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1 Eisenmühle Anne-Sabine und Jost W. Mucheyer G 41, D - 04523 Elstertrebnitz +49 (0) 34296 49 99 90 +49 (0) 34296 49 99 91 +49 (0) 177 16 23 17 8 Ein technisches Kulturdenkmal kehrt zurück Die Eisenmühle am Elstermühlengraben in Leipzigs Süden (Informationsmappe: Version vor der offiziellen Eröffnung) Bild: Ekkehart Reinsch, Reinsch Fotodesign

Ein technisches Kulturdenkmal kehrt zurück - eisenmuehle.de · – das parallel zu den Baumaßnahmen durchgeführte Beräumen der Gebäude und des Grundstücks – dauern bis Ende

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EisenmühleAnne-Sabine und Jost W. MucheyerG 41, D - 04523 Elstertrebnitz

+49 (0) 34296 49 99 90 +49 (0) 34296 49 99 91 +49 (0) 177 16 23 17 8

Ein technisches Kulturdenkmal kehrt zurück

Die Eisenmühle am Elstermühlengraben in Leipzigs Süden (Informationsmappe: Version vor der offiziellen Eröffnung)

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Ein Kleinod wird mit Leben erfüllt

Viele Jahre war es still geworden um die Eisenmühle in Elstertrebnitz. Ungenutzt war sie dem Verfall preisgegeben. Im Herbst 2006 entdeckten Anne-Sabine und Jost Mucheyer das Mühlenanwesen im Internet. Vor Ort zeigte sich: Der Sanierungsbedarf war enorm. Dennoch verliebte sich das Ehepaar nach und nach in das Gebäudeensemble. Heute gehört das Anwesen mit der Eisenmühle, der ehemaligen Getreidemühle, der Wasserkraftanlage und dem neuen und alten Wohnhaus ihnen. Beim Erwerb des fabrikähnlichen Kulturdenkmals im Spätsommer 2007 war schnell klar: Die Instandsetzung der halb verfallenen, aber denkmalgeschützten Mühle ist eine Lebensaufgabe. Knapp sieben Jahre später hat das technik- und geschichtsbegeisterte Ehepaar dank hohen persönlichen Engage-ments und mit Hilfe einzelner Förderprogramme die Eisenmühle zu neuem Leben erweckt. Im Frühjahr 2015 steht die offizielle Eröffnung der Mühle als Museums- und Veranstaltungsort mit angeschlossener Frühstückspension an.

Technisches Unikat

Die Eisenmühle im Elstertrebnitzer Ortsteil Oderwitz ist heute ein Unikat. Am Elstermühlgraben gelegen, wurde dort 78 Jahre lang - von 1915 bis zur Stilllegung 1993 - mittels Wasserkraft im so-genannten Reibeverfahren Eisenpulver hergestellt. Dabei werden Eisenstangen von circa einem Meter Länge so aneinander gerie-ben, dass Eisenpulver von besonderer Reinheit entsteht. Die An-wendungsgebiete sind bis heute vielfältig. Eisenpulver dient zum Beispiel zur Herstellung von Wunderkerzen und spielt in zahlrei-chen metallurgischen und chemisch-pharmazeutischen Prozessen eine Rolle. Heutzutage lohnt sich die Eisenpulverherstellung mit der alten Technik allerdings nicht mehr, neue Verfahren erlauben eine wesentlich preiswertere Produktion. Die Eisenmühle zählt heute europaweit zu einem der wenigen technischen Kulturdenk-male dieser Art und gilt unter Historikern und Mühlenexperten als Deutschlands einzige noch existierende Anlage.

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Symbiose vielfältiger Nutzungen

Familie Mucheyer entwickelte ein Nutzungskonzept für das Mühlenensemble, das auf mehreren Säulen steht. Inner-halb der letzten sieben Jahre wurde das Konzept nun konsequent Stück für Stück umgesetzt. Da ist zum einen das Eisenmühlenmuseum in der historischen Produktionshalle, in dem die Geschichte der Mühle und der Produktionsab-lauf anschaulich dargestellt werden. Von den ehemals sechzehn Reibeanlagen wurde dafür eigens eine der beiden noch existierenden Anlagen funktionsfähig rekonstruiert. Zum anderen zieht ein Musikinstrumente-Museum mit angeschlossener Schauwerkstatt in den eingeschossigen Westflügel der Mühle ein. Hier findet die umfangreiche Sammlung des Ehepaars an mechanischen Musikinstrumen-ten wie Spieluhren, Orchestrien und Drehorgeln ihren Platz. Eine Kollektion, die der Maschinenbauingenieur Jost Mucheyer seit seiner Jugend zusammengetragen hat und deren Einzelstücke er zum Teil auch selbst restauriert. Siebzig Prozent der Instrumente stammen aus dem nahen Leipzig, einem der damaligen Zentren für die Herstellung dieser Musikinstrumente weltweit. Drittes Element zur Wiederbelebung der Eisenmühle ist eine Frühstückspension mit fünf Zimmern und elf Betten im historischen Teil des Wohngebäudes, dem so genannten „Althaus”. Außerdem steht als viertes Standbein das zwei-geschossige zentrale Mühlengebäude als Eventlocation ganzjährig zur Verfügung. Die Eisenmühle verwandelt sich somit in einen Ort, an dem kleine und große Gäste sowie Besucher feiern und tagen, entdecken und lernen oder einfach entspannen können.

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Erneuerbare Energien

Komplettiert wird das bis ins Detail liebevoll restaurierte Mühlenensemble durch ein modernes Heizungs- und Ener-giekonzept. Die historische Wasserkraftanlage, bestehend aus zwei Turbinen mit einer installierten Leistung von 45 beziehungsweise 25 Kilowatt, wurde 2007 bis 2008 von Grund auf instandgesetzt und mit einer automatischen Steuerung versehen. Sie produziert zusammen mit einer neu installierten Photovoltaikanlage (18 Kilowatt Peak) auf dem Dach eines Nebengebäudes genug Strom, um den Eigenbedarf der Eisenmühle komplett abzudecken. Der über-schüssige Strom wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Außerdem wurden die Wohnbereiche denkmalgerecht gedämmt und energetisch saniert. Beheizt werden die Räume mittels einer energieeffizienten Gasheizung.

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Lebensaufgabe am Elstermühlgraben

Das Wagnis Eisenmühle haben die neuen Eigentümer nie bereut. Mit Akribie und viel Engagement haben die beiden ein europaweit einzigartiges Kulturdenkmal vor dem sicheren Verfall gerettet und mit neuem Leben erfüllt. Familiäre Wurzeln waren dabei mit ein Grund für den Umzug aus dem Westen ins Leipziger Land. Die Eltern von Frau Mucheyer stammen aus Thüringen, die Eltern von Herrn Mucheyer aus Sachsen-Anhalt. Die Elstertrebnitzer Eisenmühle ist für das Ehepaar seit 2007 Lebensaufgabe und Neuanfang zugleich.

Förderung und Förderer

Eine derartige umfassende und vor allem denkmalgerechte sowie fischökologische Sanierung eines einzigartigen historischen Ensembles wie der Eisenmühle ist natürlich mit erheblichem Aufwand und beachtlichen Kosten ver-bunden. Vor allem der tatkräftigen und fachkundigen Mitarbeit lokaler und regionaler Handwerker und Ämter ist es zu verdanken, dass die historische Substanz erhalten und darauf aufbauend das neue Nutzungskonzept umgesetzt werden konnte. Die vielen Wegbegleiter und Partner, zu denen auch die Gemeinde, Nachbarn und andere engagierte Helfer gehören, haben durch Rat und Tat mit dazu beigetragen, dass die Eisenmühle gerettet wurde. Finanziert hat das Ehepaar die vielfältigen Sanierungsarbeiten überwiegend aus Eigenmitteln. Außerdem wurden für dieses kul-turhistorisch bedeutende Objekt EU- und Landesfördermittel zur Verfügung gestellt. So wurde die Außensanierung der Mühlengebäude und die Sanierung des Althauses mit dem Ausbau zur Pension aus dem Fördertopf „Integrierte Ländliche Entwicklung“ (kurz ILE) bezuschusst. Die örtliche Denkmalschutzbehörde gab Gelder für die Arbeiten an der historischen Technik im Inneren der Eisenmühle, und das Sächsische Umweltministerium gewährte Fördermittel für eine ökologisch vorbildliche Fischaufstiegs- und -abstiegshilfe am Wasserkraftwerk.Durch die besondere Symbiose aus historischem Eisenmühlenmuseum nebst Wasserkraftanlage einerseits sowie dem Museum für mechanische Musikinstrumente nebst Schauwerkstatt andererseits wurde die Eisenmühle zu einem kulturellen Kleinod, einem Ort, der sich gleichzeitig für Ausstellungen, Seminare oder auch Familienfeiern anbietet.

Energiepolitik bringt Konzept ins Wanken

Bei aller Freude über das Erreichte gibt es jedoch leider einen Punkt, der das gesamte betriebswirtschaftliche Kon-zept der Eisenmühle zu beeinträchtigen droht: die Entscheidung des Sächsischen Landtages rückwirkend ab Januar 2013 von den Wasserkraftwerksbetreibern eine so genannte Wasserentnahmeabgabe einzuziehen. Diese bundesweit einmalige Abgabe von bis zu 25 Prozent der realen Einnahmen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die gleichzeitig auch noch den Eigenverbrauch des selbst produzierten Stroms als fiktive Erlöse zu den EEG-Einnahmen addiert, gefährdet das Finanzierungskonzept der Mucheyers. Wie diese Angelegenheit im Freistaat ausgeht, bleibt abzuwarten, da Sachsens Wassermüller bereits Klagen gegen diesen sächsischen Alleingang eingereicht haben.

Eröffnung im Frühjahr 2015

Trotz dieser noch offenen Entscheidung lassen sich die Mühlenbetreiber aber nicht beirren und arbeiten weiter an der Wiederbelebung des Kulturdenkmals. Im Frühjahr 2015 wird die Eisenmühle mit Pension, den beiden Ausstellungen und den Veranstaltungsräumen feierlich eröffnen.

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Geschichte der Eisenmühle

Im Jahr 1913 erwarb der aus dem Erzgebirge stammende Clemens Kunze das am Elstermühlgraben gelegene Müh-lengebäude in Oderwitz, einem der sieben Ortsteile von Elstertrebnitz südlich von Leipzig.Zunächst wurde die alte Schneidemühle in eine Getreidemühle umgewandelt, danach erfolgte der Wiederaufbau eines 1908 abgebrannten Mühlengebäudes. Da das Wohnhaus ebenfalls abgebrannt war, wurde eines der ursprüng-lichen Wirtschaftsgebäude zum Wohnhaus umgebaut, so dass die Ehefrau mit drei Kindern 1922 auf das Eisenmüh-lengelände umsiedeln konnte.

Das Geschäft der Fa. Kunze & Co. Pulverisierwerk florierte – 75 Prozent des Eisenpulvers gingen ins europäische Ausland und sogar nach Übersee. Aufgrund der stetig wachsenden Nachfrage erweiterten Clemens Kunze und der ins Geschäft eingetretene Sohn Herbert das Eisenmühlengebäude; zuletzt wurde 1939 der Westflügel errichtet. Beim Mühlenbetrieb wurden die alten Wasserräder durch Turbinen ersetzt – sogar ein kleiner Generator zur zeitweisen Stromerzeugung war seit 1939 vorhanden. Im Zweiten Weltkrieg brach allerdings der Absatz ins Ausland zusammen, so dass die geplante großzügige Erweiterung der Mühle nicht mehr realisiert wurde.Nach dem Krieg führte die Familie die Mühle weiter. Als alle 54 Mühlen im Kreis Borna in einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zusammengefasst werden sollten, floh Familie Kunze in den Westen. Die Enteignung erfolgte im Jahr 1972. Zwischen 1972 und 1989 wurde die Getreidemühle stillgelegt und die gesamte technische Anlage demontiert. In diesem Zeitraum wurde auch der markante Traufgiebel des Südflügels der Eisenmühle im Rahmen einer Dachreparatur beseitigt.Nach der Wende kehrte die Familie zurück zur Eisenmühle. Das Produktionsverfahren erwies sich jedoch als nicht mehr rentabel, so dass 1993 die Eisenmühle endgültig stillgelegt und die Produktionsanlagen überwiegend ver-schrottet wurden. Im Jahr 2007 schließlich erwarb das Ehepaar Mucheyer das Anwesen und begann mit den um-fangreichen Sanierungsarbeiten.

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Sanierung der Eisenmühle

Ende Juli 2007 Ankunft des Ehepaars Mucheyer in der Eisenmühle

August 2007 Ein Raum im „Althaus” wird bewohnbar gemacht. Erste Entrümpelungsmaßnahmen – das parallel zu den Baumaßnahmen durchgeführte Beräumen der Gebäude und des Grundstücks – dauern bis Ende 2008.

September 2007 Erstes Hochwasser – „Feuertaufe” als Wasserkraftanlagenbetreiber. Weitere Hochwasser folgen, insbesondere 2010 und Anfang 2011. Auch vom Jahrhunderthochwasser im Juni 2013 bleibt die Eisenmühle nicht verschont. Dank des unermüdlichen Einsatzes vieler Helfer kann das Schlimmste jedoch verhindert werden.

Sept. 2007–Mai 2008 Instandsetzung und Modernisierung der Wasserkraftanlage. Abriss des „Zwischengebäu- des” und Bau der Fischaufstiegs- und Fischabstiegshilfe.

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März – Nov. 2009 Beginn der Außensanierung der Eisenmühle. Dach, Fenster und Fassade werden erneuert. Insbesondere der auf einem Foto entdeckte nicht mehr existierende Traufgiebel und die klassizistischen Elemente werden rekonstruiert. Beginn der Innensanierung. Der für die Sammlung selbstspielender Musikinstrumente vor- gesehene Musiktrakt (Westflügel) wird bereits im Januar 2010 fertig gestellt. Die Instru- mente werden im Februar 2010 in die Eisenmühle geholt.

2010 - 2011 Abriss des in den siebziger Jahren entstandenen Werkstattgebäudes. Bau eines neuen, verklinkerten Nebengebäudes an gleicher Stelle.

Sommer 2011 Die Innenausbauten der Eisenmühle, insbesondere die Schauwerkstatt, der Veranstal- tungsraum einschließlich Brandschutztreppe, die Küche und der Sanitärtrakt, werden weit- gehend fertig gestellt. Erste Arbeiten im Eisenmühlenmuseum sowie die Beschaffung trans- missionsgetriebener Werkzeugmaschinen laufen an. Installation einer Solaranlage auf dem neuen Nebengebäude. Damit ist der Ausbau erneu- erbarer Energien – Wasserkraft und Photovoltaik – abgeschlossen. Vorarbeiten für den Abriss des „Neuhauses“ und die Sanierung nebst Umbau des „Althau- ses“ zur Frühstückspension beginnen.

Herbst 2011 Abriss des „Neuhauses“ und Rohbau des neuen seniorengerechten Einfamilien hauses

2012 und 2013 Ungünstige Witterungsbedingungen und Hochwasser verursachen beträchtliche Bauverzö- gerungen.

2014 Innengestaltung der Frühstückspension und Fertigstellung der Innendekoration sowie Beginn der Gartengestaltung mit Elementen der Permakultur.

Frühjahr 2015 Feierliche Einweihung und Eröffnung der Frühstückspension, des Eisenmühlen- museums, des Musikinstrumente-Museums und der Veranstaltungsräume.