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Synopse hu 921 EinfluB von anionaktiven Tensiden auf Dispergierung und Stoffubergang im Flussig/Flussig-Extraktionssystem Wasser/Aceton/Toluol* Klaus J. Hiittinger und Joachirn R. Schegk** Die wenigen grundlegenden Untersuchungen in der Literatur iiber den EinfluB von Tensiden bei der Fliissig/Fliissig-Extraktion zeigen, daB trotz teilweise erheblicher Verminderung der Grenzflachenspan- nung [l] und trotz Verbesserung der Dispergierung [2] die Stoffuber- gangsgeschwindigkeit gegeniiber dem tensidfreien System erniedrigt wird [2 - 41. Offenbar hemmt der Tensid-Film in der Grenzflache den Phasenwechsel der Ubergangskomponente. Im Falle des Natriumdo- decylsulfats wurde rnit zwei verschiedenen Extraktionssystemen [2 - 41 beim Erreichen der kritischen Mizellbildungskonzentration allerdings eine teilweise Aufhebung dieser Stoffubergangshemmung gefunden. Die vorliegende Arbeit befaBt sich mit grundlegenden Untersuchun- gen dieser Problematik am Extraktionssystem Wasser/Aceton/To- luol. Die Ubergangskomponente Aceton wurde in der kontinuierli- Gew.% Gew% 0 C,,H,,NaM, 50 - 104 0 C,H,,NaSO, 50 - 100 1 - Abb. 1. Aceton-Gehalt in Toluol in Abhangigkeit vom Tensid- Mischungsverhlltnis ; 10 Vo1.-% Aceton in der Wasserphase, zwei Versuchszeiten ryes, T= 298 K. chen Wasser-Phase vorgelegt. Im Vordergrund stand eine systemati- sche Variation der Tensid-Eigenschaften, wobei als anionaktive TensidefunfNatriumalkylsulfatemit 8 bis 18 C-Atomenim Alkylrest, Mischungen dieser Alkylsulfate und durch Einbau von 2, 4 und 6 Ethylenoxid-Gruppen zwischen Alkyl- und Sulfat-Rest modifizierte Natriumdodecylsulfate zum Einsatz kamen. Neben den Untersu- chungen mit den Tensid-Mischungen dienten solche mit gleichzeiti- ger Tensid- und Natriumchlorid-Zugabe einer gezielten Verminde- rung oder Aufhebung der Stoffubergangshemmung. Dispergierung und Stoffubergang wurden mit der Methode des aufsteigenden Tropfens ermittelt ; die Bestimmung der Konzentrationen der Ubergangskomponente Aceton in der Toluol-Phase erfolgte gaschro- matographisch. Daneben wurde der Effekt der Tenside auf die Grenzflachenspannung mit Hilfe eines Tensiometers gemessen. Bestimmungen der kritischen Mizellbildungskonzentrationen in * Erweiterte Fassung eines Vortrags von J. R. Schegk auf dem Jahrestreffen der Verfahrens-Ingenieure, 1. bis 3. Okt. 1980 in StraBburg. ** Prof.Dr.-Ing. K.J.HUttingerund Dipl.-1ng.J. R. Schegk,Institut fur Chemische Technik, Univ. Karlsruhe, Kaiserstr. 12, 7500 Karlsruhe. Wasser-Phasen rnit unterschiedlichern Gehalt an Aceton wurden konduktometrisch vorgenornmen. Die Untersuchungsergebnisse veranschaulichen, daR bei Gegenwart von Tensiden die Dispergierung und damit die Grenzfllchenspan- nung nicht ein direktes Ma0 fur die Stoffubergangsgeschwindigkeit darstellen. Die vom Natriumdodecylsulfat bekannte teilweise Aufhe- bung der Stoffubergangshemmung im Bereich der kritischen Mizellbildungskonzentration tritt nur bei den Alkylsulfaten mit mittlerer Lange des Alkylrests auf. Sowohl bei kiirzerem als auch bei langerem Alkylrest, d. h. starker hydrophilen und starker hydropho- ben Natriumalkylsulfaten, nimmt die Stoffubergangshemmung mit steigender Tensid-Konzentration bis zu einem Grenzwert ab und steigt nicht wieder an. Die durch Modifizierung des Natriumdodecyl- sulfats mit Ethylenoxid gewonnenen Natrium-n-alkyletheralkohol- sulfate verhalten sich bei der Dispergierung bei niedrigen Konzentra- tionen wie starker hydrophobe und bei hohen Konzentrationen wie starker hydrophile Natriumalkylsulfate. Beziiglich des Stoffubergan- ges wird mit zunehmender Tensid-Konzentration zunehmende Hemmung bis zu einem Grenzwert ohne Wiederanstieg im Bereich der kritischen Mizellbildungskonzentration gefunden. Tensid-Mischungen zeigen bei konstanter Gesamtmenge eine kom- plexe Abhangigkeit der Dispergierung vom Mischungsverhaltnis. Die Dispergierung ist in allen Fallen besser als die nach der Mischungsregel aufgrund der Wirkung der Einzelkomponenten additiv berechnete. Gleiches gilt auch furden Stoffubergang,d. h.daB die Stoffubergangshemmung bei den Mischungen geringer ist, als nach der Mischungsregel zu erwarten ware. Fur bestimmte Mi- schungszusammensetzungen der Tenside wurde sogar eine Verbesse- rung der Stoffubergangsgeschwindigkeit im Vergleich zum tensid- freien System erhalten. Ebenfalls zu einer Verbesserung der Stoff- iibergangsgeschwindigkeit fuhrten Versuche mit gleichzeitiger Ten- sid- und Salzzugabe. Ein auDerst geringer Salzanteil von nur 0,01 mol/l liefert neben der Verbesserung der Stoffubergangsge- schwindigkeit weitere Vorteile, niimlich : 1 ) eine drastische Reduzie- rung der kritischen Mizellbildungskonzentration, wodurch Tensid eingespart werden kann ; 2)einezusItzliche Steigerung der Dispergie- rung; 3) eine Verminderung der Schaumaktivitat des Tensids. Fragt man nach den Ursachen der Stoffubergangshemmung durch Tenside und deren teilweiser Aufhebung in bestimmten Fallen, so ist zweifellos zu beachten, daB die untersuchten, komrnerziellen Tenside und Emulgatoren in bezug auf stabile Phasengrenzen, d. h. Emul- sionsstabilitat, optimiert sind. Stabile Grenzfilme solcher Tenside sind weitgehend undurchlassig fur eine Ubergangskomponente. Jede MaBnahme, die die Grenzfilrnstabilitat herabsetzt, erhoht die Durchlassigkeit. OKenbar bewirken Tensid-Molekeln mit kurzen Alkylketten oder das Kation des Natriumchlorids eine Destabilisie- rung solcher stabiler, undurchlassiger Tensid-Filme, welche von den 6 t L 83 MW.% AdQl n du Uorvrphov IOWA.% *r.taaduWasnwm% l o 1 2 3 L 5 ISy936.21 cT..grl CT. #grl Abb. 2. EinfluD von 0,01 nNaGl auf den Stoffubergang be1 gleichzeitiger Steigerung der Tensid-Konzentration ; Te = C,zH,,NaSO,; T=298 K. 574 Chern.-1ng.-Tech. 53 (1981) Nr. 7, S. 574-575 ,TI Verlag Chernie. GmbH, D-6940 Weinheim 1981 009-286X/S1/07070574$02.50/0

Einfluß von anionaktiven Tensiden auf Dispergierung und Stoffübergang im Flüssig/Flüssig-Extraktionssystem Wasser/Aceton/Toluol

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Synopse hu 921

EinfluB von anionaktiven Tensiden auf Dispergierung und Stoffubergang im Flussig/Flussig-Extraktionssystem Wasser/Aceton/Toluol*

Klaus J. Hiittinger und Joachirn R. Schegk**

Die wenigen grundlegenden Untersuchungen in der Literatur iiber den EinfluB von Tensiden bei der Fliissig/Fliissig-Extraktion zeigen, daB trotz teilweise erheblicher Verminderung der Grenzflachenspan- nung [l] und trotz Verbesserung der Dispergierung [2] die Stoffuber- gangsgeschwindigkeit gegeniiber dem tensidfreien System erniedrigt wird [2 - 41. Offenbar hemmt der Tensid-Film in der Grenzflache den Phasenwechsel der Ubergangskomponente. Im Falle des Natriumdo- decylsulfats wurde rnit zwei verschiedenen Extraktionssystemen [2 - 41 beim Erreichen der kritischen Mizellbildungskonzentration allerdings eine teilweise Aufhebung dieser Stoffubergangshemmung gefunden. Die vorliegende Arbeit befaBt sich mit grundlegenden Untersuchun- gen dieser Problematik am Extraktionssystem Wasser/Aceton/To- luol. Die Ubergangskomponente Aceton wurde in der kontinuierli-

Gew.% Gew% 0 C,,H,,NaM, 50 - 104 0 C,H,,NaSO, 50 - 100

1- Abb. 1. Aceton-Gehalt in Toluol in Abhangigkeit vom Tensid- Mischungsverhlltnis ; 10 Vo1.-% Aceton in der Wasserphase, zwei Versuchszeiten ryes, T = 298 K.

chen Wasser-Phase vorgelegt. Im Vordergrund stand eine systemati- sche Variation der Tensid-Eigenschaften, wobei als anionaktive TensidefunfNatriumalkylsulfatemit 8 bis 18 C-Atomenim Alkylrest, Mischungen dieser Alkylsulfate und durch Einbau von 2, 4 und 6 Ethylenoxid-Gruppen zwischen Alkyl- und Sulfat-Rest modifizierte Natriumdodecylsulfate zum Einsatz kamen. Neben den Untersu- chungen mit den Tensid-Mischungen dienten solche mit gleichzeiti- ger Tensid- und Natriumchlorid-Zugabe einer gezielten Verminde- rung oder Aufhebung der Stoffubergangshemmung. Dispergierung und Stoffubergang wurden mit der Methode des aufsteigenden Tropfens ermittelt ; die Bestimmung der Konzentrationen der Ubergangskomponente Aceton in der Toluol-Phase erfolgte gaschro- matographisch. Daneben wurde der Effekt der Tenside auf die Grenzflachenspannung mit Hilfe eines Tensiometers gemessen. Bestimmungen der kritischen Mizellbildungskonzentrationen in

* Erweiterte Fassung eines Vortrags von J . R. Schegk auf dem Jahrestreffen der Verfahrens-Ingenieure, 1 . bis 3. Okt. 1980 in StraBburg.

** Prof.Dr.-Ing. K.J.HUttingerund Dipl.-1ng.J. R. Schegk,Institut fur Chemische Technik, Univ. Karlsruhe, Kaiserstr. 12, 7500 Karlsruhe.

Wasser-Phasen rnit unterschiedlichern Gehalt an Aceton wurden konduktometrisch vorgenornmen. Die Untersuchungsergebnisse veranschaulichen, daR bei Gegenwart von Tensiden die Dispergierung und damit die Grenzfllchenspan- nung nicht ein direktes Ma0 fur die Stoffubergangsgeschwindigkeit darstellen. Die vom Natriumdodecylsulfat bekannte teilweise Aufhe- bung der Stoffubergangshemmung im Bereich der kritischen Mizellbildungskonzentration tritt nur bei den Alkylsulfaten mit mittlerer Lange des Alkylrests auf. Sowohl bei kiirzerem als auch bei langerem Alkylrest, d. h. starker hydrophilen und starker hydropho- ben Natriumalkylsulfaten, nimmt die Stoffubergangshemmung mit steigender Tensid-Konzentration bis zu einem Grenzwert ab und steigt nicht wieder an. Die durch Modifizierung des Natriumdodecyl- sulfats mit Ethylenoxid gewonnenen Natrium-n-alkyletheralkohol- sulfate verhalten sich bei der Dispergierung bei niedrigen Konzentra- tionen wie starker hydrophobe und bei hohen Konzentrationen wie starker hydrophile Natriumalkylsulfate. Beziiglich des Stoffubergan- ges wird mit zunehmender Tensid-Konzentration zunehmende Hemmung bis zu einem Grenzwert ohne Wiederanstieg im Bereich der kritischen Mizellbildungskonzentration gefunden. Tensid-Mischungen zeigen bei konstanter Gesamtmenge eine kom- plexe Abhangigkeit der Dispergierung vom Mischungsverhaltnis. Die Dispergierung ist in allen Fallen besser als die nach der Mischungsregel aufgrund der Wirkung der Einzelkomponenten additiv berechnete. Gleiches gilt auch furden Stoffubergang,d. h.daB die Stoffubergangshemmung bei den Mischungen geringer ist, als nach der Mischungsregel zu erwarten ware. Fur bestimmte Mi- schungszusammensetzungen der Tenside wurde sogar eine Verbesse- rung der Stoffubergangsgeschwindigkeit im Vergleich zum tensid- freien System erhalten. Ebenfalls zu einer Verbesserung der Stoff- iibergangsgeschwindigkeit fuhrten Versuche mit gleichzeitiger Ten- sid- und Salzzugabe. Ein auDerst geringer Salzanteil von nur 0,01 mol/l liefert neben der Verbesserung der Stoffubergangsge- schwindigkeit weitere Vorteile, niimlich : 1 ) eine drastische Reduzie- rung der kritischen Mizellbildungskonzentration, wodurch Tensid eingespart werden kann ; 2)einezusItzliche Steigerung der Dispergie- rung; 3) eine Verminderung der Schaumaktivitat des Tensids. Fragt man nach den Ursachen der Stoffubergangshemmung durch Tenside und deren teilweiser Aufhebung in bestimmten Fallen, so ist zweifellos zu beachten, daB die untersuchten, komrnerziellen Tenside und Emulgatoren in bezug auf stabile Phasengrenzen, d . h . Emul- sionsstabilitat, optimiert sind. Stabile Grenzfilme solcher Tenside sind weitgehend undurchlassig fur eine Ubergangskomponente. Jede MaBnahme, die die Grenzfilrnstabilitat herabsetzt, erhoht die Durchlassigkeit. OKenbar bewirken Tensid-Molekeln mit kurzen Alkylketten oder das Kation des Natriumchlorids eine Destabilisie- rung solcher stabiler, undurchlassiger Tensid-Filme, welche von den

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Abb. 2. EinfluD von 0,01 nNaGl auf den Stoffubergang be1 gleichzeitiger Steigerung der Tensid-Konzentration ; Te = C,zH,,NaSO,; T=298 K.

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besonders grenzflachenaktiven Natriurnalkylsulfaten mit llnyerer Alkylkette gebildet werden, indem sie in diese Filme eingebaut werden. Untersuchungen mit verschiedenen Salzen scheinen diese Modellvorstellung zu bestatigen. Ergebnisse der verbesserten Stoff- iibergangsgeschwindigkeit rnit Tensid-Mischungen aus Natriumoc- tyl- und Natriumdodecylsulfat sowie mit Natriumdodecylsulfat plus Natriumchlorid zeigen die Abb. 1 und 2.

Die Autoren danken der Max-Buchner-Forschungsstiftung fiir die finanzielle Forderung der Arbeit. Eingegangen am 12. Januar 1981

[I] Hiittinger, X . J . ; Schegk ,J . R . : Chem.-1ng.-Tech. j f (1980) Nr. 11, S. 912/913.

[2] Btruer, F . ; Hiirtinger, K . J . : Chem.-1ng.-Tech. 50 (1978) Nr. 6. S .

[3] Nitsch, W.:Dechema-Monogr.55 (1965)Nr.955/975,S. 143/154. [4] Nitsch, W. ; Weber, G.: Chem.-1ng.-Tech. 45 (1976) Nr. 8, S. 715.

Schliisselworte: Flussig/Fliissig-Extraktion, System Wasser/Aceton/ Toluol, anionaktive Tenside, Natriurnalkylsulfate, Natrium-n-alkyl- etheralko holsulfate, Salz-EinfluB. aufsteigender Tropfen, Dispergie- rung, Stoffubergang, Grenzflachenspannung, kritische Mizellbil- dungskonzentration.

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DdS vollstandige Manuskript dieser Arbeit umfrlDt 33 Seiten mit 26Abbildungen und27 Literafurzitaten. Esist als Fotokopieoder Mikrofiche MS 921 6 1 erhiiltlich. Eine Bestellkarte finden Sie am SchluB dieses Heftes.

Chem.-1ng.-Tech. S3 (1981) Nr. 7, S. 574-575 575