aktivierung der T-Lymphozyten

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FAKULTÄT FÜR INFORMATIKProfessur Künstliche Intelligenz

Diplomarbeit

Ein Simulator für das Immunsystem

Christin [email protected]

Betreuer:Prof. Dr. Werner Dilger Chemnitz, am 15. Februar 2004

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Christin SeifertEin Simulator für das ImmunsystemDiplomarbeit, Technische Universität Chemnitz, 2004http://archiv.tu-chemnitz.de/pub/2004/0012

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Ich möchte hiermit allen danken, die mir während der Erarbeitung diesesDokumentes auf unterschiedliche Weise unterstützend zur Seite gestanden

haben.

Als erstes bedanke ich mich bei meinem Betreuer, Prof. Dilger, für dieüberaus interessante und herausfordernde Aufgabenstellung und für dieUnterstützung während meines Studiums. Dank geht auch an René, derwährend der Erarbeitung der biologisch Grundlagen geduldig meinen

Ausführungen gefolgt ist und mit seinen Fragen zum Verständnis beitrug.Für das Korrekturlesen bedanke ich mich ganz herzlich bei Lisa, Frank, René

und Sindy. Ein besonderer Dank geht an Lisa, die mich während derEndphase der Arbeit in Graz im Kampf mit vielen Kleinigkeiten sehr lieb

unterstützt hat.

Nicht vergessen möchte ich alle, die mich spätestens jede Woche gefragthaben, wann denn die Arbeit fertig ist – Jetzt ist sie es.

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Aufgabenstellung

Die Forschungsrichtung der Computational Intelligence (CI) beschäftigt sich mit Problemlösemetho-den, deren Ursprung in der Biologie zu finden ist. Beispiele hierfür sind künstliche neuronale Netzeund genetische Algorithmen. Ein, im Vergleich zu diesen, junger Ansatz sind die Künstlichen Immun-systeme (AIS). In AIS werden Aspekte des menschlichen Immunsystems auf den jeweiligen Problem-bereich adaptiert. Die Anwendung immunologisch motivierter Verfahren führt zur Problemlösung.AIS sind als Berechnungsmodell unter anderem wegen folgender Eigenschaften interessant:

� Fähigkeit zur Mustererkennung

� Robustheit des Gesamtsystems durch Austauschbarkeit der Elemente (kein Element ist essenzi-ell für die Funktion des Gesamtsystems) und Dezentralisierung (es gibt keine zentrale Steuerein-heit)

� Verteiltheit der Elemente im Raum und damit Ausfallsicherheit des Systems

� Unempfindlichkeit gegen verrauschte Eingaben

� Lernen und Gedächtnis

Es gibt bereits eine Vielzahl von AIS-Anwendungen in den verschiedensten Bereichen der Informatik,unter anderem in der Computersicherheit, der Robotik und des Data Mining. Ihnen allen gemeinsamist jedoch die Tatsache, dass ihr zugrunde liegendes Modell die Realität sehr stark abstrahiert. Zudemist der Einfluss verschiedener Parameter auf die Funktion des Gesamtsystems noch wenig untersucht.

In der Arbeit soll der Prototyp eines Immunsystem-Simulators erstellt werden, der die vorhandenenModelle verfeinert und die Untersuchung der Einflüsse verschiedener Parameter erlaubt.

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Inhaltsverzeichnis

Aufgabenstellung i

Abbildungsverzeichnis v

Tabellenverzeichnis vii

Verzeichnis der Programmlistings ix

1 Grundlagen des Immunsystems 1

1.1 Bestandteile des Immunsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1.1 Lymphorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1.2 Antigenrezeptoren – Immunglobuline, B-Zell- und T-Zell-Rezeptoren . . . . 2

1.1.3 Zellen des Immunsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.1.4 Das Komplementsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.1.5 Zytokine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.2 Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

1.2.1 Einteilung der Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

1.2.2 Ablauf der angeborenen Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1.2.3 Ablauf der adaptiven Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2 Modellierung und Implementierung 21

2.1 Simulator-Klasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.2 Umgebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.2.1 Umgebungen für die Bildung und Entwicklung der Immunzellen . . . . . . . 25

2.2.2 Umgebungen der Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.3 Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

2.4 Objekte in den Umgebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2.5 Hilfsklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

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Inhaltsverzeichnis

2.5.1 CObjectCreator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

2.5.2 Datensammlung und Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

2.6 Globale Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

3 Auswertung und Tests 41

3.1 Entwicklungsstand der Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3.1.1 Installation und Benutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3.1.2 Entwicklungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

3.2 Test des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

3.2.1 Selektionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

3.2.2 Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3.3 Weiterführende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Literaturverzeichnis 55

Abkürzungsverzeichnis 57

Glossar 59

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Abbildungsverzeichnis

1.1 Einteilung der Lymphorgane nach ihrer Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.2 Struktur eines Immunglobulins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.3 Funktionelle Regionen eines Immunglobulins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.4 Entstehung der Vielfalt der schweren Ig-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.5 Entstehung der Vielfalt der leichten Ig-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.6 Struktur eines TCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.7 Entstehung der Vielfalt der � -TCR-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.8 Entstehung der Vielfalt der�

-TCR-Kette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.9 Zellen des Blutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

1.10 Aufbau einer B-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

1.11 somatische Hypermutation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

1.12 Übersicht über den Lebenszyklus einer B-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

1.13 Aufbau einer T-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.14 Übersicht über den Lebenszyklus einer T-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.15 Ablauf der Phagozytose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1.16 Beziehung zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem . . . . . . . . . . . 16

1.17 Wirkungsweise von Makrophagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1.18 Wirkungsweise von neutrophilen Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

1.19 Aktivierung von T-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

1.20 Aktivierung von B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

1.21 Immunologisches Gedächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2.1 Collaboration Diagramm für die Klasse AIMS2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.2 Ablauf der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.3 Interaktion in einer 3D-Umgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

2.4 Klassendiagramm CDiscrete3DSpace . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

v

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Abbildungsverzeichnis

2.5 Vererbungsdiagramm CDiscrete3DSpace . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

2.6 Sequenzdiagramm für die Klasse CCreateEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

2.7 Objekte in CCreateEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

2.8 Sequenzdiagramm für die Klasse CDevEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.9 Objekte in CDevEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

2.10 Ablauf der Suche nach Interaktionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

2.11 Sequenzdiagramm für die Klassen CReactEnv und CTissue . . . . . . . . . . . . . . 29

2.12 Objekte in CTissue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

2.13 Objekte in CReactEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2.14 Beispiel Affinitätsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2.15 Voreingestellte Längen der Bitstrings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2.16 Vererbungsdiagramm CLivingObject . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2.17 Klassendiagramm CLivingObject . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2.18 Ausgaben von ag->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2.19 Ausgaben von ab->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2.20 Aktivierung einer B-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2.21 Ausgabe von bcell->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

2.22 Aktivierung einer T-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.23 Ausgaben von tcell->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.24 Ausgaben von apc->print() . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

2.25 Klassendiagramm CObjectCreator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

3.1 Selektion bei B- und T-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3.2 Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Se-lektion der B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

3.3 Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.4 Ablauf der Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

3.5 Ablauf der humoralen Immunreaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

3.6 Einfluss der Parameter in CTissue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3.7 Einfluss der Parameter in CReactEnv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

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Tabellenverzeichnis

1.1 Anzahl Gensegmente zur Bildung eines Ig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2 Anzahl Gensegmente zur Bildung eines TCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.3 Übersicht über T-Zell-Rezeptoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.4 Einteilung der Immunantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.1 Übersicht über nicht-abstrakte Simulatorklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

2.2 Reaktionen der Objekte in Gewebe und peripheren Lymphorganen . . . . . . . . . . 28

2.3 Übersicht Datensammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

3.1 Vergleich zwischen Immunsystem und ��������� . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

3.2 Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Se-lektion der B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.3 Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der B-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.4 Einfluss des Parameters MHC_REACTION_THRESHOLDauf die negative Selektionder T-Zellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

3.5 Einfluss von Parametern auf die Immunantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

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Verzeichnis der Programmlistings

2.1 main()-Methode des Simulators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.2 Somatische Hypermutation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

2.3 Mutation des BCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

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1 Grundlagen des Immunsystems

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Grundlagen des menschlichen Immunsystems, soweit sie fürdie angestrebte Modellierung notwendig sind. Es soll sich nicht um eine umfassende theoretische Ab-handlung der biologischen und physiologischen Grundlagen handeln. Vielmehr werden an manchenStellen bewusst Details weggelassen. Im Anhang findet sich ein Glossar und ein Verzeichnis der ver-wendeten Abkürzungen. Das Glossar ist mit Hilfe von Online-Lexika entstanden [Wik03] [Urb].

1.1 Bestandteile des Immunsystems

Das menschliche Immunsystem, Lymphorgane und Immunzellen zusammengenommen, wiegt insge-samt etwa 1 Kilogramm. Die Immunreaktion findet vorwiegend in den peripheren Lymphorganen undim Blut statt. Die zentralen Lymphorgane spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der für dieadaptive Immunantwort verantwortlichen Immunzellen, den Lymphozyten. Makrophagen und dendri-tische Zellen sind APC (antigen-präsentierende Zelle), die zur Aktivierung der T-Lymphozyten undder B-Lymphozyten notwendig sind.

1.1.1 Lymphorgane

Die Lymphorgane enthalten große Mengen an Lymphozyten, die von nicht-lymphoiden Zellen umge-ben sind. Die Interaktion zwischen beiden Zellarten ist essenziell für

� die Entwicklung der Lymphozyten,

� das Auslösen der adaptiven Immunantwort und

� die Ernährung der Lymphozyten.

Man unterscheidet zentrale (primäre) und periphere (sekundäre) Lymphorgane.

In den zentralen Lymphorganen findet die Entwicklung der Lymphozyten statt. Sowohl die T-Zellenals auch die B-Zellen entstehen im Knochenmark. Die B-Zellen erhielten ihren Namen, weil auchihre Reifung im Knochenmark (engl. bone marrow) stattfindet. Die T-Zellen wandern im unreifenZustand in den Thymus und reifen dort heran (daher auch ihr Name). Nach der Reifung gelangen dieLymphozyten über das Blut in die peripheren Lymphorgane und werden als naive Zellen bezeichnet,solange sie ihr spezifisches Ag (Antigen) noch nicht erkannt haben.

Die Immunreaktion findet hauptsächlich in den peripheren Lymphorganen statt. Reife Lymphozytenpatrouillieren ständig durch die Lymphgewebe. Makrophagen und dendritische Zellen tragen Ag vonInfektionsherden zu den peripheren Lymphorganen. Entsprechende B- und T-Zellen reagieren auf dievon Makrophagen und dendritischen Zellen präsentierten Ag. Während der Infektion sind Lymphozy-ten, die ihre spezifischen Ag erkennen, in den Lymphorganen gefangen, vermehren sich und werden

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1 Grundlagen des Immunsystems

zu Effektorzellen. Die peripheren Lymphorgane sind nicht nur Ort der Immunreaktion, sie regulierenauch die Anzahl der Lymphozyten im Organismus. Naive B- und T-Zellen erhalten in diesen OrganenSignale, die sie anregen, zu überleben und weiter zu zirkulieren. Die Struktur der peripheren Lymph-organe ist dynamisch, sie verändert sich in Abhängigkeit des Infektionsverlaufes. Die Lymphknotensind strukturierte Gewebe an den Gefäßschnittstellen, die die Lymphe (gefiltertes Blut) in das Blutzurückführen. Afferente Lymphgefäße leiten Flüssigkeit aus dem Gewebe ab und tragen APC vonden infizierten Körperregionen zu den Lymphknoten. Efferente Lymphgefäße transportieren aktivierteLymphozyten zu den infizierten Stellen im Körper. Die Milz ist ein faustgroßes Organ hinter dem Ma-gen, das Ag aufnimmt und alternde rote Blutzellen aus dem Blut beseitigt. Beim MALT (mucosaasso-ziiertes Gewebe) unterscheidet man die BALT (bronchienassoziiertes Gewebe) und die GALT (darm-assoziiertes Gewebe), zu denen u. a. Rachenmandeln, Gaumenmandeln und Blinddarm gehören. DasMALT enthält die gleiche Menge an Lymphozyten wie der Rest des Immunsystems. Abbildung 1.1gibt eine Übersicht über die Lymphorgane. Dabei liegt der Einteilung die Funktion der Lymphorganezugrunde.

thymus

environment(lymphoid organ)

of lymphocytesdevelopment generation

of lymphocytes

bone marrow

lymph nodes

appendix

spleen

tonsils

Ab − Ag reaction

Peyer’s patch bone marrow

Abbildung 1.1: Einteilung der Lymphorgane nach ihrer Funktion

1.1.2 Antigenrezeptoren – Immunglobuline, B-Zell- und T-Zell-Rezeptoren

Es gibt drei Arten von Ag-Rezeptoren: Ig (Immunglobulin), BCR (B-Zell-Rezeptor) und TCR (T-Zell-Rezeptor). Ig sind die sezernierte Form des BCR, strukturell nahezu identisch mit diesem, bisauf einen kleinen Teil in der konstanten Region. Der TCR der T-Zellen unterscheidet sich von beidensowohl strukturell als auch funktionell.

Immunglobuline und B-Zell-Rezeptoren

Der Aufbau von Ig und BCR ist im Wesentlichen identisch. In diesem Abschnitt werden deshalb dieBegriffe Ig, BCR und Ab (Antikörper) synonym verwendet. Ein Ig besitzt eine bewegliche Y-ähnlicheStruktur. Es besteht aus einer V-Region (variable Region), dem Teil, der für die spezifische Bindungverantwortlich ist und einer C-Region (konstante Region), dem für die Effektorfunktion (siehe Ab-schnitt 2) verantwortlichen Teil. Die V-Region unterscheidet sich von Ig zu Ig, wogegen es bei derC-Region nur fünf verschiedene Ausprägungen gibt. Der membrangebundene BCR verfügt nicht überdie Effektorfunktionen, da dessen C-Region in der Zellmembran verankert ist. Strukturell setzt sich ein

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1.1 Bestandteile des Immunsystems

Ig aus vier Aminosäure-Ketten zusammen. Jeweils zwei davon sind identisch. Nach ihrem Molekülge-wicht werden sie als leichte und schwere Ketten bezeichnet. Wie in Abbildung 1.2 zu sehen ist, bildenjeweils eine schwere und eine leichte Kette zusammen einen Arm des Y. Am Ende des Armes (im Bildoben) befinden sich die zwei identischen Ag-Erkennungsstellen. Jede Kette besteht wiederum aus ei-ner C-Domäne (konstante Domäne) ( ��� und ��� ) und einer V-Domäne (variable Domäne) ( ��� und��� ). Ig können mit Hilfe von Enzymen gespalten werden, sodass sich feststellen lässt, welcher Teildes Ig welche Funktion erfüllt. Die beiden so gefundenen, funktionellen Teile Fab (antigenbindenderTeil) und Fc (kristallisierbarer Teil) eines Ig sind in Abbildung 1.3 zu sehen.

CH CH

CL

VLHVHV

CL

VL

Abbildung 1.2: Struktur eines Immunglobulins

FabFab

Fc

Abbildung 1.3: Funktionelle Regionen eines ImmunglobulinsSpaltung mit Hilfe von Proteasen

Es gibt eine immense Vielfalt von Ig. Der Mensch besitzt zu jedem Zeitpunkt mindestens ��� Lym-phozyten unterschiedlicher Spezifität [JTWS01]. Die Information zur Herstellung von Proteinen liegtin der DNA (Desoxyribonukleinsäure). Mit Hilfe der RNA (Ribonukleinsäure) als Übersetzer erfolgtdie Übertragung der Information auf die Proteine. Normalerweise wird die DNA-Sequenz bijektiv aufeine RNA-Sequenz abgebildet und von dieser erfolgt wiederum eine injektive Abbildung auf die Ami-nosäuresequenz der Proteine. Wenn man annimmt, dass dies für die Bildung der Ig ebenso der Fallist, wären für die Kodierung aller Rezeptorvarianten mehr Gene nötig als im Genom vorhanden sind.Hier muss es also einen anderen Mechanismus geben: Der Rezeptor ist auf der DNA nicht als zusam-menhängender Teilstrang, sondern in Stücken kodiert. Diese werden dann durch Genumlagerungenwährend der Reifung der Zelle zu einem Ganzen zusammengebaut; und zwar werden die beteilig-ten Gensegmente zufällig ausgewählt. So ergibt sich das riesige Ig-Repertoire, das beim Menschen� ��� verschiedene Ig umfasst. Es gibt vier Gensegmente, in denen die Information zur Synthese derRezeptoren kodiert ist:

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1 Grundlagen des Immunsystems

� V-Gensegmente (engl. variable)

� D-Gensegmente (engl. diversity)

� J-Gensegmente (engl. joining)

� C-Gensegmente (engl. constant)

Das C-Gensegment spielt keine Rolle bei der Kodierung des Ag-bindenden Teiles des Rezeptors, eskodiert die Effektorfunktion des Ig. In Tabelle 1.1 (nach [JTWS01]) ist angegeben, wie viele Genseg-mente es von jedem Typ für die verschiedenen Ketten gibt.

Typ leichte Kette schwere KetteV 70 65D 0 27J 9 6

Tabelle 1.1: Anzahl Gensegmente zur Bildung eines Ig

Während der Entwicklung der Ab-produzierenden Zelle bildet sich ein V-D-J-C Gen, das die schwereKette eines speziellen Ig kodiert (siehe Abbildung 1.4). Für die schwere Kette gibt es somit ����������������� verschiedene Kombinationen. Zur Bildung der leichten Kette wird ein V-J-C Gen benötigt, fürdas es etwa �� verschiedene Möglichkeiten gibt1. Dies ist in Abbildung 1.5 veranschaulicht.

(polypeptide)heavy chain

segment r

transcription

V Segment

6D Segment

12

3

D Segment1

23

gene segments65

V Segment

transcription

95 amino acids 5 amino acids10−15 amino acids

segment ssegment t

transcription

1

2

3

27J Segment

J Segment

Abbildung 1.4: Entstehung der Vielfalt der schweren Ig-Kette

Enzyme können die Vielfalt zusätzlich erhöhen, indem sie während des Prozesses der GenumlagerungBasenpaare in die Verbindungsstellen zwischen den Gensegmenten einfügen oder dort auch löschen.Zusammenfassend gibt es vier Mechanismen zur Erzeugung der Ig-Vielfalt:

1. kombinatorische Diversität : Gensegmente werden zufällig zu einem Gen zusammengesetzt.

2. junktionale Vielfalt : Während der Genumlagerung können Enzyme an den Verknüpfungsstellender Gensegmente Basenpaare hinzufügen oder entfernen.

3. Kombination von schweren und leichten Ketten erhöht die Vielfalt.

4. somatische Hypermutation in reifen B-Zellen: siehe Abschnitt 1.1.3.

1Bei der Berechnung muss man beachten, dass es bei der leichten Kette ��� , ��� , ��� und ��� Gensegmente gibt und nur dieGensegmente mit dem gleichen Index zu einem Gen zusammengelagert werden können.

4

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1.1 Bestandteile des Immunsystems

12

3

J Segment23

70J Segment

9

2V Segment

light chain(polypeptide)

V Segment

segment k

transcription

1

gene segments

segment l

transcription

95−101 amino acids13 amino acids

Abbildung 1.5: Entstehung der Vielfalt der leichten Ig-Kette

Unter Vernachlässigung der Effekte der somatischen Hypermutation, ergibt sich bereits eine Zahl von���� � �� � � �

���� �

�möglichen Ig-Spezifitäten. Dabei ist der Wert � �

�für die junktionale

Vielfalt ein geschätzter Wert aus [JTWS01].

T-Zell-Rezeptor

Die Ag-erkennenden Moleküle auf den T-Zellen (TCR) existieren nur membrangebunden. Der TCRerkennt ein Ag nicht direkt. Er kann nur an MHC (Haupthistokompatibilitätskomplex)-Moleküle ge-bundene, kurze Peptidfragmente von Ag erkennen. Strukturell ähnelt der TCR einem membrangebun-denen Fab (siehe Abschnitt 1.1.2). Der Aufbau ist in Abbildung 1.6 zu sehen. Der TCR besteht auseiner � - und einer

�-Kette,2 die sich wiederum jeweils aus einer konstanten und einer variablen Regi-

on ( ��� und ��� bzw. �� und �� ) zusammensetzen. Im Gegensatz zum BCR besitzt der TCR nur eineAg-Bindungsstelle.

Cα Cβ

Vα Vβ

������������������������������������������������������������������������������������������������������������������

β− chain− chainα

T cell membrane

Abbildung 1.6: Struktur eines TCR

Typ � Kette�

KetteV 70 52D 0 2J 61 13

Tabelle 1.2: Anzahl Gensegmente zur Bildung eines TCR

Die Vielfalt des TCR entsteht im Wesentlichen durch die gleichen Mechanismen, die beim BCRbeschrieben worden sind. In Abbildung 1.7 ist zu sehen, dass die variable Region der � -Kette durch

2Es gibt auch TCR, die aus einer - und einer � -Kette bestehen, allerdings ist deren Funktion weitgehend ungeklärt.

5

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1 Grundlagen des Immunsystems

V und J Gensegmente kodiert wird. Die�

-Kette entsteht aus einem V-D-J Gen (siehe Abbildung 1.8).Es existieren nur ein � � Gen und zwei homologe � � Gene für die jeweiligen konstanten Regionen,damit unterscheiden sich TCR also nicht in ihrer Effektorfunktion. Tabelle 1.2 liefert eine Übersichtüber die Anzahl der Gensegmente, die den variablen Teil des TCR kodieren.

12

3

J Segment2

70

3

J Segment61

2

alpha chain(polypeptide)

segment k

transcription

V Segment1

segment l

transcription

gene segmentsV Segment

Abbildung 1.7: Entstehung der Vielfalt der � -TCR-Kette

(polypeptide)beta chain

segment r

12D Segment

transcription

V Segment52

23

V Segment1

segment t

transcription

segment s

transcription

1

2

3

J Segment

J Segment13

gene segments

Abbildung 1.8: Entstehung der Vielfalt der�

-TCR-Kette

Für die kombinatorische Vielfalt der � -Kette ergibt sich ein Wert von � � � � � � ��� , für die der�

-Kette ein Wert von ��� � � � �� � �� ���� . Mit einer angenommenen junktionalen Vielfalt von � � � ���[JTWS01] ergeben sich ca. � � � verschiedene TCR-Spezifitäten.

Immunglobulinklassen

In Abschnitt 1.1.2 auf Seite 2 wurde der Mechanismus der Genumlagerung von V, D und J Genseg-menten besprochen, die die Spezifität des Ig (konkrete Realisierung der V-Domäne) bestimmen. DesWeiteren gibt es fünf verschiedene C Gensegmente, über die die Effektorfunktion des Ig festgelegtwird. Somit existieren fünf Ig-Isotypen: IgM, IgD, IgG, IgE und IgA, von denen es teilweise Un-terarten gibt 3. Strukturell unterscheiden sich diese Isotypen in der C-Region, z. B. besitzen IgE undIgM keine Gelenkregion, dafür aber eine zusätzliche Domäne der schweren Kette. Es gibt weiterhinUnterschiede in Anzahl und Anordnung von Disulfidbrücken und in der Verteilung von Kohlenhydrat-Seitenketten. Im Wesentlichen werden drei verschiedene Effektorfunktionen unterschieden:

3Dies sind IgG mit IgG1 bis IgG4 sowie IgA mit IgA1 und IgA2.

6

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1.1 Bestandteile des Immunsystems

� Fc-Bereiche werden von speziellen Rezeptoren auf Immuneffektorzellen erkannt. � Gebunde-ne Ag werden z.B. in die Zelle aufgenommen.

� Fc-Bereiche können an Komplementproteine binden und eine Komplementkaskade auslösen.

� Fc-Anteil kann Ab in Bereiche befördern, zu denen sie nur mit aktivem Transportmechanismusgelangen können (Tränen, Milch, fetaler Blutkreislauf). Dies geschieht, indem der Fc-Anteileinen Rezeptor aktiviert, der den Transport steuert.

Jede der fünf Ig-Klassen besitzt alle drei Effektorfunktionen in unterschiedlichem Maße.

Ag-Ab-Bindung

Ab erkennen nicht das gesamte Ag sondern nur kleine Regionen auf deren Oberfläche, die so ge-nannten Antigendeterminanten oder Epitope. Dies können Polypeptidketten oder Polysaccharide sein.Dabei können die Aminosäuren, die das Ag erkennt, in der Primärstruktur des Ag-Proteins nebenein-ander liegen (kontinuierliche Epitope). Diskontinuierliche Epitope sind durch bindende Aminosäurengekennzeichnet, die sich in der dreidimensionalen (Tertiär-)Struktur der Proteine nebeneinander be-finden, in der Primärstruktur (der Aminosäuresequenz) jedoch entfernt voneinander liegen. Die Ag-Ab-Bindung ist die Summe von folgenden chemischen Wechselwirkungen:

� elektrostatische Kräfte: Dipol-Dipol-Wechselwirkung

� Wasserstoffbrückenbindungen zwischen elektronegativen Elementen

� van-der-Waals-Wechselwirkungen

� hydrophobe (wasserabweisende) Gruppen ziehen sich zusammen

Die aufgezählten Wechselwirkungen sind keine chemischen Bindungen im eigentlichen Sinne (keinekovalenten Bindungen), sie sind reversibel und besitzen in der Einzelwirkung keine starken Anzie-hungskräfte. Die Stärke der Ag-Ab-Bindung lässt sich nicht eindeutig berechnen und beruht nebenden Einzelbindungen noch auf anderen äußeren Faktoren, wie z. B. dem pH-Wert.

1.1.3 Zellen des Immunsystems

Abbildung 1.9 gibt eine Übersicht über die Blutzellen. Die roten Blutzellen (Erythrozyten) sind fürden Sauerstofftransport im Blut verantwortlich. Die Blutplättchen spielen eine wichtige Rolle bei derBlutgerinnung, z.B. an verletzten Hautstellen. Im Weiteren interessant sind vor allem die weißen Blut-zellen (Leukozyten), die ein wesentlicher Bestandteil des Immunsystems sind.

B-Zellen

Die B-Zellen 4, eine Unterart der Lymphozyten, sind für die humorale Immunantwort verantwortlich.Ihr Aufbau ist schematisch in Abbildung 1.10 zu sehen. Der BCR wurde in Abschnitt 1.1.2 näherbeschrieben. Da es sich bei B-Zellen um APC handelt, ist auf der Oberfläche das MHC-Molekül

4Die hier als B-Zellen bezeichneten Zellen sind genau genommen eine Unterart der B-Zellen, nämlich B-2-Zel-len [JTWS01].

7

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1 Grundlagen des Immunsystems

lymphocyte

leukocyte

granulocyte agranulocyte

neutrophilebasophile

B cell T cell

solid blood phase

B plasma

eosinophile

erythrocyte

T supressorT killerB memory naive B

monocyte

platelet

NK cell

T helperT memory

Abbildung 1.9: Zellen des Blutes

ausgeprägt. Der CD40-Rezeptor kann costimulierende Signale von T-Helferzellen erkennen, die dieB-Zelle zur Reifung anregen.

CD40MHC II

BCR

B

Abbildung 1.10: Aufbau einer B-Zelle

Die Entwicklung der B-Zellen findet im Knochenmark statt. Über viele Zwischenstadien entwickeltsich aus einer Stammzelle eine unreife B-Zelle, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Genumlage-rungen für die Rezeptorgene abgeschlossen sind und bereits ein spezifischer BCR auf der Oberflächevorhanden ist. Durch den Prozess der negativen Selektion werden unreife B-Zellen, die an Selbst-Agbinden – so genannte autoreaktive Zellen – für den Organismus unschädlich gemacht. Dies geschiehtdurch einen der folgenden vier Mechanismen:

� klonale Deletion: Apoptose der autoreaktiven Zelle.

� Rezeptor-Editing: Die autoreaktive Zelle bildet durch Umlagerung der Rezeptorgene einen neu-en (nicht-autoreaktiven) Rezeptor.

� Anergie: Deaktivierung der autoreaktiven Zelle, d.h. sie kann lange Zeit nicht auf Ag reagieren.

8

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1.1 Bestandteile des Immunsystems

� immunologische Ignoranz: Das Ag wird lebenslänglich ignoriert. Dies tritt ein, falls das Selbst-Ag nur schwach bindet; die Zelle reift trotz leichter Autoreaktivität heran. Es wird angenom-men, dass es sich bei diesem Vorgang um einen Balanceakt des Immunsystems handelt, dasgezwungen ist, eine Vielzahl von Pathogenen zu erkennen (Rezeptorvielfalt erhalten) und Au-toreaktivität verhindern muss, um den Organismus zu schützen. Diese so gereiften Zellen wer-den im naiven Stadium durch andere Mechanismen in Schach gehalten, z.B. durch ausbleibendecostimulierende Signale.

Die wesentlichste Funktion der B-Zellen ist die Sekretion von Ab derselben Spezifität wie der BCR.Sie sind damit für die humorale Immunantwort verantwortlich. Eine reife B-Zelle patrouilliert durchdie peripheren Lymphorgane und wird naive B-Zelle genannt, bis sie ihr spezifisches Ag gebundenhat. Hat ein Rezeptor sein spezifisches Ag erkannt, nimmt die B-Zelle das gebundene Ag auf undpräsentiert es an ihrer Oberfläche mit Hilfe von MHC. Nach Aktivierung der B-Zelle, d.h. nach Erhaltdes costimulierenden Signals von T-Helferzellen am CD40-Rezeptor, vervielfältigt sich die Zelle undreift zu B-Lymphoblasten (auch Plasmazellen genannt) heran, die in großen Mengen Ig ausschütten.Diesen Vorgang der Auswahl und Reifung bezeichnet man als klonale Expansion, da eine spezifischeB-Zelle durch das Ag ausgewählt und vervielfältigt wird. Der Begriff der klonalen Expansion gehörtzur Theorie der klonalen Selektion von Frank Macfarlane BURNET, der folgende vier Grundforderun-gen postulierte:

1. Jeder Lymphozyt besitzt einen einzigartigen Rezeptortyp.

2. Eine Bindung zwischen Rezeptor und entsprechendem Molekül mit hoher Affinität aktiviert denLymphozyten.

3. Von aktivierten Lymphozyten abstammende Effektorzellen besitzen die gleiche Spezifität.

4. Autoreaktive Lymphozyten werden bereits während der Entwicklung beseitigt.

Eine Spezialität der B-Zellen ist die so genannte somatische Hypermutation, die während des Prozes-ses der klonalen Selektion abläuft und zu einer Affinitätsreifung führt: Die Gene für die V-Region desRezeptors mutieren in den Klonen überdurchschnittlich oft (Punkt-Mutationen). Einige dieser mutier-ten BCR binden besser an das auslösende Ag, diese Klone werden selektiert und reifen heran. DieseSelektion wird durch T-Zellen gesteuert. Niedrigaffine BCR sind nicht in der Lage, sich querzuver-netzen, können somit den CD40-Rezeptor nicht ausprägen und erhalten kein costimulierendes Signal.Sie sterben durch Apoptose. Die somatische Hypermutaion ist in Abbildung 1.11 dargestellt. Durchdiesen Prozess werden Ig ausgeschüttet, die das Ag besser erkennen können und die Immunreaktionbeschleunigen. Einige dieser Zellen werden zu langlebigen Gedächtniszellen, die den Organismus ge-gen diesen Erreger immunisieren. Abbildung 1.12 stellt eine Zusammenfassung über die Entwicklungund Funktion der B-Zellen dar.

Ein Problem besteht darin, dass einige autoreaktive Zellen zur Reife gelangen. Dies kann z. B. der Fallsein, wenn das Selbst-Ag im Knochenmark nicht vorkommt oder – wie oben beschrieben – wenn nureine schwache Bindung zwischen Selbst-Ag und BCR während der Entwicklung ausgeprägt wurde.Eine Möglichkeit, die Immunreaktion zu unterbinden, ist das Unterbleiben costimulierender Signa-le von den T-Helferzellen. Des Weiteren hat man beobachtet, dass B-Zellen anerg werden, wenn siechronisch einem löslichen Ag ausgesetzt werden. Die Mechanismen dafür sind noch nicht geklärt,allerdings wird dieses Verhalten u. a. bereits bei der so genannten Hypersensibilisierung von Heu-schnupfenpatienten benutzt.

9

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1 Grundlagen des Immunsystems

B7

CD

28C

D40

L

CD

40

B7

CD

28C

D40

L

CD

40

Clone nClone 2Clone 1 ...

active B cell

B B

T

B

T

B

Abbildung 1.11: somatische Hypermutation

is costimulated?

is autoimmune?

has detected Ag?

is lifetime expired?

deathmemory

active

yes

yes

no

no

yes

no

no

yes

naive

immature

randomly created

presenting Ag−MHC

negative selectionduring maturation

prob

somatichypermutation

Abbildung 1.12: Übersicht über den Lebenszyklus einer B-Zelle

10

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1.1 Bestandteile des Immunsystems

T-Zellen

Bedingt durch den Aufbau ihrer Rezeptoren sind T-Zellen lediglich in der Lage, Peptid:MHC Kom-plexe zu erkennen. Es gibt zwei Arten des MHC-Moleküls, die auf unterschiedlichen Zelltypen aus-geprägt werden:

� MHC-I : Moleküle der Klasse I präsentieren virale Polypeptide. MHC-I findet man auf kern-haltigen Zellen, da diese bevorzugt von Viren befallen werden (sie benötigen die Organellen fürihre Fortpflanzung). MHC-I befördert virale Polypeptide aus dem Zytoplasma an die Oberflächeund präsentiert sie dort zytotoxischen Zellen.

� MHC-II : Diese Moleküle dienen zur Aktivierung anderer Effektorzellen. Man findet sie des-halb auf B-Zellen, Makrophagen und dendritischen Zellen. MHC-II ist in der Lage, Peptidket-ten aus den Lysosomen (verdaute Bakterienproteine) aufzunehmen und auf der Oberfläche zupräsentieren. Dadurch werden einige T-Zellen veranlasst, die APC zur Abwehr der Erreger zustimulieren.

In Abbildung 1.13 erkennt man den TCR und einen Corezeptor (hier CD4). Die CD4-T-Zellen (auchT4-Zellen) sind in der Lage, MHC-II:Peptid Komplexe zu erkennen. Die Effektorfunktion dieserZellen besteht in der Aktivierung der Abwehrfunktion anderer Zellen, deshalb werden sie auch T-Helferzellen genannt. Ist auf der Zelloberfläche statt des CD4-Rezeptors CD8 ausgeprägt, handelt essich um eine MHC-I erkennende CD8-T-Zelle (auch T8-Zelle). CD8-T-Zellen sind so genannte zyto-toxische oder T-Killerzellen, die bei Aktivierung die befallenen Zellen zur Selbstzerstörung anregen.Die Aktivierung geschieht bei B-Zellen über den CD40L (CD40-Ligand) der T-Zellen, der in der Lageist, an den CD40-Rezeptor der B-Zellen zu binden. Des Weiteren gibt es T-Supressorzellen. Da dieseZellen noch nicht weiter erforscht sind, soll hier nicht darauf eingegangen werden. Tabelle 1.3 gibteine Übersicht über den Zusammenhang Corezeptor, MHC-Klasse und Name der Zellunterart.

TCR

CD4

CD40L

T

Abbildung 1.13: Aufbau einer T-Zelle

T-Zellen entstehen wie die B-Zellen im Knochenmark, wandern aber im unreifen Stadium in denThymus, wo ihre Entwicklung stattfindet. Auch die T-Zellen unterliegen wie die B-Zellen Selekti-onsmechanismen. Autoreaktive T-Zellen müssen aussortiert werden, ebenso wie T-Zellen, die nicht inder Lage sind, MHC zu binden. Die Epithelzellen des Thymus besitzen auf ihrer Oberfläche MHC-Moleküle beider Klassen. Die positive Selektion lässt diejenigen Zellen überleben, die diese Molekü-le erkennen und gleichzeitig wird der Phänotyp der Zelle (Ausprägung des Oberflächenproteins CD4

11

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1 Grundlagen des Immunsystems

Rezeptorprotein CD4 CD8MHC-Klasse

MHC-II MHC-IArt der Polypeptide viral bakteriellHerkunft der Polypeptide Zytoplasma LysosomeBezeichnung T-Helferzelle

CD4-T-ZelleT4-Zelle

T-KillerzelleCD8-T-ZelleT8-Zelle

Tabelle 1.3: Übersicht über T-Zell-Rezeptoren

oder CD8) festgelegt. Durch dendritische Zellen und Makrophagen werden Selbst-Peptid:Selbst-MHCKomplexe präsentiert und autoreaktive, unreife Zellen sterben (negative Selektion).

Die Aufgabe der T-Zellen besteht in der Regulierung der zellulären Immunantwort. Dies geschiehtdurch die unterschiedlichen Reaktionen der T-Zell-Unterarten auf APC: Wenn T-Zellen auf B-ZellenMHC-II:Ag Komplexe erkennen, regen sie diese zur Ig-Produktion an. T-Zellen, die MHC-II:Ag Kom-plexe auf Makrophagen binden können, regen diese zur Verdauung der Krankheitserreger in den Ve-sikeln an. Dies geschieht allerdings nur, falls die befallene Makrophage das Oberflächenmolekül B7ausbildet, das sich an den CD28-Rezeptor der T-Zelle binden kann (costimulierendes Signal). CD8-Zellen führen bei Aktivierung zur Zerstörung der befallenen Zelle. Auch hier findet der Prozess derklonalen Selektion statt. Einige der aktivierten T-Zellen differenzieren zu Gedächtniszellen, sodassdie Reaktion auf eine zweite Infektion mit demselben Erreger schneller und für den Menschen mei-stens unbemerkt verläuft. In Abbildung 1.14 ist eine Übersicht über den Lebenszyklus einer T-Zellezu sehen.

is lifetime expired?

has detected Ag−MHC complex?

is costimulated?

death

is able to bind MHC?

is autoimmune?

memory

active

naive

randomly created

immature

yes

prob

yes

no

yes

no

no

yes

no

yes

no

positive and negative selectionduring maturation

Abbildung 1.14: Übersicht über den Lebenszyklus einer T-Zelle

12

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1.1 Bestandteile des Immunsystems

Makrophagen

Makrophagen sind große, einkernige, phagozytierende Zellen, die aus Monozyten entstehen, wenndiese aus dem Blut ins Gewebe wandern. Sie sind in der Lage, unspezifisch Pathogene zu erkennenund zu vernichten, indem sie diese phagozytieren. Die Phagozytose verläuft in vier Schritten, die inAbbildung 1.15 dargestellt sind:

(a) Das Pathogen wird durch die Membran der phagozytierende Zelle umflossen.

(b) Es wird ein als Phagosom bezeichnetes Vesikel gebildet, in dem das Pathogen eingeschlossenist.

(c) In der Zelle fusioniert das Phagosom mit einem oder mehreren Lysosomen, die Enzyme enthal-ten.

(d) In diesem so genannten Phagolysosom wird der Krankheitserreger enzymatisch gespalten.

����������������������������

���������������

NucleusAg

Lysosom

M

(a) Makrophage um-fließt Ag

Phagosom

Lysosom

��������������������

���������������

M

(b) Aufnahme Ag

Phagolysosom

��������������������

���������������

M

(c) Verschmelzen vonPhagosom und Lyso-som

Phagolysosom

M

(d) Ag-Partikel in Ly-sosom

Abbildung 1.15: Ablauf der Phagozytose

Eine weitere Aufgabe der Makrophagen ist das Auslösen der adaptiven Immunantwort. Dies geschiehteinerseits durch die Präsentation von MHC:Peptid Komplexen und andererseits durch die Ausschüt-tung von Botenstoffen, so genannten Lymphokinen.

Granulozyten

Wie in Abbildung 1.9 zu sehen ist, handelt es sich bei den Granulozyten ebenfalls um Leukozyten.Ihren Namen haben sie von dem im Zytoplasma vorhandenen Granula. Granulozyten sind relativkurzlebig, bei einer Infektion verlassen sie das Blut und wandern zu den Infektionsherden. Dort wirkensie unter anderem bei der Phagozytose von Bakterien und bei der Vernichtung von Parasiten mit. Manunterscheidet drei Arten dieser Zellen, die nach ihrer Färbbarkeit benannt sind:

� eosinophile Granulozyten: mit Eosin (rot) färbbar.

� neutrophile Granulozyten: mit neutralen (pH-Wert�

� ) Farbstoffen färbbar.

� basophile Granulozyten: färbbar mit basischen (pH-Wert � � ) Farbstoffen.

13

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1 Grundlagen des Immunsystems

Natürliche Killerzellen

NK-Zellen (natürliche Killerzellen) bilden zusammen mit den B- und T-Zellen die Lymphozyten. Siesind in der Lage, infizierte Zellen und Tumorzellen zu erkennen und zu vernichten. Sie spielen einewichtige Rolle bei der so genannten ADCC (antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität), derVernichtung von Zellen, die mit Ab markiert sind. Sie besitzen Rezeptoren, die an den Fac-Bereichder Ig binden können.

Dendritische Zellen

Dendritische Zellen sind langlebige APC, die sich im naiven Zustand im peripheren Gewebe aufhalten.Sie sind zum einen in der Lage, Bakterien anhand typischer Oberflächenmerkmale zu erkennen undzu phagozytieren. Zum anderen nehmen sie ständig mit einem rezeptorunabhängigen Mechanismus,der Makropinozytose, extrazelluläres Material auf. Werden sie durch die Aufnahme von Ag aktiviert,wandern sie zu den peripheren Lymphorganen und lösen dort die adaptive Immunreaktion aus, indemsie T-Zellen aktivieren. Ihren Namen erhielten sie durch ihr Aussehen, da ihre langen Fortsätze an dieDendriten von Neuronen erinnern.

1.1.4 Das Komplementsystem

Unter dem Komplementsystem versteht man eine Sammlung von Plasmaproteinen, die unter gegen-seitiger Wechselwirkung unspezifisch extrazelluläre Pathogene angreifen. Es gibt drei Möglichkeiten,das Komplementsystem zu aktivieren:

� spontan (direkte Bindung an Pathogen)

� durch Ag:Ab Komplex

� über an die Bakterienoberfläche gebundenes Lektin

Da die Komplementreaktion in vielen aufeinander aufbauenden Teilreaktionen verläuft, spricht manvon Komplementkaskaden. In der Kaskade sind mehrere Kontrollmechanismen vorhanden (bedingteAktivierungen), sodass ein Angriff auf körpereigene Stoffe verhindert wird. Eine Aktivierung desKomplements kann drei verschiedene Folgen haben:

� Opsonierung von Krankheitserregern: Anlagern von Plasmabestandteilen an das Pathogen, umdessen Phagozytose zu vereinfachen.

� Chemoattraktion: Es werden weitere Phagozyten zum Infektionsherd gelockt.

� Das Pathogen wird zerstört, indem Poren in der Zellwand erzeugt werden.

1.1.5 Zytokine

Zytokine sind Proteine, die von Zellen aufgrund einer Aktivierung gebildet werden. Sie beeinflussendas Verhalten anderer Zellen mit entsprechenden Rezeptoren. Dabei kann sich ihre Wirkung unter-schiedlich weit erstrecken:

� autokrine Wirkung: Die ausschüttende Zelle beeinflusst nur sich selbst.

14

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1.2 Immunreaktion

� parakrine Wirkung: Benachbarte Zellen werden im Verhalten beeinflusst.

� endokrine Wirkung: Das Verhalten entfernt liegender Zellen wird beeinflusst.

Man unterscheidet mehrere Unterarten der Zytokine. Von Lymphozyten ausgeschüttete Zytokinewerden Lymphokine oder Interleukine genannt. Zytotoxische Zellen bilden Zytotoxine, die zur Ver-nichtung der Zielzelle führen. Chemokine sind Zytokine mit Chemoattraktor-Wirkung; sie steuern dieWanderung von Immunzellen zum Entzündungsherd.

Diese Botenstoffe können aktivierende, aber auch hemmende Wirkung haben. Zur Zeit sind mehrereTausend dieser Proteine bekannt [Ibe03]. Einige Beispiele sind nachfolgend aufgeführt:

� Co-Stimulierung von T-Zellen � � B7.1

� Aktivierung von B-Zellen, Induzierung des Ig-Klassenwechsels � � CD40L

� Apoptose der Zielzelle � � FasL (Fas-Ligand)

� Chemoattraktion von CD4-T-Zellen, Monozyten, eosinophilen Zellen � � IL-16

� Inhibitor von Makrophagenfunktionen � � IL-10

1.2 Immunreaktion

Im Weiteren soll die Bedeutung der im Abschnitt 1.1 erläuterten Bestandteile des Immunsystems imGesamtprozess der Immunreaktion beschrieben werden.

1.2.1 Einteilung der Immunreaktion

Man unterscheidet zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem; es handelt sich hierbei je-doch nicht um zwei vollständig getrennte Systeme. Vielmehr gibt es eine Reihe von Wechselwirkun-gen, die in Abbildung 1.16 verdeutlicht sind. Des Weiteren unterscheidet man zwischen spezifischenund unspezifischen Erkennungsprozessen sowie humoraler und zellulärer Immunantwort. Unspezifi-sche Erkennungsprozesse findet man im angeborenen Immunsystem z. B. bei den Makrophagen undden Komplementproteinen. Ihre keimbahnkodierten Rezeptoren sind in der Lage, allgemeine Merkma-le von Pathogenen zu erkennen. Auf den Zellen des adaptiven Immunsystems findet man spezifischeRezeptoren, die nicht direkt im Genom kodiert sind. Die B-Zellen steuern die humorale Immunant-wort, indem sie Ig sezernieren, die sich frei in Blut und Lymphe bewegen können (humor lat. flüssig).Die zelluläre Immunität wird durch die T-Zellen vermittelt, die in der Lage sind, infizierte Zellenzu erkennen und zu vernichten. Eine Übersicht über die Einteilung und die beteiligten Zellarten gibtTabelle 1.4.

zellulär humoralspezifisch T-Zellen von B-Zellen pro-

duzierte Abunspezifisch Makrophagen,

NK-Zellen,neutrophile Zellen

Komplement

Tabelle 1.4: Einteilung der Immunantwort

15

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1 Grundlagen des Immunsystems

elimination

elimination

informationinnate

immunity

adaptiveimmunity

(a) Angeborenes Immunsystem erkennt Erreger, kann sie abernicht allein beseitigen.

no detection

detection

marking

elemination

immunityadaptive

innateimmunity

(b) Erreger sind für angeborenes Immunsystem nicht erkennbar.

Abbildung 1.16: Beziehung zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem

16

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1.2 Immunreaktion

1.2.2 Ablauf der angeborenen Immunreaktion

Nur selten führen Mikroorganismen, denen der Mensch ständig ausgesetzt ist, zu erkennbaren Krank-heiten. In den meisten Fällen kann das angeborene Immunsystem die Erreger vernichten, bevor siesich im Körper ausbreiten und vermehren können. Die adaptive Immunreaktion kommt dann in Gang,wenn die angeborenen Mechanismen nicht in der Lage sind, die Erreger zu erkennen oder diese zuzahlreich sind. Das angeborene Immunsystem kann die Erreger bis zu 96 Stunden in Schach hal-ten, also die Zeit überbrücken, die für das Auslösen der adaptiven Immunantwort benötigt wird. DieRezeptoren der angeborenen Immunität sind keimbahnkodiert und deswegen nicht in der Vielfalt vor-handen wie die der adaptiven Immunität. Allerdings können sie allgemeine Merkmale, wie z. B. oftvorkommende Hüllproteine von Bakterien erkennen.

Die ersten Zellen, die eingedrungene Pathogene angreifen, sind die großen Fresszellen – die Ma-krophagen. Diese halten sich kontinuierlich im Gewebe auf und sind deshalb immer als erste amOrt einer Infektion. Sie sind in der Lage, Bakterien an allgemeinen Merkmalen zu erkennen und zuphagozytieren. Dabei setzen sie Zytokine und Chemokine frei (siehe Abbildung 1.17).

B

Bacterium

M

(a) Erkennung von Pa-thogenen

B

M

(b) Verdauung im Pha-golysosom

CytokinesChemokines

B

M

(c) Präsentation von Peptidenund Ausschüttung von Boten-stoffen

Abbildung 1.17: Makrophagen erkennen und vernichten Pathogene und präsentieren Peptide

Auch die Komplementproteine können Pathogene erkennen, an ihre Oberfläche binden und die Kom-plementkaskade auslösen. Dies kann erstens zur Verstärkung der Phagozytose durch Opsonierungführen, zweitens können weitere Phagozyten angelockt werden und drittens können einige Bakteriendirekt durch das Komplement zerstört werden. Entweder durch das aktivierte Komplement oder durchdie Botenstoffe der Makrophagen wird eine Entzündung ausgelöst. Dies äußert sich durch Wärme,Schmerz, Rötung und Schwellung – Symptome, die allesamt auf die Wirkung der Zytokine auf dieBlutgefäße zurückgeführt werden können:

� Erweiterung der Blutgefäße führt zu erhöhter Durchlässigkeit.

� Die Fließgeschwindigkeit des Blutes wird verringert; Lymphozyten haben mehr Zeit, sich ansEndothel zu heften.

� Die Adhäsionskraft des Gefäßwandendothels wird erhöht, indem Moleküle gebildet werden, dieLeukozyten binden können.

Dadurch können sich patrouillierende Leukozyten an das Endothel heften und in das infizierte Gewebe

17

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1 Grundlagen des Immunsystems

einwandern. Die ersten so angelockten weißen Blutzellen sind die neutrophilen Granulozyten, dieim Blut aber nicht in gesundem Gewebe vorkommen. Neutrophile Zellen gehören ebenfalls zu denPhagozyten und können Pathogene zum einen direkt und zum anderen über das Komplement erkennen(siehe Abbildung 1.18).

��

Bacterium

N

(a) direkt

������������complement protein

Bacterium

N

(b) über Komplement

Abbildung 1.18: Neutrophile Zellen erkennen und vernichten Pathogene

Auf dieselbe Art und Weise werden Monozyten aus dem Blut angelockt, die bei Eintritt in das Gewe-be zu Makrophagen differenzieren. Die auch als Entzündungszellen bezeichneten Makrophagen undneutrophilen Zellen setzen außerdem weitere, für Mikroorganismen toxische Stoffe frei (u. a. Wasser-stoffperoxid � �

�� , Stickstoffoxid �

�).

1.2.3 Ablauf der adaptiven Immunreaktion

In manchen Fällen gelingt es Pathogenen, das angeborene Immunsystem zu überwinden:

� Viren besitzen keine unveränderlichen Moleküle, die über unspezifische Rezeptoren erkanntwerden können.

� Bakterien und Viren können Kapseln bilden und sind so für das angeborene Immunsystem nichterkennbar.

� Einige Pathogene sind in der Lage, innerhalb der Phagosome in Makrophagen zu wachsen.

Um diese Pathogene dennoch unschädlich machen zu können, werden aufgenommene Ag durch APCan der Oberfläche präsentiert. Durch Entzündungsvorgänge wird die Fließgeschwindigkeit der Lym-phe erhöht und Ag sowie APC schnell zu den lymphatischen Geweben transportiert, wo sie die B- undT-Zellen aktivieren und somit die adaptive Immunantwort auslösen können.

Die zelluläre Immunreaktion

Dendritische Zellen nehmen im infizierten Gewebe durch Makropinozytose oder Phagozytose Patho-gene auf und wandern aktiviert zum nächsten Lymphknoten. Zur Aktivierung von T-Zellen sind zweiSignale nötig, zum einen die Bindung an einen MHC:Peptid Komplex und zum anderen die Bindung

18

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1.2 Immunreaktion

von B7 an den CD28-Rezeptor als costimulierendes Signal. Die Möglichkeiten zur Aktivierung derT-Zellen sind in Abbildung 1.19 veranschaulicht.

B7

CD28

T

B

(a) durch B-Zellen

CD28

B7

T

D

(b) durch dendritischeZellen

B7

CD28

T

M

(c) durch Makropha-gen

Abbildung 1.19: T-Zellen können durch unterschiedliche APC aktiviert werden

Aktivierte CD4-T-Zellen (Killerzellen) exprimieren FasL, der an den Fas-Rezeptor (virus-)infizierterZellen binden kann und deren Apoptose auslöst. Weiterhin werden Zytokine freigesetzt, die Löcherin die Zielzelle bohren können. Eine aktivierte CD4-T-Zelle führt somit immer zum Tod der Zielzelle.CD8-T-Zellen dagegen aktivieren über CD40L B-Zellen und Makrophagen. B-Zellen werden zurIg-Produktion angeregt und Makrophagen dazu veranlasst, aufgenommene Bakterien zu zerstören.Einmal aktivierte T-Zellen benötigen kein costimulierendes Signal für ihre Effektorfunktion mehr,somit können sie jede beliebige infizierte Zelle aktivieren oder zerstören.

Die humorale Immunreaktion

Die Aktivierung von B-Zellen erfolgt durch Ag meist in den peripheren Lymphorganen. Costimu-lierende Signale erhalten sie entweder vom Ag selbst oder von aktivierten CD8-T-Zellen (siehe Ab-bildung 1.20). Aktivierte B-Zellen werden geklont, dabei finden im BCR Mutationen statt (soma-tische Hypermutation). Die Klone mit hochaffinen BCR entwickeln sich zu Plasmazellen oder B-Gedächtniszellen. Die Plasmazellen sezernieren Ab, die über efferente Lymphgefäße zum Infektions-herd gelangen und dort ihre spezifischen Ag binden. So werden sie für Phagozyten und Komplement-system erkennbar gemacht.

Das immunologische Gedächtnis

Das immunologische Gedächtnis ist die wichtigste Folge der adaptiven Immunantwort. Es verhin-dert zum einen den Krankheitsausbruch bei erneuter Infektion mit demselben Erreger, zum anderenermöglicht es langfristige Immunität als Folge von Impfungen.

Nach Verschwinden des Ag am Ende einer Infektion wird in den meisten Ag-spezifischen Zellen dieApoptose ausgelöst. Einige Zellen überleben jedoch und es bildet sich eine Population von langlebigen

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1 Grundlagen des Immunsystems

CD

40

CD

40L

T

B

(a) durch aktivierte T-Zellen

Co−Signal

B

(b) durch Ag

Abbildung 1.20: B-Zellen können unterschiedlich aktiviert werden

Gedächtniszellen. Diese existieren unabhängig von der Präsenz ihres spezifischen Ags, ihre Anzahlwird wahrscheinlich durch Zytokine konstant gehalten. Beim erneuten Kontakt mit dem Erreger wirddie Immunreaktion nur von Gedächtniszellen hervorgerufen, nicht von naiven Lymphozyten. BeimVergleich der Reaktion nach primärer und sekundärer Immunisierung findet man sowohl quantitativeals auch qualitative Unterschiede. Abbildung 1.21, adaptiert aus [JTWS01], verdeutlicht die quanti-tativen Unterschiede. So erreicht die sekundäre Immunantwort nach kürzerer Verzögerungszeit einhöheres Niveau und es werden außerdem Ab mit höherer Affinität gebildet. Diese Affinitätsreifungüber Immunisierungsprozesse hinweg resultiert aus der wiederholten Selektion und somatischen Hy-permutation der B-Zellen. Ähnliche Beobachtungen sind für die T-Zell-vermittelte Immunität gemachtworden, allerdings liegen diesen andere, noch nicht vollständig geklärte Mechanismen zugrunde.

0.001

0.01

0.1

1

10

100

1000

10000

4 168 12 20 24 60 64 68 72

Antibodyg ml serumµ −1

...

primary response

days

first antigene contact second antigene contact

secondary response

Abbildung 1.21: Immunologisches GedächtnisQuantitative Unterschiede zwischen primärer und sekundärer Immunantwort

20

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2 Modellierung und Implementierung

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Implementierung des Immunsystem-Simulators � � � � � (Ab-kürzung für Another IMmune System Simulator). Es wird erläutert, wie die in Kapitel 1 beschriebenenImmunkomponenten und Prozesse abstrahiert werden. Konkrete Details der Implementierung werdennur insofern angesprochen, als dass sie für das Verständnis des Modells notwendig sind. Seit den 60erJahren ist bekannt, dass sich objektorientierte Sprachen für die Implementierung von Simulatoren be-sonders eignen [DN66]. � � � � � ist in der objektorientierten Sprache C++ geschrieben. C++ st eineweit verbreitete Sprache, sodass Compiler dafür auf vielen Systemen vorhanden sind. Des Weiterenist C++-Bytecode im Allgemeinen performanter als Java-Bytecode, der auf einer virtuellen Maschineausgeführt wird.

Der Simulator enthält Klassen, die

� Immunorgane und

� Immunkomponenten modellieren, sowie

� Hilfsklassen für Verwaltungs- und Statistikzwecke.

Die Struktur des Kapitels lehnt sich an die Klassenhierarchie an. Nach der Simulatorklasse in Ab-schnitt 2.1 werden in Abschnitt 2.2 die einzelnen Umgebungen beschrieben. In Abschnitt 2.3 wird dieModellierung der Rezeptoren wie z. B TCR und BCR erläutert. Abschnitt 2.4 enthält die Beschreibungder Objekte in den Umgebungen. Am Ende wird noch kurz auf Hilfsklassen und einstellbare globaleParameter eingegangen (Abschnitte 2.5 und 2.6). Es werden nur die jeweils wichtigsten Attribute undMethoden der Klassen beschrieben. Die API Dokumentation von ������� � enthält detaillierte Informa-tionen zu den Klassen, ihren Attributen und Methoden. Diese ausführliche Beschreibung der Schnitt-stelle ermöglicht das Einbinden der Klassen in eigene Programme sowie eine effiziente Weiterentwick-lung des Simulators. Die API-Dokumentation ist unter http://archiv.tu-chemnitz.de/pub/2004/0012und auf der beiliegenden CD zu finden. Tabelle 2.1 enthält eine Übersicht über die nicht-abstraktenKlassen des Simulators, ihre primären Aufgabe und welchen Realweltausschnitt sie abstrahieren.

2.1 Simulator-Klasse

Die Simulator-Klasse AIMS2 enthält als Membervariablen je ein Objekt der vier Klassen CCreateEnv,CDevEnv, CTissue, CReactEnv, die die Umgebungen der Immunreaktion modellieren. Weiterhin ent-hält sie je ein Objekt der Klasse CObjectCreator und CStatistics. Das Collaboration Diagramm inAbbildung 2.1 zeigt die entsprechenden Membervariablen.

In der main() -Funktion des Programms (siehe Listing 2.1), die beim Starten als erstes gerufen wird,wird eine Instanz der Klasse AIMS2 erzeugt, initialisiert und die Simulation gestartet. Dabei werdenin der Methode initSelf() alle „körpereigenen“ Selbst-Sequenzen (für die Selbst-Ag) erzeugt. D. h. derSimulator besitzt über die gesamte Simulationszeit das Wissen, was für ihn „körpereigen“ bedeutet.

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2 Modellierung und Implementierung

Klassenname Aufgabe Modell vonAIMS2 Simulatorklasse, Hauptschleife Organismus

Modell der ImmunorganeCCreateEnv Entwicklung B-Zellen KnochenmarkCDevEnv Entwicklung T-Zellen ThymusCTissue Initiierung der Immunreaktion KörpergewebeCReactEnv Aktivierung der Immunabwehr periphere Lymphorgane

Modell der ImmunkomponentenCPeptide Bereitstellung der Rezeptoren ProteinCAbObject humorale Immunantwort AbCAgObject Infektion oder Teil des Organismus (Selbst-Ag) AgCAPC Aktivierung T-Zellen APCCBCell humorale Immunantwort B-ZelleCTCell zelluläre Immunantwort T-Zelle

HilfsklassenCPosition Modellierung der 3D-PositionCObjectCreator Generierung von ObjektenCStatistics Statistische Auswertungen

Tabelle 2.1: Übersicht über nicht-abstrakte Simulatorklassen

AIMS2

CTissue

m_tissue

CStatistics

m_tissue

CCreateEnvm_tissue

CObjectCreator

m_objectCreator

m_objectCreator

m_objectCreator

CDevEnv

m_objectCreator

CReactEnv

m_reactEnv

m_reactEnv

m_reactEnv

m_reactEnv

m_stats

m_createEnv

m_createEnv

m_devEnv

m_devEnv

Abbildung 2.1: Collaboration Diagramm für die Klasse AIMS2

22

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2.2 Umgebungen

Die Anzahl der Selbst-Sequenzen wird in der Datei globals.h festgelegt, die Bitfolgen sind zufällig.Außerdem werden in der Methode initSelf() die MHC-Moleküle zufällig erzeugt.

i n t main ( i n t argc , char � a rgv [ ] ) {AIMS2 s i m u l a t o r ;s i m u l a t o r . i n i t S e l f ( ) ;s i m u l a t o r . r u n S i m u l a t i o n ( ) ;re turn EXIT_SUCCESS;

}

Listing 2.1: main()-Methode

Die eigentliche Simulation (Methode runSimulation() ) läuft in einer Schleife eine vordefinierte An-zahl von Schritten (siehe Abschnitt 2.6). In jedem Simulationsschritt werden die run() -Methoden allervier Umgebungen gerufen. Danach werden durch die Statistikklasse die für die Auswertung relevantenDaten gesammelt. Den Ablauf der Simulation zeigt Abbildung 2.2.

runSimulation()

m_stats−>printToDatFiles()

m_createEnv−>run()m_devEnv−>run()m_reactEnv−>run()m_tissue−>run()m_stats−>run()N

UM

_SIM

_CY

CL

ES

Abbildung 2.2: Ablauf der Simulation

2.2 Umgebungen

Die Klasse CDiscrete3DSpace stellt die im Simulator verwendeten diskreten 3D-Umgebungen zurVerfügung. Ein Objekt E der Klasse ist mathematisch gesehen eine Teilmenge des

���(Z – Menge der

ganzen Zahlen).� �������� �������� � ��� ��������� �!��#"%$&�' (�������! �! (�#"%$)�*�+�#�,���! ���+�-"�$/. (2.1)

Auf jeder Position 021 � kann sich ein Objekt der Klasse CLivingObject (und somit Objekte derUnterklassen CBCell, CAgObject etc.) befinden. Die Objekte sind in der Membervariablen m_objectsgespeichert. m_objects ist eine STL-Map [Hew94] und verwaltet Abbildungen zwischen Positionenim 3D-Raum und Zeigern auf 3D-Objekte. Eine STL-Map ist als binärer Suchbaum implementiert,was schnellen Zugriff auf die Objekte über deren Position erlaubt. Die Objekte selbst haben kein Wis-sen über ihre Position und sie wissen auch nicht, in welcher Umgebung sie sich befinden. Zwei Objektekönnen miteinander interagieren, wenn sie sich in einer Umgebung nebeneinander befinden, d. h. Ob-jekt

�� auf Position 0 � �3� � �� � ��� � �41 � kann mit Objekt

�� auf Position 0 � �3� � �� � ��� � ��1 �

interagieren, wenn Folgendes gilt:5 � �6 �

5 7 5 � �8 �5 7 5 � � �6� �

5� � (2.2)

Der Interaktionsradius � eines Objektes�� auf Position � � �� � ��� � �91 � ist somit wie folgt definiert:

�+:<; �=������ ������>1 � �5 � �8

5 7 5 � �8 5 7 5 � � �6�

5� �?. (2.3)

23

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2 Modellierung und Implementierung

Gleichung 2.3 bedeutet auch, dass ein Objekt nicht mit sich selbst in Interaktion treten kann. Abbil-dung 2.3 zeigt eine B- und eine T-Zelle, die miteinander interagieren können.

xmin

zmax

zmin

ymax

yminxmax

B T

Abbildung 2.3: Interaktion in einer 3D-Umgebung

Die Klasse CDiscrete3DSpace stellt Methoden zur Verwaltung von Objekten zur Verfügung. Das sindz. B. Methoden für das Hinzufügen und Entfernen von Ojekten in die bzw. aus der Umgebung. In derabstrakten Methode createCells() werden in jedem Simulationsschritt die Datenstrukturen zur Verwal-tung der einzelnen Zellarten für den schnelleren Zugriff aufgebaut. Außerdem werden die Zellen fürStatistikzwecke gezählt. Weiterhin können Objekte durch die Umgebung zufällig bewegt werden. DieObjekte bewegen sich nicht selbst, da sie kein Wissen über ihre Position haben. Die Methode doLife-Cycle() ist ebenfalls abstrakt und für die Alterung der Zellen zuständig. Sie erniedrigt den Zähler fürdie restliche Lebenszeit von Objekten und erhöht den Zähler für den Reifegrad unreifer Immunzellen.Abbildung 2.4 zeigt das UML-Klassendiagramm [Obj03] von CDiscrete3DSpace.

# xMin, yMin, zMin: int# xMax, yMax, zMax: int# freePlaces: int# m_objects: map<CPosition, CLivingObject*># createCells() :void# doLifeCycle(): void# doMovements(): void# getRandomPosition(): CPosition# initAttributes(): void+ CDiscrete3DSpace()+ ~CDiscrete3DSpace()+ addObjectAtPosition(object: CLivingObject*, pos: CPosition): void+ deleteObject(object: CLivingObject*): void+ deleteObjectAtPosition(pos: CPosition): void+ getNumFreePlaces(): int+ getObjectAtPosition(pos: const CPosition): CLivingObject*+ getRandomFreePosition(): CPosition+ isPositionFree(pos: CPosition): bool+ printObjects(): void+ removeObjectAtPosition(pos: CPosition): void+ run(): void

CDiscrete3DSpace

Abbildung 2.4: Klassendiagramm CDiscrete3DSpace

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2.2 Umgebungen

Im Simulator gibt es vier Umgebungen, die alle von CDiscrete3DSpace abgeleitet sind:

1. CCreateEnv – Modell des Knochenmarks

2. CDevEnv – Modell des Thymus

3. CTissue – Modell des Körpergewebes

4. CReactEnv – Modell der peripheren Lymphorgane

Im Vererbungsdiagramm in Abbildung 2.5 ist zu sehen, dass CCreateEnv und CDevEnv sowie CTis-sue und CReactEnv jeweils von der gleichen (abstrakten) Oberklasse (CCreateNDevEnv bzw. CCrea-teEnvNTissue) abgeleitet sind. Warum dies sinnvoll ist, wird in den Abschnitten 2.2.1 und 2.2.2 näherbeschrieben.

CCreateEnv CDevEnv CReactEnv CTissue

CDiscrete3DSpace

CCreateNDevEnv CReactEnvNTissue

Abbildung 2.5: Vererbungsdiagramm CDiscrete3DSpace

2.2.1 Umgebungen für die Bildung und Entwicklung der Immunzellen

Die zentralen Lymphorgane sind für die Bildung und Reifung der B- und T-Zellen verantwortlich. Dieabstrakte Klasse CCreateNDevEnv enthält gemeinsame Attribute und Methoden der Klassen CCrea-teEnv (modelliert Knochenmark) und CDevEnv (modelliert Thymus):

� m_matureCells

� doLifeCycle()

� moveMatureCellsToEnv()

Die Membervariable m_matureCells enthält alle Zellen, deren Reifung beendet wurde. Die FunktiondoLifeCycle() lässt die Zellen altern und reifen. Die reifen Zellen werden dann innerhalb der abstrak-ten Methode moveMatureCellsToEnv() in eine andere Umgebung bewegt. Die Methode ist deshalbabstrakt, weil erst in der Unterklasse spezifiziert wird, in welche Umgebung die reifen Immunzellenbewegt werden.

Modell des Knochenmarks

Die Klasse CCreateEnv modelliert das Knochenmark. Die Umgebung enthält die für den Prozess dernegativen Selektion (Abschnitt 1.1.3, Seite 7) benötigten Selbst-Ag und B-Zellen in der STL-Mapm_objects. In der Hauptschleife der Simulatorklasse AIMS2 wird lediglich die run() -Methode derKlasse CCreateEnv gerufen. Den Ablauf dieser Methode veranschaulicht Abbildung 2.6.

Innerhalb von run() werden zunächst durch createCells() an zufälligen freien Plätzen der UmgebungSelbst-Ag und B-Zellen erzeugt. Deren Anzahl kann in der Konfigurationsdatei globals.h (siehe Ab-schnitt 2.6) festgelegt werden. Als nächstes wird die Funktion für die negative Selektion von B-Zellen

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2 Modellierung und Implementierung

createCells()negSelectionOfBCells()doLifeCycle()moveMatureCellsToEnv()doMovements()

run()

Abbildung 2.6: Sequenzdiagramm für die Klasse CCreateEnv

gerufen. Dabei wird für alle B-Zellen festgestellt, ob sich ein Ag in der Nähe befindet (d. h. ob Glei-chung 2.2 erfüllt ist). Falls dies der Fall ist, wird die Affinität zwischen BCR und Ag berechnet. Istdiese höher als ein einstellbarer Schwellwert (Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD inder Datei globals.h), wird die B-Zelle vernichtet und gezählt. Danach durchlaufen alle Objekte in derUmgebung einen Alterungs- und Reifeschritt (Methode doLifeCycle() ). Reife B-Zellen werden an-schließend ins Körpergewebe, also in ein Objekt der Klasse CTissue, bewegt. Am Schluss der run() -Methode wandern alle Zellen auf einen zufälligen Nachbarplatz (falls dieser frei ist). Abbildung 2.7veranschaulicht die Abläufe im Modell des Knochenmarkes. In der Abbildung sind neben dem Klas-sennamen rechts oben jeweils alle in der Umgebung verfügbaren Zellarten abgebildet.

mechanismsselection

CTissue

state == IMMATURE

state == NAIVE

createCells( )

isSelfAg

CCreateEnv

BB B

B

BB B

B

B

Abbildung 2.7: Objekte in CCreateEnv

Modell des Thymus

Bei der Modellierung des Simulators wird ignoriert, dass T-Zellen eigentlich im Knochenmark gebil-det werden und lediglich ihre Entwicklung im Thymus stattfindet. T-Zellen werden durch die MethodecreateCells() der Klasse CDevEnv erzeugt. Im Attribut m_objects werden neben T-Zellen Selbst-APC verwaltet. Die run()-Methode (Abbildung 2.8) läuft ähnlich ab wie in der Klasse CCreateEnv.Sie unterscheidet sich nur in der Art des Selektionsmechanismus: B-Zellen durchlaufen die negativeSelektion (Methode negSelectionOfBCells() ), T-Zellen die positive und negative Selektion (MethodeposAndNegSelectionOfTCells() ).

Zuerst werden in der Methode createCells() T-Zellen und APC erzeugt. Während der positiven Selek-tion (Methode posAndNegSelectionOfTCells() ) werden die T-Zellen markiert, die das MHC-Moleküleiner benachbarten APC binden können. T-Zellen, die mit dem präsentierten Peptid benachbarter

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2.2 Umgebungen

createCells()posAndNegSelectionOfTCells()doLifeCycle()moveMatureCellsToEnv()doMovements()

run()

Abbildung 2.8: Sequenzdiagramm für die Klasse CDevEnv

Selbst-APC eine Bindung eingehen, werden vernichtet. Reife Zellen werden nach CReactEnv be-wegt, wenn sie die Markierung besitzen, also in der Lage sind, MHC zu binden. Andernfalls werdensie vernichtet. Abbildung 2.9 veranschaulicht die Abläufe in CDevEnv.

mechanismsselection

state == NAIVE

CReactEnv

isPresentingPeptide

state == IMMATURE

createCells( )

CDevEnv

TT

TT

APCAPC

APC

TT

TT

APCT

Abbildung 2.9: Objekte in CDevEnv

2.2.2 Umgebungen der Immunreaktion

Die Klasse CReactEnvNTissue fasst als Oberklasse von CReactEnv und CTissue Gemeinsamkeiten inder Implementierung von Körpergewebe und peripheren Lymphorganen zusammen. Kernstück dieserKlasse ist die Methode checkInteraction(), in der Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Objektender Umgebung geprüft werden. Die Tabelle 2.2 fasst alle möglichen Reaktionen zwischen den Objek-ten (Zellen, Ag und Ab) zusammen. Ein � in einer Spalte bedeutet, dass das Aufeinandertreffen derentsprechenden beiden Objekte keinen Einfluss auf das Objekt in der entsprechenden Zeile hat. Dieverwendeten Abkürzungen haben folgende Bedeutungen:

RAD react and die – es findet eine Reaktion statt, die zum Tod des Objektes in der Zeile führt, wenndie Affinität hoch genug ist. So stirbt z. B. eine APC, wenn sie auf eine aktivierte T-Zelle trifft,die ihr gebundenes Ag erkennt.

C1S cell gets � ��� signal – das Objekt in der entsprechenden Zeile erhält das erste stimulierendeSignal, wenn die Affinität hoch genug ist. Eine B-Zelle erhält ihr erstes Signal beim Zusam-mentreffen mit dem entsprechenden Ag.

C2S cell gets � ��� signal – das Objekt in der entsprechenden Zeile erhält das costimulierende Signal,

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2 Modellierung und Implementierung

wenn die Affinität hoch genug ist. Eine T-Zelle erhält sowohl das erste als auch das costimulie-rende Signal beim Zusammentreffen mit einer entsprechenden APC.

EAP eat and present – die APC nimmt das Ag unspezifisch auf und präsentiert das Polypeptid aufder Zelloberfläche.

Ag Ab B-Zelle T-Zelle APCAg � RAD � � �

Ab RAD � � � �

B-Zelle C1S � � C2S �

T-Zelle � � C1S, C2S � C1S, C2SAPC EAP � � RAD �

Tabelle 2.2: Reaktionen der Objekte in Gewebe und peripheren Lymphorganen

Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass es für die Implementierung ausreicht, alle T-Zellen und alle Ag zudurchlaufen und auf Interaktionsmöglichkeiten mit Nachbarzellen zu überprüfen. Erste Tests habengezeigt, dass speziell für die Aktivierung der B-Zellen der Interaktionsradius wie in Gleichung 2.2definiert, nicht ausreicht. Die B-Zellen erhielten nie das zweite (costimulierende) Signal von den T-Zellen, weil es zu unwahrscheinlich war, dass sich eine bereits aktivierte T-Zelle der gleichen Spezifitätwie die B-Zelle in deren Nachbarschaft befindet. Deswegen ist für die Umgebung CReactEnvNTissue(und ihre Unterklassen) der Interaktionsradius eines Objektes

�� auf Position � � �� � ��� � � 1 � gemäß

Gleichung 2.4 definiert.

�+:<; �=���<�� ������1 � � � �5 � �8

5 7 5 � �8 5 7 5 � � � �

5� ��. (2.4)

Abbildung 2.10 zeigt die Methode checkInteraction() in Pseudonotation.

Die verwendeten Methoden doTCell[Bcell|APC]Reaction() und doAg[Ab|BCell|APC]Reaction() im-plementieren die in Tabelle 2.2 veranschaulichten Prozesse. Die Methode doTCellAPCReaction()zum Beispiel berechnet die Affinität des durch die APC präsentierten Peptides zum TCR und diedes MHC-Moleküls zum CD8-Rezeptor der T-Zelle. Wenn beide jeweils über einer gewissen, vomAnwender zu definierenden Schranke liegen (siehe Abschnitt 2.6), wird die T-Zelle aktiviert. Je höherdiese Schranken sind, desto unwahrscheinlicher ist eine Bindung und damit eine Aktivierung. EineT-Zelle wird aktiviert, indem ihr Attribut state auf ACTIVE gesetzt wird. Die weiteren in der run() -Methode der Klasse CReactEnvNTissue gerufenen Methoden (siehe Abbildung 2.11) sind analog zudenen in CCreateEnv und CDevEnv (siehe Seiten 25 und 26). Die Methode moveCellsToEnv() istabstrakt und besitzt für beide Unterklassen eine andere Implementierung, die in den nächsten beidenUnterabschnitten näher beschrieben wird.

Modell des Körpergewebes

Im Modell des Körpergewebes – der Klasse CTissue – werden T-Zellen, B-Zellen, APC, Ag und Abverwaltet. Abbildung 2.12 veranschaulicht die Abläufe in CTissue.

B-Zellen werden nach ihrer Reifung als naive B-Zellen aus dem Knochenmark (CCreateEnv) in dasKörpergewebe (CTissue) transferiert. Falls sie innerhalb der Methode checkInteraction() ihr spezifi-sches Ag erkennen, wird ihr Status auf AG_DETECTED gesetzt, d. h. die B-Zelle hat ihr erstes Signalerhalten. Die Methode checkInteraction() ist detaillierter im Abschnitt 2.2.2 beschrieben, da sie von

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2.2 Umgebungen

foreach T-Zelle t do0�� = Position von t;foreach 0 � 1 ����� do

Obj = Objekt an Position 0 � ;if Obj ist eine B-Zelle then

doTCellBCellReaction(t, Obj);endif Obj ist eine APC then

doTCellAPCReaction(t, Obj);end

endendforeach Antigen a do0�� = Position von a;

foreach 0 � 1 ����� doObj = Objekt an Position 0 � ;if Obj ist ein Antikörper then

doAgAbReaction(a, Obj);endif Obj ist eine B-Zelle then

doAgBCellReaction(t, Obj);endif Obj ist eine APC then

doAgAPCReaction(t, Obj);end

endend

Abbildung 2.10: Ablauf der Suche nach Interaktionsmöglichkeiten zwischen Objekten in CReactEnv-NTissue

createCells()

doLifeCycle()

doMovements()

run()

checkInteraction()

moveCellsToEnv()

Abbildung 2.11: Sequenzdiagramm für die Klassen CReactEnv und CTissue

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2 Modellierung und Implementierung

CR

eact

Env

CC

reat

eEnv

state == ACTIVE

state == NAIVE state == AG_DETECTED

CTissue

createCells( )

isPresentingPeptide

state ==ACTIVE

produced by active b cells

APCAPC

APC

APC

APC APC

BB B

B BB B

T

T

BB

T

T

T

APCT B

Abbildung 2.12: Objekte in CTissue

der Oberklasse CReactEnvNTissue geerbt wird. B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, wer-den innerhalb der Methode moveCellsToEnv() in die peripheren Lymphorgane (CReactEnv) bewegt,wo sie ihr zweites Signal von aktivierten T-Zellen erhalten. Die Methode createCells() erzeugt nebenzufälligen Ag auch APC. Außerdem implementiert sie die klonale Expansion von T-Zellen. Auch allevorhandenen Ag werden am Anfang jedes Simulationsschrittes geklont. Dies modelliert die Vermeh-rung von Pathogenen im Wirtskörper (Bakterien, Viren). Trifft ein APC auf ein beliebiges Ag, erhältsie den Status presentsPeptide=TRUE und wird ebenfalls nach CReactEnv bewegt. Aktive B- und T-Zellen kommen aus den peripheren Lymphorganen (CReactEnv) ins Körpergewebe (CTissue). SolcheT-Zellen vermehren sich hier durch Teilung und können infizierte APC abtöten. B-Zellen produzierenAb, die ihr spezifisches Ag vernichten können.

Modell der peripheren Lymphorgane

Wie in Abbildung 2.13 zu sehen, sind im Modell der peripheren Lymphorgane – der Klasse CReactEnv– APC, B-Zellen und T-Zellen enthalten. Naive T-Zellen kommen aus CDevEnv (Thymus), aktiveAPC und B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, kommen aus CTissue (Körpergewebe). NaiveT-Zellen werden beim Zusammentreffen mit einer entsprechenden APC bzw. B-Zelle aktiviert. B-Zellen können von aktivierten T-Zellen ihr zweites, das costimulierende Signal erhalten. Solche B-Zellen durchlaufen den Prozess der klonale Expansion mit somatischer Hypermutation. Sie teilensich, wobei der BCR mutiert wird. Jede B-Zelle speichert im Attribut remainingSomHypSteps dieAnzahl verbleibender Schritte für die somatische Hypermutation. Die Mutation des BCR erfolgt inAbhängigkeit dieses Wertes: Je größer der Wert, desto mehr Mutationen. Der folgende vereinfachte

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2.2 Umgebungen

Auszug aus dem Quelltext (Listing 2.2) veranschaulicht die Implementierung. Die dabei verwendeteMethode mutateBCR() wird im Abschnitt 2.4 über B-Zellen näher erläutert. Durch Klonierung neuentstandene B-Zellen und B-Zellen, die soeben aktiviert wurden, bekommen ihre Lebenszeit erhöht.Dies modelliert den lebensverlängernden Einfluss von Chemokinen und Zytokinen auf solche Zellenaus dem biologischen Vorbild. Aktivierte B- und T-Zellen werden nach CTissue bewegt, um dort diekörperfremden Ag bzw. infizierte APC zu vernichten.

i f ( b c e l l � > g e t S t a t e ( ) = = SOM_HYP ) {i f ( b c e l l � >getRemainingSomHypSteps ( ) < = 0 ) {

b c e l l � > s e t S t a t e (ACTIVE ) ;b c e l l � > s e t L i f e t i m e ( INITIAL_CELL_LIFETIME ) ;

} e l s e {/ � c l o n e b c e l l i f enough space � /i f ( ( ! ( r and ( ) % BCELL_CLONE_RATE_IN_CREACTENV) ) &&

( t h i s � >ge tNumFreeP laces ( ) > = 1 ) ){

CBCell � c l o n e = new CBCell ( � b c e l l ) ;C P o s i t i o n pos = t h i s � >g e t R a n d o m F r e e P o s i t i o n ( ) ;c lone � >mutateBCR ( ) ;c lone � >decrRemainingSomHypSteps ( ) ;c lone � > s e t L i f e t i m e ( INITIAL_CELL_LIFETIME ) ;t h i s � >a d d O b j e c t A t P o s i t i o n ( c lone , pos ) ;

}}

Listing 2.2: Somatische Hypermutation

state == NAIVE

CDevEnv

isPresentingPeptide

state == AG_DETECTED

CTissue

state ==SOM_HYP

state == ACTIVE

state == ACTIVE

CT

issu

e

CReactEnv APC TB

TT

TT

APCAPC

APC

BB B

B

B

B

BB B

TT

TT

Abbildung 2.13: Objekte in CReactEnv

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2 Modellierung und Implementierung

2.3 Rezeptoren

Wie in Abschnitt 1.1.2 beschrieben, resultiert die Ag-Ab-Bindung aus einer Vielzahl von Wech-selwirkungen. Dieser Sachverhalt kann am exaktesten unter Verwendung von Antikörperbibliothe-ken [AG00] modelliert werden. Eine solche Modellierung ist jedoch nicht Anliegen dieser Diplomar-beit.

Die Grundbausteine von Ag und Ab sind Aminosäuren. Aus der Aminosäuresequenz (der Primär-struktur des Proteins) resultiert letztlich auch die dreidimensionale Tertiärstruktur, die die Bindungs-möglichkeiten bestimmt. Ein Protein hat endlich viele Aminosäuren, die Anzahl anderer Einflüssewie z. B. des pH-Wertes ist ebenfalls endlich. Daher ist es zumindest in erster Näherung plausibel,Rezeptoren über eine endliche Anzahl kontinuierlicher Merkmale zu beschreiben. In [dCT02] wer-den mehrere Formenräume vorgeschlagen, die bei der Implementierung künstlicher Immunsystemeeingesetzt werden. Allgemein ist ein

�� dimensionaler Formenraum � gemäß Gleichung 2.5 definiert.

� � � �� � �

��������� ��� (2.5)

Ein ����� ��� � � , ist dann die Modellierung eines konkreten Merkmales, z. B. die erste Aminosäureim Protein oder der pH-Wert. Die verschiedenen Formenräume unterscheiden sich in den Mengen��� . Ein Ag ist somit ein �?"� !1 � . Es wird vernachlässigt, dass nicht das gesamte Ag bindet. DieBindungsstärke zwischen � � ��� � 1 � ergibt sich über ein geeignetes Abstandsmaß � . Die Affinität �zwischen � � und � � ist dann entweder komplementär zum Abstand � (je größer � , desto kleiner � )oder nicht komplementär.

Im Simulator wird aus Effizienzgründen ein binärer Hamming-Formenraum verwendet. Dabei ist

� � � � /� �?. � � � ����� � (2.6)

Also� �=� /� �?. � � /� �?. ��������� � /� �?. �=� /� �?. � (2.7)

Als Abstandsmaß wird der Hamming-Abstand verwendet. Für zwei Bitstrings � � � ��� ��� � ����� ��� � �� und� � � ��� � � � ����� ��� � � � ist dieser definiert als

� ��� � ��� � � ������ ���� � � ��� � � � � (2.8)

Die Affinität � ist als nicht-komplementär zu � gemäß Gleichung 2.9 definiert.

� ��� � ��� � � � � ��� � ��� � �� (2.9)

Berechnen lässt sich die Affinität mit Komplexität � � � � nach Gleichung 2.10. Dabei ist � die binäreFunktion Exklusives Oder.

� ��� � ��� � � ������ � ��� � ����� � � �� (2.10)

Daraus folgt, dass � � � � . Abbildung 2.14 zeigt ein Beispiel zur Berechnung der Affinität nachGleichung 2.10 mit

� � � �.

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2.4 Objekte in den Umgebungen

11 0 0 1 1 0 1 1 0 0 0 10

10 1 1 0 0 1 0 1 0 1 1 01

01 1 1 1 1 1 1 0 0 1 1 l1

XOR

Affinity = 11/14

Abbildung 2.14: Beispiel Affinitätsberechnung

Wie in Abschnitt 1.1.2 beschrieben, gibt es ����

Ig-Spezifitäten. D. h. man benötigt������ � �

� � � �Bits, um diese zu kodieren. � Bits sind für die Kodierung der � � � TCR-Spezifitäten notwendig. Eswird jedoch aus Effizienzgründen angenommen, dass Ag aus genau einem kontinuierlichen Epitopbestehen. APC präsentieren somit immer das gesamte Epitop auf ihrer Oberfläche. D. h., dass imSimulator die Länge des TCR gleich der Länge des BCR ist. Voreingestellt (siehe Abschnitt 2.6) sinddie Längen der Bitstrings, wie sie in Abbildung 2.15 zu sehen sind.

0 45

0 45

0 13

0 13

0 45

0 6345

MHCAg

MHC molecule

Ig/BCR

Ag

CD4/CD8 receptor

TCR

Ag:MHC complex

Abbildung 2.15: Voreingestellte Längen der Bitstrings

Die Bildung der Ag, Ab, TCR und BCR geschieht zufällig. Damit werden die im Grundlagenab-schnitt beschriebenen Genumlagerungen modelliert. Für die positive Selektion der T-Zellen muss ein„körpereigenes“ MHC-Molekül definiert sein. Dieses wird beim Initialisieren des Simulators zufäl-lig erzeugt. Ebenso wie die Selbst-Ag, die für die negative Selektion von B- und T-Zellen benötigtwerden.

2.4 Objekte in den Umgebungen

Die STL-Map m_objects verwaltet in allen Umgebungen Objekte der Klasse CLivingObject. DieseKlasse besitzt jedoch abstrakte Methoden (siehe Klassendiagramm 2.17), es können also gar kei-ne Objekte dieser Klasse existieren. Hier wird das Prinzip des Polymorphismus verwendet. So istes möglich, Objekte der Unterklassen CAPC, CBCell, CTCell, CAbObject und CAgObject einfachgemeinsam zu verwalten. Abbildung 2.16 zeigt das Vererbungsdiagramm. Allen Unterklassen vonCLivingObject gemeinsam ist das Attribut remainingLifeTime, die restliche Lebenszeit der Objekte,und entsprechende Methoden zum Verändern und Abfragen derselben. Alle verfügbaren Methodensind im Klassendiagramm in Abbildung 2.17 zu sehen. Außerdem ist die abstrakte Methode print()definiert, die es allen Objekten erlaubt, ihren aktuellen Status auszugeben. Beispiele davon sind in denfolgenden Unterkapiteln zu finden.

33

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2 Modellierung und Implementierung

CAbObject

CBCell CTCellCAPC

CAgObject

CLivingObject

CImmuneCell

Abbildung 2.16: Vererbungsdiagramm CLivingObject

# remainingLifeTime: int+ CLivingObject()+ ~CLivingObject()+ decrRemainingLifeTime(): void+ incRemainingLifeTime(): void+ isLifeTimeExpired(): bool+ print(): void+ setLifeTime(lifetime: int): void

CLivingObject

Abbildung 2.17: Klassendiagramm CLivingObject

Antigene

Die Klasse CAgObject modelliert Pathogene im Allgemeinen. Im Attribut m_epitop wird das Epitopin Form eines Bitstrings verwaltet. Dessen Länge lengthEpitope wird am Anfang der Simulation glo-bal festgelegt (siehe Abschnitt 2.6). Die Boolsche Variable isSelfAg gibt an, ob es sich bei dem Agum ein „körpereigenes“ Objekt handelt. D. h. ob das Epitop eine der im CObjectCreator verwaltetenSelbst-Sequenzen ist. Abbildung 2.18 zeigt, welches Wissen ein Ag-Objekt im Simulator über sichselbst besitzt. Ein Ag weiß weder auf welcher Position noch in welcher Umgebung es sich befindet.Diese Information hat nur die entsprechende Umgebung selbst.

CAgObject 0x8091eb8remainingLifeTime: 7Epitop: 1 0 0 0 0 0 0 1 [8]isSelfAg: 0

Abbildung 2.18: Ausgaben von ag->print()

Antikörper

Die von B-Zellen produzierten Ab sind für die humorale Immunantwort verantwortlich. Objekte derKlasse CAbObject werden von reifen B-Zellen erzeugt und in der Umgebung platziert. Trifft solch einAb auf ein Ag, wird die Affinität zwischen dem Epitop des Ag und der Sequenz m_paratop des Ab be-rechnet. Ist dieser Wert größer oder gleich dem globalen Parameter AFFINITY_REACTION_THRE-SHOLD (siehe Abschnitt 2.6), so wird das Ag vernichtet. Ebenso wie ein Ag hat ein Ab sehr wenigintrinsisches Wissen (Abbildung 2.19).

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2.4 Objekte in den Umgebungen

CAbObject 0x80b4c68remainingLifeTime: 10Paratop: 0 0 0 1 0 0 1 0 [8]

Abbildung 2.19: Ausgaben von ab->print()

B-Zellen

Die B-Zell-Reifung in der Klasse CCreateEnv vernichtet diejenigen B-Zellen, deren BCR ein Selbst-Ag binden kann. Reife B-Zellen gelangen ins Körpergewebe (CTissue). Treffen sie dort auf ihr spezi-fisches Ag, nehmen sie es auf (Methode eatAndPresent() ) und gelangen in den Zustand AG_DETEC-TED. Zellen in diesem Zustand werden in die perhiperen Lymphorgane (CReactEnv) bewegt, könnendurch einen T-Zelle ihr costimulierendes Signal erhalten und in den Zustand SOM_HYP übergehen.Die folgende Liste gibt eine Übersicht über die möglichen Zustände einer B-Zelle.

IMMATURE: Nach Erzeugung der Zelle befindet sich diese INITIAL_MATURITY_STEPS Si-mulationsschritte im unreifen Zustand.

NAIVE: Dies ist der Grundzustand nach der Reifung.

AG_DETECTED: Trifft eine B-Zelle auf ihr spezifisches Ag, so geht sie in diesen Zustand über. DieB-Zelle hat ihr erstes Signal erhalten.

SOM_HYP: Der Zustand nach Erhalt des costimulierenden Signals durch eine T-Zelle hältSOMATIC_HYPERMUTATION_STEPS Simulationszyklen an.

ACTIVE: Die somatische Hypermutation ist beendet und die Zelle schüttet Ab aus.

Abbildung 2.20 zeigt die nötigen Schritte zur Aktivierung einer B-Zelle. Dabei findet Schritt 2.20(a)im Körpergewebe und Schritt 2.20(b) in den peripheren Lymphorganen statt.

1

Peptide

BCR

setState(AG_DETECTED)

B

(a) erstes Signal durch BCR

2Peptide MHC

MHC−ReceptorTCR

state == ACTIVE

state == AG_DETECTEDsetState(ACTIVE)

B

T

(b) zweites Signal durch T-Zelle

Abbildung 2.20: Aktivierung einer B-Zelle

Bei der somatischen Hypermutation wird der BCR in einzelnen Bitstellen verändert. Das geschiehtmit einer variablen Mutationsrate. Diese hängt von der Anzahl Simulationsschritte ab, die sich dieZelle schon im Zustand SOM_HYP befindet. Je länger das der Fall ist, desto weniger Mutationenfinden statt. Listing 2.3 zeigt die Implementation der Methode mutateBCR(), die in Listing 2.3 gerufenwird.

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2 Modellierung und Implementierung

void CBCell : : mutateBCR ( ){

v e c t o r <bool > seq = t h i s � >m_BCR. g e t S e q u e n c e ( ) ;i n t m u t a t i o n R a t e = t h i s � >somHypStep ;f o r ( i n t i = 0 ; i < seq . s i z e ( ) ; i + + ) {

i f ( ! ( r and ( ) % m u t a t i o n R a t e ) )s eq [ i ] = seq [ i ] ^ seq [ i ] ;

}t h i s � >m_BCR. s e t S e q u e n c e ( seq ) ;

}

Listing 2.3: Mutation des BCR

Eine B-Zelle, die ihr erstes Signal bereits erhalten hat und deren Lebenszeit noch zwölf weitere Simu-lationsschritte beträgt, ist in Abbildung 2.21 zu sehen.

CBCell 0x808bb18state: 2maturityLevel: 0remainingLifeTime: 12BCR: 0 0 0 0 0 1 0 0 [8]MHC: 0 1 0 1 1 [5]presentedPeptide: 0 1 0 0 1 1 1 1 [8]

Abbildung 2.21: Ausgabe von bcell->print()

T-Zellen

T-Zellen reifen im Thymus, der im Simulator durch die Klasse CDevEnv modelliert ist. Wird eine T-Zelle erzeugt, werden TCR und CD8-Rezeptor mit zufälligen Bitstrings initialisiert (Attribute m_TCRund m_CD8_Receptor). Der Anfangswert der Boolschen Variable isAbleToBindMHC ist FALSE. T-Zellen durchlaufen die Prozesse negative und positive Selektion. Kann die T-Zelle bis zum Ende desReifeprozesses (maturityLevel gleich Null) das MHC-Molekül einer APC binden und wurde sie nichtals autoreaktiv erkannt, gelangt sie in den Zustand NAIVE. Naive T-Zellen werden in die UmgebungCReactEnv bewegt.

Die Aufgabe von T-Zellen ist die Vernichtung infizierter Körperzellen. Für ihre Aktivierung sind zweiSignale notwendig. Das erste erhält die T-Zelle, wenn die Affinität des TCR zum präsentierten Peptideiner Nachbarzelle größer gleich AFFINITY_REACTION_THRESHOLD ist. Dies wird in der Me-thode getAffinityTCRToPeptide() der Klasse CTCell verifiziert. Das costimulierende Signal erhält dieT-Zelle, wenn die Methode getAffinityCD8ToPeptide() zwischen CD8-Rezeptor und MHC-Molekülder präsentierenden Zelle eine Affinität über dem Schwellwert AFFINITY_MHC_THRESHOLD be-rechnet. Die Aktivierung von T-Zellen kann entweder durch B-Zellen oder durch APC, wie in Abbil-dung 2.22 dargestellt, erfolgen.

Abbildung 2.23 zeigt die Ausgabe einer unreifen T-Zelle, die in der Lage ist, MHC zu binden und nachzwei weiteren Simulationsschritten zur naiven T-Zelle wird, insofern sie nicht noch als autoreaktiverkannt und vernichtet wird.

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2.5 Hilfsklassen

1 2

Peptide

TCR

MHC

MHC−Receptor

setState(ACTIVE)

presentsPeptide == TRUE

T

APC

Abbildung 2.22: Aktivierung einer T-Zelle

CTCell 0x808ea58state: 0isAbleToBindMHC: 1maturityLevel: 2remainingLifeTime: 14TCR: 0 1 1 0 1 1 1 0 [8]CD8: 1 0 0 0 1 [5]

Abbildung 2.23: Ausgaben von tcell->print()

APC

Die Hauptfunktion von APC ist die Aktivierung von T-Zellen. Ag werden unspezifisch aufgenom-men und in einer für T-Zellen erkennbaren Form präsentiert. Das aufgenommene Ag wird im Attributm_presentedPeptide verwaltet. Die Aufnahme benachbarter Ag ist in der Methode eatAndPresent()implementiert, die das Epitop des Ag in dem Attribut m_presentedPeptide speichert und die Bool-sche Variable presentsPeptide auf TRUE setzt. Mit Hilfe des MHC-Moleküls m_MHCMolecule aufder APC kann eine benachbarte T-Zelle das präsentierte Peptid erkennen. Dies geschieht, indem dieT-Zelle mit ihrem CD8-Rezeptor an das MHC-Molekül und mit ihrem TCR an das präsentierte Peptidbindet (siehe Abbildung 2.22). Abbildung 2.24 zeigt die Ausgabe einer APC, die noch 13 Simulati-onsschritte zu leben hat und sich im Zustand presentsPeptide befindet.

CAPC 0x808cf00remainingLifeTime: 13MHC: 0 1 0 1 1 [5]presentedPeptide: 1 0 1 0 0 1 1 0 [8]

Abbildung 2.24: Ausgaben von apc->print()

2.5 Hilfsklassen

Die in diesem Kapitel beschriebenen Klassen bilden keine Immunkomponenten ab. CObjectCreatorverwaltet zum einen das Wissen über das Selbst („körpereigene Eiweiße“) und zum anderen stellt erden Umgebungen alle in Kapitel 2.4 beschriebenen Objekte bereit. Die Klasse CStatistics dient derDatensammlung zu Auswertungszwecken.

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2 Modellierung und Implementierung

2.5.1 CObjectCreator

CObjectCreator verwaltet in den Membervariablen m_selfSequences und m_MHC das Wissen des Si-mulators über das Selbst. Das ist notwendig, weil sichergestellt werden muss, dass in die Umgebungenfür die Entwicklung der Immunzellen (CCreateEnv und CDevEnv) nur Selbst-Ag bzw. Selbst-APCgelangen. Auch das MHC-Molekül muss auf allen APC einheitlich ausgeprägt sein, damit die T-Zellenin ihrer Entwicklung lernen können, Zellen mit diesem Molekül auf der Oberfläche zu erkennen.

Am Anfang der Simulation werden durch Aufruf der Methode initCreateSelfSequences() die Selbst-Sequenzen zufällig erzeugt. Deren Anzahl kann über den Parameter NUM_SELFSEQUENCES fest-gelegt werden (siehe Abschnitt 2.6). Analog erzeugt initCreateMHC() das MHC-Molekül. 1

Die Klasse stellt außerdem Methoden bereit, die beim Aufruf Objekte aller in Kapitel 2.4 beschrie-benen nicht-abstrakten Klassen zurück liefern. Abbildung 2.25 zeigt das Klassendiagramm und alleverfügbaren get-Methoden.

# m_SelfSequences: vector<CPeptide*># m_MHC: vector<CPeptide*>

# getMHC(): CPeptide# getSelfSequence(): CPeptide# getSequence(): CPeptide+ CObjectCreator()+ ~CObjectCreator()+ getAPCObject(): CAPC*+ getAbObject(): CAbObject*

+ getBCellObject(): CBCell*+ getSelfAPCObject(): CAPC* + getSelfAgObject(): CAgObject*+ getTCellObject(): CTCell*+ initCreateMHC(number: int, length: int): void+ initCreateSelfSequences(number: int, length: int): void+ printMHCMolecules(): void+ printSelfSequences(): void

CObjectCreator

+ getAgObject(): CAgObject*

Abbildung 2.25: Klassendiagramm CObjectCreator

2.5.2 Datensammlung und Statistik

In jedem Simulationsschritt werden durch die Klasse CStatistics alle relevanten Daten aus den vierUmgebungen gesammelt und gespeichert. Da sehr viele private Attribute gelesen werden, wurde aufdie Implementierung von get-Methoden für jedes Attribut verzichtet. Stattdessen ist die Klasse CSta-tistics als friend-Klasse für alle Umgebungen deklariert. Ein Objekt der Klasse kann also auf alle pri-vaten Attribute der Umgebungen zugreifen, was dem Prinzip der Datenkapselung widerspricht, aberdie Effizienz und die Übersichtlichkeit des Quellcodes fördert. Tabelle 2.3 enthält eine Übersicht überalle gesammelten Daten. In der letzten Spalte steht das Attribut, in welchem die jeweilige Datenreihegespeichert wird. Der Dateiname für die Ausgabe wird durch Anhängen des Suffixes .log aus diesemgeneriert. In den Dateien steht in der i-ten Zeile die Anzahl der entsprechenden Zellen in der jewei-ligen Umgebung im i-ten Simulationsschritt. Die Visualisierung kann dann z. B. mit dem Programmgnuplot [WK02] erfolgen.

1Indem in der Datei globals.h der Parameter NUM_MHC_MOLECULES entsprechend gesetzt wird, können mehrereMHC-Moleküle erzeugt werden. Dies wird für die mögliche Erweiterung des Simulators zur Unterscheidung von CD4-und CD8-T-Zellen benötigt.

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2.6 Globale Parameter

CCreateEnvB-Zellen Gesamtzahl ce_b

Anzahl durch negative Selektion vernichteter ce_b_negSelAg Gesamtzahl ce_agCDevEnvT-Zellen Gesamtzahl de_t

Anzahl durch negative Selektion vernichteter de_t_posSelAnzahl durch positive Selektion vernichteter de_t_posSel

APC Gesamtzahl de_apcCTissueB-Zellen Gesamtzahl ts_b

Anzahl mit Status AG_DETECTED ts_b_detectedAnzahl aktiver ts_b_active

T-Zellen Gesamtzahl ts_tAnzahl aktiver ts_t_active

APC Gesamtzahl ts_apcAnzahl derer, die Peptid präsentieren ts_apc_presenting

Ag Gesamtzahl ts_agAnzahl Selbst-Ag ts_ag_selfAnzahl der bei Immunreaktion vernichteter ts_ag_death

Ab Gesamtzahl ts_abAnzahl der bei Immunreaktion vernichteter ts_ab_death

CReactEnvB-Zellen Gesamtzahl re_b

Anzahl mit Status AG_DETECTED re_b_ag_detectedAnzahl mit Status SOM_HYP re_b_somhypAnzahl aktiver re_b_active

T-Zellen Gesamtzahl re_tAnzahl aktiver re_t_active

APC Gesamtzahl re_apcAnzahl derer, die Peptid präsentieren re_apc_presenting

Tabelle 2.3: Übersicht über gesammelte Daten aus den Umgebungen

2.6 Globale Parameter

In der Datei globals.h werden alle Parameter für die Simulation eingestellt. Dies geschieht in deraktuellen Version vor dem Kompilieren des Programms, die Datei wird in allen anderen Quelldateienals Headerdatei eingebunden.

Über RECEPTOR_LENGTH wird die global im Simulator verwendete Länge der Rezeptoren ein-gestellt. TCR, BCR, Ag besitzen dieselbe Länge. MHC_LENGTH definiert die Länge der MHC-Moleküle. Über NUM_SIM_CYCLES wird die Anzahl der Simulationsschritte festgelegt. Die An-zahl der Selbst-Sequenzen steht im Parameter NUM_SELFSEQUENCES. AFFINITY_REACTION_-THRESHOLD und AFFINITY_MHC_THRESHOLD legen fest, ab welchem Affinitätswert davonausgegangen wird, dass der Rezeptor sein Peptid erkannt hat.

Für die Umgebungen kann die Ausdehnung eingestellt werden. SPACE_[X|Y|Z]MIN ist das Mini-

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2 Modellierung und Implementierung

mum in der jeweiligen Dimension, SPACE_[X|Y|Z]MAX sind die oberen Schranke (dieser Wert wirdnicht angenommen). Eine Umgebung hat somit

� ��� � � � _ � � ��� � ��� � � � _ � � � � �� � ��� � � � _ � � ��� � ��� � � � _ � � � �8�� � ��� � � � _ ��� ��� � ��� � � � _ ��� � �8�

Plätze. Des Weiteren wird festgelegt, wie viele neue Objekte pro Simulationsschritt in den jeweiligenUmgebungen erzeugt werden sollen, sofern freie Plätze vorhanden sind. Die entsprechenden Parame-ter sindNUM_NEW_AG_PER_CYCLE_IN_CCREATEENV,NUM_NEW_BCELLS_PER_CYCLE_IN_CCREATEENV,NUM_NEW_APC_PER_CYCLE_IN_CDEVENV,NUM_NEW_TCELLS_PER_CYCLE_IN_CDEVENV,NUM_NEW_AG_PER_CYCLE_IN_CTISSUE undNUM_NEW_APC_PER_CYCLE_IN_CTISSUE.

Die Objekte bekommen bei ihrer Generierung ihre Lebenszeit mit INITIAL_CELL_LIFETIME,INITIAL_AG_LIFETIME, INITIAL_SELFAG_LIFETIME bzw. INITIAL_AB_LIFETIME initiali-siert. Immunzellen benötigen INITIAL_MATURITY_STEPS bis zur Zellreifung.

Weitere einstellbare Werte sind:

� AG_CLONE_RATE_IN_CTISSUEDie Anzahl der Simulationsschritte modulo derer die Ag in CTissue geklont werden.

� BCELL_CLONE_RATE_IN_CREACTENVDie Anzahl der Simulationsschritte modulo derer die B-Zellen in CCreateEnv geklont werden.

� TCELL_CLONE_RATE_IN_CTISSUEDie Anzahl der Simulationsschritte modulo derer die T-Zellen in CTissue geklont werden.

� SOMATIC_HYPERMUTATION_STEPSDie Anzahl der Simulationsschritte, die eine B-Zelle im Zustand der somatischen Hypermutati-on verbleibt.

� AB_PRODUCTION_RATEDie Anzahl Ab, die von einer aktiven B-Zelle pro Simulationsschritt produziert werden.

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3 Auswertung und Tests

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst. Der Beschreibung des aktuellenEntwicklungsstandes im Abschnitt 3.1 folgen Testreihen der vorliegenden Version (Abschnitt3.2). ImAbschnitt 3.3 werden abschließend weitere mögliche Entwicklungsschritte aufgezeigt.

3.1 Entwicklungsstand der Software

Dieser Abschnitt beschreibt Version 1.0 der Software ������� � vom 20.12.2003. Auf der beiliegendenCD findet sich sowohl die Software als auch die dazugehörige API-Dokumentation.

3.1.1 Installation und Benutzung

Die Software ������� � wurde unter Linux (Kernel 2.4.21, gcc 3.3) entwickelt und getestet. Zum Aus-führen werden lediglich ein C++ Compiler und die STL-Bibliotheken benötigt. Empfohlen wird derGnu C Compiler (gcc) ab Version 3.31. Im Verzeichnis mit dem Quellcode müssen dann nur nochconfigure und make ausgeführt werden. Nach dem Kompilieren steht das ausführbare Programmaims2 im aktuellen Verzeichnis zur Verfügung, das die Simulation mit den voreingestellten Parame-tern startet. Wird das Programm mit dem Kompilerflag DEBUG_ON kompiliert, wird während desProgrammlaufes ein ausführliches Logfile aims.dbg im temporären Verzeichnis angelegt. Für anderePlattformen und Betriebssysteme liegen keine Erfahrungen vor, ������� � sollte aber auf allen heuteerhältichen Systemen mit installiertem C++ Compiler lauffähig sein.

3.1.2 Entwicklungsstand

������� � ist im aktuellen Entwicklungsstand kommandozeilenbasiert. Die Simulation wird über Pa-rameter gesteuert. Diese Einstellungen werden in einer Konfigurationsdatei vorgenommen (siehe Ab-schnitt 2.6). Im Folgenden wird beschrieben, welche Komponenten und Prozesse eines realen Im-munsystems im Simulator modelliert wurden. Es werden T-Zellen, B-Zellen und APC unterschieden.Daraus resultiert auch die Unterscheidung der Rezeptoren BCR, TCR und CD8. B-Zellen und APCtragen ein MHC-Molekül auf ihrer Oberfläche. T-Zellen werden nur aktiviert, wenn sie neben einementsprechenden Peptid am TCR auch das MHC-Molekül an den CD8-Rezeptor binden können. ImSimulator läuft sowohl die zelluläre (T-Zell-vermittelte) als auch die humorale (B-Zell-vermittelte)Immunantwort ab. Es gibt vier verschiedene Umgebungen als Modelle von Körperorganen:

� Klasse CCreateEnv: Modell des Knochenmarks

� Klasse CDevEnv: Modell des Thymus

1Mit früheren Versionen wurden beim Entwickeln Laufzeitprobleme in der Implementierung der STL festgestellt.

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3 Auswertung und Tests

� Klasse CTissue: Modell des Körpergewebes

� Klasse CReactEnv: Modell der peripheren Lymphorgane

Folgende Immunprozesse sind im Simulator implementiert:

� Mechanismus der Genumlagerung bei der Entstehung der Immunzell-Rezeptoren

� negative Selektion von B-Zellen

� positive und negative Selektion von T-Zellen

� klonale Expansion von B-und T-Zellen

� somatische Hypermutation von B-Zellen

Hofmeyr und Forrest vergleichen in ihrer Arbeit [HF00] das Modell ihres AIS mit dem Immunsystemvon Wirbeltieren. Daran angelehnt zeigt Tabelle 3.1 eine Gegenüberstellung des realen Immunsystemsund des Modells, das dem Simulaor ������� � zugrunde liegt.

�����������+ � ��� � � � � � �Peptid/Protein/Epitop/Paratop Bitstring

Rezeptoren Bitstring

B-Zellen, T-Zellen Klassen CBCell, CTCell

variable Ab-Region Bitstring

konstante Ab-Region NICHT MODELLIERT

Gedächtniszellen NICHT MODELLIERT2

Pathogen Bitstring

Bindung Affinitätsmaß komplementär zum Hamming-Abstand

Zirkulation Objektbewegung am Ende jedes Simulations-schrittes

Thymus Klasse CDevEnv

Knochenmark Klasse CCreateEnv

MHC Bitstring

Zytokine NICHT MODELLIERT

erstes Signal Bindung Peptid an TCR bzw. BCR

zweites Signal B-Zellen: durch T-ZellenT-Zellen: CD8-Rezeptor

klonale Selektion, somatische Hypermutation Kopieren von Objekten, Bitmanipulation amBCR

positive Selektion von B-Zellen MODELLIERT

positive und negative Selektion von T-Zellen MODELLIERT

Tabelle 3.1: Vergleich zwischen Immunsystem und ������� �

2Die Implementierung von Gedächtniszellen in das bestehende System ist einfach. Es muss lediglich bei einigen aktiviertenB-Zellen die Lebenszeit auf „unendlich“ gesetzt werden und ein neuer Zustand MEMORY definiert werden, von demaus sie bei erneutem Zusammentreffen mit ihrem spezifischen Ag direkt in den Zustand ACTIVE gelangen.

42

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3.2 Test des Systems

3.2 Test des Systems

Durch die Klasse CStatistics werden in jedem Simulationsschritt Daten über die Anzahl der Zellengesammelt. Dies geschieht separat für jede Zellart in allen Umgebungen. In den Diagrammen in die-sem Abschnitt ist die Anzahl über den Simulationsschritten aufgetragen. Zur besseren Visualisierungwurden die einzelnen Datenpunkte mit einer Linie verbunden. Für die Tests über Parametereinflüsseauf das Simulationsergebnis wurden nur einige Parameter ausgewählt und variiert, die Erarbeitungumfassender Testreihen ist nicht Teil dieser Arbeit. Die hier präsentierten Tests sollen vielmehr dazubeitragen, die Arbeitsweise des Simulators zu verdeutlichen. In vielen dieser Tests sind die Umge-bungen relativ klein (1000 bis 3375 Plätze). Dies ist zum einen der Effizienz der Simulation und zumanderen der Übersichtlichkeit geschuldet. Auf keinen Fall kann man aus diesen kleinen Testreihengenerelle Aussagen über den Simulationsverlauf in Abhängigkeit von Parameterkonfigurationen ab-leiten. Tendenzielle Aussagen sind jedoch zulässig.

3.2.1 Selektionsmechanismen

Abbildung 3.1 zeigt die Effekte der negativen und positiven Selektion auf die Zellpopulationen für 50Simulationsschritte. Alle Umgebungen hatten eine Ausdehnung von zehn Einheiten in jeder Dimen-sion, d. h. 1000 verfügbare Plätze. Die Länge der Rezeptoren, von Epitop und Paratop betrug zehnBit. Das MHC-Molekül wie auch der CD8-Rezeptor waren Bitstrings der Länge 5. Die Parameter AF-FINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD hatten die Werte 0,6bzw. 0,5. Im Simulator existierten 128 Selbst-Sequenzen. Mit dieser Konfiguration werden im Durch-schnitt ca. 7,5% der B-Zellen als autoreaktiv erkannt und vernichtet. 10,9% der T-Zellen werden durchdie negative Selektion aussortiert und 9,6% durch die positive. Außerdem ist in den Abbildungen zusehen, dass die Anzahl Selbst-Ag und Selbst-APC am Anfang der Simulation linear ansteigt und dannkonstant bleibt. Das liegt daran, dass ab einem gewissen Simulationsschritt (in Abbildung 3.1(a) abSchritt 10) keine freien Plätze in der Umgebung mehr vorhanden sind. Die Plätze, die durch den Todder selektierten Immunzellen frei werden, werden in der Implementierung zuerst wieder mit Immun-zellen (also B- und T-Zellen) besetzt. Pro Simulationsschritt werden gleichviel oder mehr Plätze durchImmunzellen frei, als neu besetzt werden: Gleichviel Plätze würden frei, wenn alle Zellen nur auf-grund ihres Reifestadiums aus der Umgebung wegbewegt würden. Durch die Selektionsmechanismenkönnen es mehr sein. Diese zusätzlichen freien Plätze werden dann durch Ag besetzt.

Einflüsse von Parametern

Für die Tests in der Umgebung CCreateEnv wurden beispielhaft die Parameter AFFINITY_REAC-TION_THRESHOLD und NUM_SELFSEQUENCES ausgewählt und variiert. Die Konfiguration istdie gleiche wie in diesem Abschnitt weiter oben beschrieben, mit Ausnahme der beiden variiertenParameter.

Die Variation des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD ergibt signifikante Unter-schiede im Simulationsablauf. Für Affinitätsgrenzen zwischen 0,5 und 0,8 wurden jeweils 50 Schrittesimuliert. Abbildung 3.2 zeigt die Visualisierung der Simulationen. Tabelle 3.2 fasst die Ergebnis-se zusammen. Ein Eintrag entspricht der gemittelten Anzahl Zellen über alle 50 Simulationsschrittehinweg. Wie zu erwarten, werden mit fallender Affinitätsgrenze mehr B-Zellen selektiert, da die Wahr-scheinlichkeit einer Bindung beim Zusammentreffen von Ag und B-Zelle zunimmt.

43

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3 Auswertung und Tests

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

B-Zellentote B-Zellen

Ag

(a) Selektion der B-Zellen

0

5

10

15

20

25

30

35

40

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

Selbst-APCT-Zellen

tote T-Zellen; neg.tote T-Zellen; pos.

(b) Selektion der T-Zellen

Abbildung 3.1: Selektion bei B- und T-Zellen

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

B-Zellentote B-Zellen

Ag

(a) Affinitätsgrenze=0,5

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

B-Zellentote B-Zellen

Ag

(b) Affinitätsgrenze=0,6

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

B-Zellentote B-Zellen

Ag

(c) Affinitätsgrenze=0,7

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

B-Zellentote B-Zellen

Ag

(d) Affinitätsgrenze=0,8

Abbildung 3.2: Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Se-lektion der B-Zellen

44

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3.2 Test des Systems

Affinitätsgrenze Anzahl B-Zellen�

Anzahl selektierterB-Zellen

�Anteil selektierterB-Zellen

0,5 15,36 1,72 11,2%0,6 16,8 1,26 7,5%0,7 18,16 0,54 3,0%0,8 18,62 0,24 1,3%

Tabelle 3.2: Einfluss des Parameters AFFINITY_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selek-tion der B-Zellen

Bei einer Rezeptorlänge von zehn Bit ergeben sich 1024 verschiedene Bitstrings. In der folgendenSimulation wurden zuerst ca. 10% (128) der möglichen Bitstrings als Selbst-Sequenzen definiert unddann 50% (512). Der entsprechend modifizierte Parameter heißt NUM_SELFSEQUENCES. DieAffinitätsgrenze betrug 0,6. Abbildung 3.3 und Tabelle 3.3 fassen die Ergebnisse zusammen. DerWert der Anzahl (selektierter) B-Zellen ist der Durchschnittswert über die 50 Simulationsschritte. DieSimulationen mit beiden Konfigurationen wurden zehn mal wiederholt, sodass die Werte in der Tabellegemittelte Werte darstellen. Daraus lässt sich ein leichter Einfluss der Anzahl von Selbst-Sequenzenablesen: je mehr Selbst-Sequenzen, desto mehr B-Zellen werden selektiert. Im konkreten Beispielführt eine Vervierfachung der Anzahl Selbst-Sequenzen zu einer Erhöhung des Anteils selektierterZellen um 1,55%. Eigentlich würde man ein zahlenmäßig eindeutigeres Ergebnis erwarten. Dass diesnicht der Fall ist, liegt hauptsächlich an der begrenzten Dimension der Umgebung ( � � � � � ), diedie Anzahl gleichzeitig existierender Selbst-Sequenzen beschränkt.

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

B-Zellentote B-Zellen

Ag

(a) 128 Selbst-Sequenzen

0

5

10

15

20

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

B-Zellentote B-Zellen

Ag

(b) 512 Selbst-Sequenzen

Abbildung 3.3: Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der B-Zellen

Anzahl Selbst-Sequenzen

Anteil Selbst-Sequenzen

Anzahl B-Zellen�

Anzahl selektier-ter B-Zellen

�Anteil selektier-ter B-Zellen

128 12,5% 16,58 0,9 5,43%512 50% 16,34 1,14 6,98%

Tabelle 3.3: Einfluss des Parameters NUM_SELFSEQUENCES auf die negative Selektion der B-Zellen

45

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3 Auswertung und Tests

Zur Untersuchung der negativen Selektion der T-Zellen in CDevEnv wurde der Parameter MHC_-REACTION_THRESHOLD variiert. Im ersten Experiment war eine Bindung des MHC-Molekülsan den CD8-Rezeptor schon bei 50% komplementärer Bits gegeben (MHC_REACTION_THRE-SHOLD ist 0,5). Im zweiten Experiment mussten mindestens 90% aller Bits komplementär sein(MHC_REACTION_THRESHOLD ist 0,9), um eine Bindung herzustellen. Alle anderen Parame-ter wurden gegenüber vorhergehenden Experimenten nicht verändert. Tabelle 3.4 fasst die Ergebnissebeider Tests zusammen. Im ersten Fall werden weniger T-Zellen selektiert und vernichtet als im zwei-ten. Das ist plausibel, weil bei einer Affinitätsgrenze von 0,5 nur 50% der Bitstellen im TCR genaukomplementär zum MHC-Molekül sein müssen. Der TCR der T-Zellen wird zufällig erzeugt. Dahergibt es im Durchschnitt mehr T-Zellen mit mindestens 50%iger Komplementarität (diejenigen mitmindestens 90%iger Komplementarität sind Teil dieser Menge). Somit müssen im ersten Fall wenigerZellen als nicht-MHC-bindend aussortiert werden.

MHC-Affinitätsgrenze

Anzahl T-Zellen�

Anzahl negativ se-lektierter T-Zellen

�Anteil negativ selek-tierter T-Zellen

0,5 19,12 1,9 9,9%0,9 19,12 2,86 15,0%

Tabelle 3.4: Einfluss des Parameters MHC_REACTION_THRESHOLD auf die negative Selektionder T-Zellen

3.2.2 Immunreaktion

Im Organismus wird die Immunreaktion in den peripheren Lymphorganen (CReactEnv) durch Zel-len des angeborenen Immunsystems initiiert. Diese wurden vorher im Körpergewebe (CTissue) ak-tiviert. Im Körpergewebe findet auch die eigentliche Immunreaktion statt. Abbildung 3.4 zeigt dasErgebnis der Simulation der Immunreaktion in einer ��� � ��� � ��� -Umgebung. Die AffinitätsgrenzenAFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD hatten bei diesemExperiment jeweils den Wert 0,7. Es wurden 100 Simulationsschritte durchgeführt.

Das erste Bild zeigt die B-Zellen und Ab im Körpergewebe. Ab Simulationsschritt 30 gibt es fast nurnoch aktive B-Zellen. Dementsprechend werden sehr viele Ab ausgeschüttet. Die Ab-Konzentrationsteigt vom Schritt 30 bis zum Schritt 34 an und fällt dann wieder ab. Von Simulationsschritt 50 angibt es sehr viele aktive B-Zellen und keine Ab mehr. Durch Ausgaben des Simulators auf der Kom-mandozeile wurde überprüft, dass die aktiven B-Zellen wirklich Ab produzieren. Diese können abernicht in die Umgebung eingebracht werden, weil keine Plätze mehr frei sind. Die schon existierendenAb reagieren entweder mit ihrem spezifischen Ag und werden dabei vernichtet oder ihre Lebenszeitläuft aus. Die B-Zellen selbst verhindern das Einbringen neuer Ab in die Umgebung, weil sie dieganzen Plätze besetzen. Der Platzmangel in den Umgebungen ist ein häufiges Problem und wird imAbschnitt 3.3 besprochen.

Teilbild 3.4(b) zeigt sehr anschaulich die klonale Expansion der B-Zellen. Es gibt relativ wenig Zellen,die nur ihr erstes Signal erhalten haben. Nach Erhalt des zweiten (costimulierenden) Signals werdendie B-Zellen geklont und durchlaufen die somatische Hypermutation. Es sind insgesamt weniger akti-ve Zellen in der Umgebung als hypermutierende, da aktive Zellen am Ende jedes Simulationszyklussesins Körpergewebe transferiert werden.

Abbildung 3.4(d) scheint inkonsistent zu Abbildung 3.4(c) zu sein. In CTissue gibt es über die ganzeSimulationszeit hinweg aktive T-Zellen. Von Simulationsschritt 35 an gibt es jedoch in den peripheren

46

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3.2 Test des Systems

0

50

100

150

200

250

300

350

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

aktive B-ZellenAb

(a) B-Zellen in CTissue

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

B-Zellen, som. Hyp.aktive B-Zellen

(b) B-Zellen in CReactEnv

0

100

200

300

400

500

600

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

T-Zellenaktive T-Zellen

(c) T-Zellen in CTissue

0

2

4

6

8

10

12

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

T-Zellenaktive T-Zellen

(d) T-Zellen in CReactEnv

Abbildung 3.4: Ablauf der Immunreaktion in CTissue und CReactEnv

47

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3 Auswertung und Tests

Lymphorganen (CReactEnv) quasi keine T-Zellen mehr. Das Problem ist wiederum der Platzmangelin der Umgebung. (Dabei ist zu beachten, dass sich in CReactEnv auch noch APC aufhalten, sodassder Platzmangel an den beiden Grafiken 3.4(c) und 3.4(d) nicht ersichtlich ist). Um dieses Problemzu umgehen, reicht es nicht, die Dimension der Umgebungen zu erhöhen. Tests haben gezeigt, dasses dann zu keiner Immunreaktion mehr kommt, weil die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Zellen mitein-ander interagieren können, sinkt. Vorschläge, wie dieses Problem behoben werden kann, werden inAbschnitt 3.3 gemacht.

Die Ab-Ag-Reaktion aus dem gleichen Experiment zeigt Abbildung 3.5. Im ersten Bild ist zu sehen,dass die Zahl der Ag in der Umgebung von Simulationsbeginn sehr schnell ansteigt und fast die ganzeUmgebung CTissue mit Ag besetzt ist (es gibt insgesamt 3375 Plätze). Das liegt zum einen daran,dass sich die Ag exponentiell vermehren (Klonierung in jedem Schritt) und zum anderen dauert dieEntwicklung der Immunzellen in CCreateEnv und CDevEnv fünf Simulationszyklen3 . Der Organis-mus hat also erst nach einer gewissen anfänglichen Lernzeit überhaupt eine Möglichkeit auf Ag zureagieren. Abbildung 3.5(b) zeigt einen vergrößerten Ausschnitt aus Abbildung 3.5(a). Ein Großteilder ausgeschütteten Ab reagieren mit ihrem spezifischen Ag. Die Anzahl der vernichteten Ag undAb ist gleich, da im Simulator immer nur ein Ag mit einem Ab reagieren kann und beide bei dieserReaktion vernichtet werden. Die Abbildungen zeigen, dass die humorale Immunantwort im Simulatorstattfindet. Wie deren Intensität noch erhöht werden könnte, wird in Abschnitt 3.3 besprochen.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

AgAb

vernichtete Agvernichtete Ab

(a) gesamter Simulationsverlauf

0

20

40

60

80

100

120

140

25 30 35 40 45 50

AgAb

vernichtete Agvernichtete Ab

(b) vergrößerter Ausschnitt

Abbildung 3.5: Ablauf der humoralen Immunreaktion in CTissue

Einflüsse von Parametern

In diesem Abschnitt soll exemplarisch der Einfluss der beiden Parameter AFFINITY_REACTION_-THRESHOLD und MHC_REACTION_THRESHOLD auf die Immunreaktion untersucht werden.Beide erhalten in vier Versuchen jeweils den gleichen Wert zwischen 0,5 und 0,8. Es wurden 100Schritte in einer ��� � ��� � ��� -Umgebung simuliert. Abbildung 3.6 zeigt den Simulationsverlauf fürdie B-Zellen in CTissue, Abbildung 3.7 in CReactEnv. Tabelle 3.5 enthält die Gesamtzahl der jewei-ligen Zellart über die 100 Simulationsschritte summiert.

3Dies wird über den Parameter INITIAL_MATURITY_STEPS gesteuert, der in diesem Experiment den Wert fünf hatte.

48

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3.2 Test des Systems

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

aktive B-ZellenAb

(a) Parameter haben Wert 0,5

0

10

20

30

40

50

60

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

aktive B-ZellenAb

(b) Parameter haben Wert 0,6

0

10

20

30

40

50

60

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

aktive B-ZellenAb

(c) Parameter haben Wert 0,7

0

10

20

30

40

50

60

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

aktive B-ZellenAb

(d) Parameter haben Wert 0,8

Abbildung 3.6: Einfluss der Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REAC-TION_THRESHOLD auf die humorale Immunantwort in CTissue

49

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3 Auswertung und Tests

Über die Ab-Produktion in CTissue (Abbildung 3.6) in Abhängigkeit der beiden Parameter lassensich nur bedingt Aussagen treffen. Es ist in den ersten drei Teilabbildungen zu sehen, dass eine erhöhteAffinitätsgrenze nicht zu einer erhöhten Anzahl aktiver B-Zellen und somit zu erhöhter Ab-Produktionführt. Konkrete Werte aus Tabelle 3.5 belegen dies: bei einer Affinitätsgrenze von 0,5 gibt es ca. 2500aktive B-Zellen, bei 0,6 3100 und bei einem Wert von 0,7 für die Affinitätsgrenzen gibt es nur etwa1800 aktive B-Zellen. Der Test mit Affinitätsgrenzen von 0,8 (Abbildungen 3.6 und 3.7) unterscheidetsich im Simulationsverlauf deutlich von den anderen drei Teilexperimenten (Werte 0,5, 0,6 und 0,7).Es gibt insgesamt nur 82 aktive B-Zellen, 2 aktive T-Zellen und keine Ab. D. h es findet in diesem Falleigentlich keine Immunreaktion statt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bindung stattfindet, ist zugering: Für eine Bindung müssen mindestens 80% der Bits der Bindungspartner komplementär sein.Der Schluss „Je kleiner die Affinitätsgrenzen (desto wahrscheinlicher eine Bindung), desto stärkerist die Immunreaktion (Anzahl aktiver Zellen)“ ist nicht zulässig, wie die Experimente zeigen. DieseReduktion wäre zu vereinfacht. Es gibt andere Einflussfaktoren, die eine große Rolle spielen:

� Der Zufall hat großen Einfluss auf den Simulationsverlauf: Es hat sich gezeigt, dass auch Expe-rimente mit Affinitätsgrenze 0,5 gibt, bei denen keine Immunreaktion eintritt. Es müssten hin-reichend viele Experimente mit derselben Konfiguration gemacht werden, um Zufallseinflüsseauszuschließen.

� Ein anderer Einflussfaktor ist der beschränkte Platz in den Umgebungen. Es können oftmalskeine aktiven Zellen oder Ab mehr hinzugefügt werden. Außerdem ist wird mit steigendemPlatzmangel die Bewegungsmöglichkeit der Objekte in der Umgebung beschränkt. Dies führtgleichzeitig dazu, dass die Wahrscheinlichkeit dafür sinkt, dass ein Objekt im nächsten Schrittandere Objekte in seiner Interaktionsumgebung hat. Das ganze System ist mit steigendem Platz-mangel weniger dynamisch. Wie dieses Problem zu lösen wäre, wird in Abschnitt 3.3 bespro-chen.

0,5 0,6 0,7 0,8T-Zellen

T-Zellen CTissue 309 88 102 0aktive T-Zellen CTissue 62 60 24 0T-Zellen CReactEnv 372 684 433 524aktive T-Zellen CReactEnv 18 23 10 2

T-ZellenB-Zellen CTissue 3371 4168 3564 3313B-Zellen im Zustand AG_DETECTED CTissue 269 294 262 140aktive B-Zellen CTissue 2544 3100 1767 82Ab CTissue 2 68 3 0B-Zellen CReactEnv 212396 207131 210635 40133B-Zellen im Zustand AG_DETECTED CReactEnv 2994 3139 2701 1302B-Zellen im Zustand SOM_HYP CReactEnv 187470 182107 185795 32388aktive B-Zellen CReactEnv 21932 21885 22139 6443

Tabelle 3.5: Einfluss der Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REAC-TION_THRESHOLD auf die Immunantwort

50

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3.2 Test des Systems

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

B-Zellen, som. Hyp.aktive B-Zellen

(a) Parameter haben Wert 0,5

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

B-Zellen, som. Hyp.aktive B-Zellen

(b) Parameter haben Wert 0,6

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

B-Zellen, som. Hyp.aktive B-Zellen

(c) Parameter haben Wert 0,7

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

B-ZellenB-Zellen, erstes Signal

B-Zellen, som. Hyp.aktive B-Zellen

(d) Parameter haben Wert 0,8

Abbildung 3.7: Einfluss der Parameter AFFINITY_REACTION_THRESHOLD und MHC_REAC-TION_THRESHOLD auf die humorale Immunantwort in CReactEnv

51

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3 Auswertung und Tests

3.3 Weiterführende Aufgaben

In diesem Abschnitt wird beschrieben, wie sich in der aktuellen Version beobachtete Probleme lösenlassen und welche Erweiterungsmöglichkeiten es sowohl für die Implementierung als auch für dasModell gibt.

Bei den Tests war festzustellen, dass der Platz in den Umgebungen zu Problemen führte: Waren dieUmgebungen zu klein dimensioniert, waren alle verfügbaren Plätze rasch besetzt und es konnten z. Bkeine Ab produziert werden. Außerdem sind dann keine Zellbewegungen mehr möglich, was dembiologischen Vorbild nicht entspricht. Wurde die Dimension vergrößert, fand keine Interaktion mehrzwischen den Zellen statt, sodass es zu keiner Immunreaktion kam. (B-Zellen z. B. müssen zuerst mitihrem spezifischen Ag interagieren und danach mit einer speziellen T-Zelle.) Es sind verschiedeneLösungsmöglichkeiten denkbar. Zum ersten könnte eine geeignete Konfiguration des Simulators dasProblem lösen (große Umgebungen, viele Simulationsschritte, Affinitätsgrenze niedrig). Zum zweitenist es denkbar, den Interaktionsradius der Zellen weiter zu vergrößern. Dies kann für alle Zellen gleichgeschehen; es ist aber auch möglich, nur z. B. den B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, einengrößeren Interaktionsradius zu geben. Das würde adäquat den Einfluss von Zytokinen modellieren:B-Zellen, die ihr erstes Signal erhalten haben, schütten Zytokine aus, um aktive T-Zellen anzulocken.Von denen erhalten sie dann ihr zweites Signal.

Weiterhin könnten umfassende systematische Tests zum besseren Verständnis der Arbeitsweise desImmunsystems führen. Interessant wäre es, zu erfahren, bei welcher Konfiguration es zu einer Im-munreaktion mit Vernichtung aller Ag kommt und ob es eine Konfiguration gibt, die zum Tod desOrganismus führt. Bei der Diskussion von Abbildung 3.5 wurde festegestellt, dass das Immunsystemeine Lernphase benötigt, bevor es überhaupt die Möglichkeit hat, auf Ag zu reagieren. Weitere Testskönnten zeigen, ob die Immunreaktion effektiver abläuft, wenn Ag erst eingebracht werden, wenn dieersten Immunzellen bereits zur Reife gelangt sind.

Eine Erweiterung der Statistikklasse könnte Aufschluss geben, wie schnell ein Ag gefunden undvernichtet wird und wie viele Selbst-Ag angegriffen werden. Außerdem wäre es interessant, eine Zelleüber ihre gesamte Lebenszeit zu verfolgen, in welchen Umgebungen eine bestimmte Zelle wann mitwelchen anderen Zellen interagiert.

Eine Verfeinerung des Modells ist ebenso denkbar. Modellierungen von Gedächtniszellen sowieCD4-T-Zellen sind nur ein paar Beispiele dafür. Außerdem könnte die somatische Hypermutation ge-nauer modelliert werden: Klone, die in einer gewissen Zeit kein Ag binden können, sterben. Die, diedas Ag gut binden können, werden auf irgendeine Art bevorzugt. So könnte z. B. ihre Mutationsratelangsamer verringert werden oder sie erhalten eine längere Lebenszeit.

Für die praktische Benutzbarkeit wäre es wünschenswert, die Parameter per Konfigurationsdatei ein-stellen zu können, ohne neu kompilieren zu müssen. Die Konfiguration des Simulators wäre ebensoüber eine graphische Benutzeroberfläche denkbar. In dieser könnten dann auch die Umgebungen vi-sualisiert werden (Zellkonzentrationen). Für diesen Zweck können die Umgebungen auch zweidimen-sional sein. (Dafür müssen im Simulator die Parameter für obere und untere Grenze in einer Dimensionauf denselben Wert gesetzt werden).

Der Grundlagenabschnitt hat versucht zu vermitteln, dass das biologische Vorbild künstlicher Immun-systeme enorm komplex ist. Das Modell, das dem Simulator zugrunde liegt, ist detaillierter als dieModelle in derzeitigen künstlichen Immunsystemen. Es wurde gezeigt, dass im implementierten Si-mulator die verschiedenen Immunprozesse, wie z. B. Selektionsmechanismen oder Immunreaktion,

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3.3 Weiterführende Aufgaben

ablaufen. Außerdem wurde durch Beispieltests belegt, dass die Funktion des Systems sehr stark vonParametereinstellungen abhängt. Erweiterungsmöglichkeiten gibt es sowohl in Bezug auf das Modellals auch für die konkrete Implementierung. Einige Möglichkeiten wurden im letzten Abschnitt vorge-schlagen.

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3 Auswertung und Tests

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Abkürzungsverzeichnis

AB . . . . . . . . . . . . Antikörper� Antikörper

ADCC . . . . . . . . . antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizitätengl. antibody dependent cellular cytotoxicity

AG . . . . . . . . . . . . Antigen� Antigen

APC . . . . . . . . . . . antigen-präsentierende Zelle� antigen-präsentierende Zelle

BALT . . . . . . . . . bronchienassoziiertes Gewebe

BCR . . . . . . . . . . . B-Zell-Rezeptorengl. B cell receptor

C-DOMÄNE . . . . konstante Domäne

C-REGION . . . . . konstante Region

CD40L . . . . . . . . CD40-Ligand

DNA . . . . . . . . . . Desoxyribonukleinsäureengl. desoxyribonucleic acid

FAB . . . . . . . . . . . antigenbindender Teilengl. fragment antigene binding

FASL . . . . . . . . . . Fas-Ligand

FC . . . . . . . . . . . . . kristallisierbarer Teilengl. fragment crystalizable

GALT . . . . . . . . . darmassoziiertes Gewebeengl. gut-associated lymphoid tissue

IG . . . . . . . . . . . . . Immunglobulin

MALT . . . . . . . . . mucosaassoziiertes Gewebe

MHC . . . . . . . . . . Haupthistokompatibilitätskomplexengl. major histocompatibility complex

NK-ZELLEN . . . natürliche Killerzellen

RNA . . . . . . . . . . Ribonukleinsäureengl. ribonucleic acid

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Abkürzungsverzeichnis

TCR . . . . . . . . . . . T-Zell-Rezeptorengl. T cell receptor

V-DOMÄNE . . . . variable Domäne� V-Domäne

V-REGION . . . . . variable Region

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Glossar

Affinitätsreifung Während der humoralen Immunantwort entstehen � Antikörper mit wachsenderAffinität zur ihrem � Antigen.

Anergie Zelle reagiert auch bei ausreichender Stimulierung nicht auf ihr � Antigen, sie befindet sichin einem inaktivem Zustand.

Antigen ist eine vom Immunsystem als fremd erkannte Substanz. Ein Antigen löst meist eine Im-munreaktion aus; ist dies nicht der Fall, wird es als Tolerogen bezeichnet.

Antikörper sind von B-Zellen gebildete � Immunglobuline. Sie können spezifisch an ihr � Anti-gen binden und spielen eine entscheidende Rolle bei der humoralen Immunantwort.

Apoptose wird der programmierte Zelltod genannt. Von der Zelle selbst initiiert, wird dabei die �DNA des Zellkernes zerstört, sodass keine Proteinsynthese mehr möglich ist.

antigen-präsentierende Zelle APC sind u. a. � Makrophagen und � dendritische Zellen. Sietransportieren � Antigene auf ihrer Oberfläche in die sekundären Lymphorgane und präsentie-ren diese dort den T- und B-Zellen, um sie zu aktivieren.

Aminosäure Aminosäuren sind Carbonsäuren (Carbonylgruppe: � � � � ), bei denen ein Wasserstoff-atom durch eine Aminogruppe ( � � � � ) ersetzt ist. Aminosäuren sind Bestandteile der � Prote-ine.

B-Lymphozyt � B-Zelle

B-Zelle B-Zellen sind eine Unterart der � Lymphozyten, die für die humorale Immunantwort zu-ständig ist.

CD4-T-Zelle � T-Helferzelle

CD8-T-Zelle � T-Killerzelle

Chemokine sind � Zytokine mit chemoattraktiver Wirkung.

dendritische Zelle � APC, die mit ihren langen Fortsätzen � Lymphozyten umschließen kann,um ihnen � Antigene zu präsentieren.

Disulfidbrücken sind inter- oder intramolekulare Wechselwirkungen zwischen zwei Schwefelato-men (-S-S-). In Polypeptiden treten sie bevorzugt zwischen den � Aminosäuren Cystein undCystin auf.

Enzym Enzyme sind katalytisch wirksame � Proteine. Sie beschleunigen die Reaktion, indem siedie Aktivierungsenergie herabsetzen. Das Enzym nimmt an der Reaktion teil, indem eine En-zym:Substrat Komplex gebildet wird, es wird aber durch die Reaktion nicht verändert.

Epitop ist die Antikörperbindungsstelle am � Antigen, auch Antigendeterminante genannt.

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Glossar

Exon Der für die Synthese von � Proteinen benötigte Teil eines Gens wird Exon genannt. DasGegenteil sind Introns, die nicht direkt ein Protein kodieren. Deren Funktion ist noch nichtvollständig geklärt.

Gedächtniszelle ist ein langlebiger � Lymphozyt, der dafür sorgt, dass die Immunantwort beiweiteren Kontakten mit dem Erreger schneller und effizienter verläuft.

Gen ist eine � DNA-Sequenz, die als Einheit transkribiert (übersetzt) wird. Ein Gen kodiert naheverwandte � Proteine.

Genom Summe aller � Gene im Erbgut.

Gensegment ist ein Teil eines � Gens. Die Gensegmente enthalten die Kodierung der � V-Domänen der Polypeptidketten von Antigenrezeptoren. Sie werden durch � somatische Re-kombination zu � Exons für vollständige V-Domänen zusammengesetzt.

Granulozyt Granulozyten gehören zu den weißen Blutzellen. Sie können � Pathogene zerstörenoder phagozytieren. Es gibt eosinophile, basophile und neutrophile Granulozyten.

Immunglobuline wird eine Familie von Plasmaproteinen genannt, die bei der Immunreaktion be-teiligt sind. Der � BCR ist ein membrangebundenes Immunglobulin.

Interleukine � Lymphokine

Isotyp eines � Immunglobulines wird auch seine Klasse genannt. Beim Menschen gibt es die Isoty-pen IgA, IgD, IgE, IgG und IgM. Sie unterscheiden sich strukturell in den konstanten Regionenihrer schweren Ketten und funktionell in ihrer Effektorfunktion bei der Bindung an ein � An-tigen.

klonale Deletion ist der Prozess der Eliminierung autoreaktiver unreifer Lymphozyten. � klonaleSelektion

klonale Expansion wird der Prozess der Reifung und Vermehrung von � Lymphozyten genannt,die durch ihr spezifisches � Antigen aktiviert wurden. � klonale Selektion

klonale Selektion Die Theorie der klonalen Selektion ist der Grundgedanke der adaptiven Immuni-tät. Danach gibt es keine reifen autoreaktiven Lymphozyten (diese wurden durch die � klonaleDeletion eliminiert) und reife Lymphozyten, die auf ihr spezifisches � Antigen treffen, durch-laufen den Prozess der � klonale Expansion.

Kohlenhydrat Die Klasse der Kohlenhydrate unterteilt sich in Monosaccharide, Disaccharide undPolysaccharide. Ihr Name kommt von ihrer allgemeinen Summenformel � � � � � � � � (hydrati-sierter Kohlenstoff). Wichtige Kohlenhydrate sind z. B. Glucose, Saccharose, Stärke und Zellu-lose.

Komplementkaskade Gesamtheit voneinander abhängiger Reaktionen des � Komplementsys-tems.

Komplementsystem Als Komplement bezeichnet man im Blut gelöste � Proteine, die bei derunspezifischen Immunabwehr eine wichtige Rolle spielen. Sie heften sich an � Pathogene oderinfizierte Zellen und machen sie so anderen Abwehrmechanismen erkennbar.

Lymphknoten sind hochorganisierte lymphatische Strukturen an den Schnittstellen des lymphati-schen Gewebes. Hier wird die adaptive Immunantwort eingeleitet. � Lymphozyten treffen in

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Glossar

den Lymphknoten auf � Antigene und � APC und werden bei entsprechender Spezialisierungzu Effektorzellen.

Lymphoblast auch Plasmazelle genannt, ist ein aktivierter Lymphozyt, der in der Lage ist, sich zuteilen und zu Effektorzellen zu differenzieren.

Lymphokine sind von � Lymphozyten abgegebene � Zytokine. Weitere Bezeichnung ist � Inter-leukine.

Lymphozyt Die Lymphozyten sind eine Unterart der weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Die er-worbene Immunität basiert im Wesentlichen auf den Lymphozyten, dabei speziell auf den �B-Zellen und den � T-Zellen.

Lysosom ist ein mit � Enzymen gefülltes � Vesikel, in dem organische Stoffe abgebaut werden.

Makrophage Makrophagen entwickeln sich aus einer Unterart der weißen Blutzellen, den Monozy-ten. Makrophagen sind � antigen-präsentierende Zellen und spielen bei der humoralen sowieder zellulären Immunantwort eine Rolle.

Makropinozytose bezeichnet die rezeptorunabhängige Aufnahme extrazellulären Materials. DieserMechanismus wird z. B. von � dendritischen Zellen angewendet.

Milz gehört zu den peripheren Lymphorganen. Sie ist ein faustgroßes Organ, das direkt hinter demMagen liegt. Ihre Funktion besteht in der Vernichtung alternder roter Blutzellen und in derAufnahme von � Antigenen aus dem Blut.

Mutation bezeichnet die sprunghafte Veränderung eines � Gens.

negative Selektion � klonale Deletion

Opsonierung ist der Prozess der Anlagerung von Plasmabestandteilen an � Antigene, um deren� Phagozytose zu vereinfachen.

Pathogen ist ein infektiöser Mikroorganismus, der im Wirt Krankheiten hervorruft.

Phänotyp Die Menge aller tatsächlich ausgebildeten Merkmale eines Organismus wird als Phänotypbezeichnet.

Phagolysosom entsteht durch die Verschmelzung von � Phagosom und � Lysosom(en).

Phagosom ist ein bei der � Phagozytose entstandenes � Vesikel, das das � Pathogen enthält.

Phagozytose ist der Prozess der Aufnahme und Verdauung von Fremdpartikeln in � Vesikeln.

positive Selektion Während der Reifung der � T-Zellen im Thymus überleben nur diejenigenZellen, die in der Lage sind, Peptid:MHC Komplexe zu binden. � klonale Selektion

Protein ist ein langkettiges Polypeptid bestehend aus � Aminosäuren.

Rezeptor-Editing ist der Prozess des Austausches einer leichten Kette eines autoreaktiven Rezep-tors gegen eine andere, sodass der resultierende Rezeptor nicht mehr autoreaktiv ist.

somatische Rekombination ist die Umordnung der � Gensegmente für den Lymphozytenre-zeptor während der Zellreifung. Da diese Änderungen nur in Körperzellen ablaufen, werden sienicht vererbt.

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Glossar

somatische Hypermutation Nach der Aktivierung naiver � B-Zellen werden die Gensegmenteüberdurchschnittlich oft mutiert. So werden � BCR mit erhöhter Ab-Affinität gebildet. DieVeränderungen werden nicht vererbt.

T-Helferzelle wird auch CD4-T-Zelle genannt. Die T-Helferzellen bilden eine Unterart der � T-Zellen, die andere Zellen zur Immunabwehr gegen Erreger aktivieren kann. Sie erkennen MHC-II:Peptid Komplexe.

T-Killerzelle auch CD8-T-Zellen. Die T-Killerzellen bilden eine Unterart der � T-Zellen, die in derLage ist, andere Zellen abzutöten. Sie werden durch MHC-I:Peptid Komplexe aktiviert.

T-Lymphozyt � T-Zelle.

T-Zelle Unterart der � Lymphozyten, die für die zelluläre Immunantwort zuständig ist.

V-Domäne ist der variable Bereich der Polypeptidkette eines � Immunglobulines.

Vesikel Als Vesikel bezeichnet man eine von Membran umschlossene Zellorganelle, die auch Bläs-chen genannt wird.

Zytokine sind von Zellen aufgrund eines Aktivierungssignals abgegebene � Proteine, die das Ver-halten der Zelle selbst oder anderer Zellen beeinflussen.

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Selbstständigkeitserklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel

Ein Simulator für das Immunsystem

selbständig angefertigt, nicht anderweitig zu Prüfungszwecken vorgelegt, keine anderen als die ange-gebenen Hilfsmittel benutzt und wörtliche sowie sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnet habe.

Chemnitz, den 15. Februar 2004

Chemnitz, am 15. Februar 2004

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Selbstständigkeitserklärung===========================

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel

EIN SIMULATOR FÜR DAS IMMUNSYSTEM

selbständig angefertigt, nicht anderweitig zu Prüfungszweckenvorgelegt, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutztund wörtliche sowie sinngemäße Zitate als solche gekennzeichnethabe.

Chemnitz, am 15.02.2004

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